91
Schweizerisches Gesundheitswesen 1 Das schweizerische Gesundheitswesen Einleitung 1 Das Schweizerische Gesundheitssystem ist das Resultat historisch gewachsener, föderaler Strukturen. Das ermöglicht auf der einen Seite eine gut akzeptierte, patientennahe Gesundheitsversorgung, schafft auf der anderen Seite aber auch Ineffizienzen und widersprüchliche Anreize. Obwohl die Gesundheitsversorgung im Prinzip Sache der Kantone ist und diese den steuerfinanzierten Kostenanteil grösstenteils tragen, regelt das Krankenversicherungsgesetz wichtige gesundheitspolitische Fragen auf nationaler Ebene. Die unklare Kompetenzverteilung zwischen Bund, Kantonen und Privaten, die komplexe Finanzstruktur sowie die Einflussnahme starker Interessengruppen behindern Reformen, Qualitätsförderung und eine effektive Kontrolle des Kostenwachstums. Das Gesundheitswesen in der Schweiz gehört weltweit zu den teuersten, weist aber zugleich eine hohe Qualität auf. Es enthält sowohl marktwirtschaftliche wie auch politisch gesteuerte Elemente und vermeidet so die grössten Nachteile der jeweils „idealtypischen“ Systeme: Einschränkung der Wahlfreiheit und Wartezeiten in staatlich finanzierten und gesteuerten Gesundheitsdiensten auf der einen Seite, Mehrklassen-Medizin und soziale Härtefälle in marktwirtschaftlichen Systemen auf der anderen Seite. Die Patientinnen und Patienten in der Schweiz bezahlen für die umfassende und rasch verfügbare Gesundheitsversorgung mit hohen finanziellen Eigenleistungen und hohen Einheitsprämien für die obligatorische Grundversicherung. 1 Die Bevölkerung in der Schweiz Seit Beginn des 20. Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio. im Jahr 1900, über 7,07 Mio 1996, auf 8,36 Mio. (erstes Halbjahr 2016). Die Zahl der älteren Menschen ist stark gestiegen, während die Anzahl der Jugendlichen und Personen im erwerbsfähigen Alter (20 bis 64 Jahre) verhältnismässig gesunken ist. Die Form der Alterspyramide hat sich dabei von einer «Pyramide» zu einer «Tanne» (2014) gewandelt, wobei die geburtenstarken Jahrgänge 1960 bis 1971 dominieren. Ihnen stehen eine schwächer besetzte Jugendgeneration und eine wachsende Zahl älterer Menschen 1 Struktur und Aufbau des Gesundheitssystems Schweiz; Aufgabenverteilung, Effizienzpotenziale, Resultate im internationalen Vergleich; Sax Anna, 2015

Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

  • Upload
    others

  • View
    0

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen1

Das schweizerische Gesundheitswesen

Einleitung1

Das Schweizerische Gesundheitssystem ist das Resultat historisch gewachsener, föderaler Strukturen. Das ermöglicht auf der einen Seite eine gut akzeptierte, patientennahe Gesundheitsversorgung, schafft auf der anderen Seite aber auch Ineffizienzen und widersprüchliche Anreize. Obwohl die Gesundheitsversorgung im Prinzip Sache der Kantone ist und diese den steuerfinanzierten Kostenanteil grösstenteils tragen, regelt das Krankenversicherungsgesetz wichtige gesundheitspolitische Fragen auf nationaler Ebene. Die unklare Kompetenzverteilung zwischen Bund, Kantonen und Privaten, die komplexe Finanzstruktur sowie die Einflussnahme starker Interessengruppen behindern Reformen, Qualitätsförderung und eine effektive Kontrolle des Kostenwachstums.

Das Gesundheitswesen in der Schweiz gehört weltweit zu den teuersten, weist aber zugleich eine hohe Qualität auf. Es enthält sowohl marktwirtschaftliche wie auch politisch gesteuerte Elemente und vermeidet so die grössten Nachteile der jeweils „idealtypischen“ Systeme: Einschränkung der Wahlfreiheit und Wartezeiten in staatlich finanzierten und gesteuerten Gesundheitsdiensten auf der einen Seite, Mehrklassen-Medizin und soziale Härtefälle in marktwirtschaftlichen Systemen auf der anderen Seite. Die Patientinnen und Patienten in der Schweiz bezahlen für die umfassende und rasch verfügbare Gesundheitsversorgung mit hohen finanziellen Eigenleistungen und hohen Einheitsprämien für die obligatorische Grundversicherung.

1 Die Bevölkerung in der SchweizSeit Beginn des 20. Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio. im Jahr 1900, über 7,07 Mio 1996, auf 8,36 Mio. (erstes Halbjahr 2016). Die Zahl der älteren Menschen ist stark gestiegen, während die Anzahl der Jugendlichen und Personen im erwerbsfähigen Alter (20 bis 64 Jahre) verhältnismässig gesunken ist. Die Form der Alterspyramide hat sich dabei von einer «Pyramide» zu einer «Tanne» (2014) gewandelt, wobei die geburtenstarken Jahrgänge 1960 bis 1971 dominieren. Ihnen stehen eine schwächer besetzte Jugendgeneration und eine wachsende Zahl älterer Menschen gegenüber. Die Alterung wird sich fortsetzen. Der Anteil der 65-Jährigen und Älteren dürfte bis 2060 von 17,8% (2014) auf rund 28% ansteigen.

Der steigende Anteil an Betagten, welche Betreuungs- und Pflegeangebote in Anspruch nehmen, die grössere Bevölkerungszahl, das veränderte Wohn- und Mobilitätsverhalten und nicht zuletzt die gestiegene Anspruchshaltung von Prämienzahler/Bürger/Patient erhöhen die Erwartungen aber auch den Druck auf das Gesundheitswesen weiter.

1 Struktur und Aufbau des Gesundheitssystems Schweiz; Aufgabenverteilung, Effizienzpotenziale, Resultate im internationalen Vergleich; Sax Anna, 2015

Page 2: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen2

1.1 Bevölkerungsstruktur in der Schweiz

1.1.2 Bevölkerungspyramide

Quelle: Taschenstatistik der Schweiz 2016, BfS 2016.

Die neuen Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung der Schweiz beschreiben plausible Entwicklungen der ständigen Wohnbevölkerung der Schweiz in den nächsten Jahrzehnten. Es handelt sich dabei nicht um Prognosen, sondern um mögliche Entwicklungen, die davon abhängen, ob die unterstellten Hypothesen eintreten. Die wichtigsten Erkenntnisse dieser Szenarien sind:

- Die Schweizer Bevölkerung wird in den kommenden Jahrzehnten unabhängig von der Zuwanderung deutlich altern.

- Die Anzahl Todesfälle übersteigt die Anzahl Geburten in absehbarer Zukunft. Wann es soweit ist, hängt von der Geburtenhäufigkeit und der Sterblichkeit ab, aber auch von der Anzahl Frauen im gebärfähigen Alter, was wiederum teilweise von den Wanderungen (Ein-/Rückwanderungen) beeinflusst wird.

- Die Bevölkerungsstruktur der Schweiz erfährt in Bezug auf ihre Bildung eine tiefgreifende Veränderung.

- Wie hoch das Bevölkerungswachstum und die Zunahme der Erwerbsbevölkerung in den nächsten Jahrzehnten ausfallen, wird fast ausschliesslich vom Ausmass der Wanderungsbewegungen in diesem Zeitraum bestimmt.

Das Referenzszenario zeigt Folgendes:- Die Anzahl Personen mit ständigem Aufenthalt in der Schweiz beträgt im Jahr

2015 insgesamt 8,3 Millionen. Sie steigt bis 2030 auf 9,5 Millionen und erreicht 10,2 Millionen im Jahr 2045.

Page 3: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen3

- Die Bevölkerungsgruppe der 65-Jährigen und Älteren erhöht sich von 1,5 Millionen im Jahr 2015 auf 2,2 Millionen im Jahr 2030 und auf 2,7 Millionen im Jahr 2045.

- Der Altersquotient, das heisst die Anzahl Personen ab 65 Jahren auf 100 Personen im Alter zwischen 20 und 64 Jahren, liegt bei 29,1 im Jahr 2015, bei 39,6 im Jahr 2030 und bei 48,1 im Jahr 2045.

- Personen mit Tertiärabschluss (Hochschulen und höhere Berufsausbildungen), die im Jahr 2000 ein Viertel der Bevölkerung zwischen 25 und 64 Jahren ausmachten (2014: 40%) sind ab 2027 in der Mehrzahl.

- Die Erwerbsbevölkerung wächst von 4,822 Millionen Personen im Jahr 2014 auf 5,328 Millionen im Jahr 2045.

Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung der SchweizEs wurden drei neue Grundszenarien erstellt. Das Referenzszenario ist das Szenario, das auf der Fortsetzung der Entwicklungen der letzten Jahre beruht. Das «hohe» Szenario basiert auf einer Kombination von Hypothesen, die das Bevölkerungswachstum begünstigen, während das «tiefe» Szenario Hypothesen kombiniert, die dem Bevölkerungswachstum weniger förderlich sind.

Page 4: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen4

Quelle: Die Bevölkerung der Schweiz BfS 2015

Page 5: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen5

1.1.3 Ständige Wohnbevölkerung: Anteile der Altersklassen

Seit Beginn des 20. Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz, wie bereits erwähnt, mehr als verdoppelt: von 3,3 Mio. (1900) auf 8,2 Mio. (2014).

Das Wachstum der Bevölkerung ist von zwei Faktoren abhängig:- vom Geburtenüberschuss (Geburten minus Todesfälle) und - vom Wanderungssaldo (Einwanderung minus Auswanderung).

Bil-

dung

Page 6: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen6

Bis Ende der 1970er-Jahre war der Geburtenüberschuss der wichtigere Faktor. Die Geburten sind aber seit 1965 rückgängig, und seit den 1980er-Jahren übertrifft der Wanderungssaldo den Geburtenüberschuss deutlich (Jahresmittel der 10-Jahres-Perioden); in einzelnen Jahren wurde diese Tendenz allerdings unterbrochen, zuletzt 1995 – 1998.Der Geburtenüberschuss ist bei der ausländischen Wohnbevölkerung seit Ende der 1960er-Jahre weit höher als bei der schweizerischen.

Seit 1998 wächst die Schweizer Bevölkerung fast nur auf Grund der Einbürgerungen. 1,8% der ausländischen Staatsangehörigen erwarben 2014 das Schweizer Bürgerrecht.

1.2 Lebenserwartung und Geburten

1.2.1 LebenserwartungBi

l-du

ng

Page 7: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen7

Lesehilfe: Die durchschnittliche Lebenserwartung für im Jahr 2014 geborene Männer beträgt 81 Jahre, diejenige für Frauen 85,2 Jahre.

Page 8: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen8

Page 9: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen9

Hohe Lebenserwartung bei guter GesundheitIn der Schweiz betrug die durchschnittliche Lebenserwartung bei der Geburt für die Gesamtbevölkerung im Jahr 2013 fast 83 Jahre.

Nur in Japan und Spanien lag die Lebenserwartung noch höher. Schweizer Frauen und Männer werden aber nicht nur immer älter, sondern bleiben in der Regel auch länger gesund. Die Lebensqualität vieler alter Menschen hat sich dank medizinischen Fortschritten und einem gesünderen Lebensstil spürbar verbessert. Die Lebenserwartungin guter Gesundheit kombiniert Informationen zur Sterblichkeit mit Angaben zum selbst wahrgenommenen Gesundheitszustand für jede Altersklasse. Letztere werden alle fünf Jahre mit der Schweizerischen Gesundheitsbefragung erhoben.

1992 betrug die Lebenserwartung in guter Gesundheit im Alter von 65 bei den Frauen11.9 Jahre, bei den Männern 11.1 Jahre. Bis 2007 nahm dieser Wert bei beiden Geschlechtern um über 1.5 Jahre zu. Bei der letzten Gesundheitsbefragung 2012 wurden die Antwortmodalitäten geändert, sodass die Werte nicht mehr direkt mit den Vorjahren vergleichbar sind. Die Lebenserwartung in guter Gesundheit betrug bei den Frauen 12.9 Jahre und bei den Männern 12.5 Jahre. In der Befragung gaben über 71% der Frauen und fast 75% der Männer zwischen 65 und 74 Jahren an, in sehr guter oder guter Gesundheit zu leben. Bei den über 75-Jährigen waren es bei den Frauen noch rund 61% und bei den Männern gut 64%.

Die Anzahl der Personen ab 100 Jahren steigt an. Am 31.12.2014 lebten 1543

Page 10: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen10

hundertjährige und ältere Personen in der Schweiz.

Page 11: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen11

1.2.2 Säuglingssterblichkeit und Geburten

Niedrige Säuglingssterblichkeit

Während die Lebenserwartung seit Jahrzehnten zunimmt, ist die Säuglingssterblichkeit in der Schweiz laufend gesunken. Heute sterben im Durchschnitt weniger als 4 von 1 000 lebend geborenen Kindern innerhalb ihres ersten Lebensjahrs. Diese Entwicklung ist im Wesentlichen auf eine Verbesserung der Hygiene, aber auch der medizinischen Versorgung, der Gesundheitspflege und der Ernährung zurückzuführen.

Im weltweiten Vergleich ist die Säuglingssterblichkeit in der Schweiz, wie in den meisten europäischen Ländern, tief. In Schwellenländern wie China oder Russland ist sie deutlich höher, aber auch die USA weisen eine höhere Säuglingsmortalität auf. In den USA liegt der Grund dafür unter anderem darin, dass es beträchtliche Unterschiede in der Säuglingssterblichkeit nach Einkommensschichten gibt. In ärmeren Milieus ist sie signifikant höher. Die Indikatoren Säuglingssterblichkeit und Lebenserwartung geben Hinweise auf die allgemeinen Lebensumstände und die Hygiene in einem Gesundheitssystem.

Bil-

dung

Page 12: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen12

1.3 Entwicklung der Weltbevölkerung und europäische Gegebenheiten

Auch wenn diese Statistik zumindest in keinem direkten Bezug zum Gesundheitswesen der Schweiz steht, zeigt sie doch Folgendes auf: Die Bevölkerung nimmt weltweit zu. Die Bevölkerungsentwicklung verläuft nicht in allen Teilen der Welt wie in Europa. Dass aber die Weltbevölkerung zunimmt, hat nicht zuletzt mit den gesteigerten Möglichkeiten des Gesundheitswesens zu tun

Jede Minute 150 Menschen mehr auf der Welt 7,44 Milliarden Menschen bevölkern derzeit die Erde. Und täglich werden es mehr. Bis zum Ende des Jahrhunderts könnte die Weltbevölkerung mehr als elf Milliarden betragen. Aber das Wachstum ist nicht mehr ungebremst.

Im Jahr 1800 lebten etwa eine Milliarde Menschen auf der Erde. Seit dem vergangenen Jahrhundert nimmt das Bevölkerungswachstum rasant an Fahrt auf. 1960 waren es noch 3 Milliarden, 1987 bereits 5 Milliarden. 2011 überschritt die Weltbevölkerung 7 Milliarden. Und die Prognose? 8 Milliarden Menschen bis zum Jahr 2025, fast 10 Milliarden bis 2050 und vermutlich über 11 Milliarden bis 2100 - je nach Entwicklung der Geburtenrate.

Bil-

dung

Page 13: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen13

2015: Ein Dorf mit 100 BewohnernKnapp 7,4 Milliarden Menschen bevölkerten 2015 unseren Planeten. Heruntergerechnet auf ein Dorf mit hundert Einwohnern leben dort zehn Europäer, fast ebenso viele Lateinamerikaner und halb so viele Nordamerikaner. 16 Afrikaner und ein Ozeanier gehören zu dem Welt-Dorf. Die grosse Mehrheit bilden sechzig Asiaten. Rund ein Viertel der Dorfbewohner sind Kinder unter 15. Die Frauen des Dorfes bekommen im Durchschnitt 2,5 Kinder in ihrem Leben. So wächst das Dorf weiter: Jahr für Jahr um eine Person. Was ist 2050 aus dem Dorf geworden?

2100: Das Dorf am Ende des JahrhundertsBis 2100 wächst unser Welt-Dorf auf 153 Menschen - um die Hälfte mehr als 2015. Während die Zahl der Europäer, Ozeanier und Lateinamerikaner leicht sinkt oder gleich bleibt, hat sich der Anteil der Afrikaner beinahe verdoppelt. Asiaten bilden noch die Mehrheit, doch auch ihre Bevölkerungsgruppe nimmt ab. Inzwischen sind rund dreissig Prozent der Dorfbewohner älter als sechzig, fast jeder zehnte sogar über achtzig Jahre. Die Zahl der Kinder ist nahezu konstant, ihr Bevölkerungsanteil

Page 14: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen14

in dem gewachsenen Dorf also deutlich geschrumpft.

Quelle: Bayerischer Rundfunk BR, Nachrichten, Thema Weltbevölkerungstag, 08.07.2016

1.3.1 Verhältnisse im nahen EuropaWo steht die Schweiz innerhalb Europas?

Page 15: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen15

Mortalität pro 100 000 Einwohner (2013) Schweiz Deutschland Frankreich Italien Österreich Niederlande Norwegen Grossbritannien

Lungenkrebs 26.9 33.8 35.1 32.9 30.9 43.7 32.5 38.7 1) Leberzirrhose 4.3 12.2 9.3 6.9 13.7 3.7 3.2 10.9 1) Strassenverkehrsunfälle 2.9 3.4 5.6 6.5 5.2 3.1 2.9 3.1 1) Selbsttötung 11.2 9.9 14.7 5.7 12.4 9.6 9.9 6.7 1)

BfS 2015

1 2 3 4 5 6 7 8-

1.0

2.0

3.0

4.0

5.0

6.0

7.0

Row 4

Diagramm ist noch zu erstellen.

Die Schweizer Bevölkerung ist gesund und - wie verschiedene Umfragen zeigen - mit dem Schweizerischen Gesundheitswesen zufrieden (vgl. Kapitel 5).

1.4 Auswirkungen von Demografie, besserer Gesundheit und besserer Behandlungsmöglichkeiten

Die Statistiken implizieren, dass es uns gesundheitlich besser geht denn je. Können wir uns also zurücklehnen?

Drei Bereiche seien hier exemplarisch erwähnt - die, obwohl sie nicht direkt zum Gesundheitswesen gehören - doch massgeblich Einfluss auf dessen Entwicklung haben:

1.4.1 Arbeitswelt und BildungDie Lebenserwartung steigt weiter an. Unsere Sozialversicherungssysteme kommen jedoch langsam an ihre Grenzen. Damit diese weiter funktionieren können, werden wir länger arbeiten müssen als bis anhin und die Berufsbilder werden sich rasch verändern.

So arbeiten wir in Zukunft: Welche neuen Jobprofile entstehen2

Der Arbeitsmarkt der Zukunft verlangt neue Kompetenzen: Komplexe, analytische Tätigkeiten können kaum von Robotern ersetzt werden. So entstehen neue Stellen.Doch wie kann sich der Einzelne darauf vorbereiten?

Digitalisierung. Automatisierung. Roboter. Das sind längst keine Hirngespinste mehr. Sie beeinflussen Jobprofile – und viel mehr noch – die Anforderung an menschliche Kompetenz bereits heute. Unklar ist, welche Berufe in den nächsten Jahrzehnten verschwinden, welche neu entstehen und wie diese Berufe der Zukunft überhaupt aussehen.

Das Beratungsunternehmen Deloitte beschreibt in seiner Studie «Mensch und

2 Lina Giusto, Aargauer Zeitung, 20.5.2016

Page 16: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen16

Maschine: Roboter auf dem Vormarsch?», welche Auswirkungen die Automatisierung auf den schweizerischen Arbeitsmarkt hat. Und dieses Bild ist auf den ersten Blick düster: Jeder zweite Job soll in den nächsten 20 Jahren durch einen Roboter ersetzt werden.Nicht nur Berufe mit geringen Qualifikationen sollen verschwinden. Auch Berufe, die eine höhere Ausbildung erfordern, werden nicht verschont. Bei Buchhaltern oder Vermessungsingenieuren, ja sogar bei Finanzberatern sei es sehr wahrscheinlich, dass sie verdrängt werden. Doch es gibt auch gute Nachrichten: Wie die Berater von Deloitte ausgerechnet haben, sollen trotz Jobverlusten bis 2025 netto 270 000 neue Stellen entstehen. Dies würde den grundlegenden Strukturwandel in der Arbeitswelt bestätigen.

Dem Computer fehlt EmpathieWas heisst das für die Berufsausbildung? Und wie kann sich jeder Einzelne darauf vorbereiten? «Heutige Berufsbilder werden zu hybriden Profilen verschmelzen», sagt Silvan Winkler, Leiter Mitarbeiter- und Organisationsforschung Schweiz des Marktforschungsunternehmens GfK, dazu. Gerade die Schnittstellen zwischen Mensch und Maschine werden im Zuge der Automatisierung immer wichtiger, so der Arbeitsmarktspezialist. Wenn der Kassierer beispielsweise wegfallen würde, muss jemand die Maschine, die die Arbeit übernimmt, so gut entwickeln, dass sich der Kunde trotzdem noch gut beraten fühlt. Entwickler und Designer dieser Schnittstellen sind deshalb künftig gefragt.

Winkler sieht auch eine andere Schnittstelle im Fokus: die zwischen psychologischem und technologischem Wissen. Seiner Meinung nach werde die Arbeit eines Psychologen nicht durch eine Maschine ersetzt. Gerade die persönliche Beziehung zum Patienten sei wichtig für den Erfolg einer Therapie.

Neue Kompetenzen gefragtDas heisst mit anderen Worten: Es braucht andere Kompetenzen, um die Berufe in der Zukunft auszuführen: «Die Maschine wird noch lange nicht empathisch und authentisch sein können. Das analytische Denken wird deshalb an Bedeutung gewinnen», sagt Winkler. Zudem bleiben aber auch Faktoren wie Gewissenhaftigkeit und Intelligenz zentral. Auch die IT-Kompetenz jedes Mitarbeiters sei unabdingbar. Der Tabletcomputer ist bereits in der Primarschule angekommen.

Kanadische und britische Trendforscher haben basierend auf Umfragen die Berufsbilder der Zukunft definiert. Auffallend bei diesen Profilen ist dabei die häufige auftretende technologische Komponente im Zusammenhang mit persönlicher Beratung.

1.4.2 Kosten und deren FinanzierungIn seiner umfassenden Strategie für das Gesunheitswesen "Gesundheit 2020"3 schreibt der Bundesrat, dass die Finanzierung des weiter wachsenden Gesundheitssektors gesichert werden müsse. Die Kosten im Gesundheitswesen und insbesondere in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung würden auch weiter ansteigen. Zu den heutigen und weiterhin bleibenden Ursachen wie des medizinisch-technischen Fortschritts, der zunehmenden Nachfrage aufgrund des zunehmenden Wohlstandes und der demografischen Veränderungen kämen neue Kostentreiber hinzu (bspw. die Tendenz zur personalisierten Medizin oder die Entwicklung von Medikamenten für seltene Krankheiten). Der Druck auf das System der Prämienverbilligungen werde weiter zunehmen, womit die Wahrscheinlichkeit steige, dass radikalere Massnahmen - wie etwa die 3 http://www.bag.admin.ch/gesundheit2020/index.html?lang=de

Bil-

dung

Page 17: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen17

Einschränkung des Grundleistungskatalogs oder die Differenzierung der Prämien - mehrheitsfähig würden. Die Verlagerung der Versorgung in den ambulanten Bereich führe tendenziell zu einer Erhöhung des Prämienanteils in der Finanzierung des Gesundheitssystems. Umso wichtiger sei es, die von den Experten auf rund 20 Prozent geschätzten Effizienzreserven auszuschöpfen. Dies soll u.a. über den Abbau von Doppelspurigkeiten (bspw. mittels eHealth) erfolgen. Nur so bleibe das System für die einkommensschwachen Schichten und den unteren Mittelstand finanzierbar.

1.4.3 Generationenabkommen und Solidarität in GefahrEs gibt deutliche Anzeichen dafür, dass die Idee des Solidaritätsprinzips es in Zukunft schwer haben wird. Davon betroffen sind Fragen der Altersvorsorge (AHV) und insbesondere die Krankenversicherung. Im Zeitalter einer zunehmenden Individualisierung steht auch der Solidaritätsgedanke, auf dem die heutige Krankenversicherung basiert, zunehmend zur Diskussion. So wird beispielsweise immer wieder die soziale Einheitsprämie pro Versicherer und Wohnort (bei Erwachsenen) in Frage gestellt.

Die wenig entwickelte Solidarität zeigt sich auch darin, dass trotz grosser nationaler Sensibilisierungskampagnen die Spendequote von Organen nur sehr langsam steigt. Noch immer sterben in der Schweiz um die 100 Personen pro Jahr auf der Warteliste wegen fehlender Organe.

2 Exkurs: Prävention in der Schweiz«Vorbeugen ist besser als heilen»Gesundheitsförderung Schweiz ist eine privatrechtliche Stiftung, die von Kantonen und Versicherern getragen wird. Mit gesetzlichem Auftrag nach Art. 19 KVG initiieren, koordinieren und evaluieren wir Massnahmen zur Förderung der Gesundheit. Die Stiftung unterliegt der Kontrolle des Bundes. Das oberste Entscheidungsorgan ist der Stiftungsrat und besteht aus Vertretern der Kantone, Versicherer, Leistungserbringer und Patientenorganisationen.

Jede Person in der Schweiz leistet einen jährlichen Beitrag von 2.40 Franken an die Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz. Mit dieser kleinen Investition trägt somit jede und jeder zur Gesundheit aller bei. Der Betrag wird von den Krankenversicherern zusammen mit der Prämienrechnung eingezogen.

Der Prämienzuschlag von heute jährlich 2.40 Franken pro versicherte Person wird in zwei Schritten erhöht. 2017 steigt der Betrag auf 3.60 Franken. Damit wird die Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz künftig im Rahmen von kantonalen Aktionsprogrammen insbesondere die Prävention und Früherkennung psychischer Erkrankungen unterstützt.Per 1. Januar 2018 wird der Betrag auf 4.80 erhöht. Damit werden einerseits die Massnahmen zur Förderung der Gesundheit im Alter (z.B. Sturzprävention oder Verhinderung von Mangelernährung) verstärkt und andererseits innovative Präventionsprojekte in der Gesundheitsversorgung finanziert, mit Schwerpunkt auf den nichtübertragbaren Krankheiten.

Bil-

dung

Page 18: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen18

Langfristig strebt die Stiftung an, die Gesundheit der Schweizer Bevölkerung zu verbessern. Sie will Menschen informieren, befähigen und motivieren, die eigene Lebensweise gesund zu gestalten. Zudem strebt sie gesellschaftliche Rahmenbedingungen an, die diesen Prozess unterstützen. Eine gesündere Schweiz ist ihr langfristiges Ziel.

Die Beratungsstelle für Unfallverhütung aber auch die SUVA betreiben ihrerseits Unfallverhütung durch national angelegte Kampagnen ("Slow Down Take It Easy") und Erlasse von Vorschriften in bestimmten Branchen (z.B. Helmpflicht auf Baustellen).

Page 19: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen19

2.1 Die drei Bereiche der Prävention

Defintion des Begriffs Prävention4

Oberbegriff für Massnahmen, die das Auftreten, die Ausbreitung und die negativen Auswirkungen von bestimmten Gesundheitsstörungen, Krankheiten oder Unfällen verhindern sollen. Der Begriff geht vom Phänomen Krankheit oder Verletzung aus und versucht, die Ursachen dafür zu verstehen und ursächliche Faktoren auszuschalten. Prävention ist im Gegensatz zur Gesundheitsförderung spezifisch und sagt immer aus, welches Leiden verhütet oder früh erkannt werden soll (z.B. Prävention des Herzinfarktes, des Darmkrebses, des Verkehrsunfalls).

Dabei kann zwischen folgenden Formen der Prävention unterschieden werden:

PrimärpräventionGezielte Massnahmen zur Reduzierung des Neuauftretens einer Krankheit oder eines Gesundheitsproblems. Die Massnahmen zielen auf die Verringerung bzw. Schwächung von Risikofaktoren und auf die Stärkung von Schutzfaktoren. Die Primärprävention richtet sich in der Regel an die Gesamtbevölkerung.

Beispiel Zahnpropylaxe: Erhaltung und Festigung der Zahngesundheit zur Vorbeugung vor Karies5 und Paradontose6, durch gesunde Ernährung, sorgfältige Mundhygiene und Fluoridierung.

Sekundärprävention Gezielte Massnahmen zur Früherkennung und Frühintervention bei Personen und Gruppen mit bekannten Risikofaktoren für Krankheiten oder Störungen oder mit bereits erkennbaren Symptomen.

Beispiel Krebsprophylaxe: Erkrankungen durch Vorsorgeuntersuchungen möglichst früh diagnostizieren, um mit der Therapie der Krankheit in einem noch möglichst frühen Stadium beginnen zu können und so die Aussichten zu erhöhen, die Krankheit zu heilen, mit Krebsfrüherkennungsuntersuchungen (Darmspiegelung, Prostatauntersuchung, Mammascreening etc.)

Tertiärprävention Gezielte Massnahmen zur Verhinderung von weiteren Schädigungen aufgrund des Bestehens einer bestimmten Krankheit.

Beispiel Osteoporose:7 Bei bereits bestehendem Knochenbruch weitere Frakturen zu verhindern durch den gezielten Einsatz von Medikamenten und durch Umstellung der Ernährung (Kalziumzufuhr).

4 Bericht Prävention und Gesundheitsförderung in der Schweiz, BAG September 2007.5 Zahnfäulnis -> Löcher6 Krankheiten des Zahnhalteapparates -> Zahnausfall.7 Knochenschwund

Page 20: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen20

3 Bund, Kantone und GemeindenIn erster Linie sind die Kantone für das Gesundheitswesen zuständig. Es gilt im Gesundheitswesen der Grundsatz des Föderalismus. Damit existieren faktisch 26 verschiedene ausprägungen kantonaler Gesundheitssysteme.

Der finanzielle Druck führt jedoch vermehrt dazu, dass verschiedene Kantone beginnen, Versorgungsplanungen regional an die Hand zu nehmen und die interkantonale Zusammenarbeit zu fördern. Dabei hilft ihnen auch die Gesundheitsdirektorenkonferenz GDK, in der die für das Gesundheitswesen zuständigen Regierungsmitglieder der Kantone in einem politischen Koordinationsorgan vereinigt sind. Zweck der Konferenz ist es, die Zusammenarbeit der 26 Kantone sowie zwischen diesen, dem Bund und mit wichtigen Organisationen des Gesundheitswesens zu fördern. Rechtlich und finanziell werden die Konferenz und ihr Zentralsekretariat durch die Kantone getragen.

3.1 Die Rolle des Bundes im GesundheitswesenDas schweizerische Gesundheitssystem ist föderalistisch aufgebaut – Bund und Kantone teilen sich die Kompetenzen. Bei der Organisation des Gesundheitssystems auf eidgenössischer Ebene und der Vorbereitung politischer Entscheide spielt das Bundesamt für Gesundheit die Hauptrolle. Die Kantone sind Partner bei der Erarbeitung von Strategien und Vorschriften sowie bei der Aufsicht über das Gesundheitswesen; sie stellen die Umsetzung der Bundesgesetze sicher und sind für die Gesundheitsversorgung verantwortlich.

3.1.1 Zuständigkeiten des Bundes Bundesamt für Gesundheit (BAG)

Aufsicht über die Kranken- und Unfallversicherung (KVG und UVG) sowie die Prüfung und Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen von Medizinalpersonen. Fachliche Prüfung von Tarifstrukturen und Anträge auf Genehhmigung an den Bundesrat. Kontrolle über die Geschäftstätigkeit der Krankenversicherer. Pandemie- und Epidemievorsorge. Gesetzgebung im Bereich der Betäubungsmittel und der Amtstarife (SL, MiGeL, AL, ALT) und vieles weitere mehr.

Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV)Aufsicht über die Invalidenversicherung IV, Arbeitslosenversicherung AL, Erwerbsersatzordnung EO, Mutterschaft, Alters- und Hinterbliebenenversicherung AHV etc.

Schweizerisches Heilmittelinstitut (Swissmedic)Zulassung von Arzneimitteln (Kontrolle der Medikamentensicherheit)Kontrolle der Krankenversicherer und der Sozialversicherungen

Bundesamt für Statistik (BFS)Statistiken der Leistungserbinger und Erstellung der nationalen medizinischen Klassifikationen

Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO)

Bil-

dung

Page 21: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen21

Aufsicht über das Arbeitsgesetz und den Gesundheitsschutz

Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA)Kontrolle der Anlagerichtlinien für die Versicherer und Aufsicht über deren Tätigkeit

Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SBFIAufsicht über die Berufliche Grund- und höhere Berufsbildung

Schweizerisches Gesundheitsobservatorium (Obsan)Das Schweizerische Gesundheitsobservatorium erarbeitet zuverlässige, unabhängige Analysen zum Gesundheitssystem in der Schweiz für Bund und Kantone und Öffentlichkeit.

Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) Kampagnen für Unfallverhütung

- Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung BWL- Stellt die Versorgung mit Heilmitteln und Grundsubstanzen in Zusammenarbeit

mit der Wirtschaft sicher

usw.

Da den Kantonen teilweise die Mittel, aber oft auch der Wille fehlt, die bundesgesetzlichen Bestimmungen zeitgerecht und gesetzeskonform umzusetzen, engagiert sich der Bund stärker als noch vor Jahren in der Umsetzung und tangiert daher gezwungenermassen die Hoheit der Kantone. Anderseits nimmt es der Bund bei der Umsetzung seiner eigenen Gesetze auch nicht so genau, wenn ihm diese viel Arbeit oder Kritik einbringen.

3.2 Die KantoneDie Kantone sind - im Rahmen der bundesrechtlichen Vorgaben - weitgehend frei in der Ausgestaltung des Gesundheitswesens in ihrem Hoheitsgebiet. Sie spielen deshalb im Gesundheitswesen eine äusserst wichtige Rolle und treten in unterschiedlichen Rollen auf.

- Zuerst einmal sind sie als Planer und Bewilligungsinstanz tätig. Sie erstellen die Planung im stationären Bereich in den Bereichen Akutsomatik (inkl. Geburtshäuser), Psychiatrie, Spezialisierte und Hochspezialisierte Versorgung, Rehabilitation und Langzeit (Pflegeheime).Sie treten in diesem Zusammenhang oft auch als Koordinationsstelle für die fristgerechte Abgabe der Leistungserbringerstatistiken an den Bund auf.

- Im Weiteren treten sie als Bewilligungs- und Aufsichtsinstanz für Institutionen, Ausstellerin für Berufszulassungen bei Gesundheitsberufen und Praxisbewilligungen auf.

- Nicht zu vergessen ist der Bereich der Grund-, Aus- Fort und Weiterbildung. Die Kantone verpflichten Berufsleute und Institutionen im Gesundheitswesen Ausbildungs- und Praktikumsstellen anzubieten. In den von den Kantonen betriebenen Fachhochschulen und Universitäten werden Gesundheitsfachleute ausgebildet.

Page 22: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen22

Die Universitätsspitäler stellen einerseits mit ihren Dienstleistungen die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung sicher und leisten anderseits einen wichtigen Beitrag in der Forschung und Lehre sowie bei der Weiterentwicklung der Medizin.

- Die Universtätskantone (und weitere Zentrumsspitäler) liefern sich einen Konkurrenzkampf um die Führungsrolle in der Spitzenmedizin, was den medizinischen Fortschritt einerseits fördert, aber aufgrund der Kleinräumigkeit der Schweiz teure Überkapazitäten begünstigt und zur zusätzlichen Aufteilung der bereits geringen Fallzahlen mit entsprechenden Qualitätseinbussen führt.

- Früher waren die Kantone Eigentümer und Betreiber von Spitälern und Spezialinstitutionen. Dies hat sich in den letzten Jahren etwas geändert. Die Spitäler und Institutionen werden immer mehr verselbständigt. Diese Spitalaktiengesellschaften sind jedoch oft immer noch sehr stark von den Kantonen abhängig, solange diese weiterhin Besitzer der Spitalaktien sind. Ihre Unabhängigkeit ist teilweise nur auf dem Papier gegeben.

- Die Kantone sind im Krankenversicherungsbereich Genehmigungs- und Festsetzungsinstanz von Tarifen. Dies wird dann zum Problem, wenn die Kantone eigene Institutionen betrieben und bei Tarifstreitigkeiten die Abgeltung hoheitlich festsetzen.

- In der Gesundheitsvorsorge initieren sie kantonale Projekte zur Gesundheitsförderung.

- Die Auszahlung der Prämienverbilligung gehört ebenfalls in den Hoheitsbereich der Kantone. Es gibt daher nahezu 26 verschiedene Arten wie die kantonale Bevölkerung den Anspruch auf Prämienverbilligung geltend machen kann. Die Höhe der Prämienverbilligung ist weiter in jedem Kanton unterschiedlich.

- Unter gesundheitspolizeilichen Aufgaben ist die hoheitliche Tätigkeit, welche die öffentliche Gesundheit vor Gefährdungen und Störungen schützt zu verstehen. Gesundheitspolizei umfasst zum einen den Vollzug von Bundesrecht, namentlich den Vollzug der Vorschriften über den Umgang mit Lebensmitteln, Heilmitteln, Betäubungsmitteln und die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten.Im medizinischen Bereich beinhaltet die Gesundheitspolizei den Schutz der Bevölkerung vor Gefahren, die aus diagnostischen und therapeutischen Massnahmen entstehen könnten. Personen, die im Gesundheitswesen tätig sind und Produkte, die dort verwendet werden, müssen bestimmten Kriterien genügen. Es sollen Risiken, die mit diagnostischen und therapeutischen Handlungen und/oder dafür verwendeten Produkten verbunden sind, verhindert bzw. vermindert werden.

Beiträge der öffentlichen Hand Die Beiträge der öffentlichen Hand an das Gesundheitswesen werden zu knapp 80 Prozent durch die Kantone geleistet. Nicht zuletzt deshalb sind sie nicht bereit weitere Kompetenzen an den Bund zu übertragungen. In der Vergangenheit wehrten sie sich erfolgreich gegen eine überregionale oder gar gesamtschweizerische Spitalplanung sowie gegen eine Neuordnung der Spitalfinanzierung, welche die kantonalen Planungskompetenzen einschränken würde. Um weiteren Zentralisierungstendenzen entgegen zu wirken, haben die Kantone in den letzten Jahren ihre Zusammenarbeit im Rahmen der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und Direktoren (GDK) verstärkt. Im Rahmen des „Dialog Nationale Gesundheitspolitik“ tauschen sich die Kantone regelmässig mit dem Bund über gesundheitspolitische Fragestellungen aus und lancieren koordiniert Projekte wie z.B. eine Demenz- oder eHealth-Strategie. Als gemeinsame Einrichtung betreiben Bund und Kantone

Page 23: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen23

zudem das Gesundheitsobservatorium Obsan, welches vorhandene Gesundheitsinformationen in der Schweiz analysiert.

3.3 Die GemeindenSchliesslich leisten auch die Gemeinden einen Beitrag zum Gesundheitswesen. Sie betreiben allein oder in Zweckverbänden Spitäler und Pflegeeinrichtungen, übernehmen Spitex-Dienste sowie verschiedene Beratungsaufgaben. Insgesamt beteiligen sie sich mit 14 Prozent an der öffentlichen Finanzierung des Gesundheitswesens.

Page 24: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen24

3.4 Koordination zwischen den politischen EbenenWichtige Rolle der Kantone - Der Zentralismus im Gesundheitswesen wächstDas Gesundheitswesen gilt an sich als Domäne der Kantone. Nur punktuell sind in der Bundesverfassung an den Bund delegierte Kompetenzen verankert. Dennoch wird Bundesbern zunehmend umfassender aktiv. Die Hauptverantwortung liegt dabei aber eigentlich noch immer bei den Kantonen. Umfassende Kompetenzen haben die Bundesbehörden bei der Fortpflanzungsmedizin und der Gentechnologie im Humanbereich sowie bei der Transplantationsmedizin. Ferner hat der Bund für den Schutz der Gesundheit zu sorgen, wobei es um den Lebensmittelschutz, den Umgang mit Heilmitteln und Betäubungsmitteln sowie Chemikalien und die Bekämpfung von übertragbaren und bösartigen Krankheiten geht. Weiter fällt die Regelung der Forschung am Menschen in die Verantwortung des Bundes.

KVG Einfallstor für den BundDas Einfallstor für eine weitreichende Einflussnahme des Bundes auf das Gesundheitswesen stellt indessen die ihm übertragene Kompetenz zum Erlass von Vorschriften zur Kranken- und Unfallversicherung dar. Getrieben vom medizinisch-technischen Fortschritt und unter dem Eindruck der wachsenden Kosten, nutzt er sie zunehmend extensiver. Er beeinflusst fast die gesamte medizinische Versorgung.

Als umfassende Strategie für das Gesundheitswesen hat der Bundesrat etwa die im Januar 2013 verabschiedete Gesamtschau «Gesundheit2020» überschrieben. Darin formulierte er 36 Massnahmen, mit denen in den Bereichen des Gesundheitssystems die Lebensqualität gesichert werden soll. Im September des gleichen Jahres hatte Gesundheitsminister Alain Berset zur ersten nationalen Konferenz «Gesundheit2020» eingeladen. Rund 350 Vertreter aller wichtigen Organisationen des Gesundheitswesens setzten Prioritäten hinsichtlich der Ziele und Massnahmen der bundesrätlichen Strategie und bezeichneten die Partner für die Umsetzung. Doch wie passen solche Aktivitäten zur kantonalen Zuständigkeit für das Gesundheitswesen?

Über das Krankenversicherungsgesetz (KVG) bestimmt Bundesbern, welche medizinischen Leistungen entschädigt werden. Damit ist aber weitgehend auch gesagt, welche medizinischen Leistungen der Grossteil der Bevölkerung nutzen kann. Die Preise der Leistungen handeln zwar die Tarifpartner – Leistungserbringer und Krankenversicherer – aus, und die Kantone genehmigen sie. Die Wertigkeit der Leistungen wird jedoch über die Tarifstruktur auf Bundesebene bestimmt. Zunächst ist auch sie durch die Tarifpartner auszuhandeln, im Falle der Uneinigkeit entscheidet der Bund. So nahm der Bundesrat, nachdem sich die Tarifpartner nicht hatten einigen können, auf welchem Weg die Hausarztmedizin finanziell bessergestellt werden soll, das Heft in die Hand. Das Parlament hatte ihm dazu im KVG die subsidiäre Kompetenz erteilt8.

Bundesbern macht den Kantonen aber auch ganz direkt Vorgaben für die Prämienverbilligung, die Finanzierung beziehungsweise Überwälzung der Pflegekosten, setzt Eckwerte für die Zulassung von Leistungserbringern,

8 vgl. dazu auch Abstimmung über den Bundesbeschluss über die medizinische Grundversorgung vom 18.05.2014.

Page 25: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen25

schreibt Planungskriterien und Kriterien für die Preisgestaltung usw. vor. Das Gesetz über die Krankenversicherung hat sich im Laufe der Zeit zu einem eigentlichen Gesundheitsgesetz für die gesamte Schweiz entwickelt.

Die Tendenz, zentrale beziehungsweise gesamtschweizerische Ordnungen im Gesundheitswesen zu finden, geht aber nicht nur von Bundesbern aus. Auch die Kantone arbeiten daran. Das Krankenversicherungsgesetz fordert sie zunächst auf, ihre Spitalplanung zu koordinieren. Die Planung erfolgt zwar noch immer in den Kantonen einzeln. Diese sind jedoch mit Blick auf eine effiziente Versorgung über die Kantonsgrenzen hinweg zur Zusammenarbeit mit Spitälern ihrer Nachbarn verpflichtet. (…)

(…)Die Tendenz zu Zentralisierung und gesamtschweizerischer Steuerung im Gesundheitswesen und der Ausbau der Verbundaufgaben zwischen Bund und Kantonen sowie des kooperativen Föderalismus unter den Kantonen sind Ausfluss der zunehmend spezialisierteren und teureren Medizin. Trotzdem müssen zentrale Aufgaben und namentlich der Vollzug Sache der Kantone bleiben. Denn diese sind näher beim Patienten und kennen die Bedürfnisse der Bevölkerung besser als Bundesbern. Dies zu gewährleisten und ein zweckmässiges Zusammenwirken sicherzustellen, sind die bundesstaatlichen Herausforderungen im Gesundheitswesen.9

3.4.1 Vor- und Nachteile des FöderalismusFöderalismusDer Bund ist einzig für die Bereiche zuständig, die ihm die Bundesverfassung ausdrücklich überträgt. Alle anderen Aufgaben (zum Beispiel das Bildungswesen, die Spitäler oder die Polizei) sind Sache der Kantone. Somit verfügen diese über eine grosse Autonomie.

SubsidiaritätDer Grundsatz der Subsidiarität, wonach der Bund nur dann tätig werden kann, wenn ausdrücklich eine Kompetenz in der Verfassung erwähnt ist (Kompetenzvermutung zugunsten der Kantone) war und ist seit jeher massgebend für die Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen.

Der Föderalismus hat Vor- und Nachteile. Als Vorteil kann gelten, dass die Dezentralisierung die Entscheidungswege verkürzt. Beschlüsse wirken sich nicht auf das ganze Land aus, sondern werden nahe an der Basis gefällt und müssen von dieser auch getragen werden. Sie sind auf die entsprechenden Kantone beschränkt und können gegebenenfalls rasch adjustiert werden. Im Föderalismus können sich verschiedene (Gesundheits-)Systeme parallel entwickeln. Bewährt sich eines in der Praxis besser als die anderen, kann dieses übernommen werden.

Das System hat jedoch auch diverse Nachteile. Die unterschiedliche Finanzsituation der Kantone führt dazu, dass die Bundesgesetze unterschiedlich umgesetzt werden und so aus nationaler Sicht zu Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten führen.Sehr oft stehen die kantonalen Regierungen beim Gesetzesvollzug in einem Spannungsfeld, weil die exakte Umsetzung kantonal zu negativen Auswirkungen führen kann. Eine KVG-konforme Spitalplanung steht zum Teil

9 Der Zentralismus im Gesundheitswesen wächst, Claudia Schoch, NZZ, 26.11.2014

Bil-

dung

Page 26: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen26

im Konflikt mit anderen strategischen Anliegen der Region, wie zum Beispiel dem Erhalt von Arbeitsplätzen. So ist es denn auch eine derzeit fast unmögliche Aufgabe, ein Spital zu schliessen, der Protest der Bevölkerung führt bei solchen Massnahmen öfters zum Rücktritt der verantwortlichen Politiker.

3.4.2 Markt und LiberalismusBegrenzte staatliche Kompetenzen10

Die lange Liste staatlicher Kompetenzen könnte den Eindruck erwecken, das Gesundheitswesen der Schweiz sei weitgehend staatlich organisiert. Diese Schlussfolgerung ist jedoch falsch, weil die Schweiz zusammen mit den USA eines der am stärksten marktwirtschaftlich ausgerichteten Gesundheitssysteme hat. Die Kompetenzen geben oft nur einen Rahmen vor, in dem private Unternehmen und Organisationen sowie Individuen eine bemerkenswerte Handlungsfreiheit haben. Die Leistungsanbieter aber auch die Kostenträger sind weitgehend privatrechtlich organisiert und staatlich unabhängig tätig.

Der Einfluss staatlicher Instanzen ist in diesen wichtigen Bereichen sehr beschränkt. Eine grosse Rolle spielt das verfassungsmässige Grundrecht der Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 Bundesverfassung):„Die Wirtschaftsfreiheit ist gewährleistet. Sie umfasst insbesondere die freie Wahl des Berufes sowie den freien Zugang zu einer privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit und deren freie Ausübung.“

Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch die Vertragsfreiheit der Partner im Gesundheitswesen. Leistungserbringer und Versicherer sind aufgefordert, sich selbständig auf die Abgeltung der sozialversicherungspflichtigen Gesundheitsleistungen zu verständigen. Der Staat (bzw. Bund) greift erst dort ein, wenn sich diese nicht einigen können eine nicht gesicherte Versorgung der Bevölkerung mit Gesundheitsleistungen droht.

4 GesetzgebungObwohl heute alle Gesetze und Verordnungen auf der Website des Bundes digitalisiert zu finden sind, lohnt es sich für einen raschen und einfachen Überblick das Handbuch der Schweizer Krankenversicherung11 (in Deutsch und Französisch) zu beschaffen. Das jährlich aktualisierte Handbuch ist ein unentbehrlicher Begleiter für alle, die sich beruflich oder aus Interesse mit dem schweizerischen Gesundheitswesen befassen. Es ist gegliedert in einen Verbandsteil und einen ausführlichen Gesetzesteil. Im Gesetzesteil werden alle relevanten Gesetze und Verordnungen vom Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsgesetzes ATSG über die Kranken- und Unfallversicherung sowie das Datenschutzgesetz abgebildet. Im Verbandsteil findet man alle Adressen der kantonalen und eidgenössischen Behörden, Versicherer und der Leistungserbringerverbände.

4.1 Grundzüge der Krankenversicherung

4.2.1 Krankenversicherungsgesetz KVG

10 Gerhard Kocher , Gesundheitswesen Schweiz 2007-2009, S. 109ff und eigene Nachführungen.11 https://www.santesuisse.ch/de/politik-medien/publikationen/handbuch-der-schweizer-krankenversicherung/

Bil-

dung

Page 27: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen27

In der Eidgenössischen Volksabstimmung vom 4. Dezember 1994 stimmten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger dem neuen Bundesgesetz über die Krankenversicherung KVG zu. Wichtigste Neuerungen des KVG waren vor allem die allgemeine Versicherungspflicht (Obligatorium), der einheitliche Leistungskatalog und die Ablösung der allgemeinen Krankenkassensubventionen (Giesskannenprinzip) durch die individuelle Prämienverbilligung für Versicherte in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen (Bedarfsprinzip).

Das Gesetz regelt die soziale Krankenversicherung (die sog. Obligatorische Krankenpflegeversicherung OKP oder Grundversicherung). Alle Zusatzversicherungen wurden ab 1. Januar 1997 dem Privatversicherungsrecht nach Versicherungsvertragsgesetz VVG unterstellt.

Das VersicherungsobliatoriumDie Krankenversicherung wurde für die gesamte dauerhaft in der Schweiz wohnhafte Bevölkerung obligatorisch. Als Grundsatz gilt: Wer sich länger als drei Monate in der Schweiz aufhält, hat sich gegen Krankheit und Unfall zu versichern.Die obligatorische Krankenversicherung kann von Krankenversicherern12 und privaten Versicherungsgesellschaften13 angeboten werden.

Wenn ein Versicherter über eine Grundversicherung mit einer ordentlichen Franchise14 (Erwachsene CHF 300.-; Kinder CHF 0.- pro Kalenderjahr) und freier Wahl des Leistungserbringers verfügen, kann er per 1. Juli unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist kündigen. Das heisst der bisherige Versicherer muss die Kündigung bis spätestens am 31. März erhalten haben. Ein Versicherungswechsel in der Jahresmitte ist nicht möglich, wenn der Versicherte über eine Grundversicherung mit einer höheren Franchise (Erwachsene CHF 500.-, CHF 1000.-, CHF 1500.-, CHF 2000.-; CHF 2500.-; Kinder CHF 100.-, CHF 200.-, CHF 300.-, CHF 400.-; CHF 500.-, CHF 600.- pro Kalenderjahr), oder mit einer eingeschränkten Wahl des Leistungserbringers (Gesundheitsnetzwerk, HMO, Hausarztmodell, telemedizinische Beratung) oder mit einer Bonusversicherung verfügen.Versicherungswechsel per 1. Januar sind möglich, wenn die Kündigung bis am 30. November beim Versicherer eingetroffen ist

Soziale GrundversicherungJeder Versicherte hat das Anrecht, sich beim Krankenversicherer seiner Wahl zu versichern. Die Versicherungsgesellschaft darf keinen Versicherten ablehnen. Die Versicherungsprämie ist (bei gleichem Versicherungsmodell) identisch, unabhängig des Alters (ab 26 Jahren), unabhängig des Geschlechts oder des Gesundheitszustandes.

Umfassender LeistungskatalogDie Krankenversicherung übernimmt die Kosten für Leistungen, die der Diagnose oder Behandlung einer Krankheit und ihrer Folgen dienen. Ausgeschlossen von der Kostenübernahme sind Leistungen, welche in der Krankenpflegleistungsverordnung KLV ausdrücklich ausgeschlossen oder limitiert sind (Negativkatalog).

12 z.B. Assura, CSS, Helsana, Sanitas, Swica, Visana.13 z.B. AXA, Basler, Generali, Helvetia, Mobiliar, Zürich.14 Fixe Selbstbeteiligung des Patienten, pro Kalenderjahr geschuldet.

Page 28: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen28

Das Umgekehrte, nämlich eine exakte Umschreibung der von der Krankenversicherung zu übernehmenden Leistungen, existiert für die sogenannten besonderen Leistungen wie Mutterschaft oder Prävention sowie alle Anhänge zur KLV, der Spezialitätenliste SL (konfektionierte Medikamente), der Mittel- und Gegenständeliste MiGeL (medizinische Hilfsmittel und Materialien), der Analysenliste AL (Laboranalysen) und der Arzneimittelliste mit Tarif ALT (Magistralrezepturen).

Obligatorisch von der Krankenversicherung zu übernehmende Leistungen (sog. Pflichtleistungen nach Art. 25 -31 KVG) sind:

- Ärztliche Behandlung- Leistungen auf Anordnung eines Arztes (Paramedizinische Behandlungen und

Therapien, MiGeL, Analysen AL, Medikamente SL/ALT)- Aufenthalt auf der allgemeinen Abteilung eines Spitals oder Geburtshauses- Mutterschaft- Ärztlich angeordnete Rehabilitation- Beitrag an Kuren- Medizinische Prävention- Geburtsgebrechen, die nicht durch die Invalidenversicherung gedeckt sind- Unfälle, soweit dafür keine Unfallversicherung nach UVG aufkommt- Zahnärztliche Behandlungen (als Folge von schweren Allgemeinerkrankungen

oder nicht vermeidbare Erkrankungen des Kausystems)- Beitrag an medizinisch notwendige Transport- sowie Rettungskosten- Pflegeleistungen zu Hause oder im Pflegeheim

RisikoausgleichKrankenversicherer, die unter ihren Versicherten weniger Personen mit einem erhöhten Krankheitsrisiko haben als der Durchschnitt aller Versicherer, müssen der gemeinsamen Einrichtung GE Risikoabgaben entrichten. Im Gegenzug erhalten Versicherer mit überdurchschnittlich vielen Personen mit erhöhtem Krankheitsrisiko Ausgleichsbeiträge. Das erhöhte Krankheitsrisiko wird durch das Alter, das Geschlecht und weitere geeignete Indikatoren (wie z.B. pharmazeutischen Kostengruppen - teure Medikamente) der Morbidität abgebildet. Diese Indikatoren legt der Bundesrat fest. Die gemeinsame Einrichtung führt den Risikoausgleich unter den Versicherern innerhalb der einzelnen Kantone durch.

PrämienverbilligungDie Kantone gewähren den Versicherten in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen Prämienverbilligungen. Sie bezahlen den Beitrag für die Prämienverbilligung direkt an die Versicherer, bei denen diese Personen versichert sind. Die Durchführung der Prämienverbilligung liegt bei den Kantonen. Es gibt deshalb 26 Ausprägungen bei wlechen Anspruchsberechtigte teilweise hohe administrative Hürden und Fristen zu überwinden haben.

Kostendämpfende MassnahmenUm die steigenden Kosten im Bereich der Krankenversicherung dämpfen zu können wurden mit dem KVG entsprechende Grundlagen geschaffen. Dazu gehört die kantonale Spitalplanung, welche eine bedarfsgerechte Spitalversorgung ohne Überkapazitäten für die Kantonseinwohnerinnen und -einwohner sicherstellen soll. Die Prämienzahler werden jedoch auch mit kostendämpfenden Anreizen in die Pflicht genommen. Durch die Wahl eines Hausarzt-, HMO- oder Telmed-Modells, gibt der Patient seine freie Wahl des Leistungserbringers zugunsten eines Gate-Keepers auf. Damit sollen unnötige Arzt- und Spitalbesuche (im Bagatellfall) vermieden werden. Davon ausgenommen sind Notfallbehandlungen.

Ebenfalls zu den verantwortungsfördernden und kostendämpfenden Massnahmen

Page 29: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen29

gehört die Kostenbeteiligung. Sie setzt sich zusammen aus der zu entrichtenden Franchise (Fixbetrag pro Kalenderjahr) und des Selbsbehaltes (10% bis maximal CHF 700.- pro Kalenderjahr), die bevor die Krankenversicherungen Leistungen übernimmt durch jeden Patienten zu übernehmen sind.Im stationären Bereich gibt es zudem den Spitalbeitrag in der Höhe von CHF 15.-, welcher (als Anteil für die Verpflegung) ebenfalls zu berappen ist.

Ausnahmen obiger Kostenbeteiligung sind Mutterschaft sowie Berufs- und Nichtberufsunfall.

4.3 Eidgenössische Sozialversicherer

4.3.1 Unfallversicherungsgesetz (UVG)Das Unfallversicherungsgesetz trat am 1. Januar 1984 in Kraft.

Der Zweck dieses Gesetzes ist die Minderung der wirtschaftlichen Folgen von Berufs- und Nichtberufsunfällen sowie Berufskrankheiten.Gemäss UVG sind alle in der Schweiz beschäftigten Arbeitnehmer obligatorisch gegen Unfälle und Berufskrankheiten versichert. Dazu gehören auch Heimarbeiter, Lernende, Praktikanten, Volontäre.

Die Versicherung gilt weltweit und bleibt grundsätzlich auch dann wirksam, wenn ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin beruflich oder privat ins Ausland geht. Ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin, der/die während eines Jahres für seinen Arbeitgeber im Ausland tätig ist, bleibt also versichert.

Die Versicherung beginnt am ersten Tag der geplanten oder tatsächlichen Arbeitsaufnahme und endet am 30. Tag an dem der Anspruch auf mindestens den halben (für die AHV massgebenden) Lohn aufhört. Als Lohn gelten auch die den Lohn ersetzenden Taggelder der obligatorischen Unfallversicherung, der Militärversicherung, der Invalidenversicherung, der ALV und der Krankenkassen.

Teilzeitbeschäftigte, die das Mindestmass von acht Stunden pro Woche bei keinem Arbeitgeber erreichen, sind gegen Berufsunfälle, Berufskrankheiten und gegen Unfälle auf dem Arbeitsweg versichert, gegen Nichtberufsunfälle sind sie nicht versichert.

Bei Personen, welche nicht über die Unfallversicherung gegen die Folgen von Unfällen versichert sind, trägt die Krankenversicherung die Kosten der Heilbehandlung nach Unfällen. Solche Personen haben bei ihrer Krankenversicherung einen Prämienzuschlag für den Einschluss der Unfalldeckung zu bezahlen.

Der Versicherte hat nach Unfallversicherungsgesetz UVG einen Anspruch auf eine zweckmässige Behandlung der Unfallfolgen, nämlich auf die

- Heilbehandlung, Verpflegung und Unterkunft in der allgemeinen Abteilung eines Spitals

- die ambulante Behandlung durch den Arzt, den Zahnarzt oder auf deren Anordnung durch eine medizinische Hilfsperson sowie im

Bil-

dung

Page 30: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen30

weiteren durch den Chiropraktor- die vom Arzt oder Zahnarzt verordneten Arzneimittel und Analysen;- Hilfsmittel. die der Heilung dienen oder die körperliche Schädigungen

oder Funktionsausfälle ausgleichen- Sachschäden- Reise, Transport und Rettungskosten- Leichentransport und Bestattungskosten- Ärztlich verordnete Nach- und Badekuren

4.3.2 Militärversicherung (MV)Am 19. Juni 1992 hat die Bundesversammlung das total revidierte Bundesgesetz über die Militärversicherung (MVG) einstimmig angenommen. Dieses Gesetz ist am 1. Januar 1994, zusammen mit einer neuen Verordnung zum MVG und 23 Weisungen, in Kraft getreten. Die Militärversicherung ist das erste eidgenössische Sozialversicherungswerk und datiert auf das Jahr 1901.

Die Durchführung der Militärversicherung obliegt der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt SUVA.

Die Militärversicherung (MV) dient der umfassenden Risikodeckung aller Gesundheitsschäden von Personen, die für den Bund persönliche Leistungen im Bereich der Sicherheits- oder Friedensdienste erbringen. Zu den versicherten Diensten gehören namentlich Militärdienst, Zivildienst und Zivilschutzdienst, Einsätze des Schweizerischen Katastrophenhilfekorps und solche im Rahmen der friedenserhaltenden Missionen und der Guten Dienste des Bundes. Diese Versicherten müssen keine Prämien bezahlen.

Die Leistungen der MV umfassen:- Heilbehandlung- Übernahme von Reise- und Bergungskosten- Zulagen für besondere Kosten und bei Hilflosigkeit- Abgabe von Hilfsmitteln- Taggelder- Entschädigung für die Verzögerung der Berufsausbildung- Entschädigung an Selbstständigerwerbende- Eingliederungsleistungen- Altersrenten für invalide Versicherte- Integritätsschadenrenten- Hinterlassenenrenten- Ehegatten- und Waisenrenten bei ungenügenden Vorsorgeleistungen- Abfindungen und Genugtuungen- Entschädigungen für Berufsausbildungskosten

4.3.3 Invalidenversicherung (IV)Das Invalidenversicherungsgesetz trat am 1. Januar 1960 in Kraft.

Die schweizerische Invalidenversicherung (IV) ist wie die AHV und die Krankenversicherung eine gesamtschweizerische obligatorische

Bil-

dung

Page 31: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen31

Versicherung. Ihr Ziel ist es, den Versicherten mit Eingliederungsmassnahmen oder Geldleistungen die Existenzgrundlage zu sichern, wenn sie invalid werden.

Die IV ist Teil des eidgenössischen Sozialversicherungsnetzes. Dieses basiert auf dem Drei-Säulen-Prinzip: die staatliche Versicherung mit IV, AHV und den Ergänzungsleistungen (EL) als erste Säule, die berufliche Vorsorge (Pensionskasse) als zweite Säule und die Selbstvorsorge als dritte Säule. Dieses Sozialversicherungssystem wird ergänzt durch die öffentliche Sozialhilfe: Auch als Fürsorge bezeichnet, bildet sie das letzte Auffangnetz.

Wie bei der AHV und den Ergänzungsleistungen besteht auch bei der IV ein Rechtsanspruch auf Leistungen, wenn die im Gesetz genau festgelegten Bedingungen erfüllt sind.

Invalidität im Sinne der IV bedeutet Erwerbsunfähigkeit aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigung.Die IV definiert Invalidität als eine durch körperlichen, psychischen oder geistigen Gesundheitsschaden verursachte Erwerbsunfähigkeit bzw. Unfähigkeit, sich im bisherigen Aufgabenbereich (z.B. im Haushalt) zu betätigen.

Diese Unfähigkeit muss bleibend sein oder längere Zeit (mindestens ein Jahr) dauern. Es spielt jedoch keine Rolle, ob der Gesundheitsschaden schon bei der Geburt bestanden hat oder Folge einer Krankheit oder eines Unfalls ist.

Invalidität besteht also unter folgenden Voraussetzungen:Es liegt ein Gesundheitsschaden vor, es besteht eine bleibende oder längere Zeit dauernde Erwerbsunfähigkeit bzw. Unfähigkeit, sich im bisherigen Aufgabenbereich zu betätigen, und die Erwerbsunfähigkeit ist durch den Gesundheitsschaden verursacht

Eingliederung vor RenteDas oberste Ziel der Invalidenversicherung ist es, behinderte Personen soweit zu fördern, dass sie ihren Lebensunterhalt ganz oder teilweise aus eigener Kraft bestreiten und ein möglichst unabhängiges Leben führen können.

Eingliederungsmassnahmen?Massnahmen zur dauernden und wesentlichen Verbesserung der Erwerbstätigkeit.Damit behinderte Personen weiterhin erwerbstätig oder in ihrem bisherigen Arbeitsbereich tätig bleiben können, werden sie von der IV mit verschiedenen Eingliederungsmassnahmen unterstützt:

- Medizinische Massnahmen- Integrationsmassnahmen- Berufliche Massnahmen- Hilfsmittel- Taggelder und Reisekostenvergütung als zusätzliche Leistungen

Medizinische Massnahmen werden zur Behandlung anerkannter Geburtsgebrechen bis zum 20. Altersjahr geleistet. Die IV unterscheidet

Page 32: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen32

bei den medizinischen Massnahmen grundsätzlich zwischen angeborenen Leiden und solchen, die eine Folge von Krankheit oder Unfall sind.

Der Anspruch auf berufliche Eingliederungsmassnahmen erlischt generell bei Erreichen des AHV-Rentenalters oder wenn vom Rentenvorbezug Gebrauch gemacht wurde.

Es gibt zwei Arten von beruflichen Massnahmen- Massnahmen zur sozialberuflichen Rehabilitation

Darunter werden Belastbarkeitstrainings, Aufbautrainings oder wirtschaftsnahe Integration mit Support am Arbeitsplatz verstanden

- BeschäftigungsmassnahmenBeschäftigungsmassnahmen dienen dem Erhalt der Tagesstruktur und der Restarbeitsfähigkeit bis zum Beginn von beruflichen Massnahmen oder dem Antritt einer neuen Stelle.Die IV übernimmt auch die Kosten für Berufsberatung, berufliche Aus- und Weiterbildung sowie Umschulung.

Hilfsmittel für die Ausübung des Erwerbsberufs

Invalidenrenten Wenn Eingliederungsmassnahmen keinen Erfolg haben, erhalten Betroffene eine Invalidenrente.

HilflosenentschädigungEine Hilflosenentschädigung wird dann ausgerichtet, wenn Hilfe bei alltäglichen Lebensverrichtungen benötigt wird (z.B. Ankleiden, Aufstehen, Absitzen, Essen, Körperpflege etc.)

AssistenzbeitragBezügerinnen und Bezüger einer Hilflosenentschädigung, die auf regelmässige Hilfe angewiesen sind, aber dennoch zu Hause leben möchten, erhalten einen Assistenzbeitrag. Dieser soll in erster Linie die Selbstbestimmung und Eigenverantwortung fördern.

Ergänzungsleistungen Wenn die Rente oder das Taggeld den Existenzbedarf nicht decken, erhalten Bezügerinnen und Bezüger Ergänzungsleistungen. IV-Renten und Taggelder sollen grundsätzlich den Existenzbedarf einer behinderten Person decken. Wenn diese Leistungen alleine nicht ausreichen, weil beispielsweise daneben kein weiteres Einkommen vorhanden ist, können Ergänzungsleistungen beansprucht werden. Dies sind Leistungen, welche den Fehlbetrag zwischen dem tatsächlichen Einkommen und einer bestimmten Einkommensgrenze, dem Existenzbedarf, ausgleichen. Auf Ergänzungsleistungen besteht ein Rechtsanspruch. Sie sind keine Fürsorgeleistungen.

Page 33: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen33

4.3.4 Wozu wird meine Krankenversicherungsprämie verwendet?

Quelle: Taschenstatistik BAG Ausgabe 2015

Bil-

dung

Page 34: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen34

Page 35: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen35

5 Die medizinische Versorgung der Bevölkerung

5.1 GesundheitszustandGrosse Zufriedenheit mit dem Gesundheitswesen

Das Gesundheitswesen als Ganzes erfährt 19 Jahre nach Einführung des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) eine hohe Akzeptanz in der Schweizer Bevölkerung. 2015 hatten 82% einen sehr oder eher positiven Eindruck davon. Dies ist der höchste je gemessene Zustimmungsgrad und spricht dafür, dass der Boden für weitere, gross angelegte Reformen im Gesundheitswesen ohne klar ersichtlichen Patienten-oder Kundennutzen derzeit nicht gegeben ist. Die klare Ablehnung der «Volksinitiative für eine öffentliche Krankenkasse» im September 2014 machte dies deutlich.

Geht es nach der stimmberechtigten Bevölkerung, erlaubt das ideale Gesundheitswesen in der Schweiz Wahlmöglichkeiten und stellt Leistungen von hoher Qualität und in ausreichender Quantität zur Verfügung. Während es zwischen 2003 und 2010 zu einer deutlichen Zunahme der Befürworter eines marktwirtschaflich orientierten Gesundheitswesens von 50% auf 75% kam, verlief der Trend zwischen 2011 und 2014 in die umgekehrte Richtung. 2014 befürwortete mit 51% der Befragten wieder ein ähnlich grosser Bevölkerungsteil ein marktorientiertes Gesundheitswesen wie 2003. 2015 schliesslich stieg der Anteil der Befragten, die sich mehr Markt wünschen, auf 60% (vgl. nachfolgende Grafik).

Bil-

dung

Page 36: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen36

Der Zugang zu neuen Medikamenten soll weiterhin gewährleistet seinDer ungehinderte Zugang zu neuen Medikamenten ist den Schweizerinnen und Schweizern wichtig. 65% der Stimmberechtigten möchten darauf auf keinen Fall verzichten. Hingegen war der Verzicht auf die freie Spitalwahl zur Kostensenkung auch 2015 kein Tabu mehr: 62% wären zur Aufgabe bereit. Allerdings hängt dies für 53% der Befragten von der Höhe der Kostensenkung ab. Die Einschränkung der Therapiefreiheit fand mit 56% Zustimmung, wobei auch hier der Anteil derer, die diese Einschränkungen von der Höhe der Kostensenkung abhängig machen, mit 50% relativ hoch ist. Im Gegensatz zum Vorjahr war die Kürzung des Leistungskatalogs mit 47% Zustimmung knapp nicht mehr mehrheitsfähig. Wie schon 2014 möchte die Mehrheit auch nicht auf die freie Arztwahl verzichten: 54% der Stimmbevölkerung wären dazu auf keinen Fall bereit.

Page 37: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen37

Behandlung seltener Krankheiten soll vergütet werdenEine Erkrankung, die weniger als einmal pro 2 000 Einwohner pro Jahr auftritt, gilt als selten. Viele seltene Krankheiten treten aber noch viel seltener auf. Jede einzelne dieser Erkrankungen für sich ist zwar selten, da aber 5 000 bis 7 000 solche Krankheiten bekannt sind, ist dies mit einer Volkskrankheit zu vergleichen. Gemäss Schätzungen von Forschern der Universität Lausanne leiden etwa 7.2% der Schweizer Bevölkerung an einer seltenen Erkrankung, also rund 580 000 Menschen. Gegen die meisten seltenen Krankheiten gibt es noch keine wirksamen Therapien. Medikamente gegen seltene Krankheiten machen nur etwa 3% der gesamten Medikamentenkosten aus. Trotzdem sind Behandlungen für seltene Krankheiten zu einem öffentlichen Thema geworden.Die Stimmberechtigten sind sich diesbezüglich grossmehrheitlich einig: Sie betrachteten 2015 die Übernahme der Kosten zu 89% als Aufgabe der Krankenversicherer.

Eine klare Mehrheit der Schweizer Bevölkerung wünscht sich eine Entscheidung, die primär von medizinischen Überlegungen geleitet wird (93%), eine Entscheidung, die auch die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten berücksichtigt (87%) sowie

Page 38: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen38

eine Entscheidung von Fall zu Fall (76%).

80% lehnen einen Verzicht auf eine Behandlung aus Kostengründen mehr oder minder prinzipiell ab. Noch deutlicher wird die Aussage abgelehnt, dass eine Anwendung in keinem Fall erfolgen soll. 60% sind der Ansicht, dass es keine Obergrenze der für die Krankenversicherungen zu deckenden Kosten geben dürfe.

5.2 VersorgungsstrukturenZu den Leistungserbringern im Gesundheitsmarkt zählen die Spitäler aber ebenso Pflegeheime, Geburtshäuser, Spezialkliniken, Institutionen für Psychiatrie und Rehabilitationen sowie alle ambulant tätigen Organisationen

Page 39: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen39

wie Spitex oder medizinischen und paramedizinischen Fachpersonen wie Ärzte, Chiropraktoren, Psychologen, Physio- und Ergotherapeuten zudem Diabetes-, Ernährungs-, Still- und Stomaberaterinnen, Logopäden, ambulant tätige Pflegende und viele weitere mehr.

5.2.1 Unterschiedliche Einteilungsmöglichkeiten der stationären Leistungserbringer

Die Institutionen lassen sich nach folgenden drei gängigen Rubriken einteilen: Nach Ausprägung der Tätigkeit, nach Versorgungskriterien und Leistungsaufträgen sowie nach der Rechtsform.

5.2.1.1 Entsprechend ihrem TätigkeitsgebietAkutspitalSpitäler und Kliniken für die akute medizinische und chirurgische Behandlung. Aufenthaltsdauer in der Regel weniger als 30 Tage. Spezialisiertes Fachpersonal und hohe Investitionen im Bereich der Infrastruktur und Technik.

GeburtshäuserGeburtshäuser sind von Hebammen betriebene selbständige, ausserklinische Einrichtungen, die der Durchführung der vaginalen Geburt und der Betreuung von Mutter und Neugeborenem dienen. Die Aufenthaltsdauer von Mutter und Säugling dauert in der Regel einige Tage.

Rehabilitations-, HöhenklinikenSpezialkliniken für die Wiederherstellung von verunfallten oder erkrankten Menschen. Meistens beginnt die Rehabilitation im Anschluss an die Akutspitalphase.

Psychiatrische KlinikenSpezialkliniken zur Behandlung, Rehabilitation und Pflege psychisch Kranker, einklusive Spezialkliniken für Suchtkranke.

Pflegeheime (Krankenheime)Spezialinstitution für die langfristige Hospitalisierung besonders körperlich Langzeitkranker, die eine anspruchsvolle aktivierende Krankenpflege und eine regelmässige ärztliche Behandlung benötigen. Aufenthaltsdauer in der Regel länger als 30 Tage.

Tages- und NachtklinikenKlinik zur tageszeitlich begrenzten Pflege, Überwachung und Durchführung therapeutischer Massnahmen oder Einrichtung für die vorübergehende Aufnahme von Kranken, die einer Erwerbstätigkeit nachgehen, ausserhalb der Arbeitszeit jeodch ärztliche, therapeutische und pflegerische Betreuung und Strukturen benötigen.

PoliklinikenSpezialisierte überregionale Untersuchungs- und Behandlungsstellen (teilweise in Ergänzung zu den Arztpraxen) für ambulante Patientinnen und Patienten.

Bil-

dung

Page 40: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen40

SpezialklinikenHierzu zählen Spezialkliniken, die sich nicht eindeutig einer der vorgenannten Kategorien zuordnen lassen (wie z.B. Spezialkliniken für Querschnittgelähmte).

Page 41: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen41

5.2.1.2 Entsprechend ihrem VersorgungsauftragSpitäler mit kantonalem Leistungsauftrag:Spitäler, die über einen Leistungsauftrag von einem oder mehren Kantonen verfügen, werden auch als Listenspitäler bezeichnet (sie erscheinen auf den kantonalen Spitallisten). Je nach Art und Umfang der Leistungsaufträge kann man die folgenden Typen von Listenspitälern unterscheiden:

- Regionalspital und SchwerpunktspitalSpital für die erweiterte Grund- und Basisversorgung einer Region mit Abteilungen für Innere Medizin, Chirurgie sowie in der Regel Gynäkologie und Geburtshilfe. Ihm können weitere Fachgebiete angegliedert sein, wie beispielsweise Ophthalmologie, Otho-Rhyno-Laryngologie oder Urologie. Es kann Koordinationsaufgaben für die Region übernehmen.

- ZentrumsspitalSpital für die überregionale Versorgung mit erweiterter Versorgungsstruktur (zur Grund- und Basisversorgung). Konzentration komplexer und spezialisierter Leistungen, soweit sie nicht vom Universitätsspital erbracht werden. Es ist in der Lage, medizinische Dienstleistungen für andere Einrichtungen des Gesundheitswesens zu erbringen.

- UniversitätsspitalSpital der spezialisierten und hochspezialiserten Versorgung, verbunden mit Lehre und Forschung (im Speziellen Grundlagenforschung), das zur umfassenden Versorgung medizinisch aufwändiger Fälle, unter Beibehaltung der Grund- und Basisversorgung u.a. im Ausbildungsbereich) beiträgt.

Spitäler ohne kantonalen Leistungsauftrag:Spitäler, die über keinen kantonalen Leistungsauftrag verfügen - weder vom Standortkanton noch von einem anderen Kanton, sind entweder Vertrags- oder Ausstandspitäler. Die Kantone beteiligen sich nicht an den Kosten von Behandlungen in solchen Spitälern (Ausnahme: Notfälle).

VertragsspitälerVertragsspitäler verfügen über Verträge mit den Versicherern, welche die Übernahme des Grundversicherungsanteils der Spitalbehandlung durch die Obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) regeln. Die Behandlung in Ausstandspitälern wird hingegen ausschliesslich durch die Zusatzversicherung resp. den Patienten selbst finanziert (Selbstzahler).

Page 42: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen42

ev. eigene Darstellung machen und GWL weglassen, da nicht relevant in diesem Kontext und auch nicht ganz richtig (Ausstandsspitäler)

5.2.1.3 RechtsformenGemäss H+ Mitgliederverzeichnis verteilen sich die schweizerischen Spitäler und Institutionen auf die beiden Rechtsformen:

Trägerschaften des privaten Rechts Einfache Gesellschaften, Kollektivgesellschaften KG und

Kommanditgesellschaften Stiftung des privaten Rechts Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH Aktiengesellschaft AG Genossenschaft

Trägerschaften des öffentlichen Rechts Stiftung des öffentlichen Rechts Gemeindezweckverband nach öffentlichem Recht Kantonsbesitz Weitere Körperschaften des öffentlichen Rechts

Bil-

dung

Page 43: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

FahrdiensteMahlzeiten-dienste

Physio-,Ergo- und Aktivierungs- therapie

Sozialberatung

Haushilfe

Gemeinde-krankenpflege

Entlastungs-dienste

Hilfsmittel-Beratung und Vermittlung

Fusspflege

Arztpraxen

Die Benutzerund Benutzerinnen mit ihrem Umfeld,Angehörigen,Freunden und NachbarnHauspflege Psychiatrische

Dienste

am bulanteGeburtambulantes Wochenbett

PsychologischePraxen

Seelsorge

A pothekenMütter-und Väter- beratung

Schweizerisches Gesundheitswesen43

5.2.1.4 Strukturen der ambulanten VersorgungSpitex und ambulante Dienste

innerer Ring:

Spitex-1Basisdienste

äusserer Ring: weitere Dienste

Komische Formatierung -Zeilenschaltungen lassen

Page 44: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen44

Die Bezeichnung Spitex, Abkürzung für "spitalexterne Hilfe und Pflege", ist eine im deutschschweizerischen Sprachraum verwendete allgemeine Bezeichnung für die Hilfe und Pflege zu Hause. In der Schweiz fördern, unterstützen und ermöglichen Spitex-Organisationen mit ihren Dienstleistungen das Wohnen und Leben zu Hause für Menschen aller Altersgruppen, die der Hilfe, Pflege, Betreuung, Begleitung und Beratung be-dürfen. Die Idee ist, dass Personen bis zu einem gewissen Grad zu Hause in ihrem vertrauten Umfeld von ausgebildetem Pflegepersonal unterstützt, betreut und versorgt werden können und dass so die Selbständigkeit und Unabhängigkeit der betreuten Person gefördert wird.

Als grosser Vorteil der SPITEX wird die Kostenersparnis gegenüber der stationären oder Pflege in einem Pflegeheim angesehen. Die Kosten für die SPITEX-Dienstleistungen werden jedoch nur zu einem Teil von der Krankenversicherung übernommen. Einen grossen weiteren Anteil muss der Patient selbst tragen und die Restfinanzierung wird von der öffentlichen Hand (in der Regel von der Gemeinde) subventioniert.Der Spitex-Bereich ist ein wichtiger Eckpfeiler im Gesundheitswesen, an den hohe Erwartungen gestellt werden. Gründe dafür sind die demografische Entwicklung, der Ausbau der ambulanten Medizin und die veränderten Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten.

5.3 Medizinische Versorgung

5.3.1 Die Dichte der medizinischen VersorgungVerkehrte Welt im Gesundheitssektor15

Die wirtschaftspolitische Grafik: Steigende Preise bei wachsendem Angebot

15 Gerhard Schwarz, Avenir Suisse, in NZZ 25.10.2014

Bil-

dung

Page 45: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen45

Die Schweiz leistet sich nach den USA und Norwegen das teuerste Gesundheitssystem der Welt, das zudem von Jahr zu Jahr teurer wird. 1995 betrugen die Gesundheitskosten noch 40 Mrd. Fr., 2012 waren es (inflationsbereinigt) 68 Mrd. Fr. Das entspricht einem realen Ausgabenwachstum von 70%, während das Bruttoinlandprodukt gleichzeitig lediglich um etwa die Hälfte zugenommen hat. Ähnliches ist auch anderswo zu beobachten, weil alle Gesundheitswesen weit von einem freien Markt entfernt sind. So läuft ein grosser Teil der Leistungen über Versicherungen. Das macht die Menschen weniger vorsichtig und weniger kostenbewusst; erst recht, wenn die Prämien nicht risikoabhängig gestaltet sind. Zudem herrscht Informationsasymmetrie: Die Ärzte können aufgrund ihres Wissensvorsprungs die Patienten zu teureren Behandlungen animieren, als sie selbst bei gleichem Wissen nachfragen würden (angebotsinduzierte Nachfrage). Und schliesslich wird das Gesundheitswesen über Prämienverbilligungen und direkte staatliche Zahlungen (z.B. an Spitäler) massiv subventioniert.

Page 46: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen46

Ärztedichte als KostentreiberMehr Ärzte - höhere Gesundheitskosten. Das Augenmerk dieser wirtschaftspolitischen Grafik gilt daher einem helvetischen Spezifikum, den starken regionalen Unterschieden. Während im Kanton Neuenburg pro 1000 Einwohner 5,1 Mio. Fr. für das Gesundheitswesen ausgegeben werden (alle öffentlichen Ausgaben von 2011 und private Prämienzahlungen sowie Kostenbeteiligungen der obligatorischen Grundversicherung von 2013 zusammengerechnet), beträgt die Vergleichszahl im Kanton Zug bloss 3,7 Mio. Fr. Auch das Kostenwachstum ist von Kanton zu Kanton unterschiedlich. Diese Differenzen lassen sich mit den erwähnten Kostentreibern nicht erklären. In verschiedenen Studien werden daher unter anderem das Alter der Bevölkerung, das Einkommensniveau, der Grad der Verstädterung und die Ärztedichte verantwortlich gemacht.

Wir konzentrieren uns hier auf Letztere. Die Grafiken zeigen einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Zahl der Ärzte und den Gesundheitskosten (ohne Bundesbeiträge). Er gilt für die öffentlichen Gesundheitskosten, also die kantonalen Prämienverbilligungen und Subventionen an die Leistungserbringer, etwa Spitäler (Grafik 1), wie auch für die privaten Gesundheitsausgaben (Grafik 2). Letztere umfassen in unserer Grafik mangels verfügbarer Daten nur die Kosten, die durch die obligatorische Kranken- und Pflegeversicherung entstehen – eingerechnet sind sowohl die Prämienzahlungen als auch die Kostenbeteiligung.

Der Befund mag erstaunen, denn normalerweise sinkt der Preis auf einem Markt, wenn das Angebot wächst. Wo aber Arzttarife vorgegeben und reguliert sind, führt eine Zunahme der Ärztedichte nicht zu Preiswettbewerb, sondern zu steigenden Gesundheitskosten. Nun liegt der Einwand nahe, die Ärztedichte sei aus nachvollziehbaren Gründen in urbanen Kantonen, in denen mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Gemeinden mit mehr als 10'000 Einwohnern lebt – in unserer Grafik blau eingefärbt -, höher, und somit erkläre nicht die Ärztedichte, sondern der Grad der Verstädterung die unterschiedlichen Gesundheitsausgaben pro Einwohner. Doch selbst wenn man die «blauen» Kantone aus den Grafiken entfernt, zeigt sich eine mittlere bis starke Korrelation zwischen Ärztedichte und Gesundheitskosten. Die Ärztedichte ist also unabhängig von der Urbanisierung ein Treiber der Gesundheitskosten. Das Problem wird noch verschärft, weil es mit ungewollten, intransparenten Umverteilungen einhergeht – von jüngeren zu älteren Personen (gemäss einer HSG-Studie betrug diese Umverteilung in der obligatorischen Krankenversicherung 2010 rund 4,9 Mrd. Fr.), und von reicheren zu ärmeren.

Da die Ärztedichte als Kostentreiber erkannt wurde, führte der Bundesrat 2002 einen Ärztestopp ein, den er 2011 aufhob und zwei Jahre später nochmals verhängte. Das rigide Instrument hat sich allerdings bisher kaum bewährt. Zudem setzt es keinerlei Anreize für die Eröffnung von Praxen in Randregionen und für Effizienzsteigerungen.

Auktionen statt ÄrztestoppEine deutlich bessere Art der Kontrolle von Ärztezulassungen wäre ein Auktionsmodell, wie es Avenir Suisse vor einiger Zeit vorgeschlagen hat, denn bei einem Ärztestopp müssen Ärzte im Besitz einer Praxis keine Konkurrenz fürchten. Sie können zusätzliche Renten abschöpfen, weil «Outsider» kaum in den Markt eintreten können, selbst wenn sie besser

Page 47: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen47

ausgebildet sind und ihre Leistungen günstiger anbieten. Der Regulator müsste also für jede Region die Zahl notwendiger Ärzte bzw. Arztpraxen festlegen. Bei der öffentlichen Ausschreibung für den Betrieb der Praxen könnte er dann zu Beginn einen Behandlungstarif offerieren, der zum Beispiel 20% unter dem existierenden liegt. Wären bei diesem Tarif zu wenig Ärzte bereit, eine Praxis zu übernehmen, müsste der Regulator den Tarif stufenweise erhöhen, bis ausreichend Ärzte Bereitschaft signalisieren.

Das Auktionsmodell hat zwei Vorteile. In Kantonen mit hoher Ärztedichte wären dank der Konkurrenz bei der Ausschreibung tiefere Tarife zu erwarten. Und in ländlichen Gebieten könnten höhere Tarife einen drohenden Ärztemangel abwenden.

Quelle: Gesundheitsstatistik 2014, BFS 2014, S.77

5.3.1.1 ÄrzteDie Versorgung der Bevölkerung und vor allem der erste Kontakt werden traditionell primär durch Ärzte in der niedergelassenen Praxis sichergestellt. Erst sekundär oder in Notfallsituationen begeben sich die Patienten ins Spital. Vermehrt suchen sie aber auch für Bagatellen die Notfallstationen und Ambulatorien der Spitäler auf, was diese zeitweise blockiert.

Wir haben in der Schweiz eine gute, aber nicht übertriebene Dichte an Ärzten in der freien Praxis. Leider verteilen sich diese aber vor allem auf die Ballungszentren und Spezialisten sind in ländlichen Regionen bereits heute eine Seltenheit. Dank der Mobilität der Schweizer wirkt sich diese Tatsache noch nicht negativ aus. Im Bezug auf den Ärztenachwuchs für Landpraxen beginnen die Probleme aber zu wachsen. Hier ein Überblick zur Versorgung.

Page 48: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen48

Quelle: Gesundheit, Taschenstatistik, BfS 15.12.2015

2014 waren 44% der ambulant praktizierenden Ärztinnen und Ärzte Generalistinnen und Generalisten oder Ärztinnen und Ärzte für Kinder- und Jugendmedizin. Die Zahl der ambulant praktizierenden Ärztinnen und Ärzte pro 100’000 Einwohnerinnen und Einwohner ist von 196 im Jahr 2008 auf 216 im Jahr 2014 (+10,5%) angestiegen. Im gleichen Zeitraum blieb die Zahl der Zahnärztinnen und Zahnärzte pro 100’000 Ein-wohnerinnen und Einwohner stabil.Quelle: Gesundheitsstatistik, Taschenstatistik BFS 2015

Ärzte nach Sektoren

Ambulant tätige Ärzte nach Fachgebieten

Page 49: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen49

Quelle: Gesundheit, Taschenstatistik, BfS 15.12.2015

Quelle: Gesundheit, Taschenstatistik, BfS 15.12.2015

78% der Bevölkerung suchen innerhalb von 12 Monaten mindestens einmal eine Ärztin oder einen Arzt auf (Generalist/in und/oder Spezialist/in).

Am wenigsten häufig gehen die 25- bis 34-jährigen Männer zum Arzt (59%).

63% der Bevölkerung suchen mindestens einmal innerhalb von 12 Monaten eine Zahnärztin oder einen Zahnarzt auf.

Page 50: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen50

Page 51: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen51

5.3.1.2 Spitäler

Quelle: Gesundheit, Taschenstatistik, BfS 15.12.2015

2014 erbrachten 289 Spitäler Dienstleistungen an 560 Standorten. Seit 2002 hat die Zahl der Spitäler für allgemeine Pflege um mehr als einen Drittel abgenommen, während jene der Spezialkliniken nahezu unverändert geblieben ist (–5%). Im gleichen Zeitraum verzeichneten hingegen die Spezialkliniken den grössten Rückgang bei der Bettenzahl (–22%). In den Spitälern für allgemeine Pflege war eine kleinere Abnahme zu beobachten (–6%).

2014 beschäftigten die Spitäler Personen im Umfang von 152’433 Vollzeitäquivalenten (VZÄ). Dies sind 27% mehr als im Jahr 2002. Acht von zehn Beschäftigten in VZÄ sind in Spitälern für allgemeine Pflege tätig. 71% der Beschäftigten in VZÄ sind Frauen; in der Ärzteschaft sind sie aber weiterhin in der Minderzahl (47%). 43% der Vollzeitäquivalenten entfallen auf das Pflegepersonal und die Sozialdienste, 14% auf die Ärztinnen und Ärzte.

Page 52: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen52

Gesundheitswesen als wichtiger Arbeitgeber

Rund 356 600 Personen arbeiteten 2014 im Gesundheitswesen oder in der Pharmaindustrie, womit jeder zwölfte Beschäftigte in diesen Branchen angestellt war. Somit ist der Gesundheitssektor neben dem Baugewerbe und dem Detailhandel einer der wichtigsten Arbeitgeber in der Schweiz.

Page 53: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen53

Kennzahlen der Spitäler

2014 betrug die durchschnittliche Aufenthaltsdauer in der Akutpflege 5,9 Tage. In der Psychiatrie dauerten die Aufenthalte im Durchschnitt sechsmal länger (34,8 Tage). Seit 2002 hat die durchschnittliche Aufenthaltsdauer kontinuierlich abgenommen.

Die Durchschnittskosten für einen Tag im Spital sind im gleichen Zeitraum angestiegen. Die Zunahme in der Akutpflege beträgt 71%. Dort kostete 2014 ein Spitaltag durchschnittlich 2105 Franken.

Page 54: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen54

5.3.1.4. Pflegeheime

Quelle: Gesundheit, Taschenstatistik, BfS 15.12.2015

In den 1547 Pflegeheimen waren im Jahr 2014 Personen im Umfang von 89’104 Vollzeitäquivalenten (VZÄ) beschäftigt. Das Personal für Pflege und Alltagsgestaltung macht 67% der Beschäftigten in VZÄ aus. Mehr als acht von zehn VZÄ sind von Frauen besetzt. Die Personen im Alter von 80 Jahren und mehr sind zu drei Vierteln Frauen und machten 2014 75% der Bewohnerinnen und Bewohner in Pflegeheimen aus.

Page 55: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen55

5.3.1.5. SPITEX

Quelle: Gesundheit, Taschenstatistik, BfS 15.12.2015

2014 waren 84% der in der Spitex Beschäftigten (in Vollzeitäquivalenten) bei einer Non-Profit-Organisation angestellt. Ihre Zahl hat seit 2002 um 82% zugenommen.

Rund die Hälfte (49%) der Personen, die Spitex in Anspruch nehmen, ist 80 Jahre alt oder älter. Aufgrund ihrer höheren Lebenserwartung sind Frauen in der ältesten Bevölkerungsgruppe übervertreten. Zudem pflegen sie in einer Paarbeziehung häufiger ihren Partner als umgekehrt. Diese beiden Faktoren erklären, warum mehr Frauen Spitex in Anspruch nehmen als Männer.

Page 56: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen56

5.3.1.6. Zusammenfassung Ressourcen im Gesundheitswesen

Page 57: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen57

5.4 Todesursachen2013 wurden in der Schweiz 64 961 Todesfälle registriert. Mit einem Anteil von 33.1% waren Herz-Kreislauf-Erkrankungen immer noch die häufigste Todesursache, obwohl ihre Zahl seit überzwanzig Jahren dank medizinischen Fortschritten stark abgenommen hat. Zweithäufigste Todesursache waren Tumorerkrankungen. Seit einigen Jahren ist eine zunehmende Zahl von Todesfällen infolge Demenz zu beobachten: Im Jahr 2000 starben 1 526 Menschen an Demenz, 2013 waren es 4 362. Es ist davon auszugehen, dass Demenzerkrankungen aufgrund der demografischen Entwicklung weiter zunehmen werden.

Bil-

dung

Page 58: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen58

Geschlechterspezifische Unterschiede bei Todesursachen2013 waren Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems bei beiden Geschlechtern die häufigste Todesursache. Bei den Männern waren über 31% aller Todesfälle darauf zurückzuführen,

Page 59: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Schweizerisches Gesundheitswesen59

bei den Frauen gar 35%. Dagegen starben prozentual deutlich mehr Männer als Frauen an Krebs.

Bei den Todesfällen infolge psychischer Krankheiten zeigt sich hingegen ein umgekehrtes Bild: 10% aller Todesfälle von Frauen waren auf Erkrankungen der Psyche zurückzuführen, während es bei den Männern nur rund 5% aller Todesfälle waren. Nicht dazu gezählt wurden in dieser Kategorie die Todesfälle durch Suizid, wo sich ebenfalls deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern zeigen: Suizide waren bei den Männern die Ursache für 2.5%aller Todesfälle, bei den Frauen waren es 0.8%.

Die Anteile anderer Todesursachen wie Erkrankungen des Urogenital- oder Verdauungssystems waren bei Frauen wie Männern ungefähr gleich hoch.

Page 60: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Quelle: Panorama Gesundheit BAG 2016

Die Grafik zeigt die relative Bedeutung der Todesursachen je nach Altersgruppen. In den ersten beiden Lebensjahren überwiegen die angeborenen Krankheiten als Todesursache. Im Alter zwischen 2 und 15 Jahren verteilen sich die sehr seltenen Todesfälle auf eine Vielzahl von Todesursachen. Zwischen 16 und ungefähr 34 Jahren überwiegen die Unfälle und der Suizid. Ab ungefähr dem 40. Altersjahr ist Krebs die häufigste Todesursache. Dieser wird ab etwa dem 80. Altersjahr durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen abgelöst.

Krebs ist die Hauptursache für vorzeitige Sterblichkeit (vor 70 Jahren): Bei den Männern gehen 29% und bei den Frauen 45% der verlorenen potenziellen Lebensjahre (VPL) auf das Konto dieser Krankheit. Unfälle und andere Gewalteinwirkungen sind die zweithäufigste Ursache für vorzeitige Sterblichkeit. Seit 1970 hat sich die standardisierte Sterberate mehr als halbiert. Bei den Herz-Kreislauf-Erkrankungen sank sie um 69% und bei den Krebserkrankungen um gut ein Drittel.

Bil-

dung

Page 61: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

5.5 Häufigste Eingriffe und Behandlungen stationär

Immer mehr Operationen in Schweizer Spitälern Tagesschau Fernsehen SRF Mittwoch, 6. August 2014 srf/ala; kurn

Die Anzahl Operationen in der Schweiz nimmt zu – in gewissen Bereichen schon fast explosionsartig: So gab es 2012 fast doppelt so viele OPs für Knieprothesen wie noch neun Jahre zuvor. Experten kritisieren diese Entwicklung.

In der Schweiz wird viel mehr operiert16

Die Schweizer Ärzte greifen bei ihren Patienten gerne zum Skalpell. Oder aber die Patienten in der Schweiz lassen sich gerne operieren. Wer hier Verursacher ist, lässt sich so klar nicht beantworten. Sicher ist aber, dass die Anzahl Operationen in den letzten Jahren zugenommen hat – und zwar massiv. Das zeigt eine Studie des Online-Vergleichsdiensts Comparis.

Zugenommen haben demnach vor allem die Eingriffe, mit denen sich viel Geld verdienen lässt. So hat sich die Anzahl eingesetzter Knieprothesen zwischen 2003 und 2012 fast verdoppelt: Waren es 2003 noch rund 8700 Operationen, so waren es neun Jahre später bereits rund 17‘000.

Urs Stoffel (FMH) nimmt Spezialisten in Schutz Das liege aber nur bedingt an den Spezialisten und Chirurgen, meint Urs Stoffel, Mitglied des Zentralvorstand der Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH). «Über 90 Prozent der Patienten werden vom Hausarzt oder Rheumatologen zugewiesen.» Der Spezialist habe es deshalb gar nicht primär in der Hand, über die Zahlen zu bestimmen.

Gesundheitsökonom Heinz Locher hält diese Argumentation für vorgeschoben. Denn «ein Grund ist sicherlich das wirtschaftliche Interesse der operierenden Ärzteschaft und der Spitäler». Dazu komme noch der Druck von Seiten der Patienten, die rasch

16 http://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/in-der-schweiz-wird-viel-mehr-operiert?id=991eb1a7-6317-4140-b629-3bfe1adb0426

Page 62: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

wieder gesund werden wollen.

Mehr ältere MenschenGestiegen sind aber nicht nur die Knie-OPs. Auch die Anzahl Hüftoperationen zeigt steil nach oben. Die Zunahme beträgt rund 31 Prozent. Zählte man vor elf Jahren 16‘700 solche Eingriffe, waren es 2012 rund 21‘900. Auf tieferem Niveau zugenommen haben auch die Operationen für Wirbelkörperverblockungen im Rücken. Dort betrug die Zunahme im gleichen Zeitraum 80 Prozent, von 2429 auf 4380 Operationen.

Was genau hinter dem Anstieg dieser Operationen steht, ist nicht klar. Spitäler und Ärzte sehen darin eine Folge des wissenschaftlichen Fortschritts. Dem stimmt auch Urs Stoffel zu. «Eingriffe sind heute nicht mehr so risikoreich – sowohl auf technischer Ebene als auch auf Behandlungsebene.»

Ein anderer Grund könnte die alternde Bevölkerung sein: Je älter, desto grösser die Wahrscheinlichkeit, ein Gelenk dereinst ersetzen zu müssen.

Höhere Prämien wegen unnötiger OperationenNicht zuletzt dürfte die Anzahl Operationen auch steigen, weil viele Eingriffe unnötig sind. So kritisiert Krankenkassen-Experte Felix Schneuwly, dass mit den «menschlichen und finanziellen Ressourcen im Gesundheitswesen» offensichtlich nicht haushälterisch umgegangen werde.

Heinz Locher: «Nur ein Register schafft da Abhilfe» «Das ist besonders brisant aufgrund der Tatsache, dass die Spitalkosten massgeblich verantwortlich sind für die steigenden Ausgaben im Gesundheitssystem.» Am Ende gingen die unnötigen Eingriffe zulasten der Prämienzahler, welche die Operationen indirekt bezahlten.

Für Heinz Locher könne dem Ganzen nur ein systematisches Register einen Riegel vorschieben. Denn dann «kann man mittel- und langfristig beurteilen, ob ein Eingriff sinnvoll gewesen wäre.» Doch diese Kultur der Datenerhebung sei in der Schweiz sehr, sehr unterentwickelt, so der Gesundheitsökonom.

6 Preise und Qualität Gehört das überhaupt in unser Kapitel oder können wir da einen Verweis machen?

Zu Kosten sagen wir genug - implizit auch über Preise. Was evtl. noch fehlt ist etwas über den Zusatzversicherungsbereich mit seinen überrissenen Preisen oder wir könnten noch etwas zum Sonerfall Schweiz mit den hohen Material- und Medikamentenpreisen schreiben?Die Qualität wird bereits bei der Zufriedenheit der Patienten gestreift. Müssen wir da noch tiefer gehen? Wollen wir etwas zu ANQ, Dignität, CIRS, Sanacert etc. schreiben? Oder lassen wir's bleiben?

Page 63: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

7 Kosten und FinanzierungDas Gesundheitswesen ist uns Schweizern lieb und teuer. Doch, wir erhalten dafür auch eine qualitativ hochstehende, sichrere Leistung ohne grosse Wartefristen eingehen zu müssen. Nicht zu vergessen ist, dass unser Gesundheitswesen dank der obligatorischen Grundversicherung für jenden und jede in der Schweiz wohnhafte Person ohne grössere Einschränkungen zur Verfügung steht.Das Gewicht der Gesundheitsausgaben an unserem Haushaltsbudget wird nachfolgend dargestellt.

7.1 Ausgabenstruktur der privaten Haushalte in %

Die Balken Medikamente, Arzt-Zahnarztbesuche und Spitalleistungen layoutmässig hervorheben.

Die Ausgaben für Arzt-, Zahnarzt-, Spitalleistungen und Medikamente machen einen grösseren Anteil an den Ausgaben aus als NahrungsmitteleinkäufeDer Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) misst die Preisentwicklung der für die privaten Haushalte bedeutsamen Waren und Dienstleistungen. Transferausgaben wie Steuern, Sozialversicherungsbeiträge oder Krankenkassenprämien werden dabei nicht erfasst. Den Änderungen im

Bil-

dung

Page 64: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Konsumverhalten wird durch eine jährliche Anpassung und Neugewichtung des Warenkorbs Rechnung getragen. Die Gewichte geben an, wie viel die Schweizer Haushalte von ihrem verfügbaren Nettoeinkommen durchschnittlich für einen Ausgabenposten aufwenden. Auf der Basis dieser Gewichtungen wird dann der Gesamtindex berechnet.

Page 65: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

7.2 Kostenverteilung 2013Die Kosten des Gesundheitswesens betrugen im Jahr 2013 insgesamt rund 69.2 Milliarden Franken. Den grössten Anteil an den Gesundheitskosten machte mit 45.2% die stationäre Behandlung aus. Der Anteil der Medikamente an den Gesundheitskosten ist mit 9.1% wie im Vorjahr weiter gesunken, nachdem er 2010 erstmals seit Inkrafttreten des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) 1996 unter 10% gefallen war.

Quelle: Gesundheit, Taschenstatistik, BfS 15.12.2015

7.3 Die Kostenentwicklung

Page 66: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio
Page 67: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Quelle: Zahlen BfS in Gesundheitswesen Schweiz 2016, Interpharma 2016

Page 68: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Die Entwicklung der Kosten im schweizerischen Gesundheitswesen ist weiterhin zunehmend und die Gesundheitskosten steigen immer noch schneller als die allgemeine Teuerung (teilweise rückläufig) und ebenso rascher als das Bruttoinlandprodukt.

Page 69: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Quelle: Meidenmitteilung BfS 21.04.2016

7.4 Ursachen für den stetigen Anstieg der Gesundheitskosten

Die schweizerische Wohnbevölkerung ist in den Nachkriegsjahren stark gewachsen. Im Dezennium 1970 bis 1980 trat dann aber infolge der Ölkrise und der dadurch hervorgerufenen Arbeitslosigkeit und Aus- wanderungen eine Stabilisierung ein. Ab Mitte der Achtzigerjahre ist wieder ein beschleunigter Wachstumsprozess im Gange. Dies ist einerseits auf einen höheren Geburtenüberschuss und andererseits auf einen immer grösseren Einwanderungsüberschuss zurückzuführen. Ein Teil des Kostenwachstums ist auf das Bevölkerungswachstum zurückzuführen, was bedeutet, dass es einfach mehr Fälle gibt, die Kosten pro Fall aber nicht gestiegen sind. Diese Aussage stimmt zumindest für die Jahre 2005 und 2006.

Die Anspruchsmentalität der Bevölkerung steigt ständig. So sind «Grossmutters Hausrezepte» vielfach nicht mehr gefragt, oder es fehlt die Überlieferung. Immer mehr Leute konsultieren in immer kürzeren Abständen einen Arzt. Die Patienten haben sich über Jahre an einen hohen Qualitätsstandard in der medizinischen Versorgung gewöhnt und vor allem an die leichte Verfügbarkeit dieser Leistungen. Unter dem Einfluss neuer Behandlungsmethoden sind die qualitativen Ansprüche ständig gestiegen. Die zunehmend älter werdende Bevölkerung bewirkt eine quantitative Zunahme der Leistungen im Langzeitbereich und im Akutspital. Diese Fälle werden teurer. Die Lebenserwartung kann nicht mehr stark zunehmen, aber die Bevölkerungsschicht der Babyboomer wird in gut 20 Jahren pensioniert und in 40 Jahren wird ein grosser Teil pflegebedürftig sein.

7.5 Massnahmen zur Eindämmung der Kostensteigerung

Die medizinische aber auch demografische Entwicklung schreitet rasant

Page 70: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

fort. Effizienzsteigerungsmassnahmen (z.B. Verkürzung der Aufenthaltsdauern), die Verschiebung von Eingriffen in den ambulanten Bereich, der Preis und Qualitätswettbewerb durch Fallpauschalen und die Offenlegung von Kosten- und Leistungsdaten sollen die Kosten bremsen helfen. Der Bundesrat hofft mit seiner Agenda Gesundheit 2020 und den 36 vorgeschlagenen Massnahmen eine Trendwende einleiten zu können. Er setzt dabei insbesondere auf eHealth.

Im Vordergrund steht dabei das Elektronsiche Patientendossier EPD. Dieses ist ein virtuelles Dossier, über das dezentral abgelegte behandlungsrelevante Daten einer Patientin oder eines Patienten in einem Abrufverfahren den an der Behandlung beteiligten Gesundheitsfachpersonen zugänglich gemacht werden können.

Jede Patientin oder jeder Patient entscheidet selbst, ob sie oder er ein elektronisches Patientendossier eröffnen will. Verfügt eine Patientin oder ein Patient über ein elektronisches Patientendossier, so können Gesundheitsfachpersonen im Rahmen einer Behandlung auf Dokumente zugreifen, die durch andere Gesundheitsfachpersonen bereitgestellt wurden, wie zum Beispiel Röntgenbilder, Labordaten oder Operations- und Austrittsberichte. Gesundheitsfachpersonen können jedoch nur dann auf die Daten ihrer Patientinnen oder Patienten zugreifen, wenn diese ihnen Zugriffsrechte erteilt haben und sie selbst Mitglied einer zertifizierten Stammgemeinschaft oder Gemeinschaft sind.Die Patientin oder der Patient hat die Möglichkeit, selber eigene Daten (z. B. Informationen über Allergien, Unverträglichkeiten oder besondere Erkrankungen, Patientenverfügung, Willensäusserung zur Organspende oder Kontaktdaten von im Notfall zu benachrichtigenden Personen) in ihr oder sein elektronisches Patientendossier hochzuladen und diese damit den behandelnden Gesundheitsfachpersonen zugänglich zu machen.

Mit dem elektronischen Patientendossier sollen die Qualität der medizinischen Behandlung gestärkt, die Behandlungsprozesse verbessert, die Patientensicherheit erhöht und die Effizienz des Gesundheitssystems gesteigert sowie die Gesundheitskompetenz der Patientinnen und Patienten gefördert werden.

7.6 Die FinanzierungDer Bürger trägt die Finanzlast im Gesundheitswesens mehrfach: - Als Steuerzahler durch seine Steuerbeiträge, - Als Versicherter durch Prämienzahlungen in der Grund- und Zusatzversicherung und- Als Patient durch Bezahlung der Selbstbeteiligung (Franchise, Selbstbehalt und Spitalbeitrag).

Bil-

dung

Page 71: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

die Grafik müssten wir noch etwas schöner machen

Wer bezahlt denn nun die Rechung?Obenstehende Grafik zeigt, wer die Rechnungen bezahlt. Bei den privaten Haushalten sind ebenfalls die Zahlungen von Leistungen enthalten, die nicht im Rahmen der sozialen Grundversicherungen geleistet werden (z.B. Zahnarzt- und Zusatzversicherungsleistungen).

Private Haushalte tragen über 60% der Gesundheitskosten

Die Gesundheitskosten werden von verschiedenen Akteuren bezahlt. 43% der anfallenden Kosten in Höhe von rund 69 Milliarden Franken wurden 2013 von den

Bil-

dung

Page 72: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Sozialversicherungen beglichen.

Bund, Kantone und Gemeinden zahlten rund einen Fünftel der Kosten. Der Grossteil davon waren Zuschüsse der Kantone an die stationären Betriebe (12.3%), die sowohl durch die Kantone wie auch über Prämien finanziert werden. Die neue Spitalfinanzierung, der zufolge die Kantone mindestens 55% und die Krankenversicherer höchstens 45% der Spitalkosten zu tragen haben, trat per Anfang 2012 in Kraft und hat zu einer Erhöhung dieser Ausgaben geführt.

Finanziert wurden die Gesundheitskosten zu 61% von den privaten Haushalten. Den grössten Anteil davon entrichteten sie an die Sozialversicherungen. Fast einen Fünftel zahlten sie direkt für Leistungen, die von den Krankenkassen nicht gedeckt sind (Out-of-Pocket-Zahlungen). Über 32% wurden durch die öffentliche Hand (Bund, Kantone und Gemeinden) finanziert.

Bil-

dung

Page 73: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

7.6.1 Die Finanzströme

Quelle: BfS und Sonntagszeitung 18.10.2015

Die Kosten für unser Gesundheitssystem sind riesig und sie nehmen jedes Jahr zu. Über elf Prozent des Bruttosozialproduktes oder 71,2 Milliarden Franken wurden 2014 in der Schweiz für Spitäler, Ärzte und medizinische Behandlungen ausgeben, wie die letzte Erhebung des Bundesamts für Statistik BfS zeigt. Zehn Jahre zuvor waren es noch 47 Milliarden Franken gewesen.

Finanzierung hauptsächlich durch Grundversicherung, private Haushalte und StaatDer Löwenanteil der Finanzierung, nämlich fast die Hälfte, kommt von den Sozialversicherungen, also der obligatorischen Krankenversicherung, der

Page 74: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Unfallversicherung sowie AHV und IV. Wie in den vergangenen Jahren wurden vier Fünftel (exakt 81%) der Gesundheitsausgaben durch die Grundversicherung nach KVG (36,6%), die privaten Haushalte (24,3%) und den Staat getragen (20,1%). Die Finanzierungsanteile der genannten Träger sind dabei seit 2010 nahezu unverändert geblieben.

724 Franken pro Monat für die GesundheitIn der Schweiz wurden im Gesundheitswesen im Jahr 2014 monatlich 724 Franken pro Einwohner ausgegeben. Das sind 11 Franken mehr als im Vorjahr. 265 Franken pro Person (+3 Franken) konnten mit Leistungen der obligatorischen Krankenversicherung gedeckt werden. Unverändert 46 Franken werden durch Versicherungen wie AHV, IV und die Unfallversicherung beigetragen, 32 Franken durch andere Träger der sozialen Sicherheit und bedarfsabhängige Sozialleistungen und 52 Franken leisten die Zusatzversicherungen. 146 Franken (+2 Franken) trug der Staat bei und 8 Franken (+1 Franken) wurden von privatrechtlichen Stiftungen finanziert. Zusammengefasst heisst das, dass die Haushalte, zusätzlich zu den Versicherungsprämien, einen Restbetrag von 176 Franken (+6 Franken) direkt bezahlen müssen. Dies sind vor allem Leistungen für Pflegeheime, Zahnarztleistungen sowie Kostenbeteiligungen ambulant und stationär im Rahmen der Krankenversicherung.

Page 75: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Wichtige Organisationen, Behörden und Verbände im schweizerischen Gesundheitswesen

H+Die Spitäler der Schweizwww.hplus.ch

H+ Die Spitäler der Schweiz ist der nationale Spitzenverband der öffentlichen und privaten Spitäler, Kliniken und Pflegeinstitutionen.

Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte FMH (Foederatio Medicorum Helveticorum)

http://www.fmh.ch/Berufsverband der Ärzte mit vertritt über 40'000 Mitglieder. FMH ist der Dachverband von über 70 Ärzteorganisationen.

SBK-ASI - Der Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner https://www.sbk.ch/

Der Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner SBK ist der repräsentative Berufsverband der diplomierten Pflegefachpersonen der Schweiz. Er vertritt rund 25 000 Mitglieder.

Schweizerischer Hebammenverband SHVwww.hebamme.ch

Der Schweizerische Hebammenverband SHV ist der Berufsverband der Hebammen in der Schweiz und zählt knapp 3'000 Mitglieder. Er vertritt die Interessen aller angestellten und frei praktizierenden Hebammen.

physioswisswww.physioswiss.ch

physioswiss, der Schweizer Physiotherapie Verband, vertritt in der ganzen Schweiz die Interessen aller angeschlossenen PhysiotherapeutInnen.

Schweizerischer Verband der Ernährungsberater/innen SVDE ASDDwww.svde-asdd.ch/

Berufsverband der gesetzlich anerkannten Ernährungsberaterinnen und Ernährungsberater der Schweiz.

Schweizersiche Vereinigung für medizinisch technische Radiologie SVMTRAhttp://www.svmtra.ch/Die SVMTRA zählt heute mehr als 2100 Mitglieder und vertritt die Interessen von 3'500 Fachleuten für MTRA in der Schweiz.

labmed Schweizerischer Berufsverband der biomedizinischen Analytikerinnen und Analytiker

www.labmed.chZusammenschluss von diplomierten biomedizinischen Analytikerinnen undAnalytikern zur Förderung der beruflichen Interessen seiner Mitglieder

santesuisse - Die Schweizer Krankenversicherer

Bil-

dung

Page 76: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

www.santesuisse.chsantésuisse ist die führende Branchenorganisation der Schweizer Krankenversicherer im Bereich der sozialen Krankenversicherung.

curafuturahttp://www.curafutura.ch/«curafutura» = Zusammenschluss der Krankenversicherer CSS Versicherung, Helsana, Sanitas und KPT. «curafutura» setzt sich ein für ein solidarisch gestaltetes und wettbewerblich organisiertes Gesundheitssystem.

Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktorenwww.gdk-cds.chIn der GDK sind die für das Gesundheitswesen zuständigen Regierungsmitglieder der Kantone in einem politischen Koordinationsorgan vereinigt. Zweck der Konferenz ist die Zusammenarbeit der 26 Kantone sowie zwischen diesen, dem Bund und mit wichtigen Organisationen des Gesundheitswesens zu fördern.

Spitex Verband Schweizwww.spitexch.chDachverband der Non-Profit-Spitex und Gesprächspartner sowie Anlaufstelle für Behörden, Gesundheitsfachleute und Medienschaffende.

Association Spitex privée Suisse ASPShttp://spitexprivee.ch/de/Die ASPS ist die Ergänzung zu den öffentlichen Spitex-Organisationen und vertritt privaten Spitex-Anbieter.

Curaviva Verband Heime und Institutionen Schweizhttp://www.curaviva.ch/CURAVIVA Schweiz ist der nationale Dachverband von über 2500 Heimen und sozialen Institutionen aus den Bereichen «Menschen im Alter», «erwachsene Menschen mit Behinderung» sowie «Kinder und Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen».

Interpharma - Verband der forschenden pharmazeutischen Firmen der Schweiz www.interpharma.ch

FASMED - Dachverband Schweizer Medizintechnikhttp://www.fasmed.ch/de/home.htmlSetzt sich als Branchenorganisation für Interessen der schweizerischen Lieferanten von Medical Produkten, Firmen für Arzt- und Spitalbedarf und für die Diagnostica- und Diagnostica-Geräte-Industrie ein und umfasst rund 240 Mitgliedfirmen, die zusammen ein Marktvolumen von über sechs Milliarden Franken repräsentieren.

Bundesamt für Gesundheit BAGwww.bag.admin.ch

Page 77: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

Das Bundesamt für Gesundheit ist Teil des Eidgenössischen Departements des Innern. Es ist - zusammen mit den Kantonen - verantwortlich für die Gesundheit der Schweizer Bevölkerung und für die Entwicklung der nationalen Gesundheitspolitik.

Bundesamt für Sozialversicherungen BSVwww.bsv.admin.chDas BSV ist zuständig für die AHV, Invalidenversicherung, Ergänzungsleistungen, berufliche Vorsorge (Pensionskassen), Erwerbsersatzordnung für Dienst Leistende und bei Mutterschaft sowie Familienzulagen.

Bundesamt für Statistik BfSwww.bfs.admin.chDas Bundesamt für Statistik erhebt und interpretiert u.a. Daten aus dem Bereich Gesundheit und Soziale Sicherung.

Swissmedic - Schweizerisches Heilmittelinstituthttps://www.swissmedic.ch/Swissmedic ist die Schweizerische Zulassungs- und Aufsichtsbehörde für Heilmittel und sorgt dafür, dass die zugelassenen Heilmittel qualitativ einwandfrei, wirksam und sicher sind.

Zentralstelle für Medizinaltarife UVG (ZMT)www.zmt.chDie Medizinaltarif-Kommission UVG (MTK) befasst sich mit der Regelung aller grundsätzlichen Fragen, die sich in der obligatorischen Unfallversicherung ergeben. Der MTK steht zur Bewältigung der verschiedenen Aufgaben die Zentralstelle für Medizinaltarife UVG (ZMT) zur Verfügung. Sie ist die Geschäftsstelle des Vereins MTK. Um die Koordination mit den anderen Sozialversicherungszweigen zu gewährleisten, schliesst die MTK, die Militär- und Invalidenversicherung in der Regel gemeinsam Verträge ab

OBSAN Schweizersiches Gesunehistobservatoriumwww.obsan.admin.chDas Obsan bearbeitet sechs Gesundheitsthemen: «Gesundheit der Bevölkerung», «Psychische Gesundheit», «Alter und Langzeitpflege», «Gesundheitssystem», «Gesundheitsfachkräfte» sowie «Kosten und Finanzierung». Das Obsan stellt Bund, Kantonen und weiteren Institutionen im Gesundheitswesen seine Resultate zur Verfügung.

Staatssekretariat für Wirtschaft SECOwww.seco.admin.chDas SECO ist das Kompetenzzentrum des Bundes für alle Kernfragen der Wirtschaftspolitik. Dafür schafft es die nötigen ordnungs- und wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen.Innenpolitisch wirkt das SECO als Schnittstelle zwischen Unternehmen, Sozialpartnern und Politik. Es unterstützt die regional und strukturell ausgewogene Entwicklung der Wirtschaft und gewährleistet den Arbeitnehmerschutz.

Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SBFI https://www.sbfi.admin.ch/sbfi/de/home.htmlDas SBFI im Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung

Page 78: Druck - H+ Bildunghplus-bildung.ch/assets/Downloads/001-H+-HB-CH... · Web view2017/01/08  · Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung der Schweiz mehr als verdoppelt: von 3,28 Mio

WBF ist das Kompetenzzentrum des Bundes für national und international ausgerichtete Fragen der Bildungs-, Forschungs- und Innovationspolitik.

Schweizerische Patientenorganisation SPOwww.spo.chDie Schweizerische Stiftung SPO Patientenschutz setzt sich als unabhängige Organisation für Patientenrechte und Qualität im Gesundheitswesen ein und ist Ansprechpartner des Bundes und der Kantone anstelle der Patienten.

Das Schweizer Parlament - Kommissionen für soziale Sicherheit und Gesundheit SGK (SGK-N und SGK-S)

https://www.parlament.ch/de/organe/kommissionen/sachbereichskommissionen/kommissionen-sgk Die SGK kümmert sich als Fachkommission für die zugewiesenen Sachbereiche: Sozialversicherungen, Altersvorsorge, Sozialhilfe, Familiensozialpolitik, Gesundheitswesen, Gesundheitspolitik, Gesundheitsförderung, Unfall und Krankheitsprävention, Heilmittel, Betäubungs- und Suchtmittel, Lebensmittel (Schutz der Gesundheit) und Gifte

SwissDRG AGwww.swissdrg.orgDie SwissDRG AG ist eine gemeinnützige Aktiengesellschaft, die den Kantonen (GDK) und den Tarifpartnern (H+, santésuisse, MTK, FMH) gehört und die Entwicklung und Plege des Fallpauschalensystems für stationäre Spitalleistungen als Ziel hat. Neben dem Tarifsystem für Akutsomatische Behandlungen, SwissDRG, ist die SwissDRG AG auch für die Entwicklung der Tarifsysteme Tarpsy (Psychiatrie) und STReha (Rehabilitation) verantwortlich. Die SwissDRG AG wird auch als CMO (Case Mix Office) bezeichnet.

Nationaler Verein für Qualitätsentwicklung in Spitälern und Kliniken (ANQ)www.anq.chDer Nationale Verein für Qualitätsentwicklung in Spitälern und Kliniken koordiniert und realisiert Qualitätsmessungen in der Akutsomatik, der Rehabilitation und der Psychiatrie. ANQ-Mitglieder sind der Spitalverband H+, santésuisse, die Kantone und die Eidgenössischen Sozialversicherer. ANQ steht für den Französischen Namen des Vereins „ Association nationale pour le developpement de la qualité“.