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Ebner Stolz GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft Stuttgart Bericht über die Prüfung der Angemessenheit der Barabfindung für die beabsichtigte Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre der FIDOR Bank AG, München, auf die 3F Holding GmbH, München gemäß §§ 327c Abs. 2 S. 2, 293e Abs. 1 AktG

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Ebner Stolz GmbH & Co. KG

Wirtschaftsprüfungsgesellschaft SteuerberatungsgesellschaftStuttgart

Bericht über die Prüfung

der Angemessenheit der Barabfindung

für die beabsichtigte Übertragung

der Aktien der Minderheitsaktionäre der

FIDOR Bank AG, München,

auf die

3F Holding GmbH, München

gemäß §§ 327c Abs. 2 S. 2, 293e Abs. 1 AktG

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Abkürzungsverzeichnis

Abkürzung Bezeichnung

3FH 3F Holding GmbH, München

AG Die Aktiengesellschaft

AktG Aktiengesetz

BB Betriebs-Berater

BewG Bewertungsgesetz

BewP BewertungsPraktiker

BGH Bundesgerichtshof

Bloomberg Bloomberg Finance L.P., New York/USA

BörsG Börsengesetz

BPCE BPCE S.A., Paris/Frankreich

BVerfG Bundesverfassungsgericht

CAGR Compound Annual Growth Rate

Capital IQ Standard & Poor’s Financial Services LLC., New York/USA

CAPM Capital Asset Pricing Model

CF Corporate Finance Magazin

CRR Capital Requirements Regulation

(EU-Verordnung zur angemessenen Eigenmittelausstat-

tung von Banken)

DB Der Betrieb

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Abkürzung Bezeichnung

Ebner Stolz Ebner Stolz GmbH & Co. KG, Wirtschaftsprüfungsgesell-

schaft Steuerberatungsgesellschaft, Stuttgart

Ernst & Young Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft,

Stuttgart

EuGH Gerichtshof der Europäischen Union

EUR Euro

EURIBOR European Interbank Offered Rate

FAUB Fachausschuss für Unternehmensbewertung und

Betriebswirtschaft des IDW

FB Finanz Betrieb

Fidor Bank FIDOR Bank AG, München

Fidor East Europe Fidor East Europe GmbH, Wien/Österreich

Fidor Factory FidorFactory GmbH, München

Fidor FZCO Fidor FZCO, Dubai/Vereinigte Arabische Emirate

Fidor Solutions Fidor Solutions AG, München

HGB Handelsgesetzbuch

HR Hochrechnung

IDW Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V.,

Düsseldorf

IDW-FN IDW Fachnachrichten

Ingenious Technologies Ingenious Technologies AG, Berlin

KPMG KPMG AG, Berlin

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Abkürzung Bezeichnung

LG Landgericht

Mountain Partner Mountain Partner AG, St. Gallen/Schweiz

NZG Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht

OLG Oberlandesgericht

Panda Fintech Panda Fintech Inc., Dover/USA

Schnigge SCHNIGGE Wertpapierhandelsbank SE, Willich

UmwG Umwandlungsgesetz

Valora VALORA EFFEKTEN HANDEL AG, Ettlingen

WM Zeitschrift Wertpapier-Mitteilung für Wirtschafts- und

Bankrecht

WPg Die Wirtschaftsprüfung

WpÜGAngebV Verordnung über den Inhalt der Angebotsunterlage, die

Gegenleistung bei Übernahmeangeboten und Pflichtan-

geboten und die Befreiung von der Verpflichtung zur

Veröffentlichung und zur Abgabe eines Angebots

YTD Year-to-date (Zeitraum seit Beginn des Geschäftsjahres bis

zum aktuellen Zeitpunkt)

YTG Year-to-go (Zeitraum vom aktuellen Zeitpunkt bis zum

Ende des Geschäftsjahres)

ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

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Inhaltsverzeichnis

Seite

A. Auftrag und Auftragsdurchführung 1

B. Gegenstand, Art und Umfang der Prüfung gemäß § 327c, § 293e AktG 5

I. Übertragungsbeschluss 5

II. Bericht des Hauptaktionärs 6

III. Prüfungsbericht 6

C. Prüfung der Angemessenheit der Bewertungsmethode 8

I. Allgemeines 8

II. Bewertungsgrundsätze 9

1. Ertragswert 9

2. Liquidationswert 11

3. Substanzwert 11

4. Börsenwert 12

5. Vergleichsorientierte Bewertung 13

6. Vorerwerbe durch die 3FH 13

III. Ergebnis 14

D. Vorgehen bei der Prüfung der Angemessenheit der Barabfindung 15

E. Prüfungsfeststellungen im Einzelnen 17

I. Bewertungsobjekt 17

II. Bewertungsstichtag 20

III. Ertragswert 21

1. Analyse der Vergangenheitsergebnisse 21

2. Planungsrechnung 23

a) Planungsprozess 23

b) Plan-Ist-Vergleich 25

c) Operative Planung 28

aa) Allgemeine Planungsplausibilisierung 28

bb) Markt- und Wettbewerbsumfeld 33

cc) Ergebnis unserer Prüfungshandlungen 35

d) Unternehmenssteuern 36

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e) Nachhaltiges Ergebnis und nachhaltige Thesaurierung 37

3. Kapitalisierungszinssatz 38

a) Basiszinssatz 39

b) Risikozuschlag 39

aa) Marktrisikoprämie 40

bb) Betafaktor 46

c) Wachstumsabschlag 62

d) Ableitung des Kapitalisierungszinssatzes 65

4. Ertragswertberechnung 66

a) Ausschüttungsquote und Dividendenbesteuerung 66

b) Veräußerungsgewinnbesteuerung 67

c) Kapitalisierung der Nettozuflüsse 68

IV. Sonderwerte 69

V. Unternehmenswert 70

VI. Börsenkurs 70

VII. Vergleichsorientierte Bewertung 72

VIII. Sensitivitäten 76

IX. Besondere Schwierigkeiten bei der Bewertung 77

F. Ermittlung der angemessenen Barabfindung 78

G. Abschließende Erklärung zur Angemessenheit der festgelegten Barabfindung 79

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Anlagen

Beschluss des Landgerichts München I vom 13. September 2017 Anlage 1

Allgemeine Auftragsbedingungen Anlage 2

Aus rechentechnischen Gründen können in den Tabellen Rundungsdifferenzen

in Höhe von ± einer Einheit (EUR, % usw.) auftreten.

EOC-Nr. 2017-30430Dr. Pp/Sob/Chk\\KC-CIFS01\P-Data-S\PG\1-Sonst\3F Holding GmbH_3000324_G\3F Holding GmbH_3000324\Projekte\UBW\2017\A Audit Agent\H1-009 Prüfungsbericht SO FIDORfinal.docx

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A. Auftrag und Auftragsdurchführung

Auf Verlangen des Hauptaktionärs

3F Holding GmbH, München,

(im Folgenden auch 3FH)

soll die außerordentliche Hauptversammlung der

FIDOR Bank AG, München,

(im Folgenden auch Fidor Bank oder Gesellschaft),

als übertragende Gesellschaft am 20. Dezember 2017 gemäß § 327a AktG über die Übertragung

der Aktien der Minderheitsaktionäre auf die 3FH als Hauptaktionär gegen Gewährung einer ange-

messenen Barabfindung beschließen.

Die Angemessenheit der den Minderheitsaktionären zu gewährenden Barabfindung ist gemäß

§ 327c Abs. 2 Satz 2 AktG durch einen oder mehrere sachverständige Prüfer zu prüfen. Diese wer-

den auf Antrag des Hauptaktionärs – hier der 3FH – vom Gericht ausgewählt und bestellt.

Das Landgericht München I hat uns auf Antrag der 3FH ausgewählt und mit Beschluss vom

13. September 2017 gemäß §§ 327c Abs. 2 Satz 3 und 4, 293c Abs. 1 AktG zum sachverständigen

Prüfer bestellt. Wir bestätigen analog § 321 Abs. 4a HGB, dass wir bei unserer Angemessenheits-

prüfung die Vorschriften zur Unabhängigkeit beachtet haben.

Bei unserer Prüfung haben wir den Standard „Grundsätze zur Durchführung von Unternehmens-

bewertungen“ in der Fassung vom 2. April 2008 des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland

e. V. (IDW S 1 i. d. F. 2008) beachtet. Ferner haben wir den IDW Praxishinweis 2/2017 „Beurteilung

einer Unternehmensplanung bei Bewertung, Restrukturierungen, Due Diligence und Fairness Opini-

on“ beachtet.

Bei der Ermittlung der angemessenen Barabfindung hat sich die Geschäftsführung der 3FH der

sachverständigen Unterstützung durch Ernst & Young bedient, die hierzu eine gutachtliche Stel-

lungnahme abgegeben haben. Im Rahmen unserer Prüfungshandlungen haben wir in die Bewer-

tungsunterlagen Einsicht genommen.

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Alle von uns erbetenen Informationen und Nachweise wurden uns vom Vorstand der Fidor Bank

bzw. den von ihnen benannten Auskunftspersonen bereitwillig erteilt. Die Vollständigkeit der erteil-

ten Aufklärungen und Nachweise wurde uns von der Geschäftsführung der 3FH und dem Vorstand

der Fidor Bank jeweils in einer schriftlichen Erklärung bestätigt.

Wir haben unsere Prüfung in den Geschäftsräumen der Fidor Bank, den Geschäftsräumen von

Ernst & Young in Stuttgart sowie in unserem Büro in Stuttgart durchgeführt und am 3. November

2017 abgeschlossen. Ausgehend von einem ersten Entwurf des Bewertungsgutachtens haben wir

dabei unsere Prüfungstätigkeit teilweise zeitlich parallel zu den Arbeiten des Bewertungsgutachters

Ernst & Young durchgeführt, jedoch haben wir nachfolgend die Zwischenergebnisse zur Bewertung

und zur Vorbereitung des Übertragungsberichts geprüft und unser Prüfungsurteil unabhängig und

eigenverantwortlich gefällt.

Insbesondere fanden folgende Besprechungen mit dem Bewertungsgutachter bzw. Vertretern der

Fidor Bank statt:

Darüber hinaus fanden während des gesamten Zeitraums weitere Telefonate auf Arbeitsebene zu

verschiedenen bewertungsrelevanten Themenkomplexen statt.

Die Angemessenheitsprüfung wurde im Wesentlichen durch die beiden unterzeichnenden Wirt-

schaftsprüfer geleitet und durchgeführt. Sie wurden dabei durch eine weitere Wirtschaftsprüferin

sowie zwei erfahrene Prüfungsassistenten unterstützt.

Sollten sich in der Zeit zwischen dem Abschluss unserer Prüfung und der voraussichtlichen Be-

schlussfassung der Hauptversammlung der Fidor Bank über die Übertragung der Aktien der Min-

derheitsaktionäre auf den Mehrheitsaktionär am 20. Dezember 2017 wesentliche Änderungen der

Vermögens-, Finanz- und Ertragslage oder sonstiger Grundlagen der Ermittlung des Unterneh-

menswertes der Fidor Bank ergeben, sind diese bei der Bemessung der Barabfindung noch zu be-

rücksichtigen.

Datum Teilnehmer Inhalt Ort25. September 2017 Ernst & Young,

Ebner StolzKick-Off Besprechung Unternehmensbewertung,Planungs- und Bewertungsmodell, AbleitungKapitalisierungszinssatz

Geschäftsräume vonErnst & Young,Stuttgart

12. Oktober 2017 Fidor Bank,Ernst & Young,Ebner Stolz

Unternehmenspräsentation, Informationen zumGeschäftsmodell, Markt- undWettbewerbssituation, regulatorisches Umfeld,Peer Group Unternehmen

Geschäftsräume derFidor Bank, München

20. Oktober 2017 Fidor Bank,Ernst & Young,Ebner Stolz, HengelerMueller

Current Trading, Betafaktor, nachhaltiges Ergebnis,Liquidationswert, Sonderwert steuerlichesEinlagekonto

telefonisch

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Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass sich unsere Prüfungstätigkeit nicht auf die Buchführung,

die Jahresabschlüsse, die Konzernjahresabschlüsse, die Lageberichte, die Konzernlageberichte oder

auf die Geschäftsführung der Fidor Bank bezogen hat. Eine solche Überprüfung ist nicht Gegen-

stand der Prüfung nach § 327c Abs. 2 AktG. Die Übereinstimmung der Jahresabschlüsse sowie der

Lageberichte bzw. der Konzernjahresabschlüsse und der Konzernlageberichte der Fidor Bank mit

den maßgebenden gesetzlichen Vorschriften ist von dem bestellten Abschlussprüfer KPMG bestä-

tigt worden.

Für die Durchführung des Auftrags und unsere Verantwortlichkeit sind die Allgemeinen Auftrags-

bedingungen für Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in der Fassung vom

1. Januar 2017 maßgeblich, die diesem Bericht als Anlage 2 beigefügt sind.

Dieser Prüfungsbericht dient ausschließlich als Information und Entscheidungsgrundlage für die am

Squeeze Out der Fidor Bank beteiligten Parteien und deren Berater und Rechtsanwälte sowie für

das uns bestellende Gericht. Darüber hinaus darf der Bericht den Minderheitsaktionären der Fidor

Bank in Kopie zur Verfügung gestellt werden. Für andere Zwecke darf der Bericht nicht verwendet

werden.

Für unsere Prüfung haben uns insbesondere folgende Unterlagen vorgelegen:

, Übertragungsbericht der 3FH über die Voraussetzungen für die Übertragung der Aktien der

Minderheitsaktionäre der Fidor Bank auf die 3FH sowie die Angemessenheit der von der 3FH

festgelegten Barabfindung einschließlich vorangegangener Entwürfe

, gutachtliche Stellungnahme von Ernst & Young zur Ermittlung des Unternehmenswerts der

Fidor Bank vom 2. November 2017 (einschließlich vorangegangener Entwürfe) als Anlage 3

zum Übertragungsbericht

, Berichte von KPMG über die Prüfung von Jahresabschluss und Lagebericht der Fidor Bank

nach HGB für die Geschäftsjahre 2014 bis 2016

, Berichte von KPMG über die Prüfung von Konzernjahresabschluss und Konzernlagebericht der

Fidor Bank nach HGB für die Geschäftsjahre 2014 und 2015

, Bericht von KPMG über die Prüfung des Berichts des Vorstandes über die Beziehung zu ver-

bundenen Unternehmen für das Geschäftsjahr 2016

, Hochrechnung für das Jahr 2017 sowie Planungsrechnung der einzelnen Bereiche der Fidor

Bank für die Geschäftsjahre 2017 bis 2020 sowie zu Grunde liegende Planannahmen

, interne Controllingauswertungen der Fidor Bank

, Satzung der Fidor Bank in der Fassung vom 8. September 2017

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, Protokolle der Sitzungen des Aufsichtsrats bzw. Beschlussfassungen des Aufsichtsrats der Fidor

Bank vom 9. März 2015 bis zum 2. August 2017 sowie Protokolle der Sitzungen des Vor-

stands der Fidor Bank vom 4. November 2014 bis zum 10. Oktober 2017

, Handelsregisterauszug der Fidor Bank vom 15. September 2017

, Bewertungsunterlagen von Ernst & Young

, öffentlich zugängliche Informationen, insbesondere Kapitalmarktdaten.

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B. Gegenstand, Art und Umfang der Prüfung gemäß § 327c, § 293e AktG

I. Übertragungsbeschluss

Nach § 327b Abs. 1 AktG legt der Hauptaktionär die Barabfindung fest. Diese muss die Verhältnis-

se der Gesellschaft im Zeitpunkt der Beschlussfassung berücksichtigen.

Die 3FH hat die Barabfindung für die Aktien der Minderheitsaktionäre auf EUR 13,69 je nennwert-

lose Stückaktie der Fidor Bank festgelegt.

Nach § 327a Abs. 1 AktG ist Voraussetzung für den Beschluss der Hauptversammlung über die

Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf den Hauptaktionär, dass dem Hauptaktionär

95 % (oder mehr) der Anteile am Grundkapital gehören. Das Grundkapital der Fidor Bank in Höhe

von EUR 10.553.071 ist eingeteilt in 10.553.071 nennwertlose auf den Inhaber lautende Stückak-

tien mit einem rechnerischen Anteil am Grundkapital von je EUR 1,00. Eigene Anteile der Fidor

Bank bestehen nicht. Zum 6. September 2017 verfügte der Hauptaktionär entsprechend der vorge-

legten Depotbescheinigung unmittelbar über 10.442.671 Aktien bzw. rund 98,95 % des gezeich-

neten Kapitals gemäß § 327a AktG. Nach Auskunft der Gesellschaft wurden zwischenzeitlich wei-

tere Aktien erworben, so dass sich der Stand zum Abschluss unserer Bewertungsarbeiten auf

10.442.901 beläuft.

Mit der Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister der Fidor Bank gehen ge-

mäß § 327e Abs. 3 AktG alle Aktien der Minderheitsaktionäre der Fidor Bank kraft Gesetzes und

ohne weiteren Übertragungsakt auf den Hauptaktionär, die 3FH, über.

Als Kompensation für den Ausschluss steht den ausgeschiedenen Minderheitsaktionären der

Fidor Bank nach § 327a Abs. 1 AktG ein Anspruch auf eine angemessene Abfindung zu, der aus-

schließlich in bar zu erfüllen ist. Die Angemessenheit der den Minderheitsaktionären zu gewähren-

den Barabfindung ist gemäß § 327c Abs. 2 AktG durch einen oder mehrere sachverständige Prüfer

zu prüfen.

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II. Bericht des Hauptaktionärs

Der Hauptaktionär der Fidor Bank – 3FH – hat der Hauptversammlung der Fidor Bank gemäß

§ 327c Abs. 2 Satz 1 AktG einen schriftlichen Bericht zu erstatten, in dem die Voraussetzungen für

die Übertragung dargelegt und die Angemessenheit der Barabfindung erläutert und begründet

werden.

Wir haben im Rahmen unserer Tätigkeit die im Übertragungsbericht, einschließlich der dort als

Anlage 3 enthaltenen gutachtlichen Stellungnahme, und – zeitlich vorgelagert – in den Berichts-

und Gutachtenentwürfen enthaltenen Angaben und Erläuterungen zur Ermittlung, Art und Höhe

der Barabfindung im Hinblick auf die Angemessenheit der Barabfindung geprüft. Im Übrigen war

die Prüfung der weiteren Voraussetzungen, wie insbesondere die Prüfung auf Vollständigkeit und

Richtigkeit des Berichts des Hauptaktionärs oder die Beurteilung der wirtschaftlichen Zweckmäßig-

keit der Übertragung der Aktien, nicht Gegenstand unseres Prüfungsauftrags.

III. Prüfungsbericht

Als Prüfer berichten wir gemäß § 293e, § 327c Abs. 2 AktG schriftlich über das Ergebnis unserer

nach den Berufsgrundsätzen durchgeführten Prüfung.

Der Schwerpunkt der Prüfung liegt in der Beurteilung der Angemessenheit der festgelegten Barab-

findung. Der Prüfer hat in diesem Zusammenhang zu prüfen, ob die vom Hauptaktionär – hier der

3FH – angewandten Methoden zur Ermittlung der Barabfindung angemessen sind. Insbesondere ist

dabei zu untersuchen, ob die zur Ermittlung der Barabfindung durchgeführte Unternehmensbewer-

tung den allgemein anerkannten Grundsätzen zur Durchführung von Unternehmensbewertungen

entspricht und ob die zugrunde gelegten Daten fachgerecht abgeleitet und die Zukunftsschätzun-

gen plausibel sind.

Nach §§ 293e Abs. 1 S. 2 AktG, 327c Abs. 2 S. 4 AktG ist der Prüfungsbericht mit einer Erklärung

darüber abzuschließen, ob der vorgeschlagene Ausgleich und die vorgeschlagene Abfindung an-

gemessen sind. Dabei ist anzugeben

, nach welchen Methoden die Barabfindung ermittelt worden ist,

, aus welchen Gründen die Anwendung dieser Methoden angemessen ist,

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, welche Barabfindung sich bei der Anwendung verschiedener Methoden, sofern mehrere an-

gewandt worden sind, jeweils ergeben würde. Zugleich ist darzulegen, welches Gewicht den

verschiedenen Methoden bei der Bestimmung der vorgeschlagenen Barabfindung und der

ihnen zugrunde liegenden Werte beigemessen worden ist und

, welche besonderen Schwierigkeiten bei der Bewertung aufgetreten sind.

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C. Prüfung der Angemessenheit der Bewertungsmethode

I. Allgemeines

Grundlage für die Festlegung der Barabfindung sind grundsätzlich die Ergebnisse einer Unterneh-

mensbewertung, soweit nicht unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung der

höhere Börsenkurs relevant ist. Der Übertragungsbericht enthält in Abschnitt G. die Ausführungen

zur Festlegung und Begründung der angemessenen Barabfindung.

In dem als Anlage 3 zum Übertragungsbericht beigefügten Bewertungsgutachten wird ausgeführt,

dass die Bewertungsgrundsätze angewandt worden sind, die heute in der Theorie und Praxis der

Unternehmensbewertung als gesichert gelten und ihren Niederschlag in den Verlautbarungen des

Instituts der Wirtschaftsprüfer e. V. („IDW“), insbesondere in dem IDW Standard „Grundsätze zur

Durchführung von Unternehmensbewertungen“ in der Fassung vom 2. April 2008 (IDW S 1 i. d. F.

2008), gefunden haben. Zur Ableitung der rechnerischen Barabfindung wurde die Unternehmens-

bewertung nach dem Ertragswertverfahren vorgenommen.

Nach herrschender Rechtsprechung und Bewertungspraxis, der auch die von Ernst & Young erstell-

te Bewertung folgt, ist die angemessene Barabfindung bei Ausschluss von Minderheitsaktionären

aus objektivierten Unternehmenswerten abzuleiten. Der objektivierte Unternehmenswert stellt ei-

nen intersubjektiv nachprüfbaren Zukunftserfolgswert aus Sicht der Anteilseigner dar, der sich bei

Fortführung des Unternehmens auf Basis des bestehenden Unternehmenskonzepts ergibt. Im Falle

gesellschaftsrechtlicher und vertraglicher Bewertungsanlässe erfolgt die Bewertung aus der Per-

spektive einer inländischen unbeschränkt steuerpflichtigen natürlichen Person als Anteilseigner

(IDW S 1 i. d. F. 2008, Tz. 31).

Wie nachfolgend im Einzelnen ausgeführt wird, halten wir die im Übertragungsbericht enthaltenen

Darlegungen und Ausführungen zur angewandten Bewertungsmethode sowie zur Entscheidung

über die Höhe der Barabfindung für zutreffend.

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II. Bewertungsgrundsätze

1. Ertragswert

Der Wert eines Unternehmens bestimmt sich unter der Voraussetzung ausschließlich finanzieller

Ziele durch den Barwert der mit dem Eigentum an dem Unternehmen verbundenen Nettozuflüsse

an die Unternehmenseigner. Dieser Zukunftserfolgswert ergibt sich grundsätzlich aufgrund der frei

verfügbaren finanziellen Überschüsse, die bei Fortführung des Unternehmens erwirtschaftet wer-

den können. Hinzu kommt gegebenenfalls der Liquidationswert nicht betriebsnotwendiger (neutra-

ler) Vermögensteile. Zur Ableitung des Barwerts dieser Überschüsse wird ein Kapitalisierungszins-

satz verwendet, der die Rendite aus einer zur Investition in das zu bewertende Unternehmen adä-

quaten Alternativanlage repräsentiert.

Der Barwert der künftigen Überschüsse bildet somit den theoretisch richtigen Wert eines Unter-

nehmens. Nach IDW S 1 i. d. F. 2008, Tz. 7, kann der Unternehmenswert als Zukunftserfolgswert

nach dem Ertragswertverfahren oder nach den Discounted-Cashflow-Verfahren ermittelt werden.

Im vorliegenden Fall wurde der Unternehmenswert der Fidor Bank von Ernst & Young nach dem in

der Praxis in Deutschland am meisten verbreiteten und von der Rechtsprechung anerkannten Er-

tragswertverfahren ermittelt. Da bei gleichen Bewertungsannahmen, insbesondere hinsichtlich der

Finanzierung, beide Verfahren zu gleichen Unternehmenswerten führen (vgl. IDW S 1 i. d. F. 2008,

Tz. 101), hat der Bewertungsgutachter auf eine zusätzliche Ableitung des Unternehmenswerts nach

einem Discounted-Cashflow-Verfahren zulässigerweise verzichtet.

Bei der Bewertung von Banken wird im Regelfall ein Nettoansatz (Equity Methode) herangezogen

(vgl. Sterz, FB 2007, S. 213, 213; Kunowski, Bewertung von Kreditinstituten, 2001, S. 46). Insbe-

sondere die im Rahmen des Bruttoansatzes (Entity-Methode) notwendige Ermittlung des Marktwer-

tes des Fremdkapitals ist bei Banken komplex. Zudem trägt das Zinsergebnis bei Banken zum opera-

tiven Ergebnis bei. Der Rückgriff auf Entity-Ansätze ist daher bei der Bewertung von Banken nicht

sinnvoll (vgl. Geltinger/Völkel, Bewertung von Banken, 2. Aufl., 2011, S 97).

Trotz der generellen Verbreitung des Ertragswertverfahrens ist darauf hinzuweisen, dass dieses

Verfahren mit Unsicherheiten verbunden ist. Deshalb kann auch das vorliegende Gutachten von

Ernst & Young nicht einen mathematisch exakten oder wahren Unternehmenswert zum Stichtag

ermitteln (vgl. BVerfG, 24. Mai 2012,1 BvR 3221/10, Tz. 30 (juris); OLG München, 14. Juli 2009, 31

Wx 121/06, Tz. 10 (juris)). Die zahlreichen prognostischen Schätzungen und methodischen Einzel-

entscheidungen sind jeweils nicht einem Richtigkeits-, sondern nur einem Vertretbarkeitsurteil zu-

gänglich (vgl. OLG Stuttgart, 17. Oktober 2011, 20 W 7/11, Tz. 179 (juris)).

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Bei der Betrachtung möglicher Synergien hat der Bewertungsgutachter Ernst & Young sachgerecht

zwischen echten und unechten Synergieeffekten differenziert. Echte Synergieeffekte werden erst

mit Durchführung der dem Bewertungsanlass zugrunde liegenden Maßnahme (hier: Squeeze Out)

realisiert. So genannte unechte Synergieeffekte sind dadurch gekennzeichnet, dass sie sich ohne

Durchführung des Squeeze Out realisieren lassen. Im Rahmen der Ermittlung des objektivierten

Unternehmenswerts sind die Überschüsse aus unechten Synergieeffekten zu berücksichtigen (IDW

S 1 i. d. F. 2008, Tz. 34). Dies gilt jedoch nur insoweit, als die Synergie stiftenden Maßnahmen

bereits eingeleitet oder im Unternehmenskonzept dokumentiert sind. Echte Synergieeffekte sind im

Rahmen der objektivierten Bewertung nicht zu erfassen (vgl. OLG Frankfurt, 28. März 2014, 21 W

15/11, Tz. 146 (juris); OLG Stuttgart, 19. Januar 2011, AG 2011, S. 420, 421; OLG Düsseldorf, 9.

September 2009, ZIP 2009, S. 2055, 2058; OLG Düsseldorf, 27. Februar 2004, AG 2004, S. 324,

327; OLG Stuttgart, 4. Februar 2000, DB 2000, S. 709, 710).

Abweichend hiervon hat die Gesellschaft in der Planung die Zinserträge aus der Kapitalanlage bei

der Konzernmutter BPCE als echten Synergieeffekt berücksichtigt, da kaum zu erwarten ist, dass

die Anlagemöglichkeit seitens BPCE zu solch vorteilhaften Konditionen auch ohne Durchführung

der Strukturmaßnahme planerisch unterstellt worden wären. Da sich diese Synergieeffekte ceteris

paribus werterhöhend auswirken, wird unser Prüfungsurteil hiervon nicht berührt (vgl. E.III.2.c)aa)).

Gemäß IDW S 1 i. d. F. 2008, Tz. 35, ist bei der Ermittlung objektivierter Unternehmenswerte von

der Ausschüttung derjenigen finanziellen Überschüsse auszugehen, die nach Berücksichtigung des

dokumentierten Unternehmenskonzeptes und rechtlicher Restriktionen zur Ausschüttung zur Ver-

fügung stehen. Auch bei der Bewertung von Banken stellt der geplante Jahresüberschuss nicht

stets die geeignete Kapitalisierungsgröße dar, da aufgrund von bankaufsichtsrechtlichen Eigenmit-

telanforderungen (Solvabilität) gegebenenfalls nur ein Teil der geplanten Jahresüberschüsse für

Ausschüttungszwecke zur Verfügung stehen. Reicht auch eine vollständige Thesaurierung des ge-

planten Jahresüberschusses nicht aus, so wird die Zuführung von Eigenmitteln erforderlich (vgl.

Geltinger/Völkel, Bewertung von Banken, 2. Aufl., 2011, S. 152; Kunowski, Bewertung von Kredit-

instituten, 2001, S. 62). Im Rahmen der Fortführungsphase (so genannte ewige Rente) ist grund-

sätzlich typisierend anzunehmen, dass das Ausschüttungsverhalten des zu bewertenden Unterneh-

mens äquivalent zum Ausschüttungsverhalten der Alternativanlage ist. Die Annahme einer kapital-

wertneutralen Anlage gemäß IDW S 1 i. d. F. 2008 kann im Rahmen einer Bewertung auch wert-

gleich durch eine fiktive unmittelbare Zurechnung der thesaurierten Beträge an die Aktionäre ab-

gebildet werden, die diese letztlich über Wertsteigerungen realisieren können. Hieraus resultiert aus

Sicht der typisierten Anteilseigner ein Wertbeitrag aus Thesaurierung, der einer niedrigeren Belas-

tung mit persönlichen Ertragsteuern unterliegt.

Da die Ermittlung des Unternehmenswerts aus der Sicht der Unternehmenseigner erfolgt, sind die

Steuerbelastungen der Anteilseigner auf die Dividenden sowie die vom Anteilseigner realisierten

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Veräußerungsgewinne aus dem Unternehmen zu berücksichtigen. Für Dividendenzahlungen gilt

dies allerdings nur insoweit, als diese nicht als Rückzahlung aus dem steuerlichen Einlagekonto zu

bewerten sind und daher steuerfrei vereinnahmt werden können.

2. Liquidationswert

Nach den Grundsätzen zur Durchführung von Unternehmensbewertungen ist der Liquidationswert

alternativ zum Ertragswert zu ermitteln, wenn der Barwert der finanziellen Überschüsse aus der

Liquidation den Ertragswert bei Annahme der Fortführung des Unternehmens übersteigt (vgl. IDW

S 1 i. d. F. 2008, Tz. 5).

Nach der Rechtsprechung kommt es auf den Liquidationswert allenfalls dann an, wenn die Absicht

besteht, das Unternehmen tatsächlich zu liquidieren und die Ertragsaussichten des Unternehmens

auf Dauer negativ sind (vgl. BGH, 18. September 2006, AG 2006, S. 887, 889; OLG Düsseldorf,

10. Juni 2009, 26 W 1/07, Tz. 96 f (juris).; OLG Düsseldorf, 29. Juli 2009, 26 W 1/08, Tz. 37 (juris);

WP-Handbuch 2014, Bd. II, Abschnitt A Tz. 490). Beides ist hier nicht der Fall. Die Ertragsaussichten

der Fidor Bank sind nicht dauerhaft negativ. Daher stellt der Liquidationswert für die Fidor Bank

keinen Mindestwert dar.

Eine überschlägige Ableitung des Liquidationswerts je Aktie ergab, dass dieser unterhalb der ange-

botenen Barabfindung liegt.

3. Substanzwert

Im Gegensatz zum Liquidationswert ist der Substanzwert sowohl für die Ermittlung des Gesamt-

werts einer fortzuführenden Unternehmung als auch für den Fall einer beabsichtigten Liquidation

ohne Aussagewert (vgl. IDW S 1 i. d. F. 2008, Tz. 6; OLG Stuttgart, 14. September 2011, 20 W

6/08, Tz. 202 (juris); OLG Düsseldorf, 28. Januar 2009, 26 W 7/07, AG 2009, S. 667, 668; LG Mün-

chen I, 14. Februar 2014, 5 HK O 16505/08, Beschlusstext S. 64; LG München I, 30. Dezember

2009, 5 HK 15746/02, Der Konzern 2010, S. 188, 194; Großfeld, Recht der Unternehmensbewer-

tung, 7. Aufl., 2012, S. 363). Auch bei einer anzunehmenden Liquidation ist nicht der Substanz-,

sondern der Liquidationswert anzusetzen. Eine Ermittlung des Substanzwerts war daher nicht er-

forderlich.

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- 12 -

4. Börsenwert

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner DAT/ALTANA-Entscheidung vom 27. April 1999 (AG

1999, S. 566 ff.) die Relevanz des Börsenkurses als Untergrenze bei der Bemessung von Abfindung

im Falle des Abschlusses eines Ergebnisabführungsvertrags und bei der Eingliederung hervorgeho-

ben, die nach ganz herrschender Meinung und Rechtsprechung des BGH (19. Juli 2010, AG 2010,

S. 629, 630) auch auf Squeeze Outs Anwendung findet.

Das Gebot, bei der Festsetzung der angemessenen Abfindung den Börsenkurs zu berücksichtigen,

gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Eine Unterschreitung des Börsenkurses kommt dann in Betracht,

wenn der Börsenkurs ausnahmsweise nicht den Verkehrswert der Aktien widerspiegelt. Dies ist

insbesondere dann der Fall, wenn über einen längeren Zeitraum mit Aktien der Gesellschaft prak-

tisch kein Handel stattgefunden hat, aufgrund einer Marktenge der einzelne Aktionär nicht in der

Lage ist, seine Aktien zum Börsenkurs zu veräußern oder der Börsenkurs manipuliert worden ist

(vgl. OLG Düsseldorf, 4. Oktober 2006, 26 W 7/06, DB 2006, S. 2391, 2395; LG Frankenthal,

13. August 2013, 2 HK O 120/10, Beschlusstext S. 13 f.).

Nach dem Beschluss des BGH vom 19. Juli 2010 (II ZR 18/09, AG 2010, S. 629 ff. „Stollwerck“) ist

ein der angemessenen Abfindung im Rahmen eines Ausschlusses der Minderheitsaktionäre zu

Grunde zu legender Börsenwert der Aktie grundsätzlich auf Basis eines gewichteten Durchschnitts-

kurses innerhalb eines Dreimonatszeitraumes vor Bekanntgabe der Strukturmaßnahme zu errech-

nen. Der BGH hat mit diesem Beschluss seine vorherige Rechtsprechung teilweise aufgegeben und

sich der überwiegenden Auffassung im Schrifttum (vgl. für alle: Adolff, Unternehmensbewertung

im Recht der börsennotierten Aktiengesellschaft, 2007, S. 335 f.) und der Bewertungspraxis ange-

schlossen.

Am 4. Mai 2015 haben Vorstand und Aufsichtsrat der Fidor Bank aufgrund einer Änderung der

Kapitalmarktstrategie das Delisting der Fidor Bank Aktie zum 30. Juni 2015 angekündigt. Der letzte

Handelstag für die Aktien der Fidor Bank im Entry Standard des Freiverkehrs der Frankfurter Wert-

papierbörse war folglich der 30. Juni 2015.

Demzufolge hat der Bewertungsgutachter sachgerecht von der Berücksichtigung eines Kurses bei

der Ermittlung der angemessenen Barabfindung abgesehen (vgl. hierzu unsere Ausführungen unter

E.VI).

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- 13 -

5. Vergleichsorientierte Bewertung

Die Bewertungspraxis kennt neben den Kapitalwertkalkülen so genannte Multiplikatormethoden

zur Abschätzung vorläufiger Unternehmenswerte, von Wertbandbreiten oder zu Plausibilisierungs-

zwecken. Dieses Bewertungskonzept folgt ebenso wie die Ertragswertmethode dem Grundsatz

einer ertragsorientierten Bewertung, jedoch wird der Unternehmenswert anhand eines Vielfachen

einer Erfolgsgröße ermittelt. Das Multiplikatorverfahren basiert dabei auf einer vergleichenden Un-

ternehmensbewertung in dem Sinne, dass geeignete Vervielfältiger aus Kapitalmarktdaten börsen-

notierter Vergleichsunternehmen oder Transaktionen abgeleitet und auf das zu bewertende Unter-

nehmen übertragen werden.

Derartige Multiplikator-Bewertungen stellen nur vereinfachte Wertfindungen dar, können jedoch

im Einzelfall Anhaltspunkte für eine Plausibilitätskontrolle bieten (vgl. IDW S 1 i. d. F. 2008, Tz. 143;

kritisch zur Aussagekraft: OLG Frankfurt 2. Mai 2011, 21 W 3/11, Tz. 83 (juris); OLG Frankfurt, 15.

Februar 2010, 5 W 52/09; Tz. 105 (juris)). Der Bewertungsgutachter hat ergänzend zu der vor-

genommenen analytischen Bewertung nach der Ertragswertmethode eine vergleichsorientierte

Bewertung unter Verwendung von Analystenschätzungen durchgeführt.

Wir haben die Multiplikator-Bewertung durch Ernst & Young anhand eigener Überlegungen plausi-

bilisiert. Als Ergebnis ist festzustellen, dass der fundamentale, nach IDW S 1 i. d. F. 2008 abgeleitete

Unternehmenswert innerhalb der Bandbreite der Marktbewertungen vergleichbarer Unternehmen

liegt. Somit ergeben sich aus diesen Plausibilitätsüberlegungen keine Anhaltspunkte dafür, dass der

ermittelte Unternehmenswert im Vergleich zum aktuellen Kapitalmarktumfeld zu gering ist.

6. Vorerwerbe durch die 3FH

Da im vorliegenden Fall nach den uns erteilten Auskünften der Hauptaktionär den im Vergleich

zum Ertragswert je Aktie höheren Vorerwerbspreis als Barabfindung gemäß § 327b Abs. 1 AktG

festgelegt hat, können weitere Ausführungen zur Relevanz von Vorerwerbspreisen dahingestellt

bleiben.

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- 14 -

III. Ergebnis

Zusammengefasst halten wir die vorgenommene Ableitung des Unternehmenswerts unter Ertrags-

wertgesichtspunkten zur Ableitung der angebotenen Barabfindung grundsätzlich für angemessen

im Sinne des § 327a AktG.

Durch die ausschließliche Verwendung des Ertragswerts (unter Einbezug von Sonderwerten) zur

Ermittlung eines Ausgangspunktes für die Festlegung der Barabfindung entfällt die Berichterstat-

tung über die Gewichtung verschiedener Methoden nach § 327c Abs. 2 S. 4 AktG,

§ 293e Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 AktG.

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- 15 -

D. Vorgehen bei der Prüfung der Angemessenheit der Barabfindung

Die angemessene Barabfindung muss die Verhältnisse der Gesellschaft im Zeitpunkt der Beschluss-

fassung ihrer Hauptversammlung über die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf

den Hauptaktionär berücksichtigen. Die Barabfindung ist angemessen, wenn sie dem vollen Wert

der jeweils übertragenen Aktien entspricht. Dieser entspricht dem quotalen Wertanteil am objekti-

vierten Gesamtwert des Unternehmens (vgl. IDW S 1 i. d. F. 2008, Tz. 13).

Der Unternehmensbewertung liegt die Planung der Fidor Bank für die Geschäftsjahre 2017 (Hoch-

rechnung) bis 2020 zu Grunde. Das Geschäftsjahr 2021 stellt aus bewertungstechnischer Sicht das

erste Rentenjahr dar. Im Rahmen unserer Prüfung haben wir die Planungsrechnung auf Konsistenz

und Plausibilität der Annahmen untersucht (vgl. IDW Praxishinweis 2/2017, Tz. 5). Unsere Prü-

fungshandlungen haben wir dabei auf Vergangenheitsanalysen, Erläuterungen zur Planungsrech-

nung, Arbeitsunterlagen des Bewertungsgutachters sowie veröffentlichte marktspezifische Informa-

tionen von qualitativem Aussagewert gestützt. Die benannten Auskunftspersonen innerhalb der

Fidor Bank haben uns die Geschäftstätigkeit sowie die Grundlagen der Planungsrechnung ausführ-

lich erläutert. Zur Plausibilisierung der Planung haben wir ferner diverse Kennzahlen und Steige-

rungsraten ermittelt und diese mit vorliegenden Marktinformationen abgeglichen. Zu Einzelheiten

verweisen wir auf unsere nachstehenden Ausführungen zur Planung.

Für die Vergangenheitsanalysen standen uns die Berichte über die Prüfung des Jahresabschlusses

und des Lageberichts der Fidor Bank für die Geschäftsjahre 2014 bis 2016 zur Verfügung. Wesent-

liche Einflussfaktoren wurden uns von den Auskunftspersonen in Gesprächen ergänzend erläutert.

Zur Prüfung der Unternehmensbewertung haben wir die vom Bewertungsgutachter in elektroni-

scher Form zur Verfügung gestellten Bewertungsmodelle sowie das Bewertungsgutachten heran-

gezogen. Zu Einzelfragen wurde uns jeweils mündlich oder gegebenenfalls in schriftlicher Form

Auskunft erteilt. Bei der Beurteilung der methodischen Vorgehensweise haben wir geprüft, ob die

Grundsätze des IDW S 1 i. d. F. 2008 beachtet worden sind. Den Kapitalisierungszinssatz haben wir

anhand der Arbeitsunterlagen des Bewertungsgutachters sowie öffentlich zugänglicher Kapital-

marktdaten geprüft. Auf der Grundlage der Prüfungsberichte zu den Jahresabschlüssen und der

Befragung der uns benannten Auskunftspersonen haben wir untersucht, ob nicht betriebsnotwen-

diges Vermögen gesondert zu erfassen ist.

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Bei der Überprüfung der Angemessenheit der Barabfindung haben wir folgende Prüfungsschwer-

punkte festgelegt:

, Vollständigkeit der Abbildung des Bewertungsobjekts

, Plausibilität und Aktualität der Planungsrechnung,

, Berücksichtigung der regulatorischen Anforderungen an die Eigenmittelausstattung in der

Planungsrechnung,

, Analyse der Bereinigungen im Rahmen der Vergangenheitsanalyse,

, zutreffende Anwendung des IDW S 1 i. d. F. 2008,

, Ableitung des nachhaltigen Ergebnisses und der nachhaltigen Thesaurierung,

, Zusammenstellung der Peer Group und Ableitung des Betafaktors.

Die in einzelnen Punkten bestehenden unterschiedlichen Auffassungen wurden im Verlauf der

Prüfung zwischen Ebner Stolz und dem Bewertungsgutachter Ernst & Young diskutiert.

Zum endgültigen Stand der Bewertungsarbeiten hat es zwischen Ebner Stolz und Ernst & Young

keine sich auf unser Angemessenheitsurteil auswirkende Meinungsunterschiede mehr gegeben.

Dementsprechend ist unser Prüfungsbericht in keinem Punkt eingeschränkt und bestätigt in vollem

Umfang die Angemessenheit der festgelegten Barabfindung.

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E. Prüfungsfeststellungen im Einzelnen

Die in Abschnitt C. erläuterten allgemeinen Bewertungsgrundsätze bilden einen Rahmen, der im

Einzelfall zu konkretisieren ist. Von der Angemessenheit der Umsetzung der allgemeinen Bewer-

tungsgrundsätze in die konkrete methodische Vorgehensweise bei der Bewertung der Fidor Bank

haben wir uns – wie im Folgenden erläutert – überzeugt.

Der Unternehmenswert der Fidor Bank wurde vom Bewertungsgutachter unter Heranziehung des

Ertragswerts zuzüglich der Sonderwerte abgeleitet. Diese konkrete Vorgehensweise ist nach unse-

ren Feststellungen sachgerecht und bildet den Wert der Fidor Bank angemessen in einem Bewer-

tungsmodell ab.

Die Durchführung der Bewertung haben wir in allen wesentlichen Schritten, insbesondere hinsicht-

lich der Ableitung der zur Ausschüttung zur Verfügung stehenden finanziellen Überschüsse, der

Bestimmung des Kapitalisierungszinssatzes und der Abzinsung der Überschüsse auf den Bewer-

tungsstichtag nachvollzogen.

I. Bewertungsobjekt

Unsere Prüfung bezieht sich auf die vom Hauptaktionär – der 3FH – festgelegte Barabfindung für

die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf den Hauptaktionär der

Fidor Bank. Bewertungsobjekt ist folgerichtig die Fidor Bank einschließlich ihrer Tochtergesellschaf-

ten und Beteiligungen.

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Die Beteiligungsverhältnisse der Fidor Bank sind in der folgenden Grafik dargestellt:

Quelle: Fidor Bank, eigene Darstellung

Wir bezeichnen im Folgenden die Fidor Bank einschließlich ihrer verbundenen Unternehmen und

Beteiligungen auch als „Fidor-Gruppe“.

Die Geschäftstätigkeit der Fidor Bank umfasst neben dem klassischen Einlagen- und Kreditgeschäft

einer Direktbank auch die Erbringung von Finanzdienstleistungen an Nicht-Banken. Zu den Haupt-

kunden im Einlagen- und Zahlungsverkehrsgeschäft zählen neben Privatpersonen insbesondere

selbständige Unternehmer. Kernprodukt ist dabei das Fidor SMART Girokonto, welches den Benut-

zer über eine von der Tochtergesellschaft Fidor Solutions entwickelte App eine einfache und schnel-

le Abwicklung des Zahlungsverkehrs über mobile Endgeräte ermöglicht. Als Wettbewerbsvorteil zu

anderen Direktbanken wird von der Fidor Bank insbesondere die unkomplizierte Registrierung für

Neukunden („Kontoeröffnung innerhalb 60 Sekunden“) sowie die Möglichkeit, innerhalb von bis

zu drei Minuten Kleinkredite zwischen EUR 5.000 und EUR 10.000 abrufen zu können, genannt.

Ein weiterer Vorteil gegenüber wichtigen Wettbewerbern stellt die sog. Fidor Community dar.

Hierbei handelt es sich um ein auf der Internetseite der Fidor Bank eingerichtetes Diskussionsforum,

in welchem sich registrierte Nutzer über fachliche Themen im Bereich Finanzen und Geldanlagestra-

tegie austauschen und sich gegenseitig Tipps zu Investitionen geben können. Nutzer, die sich be-

sonders aktiv an den Diskussionen beteiligen oder wertvolle Hinweise geben, erhalten am Ende

eines jeden Monats von der Fidor Bank eine kleinere Geldprämie als Anerkennung.

Insbesondere seit der Finanzkrise haben Banken mit Reputationsschwierigkeiten zu kämpfen. Kun-

den begegnen Anlageberatern oftmals mit Misstrauen und sehen in diesen eher Vertriebsmitarbei-

ter, welche ihnen ein bestimmtes Anlageprodukt verkaufen möchten. Die Fidor Community bietet

diesen Kunden die Möglichkeit, sich mit anderen Nutzern im informellen Rahmen über Finanzpro-

Fidor Bank

Fidor Solutions Fidor Factory

Fidor FZCO

Panda Fintech Fidor East Europe Ingenious Technologies Mountain Partner

100,0 % 100,0 %

99,0 %

49,5 % 49,0 % 11,9 % 1,6 %

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- 19 -

dukte auszutauschen und ein ungefiltertes Feedback aus der Sicht eines Kunden (und nicht der

eines Verkäufers) zu erhalten. Aus Sicht der Fidor Bank stellt die Fidor Community eine Werbeplatt-

form zur Gewinnung von Neukunden dar, da es für die Registrierung nicht erforderlich ist, bereits

ein Konto bei der Fidor Bank zu besitzen.

Bei der Online-Plattform Finance Bay handelt es sich um einen digitalen Marktplatz, der den Nut-

zern finanznahe Dienstleistungen anbietet. Nutzer können auf dieser Seite mit Partnerunternehmen

Verträge aus den Bereichen Versicherungen/Vorsorge, Mobilfunk, Geldanlage oder Finanzierung

abschließen. Vertragsabschlüsse über Finance Bay werden von den Partnerunternehmen durch

Provisionszahlungen vergütet.

Unter der Bezeichnung „No-Stack Banking“ bietet die Fidor Bank über die Tochtergesellschaft

Fidor Solutions im sog. „White-Label-Verfahren“ Dienstleistungen an Nicht-Banken an, so dass

diese gegenüber ihren Kunden nach außen als vollwertige Bank auftreten können. Das Angebot

der Fidor Bank umfasst neben der Bereitstellung einer innerhalb der Europäischen Union gültigen

Banklizenz insbesondere die Einrichtung der technischen Infrastruktur. Kernprodukt ist dabei fido-

rOS. Dieses Programm ermöglicht den Endkunden sowohl von stationären PCs als auch von mobi-

len Endgeräten Zugriff auf das Online-Banking. Das Design des Programms ist offen gestaltet und

lässt sich auf die Corporate Identity des jeweiligen Partnerunternehmens anpassen. Einziger Kunde

der Fidor-Gruppe in diesem Zusammenhang ist gegenwärtig die Telefónica-Gruppe, welche das

Angebot in Deutschland für ihr mobiles Bankkonto „O2-Banking“ nutzt.

Da die Fidor Bank aufgrund der Befreiungsregelungen des § 291 Abs. 2 HGB von der Pflicht zur

Aufstellung eines Konzernjahresabschlusses seit der erstmaligen Einbeziehung in den Konzernjah-

resabschluss der BPCE zum 31. Dezember 2016 befreit ist, erstellt die Gesellschaft keine konsoli-

dierten Planungsrechnungen mehr.

Im vorliegenden Fall kommen somit zwei Bewertungsmethoden in Betracht. Nach dem Sum-of-the-

Parts-Ansatz kann jedes Unternehmen einzeln und isoliert bewertet und der Wert der Fidor-Gruppe

durch Addition der Einzelwerte ermittelt werden. Eine Alternative stellt das so genannte Dividen-

denstrommodell dar, bei dem Einnahmen aus erwarteten Beteiligungserträgen über Dividenden-

ströme auf Ebene des Mutterunternehmens, hier der Fidor Bank, erfasst und anschließend ausge-

schüttet werden.

Der Bewertungsgutachter Ernst & Young hat die Bewertung der Fidor Bank nach dem Sum-of-the-

Parts-Ansatz durchgeführt und die Unternehmenswerte der Fidor Factory sowie der Beteiligungsun-

ternehmen als Sonderwerte addiert. Der Veräußerungserlös der Fidor Solutions ist im Ertragswert

der Fidor Bank enthalten. Wir halten diese Vorgehensweise für sachgerecht.

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Die vom Vorstand erstellte sowie die vom Bewertungsgutachter Ernst & Young in Abstimmung und

nach Rücksprache mit dem Vorstand an die für Banken relevanten regulatorischen Anforderungen

hinsichtlich der Großkreditgrenzen gemäß Artikel 395 Abs. 1 CRR vorgenommenen Anpassungen

zur Planung der Fidor Bank besteht aus einer Plan-Gewinn-und-Verlustrechnung sowie einer kor-

respondieren Planbilanz und bildet das Bewertungsobjekt sachgerecht ab. Für Fidor Solutions lag

uns eine Ertrags- und Investitionsplanung vor, für Fidor Factory wird lediglich eine Ertragsplanung

auf Basis eines Cost-Plus-Ansatzes erstellt.

Nach unserem Verständnis stellt die Anpassung zur Planung durch den Bewertungsgutachter kei-

nen unzulässigen Eingriff in die Planungskompetenz des Vorstands dar. Vielmehr muss dies als

technische Anpassung an die aktuellen aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen angesehen wer-

den (vgl. hierzu: LG München I, 28. Mai 2014, 5 HK O 22657/12, S. 36 (BeckRS)). Es ist Aufgabe

des Bewertungsgutachters, die Unternehmensplanung auf Plausibilität zu überprüfen, den Vorstand

– wie erfolgt – darauf hinzuweisen und bei hierauf erfolgter Planänderung die neue Planung zu

Grunde zu legen (vgl. OLG Stuttgart, 2. Dezember 2014, 20 AktE 1/14, Tz. 93 (juris), OLG Karlsru-

he, 18. Mai 2016, 12a W 2/15, Tz. 35 (BeckRS). Eine Adaption einer überarbeiteten, aktualisierten

Planung kann sich auch durch einen konkludent gefassten Vorstandsbeschluss, wie er sich aus der

Abstimmung zwischen dem Bewertungsgutachter und dem planungsverantwortlichen Vorstand

ergibt, erfolgen (vgl. LG Stuttgart, 22. August 2016, 31 O 1/13, Beschlusstext S. 17) bzw. durch ein

zu Eigen machen durch einen entsprechenden Beschlussvorschlag zur Hauptversammlung (vgl. LG

München I, 28. Mai 2014, 5 HK O 22657/12, S. 36 (BeckRS)). Zur Abschätzung der Auswirkung

einer in Bezug auf die Großkreditregelung abweichenden Annahme haben wir die entsprechende

Simulationsrechnung von Ernst & Young geprüft.

II. Bewertungsstichtag

Als Bewertungsstichtag wurde der 20. Dezember 2017 gewählt. Dies ist nach § 327b Abs. 1 AktG

zutreffend, da dies der Tag ist, an dem die außerordentliche Hauptversammlung der Fidor Bank

über die Übertragung der Aktien beschließen soll.

Der Bewertungsgutachter hat im Bewertungsmodell als technischen Bewertungsstichtag den

1. Januar 2017 festgelegt. Die künftig zur Ausschüttung zur Verfügung stehenden finanziellen

Überschüsse wurden jeweils zunächst auf diesen Tag abgezinst. Entsprechendes gilt für die negati-

ven Zahlungsüberschüsse. Anschließend wurde der so ermittelte Barwert der finanziellen Über-

schüsse mit dem Kapitalisierungszinssatz des ersten Planjahres auf den Bewertungsstichtag

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20. Dezember 2017 aufgezinst. Wir haben uns von der rechnerischen Richtigkeit der Aufzinsung

auf den Bewertungsstichtag überzeugt.

III. Ertragswert

1. Analyse der Vergangenheitsergebnisse

Zur Einschätzung der vorhandenen Ertragskraft und zur Beurteilung der Plausibilität der Planungs-

rechnungen wurden ausgehend von den Jahresabschlüssen der Fidor Bank für die Geschäftsjahre

2014 bis 2016 die Vergangenheitsergebnisse analysiert und Aufwendungen und Erträge soweit

aufgegliedert, bereinigt und erläutert, um die in der Vergangenheit wirksamen Erfolgsursachen

erkennbar zu machen. Für die Vergangenheitsanalysen standen uns die geprüften Jahresabschlüsse

der Fidor Bank für die Geschäftsjahre 2014 bis 2016 zur Verfügung. Auf dieser Basis haben wir die

Analysen des Bewertungsgutachters einer Plausibilitätsprüfung unterzogen.

Das Bewertungsgutachten von Ernst & Young enthält auf den Seiten 45 ff. Erläuterungen zu den

durchgeführten Bereinigungen. Dazu hat der Bewertungsgutachter zunächst die nach dem Gliede-

rungsschema des Einzelabschlusses nach HGB erstellte Gewinn- und Verlustrechnung der Fidor

Bank auf die Management-Reporting-Struktur übergeleitet. In einem weiteren Schritt wurde das

Ergebnis vor Steuern laut Management Reporting um Sachverhalte, die aufgrund ihrer einmaligen

oder periodenfremden Natur nicht repräsentativ für die Unternehmensplanung sind (vgl. WP-

Handbuch 2014, Bd. II, Abschn. A, Tz. 250 ff.) bereinigt.

Umgliederungen fanden zwischen den folgenden Posten statt:

, Zinsergebnis und Abschreibungen auf Wertpapiere,

, Provisionsergebnis und sonstige betriebliche Erträge,

, sonstige betriebliche Erträge und Erträge aus der Zuschreibung von Beteiligungen,

, Saldierung von sonstigen betrieblichen Erträgen und sonstigen betrieblichen Aufwendungen.

Die Bereinigungen betreffen im Wesentlichen die folgenden Sachverhalte:

, Provisionsaufwendungen im Zusammenhang mit der Abwicklung des Portfolios aus Ge-

brauchtwagenfinanzierungen,

, Erträge aus der Einbringung von Sacheinlagen sowie der Veräußerung von Lizenzen,

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, Bonuszahlungen im Zusammenhang mit der Übernahme durch BPCE,

, Wertberichtigungen auf das Portfolio aus Gebrauchtwagenfinanzierungen sowie

, Abschreibungen auf Beteiligungen.

Wir haben die Überleitungsrechnungen sowie die Bereinigungen anhand der uns zur Verfügung

gestellten Unterlagen nachvollzogen und die Ergebnisse vor Steuern gemäß Management Report-

ing mit den entsprechenden Jahresabschlüssen abgestimmt. Zudem haben wir die Bereinigungen

auf Vollständigkeit und Richtigkeit überprüft sowie die Gründe für die Entwicklung in der Vergan-

genheit nachvollzogen. Wir halten die von Ernst & Young vorgenommenen Bereinigungen für

sachgerecht.

Die Umgliederungen stellen sich im Einzelnen wie folgt dar:

Die auf das Management Reporting übergeleitete (unbereinigte) Ertragslage stellt sich für die Jahre

2014 bis 2016 wie folgt dar:

2014 2015 2016Ist Ist Ist

TEUR TEUR TEUR

Zinsergebnis -2.190 -3.583 -1.588Provisionsergebnis -2.032 -1.371 0Sonstige betriebliche Erträge 2.032 1.447 -1.344Personal- und andere Verwaltungsaufwendungen 48 0 0Sonstige betriebliche Aufwendungen -48 0 1.882Abschreibungen und Wertberichtigungen 2.190 3.507 1.050

Ergebniseffekt Umgliederungen 0 0 0

2014 2015 2016Ist Ist Ist

TEUR TEUR TEUR

Zinsergebnis 10.356 17.832 11.731Provisionsergebnis 968 1.864 1.173Sonstige betriebliche Erträge 8.946 5.543 -883

Summe Erträge 20.271 25.238 12.021

Personal- und andere Verwaltungsaufwendungen 14.433 22.057 25.552Abschreibungen und Wertberichtigungen 2.148 3.291 21.557

Ergebnis vor Steuern 3.689 -109 -35.088

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Ferner wurden folgende Aufwendungen und Erträge bereinigt:

Die Überleitungsrechnung sowie die Bereinigungen wurden von Ernst & Young im Bewertungsgut-

achten erläutert. Wir haben uns von der Vollständigkeit und Richtigkeit der Darstellung überzeugt.

Für die auf das Management Reporting übergeleitete bereinigte Ertragslage der Geschäftsjahre

2014 bis 2016 ergibt sich folgende Darstellung. Die Auswirkungen der Bereinigungen sind im neut-

ralen Ergebnis zusammengefasst:

2. Planungsrechnung

a) Planungsprozess

Die Planung der Fidor Bank umfasst eine Plan-Gewinn-und-Verlustrechnung, eine Planbilanz sowie

eine aufsichtsrechtliche Kapitalplanung. Der Planungshorizont der Fidor Bank erstreckt sich über

einen Zeitraum von vier Jahren und umfasst damit die Geschäftsjahre 2017 bis 2020. Die Planungs-

rechnung besteht aus einer detaillierten Budgetplanung für das erste Planjahr sowie einer Grobpla-

2014 2015 2016Ist Ist Ist

TEUR TEUR TEUR

Provisionsergebnis 0 0 2.683Sonstige betriebliche Erträge -4.117 -2.500 0Personalaufwand 0 0 643Andere Verwaltungsaufwendungen 0 0 1.700Abschreibungen und Wertberichtigungen 0 2.184 16.140

Ergebniseffekt Bereinigungen -4.117 -316 21.166

2014 2015 2016Ist Ist Ist

TEUR TEUR TEUR

Zinsergebnis 10.356 17.832 11.731Provisionsergebnis 968 1.864 3.856Sonstige betriebliche Erträge 4.829 3.043 -883

Summe Erträge 16.154 22.738 14.704

Personal- und andere Verwaltungsaufwendungen 14.433 22.057 23.209Abschreibungen und Wertberichtigungen 2.148 1.107 5.417

Ergebnis vor Steuern (bereinigt) -428 -425 -13.922

Neutrales Ergebnis 4.117 316 -21.166

Ergebnis vor Steuern 3.689 -109 -35.088

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nungsphase, welche die folgenden drei Geschäftsjahre umfasst und eine Fortentwicklung des ers-

ten Planjahres darstellt. In der Mitte des Geschäftsjahres wird die Budgetplanung für das Folgejahr

erstellt. Darüber hinaus werden quartalweise Hochrechnungen für das laufende Geschäftsjahr er-

stellt. Die im Rahmen der Erstellung gewonnenen Erkenntnisse über die zwischenzeitlich eingetre-

tenen wirtschaftlichen Veränderungen werden bei der Überarbeitung der Grobplanungsphase be-

rücksichtigt. Insoweit entsteht eine rollierende Planung, welche jeweils die aktuellen Erwartungen

an die künftige Geschäftsentwicklung abbildet.

Die Planungshoheit obliegt dabei der Fidor Bank, welche für die Tochterunternehmen Fidor Soluti-

ons sowie Fidor Factory jeweils eine Ertragsplanung erstellt. Die Planungsrechnung von Fidor Soluti-

ons umfasst darüber hinaus eine Investitionsplanung.

Der Prozess der Planungserstellung ist zweistufig und verläuft nach dem „Bottom-up-top-down“-

Ansatz. Nach Definition der strategischen Zielvorgaben durch den Vorstand der Fidor Bank erstellen

die Planungsverantwortlichen einen ersten Planungsentwurf. Wesentliche Plangrößen stellen neben

dem Kundenwachstum im Einlagen- und Kreditgeschäft sowie dem No-Stack-Banking auch die

Provisionen aus dem Aufbau digitaler Bankdienstleistungen mit Hilfe der Software fidorOS dar.

Dieser Planungsentwurf wird dem Vorstand zur Diskussion vorgestellt. Ergeben sich aus der Durch-

sicht der Planungsrechnung Anpassungen, werden diese von den Planungsverantwortlichen umge-

setzt. Diese Planungen wurden am 4. Juli 2017 vom Vorstand verabschiedet und am 2. August

2017 vom Aufsichtsrat genehmigt.

Der Vorstand hat uns bestätigt, dass die der Unternehmensbewertung zugrunde liegenden Pla-

nungsrechnungen der Fidor Bank, der Fidor Solutions und der Fidor Factory vom 4. Juli 2017, die

zugrunde liegenden Planannahmen sowie die mit der Planung einhergehenden Erläuterungen sei-

nen Erwartungen hinsichtlich zukünftiger Erträge, Aufwendungen und Cash Flows entsprechen. Zu

den Voraussetzungen der Planung hat uns der Vorstand bestätigt, dass die Großkreditgrenze von

EUR 150 Mio. gemäß Art. 395 Abs. 1 CRR für Anlagen bei der BPCE gilt. Die Erteilung einer not-

wendigen Ausnahmegenehmigung für eine Überschreitung dieses maximalen Anlagebetrags ist

entsprechend der Rückmeldung der Aufsichtsbehörden nicht ersichtlich. Das ist in den Ergebniser-

wartungen zu reflektieren.

Diese Planungen hat der Bewertungsgutachter in ein integriertes Bewertungsmodell überführt und

hinsichtlich der Planung der Fidor Bank verschiedene Anpassungen unter Berücksichtigung der

Großkreditgrenzen gemäß Art. 395 Abs. 1 CRR vorgenommen.

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Anpassung der Erträge aus dem Treasury

Das in der ursprünglichen Planung der Fidor Bank enthaltene Anlagevolumen bei der Konzernmut-

ter BPCE überschreitet die Großkreditgrenzen gemäß Art. 395 Abs. 1 CRR, nach welcher die Anla-

ge bei einem anderen Kreditinstitut ohne Vorliegen einer aufsichtsrechtlichen Genehmigung auf

EUR 150 Mio. beschränkt ist. Zum Zeitpunkt der Bewertungsarbeiten war mit der Erteilung einer

notwendigen Erlaubnis seitens der Aufsichtsbehörden zur Überschreitung der Großkreditgrenze

nicht zu rechnen, da die Aufsichtsbehörden sich in einer mündlichen Besprechung bereits negativ

diesbezüglich geäußert hatten. Daher hat Ernst & Young in der Bilanzplanung den Anlagebetrag

bei BPCE auf EUR 150 Mio. begrenzt. Für den Überhang wurde typisierend eine Anlage am Inter-

bankenmarkt unterstellt, für die keine aufsichtsrechtliche Genehmigung erforderlich ist. Wir halten

diese Annahme für sachgerecht.

Der Bewertungsgutachter hat dennoch den rechnerischen Wert für die Fidor Bank bei Anlage des

aufgrund des Passivüberhangs bestehenden gesamten Liquiditätsüberschusses bei der BPCE ermit-

telt. Aufgrund der durch die BPCE gebotenen höheren Verzinsung ergäbe sich in diesem Szenario

ein rechnerischer Wert der Fidor Bank von EUR 123,6 Mio. bzw. EUR 11,71 je Aktie.

Wertbeitrag aus regulatorischem Eigenkapital

Die von Ernst & Young vorgenommenen Anpassungen unter Berücksichtigung der Großkreditgren-

zen gemäß Art. 395 Abs. 1 CRR führen aus bewertungstechnischer Sicht zu einem höheren Bedarf

an regulatorischem Eigenkapital. Ernst & Young hat eine Investition dieses zusätzlichen Eigenkapi-

tals in deutsche Staatsanleihen unterstellt und damit eine Verzinsung zum barwertäquivalenten

risikolosen Basiszins in Höhe von 1,25 % vorgenommen. Diese Annahme steht im Einklang mit

Art. 114 Abs. 4 der CRR-Richtlinie, da jede andere Anlageform aufgrund des Risikogewichts wiede-

rum einen zusätzlichen Eigenkapitalbedarf mit sich führen würde.

b) Plan-Ist-Vergleich

Der Bewertungsgutachter Ernst & Young hat für die Jahre 2014 bis 2016 einen Vergleich der je-

weils im Sommer eines Vorjahres geplanten Ergebnisse mit den bereinigten Ist-Ergebnissen in der

Struktur des Management-Reporting vorgenommen.

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Der Plan-Ist-Vergleich stellt sich wie folgt dar:

Ziel der Analyse ist, eine Einschätzung hinsichtlich der Qualität der Planung in der Vergangenheit

vorzunehmen. Alternativ zur Gegenüberstellung der Planung mit den bereinigten Ist-Zahlen, bei der

durch die Bereinigung Planabweichungen gerade eliminiert werden, haben wir zusätzlich einen

Plan-Ist-Vergleich auf Basis der unbereinigten Vergangenheitsergebnisse vorgenommen.

Die Betrachtung auf Basis der unbereinigten Vergangenheitsergebnisse zeigt, dass insbesondere in

den Jahren 2015 und 2016 die Risiken aus den Portfolios aus britischen Gebrauchtwagenfinanzie-

rungen nicht hinreichend erkannt und damit die Ist-Zahlen deutlich überschätzt wurden.

Ist Plan Χ Ist Plan Χ Ist Plan ΧTEUR TEUR % TEUR TEUR % TEUR TEUR %

Zinsergebnis 10.356 9.593 8,0 17.832 16.233 9,9 11.731 13.318 -11,9Provisionsergebnis 968 6.879 -85,9 1.864 9.586 -80,6 3.856 3.735 3,2Sonstige betriebliche Erträge 4.829 0 N/A 3.043 700 >100 -883 6.069 N/A

Summe Erträge 16.154 16.472 -1,9 22.738 26.518 -14,3 14.704 23.121 -36,4

Personal- und andere Verwaltungsaufwendungen 14.433 11.799 22,3 22.057 20.742 6,3 23.209 20.959 10,7Abschreibungen und Wertberichtigungen 2.148 1.482 44,9 1.107 2.594 -57,3 5.417 5.230 3,6

Ergebnis vor Steuern -428 3.191 N/A -425 3.182 N/A -13.922 -3.067 >100

2014 2015 2016

Ist Plan Χ Ist Plan Χ Ist Plan ΧTEUR TEUR % TEUR TEUR % TEUR TEUR %

Zinsergebnis 10.356 9.593 8,0 17.832 16.233 9,9 11.731 13.318 -11,9Provisionsergebnis 968 6.879 -85,9 1.864 9.586 -80,6 1.173 3.735 -68,6Sonstige betriebliche Erträge 8.946 0 N/A 5.543 700 >100 -883 6.069 N/A

Summe Erträge 20.271 16.472 23,1 25.238 26.518 -4,8 12.021 23.121 -48,0

Personal- und andere Verwaltungsaufwendungen 14.433 11.799 22,3 22.057 20.742 6,3 25.552 20.959 21,9Abschreibungen und Wertberichtigungen 2.148 1.482 44,9 3.291 2.594 26,9 21.557 5.230 >100

Ergebnis vor Steuern 3.689 3.191 15,6 -109 3.182 N/A -35.088 -3.067 >100

2014 2015 2016

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Darüber hinaus haben wir die Hochrechnung für das Geschäftsjahr 2017 der ursprünglichen Pla-

nung (vor Anpassungen durch Ernst & Young) gegenübergestellt:

Basis unserer Analyse ist die Hochrechnung für die Monate Juli bis Dezember 2017, welche Mitte

September 2017 erstellt wurde. Die Planung der Gesellschaft wird danach um rund EUR 5,1 Mio.

verfehlt. Die Planverfehlung ist im Wesentlichen auf ein Überschätzung des Provisionsergebnisses

und eine Unterschätzung der Personal- und anderen Verwaltungsaufwendungen zurückzuführen.

Für die zweite Jahreshälfte 2017 wird ein deutlich verringertes Zinsergebnis erwartet. Dies ist in

erster Linie vor dem Hintergrund der Rückführung des Portfolios aus britischen Gebrauchtwagenfi-

nanzierungen zu sehen, wodurch sich eine Reduktion der verzinslichen Aktiva ergibt. Zum Ende des

Geschäftsjahres 2017 soll der Verkauf der Fidor Solutions an die 3FH erfolgen. Der Buchgewinn in

Höhe von EUR 50,2 Mio. wird innerhalb der sonstigen betrieblichen Erträge ausgewiesen. Innerhalb

der Abschreibungen und Wertberichtigungen erfolgte im August 2017 der überwiegende Teil der

im Jahr 2017 geplanten Risikovorsorge auf die Gebrauchtwagenfinanzierungen in Höhe von insge-

samt EUR 84,4 Mio.

HR Plan Χ YTD YTG YTD YTGTEUR TEUR % TEUR TEUR % %

Zinsergebnis 6.281 7.383 -14,9 5.161 1.121 82,2 17,8Provisionsergebnis 5.510 8.775 -37,2 2.690 2.820 48,8 51,2Sonstige betriebliche Erträge 55.262 54.752 0,9 4.201 51.062 7,6 92,4

Summe Erträge 67.054 70.911 -5,4 12.051 55.002 18,0 82,0

Personal- und andere Verwaltungsaufwendungen 34.571 32.131 7,6 14.602 19.970 42,2 57,8Abschreibungen und Wertberichtigungen 92.224 93.375 -1,2 6.337 85.887 6,9 93,1

Ergebnis vor Steuern -59.742 -54.595 9,4 -8.887 -50.855 14,9 85,1

2017

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c) Operative Planung

aa) Allgemeine Planungsplausibilisierung

Fidor Bank

Die folgende Übersicht stellt die verabschiedete Planungsrechnung der Fidor Bank für die Ge-

schäftsjahre 2017 bis 2020 einschließlich des auf das Management Reporting übergeleiteten berei-

nigten letzten Vergangenheitsjahres 2016 dar:

Basis für die Planung der Zinserträge aus dem Kreditgeschäft ist das kundenseitig abgerufene Kre-

ditvolumen. Die Höhe des zum Ende eines jeden Planjahres in Anspruch genommenen Kreditvolu-

mens wird im sog. „Loan Book“ erfasst. Der geplante Zinsertrag eines Geschäftsjahres ergibt sich

aus dem arithmetischen Mittel des Kreditvolumens zum Ende eines jeden Planjahres und dem des

Vorjahres multipliziert mit dem erwarteten Sollzins. Hinsichtlich der Ableitung der Zinssätze auf die

Anlage des aufgrund des Passivüberhangs bestehenden Liquiditätsüberschusses wird dabei auf die

von der Konzernmutter BPCE erwartete Zinsstruktur zurückgegriffen.

2016 2017 2018 2019 2020Ist Plan Plan Plan Plan

TEUR TEUR TEUR TEUR TEUR

Zinsergebnis 11.731 7.383 8.845 20.892 33.736Provisionsergebnis 3.856 8.775 17.265 27.786 46.958Sonstige betriebliche Erträge -883 4.543 1.799 1.931 2.060Veräußerungsgewinn (Fidor Solutions) 0 50.209 0 0 0

Summe Erträge 14.704 70.911 27.909 50.610 82.754

Personal- und andere Verwaltungsaufwendungen 23.209 32.131 40.763 48.791 57.621Abschreibungen und Wertberichtigungen 5.417 93.375 8.913 11.556 14.674

Ergebnis vor Steuern -13.922 -54.595 -21.767 -9.738 10.459

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Aufgrund der negativen Entwicklung des Portfolios aus Gebrauchtwagenfinanzierungen gehen die

geplanten Zinserträge aus dem Kreditgeschäft des Bereichs Fidor DE in 2018 deutlich zurück. We-

sentlicher Werttreiber innerhalb des Zinsergebnisses ist der erwartete Aufbau von Forderungen aus

eigenen Kreditprodukten. Zum 31. Dezember 2016 beliefen sich die Kreditforderungen gegen

Bankkunden auf rund EUR 8,0 Mio., welche im Wesentlichen Überziehungskredite im Rahmen des

SMART-Girokontos darstellen. Umgerechnet auf eine Anzahl von 133.000 Bankkunden ergibt sich

eine Forderung je Kunde von lediglich rund EUR 60. Bis zum Ende des Jahres 2020 wird mit einem

Anstieg der Kreditforderungen auf insgesamt EUR 648,3 Mio. gerechnet, so dass sich insgesamt ein

durchschnittlicher Forderungsbetrag von EUR 450 je Kunde ergibt. Der Anstieg des Kreditvolumens

je Kunden soll insbesondere durch die Vergabe von Ratendarlehen erzielt werden.

Bedeutendster Posten innerhalb der Zinserträge aus dem Kreditgeschäft stellen im letzten Planjahr

die Zinsen aus der Partnerschaft mit O2 dar. Die Fidor Bank rechnet insoweit mit einer deutlichen

Ausweitung des No-Stack-Banking-Geschäfts mit O2.

Die Planung geht von einen Wachstum des Kundenbestands von rund 133.000 Kunden im Jahr

2016 bis auf 864.370 Kunden im Jahr 2020 aus, was einer durchschnittlichen jährlichen Wachs-

tumsrate von 59,6 % entspricht. Die sich in der Vergangenheit abzeichnende Tendenz zu einer

Verringerung der durchschnittlichen Einlage je Kunde wird auch für den Planungszeitraum erwar-

tet. Lag im Jahr 2016 die Einlage je Kunde noch bei rund EUR 3.375, wird bis zum Jahr 2020 ein

stetiger Rückgang bis auf EUR 2.093 antizipiert.

Da das erwartete Kundenwachstum den Rückgang der Einlage je Kunde überkompensiert, ergibt

sich im Planungszeitraum ein durchschnittliches jährliches Wachstum des Einlagenbestands über

40,1 % bis auf EUR 1,8 Mrd. im Jahr 2020. Aufgrund fehlender Anlagemöglichkeiten ist die Fidor

Bank zur Vermeidung von Strafzinsen gezwungen, einen Großteil des Passivüberhangs bei der Kon-

2017 2018 2019 2020Plan Plan Plan PlanTEUR TEUR TEUR TEUR

Fidor DE 10.522 5.837 7.454 11.691O2 752 4.751 9.657 13.967Fidor EU 0 187 1.011 3.451Fidor UK 0 381 2.443 4.797

Zinsertrag Kreditgeschäft 11.274 11.156 20.565 33.906

Zinsertrag Treasury 1.560 4.566 9.279 12.005

Zinsertrag 12.834 15.722 29.844 45.911

Zinsaufwendungen 5.451 6.877 8.952 12.175

Zinsergebnis 7.383 8.845 20.892 33.736

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zernmutter BPCE anzulegen, woraus sich der deutliche Anstieg des Zinsertrags aus Treasury in der

Planungsphase ergibt.

Der in der Planung enthaltene Zinsaufwand ist zum überwiegenden Teil auf die Partnerschaft mit

O2 zurückzuführen. Soweit ein Kunde von O2 über das „No-Stack-Banking“ einen Kredit in An-

spruch nimmt, führt die Fidor Bank einen Teil des vereinnahmten Zinsertrags in Sinne einer Ergeb-

nisbeteiligung an O2 ab.

Der deutliche Anstieg des Provisionsergebnisses in Höhe 151,6 % p.a. bis auf TEUR 46.958 im Jahr

2020 spiegelt im Wesentlichen die Vorstellungen der Fidor Bank an die Erträge aus dem Payment-

Service-Provider-Geschäft wider. Fidor gibt Karten aus, welche die Funktionen einer Debit- und

Kreditkarte vereinen und damit den Kundennutzen gegenüber bisherigen EC- und Kreditkarten

erhöhen.

Aufwandsseitig wird von einem deutlich unterproportionalen Anstieg im Vergleich zum Zins- und

Provisionsergebnis ausgegangen. Begründet wird diese Einschätzung vor dem Hintergrund der

Skalierbarkeit des Geschäftsmodells und der weiteren Effizienzsteigerung durch die Digitalisierung

von Prozessen. Die Kosten-Erlös-Quote soll sich von 212,6 % im Jahr 2016 bis auf 69,6 % im Jahr

2020 reduzieren.

Wesentlich für die Entwicklung der Abschreibungen und Wertberichtigungen sind Aufwendungen

für Risikovorsorge. Nachdem im laufenden Jahr 2017 bereits Abschreibungen und Wertberichti-

gungen in Höhe von EUR 84,4 Mio. auf das Portfolio an britischen Gebrauchtwagenfinanzierungen

gebucht wurden, wird für die Jahre 2018 ff. mit deutlich geringeren Risikovorsorgeaufwendungen

gerechnet. Die Gesellschaft begründet diese Einschätzung durch die Vergabe weniger riskanter

eigener Kreditprodukte und der geänderten Anlagestrategie, nach welcher ein Großteil der Über-

schussliquidität bei der Konzernmutter angelegt werden soll.

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Die der Unternehmensbewertung zu Grunde liegende Planung stellt sich nach Anpassungen von

Ernst & Young im Treasury-Ergebnis sowie der Aktualisierung der Planzahlen für 2017 an die letzte

verfügbare Hochrechnung wie folgt dar:

Fidor Solutions

Die Planungsrechnung der Fidor Bank unterstellt eine Veräußerung der Tochtergesellschaft Fidor

Solutions im Jahr 2017 an die Holdinggesellschaft 3FH. Die Veräußerung soll erfolgen, um die auf-

sichtsrechtlichen Anforderungen an die Eigenmittelausstattung unter Berücksichtigung der Risiko-

tragfähigkeit der Fidor Bank durch den Veräußerungserlös zu erfüllen. Zum 31. Dezember 2016

wurde nach der durchgeführten Risikotragfähigkeitsberechnung im Going-Concern-Ansatz eine

negative Risikodeckungsmasse von TEUR 31,7 Mio. ermittelt. Somit war die Risikotragfähigkeit bei

Verwendung des Going-Concern-Ansatzes bei der Fidor Bank nicht gegeben. Darüber hinaus sind

im Planungszeitraum aufgrund der Anforderungen gemäß Säule II weitere Kapitalerhöhungen not-

wendig. Der Beteiligungsbuchwert der Fidor Solutions liegt zum 31. Dezember 2016 bei

EUR 4,8 Mio. Bei einem geplanten Veräußerungserlös von EUR 55,0 Mio. ergibt sich im Jahr 2017

ein rechnerischer Buchgewinn von EUR 50,2 Mio.

Der Bewertungsgutachter Ernst & Young hat den geplanten Veräußerungspreis anhand einer Er-

tragswertberechnung plausibilisiert, welcher die folgende Planungsrechnung der Fidor Solutions zu

Grunde liegt.

2016 2017 2018 2019 2020Ist HR Plan Plan Plan

TEUR TEUR TEUR TEUR TEUR

Zinsergebnis 11.731 5.221 6.028 15.366 28.250Provisionsergebnis 1.173 5.510 17.265 27.786 46.958Sonstige betriebliche Erträge -883 5.053 1.799 1.931 2.060Veräußerungsgewinn (Fidor Solutions) 0 50.209 0 0 0

Summe Erträge 12.021 65.993 25.092 45.084 77.268

Personal- und andere Verwaltungsaufwendungen 25.552 34.571 40.763 48.791 57.621Abschreibungen und Wertberichtigungen 21.557 92.224 8.913 11.556 14.674

Ergebnis vor Steuern -35.088 -60.802 -24.584 -15.264 4.973

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Die Planung der Fidor Solutions unterstellt im Zeitraum von 2016 bis 2020 ein durchschnittliches

Umsatzwachstum von 57,5 % p.a. Das Umsatzwachstum ist zum ganz überwiegenden Teil auf die

Akquise neuer Kunden zurückzuführen. Zu den Kunden der Fidor Solutions gehören aktuell die

Fidor Bank, welche von Fidor Solutions Wartungs- und technische Servicedienstleistungen für das

O2-Banking bezieht, sowie weitere Banken in Frankreich, den Niederlanden, den Vereinigten Arabi-

schen Emiraten und Algerien. Werttreiber der Umsatzplanung ist der Kundenbestand. Die Ge-

schäftsleitung geht davon aus, dass die Fidor Bank das mit O2 als Partnerunternehmen im Jahr 2016

erstmalig eingeführte „No-Stack-Banking“ auch an andere Nicht-Banken vermitteln kann. Fidor

Solutions erzielt daraus neben einmalig anfallenden Einrichtungs- und Lizenzierungskosten für fido-

rOS Erträge aus dem laufenden IT-Support. Bis zum Jahr 2020 soll sich die Anzahl der „No-Stack-

Banking“-Kunden stetig bis auf 24 erhöhen.

Der Bewertungsgutachter hat bei der Plausibilisierung des Veräußerungserlöses die aufgrund des

starken geplanten Kundenwachstums notwendigen Investitionen der Fidor Solutions in die

IT-Infrastruktur berücksichtigt.

2016 2017 2018 2019 2020Ist Plan Plan Plan Plan

TEUR TEUR TEUR TEUR TEUR

Umsatzerlöse mit Bestandskunden 2.458 8.043 3.025 3.025 3.025Umsatzerlöse mit neuen Kunden 0 2.748 17.900 28.850 47.000Umsatzerlöse aus Machbarkeitsstudien 0 500 667 1.000 1.500

Umsatzerlöse mit Dritten 2.458 11.291 21.592 32.875 51.525

Umsatzerlöse mit Fidor-Gruppe 6.370 8.352 12.643 12.130 12.579Aktivierte Eigenleistungen 2.577 2.207 3.308 4.342 6.159

Gesamtleistung 11.405 21.850 37.543 49.347 70.263

Sonstige betriebliche Erträge 783 0 0 0 0Betriebliche Aufwendungen 11.298 21.720 31.670 40.885 58.578Abschreibungen 1.074 1.760 1.843 2.279 2.701Zinsaufwand 240 867 990 1.072 1.162

Ergebnis vor Steuern -424 -2.497 3.040 5.111 7.822

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Fidor Factory

Die Planungsrechnung von Fidor Factory stellt sich für die Jahre 2017 bis 2020 wie folgt dar:

Die Fidor Factory erbringt für die Fidor Gruppe vorwiegend Dienstleistungen in den Bereichen Mar-

keting und Vertrieb und erwirtschaftet selbst keine Umsatzerlöse mit Dritten. Insoweit liegt der

Planungsrechnung ein Cost-Plus-Ansatz zu Grunde. In der Planung sind Erträge und Aufwendun-

gen im Zusammenhang mit der noch zu gründenden Gesellschaft Fidor Connect enthalten.

bb) Markt- und Wettbewerbsumfeld

Im Unterschied zu vielen Industrieunternehmen können Banken durch Wachstum nur bedingt Kos-

tenvorteile erzielen. Vielmehr geht das Wachstum bei Banken einher mit einer immer komplexeren

IT-Struktur sowie der Notwendigkeit zur Einhaltung regulatorischer Vorgaben, insbesondere hin-

sichtlich eines angemessenen und wirksamen Risikomanagementsystems nach § 25a KWG. So lag

im Jahr 2015 gemäß einer Marktstudie der KPMG die Kosten-Erlös-Quote bei etablierten Banken

auf einem hohen Niveau von 80,6 %1. Demgegenüber arbeiten die sog. „Challenger-Banks“, wel-

che sich durch ein einfacheres Produktportfolio auf Marktnischen konzentrieren, auf ein teures

Filialnetz verzichten, geringeren regulatorischen Anforderungen unterliegen sowie einen hohen

Digitalisierungsgrad aufweisen, mit einer Kosten-Erlöse-Quote von 59,6 % („Larger Challengers“)

bzw. 48,5 % („Smaller Challengers“) deutlich profitabler. Der Begriff „Challenger-Bank“ impliziert

nicht, dass diese neuen Marktteilnehmer die etablierten Banken in allen Bereichen „herausfordern“

möchten. Im Gegenteil fokussieren sich Challenger-Banken in der Regel auf eine bestimmte Kun-

dengruppe oder einen regionalen Zielmarkt und versuchen, diesen möglichst profitabel zu bearbei-

1 KPMG: A new landscape - Challenger bank annual results, Mai 2016

2016 2017 2018 2019 2020Ist Plan Plan Plan Plan

TEUR TEUR TEUR TEUR TEUR

Umsatzerlöse 2.733 3.344 5.447 6.635 8.982

Sonstige betriebliche Erträge 238 0 0 0 0Personalaufwand 1.961 2.463 3.598 4.195 5.431Sonstiger Verwaltungsaufwand 815 673 983 1.146 1.483Aufwand Fidor Connect 0 0 531 889 1.520

EBITDA 195 208 335 406 547

Abschreibungen 111 75 110 128 166

EBIT 84 133 225 278 381

Zinsaufwand 24 12 10 10 10

Ergebnis vor Steuern 60 121 215 268 371

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ten. Das Geschäftsmodell der Challenger-Banken basiert auf der Annahme, dass viele Kunden ihre

Finanzaktivitäten nicht wie früher in einer Hausbank bündeln, sondern ihre verschiedenen Bankge-

schäfte bei derjenigen Bank ausüben werden, welche die jeweils besten Produkte oder Konditionen

anbietet (sog. „Multi-Banking“). Gemäß einer Umfrage aus dem Januar 2017 zog es eine Mehrheit

der Befragten (54 %) vor, Geschäftskontakte mit mehreren Banken zu unterhalten, um jeweils die

besten Konditionen oder Leistungen zu erhalten. Demgegenüber sprachen sich lediglich 30 % für

eine „Hausbank“ aus, die ihnen das komplette Leistungsspektrum bietet, wenn auch nicht immer

zu optimalen Konditionen. 16 % der befragten Personen zeigten sich unentschlossen2.

Aufgrund der Fidor Community als Diskussionsplattform über Finanzprodukte und als Forum zum

Kundendialog, dem digitalen Marktplatz Finance Bay sowie der Erbringung von Bankdienstleistun-

gen für Nichtbanken stellt sich die Fidor Bank selbst am Markt als Challenger-Bank dar.

Im klassischen Bankgeschäft sieht sich die Fidor Bank einer Vielzahl von Konkurrenten ausgesetzt.

Dies betrifft in erster Linie Direktbanken wie comdirect, ING DiBa oder Cortal Consors, welche sich

bei der Vergabe von Verbraucherkrediten am Markt bereits etabliert haben. Bis dato vergibt die

Fidor Bank lediglich Dispo-Kredite und versucht in der Planungsphase mit der Vergabe von Raten-

darlehen in einen Markt einzutreten, welcher bereits von namhaften Wettbewerbern (z. B. Team-

bank, Targobank) besetzt ist. Bei der Erbringung von Payment-Service-Provider Dienstleistungen

sieht sich die Fidor Bank grundsätzlich jeder Bank als Wettbewerber ausgesetzt, welche ebenfalls

Kreditkarten ausgibt.

Im Bereich des „No-Stack-Banking“ konnte mit O2 im Jahr 2016 ein wichtiger Kunde gewonnen

werden, welcher als Referenzmodell für künftige Partnerschaften dienen könnte. Die weitere Ent-

wicklung bleibt jedoch abzuwarten. Insbesondere die großen Einzelhandelsketten sind in der Ver-

gangenheit dazu übergegangen, selbst eine Banklizenz zu erwerben. Damit können diese zum

einen ihren Kunden ein Darlehen über die getätigten Einkäufe ohne Zwischenschaltung einer Bank

einräumen, zum anderen können sich die Handelsketten am Interbankenmarkt zu attraktiven Kon-

ditionen refinanzieren.

Weitere Wettbewerber für etablierte Banken sind in Internetkonzernen wie Amazon oder PayPal zu

sehen. Amazon hat mit Amazon Pay einen Bezahldienst im Internet eingerichtet, über welchen

Kunden von Amazon in Online-Shops von Drittanbietern sicher einkaufen können, ohne Ihre Zah-

lungsdaten offenlegen zu müssen. Die bisher auf Banken entfallende Transaktionsgebühr wird

damit von Amazon eingenommen. Mit PayPal können bereits heute Zahlungen sofort, d.h. ohne

die übliche Bankbearbeitungszeit, an jede beliebige E-Mailadresse geleistet werden. Laut einer vom

2 PwC: Who are you calling a ‚challenger‘? - How competition is improving customer choice anddriving innovation in the UK banking market

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Deutschen Bundestag in Auftrag gegebenen Studie3 wurde im Jahr 2015 die Bezahlung von

19,6 % der Umsatzerlöse des deutschen Online-Handels über PayPal abgewickelt. Zu berücksichti-

gen ist, dass der umsatzstärkste Online-Händler Amazon aufgrund des konkurrierenden eigenen

Bezahldienstes PayPal nicht akzeptiert. Ohne die Berücksichtigung von Amazon beträgt der Markt-

anteil von PayPal im deutschen Online-Handel 24,5 %. Darüber hinaus drängen Hersteller von

Smartphones wie Apple oder Samsung mit deren mobilen Zahlungssystemen ApplePay bzw. And-

roidPay auf den Markt. Zur Bezahlung im Ladengeschäft benötigen die Kunden lediglich ein Smart-

phone mit Near-Field-Communication. Das Mitführen einer Giro- oder Kreditkarte, bei welcher die

PIN-Eingabe erforderlich werden kann, wird damit entbehrlich.

Die Refinanzierung der Fidor Bank erfolgt im Wesentlichen über Kundeneinlagen. Im Einlagenge-

schäft ist die Fidor Bank grundsätzlich jeder Bank als Wettbewerber ausgesetzt. Das Einlagenge-

schäft bei deutschen Banken hat in 2016 erneut eine Ausweitung im Bereich der Sichteinlagen

erfahren; dies spiegelt sich auch bei der Fidor Bank wieder. So war es der Fidor Bank in 2016 mög-

lich, mit den FIDOR-Pay-Konten einen deutlichen Anstieg der täglich fälligen Verbindlichkeiten zu

erreichen. Die Fokussierung auf hochliquide Einlageformen wird durch das aktuell niedrige Zinsum-

feld begünstigt.

cc) Ergebnis unserer Prüfungshandlungen

Selbst wenn die Fidor Bank in der Vergangenheit mehrfach mit verschiedenen Innovationspreisen

ausgezeichnet wurde, fehlen ihr grundlegende Merkmale einer Challenger-Bank. Im Unterschied zu

anderen Start-ups aus dem Finanzsektor konnte die Fidor Bank ihre Kundenbasis in der Vergangen-

heit nicht signifikant erhöhen. Die Kosten-Erlöse-Quote lag in den Jahren 2014 und 2015 bei

71,2 % bzw. 87,4 %. Wesentlicher Werttreiber in der Planungsrechnung stellt gerade das Wachs-

tum der Kunden mit einer Wachstumsrate von 59,6 % p.a. von 133.000 im Jahr 2016 auf 864.000

im letzten Planjahr 2020 dar. Nach Einschätzung der Fidor Bank soll das Kundenwachstum in erster

Linie durch die Werbewirksamkeit der Fidor Community sowie Finance Bay erreicht werden. Dabei

ist zu berücksichtigen, dass jeder nach einer Registrierung im Forum der Fidor Community mitdisku-

tieren kann. Insoweit ist der Anreiz, ein Konto bei der Fidor Bank zu eröffnen, nicht zwingend ge-

geben. Finance Bay ist zwar exklusiv für Fidor Kunden zugänglich, jedoch weisen Vergleichsportale

wie CHECK24 o.ä. ein ähnliches Leistungsspektrum auf und sind deutlich bekannter. Insoweit ist

auch hier lediglich ein geringer Anreiz gegeben, ein Konto bei der Fidor Bank zu eröffnen. Wie im

vorherigen Abschnitt ausgeführt, sieht sich die Fidor Bank sowohl im klassischen Geschäft einer

Direktbank als auch der künftigen Betätigung als Payment-Service-Provider einem starken Wettbe-

werbsdruck ausgesetzt.

3 Daten zur Marktposition von PayPal in Deutschland, Az. WD 4-3000-059/16

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Der Plan-Ist-Vergleich zeigt, dass in den Jahren 2014 bis 2016 das erzielte Ergebnis vor Steuern

deutlich unterhalb des jeweiligen Planwerts lag. Gemäß der Hochrechnung aus dem September für

das Jahr 2017 wird das Ergebnis vor Steuern voraussichtlich rund EUR 5,1 Mio. unter dem Planwert

von EUR -55,0 Mio. liegen.

Aufgrund der historischen Planverfehlungen, der aktuellen Hochrechnung für das laufende Ge-

schäftsjahr sowie den Planannahmen hinsichtlich des Wachstums des Kundenbestandes halten wir

die der Bewertung zu Grunde liegende Planung der Fidor Bank daher für ambitioniert.

Da die Fidor Solutions über keine vergleichbare Historie verfügt, fällt eine Plausibilisierung der Pla-

nung auf der Grundlage der vergangenen Entwicklung schwer. Dreh- und Angelpunkt der Pla-

nungsprämissen stellt jedoch das geplante Kundenwachstum und die damit verbundene Erbrin-

gung von Bankdienstleistungen an Nichtbanken dar. Dabei gilt es jedoch zu berücksichtigen, dass

aufgrund der Konzeption von fidorOS als Abnehmer für das „No-Stack-Banking“ primär Mobil-

funkanbieter und große Einzelhandelsketten in Frage kommen. Der deutsche Mobilfunkmarkt wird

aktuell von den drei Anbietern Telekom (D1-Netz), Vodafone (D2-Netz) sowie O2 (E1- und E2-Netz)

beherrscht. Bislang konnte die Fidor Bank lediglich O2 als Kunden gewinnen. Darüber hinaus hat

Orange S.A., der größte Telekommunikationsanbieter in Frankreich, eine Banklizenz erworben, um

seinen Kunden Banking per App vom Smartphone aus zu ermöglichen. Sollte sich der Trend zur

eigenen Banklizenz bei Mobilfunkanbietern durchsetzen, fiele es der Fidor Solutions schwer, Ab-

nehmer für fidorOS zu finden. Da diverse Einzelhandelsketten bereit selbst über eine Banklizenz

verfügen ist fraglich, ob sich die geplanten Wachstumsraten auf diesem Gebiet realisieren lassen.

Dieses Risiko ist nach unserer Auffassung nicht hinreichend in der Planung reflektiert. Vor diesem

Hintergrund halten wir die Planung der Fidor Solutions eher für ambitioniert.

Das Ergebnis vor Steuern der Fidor Factory wurde auf Basis eines Cost-Plus-Ansatzes abgeleitet,

welcher überwiegend auf Umsatzerlösen aufgrund der Leistungsbeziehungen mit der Fidor Bank

beruht. Entsprechende Umsatzerlöse der Fidor Factory sind konsistent als Aufwand in der Planung

der Fidor Bank berücksichtigt. Auf der Grundlage unserer Beurteilung der Planung der Fidor Bank

halten wir die Planung der Fidor Factory für plausibel und konsistent abgeleitet.

d) Unternehmenssteuern

Die Besteuerung der Fidor Bank erfolgte nach dem gegenwärtigen Stand des Unternehmenssteuer-

rechts.

Die Ertragsteuern der Fidor Bank berücksichtigen die Gewerbe- und Körperschaftsteuer sowie den

Solidaritätszuschlag zur Körperschaftsteuer, die auf die inländischen Erträge anfallen. Die Gesell-

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schaft unterliegt einer effektiven Gewerbeertragssteuerbelastung in Höhe von 15,0 %. In Folge der

Unternehmensteuerreform 2008 beträgt der Körperschaftsteuersatz 15,0 % (zuzüglich 5,5 % Soli-

daritätszuschlag). Vorhandene Verlustvorträge wurden als Sonderwert abgebildet.

Vereinfachend wurde darauf verzichtet, einzelne gewerbesteuerliche Hinzurechnungen und körper-

schaftsteuerliche außerbilanzielle Korrekturen zu berücksichtigen. Im Ergebnis halten wir die Steu-

erberechnung für angemessen.

Die voraussichtlich nutzbaren steuerlichen Verlustvorträge belaufen sich Ende des Veranlagungs-

zeitraums 2016 auf rund TEUR 47 (körperschaftsteuerlich) und TEUR 47 (gewerbesteuerlich). Die

daraus resultierende Steuerersparnis wurde als Sonderwert dargestellt.

Im Rahmen unserer Prüfungsarbeiten haben wir die Berechnungen der anfallenden Ertragsteuern,

der angewandten Steuersätze sowie der rechnerischen Richtigkeit überprüft. Darüber hinaus haben

wir die korrekte Ableitung der Verlustvorträge im Sonderwert nachvollzogen. Der in den einzelnen

Planjahren ausgewiesene Steueraufwand ist angemessen abgeleitet.

e) Nachhaltiges Ergebnis und nachhaltige Thesaurierung

Da sich die Gesellschaft nach den Feststellungen des Bewertungsgutachters zum Ende des Detail-

planungszeitraums 2020 noch nicht in einem eingeschwungenen Zustand befindet, hat der Bewer-

tungsgutachter die Planung um ein Rentenjahr (Terminal Value) für die Jahre 2021 ff. erweitert, um

die nachhaltige Entwicklung der Gesellschaft ordnungsgemäß abzubilden.

Die Ableitung des nachhaltigen Ergebnisses basiert auf dem nachhaltig erwarteten Kundenbestand

von 900.000 und dem daraus resultierenden Volumenanstieg der Kundeneinlagen und Kundenkre-

dite sowie der sonstigen risikogewichteten Aktiva. Bei der Ermittlung der auf dem nachhaltigen

2017 2018 2019 2020 2021HR Plan Plan Plan Plan

TEUR TEUR TEUR TEUR TEUR

Zinsergebnis 5.221 6.028 15.366 28.250 37.251Provisionsergebnis 5.510 17.265 27.786 46.958 57.391Sonstige betriebliche Erträge 5.053 1.799 1.931 2.060 2.331Veräußerungsgewinn (Fidor Solutions) 50.209 0 0 0 0

Summe Erträge 65.993 25.092 45.084 77.268 96.973

Personal- und andere Verwaltungsaufwendungen 34.571 40.763 48.791 57.621 57.002Abschreibungen und Wertberichtigungen 92.224 8.913 11.556 14.674 18.506

Ergebnis vor Steuern -60.802 -24.584 -15.264 4.973 21.465

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Kundenbestand basierenden Erträge und Aufwendungen hat der Bewertungsgutachter die in 2020

erwarteten Zinssätze und Provisionen pro Kunde fortgeschrieben.

Bei der Ermittlung der nachhaltig erwarteten Aufwendungen für die IT-Plattform, die IT-

Entwicklung und den Kundenservice hat der Bewertungsgutachter mit Verweis auf die Skalierbar-

keit der Infrastruktur eine unterproportionale Erhöhung in Höhe der hälftigen Kundenwachstumsra-

te vorgenommen. Darüber hinaus hat der Bewertungsgutachter eine Bereinigung der in den sonsti-

gen Verwaltungsaufwendungen enthaltenen nicht nachhaltig erwarteten Beratungsaufwendungen

im Zusammenhang mit dem Gebrauchtwagenportfolio vorgenommen. Die nachhaltigen Personal-

aufwendungen und übrigen Verwaltungsaufwendungen wurden in Höhe der nachhaltigen Wachs-

tumsrate fortgeschrieben. Aufgrund des nachhaltig erwarteten höheren Bruttoertrags ergibt sich im

Rentenjahr ein Anstieg der risikogewichteten Aktiva und daraus resultierend eine Erhöhung der

Mindestkapitalausstattung gemäß Säule I und Säule II, wobei die Risikotragfähigkeit gemäß Säule II

bei der Fidor Bank den limitierenden Faktor darstellt. Bei der Ermittlung der nachhaltig erforderli-

chen Thesaurierung hat der Bewertungsgutachter die nachhaltig erforderliche Mindestkapitalaus-

stattung berücksichtigt.

Wird bei der Bewertung eine Zielkapitalquote unterstellt, dann ergibt sich der zu thesaurierende

Betrag als Residualgröße. Die Fixierung einer Zielkapitalquote ist bei der praktischen Umsetzung

einer Bankbewertung üblich und findet sich auch in der Rechtsprechung (vgl. z. B. OLG München,

5. Mai 2015, 31 Wx 366/13, Tz. 69 (juris); Geltinger/Völkel, Bewertung von Banken, 2. Aufl. 2011,

S. 162).

Die Ableitung des nachhaltig ausschüttbaren Ergebnisses sowie der nachhaltig erforderlichen The-

saurierung erfolgte nach unserer Auffassung sachgerecht.

3. Kapitalisierungszinssatz

Der Ertragswert wird durch Diskontierung der künftigen finanziellen Überschüsse auf den Bewer-

tungsstichtag ermittelt. Der Kapitalisierungszinssatz repräsentiert die Rendite aus einer zur Investiti-

on in das zu bewertende Unternehmen adäquaten Alternativanlage, die dem zu kapitalisierenden

Zahlungsstrom hinsichtlich Fristigkeit, Risiko und Besteuerung äquivalent ist (IDW S 1 i. d. F. 2008,

Tz. 114).

Als Ausgangsgröße für die Bestimmung von Alternativrenditen kommen insbesondere Kapital-

marktrenditen für Unternehmensbeteiligungen (in Form von Aktienportfolios) in Betracht. Diese

Renditen lassen sich grundsätzlich in einen Basiszinssatz und einen von den Anteilseignern auf-

grund der Übernahme unternehmerischen Risikos geforderten Risikozuschlag zerlegen.

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a) Basiszinssatz

Der Bewertungsgutachter Ernst & Young hat den risikolosen Basiszinssatz entsprechend den Emp-

fehlungen des FAUB aus der Zinsstrukturkurve für deutsche Staatsanleihen abgeleitet.

Auf Basis der veröffentlichten Zinsstrukturdaten der Deutschen Bundesbank ergab sich unter Be-

rücksichtigung einer Wachstumsrate von 1,9 % p.a. ein einheitlicher Basiszinssatz von rund

1,25 %.

Dieser Basiszinssatz wurde um typisierte Ertragsteuern gekürzt (25,0 % zuzüglich 5,5 % Solidari-

tätszuschlag). Die Nachsteuergröße beläuft sich auf rund 0,92 %.

Wir haben die Berechnungen nachvollzogen und gelangen für einen Dreimonatszeitraum bis zum

Ende unserer Prüfungsarbeiten zu einem gerundeten Basiszinssatz vor Steuern von 1,25 %.

Wir halten die Verwendung eines risikolosen, nachhaltigen Basiszinssatzes von 1,25 % vor Steuern

bzw. rund 0,92 % nach Steuern für angemessen. Zu den Folgewirkungen des im langfristigen Ver-

gleich sehr niedrigen Zinsniveaus auf die geforderte Eigenkapitalrendite verweisen wir auf den

nachstehenden Abschnitt zur Risikoprämie.

b) Risikozuschlag

Bei der Ermittlung von objektivierten Unternehmenswerten ist zur Ableitung der Risikoprämie nicht

auf die subjektiven Risikoneigungen einzelner Unternehmenseigner, sondern auf das allgemeine

Verhalten des Marktes abzustellen. Dabei ist davon auszugehen, dass Investoren ein besonderes

Risiko bei der Geldanlage in Unternehmen (Anlegerrisiko) sehen. Die Risikoprämie kann mit Hilfe

von Kapitalmarktpreisbildungsmodellen (CAPM, Tax-CAPM) aus den am Kapitalmarkt empirisch

ermittelten Aktienrenditen abgeleitet werden. Trotz teilweisem Vorbehalt ist festzuhalten, dass

diesem Kapitalmarktmodell in der nationalen und internationalen Bewertungspraxis überragende

Akzeptanz zukommt und es ein hohes Maß an Vergleichbarkeit und Rechtssicherheit erzeugt

(vgl. für alle: Paulsen, Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 4. Aufl., 2015, § 305 Tz. 115 ff.).

Die Verwendung des CAPM bzw. des Tax-CAPM wird von der ganz überwiegenden Mehrzahl der

Gerichte und Literaturstimmen als sachgemäß erachtet und ist die vorherrschende Methode zur

Ableitung eines objektivierten Risikozuschlags (vgl. OLG Frankfurt, 28. März 2014, 21 W 15/11,

Tz. 51 (juris); OLG Düsseldorf, 4. Juli 2012, 26 W 8/10, Tz. 51 (juris); IDW S 1 i. d. F. 2008, Tz. 92;

WP-Handbuch 2014, Bd. II, Abschn. A Tz. 327 ff., 293 ff.; Dörschell et al, Der Kapitalisierungszins-

satz in der Unternehmensbewertung, 2. Auflage, 2012, S. 27 f.).

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Da Aktienrenditen und Risikoprämien grundsätzlich durch Ertragsteuern beeinflusst werden, er-

folgt eine realitätsnähere Erklärung der empirisch beobachtbaren Aktienrenditen durch das Tax-

CAPM, welches das CAPM um die explizite Berücksichtigung der Wirkungen persönlicher Ertrag-

steuern erweitert. Hierdurch kann insbesondere die unterschiedliche Besteuerung von Zinseinkünf-

ten, Dividenden und Veräußerungsgewinnen abgebildet werden.

Nach dem Tax-CAPM setzt sich der Kapitalisierungszinssatz aus dem um die typisierte Ertragsteuer

gekürzten Basiszinssatz und dem auf Basis des Tax-CAPM ermittelten Risikozuschlag nach Ertrag-

steuern zusammen. Die komplexe Größe des unternehmensspezifischen Risikozuschlags wird hier-

bei in zwei empirisch beobachtbare bzw. ableitbare Faktoren, die Marktrisikoprämie und den Be-

tafaktor, zerlegt.

aa) Marktrisikoprämie

Je nach Steuersystem bedarf es eines jeweils abgestimmten Verhältnisses zwischen der Marktrisi-

koprämie vor und nach Steuern. Mit anderen Worten ist die Marktrisikoprämie nach Steuern im

Halbeinkünfteverfahren (Zeitraum 2000 bis 2008) eine andere als im System der Abgeltungsteuer

(Zeitraum ab 2009). Darüber hinaus ist der Frage nachzugehen, ob und gegebenenfalls welche

Auswirkungen sich seit der Finanzkrise auf die Risikoprämie ergeben.

Marktrisikoprämie bei der Abgeltungsteuer

Ausgehend von der 2004 publizierten Stehle-Studie, die - soweit erkennbar - bis heute die einzige

Nachsteuerrechnung auf Basis einer langen historischen Datenreihe darstellt, war lange Zeit keine

neuere Quelle verfügbar. Dies galt insbesondere im Hinblick auf die mit der Unternehmensteuerre-

form 2008 verbundene Änderung der steuerlichen Rahmenbedingungen. Daher hat der FAUB zur

Einführung der Unternehmensteuerreform eine Konzeption entwickelt, die zu der bekannten

Bandbreite zwischen 4,0 % und 5,0 % nach Steuern führte (vgl. zum Übergang vom Halbein-

künfteverfahren auf die Abgeltungsteuer: OLG Frankfurt, 30. August 2012, 21 W 14/11, Tz. 68

(juris); OLG München, 26. Juli 2012, 31 Wx 250/11, Tz. 34 (juris); OLG Düsseldorf, 4. Juli 2012,

26 W 8/10, Tz. 52 (juris) bzw. zur anfängliche Höhe bei der Abgeltungsteuer: OLG Frankfurt,

5. Februar 2016, 21 W 69/14, Tz, 73 (BeckRS); OLG Stuttgart, 27. Juli 2015, 20 W 5/14, Be-

schlusstext S. 5; OLG München, 5. Mai 2015, 31 Wx 366/13, Tz. 80 (juris); OLG Frankfurt,

26. Januar 2015, 21 W 26/13, Tz. 48 (juris); OLG Stuttgart, 15. Oktober 2013, 20 W 3/13, Tz. 131

(juris); OLG Frankfurt, 17. Dezember 2012, 21 W 39/11, Tz. 66 (juris)).

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Marktrisikoprämie seit der Finanzmarktkrise

Die in den vom FAUB angestellten Modellüberlegungen angesetzten Basiszinssätze entsprachen

jeweils den damaligen Marktverhältnissen. Die kurzfristige Änderung der Basiszinssätze ist u. E. in

Zeiten stabiler wirtschaftlicher Entwicklungen kein Grund, die längerfristigen Überlegungen zur

Höhe der Aktienrendite oder der Marktrisikoprämie zu verwerfen. Das infolge der Finanz- und

Schuldenkrise bereits seit einiger Zeit andauernd niedrige Zinsniveau legt jedoch nahe, dass die

oben hergeleitete Bandbreite für die Marktrisikoprämie nicht mehr unreflektiert verwendet werden

kann. Ohne die Berücksichtigung korrespondierender Effekte bei der Risikoprämie würde das ge-

sunkene Basiszinssatzniveau ceteris paribus eine nachhaltig reduzierte Renditeerwartung der Kapi-

talmarktteilnehmer implizieren.

Der Bundestag hat am 29. September 2016 dem Kompromissvorschlag des Vermittlungsausschus-

ses zur Reform des Erb- und Schenkungssteuergesetzes zugestimmt. Nach Auffassung des LG

München I (30. Juni 2017, 5 HK 13182/15, Beschlusstext S. 118) kann aus dem Kapitalisierungsfak-

tor von 13,75 kein zwingender Rückschluss auf die Marktrisikoprämie von 5,5 % nach Steuern

gezogen werden. Dem ist zuzustimmen, da weder die alte noch die neue Fassung des BewG eine

Aussage zur Höhe der Marktrisikoprämie als solche enthalten und es sich zudem bei dem Kapitali-

sierungsfaktor um eine Größe vor Einkommensteuer handelt. Der hiernach anzusetzende Kapitali-

sierungsfaktor von 13,75 gemäß § 203 BewG entspricht einem Kapitalisierungszinsatz von rund

7,27 %. Ausgehend von dem für 2016 geltenden steuerrechtlichen Basiszinssatz von 1,10 % und

einem Zuschlag von pauschal 4,50 % und damit einem Kapitalisierungszinssatz von 5,60 % ent-

spricht dies einer Erhöhung der Renditeforderung von rund 29,9 % beim vereinfachten Ertrags-

wertverfahrens gem. §§ 199 ff. BewG. Der Gesetzesänderung kommt insoweit Indizwirkung für die

Abbildung der fortdauernden Auswirkungen der Finanzmarktkrise zu. Ob hierfür - wie in der Be-

schlussempfehlung des Finanzausschusses - eine Untergrenze beim Basiszinssatz i.S.v. § 203 BewG

a.F. von 3,5 % bei konstanter Höhe des Zuschlags (vgl. BT-Drs. 18/8911, 22. Juni 2016, S. 50) an-

gedacht war, hat auf die umgesetzte Erhöhung der Renditeforderung keinen Einfluss.

In jedem Fall entspricht die aktuelle Kapitalmarktsituation nicht der Konstellation, wie sie im Durch-

schnitt für die Vergangenheit beobachtbar war. Es ist daher geboten, die gewohnte Praxis der Be-

messung des Kapitalisierungszinssatzes zu hinterfragen.

Da bezüglich des Handels mit deutschen Staatsanleihen kein Marktversagen beobachtbar und auch

keine risikoärmere Anlageform erkennbar ist, ist u. E. trotz niedriger Renditen die beobachtbare

Rendite deutscher Staatsanleihen unverändert der bestmögliche Schätzer für risikofreie Renditen.

Aufgrund der offensichtlichen Verlagerung der Nachfrage zugunsten relativ gesehen risikoärmerer

deutscher Staatsanleihen muss jedoch davon ausgegangen werden, dass der Preis für die Risiko-

übernahme und damit die Marktrisikoprämie seit der Einführung der Abgeltungsteuer gestiegen ist.

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Ohne Anspruch auf Vollständigkeit geben wir nachstehend einige Aussagen der Deutschen Bun-

desbank zu impliziten Marktrisikoprämien und realen Aktienrenditen in diesem Kontext wider.

Im Monatsbericht August 2010 ab S. 41 werden die „Wertpapiermärkte und der Wertpapierver-

kehr“ beschrieben. Ausgehend von der europäischen Schuldenkrise, der Abflachung der deutschen

Zinsstrukturkurve, den Auswirkungen auf internationale Rentenmärkte, den Finanzierungsbedin-

gungen für Unternehmen und weiteren finanzwirtschaftlichen Eckpunkten werden die internatio-

nalen Aktienmärkte zwischen Schuldenkrise und Konjunkturaufhellung beschrieben.

Hinsichtlich der Aktienrisikoprämie wird ausgeführt, dass die von den Investoren geforderte Über-

schussrendite eines Engagements in europäische Aktien gegenüber einer sicheren Anlage zuletzt

bei rund 7,5 % und damit deutlich über dem Fünfjahresdurchschnitt von rund 5 % lag. Die Über-

schussrendite, d.h. die Marktrisikoprämie vor Steuern weist damit auf eine relativ vorsichtige Aus-

richtung der Anleger hin (vgl. Deutsche Bundesbank, Monatsbericht August 2010, S. 47, linke Spal-

te).

Es ist festzuhalten, dass die Stehle-Daten bis 2003, die ein Ausgangspunkt für die frühere Bandbrei-

tenempfehlung waren, naturgemäß die europäische Schuldenkrise, wie sie vorstehend von der

Deutschen Bundebank im Herbst 2010 beschrieben wird, noch nicht umfassen konnten. Ferner ist

darauf hinzuweisen, dass diese Krise breitflächige Auswirkungen hat und hatte. Es liegt daher na-

he, dass sie auch einen Einfluss auf die Marktrisikoprämie hat.

Wiederum unter dem Kapitel „Wertpapiermärkte und Wertpapierverkehr“ werden im Monatsbe-

richt November 2012 ab S. 46 die internationalen Rentenmärkte, die geldpolitischen Maßnahmen,

der weiter flache Verlauf der deutschen Zinsstrukturkurve, die Inflationserwartungen sowie weitere

finanzwirtschaftliche Eckpunkte beleuchtet. Zwar habe sich die Risikoaversion der Anleger seit der

Jahresmitte 2012 leicht zurückentwickelt. „Gleichwohl liegen die impliziten Aktienrisikoprämien in

längerfristiger Betrachtung noch immer auf einem vergleichsweise hohen Niveau. Dies deutet auf

eine anhaltende Vorsicht der Akteure am Aktienmarkt hin.“ (vgl. Deutsche Bundesbank, Monatsbe-

richt November 2012, S. 50, rechte Spalte).

Die im Monatsbericht November 2012 auf S. 50, linke Spalte, enthaltene grafische Entwicklung der

Aktienrisikoprämie haben wir anhand der Daten der Deutschen Bundesbank bis Ende Oktober

2014 nachstehend dargestellt. Die Risikoprämie, die Ende 2009 bei rund 5,1 % lag, zeigt in den

Jahren 2010 bis 2012 einen sukzessiven Anstieg, dessen Höhepunkt mit rund 9,1 % im Mai 2012

lag. Dem Rückgang bis März 2014 erfolgte ein leichter Anstieg, der im Oktober 2014 bei rund

7,4 % endete.

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Quelle: Deutsche Bundesbank, Datenreihen: IMP_RSK_ES50._X.0000; eigene Darstellung

Ohne hier auf Berechnungsdetails einzugehen, signalisiert der vorstehende Kursverlauf, dass ganz

offensichtlich die Bandbreitenempfehlung des FAUB von 4,5 % bis 5,5 % (jeweils vor Steuern) seit

der Einführung der Abgeltungsteuer durch die Unternehmensteuerreform 2008 (vgl. IDW-FN 2009,

S. 696 f.) die Auswirkungen der Finanzmarkt- und Konjunkturkrise nicht reflektiert.

Im November 2014 stellte die Deutsche Bundesbank fest, dass sich die Aktienrisikoprämien im Be-

richtszeitraum seit Juni 2014 um einen knappen Prozentpunkt erhöht hätten, und zwar auf 9,5 %.

In der Fußnote 6 (S. 55, rechte Spalte) wird erläutert, dass sich das im Vergleich zum historischen

Mittel hohe Niveau der Aktienrisikoprämie „aus einer Kombination von hoher Dividendenrendite,

hohem mittelfristig erwarteten Gewinnwachstum und aus einer derzeit außergewöhnlich niedrigen

Rendite der risikofreien Alternativanlage“ ergebe (Deutsche Bundesbank, Monatsbericht November

2014, S. 55).

Die Bundesbank konstatiert in ihrem Monatsbericht Mai 2016 (weitere) Fluchttendenzen in sichere

Anlagen. Hierauf deute das bis in den Februar 2016 vorherrschende Muster steigender Aktienrisi-

koprämien bei fallenden Renditen von Bundesanleihen hin. Die Risikoprämie für den marktbreiten

Euro Stoxx habe sich gegenüber Ende 2015 (nur) noch um 0,3 Prozentpunkte ausgeweitet

(vgl. Deutsche Bank, Monatsbericht Mai 2016, S. 49, linke Spalte).

4,0

5,0

6,0

7,0

8,0

9,0

10,0

Dez. 09 Jun. 10 Dez. 10 Jun. 11 Dez. 11 Jun. 12 Dez. 12 Jun. 13 Dez. 13 Jun. 14

Implizite Aktienrisikoprämien Euro Stoxx 50

%

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Die folgende Abbildung aus dem Monatsbericht Mai 2016 der Deutschen Bundesbank zeigt das

unverändert hohe Niveau der Risikoprämien auf dem europäischen Aktienmarkt:

Quelle: Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Mai 2016, S. 49, rechte Spalte

Neben der Betrachtung impliziter Aktienrenditen kann die Reaktion der Marktrisikoprämie auch

anhand realer Aktienrenditen untersucht werden. Die Deutsche Bundesbank hat in dem Mo-

natsheft Oktober 2015 eine Analyse realer Renditen für wesentliche Anlageformen veröffentlicht.

Hintergrund war, dass seit Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise die nominellen Zinsen in

Deutschland auf ein historisch niedriges Niveau gesunken sind (S. 14). Daher wird der Realzins als

geeigneter Indikator für die Verzinsung von Vermögenswerten angesehen (S. 14 ff.).

Hierzu werden die am Kapitalmarkt beobachtbaren nominalen Aktienrenditen inflationsbereinigt.

Ohne auf Unterschiede im Detail einzugehen, geben Wagner et al., WPg 2013, S. 948, 935, einen

Wert von 8,9 % (für 1955-2011) an. Stehle/Schmidt, Kredit und Kapital 2015, S. 427, 469, nennen

7,96 % (für 1954-2013) und die Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Oktober 2015, S. 20, bezif-

fert die reale jährliche Aktienrendite mit gut 8 % (für 1991-2014).

Den realen Aktienrenditen wird in einem ersten Schritt die jeweils gegenwärtig bestehende Inflati-

onserwartung hinzugerechnet, um auf die vertrauten nominellen Aktienrenditen zu gelangen. Im

zweiten Schritt wird der jeweils aktuelle risikolose Zinssatz abgezogen, um auf die gesuchte Markt-

risikoprämie zu kommen. Die Frage von qualitativen/quantitativen Zuschlägen soll hier ausgeblen-

det werden.

Ausgehend von der von der Deutschen Bundesbank über einen langen Zeitraum, der Krisenjahre

umfasst, erhobenen realen Aktienrendite von gut 8 % kann man zeigen, dass durch die expansive

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Geldpolitik und andere Faktoren, die auf die Inflationserwartung wirken, ein Anstieg der Marktrisi-

koprämie zu verzeichnen ist.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Finanzmarkt- und Staatschuldenkrise zu massiven Ver-

werfungen geführt hat, die geeignet sind, die längerfristigen Überlegungen zur Höhe der Aktien-

rendite in Zeiten stabiler Verhältnisse zu hinterfragen. Da anderweitige Erkenntnismöglichkeiten

zeitnah nicht verfügbar waren, wurden im Schrifttum wie auch seitens des FAUB sowohl implizite

Marktrisikoprämien als auch reale Aktienrenditen näher untersucht.

In diesem Zusammenhang hält der FAUB es in seinem Hinweis vom 19. September 2012 (vgl. IDW-

FN 2012, S. 568 f.) für sachgerecht, derzeit bei der Bemessung der Marktrisikoprämie von einerBandbreite von 5,0 % bis 6,0 % (nach persönlichen Steuern) auszugehen.

Die Empfehlung zur Erhöhung der Marktrisikoprämie erfolgt aus einer Gesamtschau und berück-

sichtigt in theoretischer wie inhaltlicher Sicht den Umstand eines höheren Risikos bei Aktieninvesti-

tionen gegenüber risikolosen bzw. staatlich abgesicherten Anlageformen.

Bei einer Normalisierung der Marktsituation, die in positiven Nominal- und Realrenditen und gerin-

gen Unterschieden zwischen laufzeitkongruentem EURIBOR und deutscher Staatsanleiherendite

zum Ausdruck käme, ist auch von wieder normalisierten durchschnittlichen Risikoprämien auszuge-

hen.

Abschließend ist festzuhalten, dass die vom Bewertungsgutachter angesetzte Marktrisikoprämie

nach Steuern von 5,5 % nach unserer Auffassung zutreffend ist. Eine Marktrisikoprämie in Höhe

von 5,5 % nach Steuern wurde bislang auch von den Landgerichten Stuttgart, Hannover, Kiel,

Koblenz, Köln und Hamburg bestätigt (vgl. LG Stuttgart, 22. August 2016, 31 O 01/12, Be-

schlusstext S. 22; LG Köln, 22. März 2016, 91 O 30/14, Beschlusstext S. 32; LG Hamburg, 23. Feb-

ruar 2016, 403 HKO 152/12, Tz. 53 (justizportal HH); LG Koblenz, 10. September 2015, 4 HK O

166/12, Beschlusstext S. 41; LG Kiel, 21. April 2015, 16 O 75/12, Beschlusstext S. 44 ff. (6,0 %); LG

Hannover, 25. Februar 2015, 23 AktE 7/13, Beschlusstext, S. 18 f.; LG Hamburg, 26. September

2014, 403 HKO 19/13, Beschlusstext S. 15, krit.: LG München I, 30. Juni 2017, 5 HK 13182/15,

Beschlusstext S. 112; LG Dortmund, 4. November 2015, 18 O 52/13, S. 6 (BeckRS); LG Frankfurt,

22. September 2015, 3-05 O 63/14, Beschlusstext S. 23; LG Frankfurt, 16. Dezember 2014, 3-05 O

164/13, Tz. 112 (juris)). Das LG Hannover verweist u. a. darauf, dass infolge der Finanzmarktkrise

eine veränderte Risikotoleranz von Anlegern zu berücksichtigen sei (vgl. LG Hannover, 25. Februar

2015, 23 AktE 7/13, Beschlusstext, S. 18f.). Konsequenterweise haben das OLG Hamburg (30. Juni

2016, 13 W 75/14, Beschlusstext S. 19), das OLG Celle (17. Juni 2016, 9 W 42/16, Beschlusstext S.

5) sowie das OLG Dresden (16. August 2016, 8 W 244/17, Beschlusstext S. 23) den Ansatz von

5,5 % der Vorinstanz jeweils bestätigt. Das OLG Frankfurt (26. Januar 2017, 21 W 75/15, Tz. 73

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(BeckRS)) hat zuletzt keine Bedenken gegen die Erhöhung der Bandbreite geäußert und betont, es

sei „im Regelfall angemessen, einer Empfehlung des Fachausschusses für Unternehmensbewertung

zu folgen und die Marktrisikoprämie innerhalb des dort vorgeschlagenen Bereichs festzusetzen.

Mithin wurde der Ansatz von 5,5 % nach Steuern bestätigt.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die vom Bewertungsgutachter nach gutachterlichem Er-

messen festgesetzte Marktrisikoprämie nach Steuern von 5,5 % angemessen ist.

bb) Betafaktor

Die durchschnittliche Risikoprämie ist im Hinblick auf die spezielle Risikostruktur des jeweils zu be-

wertenden Unternehmens zu modifizieren. Dieses unternehmensspezifische Risiko wird nach dem

CAPM wie nach dem Tax-CAPM im so genannten Betafaktor ausgedrückt. Abweichungen des

tatsächlichen künftigen Zahlungsstroms vom Erwartungswert des künftigen Zahlungsstroms stellen

Risiken für die Anteilseigner dar (vgl. Franken/Schulte, BewP 2012, S. 92, 93).

Bei dem CAPM handelt es sich um ein auf der Portfoliotheorie basierendes Modell des Kapitalmark-

tes. Entsprechend wird unterstellt, dass Anleger in der Lage sind, durch den Erwerb von Beteiligun-

gen an verschiedenen Unternehmen ihre Risikoposition zu vermindern („Diversifikation“). Daher

wird zwischen dem so genannten „systematischen Risiko“, das sich durch Diversifikation nicht

vermindern lässt, und dem so genannten „unsystematischen Risiko“ unterschieden. Da sich

durch das unsystematische Risiko bedingte Schwankungen von Zahlungsströmen verschiedener

Unternehmen ausgleichen, bleibt der Zahlungsstrom aus dem Marktportfolio hinsichtlich dieses

unsystematischen Risikos unbeeinflusst. Nach dem CAPM abgeleitete Risikoprämien enthalten da-

her nur eine Kompensation für das im Betafaktor erfasste systematische, nicht weiter diversifizier-

bare Risiko. Dabei dürfen unsystematische Risiken nicht mit unternehmensspezifischen und syste-

matische Risiken nicht mit gesamtwirtschaftlichen Risiken gleichgesetzt werden (vgl. Zeidler et a.,

BewP 2012, S. 134). Vielmehr reagieren Unternehmen auf makroökonomische Risikotreiber unter-

schiedlich stark und gegebenenfalls mit unterschiedlichen Vorzeichen, mithin kommt es zu ganz

unterschiedlichen, unternehmensindividuellen Reaktionen auf die Risikotreiber (vgl. Fran-

ken/Schulte, BewP 2012, S. 92, 97) und damit zu einem unterschiedlich hohen systematischen

Risiko, das im Betafaktor zu reflektieren ist.

Das bewertungsrelevante, systematische Risiko eines Unternehmens lässt sich weiter unterteilen in

das operative Risiko, d. h. das der Geschäftstätigkeit innewohnende Risiko, und das Kapital-strukturrisiko. Letzteres basiert auf der Tatsache, dass mit zunehmendem Verschuldungsgrad die

Schwankung der an die Anteilseigner fließenden Überschüsse zunimmt.

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Der Betafaktor wird mittels Regressionsanalysen aus Kapitalmarktdaten abgeleitet. Er ergibt sich

rechnerisch als Steigungsmaß einer Regressionsgeraden, die so durch eine „Punktwolke“ aus Ren-

ditepaaren von Unternehmensrenditen und Marktrenditen gelegt wird, dass die Abstände der

Punkte von dieser Regressionsgeraden minimal sind. Die Ermittlung des Betafaktors erfolgt dabei

anhand einer linearen Regression der unternehmensspezifischen Aktienkursrendite (= zu erklärende

Variable) auf die Rendite des Aktienindex (= erklärende Variable).

Der Betafaktor drückt inhaltlich aus, wie sich das Risiko des bewerteten Unternehmens zum Markt-

risiko verhält. Ist der Betafaktor 1, so entspricht das Risiko dem Marktdurchschnitt; ein Betafaktor

von kleiner als 1 bedeutet, dass das zu bewertende Unternehmen einem geringeren Risiko ausge-

setzt ist. Bei einem Betafaktor von größer als 1 ist das Unternehmen entsprechend einem Risiko

ausgesetzt, welches oberhalb des Marktdurchschnitts liegt.

Neben der rein rechnerischen Ableitung des Steigungsmaßes stellt sich die Frage nach der Aussa-

gekraft der Regressionsanalyse. Bei regelmäßig mit Bewertungsfragen beschäftigten Wirtschafts-

prüfungsgesellschaften hat sich deshalb in den letzten Jahren die statistische Güteanalyse im Sinne

einer vorgeschalteten Filteruntersuchung durchgesetzt. Bildlich gesprochen kann bei einer stark

streuenden Punktwolke die Regressionsgerade nicht genau bestimmt werden, da auch eine leicht

gedrehte Gerade ein nahezu ebenso gutes Abbild repräsentiert. Um die Güte einer Regression zu

messen, werden unterschiedliche statistische Maße verwendet, die darüber Aufschluss geben sol-

len, wie „gut“ im Sinne von „statistisch aussagekräftig“ die abgeleiteten Regressionsergebnisse

sind. Hierbei kommen im Wesentlichen das Bestimmtheitsmaß (r²) und der so genannte T-Test zur

Anwendung. Ferner können zur Güteanalyse des Betafaktors auch Geld-Brief-Spannen ausgewertet

werden.

Bestimmtheitsmaß (r²)

Ein Indikator für die statistische Aussagefähigkeit der Regressionsgleichung ist das Be-stimmtheitsmaß (r²). Es gibt an, wie viel Prozent der Aktienkursrendite durch die Indexrendite

erklärt wird. Im CAPM ist die Rendite der zu bewertenden Aktie vollständig durch die Entwicklung

des Marktportfolios erklärt, da lediglich das systematische Risiko bepreist wird. Der Betafaktor misst

dementsprechend die Schwankung der Aktienkursrendite relativ zur Schwankung der Marktrendite.

In diesem Idealfall eines r² von 1 liegen alle Beobachtungspunkte auf einer Geraden, die mit der

Regressionsgeraden übereinstimmt. Allgemein stellt sich die Frage, wie geringere Ausprägungen

von r² zu interpretieren sind. Ein r² unter 1 bedeutet, dass ein (oft sehr hoher) Anteil der in der

Stichprobe beobachteten Aktienkursstreuung nicht durch die Marktentwicklung, sondern durch

andere Einflussfaktoren erklärbar ist (vgl. Dörschell et al., Der Kapitalisierungszinssatz in der Unter-

nehmensbewertung, 2. Auflage, 2012, S. 177; Dörschell et al., WPg 2008, S. 1152, 1160).

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Üblicherweise werden bei Betaberechnungen aus empirischen Daten Bestimmtheitsmaße im ein-

stelligen Prozentbereich bis hin zu rund 50 % (entsprechend 0,50) erzielt. Hinsichtlich des Be-

stimmtheitsmaßes hat das OLG Stuttgart festgestellt, dass diese bei Werten von 0,051 bzw. 0,054

sehr nahe an Null liegen und damit keine ausreichende Signifikanz aufweisen (vgl. OLG Stuttgart,

18. Dezember 2009, 20 W 2/08, Tz. 247 (juris); gl. A. OLG Frankfurt, 29. April 2011, 21 W 13/11,

Tz. 77 (juris) bei einem r2 von 0,02). Selbst bei Werten von 0,07 bzw. 0,11 wird vom OLG Stuttgart

die statistische Güte als zu gering für eine Verwendung des unternehmenseigenen Betas eingestuft

(vgl. OLG Stuttgart, 22. September 2009, 20 W 20/06, AG 2010, S. 42, 45). Generell gibt es keine

eindeutige Untergrenze für eine statistische Aussagefähigkeit des Bestimmtheitsmaßes.

T-Test

Neben der Beurteilung des Bestimmtheitsmaßes bietet sich der T-Test zur Prüfung der statistischen

Signifikanz an. Der T-Test ist ein statistisches Verfahren zur Überprüfung von Hypothesen. Dabei

wird stark vereinfacht gesprochen untersucht, ob das stets anhand einer Stichprobe für einen

Mehrjahreszeitraum (i. d. R. 2 oder 5 Jahre) ermittelte Beta statistisch einen gesicherten Zusam-

menhang zwischen der Rendite der Aktie und der Rendite des Index widerspiegelt. Ein statistischer

Zusammenhang zwischen Aktienkurs- und Marktrendite kann bei diesem Verfahren allerdings im-

mer nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit (der so genannten Konfidenzwahrscheinlichkeit,

typischerweise 95 % oder 99 %) vermutet werden.

In Abhängigkeit von der geforderten Konfidenzwahrscheinlichkeit und der Anzahl der Renditekom-

binationen zwischen Index und Aktie gibt es Tabellenwerke, die den geforderten T-Wert enthalten.

Ist der im Einzelfall berechnete Absolutwert der Prüfgröße (T-Wert) größer als der Tabellenwert der

t-Verteilung (T-kritisch), dann wird mit einer hohen Wahrscheinlichkeit von einem statistisch gesi-

cherten Zusammenhang ausgegangen. Anders ausgedrückt bedeutet dies, dass die Wahrschein-

lichkeit, die beobachtete Punktwolke zu erhalten, ohne dass dabei die Marktrendite einen Einfluss

auf die Aktienkursrendite hat, unter 5 % bzw. 1 % liegt (vgl. Dörschell et al., WPg 2008, S. 1152,

1160).

Geld-Brief-Spanne

Der Betafaktor soll den Zusammenhang zwischen den Renditen der Aktie und den Renditen des

Marktes abbilden. Unabdingbare Voraussetzung für die Prognoseeignung einer mittels Regression

für den Betafaktor abgeleiteten Wertindikation ist, dass sich die Aktie sachlich und zeitlich unver-

zerrt an Änderungen der ökonomischen Rahmenbedingungen anpasst. Würden sich die Aktienren-

diten dagegen zeitlich verzögert anpassen, kann der statistisch ermittelte Betafaktor den Zusam-

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menhang zwischen Aktienrendite und Marktrendite nicht zutreffend widerspiegeln (vgl.

Dörschell/Franken/Schulte, Der Kapitalisierungszinssatz in der Unternehmensbewertung, 2. Aufl.,

2012, S. 167).

Als Maßstab für eine gegebene unverzerrte Anpassungsfähigkeit werden in der Literatur verschie-

dene Liquiditätsmaße wie die Geld-Brief-Spanne diskutiert. In der Literatur gibt es bislang keinen

Konsens darüber, ab welcher absoluten Höhe der Geld-Brief-Spanne eine ausreichende Liquidität

des Marktes nicht mehr gegeben ist (vgl. Dörschell/Franken/Schulte, Der Kapitalisierungszinssatz in

der Unternehmensbewertung, 2. Aufl., 2012, S. 175). Die Liquiditätsklasse 1 für Designated

Sponsors im Xetra-Handel liegt bei maximal 2,5 % (vgl. Deutsche Börse AG, Designated Sponsor

Guide, Version 10.1., Punkt 4.2). Nach Auffassung des OLG Frankfurt, 26. Januar 2017, 21 W

75/15, Tz. 34 (BeckRS), bestehen bei einer deutlich über 2 % liegenden Geld-Briefspanne erhebli-

che Bedenken hinsichtlich der Liquidität der Aktie. Nicht ausreichend seien 2,37 % (vgl. OLG Frank-

furt, 19. Januar 2016, 21 W 70/15, Tz. 69 (BeckRS)). Das LG München I, 2. Dezember 2016, 5 HK

4781/15, Tz. 147 (juris), sieht die Obergrenze für den Bid-Ask-Spread bei 1,0 % bis maximal

1,25 %. Bei darüber liegenden Werten soll der Kurs zu träge auf Kapitalmarktinformationen reagie-

ren, da die Transaktionskosten durch hohe Bid-Ask-Spreads zu hoch sei (vgl. LG München I, 30.

Juni 2017, 5 HK 13182/15, Beschlusstext, S. 120. Bei einem über der zu definierenden Obergrenze

liegenden Betafaktor sei die Heranziehung eines Betafaktors abzulehnen.

Die von uns zur Plausibilisierung herangezogenen Peer Group-Unternehmen weisen allesamt eine

unter 1,0 % liegende Geld-Brief-Spanne auf und verfügen daher über eine ausreichende Liquidität.

Raw und Adjusted Beta

Das direkt aus den (Kurs-)Renditen mittels Regression abgeleitete Beta wird häufig auch als „Raw

Beta“ bezeichnet. Wird dieses mittels einer Gewichtungsformel mit einem Gesamtmarktbeta von

eins in Beziehung gesetzt, spricht man von einem sog. „Adjusted Beta“.

Bei der Adjustierung wird die Tatsache genutzt, dass empirische Studien für eine Vielzahl von Ak-

tienmärkten und Zeiträumen ergeben haben, dass Betafaktoren sich im Zeitablauf zum Markt-

durchschnitt und damit zum Marktbetafaktor von eins entwickeln (vgl. Blume, Journal of Finance,

1971, Vol. 26, No. 1, S. 1 ff.; Zimmermann, Schätzung und Prognose von Betawerten, 1997,

S. 241 m.w.N.).

Aus ökonomischer Sicht kann dies damit begründet werden, dass Unternehmen im Zeitablauf

durch Wachstum und Diversifizierung ihr Risiko streuen und somit Betawerte tendenziell gegen

„eins“ konvergieren. In der Literatur wird diese Eigenschaft von Betafaktoren auch unter dem Be-

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griff der „autoregressiven Tendenz“ diskutiert. Sie bewirkt, dass der Betafaktor einer Aktie in der

Folgeperiode näher am Mittelwert aller Aktien liegt, als in den vorangegangenen Perioden. Unter

dem Mittelwert liegende Werte tendieren somit nach oben, über dem Mittelwert liegende Werte

nach unten. Durch eine autoregressive Anpassung (bspw. nach Blume) kann die Bandbreite der

Streuung der Betafaktoren verringert werden (vgl. Zimmermann, Schätzung und Prognose von

Betawerten, 1997, S. 247).

Statistische Schätzungen weisen stets bestimmte Unsicherheiten auf. Eine Adjustierung hin zur

Marktreferenz (Wert eins), kann ähnlich wie die Durchschnittsbildung und Rundung beim Svensson

Verfahren, entsprechende Unsicherheiten ausgleichen. Insoweit können Über- oder Unterschät-

zungen des Betafaktors durch die Blume-Anpassung deutlich reduziert werden (vgl. Scheld, Fun-

damental Beta, 2013, S. 78).

Für eine Anpassung von Raw Betas wird auch die Berechnungssystematik ins Feld geführt. Die in

der ferneren Vergangenheit liegenden fundamentalen Veränderungen des Unternehmens sind im

Rahmen der Ex-Post-Beta-Schätzung bereits berücksichtigt worden. Dagegen sind die aus den

jüngsten fundamentalen Veränderungen resultierenden Risiken nur unzureichend berücksichtigt

(vgl. Rosenberg/Guy, Financial Analysts Journal 1976, S. 62, 63). Mit anderen Worten ist eine An-

passung der empirisch aus Vergangenheitsdaten gewonnenen Raw Betas notwendig, um die zu-

künftig zu erwartenden Trends zu antizipieren (vgl. Timmreck, FB 2002, S. 300, 304). Dabei wird

eine Anpassung des Raw Beta hin zum Marktdurchschnitt (Wert 1) als gerechtfertigt angesehen.

Der Adjustierung wird demzufolge die Aufgabe zugewiesen, eine adäquate Zukunftsorientierung

zu gewährleisten (vgl. Scheld, Fundamental Beta, 2013, S. 76 f.).

Das Adjusted Beta entsprechend der Blume-Anpassung stellt im Finanzbereich die am häufigsten

genutzte Beta-Definition dar (vgl. Scheld, Fundamental Beta, 2013, S. 77). Dieses Verfahren, bei

dem das Raw Beta mit 0,667 (=2/3) multipliziert und 0,333 hinzuaddiert wird, hat dabei den Rang

einer Konvention.

Bewertungsmethodisch handelt es sich bei der Verwendung von Adjusted und Raw-Betafaktoren

um gleichermaßen akzeptierte wie praktizierte Vorgehensweisen. Auch der Rechtsprechung ist

nicht zu entnehmen, dass einer der Methoden gegenüber der anderen ein genereller Vorrang ein-

geräumt würde. Der Bewertungsgutachter verwendet Raw Betas. In der Literatur sowie der Bewer-

tungspraxis gibt es keine einhellige Meinung zur Verwendung von „Adjusted Betas“ bzw. „Raw

Betas“. Eine Analyse der Rechtsprechung zeigt, dass die Verwendung von Raw oder Adjusted Betas

relativ selten thematisiert wird. In zwei neueren Entscheidungen hat sich das OLG Frankfurt (26.

Januar 2015, 21 W 26/13, Tz. 51 (juris) und 18. Dezember 2014, 21 W 34/12, Tz 87 (juris)) für die

Verwendung von Raw Betas ausgesprochen und damit seine Auffassung, wonach gegen die Ver-

wendung von Adjusted Betas nichts einzuwenden sei (vgl. OLG Frankfurt, 20. Dezember 2010, 5 W

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51/09, Tz. 60 und 70 (juris); gl. A. OLG Karlsruhe, 23. Juli 2015, 12a W 4/15, Tz. 66 (juris); OLG

München, 18. Februar 2014, 31 Wx 211/13, AG 2014, S. 453, 455; OLG Stuttgart, 15. Oktober

2013, 20 W 3/13, Tz. 139 (juris)), geändert. Das LG Frankfurt (25. November 2014, 3-05 O 43/13,

Tz. 76 (juris)) hat darauf hingewiesen, dass die Verwendung von Adjusted Betas in der Wissenschaft

umstritten sei. In dem Beschluss des OLG München vom 31. März 2008, 31 Wx 88/06, Tz. 35,

sowie dem Beschluss des OLG München vom 2. April 2008, 31 Wx 85/06, Tz. 35, wird ausgeführt,

dass der Bewerter Adjusted Betas und der Vertragsprüfer Raw Betas verwendet haben. Das LG

München I hat ausgeführt, dass der auf dem Adjusted Beta beruhende Ansatz des Bewertungsgut-

achters zu einer stärkeren Annäherung des Betafaktors hin zum Marktdurchschnitt im Vergleich zu

dem Raw Beta, das der Abfindungsprüfer favorisiert hatte, führt (vgl. LG München I, 28. Mai 2014,

5 HK O 22657/12, S. 30 (BeckRS). In dem Beschluss des OLG München vom 14. Juli 2009, 31 Wx

121/06, Tz. 23, wird die materielle Wirkungsweise der Adjustierung beschrieben. Nach Auffassung

des OLG Stuttgart, 17. März 2010, 20 W 9/08, Tz. 178 (juris, insoweit nicht abgedruckt in AG

2010, S. 510 ff.), konnte es in dem Entscheidungssachverhalt dahingestellt bleiben, ob die ermittel-

ten Betafaktoren ausschließlich aus den Kursdaten der Vergleichsunternehmen im Verhältnis zum

jeweiligen Index abgeleitet wurden (Raw Beta), oder ob mit Betafaktoren gerechnet wurde, in de-

nen neben den Kursdaten des Vergleichsunternehmens anteilig das Risiko des Marktportfolios ent-

halten ist (Adjusted Beta).

Die Berücksichtigung von Raw Betas durch den Bewertungsgutachter ist somit grundsätzlich nicht

zu beanstanden.

Zeitraum der Betaberechnung

Eine Abwägung der Aktualität und der statistischen Signifikanz ist für die Festlegung des Zeitraums

der Betaberechnung notwendig. Ein erhöhter Stichprobenumfang erhöht aus statistischer Sicht die

Ergebnisgenauigkeit. In der Praxis werden überwiegend Beobachtungszeiträume von fünf Jahren

mit monatlichen und zwei Jahren mit wöchentlichen Renditeintervallen verwendet (OLG Frankfurt,

30. August 2012, 21 W 14/11, Tz. 80 (juris); OLG Frankfurt, 20. Dezember 2010, 5 W 51/09, Tz.

63 (juris); Muschalik/Ortmann, CF 2017, S. 302).

Tendenziell spricht die Aktualität für einen kürzeren Zeitraum von z. B. zwei Jahren (vgl. OLG Stutt-

gart, 5. Juni 2013, 20 W 6/10, Tz. 214 (juris); OLG Frankfurt, 30. August 2012, 21 W 14/11, Tz. 80

(juris); LG Frankfurt, 2. September 2010, 3-5 O 279/08, Beschlusstext S. 27). Lange Zeiträume, in

denen abnormale Kursschwankungen durch Strukturbrüche stattgefunden haben, die u. a. durch

einen Börsengang oder ein Squeeze-Out-Verfahren hervorgerufen wurden, sind für die Berechnung

des Betafaktors ungeeignet (vgl. OLG Stuttgart, 4. Mai 2011, 20 W 11/08, Tz. 204 (juris)). Korres-

pondierend zur zeitlichen Abgrenzung des Börsenkurses ist nach Auffassung des OLG Stuttgart

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(vgl. Vorlagebeschluss, 18. Dezember 2009, 20 W 2/08, 4. Leitsatz und Beschlusstext Tz. 239; BGH,

19. Juli 2010, AG 2010, S. 629 ff.) ein unternehmenseigener Betafaktor aufgrund historisch be-

obachteter Kurse im Zeitraum nach der Bekanntgabe der Strukturmaßnahme grundsätzlich unge-

eignet. Vielmehr wird gefordert, dass die Messperiode für die Ermittlung des unternehmenseige-

nen Betafaktors am Tag der Bekanntmachung der Maßnahme enden muss (gl. A. OLG Karls-

ruhe, 13. Mai 2013, 12 W 77/07 (13), Tz. 36 (juris); OLG Frankfurt, 30. August 2012, 21 W 14/11,

Tz. 80 (juris)).

Originärer Betafaktor der Fidor Bank

Am 4. Mai 2015 haben Vorstand und Aufsichtsrat der Fidor Bank aufgrund einer Änderung der

Kapitalmarktstrategie das Delisting der Fidor Bank Aktie zum 30. Juni 2015 angekündigt. Der letzte

Handelstag für die Aktien der Fidor Bank im Entry Standard des Freiverkehrs der Frankfurter Wert-

papierbörse war folglich der 30. Juni 2015.

Da das Delisting über zwei Jahre vor Bekanntgabe des Übertragungsverlangens am 6. September

2017 stattfand, hat der Bewertungsgutachter aufgrund mangelnder Fungibilität der Aktien der

Fidor Bank auf die Ableitung des originären Betafaktors verzichtet. Wir halten diese Vorgehenswei-

se für sachgerecht.

Betafaktor der Peer Group

Der Bewertungsgutachter hat zur Plausibilisierung des operativen Geschäftsrisikos des zu bewer-

tenden Unternehmens auf eine Vergleichsgruppe börsennotierter Vergleichsunternehmen (Peer

Group) abgestellt. Dieses Vorgehen wird auch von der Rechtsprechung anerkannt (vgl. OLG Düs-

seldorf, 15. August 2016, 26 W 17/13, Tz. 56 (juris); OLG Frankfurt, 26. Januar 2015, 21 W 26/13,

Tz. 51f. (juris); OLG Karlsruhe, 22. Juni 2015, 12a W 5/15, Tz. 60 (juris); OLG Frankfurt, 30. August

2012, 21 W 14/11, Tz. 72 (juris); OLG Stuttgart, 19. Januar 2011, 20 W 3/09, Beschlusstext S. 50;

OLG Frankfurt, 21. Dezember 2010, 5 W 15/10, Tz. 81 (juris); OLG Stuttgart, 17. März 2010, 20 W

9/08, Tz. 163 (juris); OLG Stuttgart, 18. Dezember 2009, 20 W 2/08, Tz. 235, 254 (juris); OLG Düs-

seldorf, 27. Mai 2009, 26 W 5/07, Beschlusstext S. 43). Dies gilt auch hinsichtlich des Einbezugs

ausländischer Unternehmen (vgl. OLG Hamburg, 18. September 2015, 13 W 44/14, Beschlusstext

S. 12), OLG Düsseldorf, 4. Juli 2012, 26 W 8/10, Tz. 64 (juris); OLG Stuttgart, 19. Januar 2011, 20

W 2/07, Tz. 224 (juris); OLG Düsseldorf, 27. Mai 2009, 26 W 5/07, Beschlusstext S. 43).

Der Bewertungsgutachter Ernst & Young hat die wesentlichen Tätigkeitsfelder und Einflussfaktoren

auf das Geschäftsmodell der Fidor Bank untersucht. Anhand dieser Kriterien wurde eine Gruppe

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potenzieller Vergleichsunternehmen identifiziert, welche in vergleichbaren Haupttätigkeitsfeldern

aktiv sind.

Der Berechnung von Ernst & Young liegen Kursdaten des Finanzdienstleisters Capital IQ zugrunde.

Die Betafaktoren wurden mittels linearer Regression von logarithmischen Aktienrenditen gegen die

Renditen eines marktbreiten Landesindex abgeleitet. Bei der Ermittlung der Betafaktoren hat der

Bewertungsgutachter das Raw Beta herangezogen. Der Bewertungsgutachter Ernst & Young hat

die Betafaktoren der Peer Group Unternehmen über einen Dreijahreszeitraum bei wöchentlichem

Renditeintervall erhoben.

Zur Bereinigung der unternehmensspezifischen Betafaktoren der Peer Group um Kapitalstrukturef-

fekte ist es grundsätzlich berufsüblich, die in der Vergangenheit beobachteten Betafaktoren der

verschuldeten Peer Group-Unternehmen vom Bewertungsgutachter in unverschuldete Betafaktoren

umzurechnen (so genanntes „unlevern“), um eine Vergleichbarkeit mit dem Bewertungsobjekt

herstellen zu können (vgl. OLG Frankfurt, 26. Januar 2015, 21 W 26/13, Tz. 58 (juris); OLG Düssel-

dorf, 4. Juli 2012, 26 W 8/10, Tz. 63 (juris); OLG Stuttgart, 19. Januar 2011, 20 W 3/09, AG 2011,

S. 205, 209; OLG Frankfurt, 20. Dezember 2010, 5 W 51/09, Tz. 60 (juris); OLG Stuttgart,

18. Dezember 2009, 20 W 2/08, Tz. 86 (juris)). Bei den für die Fidor Bank relevanten Peer Group-

Unternehmen handelt es sich allerdings um Banken, bei denen die Aufnahme von Fremdkapital Teil

des operativen Geschäfts ist. Insofern war vorliegend keine Umrechnung des aus Aktienkursen

abgeleiteten Betafaktors vorzunehmen (vgl. Adamus/Koch: Bewertung von Banken, in: Dru-

karczyk/Ernst (Hrsg.): Branchenorientierte Unternehmensbewertung, 2006, S. 155 f.).

Im Ergebnis gelangt der Bewertungsgutachter zu dem Schluss, dass ein gerundeter Betafaktorvon 1,25 zur Schätzung des zukünftigen Risikos der Fidor Bank angemessen sei. Da es sich bei dem

Bewertungsobjekt um eine Bank handelt, war auch auf eine Anpassung des Betafaktors anhand

des Verschuldungsgrads der Fidor Bank zu verzichten (so genanntes relevern).

Im Rahmen unserer Prüfung haben wir die Betafaktoren der Peer Group-Unternehmen ergänzend

auf der Basis zweijähriger Beobachtungszeiträume bei wöchentlichen Renditeintervallen untersucht.

Im Unterschied zu Ernst & Young liegen der von uns durchgeführten linearen Regression diskrete

Renditen sowie Kursdaten des Finanzdienstleisters Bloomberg zu Grunde.

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Der Bewertungsgutachter Ernst & Young hat die folgenden Unternehmen in die Peer Group mit

einbezogen:

, HSBC Holdings PLC, Vereinigtes Königreich

, Royal Bank of Scotland Group PLC, Vereinigtes Königreich

, Barclays PLC, Vereinigtes Königreich

, Banco Santander SA, Spanien

, Lloyds Banking Group PLC, Vereinigtes Königreich

, ING Groep NV, Niederlande

, Commerzbank AG, Deutschland

, Banco Bilbao Vizcaya Argentaria SA, Spanien

, UniCredit SpA, Italien

, Erste Group Bank AG, Österreich

, Raiffeisen Bank International AG, Österreich

, BNP Paribas SA, Frankreich

, Societe Generale SA, Frankreich

, Bankia SA, Spanien

, Banco de Sabadell SA, Spanien

, CaixaBank SA, Spanien

Auf Basis wöchentlicher Renditeintervalle über einen Betrachtungszeitraum von zwei Jahren erge-

ben sich die folgenden Betafaktoren (der Betrachtungszeitraum für die Ermittlung der Betafaktoren

endet am 20. Oktober 2017).

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Es ergibt sich ein durchschnittlicher Betafaktor von 1,34 bei der Verwendung von raw Betafaktoren.

Die Adjustierung der Betafaktoren führt im Mittel zu einem leicht geringeren Betafaktor von 1,22.

Ferner haben wir für die von Ernst & Young identifizierte Peer Group die Betafaktoren für einen

fünfjährigen Beobachtungszeitraum auf der Basis monatlicher Renditen bis zum 29. September

2017 ermittelt.

Name Index R² LeveredBeta raw

LeveredBeta adj.

HSBC Holdings PLC ASXTR Index 0,51 1,24 1,16Royal Bank of Scotland Group PLC ASXTR Index 0,05 0,65 0,77Barclays PLC ASXTR Index 0,21 1,07 1,05Banco Santander SA MADX Index 0,82 1,58 1,39Lloyds Banking Group PLC ASXTR Index 0,16 0,85 0,90ING Groep NV AEX Index 0,45 1,14 1,09Commerzbank AG CDAX Index 0,26 1,29 1,19Banco Bilbao Vizcaya Argentaria SA MADX Index 0,80 1,48 1,32UniCredit SpA TITLMSE Index 0,62 2,07 1,71Erste Group Bank AG GDDLAT Index 0,73 1,22 1,14Raiffeisen Bank International AG GDDLAT Index 0,55 1,24 1,16BNP Paribas SA SBF250R Index 0,52 1,42 1,28Societe Generale SA SBF250R Index 0,56 1,77 1,51Bankia SA MADX Index 0,63 1,62 1,41Banco de Sabadell SA MADX Index 0,52 1,41 1,27CaixaBank SA MADX Index 0,57 1,34 1,23

Minimum 0,65 0,77Mittelwert 1,34 1,22Maximum 2,07 1,71

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Es ergibt sich ein durchschnittlicher Betafaktor von 1,35 bei der Verwendung von Raw Betas. Die

Adjustierung der Betafaktoren führt im Mittel zu einem leicht geringeren Betafaktor von 1,24.

Der Anstieg des Provisionsergebnisses im Planungszeitraum der Fidor Bank ist insbesondere auf die

Erlöse aus sog. „Payment-Service-Provider“-Dienstleistungen an Unternehmenskunden zurückzu-

führen. Dieses künftige Geschäftsfeld wird nach unserer Einschätzung von der von Ernst & Young

identifizierten Peer Group nicht hinreichend abgebildet. Bei der Auswahl potentieller Vergleichsun-

ternehmen haben wir auf solche Payment-Service-Provider abgestellt, welche überwiegend Zahlun-

gen abwickeln und weniger auf die Aufstellung und die technische Betreuung von Terminals spe-

zialisiert sind. Ein alleiniges Abstellen auf Payment-Service-Provider als Vergleichsunternehmen hal-

ten wir hingegen für nicht sachgerecht, da im Planungszeitraum der überwiegende Teil der Provisi-

onsüberschüsse aus der Kartenausgabe erzielt werden soll und damit dem originären Bankgeschäft

zuzurechnen ist.

Wir haben daher die Peer Group um die folgenden Unternehmen erweitert:

Wirecard AG, Aschheim („Wirecard“)

Wirecard ist ein Dienstleistungsunternehmen, welches auf Outsourcing-Lösungen im Bereich der

elektronischen Zahlungsabwicklung spezialisiert ist. Die Gesellschaft ist nach eigenen Angaben bei

der Verarbeitung, der Abwicklung und der Risikoprüfung von Online-Zahlungstransaktionen welt-

Name Index R² LeveredBeta raw

LeveredBeta adj.

HSBC Holdings PLC ASXTR Index 0,33 1,13 1,08Royal Bank of Scotland Group PLC ASXTR Index 0,08 0,89 0,93Barclays PLC ASXTR Index 0,12 0,98 0,99Banco Santander SA MADX Index 0,78 1,50 1,34Lloyds Banking Group PLC ASXTR Index 0,06 0,64 0,76ING Groep NV AEX Index 0,36 1,27 1,18Commerzbank AG CDAX Index 0,17 1,05 1,03Banco Bilbao Vizcaya Argentaria SA MADX Index 0,74 1,43 1,29UniCredit SpA TITLMSE Index 0,75 1,95 1,64Erste Group Bank AG GDDLAT Index 0,64 1,32 1,21Raiffeisen Bank International AG GDDLAT Index 0,57 1,56 1,37BNP Paribas SA SBF250R Index 0,47 1,27 1,18Societe Generale SA SBF250R Index 0,45 1,72 1,48Bankia SA MADX Index 0,20 2,20 1,80Banco de Sabadell SA MADX Index 0,46 1,33 1,22CaixaBank SA MADX Index 0,53 1,44 1,29

Minimum 0,64 0,76Mittelwert 1,35 1,24Maximum 2,20 1,80

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weit führend. Wirecard bündelt internationale Zahlungsverfahren für den E-Commerce über Call-

center oder Computer bzw. mobile Endgeräte. Das Unternehmen bietet seinen Kunden Lösungen

zur Betrugsprävention und gegen Zahlungsausfall. Daneben stellt Wirecard über eine eigene Bank

internationale Kreditkarten- und Zahlungsstellen zur Verfügung. Damit ist Wirecard als Payment-

Service-Provider direkter Wettbewerber der Fidor Bank. Im Geschäftsjahr 2016 konnte das Unter-

nehmen Umsatzerlöse in Höhe von EUR 1,0 Mrd. erwirtschaften.

Global Payments Inc., Atlanta/USA („Global Payments“)

Global Payments ist nach eigenen Angaben eine der größten Dienstleistungsgesellschaften für die

Abwicklung des elektronischen Zahlungsverkehrs. Die Gesellschaft unterhält Niederlassungen in

den USA, Kanada, Europa und dem pazifischen Raum. Das Leistungsspektrum umfasst die Akquise

und Betreuung von Point-of-Sale-Akzeptanzstellen, Betrieb und Abwicklung beim Händler sowie

Dienstleistungen beim Betrieb von Terminals. Zu den Kunden zählen ferner Banken, für die das

Unternehmen Installation und Wartung von Geldautomaten, einschließlich des damit verbundenen

IT-Netzwerks, übernimmt. Im Geschäftsjahr 2016 beliefen sich die Umsatzerlöse der Gesellschaft

auf USD 2,9 Mrd.

Total System Services, Inc., Columbus/USA („TSS“)

TSS ist ein Anbieter von Zahlungsverkehrsdienstleistungen. Finanzinstitutionen nutzen die Angebo-

te von TSS im Rahmen der Kartenemissionen sowie beim Acquiring. Über die TSS Acquiring Soluti-

ons-Plattform wird der gesamte Zahlungsprozess vom Einlesen der Kundenkarte über die Autorisie-

rung bis zur Gutschrift auf dem Händlerkonto abgewickelt. Zahlungen können dabei am Point-of-

Sale, im Internet oder über mobile Geräte erfolgen. Eigene Analysetools dienen zum Risikoma-

nagement und sollen Betrugsrisiken minimieren. Für Unternehmenskunden bietet die Gesellschaft

mit der TSS Merchant Solution die Abwicklung elektronischer Zahlungen u.a. via MasterCard und

VISA. TSS erzielte im Geschäftsjahr 2016 Umsatzerlöse von rund USD 4,2 Mrd.

Paysafe Group PLC, Douglas/Isle of Man („Paysafe“)

Paysafe liefert eine breite Palette an Zahlungslösungen. Dazu gehören Zahlungsabwicklung, Cy-

berwallets, E-Cash und Kartenlösungen. Paysafe ist vorwiegend im Vereinigten Königreich tätig. Im

Geschäftsjahr 2016 konnte die Gesellschaft Umsatzerlöse in Höhe von rund USD 1,0 Mrd. erwirt-

schaften.

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PayPal Holdings, Inc., San Jose/USA („PayPal“)

PayPal betreibt eine Technologieplattform, die digitale und mobile Zahlungen im Auftrag von Kun-

den und Händlern ermöglicht. Das Unternehmen bietet weltweit Online-Zahlungslösungen an. Im

Geschäftsjahr 2016 beliefen sich die Umsatzerlöse auf USD 10,8 Mrd.

Für einen zweijährigen Beobachtungszeitraum bei wöchentlichen Renditen ergeben sich bei der

erweiterten Peer Group die folgenden Betafaktoren:

Es ergibt sich ein durchschnittlicher Betafaktor von 1,25 bei der Verwendung von Raw Betas. Die

Adjustierung der Betafaktoren führt im Mittel zu einem leicht geringeren Betafaktor von 1,17.

Name Index R² LeveredBeta raw

LeveredBeta adj.

HSBC Holdings PLC ASXTR Index 0,51 1,24 1,16Royal Bank of Scotland Group PLC ASXTR Index 0,05 0,65 0,77Barclays PLC ASXTR Index 0,21 1,07 1,05Banco Santander SA MADX Index 0,82 1,58 1,39Lloyds Banking Group PLC ASXTR Index 0,16 0,85 0,90ING Groep NV AEX Index 0,45 1,14 1,09Commerzbank AG CDAX Index 0,26 1,29 1,19Banco Bilbao Vizcaya Argentaria SA MADX Index 0,80 1,48 1,32UniCredit SpA TITLMSE Index 0,62 2,07 1,71Erste Group Bank AG GDDLAT Index 0,73 1,22 1,14Raiffeisen Bank International AG GDDLAT Index 0,55 1,24 1,16BNP Paribas SA SBF250R Index 0,52 1,42 1,28Societe Generale SA SBF250R Index 0,56 1,77 1,51Bankia SA MADX Index 0,63 1,62 1,41Banco de Sabadell SA MADX Index 0,52 1,41 1,27CaixaBank SA MADX Index 0,57 1,34 1,23Wirecard AG CDAX Index 0,14 0,73 0,82Global Payments Inc DWCFT Index 0,27 1,04 1,03Total System Services Inc DWCFT Index 0,20 0,92 0,94Paysafe Group PLC ASXTR Index 0,16 1,02 1,01PayPal Holdings Inc DWCFT Index 0,30 1,22 1,15

Minimum 0,65 0,77Mittelwert 1,25 1,17Maximum 2,07 1,71

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Für einen fünfjährigen Erhebungszeitraum bei monatlicher Renditebeobachtung stellen sich für die

erweiterte Peer Group die Betafaktoren wie folgt dar:

Es ergibt sich ein durchschnittlicher Betafaktor von 1,29 bei der Verwendung von Raw Betas. Die

Adjustierung der Betafaktoren führt im Mittel zu einem leicht geringeren Betafaktor von 1,19.Die

abweichende Zusammensetzung im Vergleich zum zweijährigen Beobachtungszeitraum ist auf zwei

Gründe zurückzuführen. Der Betafaktor von Paysafe ist über den Fünfjahreszeitraum bei monatli-

chen Renditeintervallen statistisch nicht signifikant und PayPal ist noch nicht lange genug börsenno-

tiert.

Folgende Unternehmen, welche im Rahmen eines früheren Spruchverfahrens im Zusammenhang

mit der zu leistenden Barabfindung an die ehemaligen Aktionäre der DAB Bank AG vom LG Mün-

chen I als Peer Group identifiziert wurden, erachten wir als nicht mit der Fidor Bank vergleichbar:

Comdirect Bank Aktiengesellschaft, Quickborn („comdirect“)

comdirect ist als Direktbank der Commerzbank-Gruppe im Einlagengeschäft tätig und bietet Fi-

nanzdienstleistungen über das Internet an. Die Bank bietet Hypotheken an, vertreibt geschlossene

Fonds und stellt Wertpapier-Brokerage- und Investmentbankingdienste online bereit. comdirect

Name Index R² LeveredBeta raw

LeveredBeta adj.

HSBC Holdings PLC ASXTR Index 0,33 1,13 1,08Royal Bank of Scotland Group PLC ASXTR Index 0,08 0,89 0,93Barclays PLC ASXTR Index 0,12 0,98 0,99Banco Santander SA MADX Index 0,78 1,50 1,34Lloyds Banking Group PLC ASXTR Index 0,06 0,64 0,76ING Groep NV AEX Index 0,36 1,27 1,18Commerzbank AG CDAX Index 0,17 1,05 1,03Banco Bilbao Vizcaya Argentaria SA MADX Index 0,74 1,43 1,29UniCredit SpA TITLMSE Index 0,75 1,95 1,64Erste Group Bank AG GDDLAT Index 0,64 1,32 1,21Raiffeisen Bank International AG GDDLAT Index 0,57 1,56 1,37BNP Paribas SA SBF250R Index 0,47 1,27 1,18Societe Generale SA SBF250R Index 0,45 1,72 1,48Bankia SA MADX Index 0,20 2,20 1,80Banco de Sabadell SA MADX Index 0,46 1,33 1,22CaixaBank SA MADX Index 0,53 1,44 1,29Wirecard AG CDAX Index 0,10 0,63 0,75Global Payments Inc DWCFT Index 0,26 1,08 1,05Total System Services Inc DWCFT Index 0,26 1,09 1,06

Minimum 0,63 0,75Mittelwert 1,29 1,19Maximum 2,20 1,80

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- 60 -

wird in den Konzernabschluss der Commerzbank AG einbezogen. Zum Zeitpunkt der Bewertungs-

arbeiten befanden sich rund 81,27 % der Aktien im Besitz des Mehrheitsaktionärs. Aufgrund des

faktischen Beherrschungsverhältnisses halten wir daher den Betafaktor von comdirect zur Bemes-

sung des operativen Risikos der Fidor Bank daher für ungeeignet. Darüber hinaus ist das Mutterun-

ternehmen, die Commerzbank AG, ohnehin bereits in der von Ernst & Young identifizierten Peer

Group enthalten.

BinckBank NV, Amsterdam/Niederlande („BinckBank“)

Die BinckBank ist im Wertpapierhandel tätig. Das Unternehmen bietet Internet-Brokerage für Pri-

vatanleger, führt Aufträge aus und bietet Investmentmanagern und Börsenmaklern automatisierte

Wertpapierverwaltung und Berichterstattung an. Damit handelt es sich weder um eine Direktbank,

welche im Einlagen- und Kreditgeschäft tätig ist, noch um einen Payment-Service-Provider. Wir

haben daher mangels Vergleichbarkeit von einer Aufnahme in die Peer Group abgesehen, da es

sich bei der Fidor Bank nicht um einen Online-Broker handelt.

Swissquote Group Holding SA, Gland/Schweiz („Swissquote“)

Swissquote bietet durch seine Tochtergesellschaften Online-Finanzdienstleistungen an. Das Unter-

nehmen betreibt ein Online-Handelssystem, das Kunden Wertpapiernotierungen an der Schweizer

Börse in Echtzeit anzeigt. Insoweit handelt es sich bei Swissquote um einen Börsenmakler, welcher

auf den elektronischen Handel von Aktien und anderen Wertpapieren spezialisiert ist. Das Unter-

nehmen ist nach eigenen Angaben auf seinem Gebiet Marktführer in der Schweiz. Da die Fidor

Bank mit ihrer aktuellen EU-Banklizenz keine Geschäfte in der Schweiz tätigen darf, ist Swissquote

weder hinsichtlich der regionalen Ausrichtung noch in seiner Tätigkeit mit der Fidor Bank vergleich-

bar.

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Zusammengefasst ergibt sich folgendes Bild:

Der Gesamtschau folgend halten wir den vom Bewertungsgutachter Ernst & Young angesetzten

gerundeten Betafaktor von 1,25 zur Bemessung des operativen Risikos der Fidor Bank für angemes-

sen.

Peer Group

Ernst & Young - 2 Jahre wöchentlich, raw 1,34Ernst & Young - 2 Jahre wöchentlich, adjusted 1,22Ernst & Young - 5 Jahre monatlich, raw 1,35Ernst & Young - 5 Jahre monatlich, adjusted 1,24Ebner Stolz - 2 Jahre wöchentlich, raw 1,25Ebner Stolz - 2 Jahre wöchentlich, adjusted 1,17Ebner Stolz - 5 Jahre monatlich, raw 1,29Ebner Stolz - 5 Jahre monatlich, adjusted 1,19

Minimum 1,17Mittelwert 1,26Maximum 1,35

DurchschnittlicherBetafaktor

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- 62 -

c) Wachstumsabschlag

Im Rahmen der Ertragswertermittlung ist für die Fortführungsphase ein Wachstumsabschlag fest-

zulegen. Der Bewertungsgutachter hat den Wachstumsabschlag mit gerundet 1,9 % festgelegt.

Den von dem Bewertungsgutachter angesetzten Wachstumsabschlag haben wir daher anhand von

Preisindizes des Statistischen Bundesamtes sowie anhand von Prognosen von Bankanalysten und

des Internationalen Währungsfonds über die Entwicklung der Verbraucherpreise in Deutschland auf

Plausibilität geprüft. Die Inflationsrate für Deutschland wird unter Bezugnahme auf den Verbrau-

cherpreisindex (Basis 2010 = 100) wie folgt angegeben:

Statistisches Bundesamt -Stand des Verbraucherpreisindex Deutschland(Basis 2010 =100)

Durchschnittlichejährliche

Veränderung

September 2014 107,0September 2017 109,6 0,80%

Schätzungen von Bankanalysten -Veränderung Verbraucherpreisindex Deutschland

DurchschnittlicheVeränderung

2017Untergrenze der Schätzungen 1,50%Obergrenze der Schätzungen 2,10% 1,70%

2018Untergrenze der Schätzungen 1,30%Obergrenze der Schätzungen 2,20% 1,60%

2019Untergrenze der Schätzungen 1,50%Obergrenze der Schätzungen 2,40% 1,80%

Schätzungen des Internationalen Währungsfonds -Veränderung Verbraucherpreisindex Deutschland

DurchschnittlicheVeränderung

2017 1,56%2018 1,52%2019 1,99%2020 2,14%2021 2,31%2022 2,47%

Inflationserwartung abgeleitet aus der Verzinsunginflationsgeschützter deutscher Staatsanleihen Inflationserwartung

10-jährige Staatsanleihen 1,23%15-jährige Staatsanleihen 1,23%30-jährige Staatsanleihen 1,57%

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Unter Berücksichtigung der Verbraucherpreisentwicklung des vergangenen Dreijahreszeitraums

ergibt sich eine jährliche Erhöhung der Verbraucherpreise um rund 0,80 %. Schätzungen von

Bankanalysten für die Veränderung der Konsumentenpreise in den Jahren 2017 bis 2019 bewegen

sich für Deutschland laut einer Übersicht des Finanzdienstleisters Bloomberg in einem Bereich von

1,30 % bis 2,40 %. Der Internationale Währungsfonds erwartet für die Jahre 2017 bis 2019 einen

Anstieg der Verbraucherpreise von unter 2 % p.a., für die Folgejahre ab 2020 liegen die Erwartun-

gen auf einem etwas höheren Niveau. Aus der Verzinsung inflationsgeschützter deutscher Staats-

anleihen lassen sich zukünftige Inflationserwartungen von unter 2 % ableiten.

Bei der Bemessung des Wachstumsabschlags ist stets auf die Verhältnisse des jeweiligen Unter-

nehmens abzustellen. Insoweit können und werden Wachstumsraten bei den Entwicklungen der

zukünftigen Ertragsüberschüsse verschiedener Unternehmen naturgemäß voneinander abweichen.

Nach einer Untersuchung von Widmann/Schieszl/Jeromin (FB 2003, S. 800 ff.) beträgt das durch-

schnittliche Gewinnwachstum unabhängig von Konjunkturzyklen 45 % bis 50 % der durchschnitt-

lichen Preissteigerungsrate. Das nur unterdurchschnittliche Gewinnwachstum wird durch die Unter-

suchung von Stellbrink (Der Restwert in der Unternehmensbewertung, 2005, S. 125 f.) bestätigt.

Die Auffassung, wonach der Wachstumsabschlag im Allgemeinen niedriger sein muss als die Infla-

tionsrate, spiegelt die zutreffende herrschende Meinung wider (vgl. Großfeld/Egger/Tönnes, Recht

der Unternehmensbewertung, 8. Aufl., 2016, S. 267; WP-Handbuch 2014, Bd. II, Abschn. A, Tz.

489 und insbesondere die dort in der Fußnote 793 zitierte Auswertung der Rechtsprechung; ableh-

nend zu anderen Studien: OLG Frankfurt, 26. Januar 2015, 21 W 26/13, Tz. 63 (juris); OLG Frank-

furt, 30. August 2012, 21 W 14/11, Tz. 114 (juris); OLG Stuttgart, 8. Juli 2011, 20 W 14/08, Tz.

279 f. (juris)). Dies liegt daran, dass auch die Beteiligung an einem Unternehmen nicht völlig inflati-

onssicher ist (vgl. OLG München, 18. Februar 2014, 31 Wx 211/13, Tz. 26 (juris); OLG Düsseldorf,

11. April 1988, 19 W 32/86, WM 1988, S. 1052, 1059; OLG Düsseldorf, 12. Februar 1992, 19 W

3/91, AG 1992, S. 200, 204). Der Wachstumsabschlag bezweckt auch nicht einen unbedingten

Inflationsausgleich (vgl. OLG Karlsruhe, 12. September 2017, 12 W 1/17, Tz. 83 (BeckRS), OLG

Stuttgart, 19. März 2008, 20 W 3/06, AG 2008, S. 510, 515).

Als ersten Anhaltspunkt für die nachhaltige Wachstumsrate ergibt sich hiernach bei einem durch-

schnittlichen jährlichen Anstieg des Verbraucherpreisindex von rund 0,80 % im Dreijahreszeitraum

September 2014 bis September 2017 sowie die anderen Schätzungen und einem darauf bezoge-

nen Gewinnwachstum von 45 % bis 50 % eine Wachstumsrate von unter 1 %.

Grundsätzlich ist für die Wachstumsaussichten neben der allgemeinen Entwicklung der Banken-

branche auch die Wettbewerbsposition der Fidor Bank innerhalb dieses Marktes zu berücksichtigen.

Da der Wachstumsabschlag angibt, mit welcher durchschnittlichen Steigerung des Überschusses in

der Zukunft gerechnet wird, können die Wachstumsraten des Ergebnisses innerhalb des Detailpla-

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- 64 -

nungszeitraums nicht ohne weiteres als Wachstumsabschlag beim Kapitalisierungszins verwendet

werden (vgl. OLG Frankfurt, 26. Januar 2015, 21 W 26/13, Tz. 62 (juris)).

Den vom Bewertungsgutachter angesetzten Wachstumsabschlag von 1,9 % haben wir vor dem

Hintergrund der bestehenden Markt- und Wettbewerbssituation exemplarisch anhand verschiede-

ner Indikatoren wie folgt plausibilisiert (vgl. die nachfolgende Abbildung):

, Die Entwicklung der Sparquote der privaten Haushalte zeigt nach dem Tief im Jahr 2013 zwar

eine leichte Erholung, verbleibt jedoch unterhalb des Niveaus vor den Krisenjahren. Dies deutet

darauf hin, dass sich das Einlagengeschäft der Fidor Bank in Zukunft weniger stark als erwartet

entwickeln könnte.

, Der Index der Verschuldung der privaten Haushalte kann als Indikator für die Nachfrage nach

Krediten gedeutet werden. Seit dem Jahr 2009 ist die Verschuldung der privaten Haushalte

rückläufig. Sollte sich diese Tendenz in Zukunft fortsetzen, könnte dieser Trend negative Aus-

wirkungen auf die Zinserträge aus dem Kreditgeschäft der Fidor Bank haben.

Quelle: Destatis, eigene Darstellung

Darüber hinaus steht die Fidor Bank insbesondere mit anderen Direktbanken im Einlagen- und Kre-

ditgeschäft in einem sehr harten margenorientierten Wettbewerb. Ein Rückgang der Wettbe-

werbsintensität ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil wird die weiter voranschreitende Ausweitung von

Online-Angeboten die Transparenz im Markt für Bankprodukte und damit den Druck auf die Mar-

gen weiter erhöhen. Weiter steigende bankenaufsichtsrechtliche Anforderungen werden auch zu-

künftig qualifizierte Ressourcen binden. Darüber stellen Online-Zahlungssysteme wie PayPal oder

AmazonPay zusätzliche Risiken für die künftige Entwicklung von Banken dar.

85,0

90,0

95,0

100,0

105,0

110,0

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015

Ind

ex(2

010=

100)

Jahre

Sparen und Verschuldung

Sparquote der privaten Haushalte

Verschuldung der privaten Haushalte

Verbraucherpreisindex

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Der vom Bewertungsgutachter angesetzte Wachstumsabschlag von 1,9 % liegt oberhalb der sich

aus den oben dargestellten Überlegungen ergebenden Bandbreite möglicher Wachstumsabschläge.

Der angesetzte Wachstumsabschlag liegt auch weit über bislang in Spruchverfahren zu Banken

ergangenen Entscheidungen (vgl. OLG München, 5. Mai 2015, 31 Wx 366/13, Tz. 84 (juris) -

1,0 %; OLG Frankfurt, 9. Februar 2010, 5 W 38/09, S. 6 (BeckRS) - 1,0 %, OLG München, 10. Mai

2007, 31 Wx 119/06, AG 2008, S. 37 (39) - 1,0 %; LG München I, 30. Juni 2017, 5 HK 13182/15,

Beschlusstext S. 128 ff. - 1,0 %; LG Frankfurt, 15. Februar 2011, 3-5 O 362/09, Beschlusstext S. 21

- 1,5 %; LG Stuttgart, 21. April 2008, 34 AktE 5/05, Beschlusstext S. 13 - 1,0 %).

Auch ein Vergleich mit dem Ergebnis einer empirischen Studie, wonach der durchschnittliche

Wachstumsabschlag in Squeeze-Out-Fällen in einer Bandbreite zwischen 0,5 % und 1,0 % liegt

(vgl. Hachmeister et al., WPg 2009, S. 1234, 1245), belegt, dass im vorliegenden Fall ein angemes-

senes Wachstum unterstellt wird. Angesetzt und anerkannt werden regelmäßig Wachstumsab-

schläge unter der allgemeinen Inflationserwartung (vgl. ausführlich mit umfangreichen Nachweisen

aus der Rechtsprechung Ruthardt/Hachmeister, DB 2014, S. 193, 197-202). Empirische Auswertun-

gen der Höhe der Wachstumsabschläge in Spruchverfahren zeigen unterschiedliche Höhen in Ab-

hängigkeit der Branche. Häufig werden Wachstumsabschläge zwischen 0,5 % und 1,0 % ange-

setzt; im Mittel liegen die angesetzten Wachstumsabschläge bei etwa 1 % (vgl. Rut-

hardt/Hachmeister, DB 2014, S. 193, 199).

Die Wachstumsrate selbst bleibt steuerlich unkorrigiert.

Wir halten die Ableitung der angesetzten Wachstumsrate für angemessen.

d) Ableitung des Kapitalisierungszinssatzes

Die Ableitung des Kapitalisierungszinssatzes für die Detailplanungs- und Fortführungsphase wurde

sachgerecht vorgenommen. Wir haben uns von der zutreffenden finanzmathematischen Berech-

nung überzeugt.

Rein vorsorglich weisen wir darauf hin, dass die Veränderung einzelner, jeweils für sich vertretbarer

Einzelwerte für den Basiszins, die Marktrisikoprämie, den Betafaktor oder den Wachstumsabschlag

zu einem insgesamt unrealistischen Kapitalisierungszinssatz und in der Folge zu einer unrealisti-

schen Abfindung führen kann (vgl. OLG Frankfurt, 24. November 2011, 21 W 7/11, Tz. 40 (juris)).

Eine Meistbegünstigung für methodische Einzelfragen innerhalb der Ertragswertermittlung ist dar-

über hinaus auch verfassungsrechtlich nicht geboten, wie das OLG Stuttgart (vgl. 17. Oktober

2011, 20 W 7/11, Tz. 188 (juris)) ausführt.

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- 66 -

4. Ertragswertberechnung

Aufbauend auf der im Bewertungsgutachten erläuterten Planungsrechnung wurde der Ertragswert

wie folgt abgeleitet:

a) Ausschüttungsquote und Dividendenbesteuerung

Aufgrund der anfänglichen Verlustsituation kommt es im Detailplanungszeitraum zu keinerlei Aus-

schüttungen. Die thesaurierten Mittel werden benötigt, um das geplante Wachstum des Geschäfts-

volumens zu finanzieren und die bankaufsichtsrechtlichen Eigenmittelvorgaben einzuhalten. Da

rechtliche Restriktionen einer solchen Dividendenpolitik nicht entgegenstehen, ist gegen eine Über-

nahme der geplanten Ausschüttungspolitik nichts einzuwenden. Diese Auffassung wird auch vom

OLG Frankfurt geteilt, das es ablehnt, eine unternehmerische Einzelentscheidung wie die Ausschüt-

tungspolitik der Geschäftsführung dahingehend zu überprüfen, ob sie sich gewinnmaximierend

auswirkt (vgl. OLG Frankfurt, 5. März 2012, 21 W 11/11, AG 2012, S. 417, 419; OLG Frankfurt, 29.

April 2011, 21 W 13/11, Tz. 58 (juris); OLG Frankfurt, 9. Februar 2010, 5 W 33/09; ZIP 2010, S.

279, 731).

Der Wertbeitrag der steuerfreien Rückzahlungen aus dem steuerlichen Einlagekonto wurde als

Sonderwert berücksichtigt.

Im Zeitraum der ewigen Rente liegt die vom Bewertungsgutachter angesetzte nachhaltige Aus-

schüttungsquote von 50 % des Jahresergebnisses in der Mitte der Bandbreite des marktdurch-

schnittlichen Ausschüttungsverhaltens (vgl. Wagner/Saur/Willershausen, WPg 2008, S. 733, die auf

durchschnittliche Ausschüttungsquoten zwischen 40 % und 60 % verweisen). Darin wird ein Aus-

schüttungsverhalten des zu bewertenden Unternehmens abgebildet, das äquivalent zum Ausschüt-

tungsverhalten der Alternativanlage ist (vgl. Gorny/Rosenbaum, WPg 2004, S. 861, 863; OLG Düs-

seldorf, 11. Mai 2015, 26 W 2/13, Tz. 47 (juris); OLG Frankfurt, 26. Januar 2015, 21 W 26/13, Tz.

37 (juris); OLG Frankfurt, 18. Dezember 2014, 21 W 34/12, Tz. 57 (juris); OLG Frankfurt, 29. April

2011, 21 W 13/11, Tz. 62 (juris)). Die nicht ausgeschütteten Beträge werden mit Ausnahme der

regulatorisch geforderten nachhaltigen Thesaurierung als Wertbeitrag aus Thesaurierung zugerech-

net.

Geplanten Ausschüttungen wurden um persönliche Steuern in Höhe von 25 % zuzüglich 5,5 %

Solidaritätszuschlag reduziert.

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b) Veräußerungsgewinnbesteuerung

Seit dem Jahr 2009 sind die Auswirkungen der Abgeltungsteuer für Veräußerungsgewinne zu be-

rücksichtigen. Die Abbildung der Höhe der effektiven Abgeltungsteuer auf Veräußerungsgewinne

hängt sowohl von der zu unterstellenden Haltedauer, der thesaurierungsbedingten Wertentwick-

lung beim Bewertungsobjekt als auch der Alternativanlage ab (vgl. Wiese, WPg 2007, S. 368, 375).

Zur Bestimmung des Zeitpunktes der Veräußerungsbesteuerung und des daraus resultierenden

marktdurchschnittlichen Veräußerungsgewinnsteuersatzes sind Typisierungen vorzunehmen (vgl.

OLG Frankfurt, 26. Januar 2015, 21 W 26/13, Tz. 29 (juris)).

Eine Besteuerung sämtlicher realisierter Veräußerungsgewinne ist zwar erst für Unternehmensantei-

le vorgesehen, die nach dem 31. Dezember 2008 erworben werden, gleichwohl dürfte sich die

Besteuerung von Veräußerungsgewinnen in dem Preisbildungsprozess am Kapitalmarkt zumindest

bereits seit dem 1. Januar 2009 niederschlagen, da seither der vorübergehend noch steuerfreien

Realisierung von Kursgewinnen durch Veräußerung von „Altbeständen“ von vor dem 1. Januar

2009 erworbenen Aktien ein Erwerb durch Anteilseigner gegenübersteht, welche die Veräuße-

rungsgewinnbesteuerung ihrerseits preismindernd berücksichtigen werden. Entscheidend ist hierbei

auch, dass es primär nicht um die Höhe der Veräußerungsgewinnbesteuerung der konkreten Ab-

findung nach Eintragung des Übertragungsbeschlusses, sondern um die – vorgelagerte – Berech-

nung des Ertragswertes bei unterstellter unendlicher Lebensdauer des Unternehmens als solche

geht.

Nach der Diskussion im Berufsstand ist davon auszugehen, dass eine typisierende Annahme einer

effektiven Veräußerungsgewinnbesteuerung in Höhe von 12,5 % zuzüglich Solidaritätszu-

schlag (13,1875 %) sachgerecht ist (vgl. Zeidler/Schöniger/Tschöpel, FB 2008, S. 281; Wag-

ner/Saur/Willershausen, WPg 2008, S. 736; OLG München, 5. Mai 2015, 31 Wx 366/13, Tz. 74

(juris); OLG Frankfurt, 26, Januar 2015, 21 W 26/13, Tz. 29 (juris); OLG München, 18. Februar

2014, 31 Wx 211/13, Tz. 16 (juris); OLG Stuttgart, 15. Oktober 2013, 20 W 3/13, Tz. 116 (juris);

OLG Stuttgart, 5. Juni 2013, 20 W6/10; Tz. 186 (juris); OLG München, 7. Februar 2013, 31 Wx

122/12, Beschlusstext S. 10). Die zu Wertsteigerungen führenden Thesaurierungen sowie die nach-

haltig inflationsbedingten Wertsteigerungen in der ewigen Rente wurden anstelle der nominellen

Steuerlast von 25 % zuzüglich Solidaritätszuschlag mit einer effektiven Steuer belastet.

Die ferner notwendige und in der Praxis angewandte effektive Steuerlast auf inflationsbedingte

Kursgewinne basiert auf der einfachen Erkenntnis, dass auch rein inflationsbedingte Unterneh-

menswertsteigerungen künftige Veräußerungsgewinne darstellen. Diese unterliegen damit eben-

falls der effektiven Besteuerung von 13,1875 %. Zu diesen rein inflationsbedingten (zusätzlichen)

Unternehmenswertsteigerungen kommt es durch die Reduzierung der Kapitalkosten um den

Wachstumsabschlag (vgl. WP-Handbuch 2014, Bd. II, 14. Aufl. Abschnitt A Tz. 398 f.). Da der

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Wachstumsabschlag bei Fidor Bank entsprechend der herrschenden Bewertungspraxis nicht um

Steuereinflüsse gekürzt wird, ist die Steuerbelastung aus den inflationsbedingten Veräußerungsge-

winnen von den finanziellen Überschlüssen in Abzug zu bringen.

Der Bewertungsgutachter Ernst & Young hat diesen Abzug nicht vorgenommen. Da die Vorge-

hensweise des Bewertungsgutachters ceteris paribus zu einer Steigerung des Ertragswerts führt,

berührt dies unser Angemessenheitsurteil nicht.

c) Kapitalisierung der Nettozuflüsse

Die Kapitalisierung der erwarteten Nettoausschüttungen einerseits und der fiktiv unmittelbaren

Zurechnung der Wertbeiträge aus Thesaurierung andererseits haben wir nachvollzogen.

Die Cashflows der Fidor Bank in der Detailplanungsphase sind negativ. Bezüglich der Abzinsung

von negativen Cashflows gibt es in der Literatur noch keine gefestigte Meinung. Die Behandlung

durch den Bewertungsgutachter führt aber nicht zu einer Benachteiligung der Minderheitsaktionä-

re. Insoweit wird unser Prüfungsurteil nicht berührt.

Für die Diskontierung der jährlichen Ausschüttungen ist der Bewertungsgutachter davon ausge-

gangen, dass die Ausschüttungen zum Jahresende erfolgen. Die Ausschüttungsbeträge wurden

folglich im Bewertungsmodell vom Ende des jeweiligen Geschäftsjahres zunächst auf den techni-

schen Bewertungsstichtag (1. Januar 2017) abgezinst und anschließend auf den Bewertungsstich-

tag aufgezinst. Diese Vorgehensweise deckt sich mit der Rechtsprechung des OLG Stuttgart, das

auch hinsichtlich des Wertbeitrags aus Thesaurierung darauf verweist, dass die Unternehmensbe-

wertung nicht alleine auf tatsächliche Zahlungszuflüsse abstellt (vgl. OLG Stuttgart, 19. März 2008,

20 W 3/06, AG 2008, S. 510, 515). Die Diskontierung des Wertbeitrags aus Thesaurierung in der

ewigen Rente erfolgte gleichermaßen.

Der prognostizierte Ausschüttungsbetrag für das erste Planjahr ist folglich auf den Beginn des Ge-

schäftsjahres 2017 abzuzinsen. Entsprechend wird mit den weiteren Planergebnissen verfahren, so

dass sich der Ertragswert als Wertkomponente auf den technischen Bewertungsstichtag, also den

Beginn des ersten Planjahres 2017, darstellt. In einem zweiten Schritt erfolgt dann die Aufzinsung

auf den unterjährigen Bewertungsstichtag (vgl. BGH, 19. Juli 2010, II ZB 18/09, AG 2010, S. 629,

631).

Die Phasenmethode wurde nach unserer Überzeugung sachgerecht angewendet. Wir haben uns

durch Kontrollrechnungen von der finanzmathematischen Richtigkeit des Ertragswerts überzeugt.

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IV. Sonderwerte

Steuerliche Verlustvorträge und steuerliches Einlagekonto

Die zum 31. Dezember 2016 bestehenden in- und ausländischen steuerlichen Verlustvorträge wur-

den, soweit mit entsprechenden positiven steuerlichen Bemessungsgrundlagen zu rechnen ist, ge-

sondert bewertet. Die hieraus resultierende Steuerersparnis, die sich auf Grundlage der sich aus der

Planungsrechnung ergebenden Ergebnisse und den jeweiligen Steuersätzen ergibt, wurde mit den

zu Grunde liegenden Kapitalkosten abgezinst.

Da das steuerliche Einlagekonto der Fidor Bank nach § 27 Abs. 1 KStG das Eigenkapital lt. Steuerbi-

lanz übersteigt, ist für einen die Detailplanungsphase übersteigenden Zeitraum von keinem aus-

schüttbaren Gewinn gemäß § 27 Abs. 1 KStG auszugehen. Die Ausschüttungen der Fidor Bank

unterliegen demnach für diesen Zeitraum keiner Einkommensteuerbelastung. Der einkommensteu-

erliche Vorteil aus dem steuerlichen Einlagekonto wurde vom Bewertungsgutachter gesondert be-

wertet.

Wir haben die Ermittlung der Sonderwerte für die Verlustvorträge und das steuerliche Einlagekonto

rechnerisch nachvollzogen und halten diese in Summe für angemessen. Aufgrund der gesonderten

Erfassung ist eine integrierte Berücksichtigung im Rahmen des Ertragswerts zur Vermeidung einer

Doppelerfassung ausgeschlossen.

Sonderwerte Beteiligungen und übrige Sonderwerte

Da in der Planung der Fidor Bank die geplanten Erträge aus der Fidor Factory, an welcher die Fidor

Bank zu 100 % beteiligt ist, nicht enthalten sind, hat der Bewertungsgutachter den Ertragswert der

Fidor Factory basierend auf der Planung der Gesellschaft unter Berücksichtigung der nachhaltig

erwarteten Wachstumsrate von 1,9 % gesondert ermittelt. Die Beteiligungen an der Panda Fintech,

der Ingenious Technologies und der Mountain Partner wurden mit den jeweiligen Beteiligungs-

buchwerten angesetzt.

Wir haben die Ermittlung des Sonderwerts der Fidor Factory rechnerisch nachvollzogen und halten

diesen für angemessen. Hinsichtlich der übrigen Beteiligungen liegen keine Anhaltspunkte für einen

den Beteiligungsbuchwert übersteigenden Ertragswert vor, so dass der Ansatz der jeweiligen Betei-

ligungsbuchwerte unseres Erachtens ebenfalls angemessen ist.

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Der Ansatz solcher vergleichsweise unbedeutender Unternehmen bzw. Unternehmensanteile mit

dem Buchwert, dem anteiligen Ertragswert oder dem anteiligen Eigenkapital ist üblich und von der

Rechtsprechung anerkannt (vgl. OLG Stuttgart, 17. März 2010, 20 W 9/08, Tz. 200 ff.(juris); OLG

München, 14. Juli 2009, 31 Wx 121/06, Tz. 38 (juris); OLG München, 31. März 2008, 31 Wx

88/06, Tz. 52 (juris).

Aufgrund der bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnisse liegen keine Anhaltspunkte für die Exis-

tenz weiterer nicht betriebsnotwendiger Vermögensteile vor.

V. Unternehmenswert

Unter Bezugnahme auf die Darstellung im Bewertungsgutachten ergibt sich insgesamt für die

Fidor Bank zum Bewertungsstichtag 20. Dezember 2017 ein aus dem Ertragswert und unter zusätz-

licher Berücksichtigung der Sonderwerte abgeleiteter Unternehmenswert von rund TEUR 58.392.

Dies entspricht einem anteiligen Wert je Aktie in Höhe von EUR 5,53.

Wir haben die Berechnung des Werts je Aktie nachvollzogen. Er ist zutreffend abgeleitet.

VI. Börsenkurs

Nachfolgend werden die Anforderungen der Rechtsprechung an die Relevanz des Börsenkurses der

Fidor Bank als Wert für die Festlegung einer angemessenen Barabfindung anhand verschiedener

Kriterien untersucht.

Nach dem Beschluss des BGH vom 19. Juli 2010, (II ZB 18/09, AG 2010, S. 629 ff. „Stollwerck“), ist

im Rahmen eines Ausschlusses der Minderheitsaktionäre der einer angemessenen Abfindung zu

Grunde zu legende Börsenwert grundsätzlich auf Basis eines gewichteten Durchschnittskurses in-

nerhalb eines Dreimonatszeitraumes vor Bekanntgabe der Strukturmaßnahme zu errechnen.

Der BGH hat mit diesem Beschluss seine bisherige Rechtsprechung teilweise aufgegeben und sich

der überwiegenden Auffassung im Schrifttum (vgl. für alle: Adolff, Unternehmensbewertung im

Recht der börsennotierten Aktiengesellschaft, 2007, S. 335 f.) und der Bewertungspraxis ange-

schlossen.

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Niederschlag hat diese Auffassung auch in § 5 Abs. 1 WpÜGAngebV gefunden, der bestimmt, dass

die im Fall eines Übernahmeangebots angebotene Gegenleistung mindestens dem durchschnittli-

chen Börsenkurs der Aktien der Zielgesellschaft während der letzten drei Monate vor Veröffentli-

chung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots entsprechen muss.

Am 6. September 2017 gab der Vorstand der Fidor Bank bekannt, dass die 3FH das förmliche Ver-

langen gemäß § 327a AktG übermittelt hat, die Hauptversammlung der Gesellschaft möge die

Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf die 3FH gegen Gewährung einer angemes-

senen Barabfindung beschließen.

Am 4. Mai 2015 hatten Vorstand und Aufsichtsrat der Fidor Bank aufgrund einer Änderung der

Kapitalmarktstrategie das Delisting der Fidor Bank Aktie zum 30. Juni 2015 angekündigt. Der letzte

Handelstag für die Aktien der Fidor Bank im Entry Standard des Freiverkehrs der Frankfurter Wert-

papierbörse war folglich der 30. Juni 2015.

Nach den uns erteilten Auskünften wurden im weiteren Verlauf die Aktien der Fidor Bank aus-

schließlich außerbörslich über die Wertpapierhandelshäuser Valora und Schnigge gehandelt. Weite-

re Handelsplätze sind uns im Rahmen unserer Prüfungshandlungen auch nicht bekannt geworden.

Damit kann zum Stichtag der Bekanntgabe des Übertragungsverlangens am 6. September 2017

kein Börsenwert im Sinne eines gewichteten Durchschnittskurses ermittelt werden. Gemäß § 24

Abs. 1 BörsG handelt es sich beim Börsenpreis um einen Wert, der während der Börsenzeit an einer

Börse festgestellt wird. Dies umfasst auch Preise, die während der Börsenzeit im Freiverkehr an

einer Wertpapierbörse gehandelt werden. Börsen sind nach § 2 Abs. 1 BörsG teilrechtsfähige An-

stalten öffentlichen Rechts. Demgegenüber stellt der Telefonhandel einen ungeregelten Freiverkehr

dar, welcher zwischen privatrechtlichen Organisationen (i. d. R. Banken oder Maklern) abgewickelt

wird. Insbesondere unterliegt dieser außerbörsliche Handel weder Formvorschriften, noch werden

Handel und Kursnotierungen überwacht. Zudem fließen aufgrund der deutlich verminderten Publi-

zitätspflichten nicht alle relevanten Unternehmensdaten in die Bildung der im außerbörslichen Frei-

verkehr erzielten Preise ein. Insoweit kann nicht davon ausgegangen werden, dass die im ungere-

gelten Freiverkehr festgestellten Preise den tatsächlichen Unternehmenswert je Aktie widerspiegeln.

Aus diesem Grund kann der Börsenkurs in solchen Fällen nicht als Untergrenze der zu gewähren-

den Barabfindung herangezogen werden (vgl. OLG München, 17. Juli 2014, 31 Wx 407/13, AG

2014, S. 714, 715). Auch das LG München I betont, dass bei außerbörslichen Handelsplattformen,

wie bspw. dem Telefonverkehr, der Börsenwert nicht als Untergrenze der Barabfindung heranzu-

ziehen ist (vgl. LG München I, 23. Dezember 2010, 5 HK O 21285/08, Beschlusstext, S. 28). Das

OLG Stuttgart hat die Berücksichtigung des Börsenkurses in einer Entscheidung abgelehnt, da die

Aktien lediglich im Telefonhandel gehandelt wurden (vgl. OLG Stuttgart, 14. Februar 2008, 20 W

11/06, Tz. 47 (juris)).

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Insoweit sind die im Dreimonatszeitraum vor Bekanntgabe des Übertragungsverlangens im ungere-

gelten Freiverkehr festgestellten Kurse der Fidor Bank Aktie für die Bemessung der angemessenen

Barabfindung grundsätzlich unbeachtlich.

Zu Informationszwecken haben wir dennoch die Kursentwicklung sowie das Handelsvolumen im

maßgeblichen Referenzzeitraum vom 6. Juni bis einschließlich 5. September 2017 in nachfolgender

Grafik auf der Grundlage der Kursangaben von Valora und Schnigge visualisiert. Die Daten wurden

uns von Valora auf Anfrage zur Verfügung gestellt. Schnigge veröffentlicht Kurs und Handelsvolu-

men auf deren Internetseite4. Keiner der festgestellten außerbörslichen Kurse überschreitet die

Abfindung von EUR 13,69 je Aktie.

VII. Vergleichsorientierte Bewertung

Die Bewertungspraxis kennt neben den Kapitalwertkalkülen sogenannte Multiplikatormethoden zur

Abschätzung vorläufiger Unternehmenswerte, von Wertbandbreiten oder zu Plausibilisierungs-

zwecken. Dieses Bewertungskonzept folgt ebenso wie die Ertragswertmethode dem Grundsatz

4 https://www.schnigge.de/de/quote-center/telefonhandel-kurse.html

0

200

400

600

800

1.000

1.200

1.400

1.600

11,00

11,50

12,00

12,50

13,00

13,50

14,00

06.06.17 26.06.17 16.07.17 05.08.17 25.08.17

Stü

ck

EUR

Kurs und Handelsvolumen der Fidor Bank Aktie

Handelsvolumen Preis

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einer ertragsorientierten Bewertung, jedoch wird der Unternehmenswert anhand eines Vielfachen

einer Erfolgs- oder Bestandsgröße ermittelt. Das Multiplikatorverfahren basiert dabei auf einer ver-

gleichenden Unternehmensbewertung in dem Sinne, dass geeignete Vervielfältiger aus Kapital-

marktdaten börsennotierter Vergleichsunternehmen oder Transaktionen abgeleitet und auf das zu

bewertende Unternehmen übertragen werden.

Derartige Multiplikator-Bewertungen stellen nur vereinfachte Wertfindungen dar, können jedoch

im Einzelfall Anhaltspunkte für eine Plausibilitätskontrolle bieten (vgl. IDW S 1 i. d. F. 2008,

Tz. 143). Bei der Bewertung von Banken ist es üblich, abweichend zur Bewertung von Industrieun-

ternehmen, auf Ergebnis- sowie auf Eigenkapitalmultiplikatoren abzustellen. Unter den Ergebnis-

multiplikatoren ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) am gebräuchlichsten. Das KGV stellt das Ver-

hältnis des Börsenkurses der Aktien zum tatsächlichen oder erwarteten Jahresüberschuss je Aktie

dar. Der gebräuchlichste Eigenkapitalmultiplikator ist das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV), welches

das Verhältnis von Marktwert zu Buchwert des Eigenkapitals ausdrückt.

Der Bewertungsgutachter hat eine vergleichsorientierte Bewertung auf Basis von Kurs-Gewinn-

Verhältnissen und Kurs-Buchwert-Verhältnissen vorgenommen. Die hierzu relevanten Finanzinfor-

mationen wurden der Datenbank des Dienstleisters Capital IQ entnommen. Mit Blick auf das Kurs-

Gewinn-Verhältnis bzw. gleichbedeutend der Price Earnings-Ratio (P/E) hat Ernst & Young die von

Analysten getroffenen KGV-Prognosen für die Jahre 2017 bis 2019 der Peer Group-Unternehmen

ermittelt. Ernst & Young stellt dabei eine Bandbreite zwischen rund 10 und rund 12 für den Median

fest. Aufgrund der für die Jahre 2017 bis 2019 erwarteten Jahresfehlbeträge der Fidor Bank führt

diese Analyse zu keinem sinnvollen Ergebnis.

Darüber hinaus hat der Bewertungsgutachter die Kurs-Buchwert-Verhältnisse der Peer Group-

Unternehmen auf der Grundlage der Veröffentlichungen der vergangenen 12 Monate analysiert.

Bei Buchwert-Multiplikatoren wird der Unternehmenswert in Bezug zum Buchwert des Kapitals

gesetzt (vgl. Franken/Schulte, Fairness Opinions nach IDW S 8, 2014, S. 209). Bei einem

Kurs/Buchwert-Multiplikator handelt es sich um einen Equity-Value-Multiplikator. D.h. es ergibt sich

bei seiner Anwendung auf die Bezugsgröße Buchwert direkt der Wert des Eigenkapitals. Die Multi-

plikatoren liegen in einer Bandbreite von 0,7 bis 1,0 und betragen im Median 0,9. Ernst & Young

wendet die sich aus der Bandbreite ergebenden Multiplikatoren auf das bilanzielle Eigenkapital der

Fidor Bank zum 31. August 2017 an, welches bereits die Kapitalerhöhung durch 3FH in Höhe von

EUR 90 Mio. enthält. Zusätzliche geplante Kapitalerhöhungen im Planungszeitraum berücksichtigt

der Bewertungsgutachter nicht eigenkapitalmindernd.

Im Ergebnis gelangt der Bewertungsgutachter dabei zu einer Bandbreite des Unternehmenswerts

der Fidor Bank zwischen EUR 40,5 Mio. und EUR 60,0 Mio. Am Ende dieser Plausibilisierungsüber-

legungen stellt der Bewertungsgutachter fest, dass der fundamentale, nach IDW S 1 i. d. F. 2008

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abgeleitete Marktwert des Eigenkapitals (inkl. Sonderwerte) innerhalb der sich aus der vergleichs-

orientierten Bewertung ergebenden Bandbreite liegt.

Wir haben die Überlegungen des Bewertungsgutachters kritisch gewürdigt und anhand der vom

Finanzdienstleister Bloomberg zur Verfügung gestellten Informationen und Analystenschätzungen

nachberechnet.

Bezogen auf ein bilanzielles Eigenkapital von TEUR 59.145 ergibt sich die folgende Wertbandbreite:

Das Eigenkapital zum 31. August 2017 wurde vom Bewertungsgutachter unter Berücksichtigung

der geplanten, aber zum 31. August 2017 noch nicht vollständig erfolgten Kapitalerhöhung der

3FH in die Kapitalrücklage der Fidor abgeleitet.

HSBC Holdings PLC 1,06Royal Bank of Scotland Group PLC 0,67Barclays PLC 0,59Banco Santander SA 0,93Lloyds Banking Group PLC 1,13ING Groep NV 1,23Commerzbank AG 0,51Banco Bilbao Vizcaya Argentaria SA 1,00UniCredit SpA 0,74Erste Group Bank AG 1,26Raiffeisen Bank International AG 1,00BNP Paribas SA 0,93Societe Generale SA 0,64Bankia SA 0,91Banco de Sabadell SA 0,69CaixaBank SA 0,95

1. Quartil 0,68Median 0,933. Quartil 1,02

Kurs-Buchwert-Verhältnis

1. Quartil Median 3. QuartilTEUR TEUR TEUR

Buchwert des Eigenkapitals zum 31. August 2017

Kurs-Buchwert-Verhältnis 0,68 0,93 1,02

Marktwert des Eigenkapitals 40.464 54.729 60.116

Anzahl Aktien

Unternehmenswert je Aktie (EUR) 3,83 5,19 5,70

59.145

10.553.071

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Darüber hinaus haben wir das Kurs-Buchwert-Verhältnis für die erweiterte Peer Group analysiert.

Die sich daraus ergebende Wertbandbreite stellt sich wie folgt dar:

Im Ergebnis ergeben sich aus diesen Plausibilitätsüberlegungen keine Anhaltspunkte dafür, dass der

ermittelte Unternehmenswert im Vergleich zum aktuellen Kapitalmarktumfeld zu gering ist (krit. zur

Aussagekraft von Multiplikatorwerten allgemein: OLG Frankfurt, 2. Mai 2011, 21 W 3/11, Tz. 83

juris (insoweit nicht abgedruckt in AG 2011, S. 828 ff.); OLG Frankfurt, 15. Februar 2010, AG

2010, S. 798, 802 bzw. zur Irrelevanz bei der Überprüfung des Ertragswerts: OLG München, 9.

September 2014, 31 Wx 128/14, Beschlusstext S. 6; ablehnend bzgl. Umsatzmultiplikatoren: LG

HSBC Holdings PLC 1,06Royal Bank of Scotland Group PLC 0,67Barclays PLC 0,59Banco Santander SA 0,93Lloyds Banking Group PLC 1,13ING Groep NV 1,23Commerzbank AG 0,51Banco Bilbao Vizcaya Argentaria SA 1,00UniCredit SpA 0,74Erste Group Bank AG 1,26Raiffeisen Bank International AG 1,00BNP Paribas SA 0,93Societe Generale SA 0,64Bankia SA 0,91Banco de Sabadell SA 0,69CaixaBank SA 0,95Wirecard AG 6,58Global Payments Inc 5,21Total System Services Inc 5,54Paysafe Group PLC 2,85PayPal Holdings Inc 5,46

1. Quartil 0,74Median 1,003. Quartil 1,26

Kurs-Buchwert-Verhältnis

1. Quartil Median 3. QuartilTEUR TEUR TEUR

Buchwert des Eigenkapitals zum 31. August 2017

Kurs-Buchwert-Verhältnis 0,74 1,00 1,26

Marktwert des Eigenkapitals 43.731 58.883 74.579

Anzahl Aktien

Unternehmenswert je Aktie (EUR) 4,14 5,58 7,07

59.145

10.553.071

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München I, 2. Dezember 2016, 5 HK 5781/15, Tz. 62 (juris)). Die gesamte Wertbandbreite liegt

deutlich unter der angebotenen Barabfindung von EUR 13,69 je Aktie.

VIII.Sensitivitäten

Zur Überprüfung des Einflusses der Veränderung von Parametern auf den Wert je Aktie haben wir

Sensitivitätsrechnungen des Bewertungsgutachters nachvollzogen und um eigene Sensitivitätsana-

lysen ergänzt. Als Parameter haben wir hierzu die Komponenten des Kapitalisierungszinssatzes –

Basiszinssatz, Marktrisikoprämie sowie Betafaktor – ausgewählt, da diese Bewertungsparameter

den Wert in besonderem Maße beeinflussen.

Wir weisen vorsorglich darauf hin, dass die nachstehende Sensitivitätsüberlegung und die hieraus

rechnerisch abgeleiteten Werte nur zu Informationszwecken der abzufindenden Minderheitsaktio-

näre und des uns bestellenden Landgerichts dienen. Die sich rechnerisch ergebenden Werte sind

nicht dahingehend zu interpretieren, dass sie für sich eine angemessene Barabfindung darstellen

und somit in Widerspruch zu unserem Prüfungsurteil stehen.

Basiszinssatz/Marktrisikoprämien-Matrix

Die Marktrisikoprämie nach Steuern haben wir in einer Bandbreite von 4,50 % bis 6,50 % variiert.

Wert je Aktie in EUR1,00 4,50% 5,00% 5,50% 6,00% 6,50%

0,50% 11,95 9,18 7,05 5,35 3,980,75% 11,05 8,50 6,51 4,92 3,631,00% 10,23 7,86 6,01 4,51 3,291,25% 9,47 7,27 5,53 4,13 2,971,50% 8,76 6,72 5,09 3,77 2,671,75% 8,11 6,20 4,67 3,42 2,382,00% 7,50 5,72 4,28 3,10 2,11

Veränderung des Werts je Aktie 71,1% 31,4% 0,0% -25,4% -46,3%bei Veränderung der Marktrisikoprämie(Basiszins = 1,25%)

Marktrisikoprämie

Basiszinssatz

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Bezogen auf den angesetzten Basiszinssatz von 1,25 % führt beispielsweise eine Verminderung der

Marktrisikoprämie auf 5,0 % zu einer rechnerischen Erhöhung des Werts je Aktie um rund 31,4 %.

Betafaktor/Marktrisikoprämien-Matrix

Den Betafaktor haben wir in einer Bandbreite von 1,10 bis 1,40 variiert. Die nachstehende Tabelle

zeigt den jeweiligen Wert je Aktie.

Bezogen auf die angesetzte Marktrisikoprämie von 5,50 % führt beispielsweise eine Erhöhung des

Betafaktors auf 1,30 zu einer rechnerischen Verminderung des Werts je Aktie um rund 11,8 %.

Eine Verringerung des Betafaktors auf 1,20 führt zu einer Erhöhung des Werts je Aktie um rund

13,0 %.

IX. Besondere Schwierigkeiten bei der Bewertung

Aufgrund unserer Kenntnis der einschlägigen Teile des Übertragungsberichts des Hauptaktionärs,

der uns erteilten Auskünfte und der Besprechungen mit dem Vorstand, der durch den Hauptaktio-

när beauftragten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die diesen bei der Wertermittlung unterstützt

hat, sowie der Durchsicht der dem abgeleiteten Ergebnis zugrunde liegenden Planungsrechnung

und sonstigen Unterlagen stellen wir fest, dass bei der Ermittlung des Unternehmenswertes der

Fidor Bank keine besonderen Schwierigkeiten aufgetreten sind.

Wert je Aktie in EUR0,00 1,10 1,20 1,25 1,30 1,40

4,50% 12,59 10,40 9,47 8,61 7,12

5,00% 9,98 8,09 7,27 6,53 5,23

5,50% 7,92 6,25 5,53 4,88 3,74

6,00% 6,25 4,76 4,13 3,55 2,52

6,50% 4,88 3,55 2,97 2,45 1,52

Veränderung des Werts je Aktie 43,1% 13,0% 0,0% -11,8% -32,4%bei Veränderung des Betafaktors(Marktrisikoprämie = 5,5%)

Betafaktor

Marktrisikoprämie

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F. Ermittlung der angemessenen Barabfindung

Die Ausgangswerte für die Ermittlung der Barabfindung sind in der als Anlage 3 zum Übertra-

gungsbericht beigefügten gutachtlichen Stellungnahme von Ernst & Young ausführlich dargestellt.

Aus dem Unternehmenswert in Höhe von rund TEUR 58.392 wurde vom Bewertungsgutachter ein

Wert je Aktie in Höhe von gerundet EUR 5,53 abgeleitet.

Der Börsenkurs war als Mindestbemessungsgrundlage für die Barabfindung nicht zu berücksichti-

gen.

Der Hauptaktionär der Fidor Bank hat die Höhe der Barabfindung auf

EUR 13,69

je Aktie festgelegt.

Die festgelegte Barabfindung ist aus unserer Sicht angemessen.

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G. Abschließende Erklärung zur Angemessenheit

der festgelegten Barabfindung

„Nach unseren Feststellungen ist aus den vorstehend dargelegten Gründen die Barabfindung, die

im Rahmen des Squeeze Outs den ausscheidenden Aktionären der Fidor Bank AG, München, infol-

ge der Übertragung der Aktien gemäß §§ 327a ff. AktG gewährt wird, in Höhe von EUR 13,69 je

nennwertlose Stückaktie angemessen.“

Stuttgart, 3. November 2017

Ebner Stolz GmbH & Co. KGWirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft

Dr. Matthias Popp Alexander SobanskiWirtschaftsprüfer Wirtschaftsprüfer

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Allgemeine Auftragsbedingungenfür

Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaftenvom 1. Januar 2017

1. Geltungsbereich

(1) Die Auftragsbedingungen gelten für Verträge zwischen Wirtschaftsprüfernoder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (im Nachstehenden zusammenfas-send „Wirtschaftsprüfer“ genannt) und ihren Auftraggebern über Prüfungen,Steuerberatung, Beratungen in wirtschaftlichen Angelegenheiten und sonsti-ge Aufträge, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich schriftlich vereinbartoder gesetzlich zwingend vorgeschrieben ist.

(2) Dritte können nur dann Ansprüche aus dem Vertrag zwischen Wirt-schaftsprüfer und Auftraggeber herleiten, wenn dies ausdrücklich vereinbartist oder sich aus zwingenden gesetzlichen Regelungen ergibt. Im Hinblick aufsolche Ansprüche gelten diese Auftragsbedingungen auch diesen Drittengegenüber.

2. Umfang und Ausführung des Auftrags

(1) Gegenstand des Auftrags ist die vereinbarte Leistung, nicht ein bestimm-ter wirtschaftlicher Erfolg. Der Auftrag wird nach den Grundsätzen ordnungs-mäßiger Berufsausübung ausgeführt. Der Wirtschaftsprüfer übernimmt imZusammenhang mit seinen Leistungen keine Aufgaben der Geschäftsfüh-rung. Der Wirtschaftsprüfer ist für die Nutzung oder Umsetzung der Ergebnis-se seiner Leistungen nicht verantwortlich. Der Wirtschaftsprüfer ist berechtigt,sich zur Durchführung des Auftrags sachverständiger Personen zu bedienen.

(2) Die Berücksichtigung ausländischen Rechts bedarf – außer bei betriebs-wirtschaftlichen Prüfungen – der ausdrücklichen schriftlichen Vereinbarung.

(3) Ändert sich die Sach- oder Rechtslage nach Abgabe der abschließendenberuflichen Äußerung, so ist der Wirtschaftsprüfer nicht verpflichtet, denAuftraggeber auf Änderungen oder sich daraus ergebende Folgerungenhinzuweisen.

3. Mitwirkungspflichten des Auftraggebers

(1) Der Auftraggeber hat dafür zu sorgen, dass dem Wirtschaftsprüfer alle fürdie Ausführung des Auftrags notwendigen Unterlagen und weiteren Informa-tionen rechtzeitig übermittelt werden und ihm von allen Vorgängen undUmständen Kenntnis gegeben wird, die für die Ausführung des Auftrags vonBedeutung sein können. Dies gilt auch für die Unterlagen und weiterenInformationen, Vorgänge und Umstände, die erst während der Tätigkeit desWirtschaftsprüfers bekannt werden. Der Auftraggeber wird dem Wirtschafts-prüfer geeignete Auskunftspersonen benennen.

(2) Auf Verlangen des Wirtschaftsprüfers hat der Auftraggeber die Vollstän-digkeit der vorgelegten Unterlagen und der weiteren Informationen sowie dergegebenen Auskünfte und Erklärungen in einer vom Wirtschaftsprüfer formu-lierten schriftlichen Erklärung zu bestätigen.

4. Sicherung der Unabhängigkeit

(1) Der Auftraggeber hat alles zu unterlassen, was die Unabhängigkeit derMitarbeiter des Wirtschaftsprüfers gefährdet. Dies gilt für die Dauer desAuftragsverhältnisses insbesondere für Angebote auf Anstellung oder Über-nahme von Organfunktionen und für Angebote, Aufträge auf eigene Rech-nung zu übernehmen.

(2) Sollte die Durchführung des Auftrags die Unabhängigkeit des Wirtschafts-prüfers, die der mit ihm verbundenen Unternehmen, seiner Netzwerkunter-nehmen oder solcher mit ihm assoziierten Unternehmen, auf die die Unab-hängigkeitsvorschriften in gleicher Weise Anwendung finden wie auf denWirtschaftsprüfer, in anderen Auftragsverhältnissen beeinträchtigen, ist derWirtschaftsprüfer zur außerordentlichen Kündigung des Auftrags berechtigt.

5. Berichterstattung und mündliche Auskünfte

Soweit der Wirtschaftsprüfer Ergebnisse im Rahmen der Bearbeitung desAuftrags schriftlich darzustellen hat, ist alleine diese schriftliche Darstellungmaßgebend. Entwürfe schriftlicher Darstellungen sind unverbindlich. Sofernnicht anders vereinbart, sind mündliche Erklärungen und Auskünfte desWirtschaftsprüfers nur dann verbindlich, wenn sie schriftlich bestätigt werden.Erklärungen und Auskünfte des Wirtschaftsprüfers außerhalb des erteiltenAuftrags sind stets unverbindlich.

6. Weitergabe einer beruflichen Äußerung des Wirtschaftsprüfers

(1) Die Weitergabe beruflicher Äußerungen des Wirtschaftsprüfers (Arbeits-ergebnisse oder Auszüge von Arbeitsergebnissen – sei es im Entwurf oder inder Endfassung) oder die Information über das Tätigwerden des Wirtschafts-prüfers für den Auftraggeber an einen Dritten bedarf der schriftlichen Zustim-mung des Wirtschaftsprüfers, es sei denn, der Auftraggeber ist zur Weiter-gabe oder Information aufgrund eines Gesetzes oder einer behördlichenAnordnung verpflichtet.

(2) Die Verwendung beruflicher Äußerungen des Wirtschaftsprüfers und dieInformation über das Tätigwerden des Wirtschaftsprüfers für den Auftragge-ber zu Werbezwecken durch den Auftraggeber sind unzulässig.

7. Mängelbeseitigung

(1) Bei etwaigen Mängeln hat der Auftraggeber Anspruch auf Nacherfüllungdurch den Wirtschaftsprüfer. Nur bei Fehlschlagen, Unterlassen bzw. unbe-rechtigter Verweigerung, Unzumutbarkeit oder Unmöglichkeit der Nacherfül-lung kann er die Vergütung mindern oder vom Vertrag zurücktreten; ist derAuftrag nicht von einem Verbraucher erteilt worden, so kann der Auftraggeberwegen eines Mangels nur dann vom Vertrag zurücktreten, wenn die erbrach-te Leistung wegen Fehlschlagens, Unterlassung, Unzumutbarkeit oderUnmöglichkeit der Nacherfüllung für ihn ohne Interesse ist. Soweit darüberhinaus Schadensersatzansprüche bestehen, gilt Nr. 9.

(2) Der Anspruch auf Beseitigung von Mängeln muss vom Auftraggeberunverzüglich in Textform geltend gemacht werden. Ansprüche nach Abs. 1,die nicht auf einer vorsätzlichen Handlung beruhen, verjähren nach Ablaufeines Jahres ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn.

(3) Offenbare Unrichtigkeiten, wie z.B. Schreibfehler, Rechenfehler undformelle Mängel, die in einer beruflichen Äußerung (Bericht, Gutachten unddgl.) des Wirtschaftsprüfers enthalten sind, können jederzeit vom Wirt-schaftsprüfer auch Dritten gegenüber berichtigt werden. Unrichtigkeiten, diegeeignet sind, in der beruflichen Äußerung des Wirtschaftsprüfers enthalteneErgebnisse infrage zu stellen, berechtigen diesen, die Äußerung auch Drittengegenüber zurückzunehmen. In den vorgenannten Fällen ist der Auftragge-ber vom Wirtschaftsprüfer tunlichst vorher zu hören.

8. Schweigepflicht gegenüber Dritten, Datenschutz

(1) Der Wirtschaftsprüfer ist nach Maßgabe der Gesetze (§ 323 Abs. 1 HGB,§ 43 WPO, § 203 StGB) verpflichtet, über Tatsachen und Umstände, die ihmbei seiner Berufstätigkeit anvertraut oder bekannt werden, Stillschweigen zubewahren, es sei denn, dass der Auftraggeber ihn von dieser Schweigepflichtentbindet.

(2) Der Wirtschaftsprüfer wird bei der Verarbeitung von personenbezogenenDaten die nationalen und europarechtlichen Regelungen zum Datenschutzbeachten.

9. Haftung

(1) Für gesetzlich vorgeschriebene Leistungen des Wirtschaftsprüfers, insbe-sondere Prüfungen, gelten die jeweils anzuwendenden gesetzlichen Haf-tungsbeschränkungen, insbesondere die Haftungsbeschränkung des § 323Abs. 2 HGB.

(2) Sofern weder eine gesetzliche Haftungsbeschränkung Anwendung findetnoch eine einzelvertragliche Haftungsbeschränkung besteht, ist die Haftungdes Wirtschaftsprüfers für Schadensersatzansprüche jeder Art, mit Ausnah-me von Schäden aus der Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit,sowie von Schäden, die eine Ersatzpflicht des Herstellers nach § 1ProdHaftG begründen, bei einem fahrlässig verursachten einzelnen Scha-densfall gemäß § 54a Abs. 1 Nr. 2 WPO auf 4 Mio. € beschränkt.

(3) Einreden und Einwendungen aus dem Vertragsverhältnis mit dem Auf-traggeber stehen dem Wirtschaftsprüfer auch gegenüber Dritten zu.

(4) Leiten mehrere Anspruchsteller aus dem mit dem Wirtschaftsprüferbestehenden Vertragsverhältnis Ansprüche aus einer fahrlässigen Pflichtver-letzung des Wirtschaftsprüfers her, gilt der in Abs. 2 genannte Höchstbetragfür die betreffenden Ansprüche aller Anspruchsteller insgesamt.

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(5) Ein einzelner Schadensfall im Sinne von Abs. 2 ist auch bezüglich einesaus mehreren Pflichtverletzungen stammenden einheitlichen Schadensgegeben. Der einzelne Schadensfall umfasst sämtliche Folgen einer Pflicht-verletzung ohne Rücksicht darauf, ob Schäden in einem oder in mehrerenaufeinanderfolgenden Jahren entstanden sind. Dabei gilt mehrfaches aufgleicher oder gleichartiger Fehlerquelle beruhendes Tun oder Unterlassen alseinheitliche Pflichtverletzung, wenn die betreffenden Angelegenheiten mitei-nander in rechtlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Indiesem Fall kann der Wirtschaftsprüfer nur bis zur Höhe von 5 Mio. € inAnspruch genommen werden. Die Begrenzung auf das Fünffache der Min-destversicherungssumme gilt nicht bei gesetzlich vorgeschriebenen Pflicht-prüfungen.

(6) Ein Schadensersatzanspruch erlischt, wenn nicht innerhalb von sechsMonaten nach der schriftlichen Ablehnung der Ersatzleistung Klage erhobenwird und der Auftraggeber auf diese Folge hingewiesen wurde. Dies gilt nichtfür Schadensersatzansprüche, die auf vorsätzliches Verhalten zurückzufüh-ren sind, sowie bei einer schuldhaften Verletzung von Leben, Körper oderGesundheit sowie bei Schäden, die eine Ersatzpflicht des Herstellers nach §1 ProdHaftG begründen. Das Recht, die Einrede der Verjährung geltend zumachen, bleibt unberührt.

10. Ergänzende Bestimmungen für Prüfungsaufträge

(1) Ändert der Auftraggeber nachträglich den durch den Wirtschaftsprüfergeprüften und mit einem Bestätigungsvermerk versehenen Abschluss oderLagebericht, darf er diesen Bestätigungsvermerk nicht weiterverwenden.

Hat der Wirtschaftsprüfer einen Bestätigungsvermerk nicht erteilt, so ist einHinweis auf die durch den Wirtschaftsprüfer durchgeführte Prüfung im Lage-bericht oder an anderer für die Öffentlichkeit bestimmter Stelle nur mit schrift-licher Einwilligung des Wirtschaftsprüfers und mit dem von ihm genehmigtenWortlaut zulässig.

(2) Widerruft der Wirtschaftsprüfer den Bestätigungsvermerk, so darf derBestätigungsvermerk nicht weiterverwendet werden. Hat der Auftraggeberden Bestätigungsvermerk bereits verwendet, so hat er auf Verlangen desWirtschaftsprüfers den Widerruf bekanntzugeben.

(3) Der Auftraggeber hat Anspruch auf fünf Berichtsausfertigungen. WeitereAusfertigungen werden besonders in Rechnung gestellt.

11. Ergänzende Bestimmungen für Hilfeleistung in Steuersachen

(1) Der Wirtschaftsprüfer ist berechtigt, sowohl bei der Beratung in steuerli-chen Einzelfragen als auch im Falle der Dauerberatung die vom Auftraggebergenannten Tatsachen, insbesondere Zahlenangaben, als richtig und vollstän-dig zugrunde zu legen; dies gilt auch für Buchführungsaufträge. Er hat jedochden Auftraggeber auf von ihm festgestellte Unrichtigkeiten hinzuweisen.

(2) Der Steuerberatungsauftrag umfasst nicht die zur Wahrung von Fristenerforderlichen Handlungen, es sei denn, dass der Wirtschaftsprüfer hierzuausdrücklich den Auftrag übernommen hat. In diesem Fall hat der Auftragge-ber dem Wirtschaftsprüfer alle für die Wahrung von Fristen wesentlichenUnterlagen, insbesondere Steuerbescheide, so rechtzeitig vorzulegen, dassdem Wirtschaftsprüfer eine angemessene Bearbeitungszeit zur Verfügungsteht.

(3) Mangels einer anderweitigen schriftlichen Vereinbarung umfasst dielaufende Steuerberatung folgende, in die Vertragsdauer fallenden Tätigkei-ten:

a) Ausarbeitung der Jahressteuererklärungen für die Einkommensteuer,Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer sowie der Vermögensteuererklä-rungen, und zwar auf Grund der vom Auftraggeber vorzulegenden Jahres-abschlüsse und sonstiger für die Besteuerung erforderlicher Aufstellungenund Nachweise

b) Nachprüfung von Steuerbescheiden zu den unter a) genannten Steuern

c) Verhandlungen mit den Finanzbehörden im Zusammenhang mit denunter a) und b) genannten Erklärungen und Bescheiden

d) Mitwirkung bei Betriebsprüfungen und Auswertung der Ergebnisse vonBetriebsprüfungen hinsichtlich der unter a) genannten Steuern

e) Mitwirkung in Einspruchs- und Beschwerdeverfahren hinsichtlich derunter a) genannten Steuern.

Der Wirtschaftsprüfer berücksichtigt bei den vorgenannten Aufgaben diewesentliche veröffentlichte Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung.

(4) Erhält der Wirtschaftsprüfer für die laufende Steuerberatung ein Pau-schalhonorar, so sind mangels anderweitiger schriftlicher Vereinbarungen dieunter Abs. 3 Buchst. d) und e) genannten Tätigkeiten gesondert zu honorie-ren.

(5) Sofern der Wirtschaftsprüfer auch Steuerberater ist und die Steuerbera-tervergütungsverordnung für die Bemessung der Vergütung anzuwenden ist,kann eine höhere oder niedrigere als die gesetzliche Vergütung in Textformvereinbart werden.

(6) Die Bearbeitung besonderer Einzelfragen der Einkommensteuer, Körper-schaftsteuer, Gewerbesteuer, Einheitsbewertung und Vermögensteuer sowiealler Fragen der Umsatzsteuer, Lohnsteuer, sonstigen Steuern und Abgabenerfolgt auf Grund eines besonderen Auftrags. Dies gilt auch für

a) die Bearbeitung einmalig anfallender Steuerangelegenheiten, z.B. aufdem Gebiet der Erbschaftsteuer, Kapitalverkehrsteuer, Grunderwerbsteuer,

b) die Mitwirkung und Vertretung in Verfahren vor den Gerichten der Fi-nanz- und der Verwaltungsgerichtsbarkeit sowie in Steuerstrafsachen,

c) die beratende und gutachtliche Tätigkeit im Zusammenhang mit Um-wandlungen, Kapitalerhöhung und -herabsetzung, Sanierung, Eintritt undAusscheiden eines Gesellschafters, Betriebsveräußerung, Liquidation unddergleichen und

d) die Unterstützung bei der Erfüllung von Anzeige- und Dokumentations-pflichten.

(7) Soweit auch die Ausarbeitung der Umsatzsteuerjahreserklärung alszusätzliche Tätigkeit übernommen wird, gehört dazu nicht die Überprüfungetwaiger besonderer buchmäßiger Voraussetzungen sowie die Frage, ob allein Betracht kommenden umsatzsteuerrechtlichen Vergünstigungen wahrge-nommen worden sind. Eine Gewähr für die vollständige Erfassung der Unter-lagen zur Geltendmachung des Vorsteuerabzugs wird nicht übernommen.

12. Elektronische Kommunikation

Die Kommunikation zwischen dem Wirtschaftsprüfer und dem Auftraggeberkann auch per E-Mail erfolgen. Soweit der Auftraggeber eine Kommunikationper E-Mail nicht wünscht oder besondere Sicherheitsanforderungen stellt, wieetwa die Verschlüsselung von E-Mails, wird der Auftraggeber den Wirt-schaftsprüfer entsprechend in Textform informieren.

13. Vergütung

(1) Der Wirtschaftsprüfer hat neben seiner Gebühren- oder HonorarforderungAnspruch auf Erstattung seiner Auslagen; die Umsatzsteuer wird zusätzlichberechnet. Er kann angemessene Vorschüsse auf Vergütung und Auslagen-ersatz verlangen und die Auslieferung seiner Leistung von der vollen Befrie-digung seiner Ansprüche abhängig machen. Mehrere Auftraggeber haften alsGesamtschuldner.

(2) Ist der Auftraggeber kein Verbraucher, so ist eine Aufrechnung gegenForderungen des Wirtschaftsprüfers auf Vergütung und Auslagenersatz nurmit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderungen zulässig.

14. Streitschlichtungen

Der Wirtschaftsprüfer ist nicht bereit, an Streitbeilegungsverfahren vor einerVerbraucherschlichtungsstelle im Sinne des § 2 des Verbraucherstreitbeile-gungsgesetzes teilzunehmen.

15. Anzuwendendes Recht

Für den Auftrag, seine Durchführung und die sich hieraus ergebenden An-sprüche gilt nur deutsches Recht.

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