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Erschienen in: merz, Zeitschrift für Medienpädagogik, 57. Jahrgang, Nr. 5, S. 39-44
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Original erschienen in: Ebner, M. (2013) E-Learning – Alles nur Technologie?, merz – Zeitschrift für Medienpädagogik, 57. Jahrgang, Nr. 5, S. 39-44
E-Learning – Alles nur Technologie?
Martin Ebner1
1Abteilung Vernetztes Lernen, Zentraler Informatikdienst, Technische Universität Graz,
Graz, Österreich, [email protected]
Original erschienen in: Ebner, M. (2013) E-Learning – Alles nur Technologie?, merz – Zeitschrift für Medienpädagogik, 57. Jahrgang, Nr. 5, S. 39-44
E-Learning – Alles nur Technologie?
E-Learning ist spätestens seit der Jahrtausendwende in aller Munde. Egal ob in
Unternehmen, Universitäten oder Schulen, überall ist man damit konfrontiert,
sowohl als Lernender als auch Lehrender. Nun geht es aber dem Bildungsbereich
genauso wie anderen Branchen. Die Technologie verbessert sich in einer
unglaublichen Geschwindigkeit und überholt sich ständig selbst. Dem gegenüber
steht die Forschung des interdisziplinären Faches und die Praxis, die mehr oder
weniger zum Reagieren verdammt ist.
Die Frage die aber bleibt ist, ob die Technologie überhaupt notwendig ist oder
diese überhaupt zu einer Weiterentwicklung im Bildungsbereich beitragen kann.
Dieser Beitrag soll durchaus kritisch den Einsatz beleuchten und herausarbeiten
wo die Mehrwerte liegen. Abschließend wird auch versucht darzustellen was
zukünftig von technologiegestützter Lehre zu erwarten ist
Einleitung
Anastasia Godstein beschreibt in Ihrem Buch „Totally Wired – What Teens and Tweens
are really doing online?“ (Godstein, 2007) herzerfrischend einen durchaus brisanten
Wendepunkt der menschlichen Gesellschaft. Hermann Maurer sagte es einmal knapp
und bündig so: „Die Revolution der Computer war nicht deren Evolution sondern deren
Vernetzung“. Wir leben also nicht nur in einer Zeit der zunehmenden Digitalisierung,
sondern insbesondere der schier endlosen Kommunikationsmöglichkeiten. Mit
irgendwem einfach und unkompliziert von beliebigen Punkten der Welt aus zu reden,
vielleicht sogar per Videobild, war vor wenigen Jahrzehnten noch schier unvorstellbar.
Diese rasante Entwicklung stellt eine große Herausforderung für die gesamte
Gesellschaft und viele Berufsfelder dar. Abläufe und Prozesse werden unweigerlich
beschleunigt, Kommunikation in Echtzeit gehört zum Alltag und technische
Entwicklungen verschwinden so schnell wie sie gekommen sind (denken sie z.B. an die
alten Zolldisketten). Es scheint einleuchtend zu sein, dass das Internet, als die
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wesentlichste Komponente der technischen Entwicklungen, nicht nur den Alltag
nachhaltig verändert, sondern letztendlich auch den Bildungsbereich.
Unter dem Schlagwort „E-Learning“ beschäftigt man sich seit der
Jahrtausendwende verstärkt auch in der Forschung. Wobei der Zugang sich als durchaus
schwierig gestaltet, da das Fachgebiet stark interdisziplinär ist. Drei große Fachgebiete
greifen stark ineinander - die Pädagogik, die Psychologie und die Informatik – und
erschweren auch heute noch die Verankerung des Forschungsfeldes (Ebner et al, 2011).
Auch fehlt noch immer der wissenschaftliche Nachwuchs aufgrund mangelnder
universitärer Studien (Maurek & Hilzensauer, 2011).
In diesem Artikel soll versucht werden, den derzeitigen Stand des
Forschungsgebietes des technologiegestützten Lernens und Lehrens etwas aufzuzeigen
und einen Ausblick zu geben, was in den nächsten Jahren zu erwarten ist.
Entwicklungen
Um die Entwicklungen des Fachbereichs besser verstehen zu können, ist es wesentlich
zuerst zwei Punkte zu betrachten. Einerseits die Kinder und Jugendlichen, also die
Lernerinnen und Lerner von heute und andererseits die neusten technischen
Entwicklungen, also das vorhandene technologische Potential. Dies kann dann
unweigerlich in konkrete Anwendungsmöglichkeiten für den Lehr- und Lernalltag
übergeführt werden.
Digital Natives
Seit Prensky (Prensky, 2001) der meinte: „Our students have changed radically.
Today‘s students are no longer the people our educational system was designed to
teach“ ist eine internationale Debatte entbrannt inwieweit sich die Jugend von heute von
den vorangegangen unterscheiden. Unter den Schlagworten Digital Natives (Prensky,
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2001) Net-Generation (Tapscott, 1997), Generaion @ (Opaschowski, 1999) oder Homo
Zapiens (Peleven & Bromfield, 2002) wurden der heranwachsenden Generation neue
Fähigkeiten und Kompetenzen im Umgang mit dem digitalen Umfeld zugesprochen.
Oblinger (Oblinger, 2005) spricht sogar davon, dass die Wahrnehmung von visuellen
Eindrücken und die Aufmerksamkeitsspanne sich ändert so wie auch die Schnelligkeit
von Antworten. Schulmeister widerspricht in seiner groß angelegten Metastudie diesen
empirisch nicht fundierten Behauptungen (Schulmeister, 2008) und kommt zum
Schluss, dass „die Tatsache, dass heute andere Medien genutzt werden als in früheren
Zeiten rechtfertigt es nicht, eine ganze Generation als andersartig zu mystifizieren“.
Nichtsdestotrotz muss man auch andere Studien in Betracht ziehen, die zwar
nicht direkt auf die Feststellung von Kompetenzen ausgelegt sind, aber doch den
Wandel bei den Jugendlichen darstellen (Ebner et al, 2008). So beschreibt die JIM-
Studie aus dem Jahr 2008 (JIM Studie, 2008) einen sehr bemerkenswerten Umbruch
„Erstmals in der zehnjährigen Geschichte der JIM- Studie zeigt sich, dass Jugendliche
eher einen Computer als einen Fernseher besitzen.“. Dieser Trend hat sich nahtlos
fortgesetzt und heute findet man einen unglaublichen Wachstum im Gerätebesitz „Ein
eigenes Handy ist seit Jahren Standard, inzwischen besitzt aber fast jeder Zweite ein
Smartphone. Einen eigenen Tablet-PC haben bislang aber nur sieben Prozent der 12- bis
19-Jährigen“ (JIM Studie, 2012). Ähnliches berichten Ebner et al. (2013). In ihrer 6-
jährigen Langzeitstudie an Studienanfängerinnen und Studienanfänger unterstreichen
sie aber auch die Aussagen Schulmeisters „Die oftmals gepriesene Net-Generation
zeichnet sich durch gute technische Ausstattung aus, Kommunikationskompetenz und
einer primär passiven Nutzung moderner Webapplikationen.“.
Man kann also festhalten, dass zwar die Kompetenzen im Umgang mit
modernsten Webtechnologien noch nicht alltäglich sind, aber durch die ubiquitäre
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Verfügbarkeit von entsprechenden Endgeräten diese auch für das Lehren und Lernen
gezielt eingesetzt und verwendet werden (können).
Technologischer Fortschritt
Die wohl markanteste Änderung der letzten Jahre war die Markteinführung der
Smartphones. Allen voran das Produkt von Apple, das iPhone und später das iPad.
Spannend ist die Darstellung von AdMob Mobil Metrics1, die 2009 schreibt „The
iPhone generates 33% of all mobile smartphone traffic worldwide and 50% the US“.
Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass der Besitz eines iPhones mehr oder weniger zur
Nutzung des mobilen Internets führt (was in den letzten Jahren sich schon gezeigt hat).
Gleichzeitig zeigten Wachstumsraten beim Geräteverkauf von Android basierenden
Smartphones von mehr als 600% in einem Quartal die schnelle Verbreitung2. Die
folgende Markteinführung der Tablets scheint schon nur mehr eine Draufgabe zu sein.
Ebenso die Entwicklungen am Mark der E-Readers, allen voran jener der Fa. Amazon
namens Kindle. Dass das Ende hier bei weitem noch nicht absehbar ist, zeigen vorallem
die geplante Einführung der Google-Glass-Brille oder Geräte wie Microsoft Surface,
jedoch sind diese noch nicht am Massenmarkt verfügbar.
Quo Vadis E-Learning?
Unter dem Eindruck heranwachsender Generationen die den Einsatz von digitalen
Geräten als alltäglich erleben und einer immer schnelleren technologischen
1 AdMob Mobile Metrics, 2009 http://de.admob.com/s/solutions/metrics?_cd=1 (letzter Abruf
Juli 2013)
2 http://www.androidpit.de/de/android/blog/394061/Weltweite-Smartphone-Verkaufszahlen-
Android- Nummer-Eins (letzter Abruf Juli 2013)
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Entwicklung stellt sich die Frage wohin das technologiegestützte Lehren und Lernen
sich hin entwickeln wird. Im Wesentlichen können kurz- und mittelfristig 3 Bereiche
genannt werden:
• Mobilität (mobil)
• Freie Zugänglichkeit (open)
• Individualisierung (individuality)
Mobiles Lernen (m-Learning)
Eine konsequente Weiterentwicklung von e-Learning stellt m-Learning dar. Darunter
versteht man die technologische Unterstützung von Lehren und Lernen mit mobilen
Endgeräten, heute insbesondere mittels Smarthphones und Tablets. Voraussetzung für
einen solchen Einsatz ist natürlich, dass Kinder ihre persönlichen Geräte im Unterricht
verwenden können (was heute noch nicht als selbstverständlich anzusehen ist). Dies
führt zur BYOD-Debatte (Bring Your Own Device) die helfen soll, infrastrukturelle
Probleme zu lösen.
Die größten Mehrwerte bei mobilen Endgeräten zeigen sich gerade in ihrer
Vielfalt und ubiquitären Verfügbarkeit. Man kann nicht nur Fotos und Videos in
Echtzeit erzeugen oder kurz einmal online etwas nachschlagen, sondern damit auch
kollaborativ arbeiten durch die Verbindung der Geräte untereinander. Insbesondere der
Einsatz von sozialen Netzwerken wie Twitter (Ebner, 2013) oder Facebook ist dadurch
möglich, da gerade diese Netzwerke für den mobilen Gebrauch ausgelegt sind. Zu guter
Letzt ist der Markt mobiler Anwendung ein stark wachsender. Man könnte es überspitzt
so formulieren, dass jedes Lernproblem durch eine entsprechende App behandelt wird.
Viele von solchen kleinen Anwendungen befinden sich bereits in den jeweiligen Stores.
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Insbesondere spielerische Anwendungen, unter dem Stichwort gamification, sind eine
vielversprechende Entwicklung.
Freie Zugänglichkeit (Openess)
Der zweite wesentliche Entwicklungsschritt ist die freie Zugänglichkeit. Open Source
und Open Access, die beiden größten Vertreter, dieser Bewegung sind durchaus schon
wohl bekannt und sehr etabliert. 2002 definierte die UNESCO die sogenannten Open
Educational Resources, kurz OER (Ebner & Schön, 2011). Damit sind frei zugängliche
Bildungsressourcen gemeint, die über eine entsprechende Lizensierung zur
Weiterverwendung oder –bearbeitung verfügen. Namhafte internationale Universitäten
wie z.B. das MIT haben es vorgemacht, aber auch im deutschsprachigen Raum findet
man genügend Beispiele3. Einer der jüngsten Trends ist auch diesem Feld zuzuordnen:
Massive Open Online Courses, kurz MOOC (Khalil & Ebner, 2013). Dabei handelt es
sich um gesamte Veranstaltungen oder Kurse die frei zugänglich sind und im besten
Fall auch wirklich open. Dies bedeutet man kann die dort verfügbaren Materialien für
seinen eigenen Unterricht verwenden. Dies beschleunigt selbstverständlich die
Verbreitung von Inhalten im Internet enorm und trägt zur verbesserten Zugänglichkeit
von Bildung teil. Dies ist nicht nur für Staaten von Interesse, die kaum über
Bildungsmaterialien verfügen sondern eigentlich für alle, da damit einerseits dem
öffentlichen Bildungsauftrag nachgekommen wird und andererseits auch die
lebenslange Bildung massiv unterstützt wird.
Das gewichtigste Argument für freie Bildungsmaterialien ist jedoch das digitale
Klassenzimmer selbst. Durch die starken urheberrechtlichen Beschränkungen im
Mitteleuropa ist eine flächendeckende Verwendung von z.B. Tablets wohl nur möglich,
3 http://opencontent.tugraz.at (letzter Abruf Juli 2013)
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wenn auf Lerninhalte zurück gegriffen werden kann, die frei verfügbar sind. Denn allein
das Ausfüllen eines Lückentextes und der anschließende Versand an die Lehrperson ist
eine Bearbeitung des Dokuments, welches in der Regel dem Urheberrecht unterliegt.
Dies betrifft natürlich den ganzen Schulbuchbereich massiv. Um also langfristig die
Einführung von Technologie zu ermöglichen ist die Verwendung von OER dringend zu
empfehlen.
Individualisierung
Der dritte Entwicklungsschritt ist die zunehmende Individualisierung des Unterrichts. In
Zeiten der Informationsfülle, die unweigerlich auf uns zurollt, geht es einerseits darum
den Inhalt an die Lernenden anzupassen, aber andererseits auch den eigentlichen Lehr-
und Lernprozess.
Das Internet ermöglicht es durch zentrale Datenspeicherung (Stichwort Big
Data) und die Verwendung individueller Eingabegeräte den Lernprozess eines
Individuums zu steuern und zu analysieren. Basierend auf den automatischen
Auswertungen ist die Lehrperson in der Lage gezielt pädagogisch zu intervenieren.
Dieses sehr junge Forschungsgebiet nennt sich Learning Analytics und unterscheidet
sich zu dem bekannten Educational Data Mining dadurch, dass die Lehrperson
weiterhin der Mittelpunkt bleibt, aber zur Unterstützung automatische ausgewertete
Analysen bekommt.
Ausgewählte Beispiel
In diesem Abschnitt möchte soll zu jedem besprochenen Bereich ein Beispiel genannt
werden. Selbstverständlich gäbe es deren unzählige, aber es soll zumindest ein Eindruck
entstehen können, wie es praktisch umgesetzt wird.
Original erschienen in: Ebner, M. (2013) E-Learning – Alles nur Technologie?, merz – Zeitschrift für Medienpädagogik, 57. Jahrgang, Nr. 5, S. 39-44
Realfeedback
Realfeedback ist ein Audience Response System (ARS), mit der Idee zur Steigerung der
Interaktionen in Massenlehrveranstaltungen. Wahrscheinlich kann es am einfachsten
mit der TV-Show „Wer wird Millionär?“ erklärt werden. Die Lehrperson stellt eine
Frage mit verschiedenen Antwortmöglichkeiten (in der Regel vier) zur Verfügung und
das Publikum (die Lernenden) stimmen darüber in Echtzeit ab. Der wesentliche
Unterschied (und darum gehört es auch zu m-Learning) ist, dass dieses System nicht auf
eine bestimmte Hardware zur Abstimmung (sogenannte Clicker) zurück greift, sondern
auf die persönlichen Endgeräte der Lernenden. Es wird lediglich ein Webbrowser und
eine Internetverbindung gebraucht.
Das Ziel dieser Anwendung ist es bei großen Lehrveranstaltungen mit dem
Auditorium in Interaktion zu treten und deren Aufmerksamkeit zu gewinnen. Aus
didaktischer Sicht ist der Einsatz in verschiedensten Situationen möglich, z.B. um zu
sehen wie verständlich soeben Erklärtes war, zur Wiederholung der letzten Einheit oder
auch zur Anregung von Gruppendiskussionen.
Die Anwendung steht unter http://realdfeedback.tugraz.at frei zur Verfügung
und kann von jedem Lehrenden uneingeschränkt verwendet werden.
COER13
Als Beispiel für freie Zugänglichkeit sei hier der MOOC „COER13“ angeführt. Der
Kurs zu Open Educational Resources wurde im Frühjahr 2013 in 6 Themeneinheiten
(Was sind OER?; OER suchen und finden; OER selber machen; OER Einsatzszenarien;
Finanzierung von OER; OER an Schule und Hoschulwesen) durchgeführt und heute
können sämtliche Unterlagen, Diskussionsbeitrage, Kommentare oder auch
Übungsausarbeitungen unter http://coe13.de abgerufen werden.
Original erschienen in: Ebner, M. (2013) E-Learning – Alles nur Technologie?, merz – Zeitschrift für Medienpädagogik, 57. Jahrgang, Nr. 5, S. 39-44
Für die Kursdauer von 11 Wochen meldeten sich mehr als 1000 Personen an und
erstellten mehr als 500 Forenbeiträge, 300 Blogposts und 2000 Tweets. Weiters nahmen
insgesamt 587 TeilnehmerInnen an den 9 Liveevents teil (Schnitt 65 TeilnehmerInnnen
je Event) und knapp 11.000 riefen die Aufzeichnungen ab (Schnitt etwa 1200 Abrufe je
Event).
Insgesamt wurde gezeigt, dass die Zugänglichkeit zur freien Bildung eine hohe
Resonanz erfährt und diese es gilt auch weiterhin auszubauen.
Einmal-Eins-Trainer
Als Beispiel für die Individualisierung des Unterrichts soll hier der Einmal-Eins-Trainer
vorgestellt werden, der frei unter http://mathe.tugraz.at zur Verfügung steht. Das
besondere an diesem Trainer ist nicht nur, dass er generell im Web oder via mobilen
Apps auf mobilen Endgeräten benutzt werden kann oder dass ein intelligenter
Algorithmus Beispiele gemäß dem Wissenstand der Lernenden auswählt, sondern
vielmehr dass die bereits durchgeführten Beispiele für Lehrende analysiert und
aufbereitet werden.
Die Lehrperson erhält für seine Klasse oder auch für jedes Kind eine Übersicht
über die durchgeführten Rechnungen und ein Ampelsignal (rot – gelb – grün) ob eine
pädagogische Intervention dringen nötig, empfohlen oder nicht nötig ist. Abb. 1 zeigt
zum Stand Juli 2013 eine Grafik über alle am System durchgeführten Rechnungen
(bereits mehr als 230.000) wo klar ersichtlich wird, welche die schwierigsten
Rechnungen des Einmal-Eins sind.
Original erschienen in: Ebner, M. (2013) E-Learning – Alles nur Technologie?, merz – Zeitschrift für Medienpädagogik, 57. Jahrgang, Nr. 5, S. 39-44
Abb. 1 Einmal-Eins-Tafel für mehr als 230.000 Rechnungen
Solche Analysen helfen einerseits dem Lehrenden rechtzeitig und gezielt
einzugreifen und andererseits auch den Lernenden da es individuell den Wissenstand
überprüft und darauf aufbaut.
Zusammenfassung und Ausblick
Es wurde gezeigt, wie breit der Forschungsbereich technologiegestütztes Lernen und
Lehren ist und die Interdisziplinarität verdeutlicht. Erst durch das Zusammenspiel der
Lehrenden und Lernenden mit der ihnen vertrauten Technologie kann über den
eigentlichen Lehr- und Lernprozess nachgedacht werden. Dieser wird dann
facettenreich, vielfältig, flexibel und verändert nachhaltig die uns derzeit bekannte
Bildungslandschaft.
Mit einem Gedankenexperiment möchte ich schließen und zum Nachdenken
anregen. Was passiert in einer Bildungsinstitution wenn alle das Faktenwissen in ihrer
Hosentasche tragen und im ständigen Austausch mit der (realen und virtuellen)
Community stehen? Was bedeutet es wenn man jederzeit auf alle individuell adaptieren
Original erschienen in: Ebner, M. (2013) E-Learning – Alles nur Technologie?, merz – Zeitschrift für Medienpädagogik, 57. Jahrgang, Nr. 5, S. 39-44
Arbeits- und Lernumgebungen mit einer großen Anzahl unterschiedlichster freier
Bildungsressource zugreifen kann?
Eines scheint sicher, wir werden medienkompetente Lehrende und Lernende
brauchen, die dem digitalen Alltag gewachsen sind. Diese gilt es heute auszubilden für
die Welt von morgen und stellt die größte Herausforderung des Fachbereichs dar.
Literatur
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Original erschienen in: Ebner, M. (2013) E-Learning – Alles nur Technologie?, merz – Zeitschrift für Medienpädagogik, 57. Jahrgang, Nr. 5, S. 39-44
JIM Study (2012). JIM 2012, Jugend, Information, (Multi-)Media – Basisstudie zum
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www.mpfs.de/fileadmin/JIM-pdf12/JIM2012_Endversion.pdf
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Tapscott, D. (1997). Growing up digital: The Rise of the Net Generation. McGrwa-Hill,
New York
Kurz CV
Martin Ebner, Dipl-Ing. Dr. techn. Univ.-Doz., ist als habilitierter Medieninformatiker
Leiter der Abteilung Vernetztes Lernen am Zentralen Informatikdienst der Technischen
Universität Graz und dort verantwortlich für sämtliche E-Learning-Belange der
Universität. Weiters forscht und lehrt er am Institut für Informationssysteme und
Computer Medien in den Bereichen e-Learning, m-Learning, Learning Analytics und
Open Educational Resources. Sein wohl bekanntestes Projekt ist L3T, das Lehrbuch für
Lernen und Lehren mit Technologien (http://l3t.eu). Neben zahlreichen Vorträgen und
Publikationen bloggt er auch unter http://elearningblog.tugraz.at.