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Ein Beitrag zur Kenntnis des Balzverhaltens einheimischer Molche Von GUNTHER H. GAUSS Mit 4 Abbildungen Eingegangen am 15. Juli 19S8 Dai3 bei unseren einheim'ischen Molchen das Paarungsperhalten ahnlich wie beim Stichling nach einem bestimmten Ausloserschema ablauR, ist schon langer bekannt und wurde auch u. a. von ZIPPELIUS (1948) und PKECHTL (1951) von dem Zeitpunkt an, wo sich die Geschlechter findea, voll zutreffend beschrieben. Doch haben diese Untersuchungen die ersten Stadien nicht mit erfai3t, offenbar deshalb, weil man die Tiere bis zur Hochbrunst nach Ge- schlechtern getrennt hielt und zu wenig Freilandbeobachtungen machte. M A t e r i a 1 u n d M e t h o d e : Nach ersten Freilandbeobachtungen im Friihsoriimer 1956 wurden 1957 sowohl in der freien Natur wie in zwei 1 X 2 m groRen Freilandbecken und in fiinf 80 X 40 bzw. 60 X 30 em grogen Aquarien Kammolche (Triturus cristarus), Teichmolche (T. vulgaris) und Bergmolche (T. alpestris) planmZRig beobachtet. Alle Tiere waren durch Amputationen einzelner Zehen individuell gekennzeichnet; yenn man sie danach 12-24 Std. in keimfreiem Wasser halt, gibt es kaum Verluste durch Sekundarinfektionen wie die ,,Molchspest" (GAUSS 1961). Einzelne unmarkierte Molche, die in den Tiimpeln zwischcn den gekennzeichiieten lebten, zeigten kein anderes Verhalten. Tm Friihjahr 1957 standen mir soniit zur Verfiigung: in den Tiimpeln 86 Teichmolche, 71 Berg- und 23 Kammolche, in den Freilandbecken 6 Teich- und 7 Bergmolche und in den Aquarien 37 Teich-, 28 Berg- und 12 Kammolche. Insgesamt 8 Tiere verschwanden bzw. gingen eln. Die Freilandbecken hatten einen Landteil, wohin sich die Tiere zuriickziehen konntcn. Im Fruhjahr 1958 wurden die Ergebnisse noch einmal an vier Aquarien und drei Tiimpeln mit 28 bzw. 75 Teich- niolchen, von denen 69 gekennzeichnct waren, iiberpriift. Rei allen drei Arten verlief die Balz im wescntlichen gleich, wenn auch Einzelheiten bei bestimmten Arten leichter zu beobachten waren als Lei anderen. Am ausgeprlgtesten schienen niir im allgemeinen die Handlungen der grogten Art, also des Kammolches zu sein. Hhnlich auRert sich auch H. WEBER (1957) bei Eidechsen der Lacerta-Gruppe. RENSCH (1954) und seine Mitarbeiter (ALTEVOGT 1951) haben bei anderen Tierfamilien eine direktc Ah- hangigkeit des Lernvermogens voni Hirngewicht festgestellt. Im Fruhjahr gehen zunachst sowohl dd wie 99 ins Wasser auf Nah- rungssuche, werden schwerer, schleimig und glatt; die in der LuR langen Riech- harchen werden um so vie1 kurzer, wie im Wasser Nasenschleim verquillt (MATTHES), und die Geschlechtsprodukte reifen heran. Im Tumpel bevorzugen sie nahrungsreiche und Deckung bietende Orte; vor allem die halten schon bald jeder einen bestimmten Platz ein und wandern meist nur noch wenig herum. Wie dicht beieinander sie irgendwo stehen, das hangt von der Gesamtzahl und der Deckungsmoglichkeit ah: uni einen Ast sind sie besonders dicht geschart (Abb. 1). Der Sinn dieser mit dem Ansteigen der PaarungsbereitschaR - in der dic dd den 99 voraus sind - immer deutlicher werdenden Ortsfestigkeit des d beginnt deutlich zu werden, wenn es anfangt, DuRmarken abzusctzen, indem es seine geoffnete Kloake an Steinen, ini Wasser liegenden Zweigen und dergleichen reibt (Abb. 2). Kopf und Schwanz weisen aufwarts, der Rucken ist leicht gekrummt, hinten meist etwas mehr als vorn. Danach schnellt der Molch OR schrag nach vorne hoch. Dieses Emporschnellen zeigt immer einen markierenden Molch an. Bei wiederholtem Markieren wechselt der Standort, aber in Grenzen, die im groben Durchschnitt um so enger sind, je dichter die dd siedeln. dd, deren Brunst noch nicht so we,it fortgeschritten ist, zwangen sich wohl zwischen

Ein Beitrag zur Kenntnis des Balzverhaltens einheimischer Molche

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Ein Beitrag zur Kenntnis des Balzverhaltens einheimischer Molche Von GUNTHER H. GAUSS

Mit 4 Abbildungen Eingegangen a m 15. Juli 19S8

Dai3 bei unseren einheim'ischen Molchen das Paarungsperhalten ahnlich wie beim Stichling nach einem bestimmten Ausloserschema ablauR, ist schon langer bekannt und wurde auch u. a. von ZIPPELIUS (1948) und PKECHTL (1951) von dem Zeitpunkt an, wo sich die Geschlechter findea, voll zutreffend beschrieben. Doch haben diese Untersuchungen die ersten Stadien nicht mit erfai3t, offenbar deshalb, weil man die Tiere bis zur Hochbrunst nach Ge- schlechtern getrennt hielt und zu wenig Freilandbeobachtungen machte.

M A t e r i a 1 u n d M e t h o d e : Nach ersten Freilandbeobachtungen im Friihsoriimer 1956 wurden 1957 sowohl in der freien N a t u r wie in zwei 1 X 2 m groRen Freilandbecken und in fiinf 80 X 40 bzw. 60 X 30 em grogen Aquarien Kammolche (Triturus cristarus), Teichmolche (T . vulgaris) und Bergmolche (T . alpestris) planmZRig beobachtet. Alle Tiere waren durch Amputationen einzelner Zehen individuell gekennzeichnet; y e n n man sie danach 12-24 Std. in keimfreiem Wasser halt, gibt es kaum Verluste durch Sekundarinfektionen wie die ,,Molchspest" (GAUSS 1961). Einzelne unmarkierte Molche, die in den Tiimpeln zwischcn den gekennzeichiieten lebten, zeigten kein anderes Verhalten. Tm Friihjahr 1957 standen mir soniit zur Verfiigung: in den Tiimpeln 86 Teichmolche, 71 Berg- und 23 Kammolche, in den Freilandbecken 6 Teich- und 7 Bergmolche und in den Aquarien 37 Teich-, 28 Berg- und 12 Kammolche. Insgesamt 8 Tiere verschwanden bzw. gingen eln. Die Freilandbecken hatten einen Landteil, wohin sich die Tiere zuriickziehen konntcn. Im Fruhjahr 1958 wurden die Ergebnisse noch einmal an vier Aquarien und drei Tiimpeln mit 28 bzw. 75 Teich- niolchen, von denen 69 gekennzeichnct waren, iiberpriift.

Rei allen drei Arten verlief die Balz im wescntlichen gleich, wenn auch Einzelheiten bei bestimmten Arten leichter zu beobachten waren als Lei anderen. Am ausgeprlgtesten schienen niir im allgemeinen die Handlungen der grogten Art, also des Kammolches zu sein. Hhnlich auRert sich auch H. WEBER (1957) bei Eidechsen der Lacerta-Gruppe. RENSCH (1954) und seine Mitarbeiter (ALTEVOGT 1951) haben bei anderen Tierfamilien eine direktc Ah- hangigkeit des Lernvermogens voni Hirngewicht festgestellt.

I m Fruhjahr gehen zunachst sowohl dd wie 99 ins Wasser auf Nah- rungssuche, werden schwerer, schleimig und glatt; die in der LuR langen Riech- harchen werden um so vie1 kurzer, wie im Wasser Nasenschleim verquillt (MATTHES), und die Geschlechtsprodukte reifen heran.

I m Tumpel bevorzugen sie nahrungsreiche und Deckung bietende Orte; vor allem die halten schon bald jeder einen bestimmten Platz ein und wandern meist nur noch wenig herum. Wie dicht beieinander sie irgendwo stehen, das hangt von der Gesamtzahl und der Deckungsmoglichkeit ah: uni einen Ast sind sie besonders dicht geschart (Abb. 1).

Der Sinn dieser mit dem Ansteigen der PaarungsbereitschaR - in der dic dd den 99 voraus sind - immer deutlicher werdenden Ortsfestigkeit des d beginnt deutlich zu werden, wenn es anfangt, DuRmarken abzusctzen, indem es seine geoffnete Kloake an Steinen, ini Wasser liegenden Zweigen und dergleichen reibt (Abb. 2). Kopf und Schwanz weisen aufwarts, der Rucken ist leicht gekrummt, hinten meist etwas mehr als vorn. Danach schnellt der Molch OR schrag nach vorne hoch. Dieses Emporschnellen zeigt immer einen markierenden Molch an.

Bei wiederholtem Markieren wechselt der Standort, aber in Grenzen, die im groben Durchschnitt um so enger sind, je dichter die dd siedeln. dd, deren Brunst noch nicht so we,it fortgeschritten ist, zwangen sich wohl zwischen

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Abb. 1 . a) Vertcilung von 29

(,,3") uiid bis zum 26. (,,4") g

Teichmolchen = x (17 99, 12 8 $) und 14 Bergrnolhen = G (6 99, 8 8 8). Die meisten sind um den Ast versammelt (nur 8 $ eingezeichnet). - b) Wanderungen der ortsfest ec- wordenen Teichmolch- $ 8 1111

gleichen Tumpel voni 23. (,,l") his zum 24. (,,2"), zum 2.5.

April 1957. Je cine Ablesung raglich 12.30 U h r

die bereits mehr oder we- niger ortsfesten hinein; an- dere, die den ubrigen schon weit voraus sind, suchen aufgeregt nach 99. Abh. 1 b gibt ein Beispiel des RusmaRes solcher Ver- schiebungen. Aber von einer bestimmten Oberbe- setzung an ist von Orts- festigkeit nichts mehr zu merken, und deshalb ist sie wohl im Aquarium auch nicht beobachtet worden. Von Revieren zu reden ist schon deshalb fragwurdig, weil sie offenbar nicht ver- teidigt werden; ferner fehlt ihnen der feste Mittel- punkt, den z. B. das Nest im Vogelrevier bildet. Aber selbst wo ein Nest einen solchen darstellt, konnen 7b sich ja die Reviergrenzen stark verschieben (DIESSELHORST 1949). In einem Falle, wie Abb. 3 , wo dref dd offenbar vollig storungsfrei 2 Tage lang markiert haben, konnte man noch am ehesten von Revieren sprechen.

Bei plotzlichen Kalteeinbruchen - so geschah es um den Palmsonntag 1957 - verlassen samtliche Molche das Wasser und kehren erst wieder zuruck, wenn es deutlich warmer geworden ist. Eine untere Grenztemperatur laflt sich nicht angeben, weil das Geschlecht und die wechselnde Paarungsbereitschaft

Abb. 2. Mnrkierendes Karnmolch- 8 reibr die offene Kloakc a m Boden

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. Abb. 3. Markierungspunkte, die 3 Teichmolch- 8 8 in einem 1 X 2 m grofien Freilandver- suchsbecken binnen zweier Tage setzten, gestrichelt die unge- fahren ,,Revier" - grenzen und das dazwischenliegende ,,Nie-

mandsland"

-- Bergmolche 23. '4.57 ?43O

entscheidend mitsprechen. Die 99 steigen meist etwas vor den dd aus und hochbriinstige Tiere am spatesten. Bei der Riickkehr spielen die alten Standorte keine Rolle mehr; man verteilt sich neu. Wenn bei grofieren Populationen ein gegen- teiliger Eindruck entsteht, so deshalb, weil nicht alle Molche an der gleichen Stelle aussteigen, son- dern jeder in der Nahe seines Standortes und jeder dann wieder ungefahr an der gleichen Stelle in den Tiimpel zuriickkehrt, wo er ihn verlassen hatte. In den Freilandversuchsbecken, wo die Molche nur an einer Stelle herauskonnten und nur einen gemeinsamen Unterschlupf hatten, lagen die neuen Reviere ganz anders als die alten.

Die noch nicht briinstigen Artgenossen bewe- gen sich ungestraft dazwischen und kiimmern sich nicht um die ,,Platzherren". Sie sind ungefahr ebenso verteilt wie diese (Abb. 4).

Wird ein 9 briinstig, so beginnt es plotzlich die vorher anscheinend unbeachtet gebliebenen Markierungspunkte zu beriechen. Seine steigende Erregung aufiert sich im ,,Rakeln", eine dem Mar- kieren der dd ahnliche Bewegung, ebenfalls mit schrag erhobenem Kopfe, wobei sich manchmal der Mund ,,gahnend" offnet. Oft schiittelt es rnit den1 Kopf und lauft ,,wasserschmeckend", d. h. in- den1 es mehrfach Wasser aus dem Munde ausstoflt,

f

f. f

I

ergmolche 25. U 57 7 75 - -

4 %

J fX

r" 3

Abb. 4. Die Verteilung von Bergmolch- 8 8 (/) und -99 (A) in einenl Abstand von 2 Tagen. Auger dem angekreuzten 9 haben alle Tiere ihre Stand- orte ungefahr eingehalten. Da das Uecken zuerst uberbesetzt war, wurden 2 8 8 herausgefangen. Das angekreuzte 0 brachte Unruhe unter die 8 8 , indem es

alle rundherum sitzenden 8 6 anlockte, die es dann anwedelten

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eilig davon. Gleichzeitig sondert es Duftstofie ab; dadurch und durch die Wasser- bewegungen lockt es benachbarte dd herbei. Pipettiert man einem im Aqua- rium allein gehaltenen d Wasser, das man soeben zuvor dicht bei einem sich rakelnden 9 aufgesogen hat, vor die Nase, so beginnt das angestromte u' zii suchen. Bevor das 0 diesen Erregungsgrad erreicht hat, 1ai3t sich die gleiche Wirkung mit von ihm abgesogenem ,Wasser nur bei sehr stark schwellen- erniedrigten d 0' erzielen. Die Wasserbewegungen, die das 9 verursacht uiid die das d mit seinen Seitenorganen wahrnimmt, lenken es auf das 9 hin. Dic folgenden Vorgange laufen dann in dcr von PRECHTL beschriebeneii Kette ab. Setzen wir in ahnlicher Schreibweise die voii niir beobachteten einleitenden Vorgange davor, so ergibt sich das folgende Kettenschema:

9 / \ - c3 wahlf Standort und markiert ihn

beriechf die Dyffmorken, t

rakelt sich und gibf Duff ab

suchf das r# ouf / * l a u f t hi' und her

fixierf das ? beriechf das 9

scheidet Duffsfof72 ab uberholf es und verstellt ihrn den Weg+

wedelf mif dern Schwanz - wendef sich dem 6 zu wendet

fuhrf im Wafsche/gang

half on /- beruhrt den Schwonz des 6 fuhr f mi t geoffneter Kloake und sefzf am €ride der Geruchsspur- folgf dei- Gerucbsspur und die Spermafophore ab

4

4 4

gehf auf dos b z u c

nimmf d;e Sperrnafophore auf

Das erste Kettenglied der PRECHTLchen Darstellung ist kritisch: gewohn- lich dauert es, besonders am Anfang der Brunst, ziemlich lange, bis das 6 ein sich nur schwach oder gar nicht rakelndes 9 uberholt uiid ihr den Weg verstellt. Dann lauft das 0 weg, und das d sucht urnsonst oder begegiiet hochstens ebenfalls suchenden anderen dd. OR wird ein balzbereites 9 20, ja 30mal von do" angewedelt, bis es einem folgt.

Stoi3t ein d auf den Markierungspunkt eines anderen, so beriecht es ihn eingehend. Die so entstehenden Wasserbewegungen locken manchmal anderc dd herbei. Ein hochbrunstiger Ankommling wedelt das schnuffelnde d an, das dann gewohnlich eiligst die Flucht ergreift. Dieses ,,Anstinken" eines anderen Molchmannchens, das dem eincn zu nahe gekomnien ist, war die einzige Angrifisweise, die ich beobachten konnte. Vermutlich wirkt das Was- serzuwedeln wie bei Fischen, deren Schwanzflossenschlage starke Wasserstrome gegen die Seitenorgaiie des anderen werfen; dafur spricht, dai3 uiisere iVIolii7e sich nie in bewegtem Wasser aufhalten und gegen Wasserstromuiigen iui3erst

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enipfindlich sind. In1 Aquarium kann man jederzeit eiiien Molch zur Flucht ver- anlassen, wenn man ihn aus einer Pipette mittelstark anstromt; ist der Stroni , zu schwach, so beginnt das Tier zu suchen. Der Vergleich sol1 naturlich i n beiden Fallen nicht behaupten, da13 keine Duftreize mitsprachen.

Beiflereien, die ich in1 Aquarium oft, nie jedoch ini Freien beobachten konnte, durften auf eineni Verwcchseln mit Nahrung beruhen; ich sah sie inimer dann, wenn bei der Futterung durch Kegenwurmgeruch erregte Molche herumsuchten und nach allem schnappten, was sich bewegte.

Andererseits lauf t auch ein noch nicht balzbereites 9 ebenso davon; so kann ein schwanzwedelndes 5 dreierlei Verhalten auslosen:

1. Ein brunstiges 9 wendet sich den1 d zu und erregt es geruchlich. 2. Nicht paarungsbereite dd und 99 fliehen. 3 . Eiii ebenso stark brunstiges fachelt zuruck, und zwar so lange, bis

ein d Reaktion 2 zeigt, d. h. davonlaufk. Das Anwedeln des d stellt soniit eine Drohbalz dar. Die Zuwendung des 9 bescliwichtigt das drohende d. Sooft ich ein iiarkotisiertes 0' niit dunnem Draht an einen Glasstab band und es nach Art des paarungsbereiten 9 den1 wedelnden d ,,etitgegengehen" liei3, stellte das d sein Wedeln ein und begann zu fuhren.

Die den bereits fruher bekannten Balzschritten vorausgehenden Verhal- tensweisen sind wohl deshalb bis jetzt nicht beschrieben worden, weil sie nicht immer auftreten. Wer die Molche im Aquarium zu dicht beisanimen und bis zu r Hochb 1-11 n s t n ach Gesch 1 ech t e r n get r en n t h a1 t , be komm t den An fang n i ch t zu sehen. Dasselbe gilt fur weitere Storungen, wobei wir 6 Wirltungsgrade unterscheiden konnen.

1. Eine einmalige leichte, kurze Storung, z. B. durch einen badenden Hund, beunruhigt nur wenig; es gibt etwas niehr ,,Grenzverschiebuiigcn", abcr die Tiere halten ihre Standorte nach Moglichlteit ein.

2. Bei liingerer und starkerer einnialiger Storung, z. B. durch Kaltc- einbruch oder im Wasser ,,bauende" Kinder, verkriechen sich die Molche irgendwohin, und die Standortwahl beginnt von neuem.

3. Hinderii die Molche einander im uberbesetzten Aquarium anhaltend, Standorte auszuwahlen, bis sie voll brunstig sind, dann unterbleibt das Mar- kieren und Wegverstellen; das d wedelt alles an, was sich in seiner Niihe langsam bewegt. Von hier an lauR die Kette weiter, wobei die einzelnen Hand- lungen OR verkurzt uiid weiiiger ausgepragt sind.

Zuweilen sieht man doch noch ein d zwischendurch irgendwo mnrltieren; beim Anwedeln jecioch wartet es gar nicht erst auf die Zuwendung des 9, son- dern beginnt einfach zu fuhren, sei es ein brunstiges 9, andere dd oder den Glasstab des Beobachters.

4. Bei starken aiidauernden Storungen, z. B. durch standige Wasser- Lewegung, unterbleibt das Markieren, und solange die Tiere sich nicht gerade den unangenehmen Einwirkungen zu entziehen versuchen, sieht man bei d d nur Schwanzwedeln und Fuhren im Watschelgang und bei 99 das Aufnehmen der Spermatophore. Alle anderen Einstellungen werden unterdruckt. Die meisten Molche kommen gar nicht niehr in die Brunst.

5. Stort man bereits hochbrunstige Tiere iioch starker, dann wcrdeii die Spermatophoren ohne jedes Balzgebaren irgendwann irgendwo nbgesetzt, und nur rein zufallig kaiiii eines der aufgeregt am Boden lieruiiikriecliendeii 93 sie aufnehmen, wenn sie sie nicht frii3t. So mogeii in der Natur Bastarde ent- stehen. Soiist verhindert wohl der arteigene Geruch haufigerc Artkreuzungen, denn das Balzgebaren unserer einheimischen Tuituuusarten stiiiimt, wie gesagt,

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bci ihnen allen im wesentlichen uberein, und im Aquarium lassen sich Bastard? ohne weiteres zuchten.

6. Ein schwanzlos im Tumpel gcfangenes, noch hochbrunstiges Tcich- niolch- 6, das also mangels des Werkzeuges nicht mehr wedcln konnte, begann schwellenerniedrigte 99 sogleich zu fuliren.

Aufschluflreich ist in diesem Zusammenhange auch das Verhaltcn von Molchbastarden. Obwohl alle ihre Eltern Standorte bezogen hatten, taten das die Blendlinge nicht, sondern markierten ,,sinnlos" an beliebigen Stellen. Offenbar herrschte eine Geruchsverwirrung: das d' wedelte; das Q wendete sich ihm auch zu, wohl auf Stromungsreize hin, aber es folgte ihm nicht, vermutlich weil es die Geruchsspur des Bastardes nicht er- kannte. Im Versuch kann man jedoch den Watschelgang vor dem folgenden 9 jederzeit auslosen, indem man ein narkotisiertes $2 auf ein wedelndes d' ZU- fuhrt. OR kann man dann durch Schwanzberuhren auch bei Bastarden die Spermatophorenabgabe und deren Aufnahme auslosen, odcr der Spermastift wird abgesetzt wie bei der 5. Storung. Die Bastarde verhalten sich also ahn- lich wie die Eltern bei sehr starken Storungen. Offenbar fallen sie in primi- tivere Verhaltensweisen zuruck. Das Markieren hat bei starken Storungen und bei Bastarden den Auslosewert verloren und ist zu einem reinen Abreagieren geworden. Unigekehrt waren beim Sichauseinandereiltwickeln der Arten ur- sprungliche ~Abreagierreaktionen nachtraglich sinnerfullt und zu Auslosern ge- worden. D a ich nur 3 dd und 2 99 der Kreuzung Teich- X Bergmolch be- safl, waren weitere Untersuchungen nicht nioglich.

Zusammenfassung Die bisher noch nicht beschriebenen ersten Stadien des Balzverlaufs beim

Kanimolch, Teich- und Bergmolch stimmen bei diesen drei Arten im wesent- lichen uberein; am ausgepragtesten sind die einzelnen Bewegungen bei der groflten Art, dem Kammolch. Ein brunstiges d' bezieht einen Standort und besetzt ihn mit DuRmarken (Abb. 3). Ein brunstiges 9 wird durch die DuR- marken erregt und lockt dadurch das 6 herbei. Die Balz der Molche ist eine Drohbalz; 2 dd bekampfen einander, indem sie sich anwedeln, ebenso wie es cin d mit einem brunstigen 9 tut. Ein d wedelt so lange, bis das angewedelte 'Tier ihm folgt - das t u t das brunstige 9 - oder davonlaufk - das tun nicht paarungsbereite 99 und unterlegene 0'6. Beim Zuwedeln durften Duft- stoffe und Wasserstrome die Hauptreize darstellen. Bei Storungen fallen um so mehr Anfangsglieder der S. 63 wiedergegebenen Handlungskette fort, je star- ker die Storung ist. Bastarde zwischen Teich- und Bergmolch verhieltcn sich wie ihre Eltern bei starker Storung. Reste der ersten Fortpflanzungsphasen bleiben, ohne Auslosewert, als reines Abreagieren erhalten.

Summary The first phases of the nuptial actions of T r i t u r u s cristatus, T . vulgaris

and T . alpestris were studied. There are no main differences in the actions between these three species: The motor patterns can be observed best in the biggest species T . cristattis. A male in oestrus has a primitive territory with- out a firm border. The territory is marked by smell-points. By these smell- points a female in oestrus is excited, by the excitation the male is called. Fight- ing males fan a water-current toward each other, in the same way as a male courts a female in oestrus. The male does so until his partner either follows him (ripe females) or runs away (uninterested females or inferior males). Fanning is a stimulus of the lateral line organ as well as a stimulus of the sense of smell. The stronger the disturbance the more of the first phases of the chain will be

2. f.Tierpsy&ologle Bd. 18 Heft 1 5

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omitted. Hybrids (T. vulgaris X T . alpestris) had the same behaviour as their parents after great troubles. Some releasers change then into simple reactions without any releasing value.

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