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I. JANUAR I923 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. 2. JAHRGANG. Nr. I best~ndigen Bewegung des Herzens sich eine lieue, z.T. offeiie Perikardialh6hle bilden kaiin, Sektioiisergebiiisse beim Men- schen existieren IIoch IIicht. Uber den postoperativen Verlauf iii dem zweiten von Inir operierteii Fall ist IIoch fo!gendes ]3emerkeiiswertes zu berich- teii. Ara augenf~lligsten war das fiberrascheiid schnelle Schwin- deii der aul3erordentlich stark ausgepr~gteii Cyaiiose ulid Dys- pn6e, sowie der maximalen Stauung der Halsveiien. Un- beeinflu~3t dagegeii blieb zuii~ichst die Hydropsie. Eine Abiiahme des Hydrothorax, Ascites und der enormen Wasser- aiisammluiigeii in den Geweben der untereii Extremitgten, die sich fiber die Oberschenkel und das Scrotum hinaus bis zur Uiiterbauchhaut ausdehii~en, wollte zuerst IIicht iii Gang kommeii. Die Wasserausscheidung blieb nach wie vor hinter der Flfissigkeitsaufnahme zuriick. Zwar lie~eii Punktioneli des Hydrothorax fiir kurze Zeit die Diurese in Gang kommen, der Erfolg blieb aber trotz medikameiit6ser Unterstfitzung mit Verodigen und Diuretiii nicht nachhaltig. Die Niereli- funktioi1 liel3 nichts Kraiikhaftes erkennen. Die durch den 0perativen Eiiigriff sichtlich gebesserteHerzt~tigkeit vermochte sich offenbar zuns IIoch nicht ira peripheren Kreislauf auszuwirkeii und noch keinen erkeniibaren Einflu]3 auf die Zirkulatioiisverh~ltnisse der durch lang dauernde Odem- bereitschaft gesch/idigten Gewebe zu gewinneii. Erst auf Gabeii voii Theocin. pur., die mit 2-- 3 t~gigen Pausen zu 3 • o,I--O,3 verabreicht wurden, setzte eine IIachhaltige Ausschwemmung eiii, Hydrothorax und Ascites schwanden, die Leberschwellung ging erheblich zurfick und die 0deme verloren sich restlos. Auch nach l~ngerem Aufsein uiid ge- ringen k6rperlicheli Anstrengungen blieb der Wasserhaushalt ira Gleichgewicht. Der ]31utdruck, anfangs 95/85 war auf !I5/9o gestiegen. Eiiie vollkommene Kompeiisation war erreicht; diese hat seitdem staiidgehalten und der Patient ist voll arbeitsfghig gewordeii. Aus ulisereli Schilderungen ergibt sich eine Ffille voli Problemeli. Heure soll unser Zweck als erreicht gelten, weiiii wir zur hgufigen Aiilwenduiig einer Operation rateii, die in meiner Hand in zwei F~llen bei drei Operationen ohiie Todes- fall und Mil3erfolg G1/inzendes geleistet hat. Letzten Endes m/il3te dieser Erfolg sich fiberall da erreichen lassen, wo bei schrumpfelider Syliechie das sichere Auifiliden einer trennungs- f~higeii Greiize zwischen den Schwieleli ulid der alten Epikard- schicht bei der Operafi0ii m6glich ist, d. h. wo sich die Schwie]en nicht in die eigentliche Herzmuskulatnr fortsetzen. ,,DYNAMISCHES EIWEISSFIEBER". Voli Prof. RIETSCHEL, Vorstand der Unlversitiits,Kinderldinik Wfirzburg. DaB es eiii nichtbakterielles Fieber bei S~tuglingeii gibt, ist bekanlit. Ich erinnere an die Steigerulig der K6rper- temperatur infolge Uberw~irmuiig und insbesondere an das Durstfieber (ERICH 1V~ULLER) sowie an eilizelne Formen des Salzfiebers. Die Tatsache, dal3 Fieber beim S/iugliiig zustande kommt, wenn die Flfissigkeitszufuhr l~iigere Zeit uiiter ein gewisses Minimum sinkt (Durstfieber), ist ja wohl uiibest~itteii. Die Ansicht, dal3 auch das eliterale Kochsalzfieber ein echtes Diirstfieber sei, hat vieles ffir sich; denn das Kochsalz ent- zieht dem K6rper Wasser, und der Eintritt dieses Kochsalz- fiebers hgngt nieht allein roi1 der Menge des Chlornatriums, soiidern ganz besonders von der dazu gegebenen Fliissigkeit ab. Doch ist letzten Endes die Genese des Durstfiebers niehts weniger wie ldargestellt. Niin ist neuerdings die wasserarme konzeiitrierte Erii~h- ruiig beim S~Lugling besonders durch die PIRQUETsche Schule sehr in Aufschwung gekommen, und es konnte IIicht fehlen, dal3 sehr bald aueh solche Fiebersteigeruiigen beschriebeii wurden. Darauf hat FREISE 1) in seiner letzteli Arbeit hin- gewieseii uiid nach ihm alidere Aiitoreli. Am› (GRuLEE x) Mon f. Kinderheilk. 21, a46. uiid ]3ONAR 1) haben schon frfiher ein solches Fieber bei kon- zentrierter Erli~hruiig gesehen. Auch hatten HEI~ und JoHNe) die engen Zusammenh/iiige zwischeii aliment~rem Fiebe und Wasserstoffwechsel betont. Dieses Fieber bei konzentrier- ten Nahrungen, das IIur dann auftritt, weiin die Flfissigkeits- menge ira Verh~ltnis zu deii Nahrungsbestandteileli stark vermindert ist, bezeichnet F:INKELSTEIN a]s ,,relatives Durst- fieber". Es tritt also auf, wenii dem Stoffwechsel nicht ge- nfigeiid Wasser ffir seine chemischen ulid physikalischen Vorg~nge zlir Verffigung steht. ]3ei unsereii Beobachtungen mit konzentrierter Ern~hrung fiel uns schon seit 1/ingerer Zeit auf, dal3 eiweif~angereicherte Gemische sehr riel leichter Fieber hervorrufen als Gemische, die ausschliel31ich mit Kohlenhydrat und Fett angereichert waren, mit andern Worten, dafl dem Eiweifl bei wasserarmer Erndihrung ein besonders fiebererregender Ein]lufi zugesprochen werden mufl. Als wir das Lehrbuch voli FINI<ELSTEIN (II. Aufl.) durchlasen, bemerkten wir, dal3 FINKE~:STEIN die ganz gleiche ]3eobachtung schon gemacht hatte; auch er betont die pyro- togene Rolle des Eiweil3es bei enteraler Ziifuhr, und er ver- 6ffelitlichte auch zwei aiischauliche Kurveii, iii deneii mit der Zugabe voii Eiweil3 (4% Plasmoii) Fieber auftritt, das entweder bei Wasserzugabe oder bei Eiweil3eiitziehung ver- schwindet. Unsere ersten ]3eobachtungen sind jedenfalls ohne Keiiiitnis de Fillkelsteinschen Mitteilungeii gemacht~). Diesem enteraleli Eiweil3fieber nachzugeheii, war der Zweck der folgeiideii Untersuchung. Bekaniitlich kaliii eili Kind bel einer konzentrierteli Nahrling (z. ]3. 400--50o g Vollmilch, der 5% Butter, 5% Mehl und 7% Zucker [nach MoRo] zugesetzt sind, oder Vollmilch mit 17% Zucker [nach PIRQu~:r]) wocheii, lang eiiie gui aiisteigende Ge- wichtskurve habeii. Ersetzt man aber isodyname Meiigen Kohlen- hydra% bzw. Fett durch Eiweil3 (5--Io% Eiweil3), so tritt bei fast allen Kindern trotz gleicher Ca- lorienzu[uhr sehr bald Fieber alif. Maiiche t™ fieberii leichter als aiidere. Dieses Fieber I~St sich IIun mit Sicherheit sofort wieder zum Verschwinden briiigen, wenii das zugeffigte Eiweil3 wieder ans der Nahruiig gestrichen und da- ffir isodyname Mengen Fett uiid Kohlenhydrat gegebeii werdeii, oder IIoch besser, wenli reichlich Wasser zugeffihrt wird. Ara delit- lichsteli geht dies aus eiiiigen Kurven hervor (Kiirven Rosa R., Willy t™ Fritz E.). Selbst bel Weiterzugabe von Eiweil3, dessen Gew/dd lq. 7"s 1"5. ~'~ 78, "7~ q-500 ~ ~ ' f 1 q300 i ' i uloo ~ i Abb. z. Rosa R., 4V2 Mon. Ersatz von 5 ~o Mehl und 3 ~o Zueker dttrch 8 ~ Ei- weill KlinischUnruhe, feste Stfihle. Sofor dger Rfickgang des Temperatur nach Wasscz'zugabe (2oo g). absolute Meiige schr hoch sein k&nii -- wir haben bis 5 ~ g Plasmoii oder Lactana [ebenfalls ein Caseilicalciumpr~tpa- rat4)] gegebeii --, sinkt die Tcmperatur, wenn geliiigelid Wasser l) Americ. journ, of div. of chi/dr. 21, Nf. 3, S. 2~o. ~92i. ~) Monatsschr ~.f. Kinderheilk. 6, 561. 9, Heft 5/6, Jahrb. f. Kinderheilk. 70, 96. 3) Auch RUPPRECHT (Leipzig) hat ebenfalls ganz unabh~~gig von FINKELSTEIN die gleichen Beobachtungen gemacht und seine Erfahrungen auf der Vereinigung S~chs. Thi231 Arzte (s. D~sch. med. Wochenschr. I92~. Nr. 4, S. 145 ) mit- geteilt, die sJch v611ig mit den uner]gen decken. IIi dee Deutung gehen unsere An- sichten allerdings auseinander. Mit war die Mitteilung R.s leider entgangen, da si• nur in einem ReIeratauszug mi/geteilt war. Eine Publikation ist von ihm bis- her nicht erIolgt. Als erster hat aber wohl BENJAMIN dies Fieber als echtes EiweiJ3fieber crkannt und I914 in Stuttgart auf einer Tagu~g mitgetellt, ohne sich n~iher fiber die Genese dieses Fiebers zu ~ul~ern (Jahrb. f. Kinderheilk. 80, 545). Das dor~ publiziexte Referat gibt nuz mit einenz kurzen Satz davon Kenlltnis. Eine Publi- kation ist untel:blieben. Die mit iibersandten Kurven zeigen einwandtrei das ,,en~erale Eiwei~fieber". B. hat sogar bis 8o g Plasmon pro die gegeben. y Wir danken dies Pr~parat der Freundlichkeit der Lactanawerke bzw. Herrn Privatdozent Dr:'BLEYER, Mtinehen, die mas dasEiweil~-unentgeltlich zur Ver- fiig~ng stellten. ~ !

Dynamisches Eiweissfieber

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I. JANUAR I923 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 2. J A H R G A N G . Nr. I

best~ndigen Bewegung des Herzens sich eine lieue, z.T. offeiie Perikardialh6hle bilden kaiin, Sektioiisergebiiisse beim Men- schen existieren IIoch IIicht.

Uber den postoperat iven Verlauf iii dem zweiten von Inir operierteii Fal l ist IIoch fo!gendes ]3emerkeiiswertes zu berich- teii. Ara augenf~lligsten war das fiberrascheiid schnelle Schwin- deii der aul3erordentlich s tark ausgepr~gteii Cyaiiose ulid Dys- pn6e, sowie der m a x i m a l e n Stauung der Halsveiien. Un- beeinflu~3t dagegeii blieb zuii~ichst die Hydropsie. Eine Abiiahme des Hydrothorax, Ascites und der enormen Wasser- aiisammluiigeii in den Geweben der untereii Extremitgten, die sich fiber die Oberschenkel und das Scrotum hinaus bis zur Ui i terbauchhaut ausdehii~en, wollte zuerst IIicht iii Gang kommeii. Die Wasserausscheidung blieb nach wie vor hinter der Flfissigkeitsaufnahme zuriick. Zwar lie~eii Punktioneli des Hydro thorax fiir kurze Zeit die Diurese in Gang kommen, der Erfolg blieb aber t rotz medikameiit6ser Unterstfi tzung mit Verodigen und Diuretii i nicht nachhaltig. Die Niereli- funktioi1 liel3 nichts Krai ikhaftes erkennen. Die durch den 0perativen Eiiigriff sichtlich gebesserteHerzt~tigkeit vermochte sich offenbar zuns IIoch nicht ira peripheren Kreislauf auszuwirkeii und noch keinen erkeniibaren Einflu]3 auf die Zirkulatioiisverh~ltnisse der durch lang dauernde Odem- bereitschaft gesch/idigten Gewebe zu gewinneii. Ers t auf Gabeii voii Theocin. pur., die mit 2- - 3 t~gigen Pausen zu 3 • o,I--O,3 verabreicht wurden, setzte eine IIachhaltige Ausschwemmung eiii, Hydro thorax und Ascites schwanden, die Leberschwellung ging erheblich zurfick und die 0deme verloren sich restlos. Auch nach l~ngerem Aufsein uiid ge- ringen k6rperlicheli Anstrengungen blieb der Wasserhaushalt ira Gleichgewicht. Der ]31utdruck, anfangs 95/85 war auf !I5/9o gestiegen. Eiiie vollkommene Kompeiisation war erreicht; diese ha t seitdem staiidgehalten und der Pa t ien t ist voll arbeitsfghig gewordeii.

Aus ulisereli Schilderungen ergibt sich eine Ffille voli Problemeli. Heure soll unser Zweck als erreicht gelten, weiiii wir zur hgufigen Aiilwenduiig einer Operation rateii, die in meiner Hand in zwei F~llen bei drei Operationen ohiie Todes- fall und Mil3erfolg G1/inzendes geleistet hat. Letzten Endes m/il3te dieser Erfolg sich fiberall da erreichen lassen, wo bei schrumpfelider Syliechie das sichere Auifiliden einer trennungs- f~higeii Greiize zwischen den Schwieleli ulid der alten Epikard- schicht bei der Operafi0ii m6glich ist, d. h. wo sich die Schwie]en nicht in die eigentliche Herzmuskulatnr fortsetzen.

,,DYNAMISCHES EIWEISSFIEBER". V o l i

Prof. RIETSCHEL, Vorstand der Unlversitiits,Kinderldinik Wfirzburg.

DaB es eiii nichtbakterielles Fieber bei S~tuglingeii gibt, ist bekanlit . Ich erinnere an die Steigerulig der K6rper- tempera tur infolge Uberw~irmuiig und insbesondere an das Durstf ieber (ERICH 1V~ULLER) sowie an eilizelne Formen des Salzfiebers. Die Tatsache, dal3 Fieber beim S/iugliiig zustande kommt, wenn die Flfissigkeitszufuhr l~iigere Zeit uiiter ein gewisses Minimum sinkt (Durstfieber), ist ja wohl uiibest~itteii. Die Ansicht, dal3 auch das eliterale Kochsalzfieber ein echtes Diirstfieber sei, ha t vieles ffir sich; denn das Kochsalz ent- zieht dem K6rper Wasser, und der E in t r i t t dieses Kochsalz- fiebers hgngt nieht allein roi1 der Menge des Chlornatriums, soiidern ganz besonders von der dazu gegebenen Fliissigkeit ab. Doch ist letzten Endes die Genese des Durstfiebers niehts weniger wie ldargestellt .

Niin ist neuerdings die wasserarme konzeiitrierte Erii~h- ruiig beim S~Lugling besonders durch die PIRQUETsche Schule sehr in Aufschwung gekommen, und es konnte IIicht fehlen, dal3 sehr bald aueh solche Fiebersteigeruiigen beschriebeii wurden. Darauf ha t FREISE 1) in seiner letzteli Arbei t hin- gewieseii uiid nach ihm alidere Aiitoreli. Am› (GRuLEE

x) Mon�8 f. Kinderheilk. 21, a46.

u i i d ] 3 O N A R 1) haben schon frfiher ein solches Fieber bei kon- zentr ierter Erli~hruiig gesehen. Auch ha t ten HEI~ und JoHNe) die engen Zusammenh/iiige zwischeii aliment~rem Fiebe �9 und Wasserstoffwechsel betont. Dieses Fieber bei konzentrier- ten Nahrungen, das IIur dann auftr i t t , weiin die Flfissigkeits- menge ira Verh~ltnis zu deii Nahrungsbestandteilel i s tark verminder t ist, bezeichnet F:INKELSTEIN a]s ,,relatives Durst- fieber". Es t r i t t also auf, wenii dem Stoffwechsel nicht ge- nfigeiid Wasser ffir seine chemischen ulid physikalischen Vorg~nge zlir Verffigung steht.

]3ei unsereii Beobachtungen mit konzentrierter Ern~hrung fiel uns schon seit 1/ingerer Zeit auf, dal3 eiweif~angereicherte Gemische sehr r ie l leichter Fieber hervorrufen als Gemische, die ausschliel31ich mit Kohlenhydrat und Fe t t angereichert waren, mit andern Worten, dafl dem Eiweifl bei wasserarmer Erndihrung ein besonders fiebererregender Ein]lufi zugesprochen werden mufl. Als wir das Lehrbuch voli FINI<ELSTEIN (II. Aufl.) durchlasen, bemerkten wir, dal3 FINKE~:STEIN die ganz gleiche ]3eobachtung schon gemacht ha t t e ; auch er betont die pyro- togene Rolle des Eiweil3es bei enteraler Ziifuhr, und er ver- 6ffelitlichte auch zwei aiischauliche Kurveii, iii deneii mit der Zugabe voii Eiweil3 (4% Plasmoii) Fieber auftr i t t , das entweder bei Wasserzugabe oder bei Eiweil3eiitziehung ver- schwindet. Unsere ersten ]3eobachtungen sind jedenfalls ohne Keiiiitnis de �9 Fillkelsteinschen Mitteilungeii gemacht~). Diesem enteraleli Eiweil3fieber nachzugeheii, war der Zweck der folgeiideii Untersuchung.

Bekaniit l ich kaliii eili Kind bel einer konzentrierteli Nahrl ing (z. ]3. 400--50o g Vollmilch, der 5% Butter , 5% Mehl und 7% Zucker [nach MoRo] zugesetzt sind, oder Vollmilch mi t 17% Zucker [nach PIRQu~:r]) wocheii, lang eiiie gui aiisteigende Ge- wichtskurve habeii. Erse tz t man aber isodyname Meiigen Kohlen- hydra% bzw. F e t t durch Eiweil3 ( 5 - - I o % Eiweil3), so t r i t t bei fast allen Kindern trotz gleicher Ca- lorienzu[uhr sehr bald Fieber alif. Maiiche t™ fieberii leichter als aiidere. Dieses Fieber I~St sich IIun mit Sicherheit sofort wieder zum Verschwinden briiigen, wenii das zugeffigte Eiweil3 wieder ans der Nahruiig gestrichen und da- ffir isodyname Mengen Fe t t uiid Kohlenhydrat gegebeii werdeii, oder IIoch besser, wenli reichlich Wasser zugeffihrt wird. Ara delit- lichsteli geht dies aus eiiiigen Kurven hervor (Kiirven Rosa R., Wil ly t™ Fri tz E.). Selbst bel Weiterzugabe von Eiweil3, dessen

Gew/dd lq. 7"s 1"5. ~'~ 78, "7~ q-500 ~ ~ ' f 1

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Abb. z. Rosa R., 4V2 Mon. Ersatz von 5 ~o Mehl und 3 ~o Zueker dttrch 8 ~ Ei- weill KlinischUnruhe, feste Stfihle. Sofor dger Rfickgang des Temperatur

nach Wasscz'zugabe (2oo g).

absolute Meiige schr hoch sein k&nii -- wir haben bis 5 ~ g Plasmoii oder Lactana [ebenfalls ein Caseilicalciumpr~tpa- rat4)] gegebeii - - , sinkt die Tcmperatur, wenn geliiigelid Wasser

l) Americ. journ, of div. of chi/dr. 21, Nf. 3, S. 2~o. ~92i. ~) Monatsschr ~. f. Kinderheilk. 6, 561. 9, Heft 5/6, Jahrb. f. Kinderheilk. 70, 96. 3) Auch RUPPRECHT (Leipzig) hat ebenfalls ganz unabh~~gig von F INKELSTEIN die gleichen Beobachtungen gemacht und seine Erfahrungen auf der Vereinigung S~chs. Thi�9231 Arzte (s. D~sch. med. Wochenschr. I92~. Nr. 4, S. 145 ) mit- geteilt, die sJch v611ig mi t den uner]gen decken. IIi dee Deutung gehen unsere An- sichten allerdings auseinander. Mit war die Mitteilung R.s leider entgangen, da si• nur in einem ReIeratauszug mi/geteilt war. Eine Publikation ist von ihm bis- her nicht erIolgt. Als erster hat aber wohl BENJAMIN dies Fieber als echtes EiweiJ3fieber crkannt und I914 in Stuttgart auf einer Tagu~g mitgetellt, ohne sich n~iher fiber die Genese dieses Fiebers zu ~ul~ern (Jahrb. f. Kinderheilk. 80, 545). Das dor~ publiziexte Referat gibt nuz mit einenz kurzen Satz davon Kenlltnis. Eine Publi- kation ist untel:blieben. Die mi t iibersandten Kurven zeigen einwandtrei das ,,en~erale Eiwei~fieber". B. hat sogar bis 8o g Plasmon pro die gegeben. y Wir d a n k e n dies Pr~parat der Freundlichkeit der Lactanawerke bzw. Herrn Privatdozent Dr : 'BLEYER, Mtinehen, die mas dasEiweil~-unentgeltlich zur Ver- fiig~ng stellten. ~ !

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I0 K L I N I S C H E WOCH-ENSCHRIFT. 2. JAHRGANG. Nr. I I. JANUARI923

zugeffihrt wird. Dabei ist bemerkenswert, daB die Riickkehr der Temperatur zur Norm nach Wasserzugabe oit innerhalb weniger, 2- -3--6 Stunden vor sich geht, w~hrend nur das Fort- lassen des EiweiBes und der Ersatz dieses Stoffes durch Fe t t und Kohlenhydrat bel konzentrierter ]~rnghrung meist einen langsameren Absfieg der Temperatur zur Folge hat , so dag oit das Kind noch einen Tag, manchmal auch noch etwas lgnger Temperatursteigerungen zeigt (siehe Kurve 4 Heinz S.). Nicht also die mehrcalorisehe Zugabe des JEiweifles bat die Temperaturerh6huny verursacht, sondern es mufl in der Ta~ eine spezi]isch pyrotogene Wivkung des Eiweifies hier vorhanden sein.

Wir fragen zungchst, wie ist das ldinische Verhalten dieser Kinder ? Da ist nun bedeutungsvoll, daB wghrend des Fieber- anstiegs und selbst bel hoh› Fieber das Bild keineswegs das eines schwerer l™ oder g a r d e r Intoxikat ion ist. Die Stfihle sind meist iest, weiBlich, trocken, wie nicht anders zu erwarten, j a die hohe EiweiBnahrung macht dfinnere Stfihle

nach Weglassen des EiweiBes und erst auf Wasserzufuhr erholte es sich rasch. Wir betonen ausdrficklich, daB uusere Be- obaehtungen nur ara gesunden Si~ugling gemacht wurden, also bel Kindern, bel denen wir annehmen konnten, dal~ keine ab- norme Durchlgssigkeit der Darmschleimhaut v0rhanden war. Wie die Verh~ltnisse ara darmkranken Kind bel solch hohen EiweiBgaben sich verhalten, haben wir nicht geprfift Und wagten w i r nicht zu prfifen. Wir betonen weiter, daB das Gewieht fast in allen F~llen bel der Steigerung des Ei- weiBzusatzes nicht nur nicht stehenblie‡ sondern sieh senkte und das t™ erst wieder zunahm, als das ]~iweiB abgesetzt oder wenigstens Wasser gegeben wurde. Eiweil~ im Urin t ra t niemals auf. W i r konnten dieses EiweiBfieber auch erzeugen bei Flfissigkeifsmengen, die weit iiber dem physiologischen Minimum !agen (z. ]3. 700), wenn wir nur genfigend iEiweiB gaben. So fieberte e in~Kind bel 700 g Morobrei, wenn 7% EiweiB nach Abzug is¤ Mengen Kohlenhydrate und Fet t zugesetzt waren. Endlich ist noch

~eMdd-;'2. 73. ~q,. Is I~. 77 18. ~B. 20.

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Abb. ~. Willy K., 5 Mon. Ana ~5. V. Ersatz von a ~ Fett un” 5 ~o Kohlenhyd~at dttrch ~o ~o EiweiB. Stiihle gleichbleibend�87 etWas schleimig. Klinisch keine be- sonde~en Erscheintmgen. Sofo~tige Rlickkel~ zu~

Norm naeh ~oo Wasser.

: 1~ go, E'~ ~ ~ 75 16,117. 18,

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Abb. 3- Fritz E., 5 Mon. Vom xS. V. abends werden xo % Z�9 doEch xo % EiweiB ersetzt. Kelne Durchf~lle, nu~ Unrtthe w~hrend des

Fiebers.

test. In einzelnen ~'~llen waren die Stfihle aueh schleimig; nie aber sahen wir wirkliche W~sserige Durch�9 Nur macht sich, wenn die Temperatur anfgngt, fiber die Norm sich zu erheben, eine gewisse Unruhe des Kindes bemerkbar, die sich mit h6herem Fi• steigert. Die Lippen sind trocken, das Kind lutscht an den �9 es schreit riel, wirft den Kopf unruhig hin and hcr ; man merkt, daB es DUrst hat. Die Atmung ist meist beschleunigk Der Turgor der Hau t bleibt dabei gui. Ira Urin haben wir keine Reduktion ge- funden. Die Leukocytenzahl stieg absolut stets an. Eine stgrkere P01ynucleose wurde, soweit wir bisher sagen k6nnen, nicht beobachtet. Der Anstieg der Leukocyten ist vie!mehr auf eine Wasserverarmung des Blutes zuriickzufiihren ; denn die Zahl der Erythrocy~cen stieg regelm~Big ira Kubikrnillimeter. Diese Verhgltnissi bediirfen noch weiterer Untersuchur)g. St~rkere Krankheitserscheinungen (BewuBtseinstri�9 usw.) toxischer: Art wurden nicht beobachtet, trotzdem die Kinder mehrere Tage Fieber bis 39 und dar/iber zeigten, ja einzelne I™ boten auBer dem Fieber fiberhaupt keine wesentlichen St6rungen. Meist blieb dann das Fieber auch um 38 *. Nur ein Kind (Hans Seifert) machte einen schwer- erkranken Eindruek, das nur z Tag lang eine gr6Bere EiweiB- gabe (45 g) erhalten baffe, Interessanterweise hat te dieses ~ i n d vorher etwas zerfahrene Stfihle, die sich untex der i NaErung allerdings besserten. Dieses t™ fieberte noch OE Tage weiter

Gew/chf 1~' 12. 73. lq. ~5. 16. 17. ~8. r 20. ~7oo ~ I

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7› a 39o

I 1o N s I

Abb. 4. Helnz S., 2 Mon. Ara z2. V. werdefi 2% Fett und 5 ~o Kohlenhydrate doEch xo ~o Eiwei/3 ersetzt. Sta~ke Unruhe, Durst, beschleunigte Atmung. Welterfiebem nach l%rtlassen des Eiweil3es. Sofortiger Rfickgang der Tempemtur zut Norm nach Wasserzugabe (iSO g).

Bessœ der Stable.

bemerkenswert, daB dieses EiweiBfieber nicht nur von der Menge des EiweiBes. and 4er daz�9 gegebenen FlfissigkeiL sondern ganz besonders vom SMzgehalt der Nahru~g abh~ngig i s t . In einer molkenarmen Milch ist es m6glich, riel gr6Bere Mengen Eiweil3 zu verabfolgen, o h n e Fieber zu erzeugen. Wir haben mehrmals den Versuch gemacht, einem Kinde, das bel 500 g Flfissigkeit und Zugabe von 7 % EiweiB fieberte, dadurch, daB wir die Hglfte der Molkensalze wegnahmen, das Fieber herunterzudrficken.

(Wir gingen dabei so vor, daB wir s ta t t 500 g Milch nur 250 g Milch gaben und die gquivalenten Mengen von Eiweil3, Fe t t und Kohlenhydraten, die den fortgelassenen 250 g Milch entsprechen, m i t der gleichen Menge Wasser vermischten und gaben.)

Da unsere klinisehen Einrichtungen noch ira Bau sich befinden, so sind die weiteren Untersuchungen, spezidl des Blutes, der I™ noch nicht zum Ab- schlnB gekommen. Uber sie soll heure nicht berichte™ Werden.

Wohl aber m6ehte ich die Frage der Entstehung dieses Fiebers er6rtern. FINKlZLsTEIN ba t sich fiber dieses ,,enterale EiweiBfieber" in seinem Lehrbuch (II. Aufl.) sehon ausge- sprochen: er h~lf ira wesentlichen dieses Fieber fi�9 ein toxi- sches EiweiBfieber und m6chte~es dem der alim™ In- toxikation besonders ira Hinblick auf d i e Vntersuchungen

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I JANUAR 1923 K L I N I S C I - I E W O C H E N S C H R I F T . 2. J A H R G A N G . Nr. I I I

von MoRo und HiRsc�9 gleichstš Die engell Beziehnngen von alimelltgrem Fieber ulld alimellt/irer In toxikat ion zum Wassœ ulld Wasserhaushal t machell es FINKEL- SrEIN wahrscheinlich, eille osmotische Sch/idigung der Orte des EiweiBabbaues durch den Wasse�9 allzunehmen, so dal3 es zu einer Hemmnng im Eiweil3abbau kommt ulld llun giftige, nicht v611ig verbrannte Aminokomplexe in den Kr• gelangell. So wiirde also das Durstfieber llach FI~KELST~IN letzten Endes auch eine Sch/idigung der Eiweil3abbaust/ittell (Darm, Leber usw.) darstellen, und die Genese dieses ,,ente- ra len" Eiweil3fiebers 'w/ire also prillzipiell die gleiche wie die d ™ toxischen. EiweiBfiebers. 13ber d i e Berechtigung, ein ,,echtes toxisches EiweiBfieber" bel Darmerkrankungen anzunehmen, besteht natfirlich kein Zweifel. Besonders bel abnormer Durchl/issigkeit der Darmwalld k611nen sehr wohl giftige Abbauprodukte der Nahrullg in den Kreislauf ge- langen ulld das Killd sch/idigell. I s t doch llaeh Mono die alimelltgre I l l t0xikatiol l eine echte , ,Peptoll"- oder besser , ,Peptidvergiftung". Aber wir m6chten meinen, dal3 dieses ,,enterale Eiwei/3/ieber", welches wir hier sehell, ebenso wie das klassische Durstfieber, das schon EI~ICH MOLLIR als ,,physikalisches F ieber" deu te te , nlchts mit diesem toxlsehen Eiwei/3Jieber zu tub hat~). Dagegen spricht einmal das relative Wohlbefinden der Killder. Einzelne Kinder wurden iiber- haupt fast gar nicht in ihrem Befindell beeintr/ichtigt, ge- w6hlllich silld die Kinder zwar unruhig, sehreien riel, aber ein toxischer Zustand fehlt ihnen auch bel einer Fieberdauer fiber mehrere Tage. Und was noch r ie l wichtiger ist, die Zugabe von Wasser konllte in kiirzester Zeit (schon n a c h wenigen Stullden) den gallzen Symptomenkomplex (Fieber, Ullruhe usw.) zum Versehwinden brillgell. Eine solche schnelle Reparat ion ist aber wohl nicht denkbar, welln wir einell ge- stSrten Chemismus, bel dem giftige Stofie in dell K6rperkreis- lauf /ibertreten, annehmen wfirden. Wir m6chten vielmehr dieses Eiweil3Iieber, das bel reichlicher kalorischer EiweiB- ern/ihrung, Ern/ihrung lllld besehr/inkter WasserzufuhrS) ellt- steht, fiir ein Fieber haltell, das weit mehr auf St6rullgen physikalischer Vorgiinge beruht, als dal3 schwere Vergiftullgell des K6rpers dabei vorhandell sind (s. o.). So leieht kommt es gar nicht zum,,toxischell Eiweil3fieber" beim S/iuglillg, denn unsere gallz e Therapie der akutel l Ern/ihrungss• beim Sgugling wird beherrscht gerade von der Zugabe von Eiweil3 (Eiweil3- milch, Larosan, Plasmollzusatz). Wenll so leicht ,,giftige Produkte" durch dell Darm in den Blutkreislauf iibergehen, dalln mfil3te diese Therapie I/illgst diskredit iert sein. Fiir das Dursffieber hat ten ERICIr MOLLER und ifir das Koehsalz- fieber HEI~I und JoI~~ Mlle /ihnliche Auffassung ge/iuBert. Ja, die letzteren wollten das gesamte aliment/ire Fieber physi- kalisch deuten. Darill sind sic r ie l zu weit gegallgell, und des- halb sihd sic so wenig verstanden wordell. Eill richtiger Ge- dallke war aber wohl darin enthalten. Auch uns ist die physikMische Genese des Durstfiebers wahrscheinlich, doch soll diese Frage hier nieht er6rter t werdell. Wohl aber mgchten wir da. ,,enterale Eiweifl/ieber", wie wir es oben besehrieben haben, als ein Eieber ansehen, das einer St5rung physika- lischer Reg~ilationen seine Entstehung verdanlct. Wir dellken besonders dabei a n das, was RVBN]~R die ,,spezi/ische dyna- mische Quote des Eiwei/3es" genannt hat.

RIIBNa;R ha t eillwandfrei in Versuchell an Hunden ge- zeigt, da l3 bel Darreichung genau isodyllamer Mengen voll Eiweil3 bzw. Fe t t bzw. Kohlel lhydrat ,,die Nahrullgsstoffe in ungleichem Grade die Verbrellnullg zu steigern in der Lage sind", besonders welln sic in reichlicher Menge zugefiihrt werdell. Ulld zwar ist es das Eiweil3, das den W/irmeumsatz gegelliiber dem Fe t t und dem Kohiel lhydrat betr/ichflich steigert (bis 3 o, 4 o, la 60%). Das bedeutet eillen Zuwachs, wie er sollst nur durch kr/iftigste Muskelarbeit erzielt werden kann™ Dabei leisteten die Tiere llieht die gerillgste Arbeit,

~) Auch RUPPRECHT h~l~ dies Fieber ftir wesensglei™ dem alimentfir-toxischen Eiweit3fieber. 2) Wir mSchten noch bemerken, daB schon audere Autoren, wie FEER, GLANZ- MANN, L.F . MEYER, dir Fieber z}lf~ltig br haben, ohne nfiher Mch mit ihnl beIal3t zu haben. z) Bescllr~nkte Wasserzufuhr begiinstigt ,�9 aul3ero~dentlich das-'A-uttreten-des Flebe~~ Es ist nicht absolut Voraussetztmg.

solldern lagen stets ruhig ira t™ RUBNER hat ffir diese w/irmevermehrende Eigellschaft des Eiweil3es (in geringem Mal3e habell ste au ch Fe t t ulld Kohlellhydrate) den Ausdruck ,,spezifisch dynamischeW/irmewirkung" gew/ihlt. Auf welchell Ursachen diese spezifisch dynamische Wirkullg der N/ihr- stoffe beruht, ist letzten Elldes lloch llicht v611ig gekl/irt. Man k61111te in erster Linie an die vermehrte V™ lllld Drfisellt/itigkeit (ZuNTZ) dellken. ]3esonders beim Eiwei8 mit seiller s tark die Driisell (Leber, Darm llsw.) allregenden T/itigkeit l iegt diese Vorste]hng nahe. Doch lehllt RUBN~R diese Erkl/irullg als eillzige ab, da die W/irmebildung r iel zu grol3 ist, um so e�9 zu werdell. Ulld er n immt ganz spe- zi!ische Zellreize all, die vom Eiwei8 bzw. bestirnmtell Gruppell ausgehell und dell W/irmeumsatz steigerll. Dabei ist noch bemerkellswert, dal3 diese W/irmesteigerullg aul3erordelltlich schllell llach der ]~iweil3zufuhr einse%zt, um ba]d wieder ab- zuklillgell. Gallz besonders ill*eressallt ist aber IC{UBNERS Nachweis, dal3 auch ,,bel ausgeschalteter chemischer Regu- latioll (a]so z . ]3. bel hohen Aul3elltemperaturell) das Eiweil3 in gleich hohem Grade die Verbrellnullg steigert". Daher silld auch (nach RIJBNER ) die N-freiell Sto~fe ,,diejelligell Nah- rungsstoffe, derell Gabe Sich ara besten mit der Eillwirkung l~oher Tempera turgrade" Vertr~gt. Elldlich mul3 darauf hillgewiesen werdell, dal3 diese groBe freiwerdende W~rme bel Eiweil3zufuhr vom Organismus llicht mehr verwertet werden kalln, solldern als W/irme (durch Leitul lg, Strahlullg lllld Verdullstung) abgegebell werden, mul3. Neuerdillgs ba t null LtysK!) in interessallten Un%ersuchllngell gezeigt, dal3 llicht llur gelluines Eiweil3, sonderll auch gewisse Amillos/iurell (speziell Glykokoll) diese speziIisch dyllamische W/irmesteige- rullg besitzell. Darfiber sind Ulltersuchungen im Gallge.

Es liegt auf der Hand, dal3, welln diese W/irmesteigerung zugleich mit eiller verminderten Wasserzugabe vor sich geht, die W/irmeabgabe sehr dabei leiden mul3. Illsbesondere wird dies bel S/iuglillgell der FMI sein, die warm gehalten werdell. W/irmeabgabe durch Leitullg und Strahlnllg werdell hier ll icht v611ig Ansgleich schaffen k61111ell, sondern der S/iuglillg mul3 in hohem Mal3e die W/irmeabgabe durch Verdullstullg (durch Lullge und Haut) mit zu Hilfe llehmell. Diese Form der W/irmeabgabe ist aber stets mit Wasser- abgabe verbundell. ,,Die Wasserdampfausscheidung ist aber eill Sicherheitsvelltil gegen die 13berwgrmnng des K6rpers" ( R U B N E R und H E U B N E R ) . . Diese beiden Autoren geben fiir dei1 gesundell S/iugling etwa 3o--45 g Wasserabgabe durch die Hau t pro Tag und Kilo an. Das wfirde bel einem 5 kg sehwerell S/iugling I5o--22o g Wasser ausmachell. Nun waren aber meist die Kinder sehr unruhig, die Atmung beschleulligt, so dal3 man sicher eine weit h6here Wasserabgabe vermuten mul3. Ver- suche, die L. F. MEYER aus anderer Fragestel lung mit kon- zelltrierter Eiweil3milch und Salzdarreichung gemacht hat, zeigell, dal3 bel solch fiebernden t™ die Wasserabgabe durch die Hau t durchaus llicht erniedrigt ist; la, der deut- liche Gewichtssturz zeig~, dal3 Gewebswasser (evtl. Oxydations- wasser durch Eillsch�9 von K6rpergewebe) herbei- geholt ist, um den grol3en Wasserbedarf des Orgallismus bel der p16tzlichell W/irmeelltwicklung zu befriedigen. Es ist begreiflich, dag je llach dell Reservevorr/iten an Wasser, die ein Kind besitzt, das cille Kind leichter diese Wasser- abgabe befriedigen kalln als ein anderes, sich also physi- kalisch leichter regulieren kanll. Nur so lenchtet es ein, dal3 bel wasserarmer Ern/ihrung die restlose Abgabe der vermehr- ten gebildetell W/irme aul3erordelltlich erschwert sein kalln ; es kommt zu einer physikalischell St6rullg der W/irmeregulation, da ira K6rper mehr W/irme gebildet wird, ohlle dal3 er sofort installd gesetzt wird, ebellsoviel WSxme abzugeben, und so komm* es zut echten W/irmestauung unter dieser iiber- m~13igen Eiweil3nahrung, ohne dal3 zun/ichst ein toxisches Moment eine Rolle spielt. So allein ist das klinische u der Kinder zu erld/ireil und ebenso die p16tzliche Regulation der Tempera tu r llaCh reichlicher .Wasserdarreichullg.

Wir m6chten daher meinen, da~3 zwei Formen des Eiwei/3- /idbers streng zu schei&~ si~~"

~) GRAHAM LUSK, Corneil Unir. Medical Bulletin, Vol. III. N f x. July x9t).

Page 4: Dynamisches Eiweissfieber

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I. das toxlsche Eiweifl]ieber 1) und 2. das ,,dynamlsche Eiweiflfieber" -- diesen Namen m6chten

wir vorschlagen ~ , bei dem in erster Lin ie dle physikalische Regulation der Temperatur gest6rt ist. Es ist fast selbstverstgnd- !ich, daB bei anhaltender St6rung der physikalischen Regu- lation auch der chemische StoIfwechsel in Mitleidenschait gezogen wird, und damit die Grenzen sich verwischen, d. h. bei l~ngerem dynamischen EiweiBfieber sich auch andere schwere Stoffwechselst6rungen herausbilden k6nnen, aber ursprfinglich liegen beim dynamischen EiweiBfieber rein physikalische St6rungen vor.

Dieses ,,dynamische Eiweil3fieber" hat nun aber eine klinische Bedentung, obwohl dies eigentlich bisher nicht be- kann t war. In erSter Linie wird dies dynamische Eiweigfieber beim Sgugling auftreten, unter Umst~nden hat es aber aueh beim Erwachsenen Bedeutung. Freilich kennt die Pathologie des Erwachsenen dieses Fieber nicht. KREHL sagt in seiner pathologischen Physiologie (I I. Anti.; S. 121 ) : ,,Diese spezi- fisehe thermisehe Kraf• (erg. bel EiweiBnahrung) ist, ~alls der I™ nicht die chemische Wgrmeregulation braucht, eine Verschwendung, ste kann bel hohen AuBen- temperaturen, z. B. ira heil3en Sommer, l&stig werden, -- mehr wohl nicht ." Das mag in der Ta t •tir den Erwachsenen ira groBen ganzen zutreffen. Denn er kann seinen Durst selbsttgtig stillen und seinen Nahrungsbedari regeln und datait die Regulation aufrecht erhalten=). Ob dies auch bei pathologischen Zust~inden zutriftt, ist sehon zweilelhaft. DaB ira Fieber die allzu groBe Eiweil3zu•uhr direkt schgdlich ist, ist bekann t ; dies wuBten die alten Arzte schon lange, nnd RUBNER hat auf Grulld seiner Untersuchungen tramer datant hingewiesen. Unsere ]3eobachtungen zeigen einwandfrei, daB fibermgBige Eiweil3zufuhr ohne genfigende Wasserzufuhr sogar Fieber experimentell hervorruit. DaB diese Dinge anch ara Krankenbet t des Erwachsenen ceteris paribus ihre Geltung haben, bedarf keines Wortes.

Viol h6her aber schgtzen wir die Bedeutung dieses ,,dyna- mischen EiweiBfiebers" frit don Sgugling oin. Und hier m6chten wir besonders des Sommers und seiner akuten Erkrankungen gedenken. Gerade bel hohen AuBentemperatnren wird nicht nur die Uberwfirmung dureh die Telnperatur von auBen ge- f6rdert, sondern auch die spezifisch-dynamische Quote des Eiweil3es kann bei Wassermangel bzw. s*arkem Schwitzen sehr wohl eine gewisse Rolle (natfirlich immer nur eine be- gleitende) spielen ; darauf haben schon KASSOWlTZ, L. F. MEu und wir selbst frfiher hingewiesen. Und wir verstehen von diesem Gesichtspunkt ans den Vorteil der Brustkinder mi t ihrer eiweiB- ulld salzarmen Nahrung. Den�8 hier spielt eine spezifisch dynamische W//rmewirkung des EiweiBes so gut wie gar keine Rolle. Endlich m6chten wir auch meinen, dag beim Bilde der fieberha�9 alimentgren Intoxikat ion mit starker Exsic- cation diese dyna�9 Verhgltnisse eine gewisse Rolle mitspielen. Wir m6chten selbstredend nicht daran zweifeln, daB das Wesen der Intoxikat ion in einer Vergiftung (seien es giftige Aminokolnplexe oder ]3akterienprodukte) liegt, daB aber auch ira einzelnen Falle diese physikalisch-dyna- mischen Verh/iltnisse mit zum Fieber beitragen k6nnenS). Wir werden zu dieser Vermutung veranlaBt durch die off auBerordentlich temperaturherabsetzende Wirkung der Wasser- znfuhr, freilich mfissen hier noch ansgedehntere Versuehœ vorliegen, eher wir klarer sehen.

Als interessante Nebenbeobachtung m6chte ich noch mitteilœ daB mehrere Sguglinge bei l~ingerer hoher EiweiB-

x) Ob dies toxisehe (alimentaire) Eiweil3fieber bei dar alimentfiren Intoxikation wirk- lieh ein Peptid bczw. Peptonfieher (MORO) ist oder oh bakterielle StoIfe (Endo- toxine usw.) durch die Darmwand zur Resorption kommen (BESSAU) und fieber- erregend wirken, steht immer noeh zur Diskussion, in j edem FMI kann man vom ..toxischen" Fieber spreehen. ~) Es scheint mit aber doch nicht uum6glieh, dag auoh der Erwaehsene nach iiber- m~13igem Eiweiggenug Fieber bekommen kann (,,Fregfieber"), besonders ira Sommer und wenn er wenig Fltissigkeit (evtl. nur in alkoholiseher Form) zu s'eh nimmt. In der Literatur habe ich nichts Sicheres dafiiber gefunden, nur andeutungsweise wird es erw~ihnt (CAMERER jun.). RUBNER sah be! seinen Hunden mlr Temper~tur- erh6hungen bis 37,7 ~ allerdings war das Wasserbedfirfnis nieht eingeschr~inkt[ a) Die Anffassung HEIMS nnd JOHNS, don gesamten Fieberkomplex der Intoxi- kation als W~irmestauung aufzufassen, ist sicher nicht riehtig.

zuIuhr und besonders wghrend des Fiebers Plaques erosives zeigten, die erst abheilten, als die Kinder zur normalen Nahrung zuriiekkehrten.

PHARMAKOLOGISCHE WERTBESTIMMUNG VON GUAJACOLPRAPARATEN.

Von

Prof. Dr. F. VERZ.~R,

Direktor des Instituts ffir allgemeine Pathologie der Universit~it in Debreczen.

Guajacol, der wirksame Bestandteil des I™ wird soit Jahrzehnten viol verwendet und seine Vœ ist auch heure sehr groB, trotzdem fiber die Art und Weise seiner Wir- kung wenig Sicheres bekannt ist. -- Vide Guajacolprgparate sind im Handel. Ihre Anwendung bezieht sich bekanntlich auf die Erkrankungen der Lunge, besonders auf die der chl-o- nischen Lungentuberkulose.

Es ist ganz sicher, daB das Guajacol n iemals ira K6rper solche Konzentrat ion erreicht, daB es zu einer Abt6tung odcr Sehw/ichung von Keimen fflhren k6nnte, selbst wenn es in sehr geringen Konzentrationen. in der Lunge ausgeschieden ~drcl.

Andererseits wird ihm aber von klinischer Seite vielfach eine roborierende Wirkung, besonders in Fs von Lungen- tuberkulose, nachgesagt. -- Es ist wahrscheinlieh, daB diese roborierende Wirkung wenigstens teilweise darauf beruht, dal3 die Beschwerden bel Katarrhen der Atemwege vermindert werden, wohl dadurch, dag eine Sekretsteigerung der Schleim- driisen nnd dadurch eine Vertifissigung des Sekretes eintritt . Dieses veriliissigte Sekret k6nnte leichter resorbiert und datait die Beschwerden verringert werden.

Die Ausscheidung des Guajacols erfolgt zum gr6Bten Teil in ver~ndertem Zustand [K~ApP und SUTxR1)]. Einer quant i ta t iven Verfolgung der Wirksamkeit von Guajacol- pr/~paraten auf diesem Wege stellen sich sehr bedeutende Schwierigkeiten entgegen. Auch die temperaturvermindernde Wirkung des Guajacols ist sehr unsicher und kann deshalb nicht als Basis einer pharmakologischen Wertbest immung benutzt werden.

Nun hat sich aber gelegentlich der Wunsch gezeigt, von Guajacolpr~paraten nachzuweisen, ob ste ira K6rper auch die Wirkungen des Guajacols ausfiben. A priori folgt ja durchaus nicht, daB die verschiedenen Guajacolprs ira K6rper auch tats~chlich entsprechende Guajacolwirkungen haben.

Es wurde deshalb versucht, hierffir einen Weg zu finden, ganz unabhgngig von der uns hier nicht berfihrenden Frage, welche therapeutisehen Wirkungen und Erfolge eine Guajacol- therapie bat.

Weder die sogenannte roborierende, noch die unsichere temperaturherabsetzende Wirkung, ebensowenig die spuren- weise Ausscheidung in der Atmungsluft, oder die in v~r~n- dertem Zustand erfolgende Ausscheidung ira Urin gibt uns die M6gliehkeit zu beurteilen, ob oin Guajacolprs auch ira K6rper als solches wirksam ist. Nur die sekretionsstei- gernde Wirkung der Gt~ajacolprgparate versprach als Basis einer physiologisehen Wertbes~immung zu dienen. Es ist aber nicht m6glieh, die Sekretion der ]3ronchialdrfisen zu verfolgen. Ich versuchte deshalb, ob nicht auch die Funkt ion der Speicheldrfisen, die entwicklungsgeschichtlich und auch physiologisch den ]3ronchialdrfisen nahestehen, als Mal3 ffir die Guajacolwirkung dienen kann.

Tats~chlich zeigte sich, dal3 Guajacol bel subcutaner An- wendung eine m~chtige Speiehelsekretion bewi�9 Es scheint, daf3 diese Wirkung bisher nicht beobachtet worden ist.

i n der Literatur finde ich nur bel I'�9 t{andb, d. Toxikologie I, 543, 1899, eine Angabe, daB es, ,,6�8 auf Schleimhfiute" gebracht, ,,Nasen- und Mnndh6hlensekret vermehrt und vertifissigt". Es handelt sich dabei wohl um eine reflektorische Sekl~etsteigerung von der Mundschleim-

1) Arch. f, exPl Path¢ u. Pharmakol. ~0, 38~. I9o3,