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EDV-Einsatz und Internetnutzung im Arbeitsverhältnis Hamburg 25. März 2011

EDV-Einsatz und Internetnutzung im Arbeitsverhältnis Hamburg – 25. März 2011

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EDV-Einsatz und Internetnutzung im Arbeitsverhältnis

Hamburg – 25. März 2011

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I. EDV-Einsatz und Arbeitnehmerpflichten

II. Besonderheiten spezieller Nutzungsformen: Email und Internet

III. Beweissicherung

IV. Betriebsratsansprüche und -beteiligung

V. Arbeitgeber als Diensteanbieter nach TMG

VI. Exkurs: Videoüberwachung am Arbeitsplatz

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I. EDV-Einsatz und Arbeitnehmerpflichten

• Urheberrechtsverletzungen

• Verursachung von Schädlingsbefall

• Installation von Unterhaltungssoftware

• Vorhalten von rechtswidrigen Inhalten

• sonstige Nutzung aus privatem Anlass

• Begehung von Datendelikten nach StGB

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Urheberrechtsverletzungen

• durch Kopieren von Firmensoftware

• durch Mitnahme von Software-Keys von Firmensoftware

• durch Mitbringen und Installation von nicht lizensierter Software

• durch Vorhalten und Filesharing von MP3-Dateien

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Urheberrechtsverletzungen

Straftat nach § 106 UrhG

d.h. regelmäßig Grund zur fristlosen Kündigung auch ohne Abmahnung

aber: nach wie vor Privatkopieprivileg § 53 UrhG

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Verursachung von Schädlingsbefall

• Viren

• Trojaner

• Spionageprogramme

• sog. Adware

bei fahrlässiger Verursachung i.d.R. Abmahnungserfordernis

aber: mögliche Arbeitnehmerhaftung für entstandenen Schaden

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Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung

einfache Fahrlässigkeit

mittlere Fahrlässigkeit

grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz

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Installation und Benutzung von Unterhaltungssoftware

Behandlung wie private Internetnutzung (unten)

sonstige Nutzung aus privatem Anlass

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Vorhalten von rechtswidrigen Inhalten

Hauptfälle:

• Kinderpornographie

• rechtsradikale Propaganda

i.d.R. fristloser Kündigungsgrund

bei Propaganda aber u.U. Probleme mit Art. 5 I GG(Meinungsäußerungsfreiheit)

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Begehung von Datendelikten

Unbefugtes Erlangen und Verwerten von Daten

• Ausspähen von Daten (§ 202 a StGB)

• Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen (§ 17 II UWG)

• Urheberrechtsverstöße (§§ 106, 108 UrhG)

• Verstöße gegen das Datenschutzgesetz(§ 44 BDSG)

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Begehung von Datendelikten

Angriffe gegen die Integrität von Daten/Computern

• Datenveränderung/Computersabotage (§ 303 a, b StGB)

• Löschung beweiserheblicher Daten(§ 274 I Nr. 2 StGB)

• Fälschung beweiserheblicher Daten/Täuschung im Rechtsverkehr bei Datenverarbeitung (§§ 269, 270 StGB)

Vermögensdelikte

• Computerbetrug (§ 263 a StGB)

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Abmahnung oder Kündigung ?

sofortige Kündigung nur bei Straftaten oder besonders schwerwiegenden Vertragsverletzungen

sicherster Weg für AG: vorherige Abmahnung

• keine Regel für Abmahnungshäufigkeit

• beachtlich nur im Zeitraum von 2 Jahren

• Abmahnung muss einschlägig sein

• Entwertung durch zu häufige Abmahnungen?

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1. Die Warnfunktion einer Abmahnung kann erheblich dadurch abgeschwächt werden, dass der Arbeitgeber bei ständig neuen Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers stets nur mit einer Kündigung droht, ohne jemals arbeitsrechtliche Konsequenzen folgen zu lassen.

2. Angesichts der im Arbeitsleben verbreiteten Praxis, bei als leichter empfundenen Vertragsverstößen einer Kündigung mehrere - häufig drei - Abmahnungen vorausgehen zu lassen, kann in aller Regel nicht bereits die dritte Abmahnung als "entwertet" angesehen werden.

BAG Urt. v. 16.09.2004 - 2 AZR 406/03

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II. Besonderheiten spezieller Nutzungsformen:Email und Internet

Problematisch in erster Linie privater Einsatz:

• gestattet / nicht gestattet

• während der Arbeitszeit / in der Pausenzeit

• geringfügiger / erheblicher Nutzungsumfang

• Abruf rechtswidriger/pornographischer Inhalte / unverfänglicher Inhalte

• Vernachlässigung von Aufsichtspflichten / keine Folgen

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Nutzungsgewährung und Ausschluss

insbesondere durch

• Aushänge

• Email-Rundschreiben

• Klauseln im Arbeitsvertrag

• Betriebsvereinbarung

• Anweisung des Vorgesetzen

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Nutzungsgewährung und Ausschluss

• fehlendes Nutzungsverbot bedeutet nicht automatisch Genehmigung

• wenn Privatnutzung genehmigt, wenigstens keine ausschweifende Nutzung

• sicherster Weg: Verbot der Privatnutzung

• nie: „ … in angemessenem Umfang genehmigt …“

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Nutzungsgewährung und Ausschluss

Betriebliche Übung =

regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers, aus denen die

Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden

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Nutzungsgewährung und Ausschluss

Betriebliche Übung

• Darlegungslast im Prozess = Arbeitnehmer

• Anforderungen an Darlegung = hoch

• Duldung, d.h. Unterlassen trotzt Kenntnis müsste dargelegt werden

• Unterlassen von Kontrolle ist kein Verpflichtungswille

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Kontrolle und Überwachung

• dienstliche Emails = volles Kontrollrecht

• private Emails = abhängig von Nutzungsgewährung

• Internet (Browser) = entsprechend, aber insgesamt schwächer ausgeprägt, da i.d.R. keine Korrespondenz

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Kündigung wegen missbräuchlicher Internetnutzung

Ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung an sich kann vorliegen, wenn der Arbeitnehmer das Internet während der Arbeitszeit zu privaten Zwecken in erheblichem zeitlichen Umfang ("ausschweifend") nutzt und damit seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt.

BAG Urt. v. 07.07.2005 - 2 AZR 581/04

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ein wichtiger Kündigungsgrund kommt objektiv nicht nur bei privater Nutzung eines dienstlichen Internetanschlusses entgegen einem ausdrücklichen Verbot oder nach einschlägiger Abmahnung in Betracht

unbefugte Downloads von Dateien, die private Nutzung eines dienstlichen Internetanschlusses als solche und die private Verwendung von Zeit sind gleichfalls relevant

die private Internetnutzung während der Arbeitszeit verletzt grundsätzlich die Pflicht zur Arbeitsleistung

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eine Duldung der privaten Internetnutzung würde sich allenfalls auf einen angemessenen zeitlichen Umfang erstrecken

Verletzung von Aufsichtsfunktionen erhöht das Gewicht der unbefugten Internetnutzung

ohne ausdrückliches Verbot kann allenfalls eine kurzfristige private Internetnutzung hingenommen werden

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aus Duldung privater Internetnutzung lässt sich nicht schließen, diese dürfte zeitlich unbegrenzt während der Arbeitszeit erfolgen

bei ausschweifender privater Internetnutzung ist eine vorherige Abmahnung entbehrlich

bei Herunterladen umfangreicher pornographischer Dateien ist selbst bei prinzipieller Duldung privater Internetnutzung eine Abmahnung entbehrlich

bei Herunterladen pornographischen Bildmaterials ist Gefahr der Rufschädigung des Arbeitgebers relevant

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Probleme für den Arbeitgeber:• Dokumentation

• Beweisverwertungsverbot bei zugelassener Privatnutzung

• faktische Ablehnung der BAG-Entscheidung durch die Instanzgerichte

• aber auch: bestätigende Folgeentscheidungen

des BAG

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Beweisverwertung im Prozess

• wenn Kontrollmaßnahmen rechtswidrig

i.d.R. keine Verwertung möglich

• rechtswidrig, wenn

private Nutzungsgestattung und Erkenntnisse aus Privatnutzung

keine BR-Zustimmung für technische Kontrollmechanismen (streitig)

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BAG-Rechtsprechung übertragbar auf Intranetnutzung ?

• Inhalte durch AG gestellt

• reguläres Arbeitsmittel

• Merkmal „ausschweifend“ wohl kaum übertragbar

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III. Beweissicherung

Häufigste Arbeitnehmereinwendungen gegen Vorwürfe:

• „Die Dateien sind mir durch das Netzwerk zugeschoben worden, um mich loszuwerden.“

• „Als ich nicht am Platz war, ist mein Kollege an den Rechner gegangen und hat dort etwas gemacht.“

• „Das war alles schon drauf, als ich den PC zur Verfügung gestellt bekommen habe, ich habe das aber sowieso nicht angeguckt.“

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• „Die in der EDV-Abteilung haben das so hingedreht, dass ich da gesurft haben soll.“

• „Da war plötzlich so ein Programm oder Virus drauf, das das einfach gemacht hat.“

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Lösungsmöglichkeiten:

• physische Datensicherung (z.B. Festplattenausbau)

• Zeugen aus EDV-Abteilung und Kollegenkreis

• gerichtliches Sachverständigengutachten

• Arbeitnehmergeständnis vor Zeugen

• Strafanzeige

• gezielte Beobachtung und Dokumentationbei Verdacht

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Zur Idealsituation eines gerichtsfesten Geständnisses gehören:

• mehr als nur ein Zeuge des Arbeitgebers (darf nicht Vertretungsorgan sein, z.B. Geschäftsführer)

• davon ein „neutraler“ Zeuge des Arbeitgebers (nicht aus Personalabteilung oder Vorgesetzter, z.B.

unbeteiligter Kollege aus anderer Abteilung)

• Anwesenheit eines Betriebsratsmitgliedes (das auf die Teilnahme freilich keinen Anspruch hat)

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• Anfertigung eines aussagekräftigen Protokolls mit Unterschriften sämtlicher Beteiligter einschließlich betroffener Arbeitnehmer

• Unterbleiben von Nebenabreden wie Schuldanerkenntnissen

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IV. Betriebsratsansprüche und -beteiligung

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Intranetnutzung des Betriebsrates

BAG Beschl. v. 01.12.2004 - 7 ABR 18/04

Internetzugang für den Betriebsrat

BAG Beschl. v. 03.09.2003 - 7 ABR 8/03 und 12/03

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Beteiligungsrechte des Betriebsrats:

• kein Mitbestimmungsrecht bei Erteilung einer Abmahnung

• kein Mitbestimmungsrecht bei Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen

• Anhörungsrecht nach § 102 BetrVG vor Ausspruch einer Kündigung

• Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG bei Fragen der Gewährung des Nutzungsumfangs

• Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bei Einführung und Anwendung technischer Überwachungseinrichtungen

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V. Arbeitgeber als Diensteanbieter nach TMG

§ 7 Allgemeine Grundsätze

(1) Diensteanbieter sind für eigene Informationen, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich.(2) Diensteanbieter im Sinne der §§ 8 bis 10 sind nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen bleiben auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach den §§ 8 bis 10 unberührt. …

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VI. Exkurs: Videoüberwachung am Arbeitsplatz

Kollektivrechtliche Beurteilung –BAG Beschl. v. 14.12.2004 - 1 ABR 34/03

Die in dem angefochtenen Einigungsstellenspruch vorgesehene Videoüberwachung stellt einen schwerwiegenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der hier in einem Verteilungszentrum beschäftigten Arbeitnehmer dar. Dieser Eingriff ist weder durch ausdrückliche gesetzliche Regelungen noch durch schützenswerte Interessen der Arbeitgeberin oder Postkunden gerechtfertigt. Die Videoüberwachung ist der Arbeitgeberin nicht allein auf Grund ihres Hausrechts gestattet

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Individualrechtlichen Beurteilung –BAG Urt. v. 27.03.2003 - 2 AZR 51/02

1. Die heimliche Videoüberwachung eines Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber stellt einen Eingriff in das Art. 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers dar.

2. Dieser Eingriff führt jedoch dann nicht zu einem Beweisverwertungsverbot, wenn der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers besteht, weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung des Verdachts ausgeschöpft sind, die verdeckte Video-Überwachung praktisch das einzig verbleibende Mittel darstellt und insgesamt nicht unverhältnismäßig ist.