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Geol.Paläont.Mitt.Innsbruck Bd. 9i 7/8S.263-320 Innsbruck, März 1 98C Ein Beitrag zur Kenntnis der Gipslagerstätten des Montafons (Vorarlberg) von H. Angerer, J.G. Haditsch, F. Laskovic W. Leichtfried und H. Mostler Diese Arbeit ist Herrn Univ.-Prof. Dr. Karl Metz (Graz) zur Vollendung seines siebzigsten Lebensjahres gewidmet Zusammenfassung Aufgrund der derzeitigen Situation auf dem Gips-Anhydrit-Sektor und der voraussehbaren künftigen Entwicklung wurden die bisher noch nie untersuchten Lagerstätten des Montafons mikrofaziell- paläogeographisch, petrographisch und chemisch bearbeitet. Zu diesem Zweck wurden von den höffigsten Gebieten anhand von Profilen systematisch Proben für sedimentologische Untersuchun- gen aufgesammelt, von den weniger versprechenden Evaporitvor- kommen wurden Vergleichsproben gezogen. Anhand der festgestell- ten Mikrofaziestypen konnte ein wesentlicher Beitrag zur Klärung, der paläogeographischen Situation geleistet werden, wodurch vor allem die Evaporite der Küstensabkha von den Flachwasserevapo- riten auseinandergehalten werden konnten. Damit im Zusammenhang wurden erstmals die Evaporitgefügetypen der Küstensabkha erar- beitet. Die Typen der Flachwasserevaporite wurden mit den von LANGBEIN (1979) nachgewiesenen verglichen und darüber hinaus Anschriften der Verfasser: Dr. Hans Angerer, Institut für Geologie und Paläontologie, Universitätsstr. 4, A-6O2O Inns- bruck; Univ.-Prof. Dr. Johann Georg Haditsch, Mariatroster Straße 193, A-8043 Graz; Chefchemiker Dipl.-Ing. Franz Laskovic, Kirchdorfer Zementwerk, A-4560 Kirchdorf an der Krems; Dr. Wolfgang Leichtfried, Hydrographischer Dienst, Kärntnerstr. 12, A-4O2O Linz; Univ.-Prof. Dr. Helfried Mostler, Institut für Geologie und Paläontologie, Universi- tätsstr. 4, A-6O2O Innsbruck 263

Ein Beitrag zur Kenntnis der Gipslagerstätten des Montafons ...Geol.Paläont.Mitt.Innsbruck Bd. 9i 7/8S.263-320 Innsbruck, März 1 98C Ein Beitrag zur Kenntnis der Gipslagerstätten

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  • Geol.Paläont.Mitt.Innsbruck Bd. 9i 7/8S.263-320 Innsbruck, März 1 98C

    Ein Beitrag zur Kenntnis derGipslagerstätten des Montafons

    (Vorarlberg)

    von H. Angerer, J.G. Haditsch, F. Laskovic

    W. Leichtfried und H. Mostler

    Diese Arbeit ist Herrn Univ.-Prof. Dr. Karl Metz (Graz) zurVollendung seines siebzigsten Lebensjahres gewidmet

    Zusammenfassung

    Aufgrund der derzeitigen Situation auf dem Gips-Anhydrit-Sektorund der voraussehbaren künftigen Entwicklung wurden die bishernoch nie untersuchten Lagerstätten des Montafons mikrofaziell-paläogeographisch, petrographisch und chemisch bearbeitet. Zudiesem Zweck wurden von den höffigsten Gebieten anhand vonProfilen systematisch Proben für sedimentologische Untersuchun-gen aufgesammelt, von den weniger versprechenden Evaporitvor-kommen wurden Vergleichsproben gezogen. Anhand der festgestell-ten Mikrofaziestypen konnte ein wesentlicher Beitrag zur Klärung,der paläogeographischen Situation geleistet werden, wodurch vorallem die Evaporite der Küstensabkha von den Flachwasserevapo-riten auseinandergehalten werden konnten. Damit im Zusammenhangwurden erstmals die Evaporitgefügetypen der Küstensabkha erar-beitet. Die Typen der Flachwasserevaporite wurden mit den vonLANGBEIN (1979) nachgewiesenen verglichen und darüber hinaus

    Anschriften der Verfasser: Dr. Hans Angerer, Institut fürGeologie und Paläontologie, Universitätsstr. 4, A-6O2O Inns-bruck; Univ.-Prof. Dr. Johann Georg Haditsch, MariatrosterStraße 193, A-8043 Graz; Chefchemiker Dipl.-Ing. FranzLaskovic, Kirchdorfer Zementwerk, A-4560 Kirchdorf an derKrems; Dr. Wolfgang Leichtfried, Hydrographischer Dienst,Kärntnerstr. 12, A-4O2O Linz; Univ.-Prof. Dr. HelfriedMostler, Institut für Geologie und Paläontologie, Universi-tätsstr. 4, A-6O2O Innsbruck

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  • erweitert. Mit Hilfe der sedimentologischen und tektonischenParameter gelang eine gute Rekonstruktion des minerogenetischenAblaufes. Aufgrund der geochemischen Daten konnte für mehrerehöffige Bereiche eine entsprechende Qualität der Rohstoffenachgewiesen werden.

    Die Untersuchungen erlaubten auch eine erste orientierendegeowissenschaftliche Beurteilung der Montafoner Evaporitlager-stätten und eine Empfehlung im Hinblick auf künftige geowissen-schaf tliche und geotechnische Arbeiten in einzelnen Vorkommen.

    Summary

    Based on the.current market situation in the field of gypsumand anhydrite and in respect to future development plans, thepreviously uninvestigated deposits in the Montafon area (Vor-arlberg, Austria) were studied using microfacies techniquesas well as the methods of paleogeography, petrography and geo-chemistry. For this reason samples were taken from the mostpromising areas along profile lines for the sedimentologicalstudies. For comparison purposes, samples were also collectedfrom less promising evaporite deposits.

    On the basis of identified microfacies types it was possibleto make a significant contribution to the paleogeography ofthis area. The evaporites of the coastal sabkha deposits cantherefore be clearly distinguished from those of the shallow-water milieu. In connection with this various pétrographietypes were described for the first time within the coastalsabkha evaporites.

    The shallow-water evaporite types were compared with thosestudied by LANGBEIN (1979) and furthermore, several new typeswere found.

    Considering various sedimentological and tectonic parametersit was possible to reconstruct the minerogenetic sequences.On the basis of geochemical data from some promising areasa sufficiently good quality of the deposits was proved.

    The different studies also allow an initial general evaluationof the evaporite deposits of the Montafon area as well asrecommendations for further geological and mining investigations

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  • Einleitung

    Den Montafoner Gips- und Anhydritvorkommen kommt für die zukünf-tige Versorgung der Industrie mit preisgünstigen und qualitativentsprechenden Rohstoffen eine besondere Rolle zu. Neben derGröße der Vorkommen spricht vor allem auch die Nähe der Grenzezur Schweiz und zu der Bundesrepublik Deutschland und daher diebei eventuellen Exporten in die genannten Länder relativ geringeFrachtkostenbelastung für die Nutzung der Lagerstätten dieserMassenrohstoffe.

    Leider gab es bisher noch keine eingehenden Bearbeitungen derin Rede stehenden Evaporitvorkommen, die auch nur annäherndderen Beurteilung ermöglichten. Zweck dieser Untersuchungen istes daher, einen Überblick über die ersten orientierenden Arbei-ten zu geben und auf die verschiedenen Verwendungsmöglichkeitenfür das im Montafon vorliegende Material hinzuweisen.

    Gegenwärtige Situation auf dem Rohstoffmarkt und voraussichtlichekünftige Entwicklung

    In Österreich wurden 1978 626.475 t Gips (gegenüber 1977 -655.413 t - Rückgang 4.4%) und 139.490 t Anhydrit (gegenüber1977 - 153.688 t - Rückgang 9.3%) gefördert (Abb. 1 ; ergänzt nacheinem Entwurf des Wirtschaftsforschungsinstitutes (Wien) füreine Studie über "Steine und Erden in Österreich" vom November1978). Der langjährige durchschnittliche Rückgang der Anhydrit-förderung (1.9%) kann mit der bei der chemischen Industrie alsNebenprodukt anfallenden Halbhydratgewinnung erklärt werden.

    Bis 1970 wurde Anhydrit in geringem Ausmaß importiert, seitherist der Import auf nicht mehr nennenswerte Mengen zurückgegan-gen.

    Gips wird in beachtenswertem Ausmaß (in die BRD und in dieSchweiz), hauptsächlich für die Zementindustrie, exportiert.Seit 1972, als die Ausfuhren die^höchste Quote erreichten, ging,wohl als Folge der Rezession in der Bauwirtschaft (und damitder Zementproduktion) der Export laufend bis auf etwa die Hälftedes seinerzeitigen Höchstwertes zurück.

    Langfristig zeigt sich, wie dies auch aus der Abb. 1 hervorgeht,eine geringfügige Produktionssteigerung für Gips (von rund 2.4%pro Jahr)~ und ein Förderrückgang von Anhydrit von etwa 2% proJahr. Der eben erwähnte Rückgang wird, wie schon oben erwähnt,durch die steigende Sulfaterzeugung als Beiprodukt der chemi-schen Industrie verursacht.

    International gesehen ergibt sich ein ähnliches Bild:1976 belief sich die Weltproduktion an Gips auf 66.2 Mio. shorttons (60.1 Mio. t); davon entfielen allein auf die Produktionder USA fast 12 Mib. short tons (10.9 Mio. t = 18% der Welt-produktion), die der UdSSR machte 11%, die Frankreichs 10% aus.Kanada produzierte 9%. Im gleichen Jahr wurden in den USA573.300 short tons (520.100 t) Gips als Nebenprodukt aus derchemischen Industrie für landwirtschaftliche Zwecke gewonnen.

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  • Mio

    10 09 08 07 06 05 04 03 02 01

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    1960

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  • 30% des in den USA verkauften Gipses waren roh (davon 64% fürdie Erzeugung von Portlandzement und 32% für die Landwirtschaft).Vom gebrannten Gips gingen 9 4% in die Fertigteilproduktion und6% wurden für industrielle Zwecke und als Baugipse (Mörtel-,Putz- und Stuckgips) verwendet. Von den vorfabrizierten Produktenwaren 80% normale und 12% feuerresistente Platten.Für 1980 wurde die Weltförderung an Rohgips auf 92.5 Mio. shorttons (83.9 Mio. t) veranschlagt. Davon werden voraussichtlichentfallen auf:

    EuropaNordamerikaAsienAfrikaSüdamerikaOzeanien

    45.434.010.85.42.22.2

    Weltförderung 100.0

    Tabelle 1

    Die höchste Produktion wird für das Jahr 1980 für die der USAerwartet (17.0 Mio. short tons = ca. 18.4% der Weltförderung).

    Die USA erwarten für die Zeit von 1973-2000 eine jährlicheZuwachsrate der Gipsförderung von 2%. Auch für den Rest derWelt wird eine ähnliche Situation prognostiziert. Wenngleichdabei die Gipsindustrie weltweit verbreitet ist, wird auch inder Zukunft der Hauptverbrauch auf die Industriezentren ent-fallen'.

    Dabei zeigt sich international, besonders in jüngster Zeit, einebemerkenswerte Entwicklung im Hinblick auf einen verstärktenEinsatz von Gips im Bauwesen, obwohl die letzten Jahre durcheinen Zug zum Ersatz von Gips durch Konkurrenzprodukte (wieZement, Beton, Stahl, Kalkmörtel und Holz)' gekennzeichnetwaren.

    Dieser Trend dürfte auch in der Zukunft die Zuwachsraten desGipsverbrauches negativ beeinflussen. Innerhalb des Bauwesenswerden aber auch weiterhin die vorfabrizierten Produkte eineaußergewöhnliche Zuwachsrate aufweisen.

    Im Hinblick auf die Tatsache, daß durch eine anderweitige Ver-wendung des gegenwärtig landwirtschaftlich genutzen Bodens inHinkunft mit verringerten Anbauflächen gerechnet werden muß,und wegen der Notwendigkeit, optimale Erträge zu sichern, mußin Zukunft mit einem erhöhten Verbrauch von Bodenverbesserungs-mitteln gerechnet werden. Vor allem für die alkalibetontenBöden wird sich die Gipsdüngung als erforderlich erweisen.

    In den Hauptförderländern kann die Versorgung mit natürlichenGipsen auch für die fernere Zukunft als gewährleistet angesehenwerden.

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  • Die Produktion von Industriegipsen aus der Phosphorsäureerzeu-gung könnte aber in Zukunft, allerdings nur örtlich, die Nach-fragesituation ändern.

    "Da sowohl die Gewinnung als auch die Verarbeitung von Gipshoch entwickelt sind, ist von technischer Seite her mit keinenwesentlichen Änderungen zu rechnen. Wohl aber dürfte allerVoraussicht nach die Kostensituation zu Überlegungen hinsicht-lich einer Nutzung auch geringwertiger, aber günstig gelegenerLagerstätten führen. Außerdem könnte der verstärkte Einsatzvon Gipsprodukten als feuerresistentes Baumaterial eine ver-stärkte Nachfrage verursachen» ,

    Verwendungsmöglichkeit von Gips und Anhydrit

    Bekanntlich wurde Gips bereits seit den Anfängen geschichtlicherÜberlieferung genutzt, so in China, im Zwischenstromland undin Griechenland, und zwar für Schnitzarbeiten und Dekorations-artikel. Auch beim Bau der Cheopspyramide diente Gips gebranntals Mörtel und in roher Form (Alabaster) zur Herstellung vonDekorplatten.

    Erst im 18. Jahrhundert fand der Gips außerhalb des Bauwesenseine neue Verwendungsmöglichkeit,und zwar für die Bodenverbes-serung in Westeuropa. In der Düng'emittelindustrie dient Gipsnämlich zur Neutralisation von s a u n e n und alkalischen Böden.Außerdem begünstigt er den effizienteren Einsatz ausgegliche-ner Düngemittel und verhindert eine ungünstige Bodenentwicklungin trockenen Klimaten. Auch die Samenqualität wird von der Ver-fügbarkeit von Gips beeinflußt: Samen mit weniger als 500 ppmCa keimen nämlich in unbefriedigender Weise, wogegen solchemit Gehalten, die darüber liegen, sich üblicherweise gut undkräftig entwickeln.

    1885 wurde ein Verfahren zur Verbesserung des Abbindeverhaltensdes gebrannten Gipses entwickelt, das es in revolutionärerWeise gestattete, Gips vermehrt im Bauwesen einzusetzen. DieEntwicklung'vorfabrizierter Bauelemente verhalf nach dem2. Weltkrieg der Gipsindustrie zu einem erneuten Aufschwung;so entfielen schon 1973 67% des vermarkteten Gipses auf vor-fabrizierte Produkte.

    Heute wird Gips in roher und in gebrannter (calcinierter) Formgenutzt:1) Rohgips wird in der Zementindustrie, in der Landwirtschaft

    oder in der Farben- und Füllstoffindustrie verwendet: imZement zur Abbinderegelung, in der Landwirtschaft, wie schonerwähnt, als Düngemittel, schließlich zur Herstellung vonCalciumfarben, hellen Füllern und Schmier- und Glättungs-mitteln.

    2) Calcinierter Gips wird als Form- und Baugips oder in vor-fabrizierter Form gehandelt. Form- und Baugipse werden all-gemein wieder gemahlen, Verzögerungs- und Bindemittel werdenzugesetzt; als Verzögerer dienen dabei üblicherweise Neben-produkte der Fleischindustrie. Der Verbrauch von Baugipshat allerdings in den letzten Jahren, international gesehen,abgenommen.

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  • Die Möglichkeit der Verwendung eines Gipses richtet sich dabeiwesentlich nach dessen chemischer Zusammensetzung und nachseinem Mineralbestand.

    An die technisch nutzbaren Gipssorten werden grundsätzlichfolgende Anforderungen gestellt:1)Grundsätzlich soll Rohgips mindestens 85 % CaSC>4. 2H2O ent-halten. Für feinere Sorten werden 95% verlangt.Für den Einsatz in der Zementindustrie soll dieser Gips außer-dem keine Alkaliträger (z.B. Glimmer, Tonminerale) haben undmöglichst niedrige MgO-Werte aufweisen.Der technische Einsatz von Rohgips beruht teilweise auch aufder guten Spaltbarkeit sowie auf den optischen Eigenschaften,so z.B. bei der Herstellung von Schmier- und Glättungsmitteln(wegen der guten Translationsfähigkeit und Spaltbarkeit) undvon Farbstoffen.Farbengipse dürfen keine abrasiven Minerale, quellfähigen Ton-minerale und Karbonate, und sollen keinen Anhydrit enthalten.Außerdem zählen hier wegen der Härte und des Verwitterungsver-haltens verschiedene Sulfide und bituminöse Stoffe zu denschädlichen Gemengteilen.Generell soll bei Farbengipsen der Kristallwassergehalt mög-lichst dem des reinen CaSC>4.2H2O - 20.92 Gew.-% - nahekommen.

    Außerdem muß Rohgips für den Einsatz in der Zementindustrieüblicherweise auf eine Korngröße von weniger als einem halbenZoll gebrochen werden, und für den in der Landwirtschaft undin der Füllstoffindustrie auf weniger als etwa 100 mesh Korn-größe gemahlen werden.

    2)Unter den calcinierten Gipssorten dürfen die F o r m g i p s ekeine abrasiven oder gröberkörnigen Minerale (z.B. Quarz) ent-halten, desgleichen sind verschiedene Tonminerale (Mineraleder Montmoringruppe und ähnliche) wegen der Quellfähigkeitschädlich; Karbonate - Kalkspat, Dolomit, Magnesit - über 2%verschlechtern merklich das plastische Verhalten der Gipse undderen Gießbarkeit, wie auch die durch die Karbonate verursachtegrößere Härte das Zerkleinerungsverhalten ungünstig beein-flußt. Eine besondere Aufmerksamkeit muß dem Anhydritgehaltentgegengebracht werden, weil er einerseits durch seine größereHärte ein schlechteres Mahlverhalten zeigt, andererseits durchdie nachträgliche Wasseraufnahme zu unerwünschter Quellungund einem überschnellen Abbinden führt.

    Bei den B a u g i p s e n zählt neben den Sulfiden und gedie-genem Schwefel auch der Anhydrit zu den störenden Gemengteilen.Die technische Verwendbarkeit richtet sich bei den Baugipsennach der Brenntemperatur (Tabelle 2). Hinsichtlich der Benen-nung, Verwendung und Prüfung der verschiedenen Baugipssortensei auch auf die DIN 1168 verwiesen.

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  • Brenntemperatur

    (°C)

    -140

    140-180

    180-300

    300-320

    320-480

    480-780

    780-1000

    Bezeichnung derGipssorte

    Gips(stein)(Rohgips)

    Halbhydrat(Bassanit)

    entwässertesHalbhydrat

    totgebrannterGips

    schnellbin-dender Anhydrit

    langsambin-dender Anhydrit

    Estrichgips

    ChemischeZusammensetzung

    CaS04.2h2O

    CaSO4.1/2 H2O

    CaS04

    Einsatzgebiet und Ver-wendungsmöglichkeitbzw. Eigenschaften

    chemische Industrie(zur Herstellung vonSchwefelsäure,Ammoniumsulfat,Farben), Zementindu-strie, Papierindu-strie (Füllstoff)

    Stuckgips, Modellgips(mit Härtungszusätzen)

    langsam abbindender,schnell erhärtenderPutzgips (Brenntem-peratur ~700°C)

    für langsam abbindende(und erhärtende) undwetterbeständigeMassen

    Tabelle 2

    Den natürlichen Gipsen ist besonders in der Vergangenheit einestarke Konkurrenz in den synthetischen erwachsen. Es wird näm-lich in vielen Ländern sogenannter Industriegips als Nebenpro-dukt chemischer Fabriken gewonnen und raffiniert. Die japanischeIndustrie ist im Hinblick auf die Verwertung derartigen Gipsesin der Welt führend. In manchen Ländern (z.B. in den USA) wirdin der Düngemittelindustrie heute wesentlich mehr Industriegipsgewonnen als weiterverwendet werden kann, woraus sich sehr großeUmweltbelastungen ergeben können, so daß man sich ernstlich mitder Verarbeitung von Industriegipsen auseinandersetzen muß.Verschiedene Untersuchungen haben ergeben, daß Industriegipse,in vielen Fällen nach Zusatz von Beschleunigern, in ähnlicherWeise wie die natürlichen eingesetzt werden können, d.h. z.B.keine nachteiligen Wirkungen (erhöhter Luftgehalt, erhöhterWasserbedarf) auf die Eigenschaften des frischen Betons bewir-ken. Dasselbe gilt auch bei der Verwendung von Industriegipsfür die Produktion von Gipsplatten. Auch aus solchen gebrannterStuckgips hat die gleiche Qualität wie der aus natürlichem Roh-gips gewonnene. Die chemischen Verunreinigungen der Industrie-gipse (CaC03, Fe2O3) erwiesen sich zudem weder bei der Verar-

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  • beitung, noch bezüglich des Fertigproduktes als schädlich.Daher hat auch Den Norske Gipsplatefabrikk (DNG) eine Fabrikzur Herstellung Polyurethan-gefüllter Gipsplattenwandkonstruk-tionen errichtet, weil man in Zukunft mit einer starken Expan-sion dieses Industriezweiges rechnet, ist doch, internationalgesehen, der Verbrauch von Gipswandplatten in den letztenJahren rascher gewachsen als der jedes anderen Baumaterials.

    Im Gegensatz zum Gips kam es erst in der jüngsten Vergangenheitzur Nutzung des Anhydrits. Dieser wird1)im B a u w e s e na) anstelle des Gipses zur Abbinderegelung des Betons,b) zur Herstellung von Mörtelmassen (mit oder ohne Zusatz von

    Kalk),c) zur Herstellung von Bausteinen verwendet.d) Besonders für Strahlenschutzbauten aus Beton hat sich der

    Einsatz von Anhydrit gut bewährt, weil sich dieser Baustoffgut mit Borsäureverbindungen mischen läßt, die wieder zurNeutronenabsorption benötigt werden.

    2) In der c h e m i s c h e n I n d u s t r i e wird Anhydritzur Herstellung von Ammonsulfat nach dem Leunaverfahren undzur Herstellung von Schwefel und Schwefelsäure eingesetzt.Die zuletzt genannte Verwendungsmöglichkeit hat allerdingsin letzter Zeit stark an Bedeutung verloren, weil inzwischenmehrere Verfahren zur Abgasreinigung aus Industrieanlagenund zur Entschwefelung von flüssigen und gasförmigen Kohlen-Kohlenwasserstoffen entwickelt wurden.

    Hinsichtlich der schädlichen Beimengungen gilt für den Anhydritgrundsätzlich das schon früher bei der Besprechung der Quali-tätsanforderung an den Gips Gesagte.

    Neben dem Chemismus und dem Mineralbestand, wie z.B. dem Gips/Ajihydrit-Verhältnis, der Zusammensetzung der Karbonate und"dem Gehalt an Magnesia und freier Kieselsäure, sind für dieBewertung von Gips und Anhydrit auch die Eigenheiten des Korn-gefüges (etwa die Korngrößenzusammensetzung) und - für dieAbbauplanung - des Megagefüges maßgebend. Deshalb sollen imfolgenden kurz vor allem die auf das Gefüge bezugnehmendenBezeichnungen erwähnt werden.Heute sind allgemein für Gipse gebräuchlich: Selenit (klarer,durchsichtiger, grobkristalliner Gips), Alabaster (massiger,dichter, zuckerkörniger Gips), Satinspat.(faseriger Gips) und- in Anlehnung an den amerikanischen Sprachgebrauch - Gypsit(Gemenge von Gips und Ton).

    Im deutschsprachigen Bergbau haben sich teilweise für verschie-dene Gipssorten auch noch alte Namen erhalten: So versteht manunter Fasergips fibröse Varietäten, unter Fraueneis, Frauenglas,Marienglas, Marieneis und Fraueneisspat meist grobkristallinenGips (Selenit), häufig aber auch grobkristallinen Glimmer.Himmelsmehl wird z.T. erdiger Gips, z.T. aber auch Calcit(Kreide) verstanden. Ähnliche Bezeichnungen für feinkörnige,lockere Gipse sind Gipserde, -guhr, -mehl und Mehlgips. UnterUnter Gipsblüte oder Schaum versteht man einen stark porösen(schaumigen) Gips. Grobkörnige Gipse heißen Gipsspat oder

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  • Glinzerspat. Mehrdeutig sind die Bezeichnungen Atlasspat(darunter versteht man zum Teil auch Calcit und Aragonit),Federweiß (worunter auch z.T. Talk, z.T. Amianth, Sericit undLeuchtenbergit verstanden wird) und russisches Glas, welcheBezeichnung auch für den Muskowit üblich ist.Unter "Mondstein" wird neben Gips auch Sanidin oder milchiggetrübter Plagioklas verstanden. Während "Seidengips" und"Satinspat" synonym mit Gips sind, versteht man unter dem"Seidenspat" auch Anhydrit und Calcit.Für Anhydrit ist im ostalpinen Bergbau auch die BezeichnungMuriacit gebräuchlich. Die älteren Namen (Leuchtstein, Würfel-anhydrit, Würfelgips usw.) hingegen sind heute schon nahezu inVergessenheit geraten.

    Als weitere Bezeichnungen für natürliche Gipsarten werden vonuns in Erweiterung der von G. RICHTER-BERNBURG (1955: 612)genannten Anhydrit-Faziestypen neben den reinen Karbonattypenund den Gips-Karbonat-Wechsellagerungen die nachstehenden, durchdas Gefüge geprägten, Typen verwendet:a) Schwadengips (Massengips mit Karbonatschwaden)b) Augengipsc) Krümelgipsd) Flasergipse) feinstschichtiger Gips (Warvengips mit feinster Lamination)f) Lagengips (Warvengips -cm-Rhythmit)

    Der Wert der Gipslagerstätten wird, abgesehen vom vorhin Gesagtenjfd.h. abgesehen vom Chemismus, von weiteren wichtigen Faktoren,wie der Bauhöhe, dem Gips-Abraum-Verhältnis, den Lagerstätten-vorräten, dem Aufbau,' dem Aufschlußgrad und der Zugänglichkeit

    ' der Lagerstätten bestimmt.

    Vorräte der Evaporitlagerstätten

    Bevor auf die Lagerstätten des Montafons eingegangen wird,sollen die derzeit bekannten Vorräte der Evaporitlagerstättenund eine Vorausschau auf die Entwicklung der verarbeitendenIndustrie gegeben werden.International sind die vorhandenen Reserven für die vorherseh-bare Zukunft ausreichend: die Weltreserven werden auf rund2 Milliarden short tons (1.8 Mrd. t) geschätzt, von denen aller-dings allein schon 350 Mio. short tons (fast 320.Mio. t) aufdie USA entfallen.

    In den meisten europäischen Ländern gibt es ausreichende Gips-vorräte. So werden beispielsweise allein die des Pariser Bek-kens als nahezu unbeschränkt eingestuft. Die dort auftretendenLager, bis zu 55 m mächtig, erstrecken sich auf 8000 km2.

    Auch die.meisten der anderen an das Mittelmeer grenzenden Län-der verfügen über große bis sehr große Gipslagerstätten.Nun ist Gips aber ein billiger Massenrohstoff, der mit vielenanderen Baustoffen in Konkurrenz steht. Die großen Lagerstätten,entsprechend großen bergbaulichen Betriebe und Gesteinshüttenermöglichten in der Vergangenheit über viele Jahre stabileRohstoffpreise. Die steigenden Energiekosten und die damitzusammenhängende Frachtkostenempfindlichkeit sowie die regional

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  • unterschiedliche Lagerstättenverteilung läßt eine Ausschau aufentsprechend große, gut zugängliche und in Bezug auf die Ver-braucher günstig gelegene Evaporitlagerstätten als zweckmäßigerscheinen.

    Auf Österreich bezogen kann gesagt werden, daß in seinemalpinen Anteil annähernd 100 Gips- und Anhydritvorkommenbekannt sind (Tafel 1 ) . Etwâfëiri Zehntel von diesen" weist ins-gesamt schon A-, B- und C-|-Vorräte von rund 30 Mio .Tonnen auf.Diese Menge genügt zUT Versorgung der heimischen Wirtschaftmit Rohgips von entsprechender Qualität, dies allerdings nurunter den wirtschaftlichen Voraussetzungen, die sich aus deroben schon erwähnten Frachtkostenempfindlichkeit von Massenr.oh-stoffen ergeben. ZusäfzTich zu den eben genannten VorrätengTblf es im westlichen Teil Österreichs, besonders in Vorarlberg,solche der Vorratsklasse œ., d.h. bedingt bauwürdige Vorräte,von über 600 Mio. Tonnen. Allerdings liegen diese Vorräte zumTeil in Landschaftsschutzgebieten und/oder in schwer zugäng-lichen Regionen. Außerdem ist in diesem Zusammenhang zu bemer-ken, daß vor einer allenfalls ins Auge gefaßten Nutzung zurAbklärung der Quantitäten und Qualitäten der Lagerstättenin-halte weitere, eingehende geowissenschaftliche Erkundungenerforderlich erscheinen (dazu: W.E. PETRASCHECK 1976).An Gr_oßlagerstätten, d.h. solchen mit mehr als 1 Mio. TonneLagerstättenvorrat entsprechender Qualität, sind~zu erwähnen:Pfennigbach-Puchberg, Seewiesen, Dürradmer, Haringgraben,Schildmauer bei Admont, Wienern am Gründlsee, Erlaufboden,Trübenbach, Hintersteineralm, Grabach bei Kuchl.

    Zu den mittelgroßen Lagerstätten, d.h. solchen mit mehr als100.000 Tonnen an Vorräten zählen: Brandhof bei Seeberg,Wolfbauer bei Johnsbach,' Schauersberger/Unterhall bei Admont,Wandlkogel, Gschlößl bei Kainisch, Herndl/Salzburg, UlmerHütte.

    1977 waren elf Gips- und Anhydritbergbaue (Puchberg am Schnee-berg, Preinsfeld, Spital am Pyhrn, Hallberg, Abtenau, Moosegg,Wienern/Grundlsee, Admont, Tragöß, Weißenbach im Lechtal) inBetrieb. Sie lieferten hauptsächlich Rohstoffe für die chemi-sche und die Zementindustrie sowie solche zur Herstellung vonPutzgipsen und Gipsplatten.

    Gipslagerstätten Österreichs ^

    In Österreich treten Gips- und Anhydritlagerstätten (Tafel 1)im jüngsten Paläozoikum und in der Trias der Ostalpen auf. DieLagerstätten in der Steiermark - mit der Ausnahme von Edelsdorfbei Stanz - und in Salzburg gehören dem Oberperm an, die inVorarlberg und Tirol und die von Schottwien und Edelsdorf demKarn. Die oberpermischen Vorkommen sind durch eine spurenhaftesynsedimentäre Pb-Zn-Cu-(U-)Mineralisation charakterisiert.

    Entsprechend der schon vorhin gebrachten Übersicht liegen diegrößten bekannten Vorräte im Osten unseres Bundesgebietes, d.h.in der Steiermark und in Salzburg. Allerdings muß hier wieder-holt werden, daß in Tirol und Vorarlberg aufgrund des bisher

    273

  • bekannt Gewordenen mit weiteren Großlagerstätten gerechnetwerden kann, die wegen ihrer Qualität und ihrer günstigen ver-kehrs- und wirtschaftsgeographischen Lage als Prospektions-zielgebiete vorgeschlagen werden können.

    Grundsätzlich lassen sich drei Evaporitlagerstättentypen aus-einanderhalten:1) Typus I: Großflächige Lagerstätten mit anhaltender stoff-

    licher Zusammensetzung und gleichbleibender Mächtigkeit aufgrößere Entfernungen (mehrere hundert Meter) im Fallen undStreichen; tektonisch nur wenig gestört.

    2) Typus II: Großflächige Lagerstätten mit wechselnder (starkschwankender) mineralischer Zusammensetzung im Fallen undStreichen; tektonisch gestört.

    3) Typus III: Unregelmäßige Lagerstätten mit kompliziertenStrukturen (linsige Körper), daher in der Mächtigkeit starkschwankend; tektonisch stark gestört.

    Stratigraphische Position der ostalpinen Gipslager

    Wie aus dem oben Gesagten hervorgeht, fehlen Evaporite in denaltpaläozoischen Schichten der Ostalpen, was darauf zurückzu-führen ist, daß zur Zeit des Ordoviziums und Silurs, von weni-gen Ausnahmen abgesehen, hochmarine Bedingungen vorherrschten.Mit der Herausentwicklung von Flachwasserbecken bzw. dem Auf-bau von Karbonatplattformen, besonders im Unter- und Mittel-devon, sind zwar die Grundvoraussetzungen für Eindampfungs-sedimente gegeben, aber selbst bei den unterdevonischen tidal-flats kam es zu keiner Gips- und Salzabscheidung.

    Erst mit dem höheren Jungpaläozoikum, in Verbindung mit derBildung von intermontanen Becken bzw. im Konnex mit der Anlagevon Grabenbrüchen, haben sich z.T. mächtige Evaporite, speziellim Oberperm, gebildet. Einmal handelt es sich um das Haselge-birge i.w.S., das besonders im Osten Österreichs verbreitetist, und wohl zur Hauptsache aus Steinsalz besteht; in Verbin-dung mit dem Steinsalz kam es aber auch zur Bildung ausge-dehnter Gips- und Anhydritlagerstätten. In diesen sind örtlichEinschaltungen von dunklen Dolomiten beobachtbar, die vonTOLLMANN (1976: 44, 47) als Beilerophondolomite gedeutet werden.Da völlig analoge dunkle Dolomitlagen auch in den RaiblerGipsen auftreten (solche sind für Salinarabfolgen sehr typisch),sind die Verfasser der Meinung, man sollte hier den BegriffBellerophondolomit nicht verwenden, zumal es in den NördlichenKalkalpen wirklich keine echten Kriterien für die Anwesenheitvon Beilerophonschichten gibt.

    Gipse oberpermischen Alters treten aber auch noch in den Mitter-berger Schichten auf und ziehen von dort nach Westen bis in dieUmgebung von Kitzbühel (siehe dazu MOSTLER 1968 und 1972). Siesind im Vergleich zu den Vorkommen im Osten schon sehr gering-mächtig und treten bereits in einer anderen Fazies auf. InOberndorf bei Kitzbühel wurde sogar Steinsalz innerhalb derMitterberger Schichten bekanntgemacht. Westlich von Kitzbühelfehlen in dieser Fazies zur Zeit des Oberperms jedoch gips-führende Ablagerungen.

    274

  • Die stratigraphisch nächsthöheren Schichtfolgen mit Gips sindaus der Untertrias, und zwar aus oberskythischen Ablagerungenbekannt. Im Westen sind diese dem oberen Abschnitt des AlpinenBuntsandsteins eingeschaltet, während im Osten diese in denhöheren Werfener Schichten bzw. am Übergang zu den Reichen-haller Schichten (B. PLÖCHINGER 1967: 14) auftreten. Die soge-nannten -oberskythischen Gipse sind nicht, wie bislang, von denRauhwacken, die örtlich ebenso Gips führen, zu trennen, sonderngehören sowohl im Hinblick auf die Ablagerungsbedingungen alsauch hinsichtlich des Alters zusammen. MOSTLER & ROSSNER (1976)konnten nachweisen, daß die Unteren Gutensteiner Schichten,die die Äquivalente der basalen Reichenhaller Schichten dar-stellen, noch dem Oberskyth angehören.

    Die meisten hier genannten oberskythischen Gipse sind abergeringmächtig und haben daher kaum eine wirtschaftliche Bedeu-tung, ausgenommen davon ist die Großlagerstätte im Pfennig-bacher Becken Niederösterreichs. Es handelt sich hier also umGipsvorkommen, die einerseits noch mit typisch-klastischenSedimenten in Verbindung stehen, andererseits bereits mit derHerausbildung der ersten Plattformsedimente zusammenhängen.

    Das gleiche trifft auch auf die in den Tonschiefern desDobratsch eingeschalteten, mächtigen Gipshorizonte, die aller-dings bereits dem Anis angehören, zu (W. NACHTMANN 1975: 50).

    Völlig anders geartet sind die innerhalb der Raibler Schichtenauftretenden Gipsvorkommen, die dem höheren Karn (Tuval) zuge-ordnet werden müssen. Nach der letzten terrigenen Schüttung(tonige Siltsteine und Sandsteine) kam es zu einer Meeresspie-gelabsenkung, in deren Gefolge eine regressive Karbonat-Evapo-ritfolge aufgebaut wurde (BRANDNER 1978). Es handelt sich umlaminierte Dolomite mit LF-Gefügen, Rauhwacken bzw. Kollaps-brecciên und schließlich um eine Wechselfolge von diversenDolomiten mit Lagengipsen. Die hohe Mobilität der Gipse brachtees mit sich, daß die einzelnen, oft mehrere Meter mächtigenDolomitlagen zerbrachen und schließlich als kompetenteBoudins im Gips schwimmen. Durch den zum Teil starken Diapiris-mus sind die ursprünglichen Gipsgefüge ("chicken-wire"-Gipse)zum Großteil zerstört.

    Während die permischen und tieftriassischen Gipse nahezu aufdas Oberostalpin beschränkt sind, sind die dem Oberkarn zuor-denbaren Gipse auch im Unterostalpin weit verbreitet (Schwer-punkte bilden das Semmeringer Gebiet und die Matreier Schuppen-zone auf Osttiroler Boden).

    Die Geologie des Rhätikon wurde durch W. HEISSEL et al. (1965)in einer Karte 1:25 000, zu der es bisher noch keine Erläute-rungen gibt, dargestellt. Auf den tektonischen Bau ist insbe-sondere M. KOBEL (1969) eingegangen. Die Abb. 2 entspricht imwesentlichen seiner tektonischen Karte, allerdings wurde sievon den Verfassern etwas vereinfacht, um die Lage der Gips-lagerstätten übersichtlicher darstellen zu können. In diesemZusammenhang muß auch festgestellt werden, daß entgegen derAnsicht KOBELs im Bereich des Kristakopfes die Fensternaturder Trias angezweifelt wird. Die muldenartigen Sedimentzügeim Bereich der Phyllitgneiszone (in Abb. 2 allgemein als "Alt-

    275

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  • kristallin" ausgeschieden) sind nach dem Erachten der Verfas-ser mit der Mitteltrias des Kristakopfes in Verbindung zu brin-gen. Dies geht besonders klar im Bereich des Golmer Jocheshervor.

    Die tektonische Position der Gipsvorkommen wird bei derenBeschreibung kurz angerissen. Nur bezüglich des VorkommensLüner Krinne sei hier schon auf die komplizierte tektonischeSituation hingewiesen (Abb. 3 nach M. KOBEL 1969: 22).

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    9 trxM Hauptdolomit

    8 EÜ3 Rauhwacken, Kalke und Dolomite

    7 JZr î Gips

    6 [•'•:•• j Sandsteine, Siltschiefer

    fc^i Arlberg-Formation

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    Aro.ser Zone;

    Abb. 3:Loslösung der Frescalot-Kristakopfschuppe von der Zimba-Schesa-planaschuppe. Die stark mobilen (diapirischen) Gipse dringenim Scheitel hoch. (Aus KOBEL, 1969).6-8 = Raibler Formation.

    Durch das diapirische Verhalten der Raibler Gipse kam es imBereich des Lüner Sees zur ersten Abtrennung der Frescalot-Einheit von der Zimba-Schesaplana-Schuppe. Östlich des LünerSees wurde diese Trennung durch das zunehmende Aufdringen derEvaporitmassen erweitert, die schließlich über einen Scheitel-bruch zur völligen Eigenständigkeit der von KOBEL so bezeich-neten Frescalot-Kristakopf-Schuppe führte.

    Die Evaporitlagerstätten des Rhätikon verteilen sich auf fol-gende tektonische Einheiten (siehe hiezu Abb. 2 ) :1) Drei-Schwestern-Schuppe (Lagerstätte Ziegerloch am Gampbach

    in rund 1600 m SH) ;2) Arosa-Schuppenzone zwischen Heupiel- und Fundelkopf-Alpila-

    277

  • Schuppe (Matler Alm, großes Vorkommen, beidseitig des hin-teren Gampbaches zwischen 1600 und 17.00 m SH, eventuellbesteht sogar eine Verbindung zum Ziegerlochvorkommen;Matler Joch (= Mattlajoch), 'großes Vorkommen von 1700 bis1900 m SH, an der Grenze gegen Liechtenstein gelegen);

    3) Heupiel-Schuppe (die großen Vorkommen von Fürkle-Schlucherliegen in 1700 m SH zur Gänze auf Liechtensteiner Gebiet);

    4) Fundelkopf-Alpila-Schuppe (das Vorkommen Gamperdona liegtam Trüb-Bach, der in den hinteren Mengbach mündet, zwischen1400 und 1700 m SH, zum geringeren Teil auf LiechtensteinerGebiet; ein weiteres Vorkommen - Dunza - liegt am Mühlbach,der in den Schesatobel mündet, in 1200 bis 1300 m SH) ;

    5) Arosa-Schuppenzone zwischen Fundelkopf-Alpila- und Zimba-Schesaplana-Schuppe (die Lagerstätte auf der Klampera-Alpeliegt am Ende des Schesatobels in 1600 bis 1700 m SH) ;

    6) Zimba-Schesaplana-Schuppe (das bedeutende Vorkommen imSchliefwaldtobel, dem ersten großen nach Norden abzweigen-den Seitental des Alvierbaches, liegt in 1100-1200 m SHwestlich der Ortschaft Gallaverde in verkehrsgünstiger Lage;weiters zählen hierher die nachstehend angeführten Lager-stätten, auf die im folgenden noch genauer eingegangenwird: Lüner Krinne, Gipsköpfle, ein Vorkommen östlich desGipsköpfles, Vilifau-Alpe, Sacktobel, Montafoner Jöchle,St. Anton im Montafon, Wetterböden).

    Die Bearbeitung der Evaporitlagerstätten des Rhätikons wurdezunächst wegen der offensichtlichen Größe, Qualität und dergünstigen verkehrsgeographischen Lage auf die Vorkommen desMontafons beschränkt. Diese erstrecken sich im Streichen aufrund 15 km Länge (Taf. 2 ) . Im einzelnen handelt es sich umfolgende Lagerstätten:1) Lüner Krinne (nordöstlich des Lüner Sees in 2100 m SH gele-

    gen) ,2) Gipsköpfle,(über der Alpe Lün, zwischen 1600 und 2000 m SH),3) Vorkommen östlich des Gipsköpfles (in 1600 m SH),4) Vilifau-Alpe (Großlagerstätte im hinteren Rellstal, zwischen

    rund 1450 und 1900 m SH gelegen),5) Vorkommen im Sacktobel (zwischen 1700 und 1800 m hoch gele-

    gen) ,6) Montafoner Jöchle (in 1300 m SH, im Gegensatz zu den bisher

    genannten Vorkommen, die vom Rellstal aus zu erreichen sind,ist diese Lagerstätte von St. Anton im Montafon über denVenser Tobel zugänglich),

    7) St. Anton im Montafon (die bis vor kurzem bebaute Lager-stätte nordöstlich der gleichnamigen Ortschaft),

    8) Wetterböden (zwischen 1600 und 1800 m SH gelegen).

    Von der geographischen Lage her erschienen die Vorkommen desGipsköpfles, der Vilifau-Alpe und des Sacktobeis als die amaussichtsreichsten. Auch von der Lagerstättenmächtigkeit undvon der streichenden Erstreckung aus betrachtet bot sich dieserRaum als besonders höffig an. Die relativ reinen Gips- bzw.Anhydritkörper erreichen hier Mächtigkeiten bis zu 400 m.Zudem besteht da die Möglichkeit, daß es sich bei diesen Lager-stätten um einen im Streichen zusammenhängenden und nur örtlich

    278

  • von Moränen verhüllten Evaporitkörper mit einer streichendenErstreckung von 3 km handelt.

    Alle eben genannten Vorkommen sind im Hangenden und Liegendentektonisçh begrenzt, gehörten aber ursprünglich zum Hangend-bereich der Raibler Schichten (siehe hiezu Abb. 4 nach W.HARSCH 1970).

    Nordalpine Raibler Schichten

    Die Raibler Schichten lassen sich nach H. JERZ (1965) und W.HARSCH (1968, 1970) in vier Faziesbereiche aufgliedern. Gips-führend ist die Nord- und Westfazies. Jene läßt sich vonOberstdorf im Westen bis nahe Salzburg verfolgen"1") und istzweifelsohne mit der Lunzer Fazies im Osten vergleichbar. DieWestfazies (vom Arlbergpaß bis Liechtenstein) ist zwar durchmehrere klastische Horizonte von der Nordfazies unterschieden;wenn es aber darum geht, ein paläogeographisches Bild zu ent-werfen, so ist es durchaus vertretbar, beide zusammen einemAblagerungsbereich zuzuschreiben. Dieser ist durch Flachst-wassersedimente, die von Zeit zu Zeit sogar trocken lagen, undEvaporite gekennzeichnet und bildet somit einen breiten tidal-flat- bzw. Sabkha-Gürtel, der nach Süden in Flachwassersedi-mente des stets subtidalen Bereiches der Zentralfazies über-geht.

    Im höheren Karn (Tuval) bestand in diesem Raum allerdingsgenerell die Tendenz einer Verflachung, zumal zu dieser Zeitauch innerhalb der Zentralfazies stromatolithenführende Dolo-mite und Rauhwacken vorherrschen: Der tidal-flat-Bereich schobsich weit nach Süden vor, ohne daß es dabei in der Zentralfa-zies zur Gips- bzw. Steinsalzbildung kam.

    Aus den von W. HARSCH (1970) dargestellten Profilen (Abb. 4)geht eindeutig hervor, daß der Gips dem Hangendabschnitt derRaibler angehört. In den meisten Vorkommen des Montafons istaber die stratigraphische Position der Gipse innerhalb derRaibler Schichten heute nicht mehr oder nur sehr schlecht zuerfassen. Das Vorkommen an der Lüner Krinne ist, wie schonfrüher erwähnt, sowohl im Hangenden als auch im Liegendengestört; der Gips ist hier überhaupt der einzige Vertreter desKarns. Infolge des diapirischen Verhaltens der Evaporite feh-len, abgesehen von den im Gips schwimmenden Dolomiten, Rauh-wacken und Breccienkomponenten alle anderen Vertreter derRaibler Schichten. Das in der geologischen Karte (HEISSEL etal. 1965) eingezeichnete Raibler Vorkommen im Kammbereich

    In der Bohrung Vorderriß 1 in Bayern, nahe der österreichi-schen Staatsgrenze, wurde das Karn mit einer Gesamtmächtigkeitvon 2000 m durchfahren, wobei die Hangendserie besonders durchdie 1500 m mächtigen Anhydrite in Wechsellagerung mit Dolomi-ten herausfiel (G.H. BACHMANN et al. 1979)

    279

  • OD OAbb. 4:

    Die stratigraphische Situation der Gipse innerhalb der Raibler.

    Schichten im Raum zwischen Arlbergpaß und Vaduz

    (Säulenprofile

    der Raibler Schichten aus W. HARSCH, 1970; Gips = vollschwarz).

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    195

  • Frescalot-Lüner Krinne muß den Oberen Arlbergschichten zuge-rechnet werden. Im Norden ist es das Permoskyth, welches denGips tektonisch begrenzt.

    Dem Gipsköpfle fehlt die Basis, während der Hangendanteil vonuntypischen Raibler Schichten gestellt wird, die in den Haupt-dolomit überleiten. Möglicherweise ist sogar eine Verbindungzum nächsten Vorkommen (im Sacktobel) gegeben, wo im Liegendennoch geringmächtige Raibler Schichten auftreten (in der Geo-logischen Karte des Rätikons zu mächtig gezeichnet, da derGroßteil den Oberen Arlbergschichten angehört). Der Hangend-kontakt ist nicht erschlossen; erst die Gipsvorkommen südlichund östlich des Montafoner Jöchles zeigen etwas klarer diestratigraphische Position, was zum Teil auch für das Vorkommenvon St. Anton im Montafon gilt; jenes der Wetterböden steht intektonischem Kontakt mit dem Hauptdolomit.

    Bemerkungen zur Liegend- und Hangendgrenze der Raibler Schichten

    Im Montafon werden die Raibler Schichten von den Arlbergkalkenunterlagert. Die von M. KOBEL (1969) in drei Schichtfolgenuntergliederte "Arlbergformation" interessiert insoweit, alsdie Oberen Arlbergschichten reich an Rauhwacken, Breccien undkalkigen bzw. dolomitischen Mergeln sind. Eine derartigeGesteinsfolge wurde aber auf der Geologischen Karte des Räti-kons bereits zu den Raibler Schichten gestellt und auch so aus-kartiert, d.h. die Grenze wurde etwa über den Mittleren Arl-bergschichten sensu KOBEL 1969 gezogen, bei welchen es sichmehr um eine geschlossene Kalkfolge handelt, die früher unterdem Begriff "Arlbergkalk sensu stricto" lief, allerdings ineinigen Profilen doch auch ein bis zwei klastische Einschal-tungen aufweisen kann. Probleme gibt es ebenso, wenn man mitW. HARSCH (1968) das Einsetzen der Raibler Schichten mit demersten klastischen Horizont festlegt, und beispielsweise dieSandsteine und/oder Tonschiefer innerhalb der Raibler Schich-ten ausfallen.

    Studiert man die von HARSCH 1970 erstellten Profile, so gewinntman, von wenigen Ausnahmen abgesehen, den Eindruck, der Haupt-dolomit würde völlig konform die Gipse bzw. die damit verge-sellschafteten Rauhwacken überlagern. Dem ist aber nicht so,denn der Gips tritt mit dem Hauptdolomit in tektonischen Kon-takt und dies ist in den meisten Fällen auch im Kontakt mitden Rauhwacken der Fall.

    Nur dort, wo zwischen Gips und Hauptdolomit noch eine Dolomit-folge auftritt, scheint es sich um einen sedimentären Kontaktzwischen Raibler Schichten und Hauptdolomit zu handeln; es seijedoch nur angedeutet, daß es sich in diesem Fall bereits umDolomite des Hauptdolomits handeln könnte, und damit wiederum derRaibler Dolomit fehlen würde. In ungestörten Profilen verläuftdie Grenze innerhalb einer Dolomitabfolge, d.h. man hat es indiesen Fällen mit einem Übergang zu tun, so daß eine scharfeGrenze nicht zu ziehen ist. K. CZURDA & L. NICKLAS (1970: 229)haben versucht, Unterschiede zwischen dem Raibler Dolomit und

    281

  • dem Hauptdolomit herauszuarbeiten, zeigten aber selbst am Bei-spiel des Ochsenbodenprofils (eine 50 m-Dolomitfolge untereinem Tonschiefer-Sandsteinhorizont), daß dieser Weg nichtgangbar ist. So kam man überein, die Grenze zwischen RaiblerSchichten und Hauptdolomit über dem letzten Tonschieferhorizontzu ziehen, was aber gerade in Vorarlberg auf große Schwierig- .keiten stößt, zumal in vielen Profilen, wohl tektonisch bedingt,klastische Einschaltungen fehlen. Die von W. HARSCH (1978: 7)geforderte Grenzziehung (geschlossene Dolomitfolge über demRaibler Horizont 2 c) ist insofern nicht möglich, als in demHorizont 2 c auch feingeschichtete Dolomite, stromatolithen-führende Dolomite, sedimentäre Breccien und Rauhwacken ver-schiedenster Art inkludi.ert sind, die in gleicher Weise auchim Hauptdolomit auftreten.

    Sedimentologische Untersuchungen

    Um den Bildungsbedingungen der Anhydrite bzw. Gipse nachzuspü-ren, wurden zunächst einmal Profile aus dem Randbereich vonGipslagern untersucht. Die Profilabschnitte wurden so ausge-wählt, daß auch die von der Evaporitisation völlig unbeein-flußten Karbonatgesteine miterfaßt werden konnten, was nur imBereich des Sacktobeis (siehe Taf. 3) einigermaßen möglich war,da infolge des diapirischen Verhaltens der Gipse einerseitsund des mobilen Verhaltens während der alpinen Gebirgsbildungandererseits, auf weite Strecken das normalstratigraphischLiegende sehr stark reduziert ist oder sogar fehlt, wie z.B.an der Lüner Krinne (siehe Taf. 4).

    Im Sacktobel wurden also zwei Profile systematisch bemustert,um vor allem das Anhalten der einzelnen Schichtfolgen in late-raler Richtung studieren zu können. Als Bezugshorizonte wurdenim Liegenden eine sehr charakteristische geringmächtige Dolomit-Gips-Wechselfolge/ im Hangenden das Einsetzen der Lagengipseausgewählt.

    Es hat sich herausgestellt, daß sich die Schichtfolgen zwischenden beiden Bezugshorizonten von der rein megaskopischenBetrachtung her sehr gut korrelieren lassen, von der mikro-faziellen Warte aus gesehen jedoch eine Korrelation nichtdirekt möglich ist, was auf die für die Genese so entscheiden-den Faziesverzahnungen zurückzuführen ist. Daß dies nicht schonvon den Aufschlußverhältnissen her festzustellen war, hängtmit der durch die Evaporitisation ausgelösten Dolomitisierungund mit der im interstitionellen Wasser ablaufenden Anhydrit-bildung in z.T. meist schon präexistenten Hohlräumen zusam-men. So sind z.B. die zu korrelierenden Zellendolomite nichtsanderes als Dolomite, die von einer starken Evaporitisationbefallen wurden, obwohl sich mikrofaziell auf der einen Seitein ihnen Oosparite verbergen, während es sich auf der anderenSeite ursprünglich um Peloidschlammkalke handelt.

    Das Profil Sacktobel 1 (Taf. 3) baut sich im Liegenden (gemeintist der in diesem Gebiet überhaupt zugängliche Liegendanteil)des ersten geringmächtigen Gipsvorkommens aus dünn(cm-)bankigen

    282

  • dunklen Dolomiten auf. Die einzelnen Bänke setzen sich ausOolithen (Oospariten) zusammen.

    Darüber folgt eine Sequenz aus alternierenden Lagen von Gipsenund Dolomiten, wobei die Gipslager eher einen knolligen alsschichtigen Bau aufweisen. Die einzelnen Dolomitbänke zeigeneinen Lagenbau, der vor allem durch ss-parallele Stylolithenhervorgerufen wird. Ursprünglich hat es sich wohl um mehr oderminder gut ausgewaschene peloidführende Kalke gehandelt; lagen-weise sind, wenn auch stark untergeordnet, sterile Dolomikritezwischengeschaltet.

    Überlagert wird diese, als Leithorizont fungierende, Gips-Dolomit-Wechselfolge von ca. 8 m mächtigen, dunklen, vorwie-gend dünnbankigen Dolomiten. Nur ein Teil davon weist eineLaminierung auf (laminierte Peloidkalke); der andere Teiljedoch zeigt keine bankinterne Gliederung. Bei.letzteren han-delt es sich um Peloidkalke mit einem hohen Anteil an einfachumkrusteten Körnern (coated grains).

    Die wenig über 3 m mächtigen Zellendolomite, welche die zuvorbesprochenen Dolomite ablösen, sind eherdickbankig entwickelt(bis 50 cm Bankdicke) und fallen durch ihr löcheriges Gefüge("Messerstiche") besonders heraus. Mikrofaziell sind es vor-wiegend peloidführende Dolomite mit z.T. primären Hohlraum-gefügen (LF-Gefügen).

    Darüber folgt ein nahezu 3 m mächtiges Paket, völlig analogwie die Zellendolomite zuvor entwickelt, die nun aber mitGipslagen, z.T. knolliger Natur (tektonisch überformte"chicken-wire"-Gipse), alternieren. In den Zellendolomiten ver-bergen sich durchgehend Oosparite. Den Abschluß bilden diemehrere Meter mächtigen, durch deutlichen Lagenbau gekenn-zeichneten Gipse, deren Basis als hangender Leithorizont dient.

    Die tiefste im Sacktobelprofil 2 erfaßbare Schichtfolgebesteht aus dünnbankigen laminierten Dolomiten, wobei dickereBänke die Basis bilden. Unabhängig von der Bankmächtigkeitsetzen sich diese ausschließlich aus eintönigen peloidführen-den Karbonaten zusammen.

    Ebenso wie im Parallelprofil (Sacktobel 1) ist die ersteAbfolge mit Gipseinschaltungen geringmächtig. Bei den einzel-nen Dolomitbänken handelt es sich um ursprüngliche Peloidkalke,Die in der Bankmächtigkeit stark schwankenden, darüber ein-setzenden, ca. 4 m mächtigen Dolomite weisen hinsichtlich dermikrofaziellen Zusammensetzung keinen Unterschied zur unter-lagernden Sequenz auf.

    Ein Fazieswechsel findet erst mit dem Einsetzen der Zellendo-lomite statt, die sich aus Oospariten zusammensetzen. Analogzu Profil 1 folgen darüber Dolomite, die mit Gipsen wechsel-lagern, nur mit dem Unterschied, daß anstelle von OosparitenPeloidkalke mit Hohlraumgefügen auftreten. Sie bilden denAbschluß der bis dahin durchlaufenden Karbonatgesteinsfolgeund werden von mächtigen Gipsen überlagert, denen nach einigenMetern hie und da noch sehr dünne Dolomitbänkchen zwischenge-schaltet sind.

    283

  • Bemerkungen zur Mikrofazies

    In den beiden Profilabschnitten des Sacktobeis lassen sichvier Mikrofaziestypen, die genetisch eng miteinander verbun-den sind, auseinanderhalten.Oosparite (Dolomite),Peloid-, (faecal) Pellet-Dolomite (ursprünglich Kalke),sterile Dolomikrite,Dolomite mit LF-Gefügen.

    Oosparite

    Sie werden, neben der sparitischen Matrix, aus Einfachooiden,die gegenüber den vielschaligen Normalooiden vorherrschen,zusammengesetzt, wenn auch örtlich gerade in den höherenProfilabschnitten Bänke mit ausschließlich vielschaligen Ooi-den auftreten. Mehrfachooide wurden insgesamt nur zweimalbeobachtet. Die Größe der Ooide liegt durchwegs zwischen 0.2und 1 mm, wobei die Normalooide in den meisten Fällen größerals die Einfachooide sind.

    Als Kerne dienten vorwiegend Peloide, während nicht mehrbestimmbare Schalenreste seltener als Kerne in Erscheinungtreten. Es darf hier allerdings nicht übersehen werden, daßgut 60% der Kerne umkristallisiert sind, wodurch über denGroßteil des Kernaufbaus keine weiteren Aussagen gemacht wer-den können.

    Die Schalendicke ist bei den Einfachooiden weitaus geringerals der Kerndurchmesser, bei jenen der Normalooide dagegenwesentlich dicker. Die Sortierung ist besonders im hangendenProfilabschnitt sehr gut.

    Was die Form der Ooide betrifft, so sind die Normalooidesphärisch ausgebildet, die Einfachooide vielgestaltig, d.h.mehr oder minder der Kerngestalt angepaßt. Infolge der Dolomi-tisierung sind die MikroStrukturen verwischt, z.T. sogar völ-lig ausgelöscht. Während "sich der Scha-lenbau noch einigermaßengut durchpaust, fehlen Hinweise auf Radialstrukturen. Dieimmer wieder, wenn auch spärlich auftretenden angebrochenenOoide entstanden wohl durch Drucklösung, wie die vielen Mikro-stylolithen, die die Ooidkalke durchziehen, belegen. Diedirekte Verbindung der Oosparite mit Gips hat ursprünglich denVerdacht erweckt, es könnte sich bei den Ooiden um solche desniederenergetischen Ablagerungsbereiches handeln; die obenangeführten Untersuchungsergebnisse jedoch zeigen deutlich,daß es sich um solche des stärkerenergetischen Bereiches han-delt.

    Peloid-,(faecal)Pellet-Dolomite (ursprünglich Kalke)

    Innerhalb einiger Dolomitbänke ließen sich Bereiche ausschei-den, die sich durch die Anwesenheit von ausschließlich faecalpellets in lutitischer Matrix auszeichnen. Aus diesem Grundwurden sie als Pellet-Dolomite bezeichnet. Die anderen Kompo-nenten lassen kaum ihre ursprüngliche Natur erkennen, z.T.

    284

  • sind es wohl Algenpeloide, die sich von den Schlammpeloideneinigermaßen gut auseinanderhalten lassen. Mit den Peloidentreten aber nicht selten auch Rindenkörner auf (jedoch nichtzusammen mit den faecal-pellet-Lagen), deren Ausgangsmaterialnur in seltenen Fällen noch erfaßt werden kann: z.T. sind esOstracodenschälchen, schalenähnliche Reste, meist handelt essich um einen homogen aufgebauten Kern. Die faecal pelletssowie Peloide und Rindenkörner schwimmen in einer lutitischenMatrix, die mehr oder minder stark ausgewaschen sein kann.Dort, wo noch der gesamte Lutit vorhanden ist, kann man einebescheidene Bioturbation feststellen. Auffallend ist die Häu-fung von Ostracodenschalen in den lutitreichen Typen. In denstärker ausgewaschenen Partien sind Spirorbis-Fragmente undsehr selten Bruchstücke von Dasycladaceen beobachtbar.

    Sterile Dolomikrite

    Diese treten in jenen Dolomiten auf, die mit Gipslagen in Ver-bindung stehen bzw. dort, wo Gipsknollen innerhalb der Dolomitevorliegen. Die stehen in engem Konnex mit den lutitreichenpeloidrührenden Dolomiten, mit denen sie wechsellagern. Dievöllig homogen aufgebauten Lagen zeigen nur eine sekundäreVeränderung, die durch das Aufsprossen von kleinen Gipskristal-len hervorgerufen wird.

    Dolomite mit LF-Gefügen

    Im hängendsten Abschnitt der Profile, also knapp unter denmächtigen Gipslagen, sind es Dolomite, die durch laminare Fen-stergefüge hervortreten, die dem LF-B II-Typus entsprechen.Die Hohlräume sind sekundär durch Anhydrit, der zum Teil rand-lich wieder in Gips umgewandelt ist, ausgefüllt.

    Interpretation der sedimentologischen Untersuchungsergebnisse

    Ein wesentliches Hilfsmittel bei der Interpretation der Abla-gerungsbedingungen der Karbonatgesteine und der damit verbun-denen Anhydrit-Gips-Lager stellt die Korrelation beider Pro-file im Sacktobel dar (siehe Taf. 3). Aus ihr wird nun eindeu-tig erkennbar, warum zwar das äußere Erscheinungsbild desGesteins eine sehr gute Korrelation zuläßt, während eine solchemit Hilfe der Mikrofazies nicht möglich ist. Bei den Oolithenhandelt es sich um relativ rasch auskeilende, d.h. linsenar-tig bzw. keilartig aufgebaute Körper, die sich mit den Peloid-kalken verzahnen, d.h. lateral von diesen abgelöst werden(Abb. 5).

    Die Ooide sind, wie bereits angeführt, solche des hochenerge-tischen Bereiches, die im flachmarinen Areal (Intertidal) ent-standen. Sie wurden verfrachtet (einen Hinweis für dieAllochthonie der Ooide findet man im höheren Profilabschnitt),z.T. trugen Trockenfallen, aber auch Windfracht, zum Aufbauvon Ooiddünen bzw. Ooidbarrieren bei. Hinter den Ooidbarrierenentwickelten sich über schmale Zugänge (Bereiche der Zufuhrvon frischem Meerwasser) allmählich über ein kurzes Sabkha-

    285

  • sterile Dolomitlagen

    O o i d s a n d - R ü c k e n o ~ - " " " » ^ v ^ • " - ' - " - / ' • * ' > ' . - ' N - i 7 / \ - / ' \' ' K : • ' , ' _ • » -o o o p o a * s - i « i r O v r.-- / _ 11 ^ C / . ' , . / -

    s ~̂ / ~v -̂.. N ' / .'.^ ' v.. •" /o o o o o o rt ^^•^A- ^ . '. ^ s ^* .~~ '—..—. ^ / r ~ ' . —

    Abb. 5 :Ooidsandrücken bilden Barrieren, hinter denen sich Sabkhaarealeentwickeln.

    Zwischenstadium Gipslagunen heraus. Abb. 5 zeigt klar, daß dieGipseinschaltüngen lagiger-knolliger Natur in Verbindung mitden Oolithen auftreten. Das relativ spärliche Vorkommen vonGips in Lagen innerhalb der Dolomite sowie die in allen Dolomi-ten auftretenden Anhydritsprossungen, die z.T. porenfüllendauftreten und auch auf Kosten anderer Minerale wachsen, zeigeneindeutig, daß es sich hier im wesentlichen um eine Gips- undAnhydritbildung aus interstitionellem hypersalinarem Wasserhandelt, was mit anderen Worten bedeutet, daß im Intertidalbe-reich örtlich Sabkhabedingungen infolge der Ooidbarrierengeherrscht haben müssen. Geht man von einer tidal-flat-Ablage-rung aus, die sich gegen das Meer hinausschiebt, so kann man,ähnlich wie dies F.J. LUCIA (1972: 163) für den PersischenGolf beschrieb, folgende vertikale Gliederung feststellen:Abb. 6.Vergleicht man diese Abfolge mit den Untersuchungsergebnissen,so scheint der im Sacktobel entwickelte Intertidalbereich bestensmit der in der Abb. 6 kurz charakterisierten Sabkhabildungübereinzustimmen. Der eigentliche Supratidalbereich fehlt imSacktobel oder ist nur unmittelbar unter den ersten mächtigenGipslagen in Form von Dolomiten mit LF-B II-Gefügen erkennbar.Es handelt sich dabei um jenes Gebiet, in dem bereits über deneben genannten Dolomiten mächtige Lagengipse auftreten, derenEntstehung nicht mit interstitionellem hypersalinarem Wasser inVerbindung gebracht werden kann. Auf jeden Fall hängt hier dieGenese mit dem der Verdunstung ausgesetzten Meerwasser zusammen.Die .Lagengipse müssen daher als Eindampfungssedimente gedeutetwerden, wogegen die in ihnen auftretenden sehr geringmächtigenDolomite eindeutige Sedimente des Supratidals darstellen.

    286

  • Ê -

    Lagunengipse (Verdunstungs - Sedimente)

    SupratidalUnregelmässige LaminationAustrocknungsmerkmaleFehlen von Organismen

    IntertidalPelletkalke mit BioturbationOstrakodenStromatolithen

    SubtidalMarine Kalke

    HoO

    Sediment

    Gipsknollen

    Gipskristalle auf Kosten anderer Minerale

    Gips als Porenzwickelfüllung

    Abb. 6 :Sabkhaentwicklung mit der einhergehenden Dolomitisierung, dieauch noch die subtidalen Kalke erfaßt (schwarze Signatur = Gips)

    Der Ausfall eines gut entwickelten supratidalen Ablagerungsbe-reiches mit Sabkhabedingungen kann vielleicht damit erklärtwerden, daß es sich im Sacktobel um den Randbereich einergewaltigen Evaporitfolge handelt und somit der Intertidalbe-reich von der kräftigen Evaporitisation miterfaßt wurde. Aufder anderen Seite sprechen jedoch die knolligen Gipse im Lie-genden sowie eine über alle Dolomitfolgen hinweggreifende Gips-abscheidung in den Porenzwickeln und von diesen ausgehendeMetasomatosen auf Koéten der Calcite für Sabkhabedingungen. Eswaren wahrscheinlich Ooidsandbarren, die innerhalb des Inter-tidals zunehmend zu einer Einschnürung der Frischwasserzufuhraus dem Flachmeerbereich führten, bis richtige Gipslagen ent-

    287

  • standen. Dadurch wurde der intertidale Bereich der Lagune all-mählich in einen supratidalen übergeführt, in dem es schließ-lich zur Entwicklung von Eindampfungssedimenten kam.

    Da dem Profil der Lüner Krinne (Taf. 4) die normale karbonati-sche Basis, bedingt durch tektonische Äußerungen, fehlt, kannalso nicht dazu Stellung bezogen werden, ob der Sacktobel eineAusnahme darstellt. Aufgrund der Studien von W. HARSCH (1970)und H. JERZ (1965) scheinen die in der Nordfazies die Gipseunterlagernden Dolomite dem Supratidal anzugehören. Versuchtman, diesen Anschauungen zu folgen, so könnte ein paläogeogra-phisches Bild des Oberkarns (Tuval) entsprechend der Abb. 7aussehen.

    Z JPF i

    l'l'l'l'l'l'l'l'l'l

    Abb. 7:Versuch einer paläogeographischen Rekonstruktion zur Zeit desOberkarns (Tuval) zwischen Reutte im Osten und Liechtensteinim Westen.

    Die Abfolge der Lüner Krinne beginnt im Liegenden mit einertektonischen Breccie, welche die Dolomite der'Oberen Arlberg-schichten überlagert (Taf. 4). Dieser tektonische Kontakt istauf der Taf. 5 detaillierter festgehalten, vor allem auch, umaufzuzeigen, daß die unter der Störung liegenden Oberen Arlberg-

    238

  • schichten fàziell ähnlich ausgebildet sein können wie die Karbo-natabfolgen der Raibler Schichten.

    Die oben genannte tektonische Breccie setzt sich aus Silt-,Sandstein- und Dolomitkomponenten zusammen und stellt somit dentektonisch verbliebenen Rest der Raibler Schichten dar. Dieüber 200 m mächtige, im wesentlichen aus Gips aufgebaute Folgeist durch das örtliche Auftreten von Dolomit-Boudins gekennzeich-net. Bei weitem herrscht ein schwarzer, völlig steriler Dolo-mikrit, der einen typischen Vertreter für die Evaporitabfolgedarstellt, vor. Untergeordnet treten ostracodenführende Dolomi-krite auf, die auch in evaporitfreien Gebieten in das strati-graphisch Liegende der Gipsfolgen zu stellen sind. Diese Dolo-mikrite können sowohl aus dem subtidalen als auch inter- bissupratidalen Bereich stammen (und damit z.T. auch aus demSabkhabereich). Da die Ablagerungen der Lüner Krinne zwischender Störung im Liegenden und dem Hauptdolomit im Hangenden alsEindampfungssedimente gedeutet werden, müssen die ostracoden-führenden Dolomikrite dieser Serie im Zuge des Diapirismus indie sulfatischen Evaporite gelangt sein.

    Gefügetypen von Evaporiten des Montafons

    Im Montafon konnten nachstehend angeführte primäre und sekundäreGefüge von Evaporiten nachgewiesen werden:A) Primäre Gefüge der

    1) Küstensabkha (coastal sabkha im Sinne von D.J.J. KINSMAN1966, fig. 1 ) ,a) Lagunensabkha,b) Salzwannensabkha,

    2) Flachwasserevaporite (diese Gefügetypen wurden bereitsfrüher kurz erwähnet) .

    B) Sekundäre Gefüge1) Schollengips2) Schlierengips

    Nach der typischen KüstensabkhaabfoIge handelt es sich um Knol-lengipse ("nodular"- und "chicken-wire"-Gipse; Phototaf. 1,Fig. 4 ) , Gips- bzw. Anhydritporphyroblasten nach dolomitischemAltbestand (Phototaf. 1, Fig. 3; Phototaf. 2, Fig. 2-4), zwickel-füllende Gipskristalle innerhalb einer dolomitisierten Kalkab-folge (Phototaf. 2, Fig. 1) und bioturbate Dolomite, die schonz.T. durch Gips verdrängt wurden, wobei aber die Wühlgefügeerhalten blieben (Phototaf. 1, Fig. 2 ) .Unter den Flachwasserevaporittypen treten helle laminierte Dolo-mite, helle Dolomite, die mit einer Mächtigkeit von 2-5 cm mitGipsen wechsellagern, und Dolomitaugen von ca. 3 cm Größe, diein feinstgeschichtetem Gips schwimmen, auf (Phototaf. 1, Fig.1, 5 ) . Weitere primäre Typen dieser Lagerstätten sind Krümel-gipse, aus durch eisenreiche Karbonate durchsetzten und daherrotgefärbten fleckigen Gipsen bestehend (Phototaf. 3, Fig. 5 ) ,feinstschichtige Gipse, die eine Wechsellagerung verschiedengefärbter Gipse mit Lagenabständen zwischen wenigen mm und 1 cm(z.B. 9 Lagen auf 1.5 cm) aufweisen, und einzelne feine undzerrissene Mergellagen führen. Schließlich zählen auch dieLagengipse hierher, bei denen die Lagen aus Gips mit (mikrosko-

    239

  • pisch feinen) eisenreichen Karbonatporphyroblasten aufgebautwerden (Phototaf. 3, Fig. 1 )..Unter den sekundären Gefügetypen fallen besonders die Schollen-und Schlierengipse auf. Bei der zuerst genannten Art handeltes sich um stark tektonisierte (d.h. zuerst gefaltete und dannzerbrochene)Gipse, deren Faltenfragmente infolge der hohen Mobi-lität des Gipses wieder verschweißt wurden (Phototaf. 3, Fig. 2),Die Schlierengipse stellen im Gegensatz dazu offenbar wenigertektonisch beanspruchte, d.h. in sich zwar stark gefaltete,aber nicht oder kaum zerrissene Schlieren innerhalb anderstexturierter Gipse dar. Diese Schlierengipse können schwarze,eckige Dolomitbruchstücke führen (Phototaf. 3, Fig. 3, 4).

    Die primären und sekundären Gefügetypen wurden auch durchlicht-mikroskopisch erfaßt.

    An Mikrogefügen entsprechend der von R. LANGBEIN (1979: 924)vorgeschlagenen Klassifikation konnten tafelig-leistenförmige,schichtungsparallele, gestört-sperrige, normal-fibröse, büsche-lige , amöboide und kristalloblastische Wachstumsformen nachge-wiesen werden (siehe Abb. 8).

    Instenfa

    UjffUg

    isometrisch

    kristalUsbkistGcri

    Abb. 8:Schema zur Klassifizierung und Nomenklatur von Anhydrit-Mikro-gefügen nach R. LANGBEIN, 1979.

    In zwei Richtungen wachsende Leistchen (Phototaf. 5, Fig. 2)stellen einen neuen, bisher nicht beschriebenen Typus dar. Unterdem leistenförmig-tafeligen Typus wäre als weiterer neuer Typnoch eine garbenförmige Art anzuführen (Abb. 9). Die verschie-denen Typen sind aus den Tafeln 4-14 bzw. den Erläuterungendazu zu entnehmen.

    290

  • In den auf LF-Gefügen zurück-gehenden Hohlräumen kristalli-sierte Anhydrit (jetzt in Gipsumgewandelt) aus. Im Zuge derGipsbildung wurden die Hohl-räume auf Kosten des angren-zenden Dolomits etwas erweitert. LF-Hohlräume von Gips ausgefüllt

    feinkörniger Gips-Saum

    AnhydritPorphyroblasten

    grobkörnigesDolomitgranulat

    Anhydrit nach Ooiden

    Anhydrit verdrängt nicht nurden Kern der Ooide, sonderngreift auf die einzelnenSchalen über, urn schließlichein ganzes Ooid unter Wahrungder Korngestalt zu verdrängen

    rfstrahlig aufsprossende Gipskristalle

    Aufsprossen von Anhydritporphy-roblasten in den von der Dolo-mitisierung erfaßten subtidalenKalken. Einmal in Form vongroßen Einzelkristallen, zumanderen in Form von Anhydrit-garben

    Abb. 9

    Büschelig-strahlig, sehrjung aufsprossende Gips-kristalle, z.T. an Schicht-flächen aufwachsend.

    291

  • Minerogenetischer Ablauf der Evaporitabfolge

    1)Es ließ sich eindeutig nachweisen, daß Raibler Tonsteine (jetzt:Tonschiefer) und Sandsteine das Liegende der Karbonat-Evaporit-Folge darstellen und im Zuge der alpidischen Gebirgsbildungin das sich bereits diapirisch verhaltende Salinar gelangten.Die gleiche tektonische Geschichte haben z.T. auch die Peloid-kalke und Oolithe erfahren. Im Gegensatz dazu sind andereOolithe und Peloidkalke in Verbindung mit Dolomiten (mit LF-Gefügen) weder vom Diapirismus, noch von anderen tektonischenEreignissen in einer solchen VJeise erfaßt worden, daß sie indie Salinarablagerungen verschleppt werden konnten. DieseGesteine bilden vielmehr heute noch das Liegende der Flachwas-serevaporite.

    2)Die Küstensabkha-Entwicklung begann mit einer frühdiagenetischenDolomitisierung der oben genannten Kalke in Form einer erhal-tenden Metasomatose im Sinne von RAGUIN (1958). Die Dolomiti-sierung griff, wie dies auch aus der Abb. 6 ersichtlich ist,weit in die unterlagernden marinen Kalke (des subtidalenBereiches) hinab. Bei der fast gleichzeitigen Bildung von Anhy-drit- oder Gipsknollen (chicken wire) kam es zu einer weitgehen-den Gefügezerstörung. Die einzelnen Knollenlagen erreichtendabei eine Mächtigkeit von höchstens 20 cm, wobei eine Abfolgevon Sulfatknollen und zwischengeschalteten Dolomiten bis zu3 m erreichen kann.Am besten ist die Bildung von Anhydrit als Zwickelfüller inden Hohlräumen der laminierten Fenstergefüge nachzuweisen.Etwas schwieriger erfaßbar sind die in Intergranularen abge-setzten Anhydrite, weil diese nicht nur die erwähnten Kohlräumefüllen, sondern von diesen aus auch den umgebenden Dolomit teil-weise verdrängen. Diese Bildungen leiten bereits zu den eigent-lichen Sulfatmetasomatosen über, welche größere Räume erfaßten.Die eben erwähnte Sulfatmetasomatose setzte im wesentlichen,entsprechend den vorgegebenen Wegsamkeiten, den frühgenetischgebildeten DolomiJ, im speziellen Fall die Ooide (siehe Abb. 9)um. Alle bisher festgestellten dolomitisierten Bereiche wurdenauch von der Sulfatmetasomatose erfaßt. Der Anhydrit lag dabeizumindest ursprünglich in idioblastischer, teilweise in isome-trischer Form vor. Die garbenförmige Ausbildung stellt eineSonderform der Idioblastesé dar. Mit einem deutlichen zeitli-chen Hiatus folgte in der Entwicklung der Küstensabkha eineVergipsung, d.h. ein Umsatz des vorbestandenen Anhydrits undeine teilweise Verdrängung des Dolomits. Auch die Vergipsungerfaßte den gesamten obertägig aufgeschlossenen karbonatischen(und sulfatischen) Schichtstoß.

    3)Die Entwicklung der Flachwasserevaporite begann, wie schon obenerwähnt, im Liegenden mit durchgehenden Karbonatlagen. Auchinnerhalb der sulfatischen Evaporitabfolge treten dunkle, fein-körnige, bituminöse Dolomitlagen auf, die zwar im Zuge desspäteren Diapirismus boudiniert wurden, aber ihre Lagenkonstanzbeibehalten konnten.

    292

  • Abgesehen' von den t durchgehenden Karbonatlagen gibt es inreinen Sulfatgesteinen Karbonatidioblasten, die aufgrund VOJIAnhydriteinschlüssen als nach diesem Anhydrit, möglicherweiseaber noch vordiapirisch gebildet angesehen werden müssen. EinTeil dieser Karbonatidioblasten ist zonar aufgebaut und stelltaufgrund der Kornformen Pseudomorphosen nach Anhydrit des"würfeligen" Typus dar. Die nicht zonaren Karbonate unterschei-den sich von dem eben beschriebenen Typ durch ihre spindeligeForm und ihre weitgehende Einschlußfreiheit. Sie erinnern anGipsblasten, wie sie P.H. MASSON (1955) beschrieb.Der Anhydrit stellt ein kristalloblastisches Gefüge mit hyp-idiomorphen bis idiomorphen Körnern dar, dessen Komponenteneine Regelung andeuten. Nach Deutungen von R. LANGBEIN (1979)könnte es sich um sekundäre, durch Dehydration aus Gips ent-standene, Anhydrite handeln.Als Besonderheit konnten vereinzelt zonare, völlig isolierteAnhydritidioblasten festgestellt werden.Auch diese Anhydrite unterliegen einer späteren Vergipsung,die in den meisten Fällen von den Spaltrissen ausgeht. MancheAnhydritblasten wurden vollständig durch leistenförmigen Gipspseudomorphosiert.

    4)Unter den oben angeführten mit den Evaporiten aufgedrungenensiliciklastischen Gesteinen der Raibler Schichten herrschenTonsteine und mergelige Gesteine bei weitem vor. Sandsteinesind dabei nur selten vorhanden. Dies erscheint deshalb durch-aus verständlich, weil Sandsteine von vorneherein nur ingeringerem Ausmaß am Aufbau der Raibler Schichten beteiligtsind, und zudem ein Großteil der unterlagernden Raibler Schich-ten tektonisch amputiert, wurde (z.B. fehlt im Profil derLüner Krinne der gesamte untere Teil der Raibler Schichten).

    Schwieriger ist es, den Anteil der außerhalb der Evaporite ent-standenen Karbonatgesteine, die vom Diapirismus erfaßt wurden,abzuschätzen. Sicher können die dunklen bituminösen Dolomitla-gen bzw. -boudins dem Salinarzyklus zugezählt werden, währenddie ostracodenführenden Dolomikrite und Oolithe eher den unter-lagernden Raibler Karbonatgesteinen angehören dürften.

    Die Umsetzung der Karbonatgesteine in Sulfate ging zunächstvon vorgegebenen mechanischen Schwachstellen aus. Dabei kam' esin der Folge neben der mechanischen Verdrängung auch zu meta-somatischen Umsetzungen, die z.T. bis zu einer völligen Auflö-sung des ursprünglichen Gefüges führ-ten. Reliktische Dolomit-granulate, reich an Pigmenten, wirkten als Ansatzpunkte füreine fleckenhafte Sammelkristallisation und für die Neuspros-sung von Karbonatporphyroblasten.

    Im Gegensatz zu den Karbonatgesteinen konnten metasomatischeErscheinungen bei den siliciklastischen Komponenten nur seltenfestgestellt werden. Hierher gehört z.B. die Bildung von Opal(Phototaf. 13, Fig. 1, 2). Bei den feinkörnigen Gesteins.vari-anten (d.h. bei den Tonsteinen und mergeligen Gesteinen) bewirk-te der Diapirismus nur eine Zurundung der Gesteinsfragmenteund eine weitere mchenische Zerkleinerung längs des flächigenGefüges.

    293

  • Kar

    nisc

    he G

    ipse

    des

    Mon

    taf o

    n

    H2O~(4O°)

    xH2O(25O°)

    O02 (1000°)

    S03

    CaO

    MgO

    unlsl. R̂

    O-.

    SiO2

    lsl.Fe2O3

    G 21

    0.11

    17.80

    4.47

    40.30

    32.81

    0.81

    1.07

    2.26

    0.16

    99.79

    G 22

    0.11

    19.14

    2.74

    43-61

    32.65

    1.01

    0.34

    0.16

    0.04

    99.76

    G 23

    0.26

    13.22

    4.50

    30.25

    26.08

    0.60

    17.15

    5.83

    1.72

    99.61

    G 24

    0.09

    18.16

    1.64

    46.00

    33.20

    0.81

    0.17

    0.06

    0.04

    100.17

    G 25

    0.13

    16.18

    8.89

    38.19

    32.78

    3.63

    0.24

    0.17

    0.04

    100.25

    G 26

    0.11

    18.92

    2.19

    42.62

    31.41

    .0.91

    2.78

    1.04

    0.28

    100.26

    G 27

    0.30

    19.25

    1.52

    44.50

    33.19

    0.40

    0.53

    0.02

    99.71

    G 28

    0.25

    17.64

    3.54

    40.89

    30.68

    1.81

    3.23

    1.86

    0.18

    100.08

    G 29

    0.19

    8.10

    26.47

    19.35

    15.00

    23.18

    4.34

    2.02

    1.23

    99.88

    G 32

    0.40

    10.91

    10.09

    38.89

    34.05

    4.33

    0.06

    1.14

    99.87

    G 33

    0.65

    18.01

    2.32

    44.16

    33.55

    0.30

    0.13

    0.85

    0.06

    100.03

    G 36

    0.73

    16.05

    6.15

    39.36

    31.25

    3.03

    1.63

    1.55

    0.04

    99.79

    G 37

    0.57

    18.06

    2.38

    43.85

    33.10

    0.50

    0.12

    0.86

    0.08

    99.52

    Gi23

    0.40

    18.12

    2.67

    44.57

    33.35

    0.91

    0.58

    0.10

    0.14

    100.84

    Gi25

    0.29

    18.84

    2.59

    43.65

    33.50

    0.30

    0.70

    0.03

    0.12

    99.72

    Gi26

    0.41

    18.31

    2.65

    43.53

    33.50

    0.30

    0.86

    0.09

    0.12

    99.77

    Gi27

    0.36

    17.50

    3.57

    42.17

    33.25

    0.61

    1.60

    0.55

    0.26

    99.87

    Ob

    erp

    erm

    isch

    er

    Gip

    s vo

    n K

    uchl

    b

    ei

    Sal

    zbu

    rg

    20

    .8

    45

    . 4

    31

    .8

    MgO

    0

    .8

    SiO

    2 1

    .7

    (nach W. & W.E. PETRASCHECK 1950: 260)

    Oberpermischer Anhydrit von Wienern am Grundlsee

    H2°

    so3

    CaO

    CaSO4

    CaSO4

    MgCO3

    CaCO.

    8.82

    73.19

    5.44

    2.29

    (15 Proben)

    (modifiziert nach J.G. HADITSCH 1968: 62)

    Tabelle 3

  • Gips

    M Anhydrit

    0 S Karbonat

    Gew.-%

    CaC03

    MgCO3

    Mol.

    -%

    CaCD3

    MgGO3

    G 21

    84.5 1.5

    14.0

    82.93

    17.07

    80.4

    19.6

    G 22

    91.2 2.4

    6.4

    63.68

    36.32

    59.7

    40.3

    G 23

    78.9 2.4

    18.7

    87.36

    12.64

    85.3

    14.7

    G 24

    84.7

    11.9 3.4

    50.15

    49.85

    45.9

    54.1

    G 25

    76.7

    4.8

    18.5

    58.75

    41.25

    54.5

    45.5

    G 26

    93.9 1.3

    4.8

    58.19

    41 .81

    54.0

    46.0

    G 27

    91.9 3.8

    4.3

    74.85

    25.15

    71.4

    28.6

    G 28

    88.3 3.8

    7.9

    49.25

    50.75

    45.0

    55.0

    G 29

    21.5 2..1

    70.4 4.90

    95.10

    4.2

    95.8

    G 32

    49.9

    30.2

    19.9

    57.31

    42.69

    53.1

    46.9

    G 33

    83.6 8.7

    7.7

    88.63

    11.37

    86.79

    13.21

    G 36

    78.5 8.3

    13.2

    50.74

    49.26

    46.4

    53.6

    G 37

    84.9 8.0

    7.1

    30.61

    19.39

    77.8

    22.2

    Gi23

    84.5 9.1

    6.4

    66.20

    33.80

    62.3

    37.7

    Gi25

    87.6 3.7

    8.7.

    89.91

    10.19

    88.1

    11.9

    Gi26

    85.1 6.0

    8.9

    89.98

    10.02

    88.3

    11.7

    Gi27

    82.0

    6.9

    11.1

    83.99

    16.01

    81.5

    18.5

    Tabelle

    4

    Gips/Anhydrit/Karbonat-Verhältnis

    und

    Zusammensetzung

    der

    Karbonate

  • Die bonigen Komponenten dienen als Unterlage für die Ausbildungorientiert gewachsener Gipssäume.

    5)Zu den rezenten bis subrezenten Bildungen zählen randständigin Kleinhöhlen aufgewachsene Gipse, Gips- und Karbonataushei-lungen von Klüften und büschelig-fibröse Gipse in den Sabkha-bildungen.

    Chemische Untersuchung ausgewählter Evaporitproben

    Von allen Gipslagerstätten des Montafons mit Ausnahme des ausden verschiedensten Gründen nicht weiter in Betracht zu ziehen-den Vorkommens auf dem Montafoner Jöchle wurden Handprobengezogen und einer chemischen und röntgenographischen Analyseunterworfen. Die Probenahmepunkte sind der Tafel 2 zu ent-nehmen.

    Die chemische Analyse ergab die in der Tabelle 3 aufgelistetenWerte. Vergleicht man die Analysen der Montafoner Gipse mitder des ostalpinen "Normgipses" von Kuchl bei Salzburg, sofällt auf, daß jene in der Regel weniger Kristallwasser zeigen,was auf eine stärkere Anhydritführung hindeutet.

    Berechnet man aus den vorliegenden Analysen das Gips/Anhydrit/Karbonat-Verhältnis, wie dies für die Bewertung derartigerRohstoffe üblich ist, so ergibt sich das Bild der Tabelle 4bzw. der Abb. 10, aus welchen Darstellungen erkenntlich ist,daß es sich bei einem Großteil der Montafoner Evaporite umsolche von über 80 Mol.-% Gips handelt.

    Zur Feststellung der Art des Magnesiaträgers wurden aus denAnalysen auch die gewichtsmäßigen Anteile bzw. Mol.-% desCaC03 und MgC03 berechnet, wie dies in der Tabelle 4 angegebenist. Die graphische Darstellung der Verhältnisse wurde in derAbb. 11 wiedergegeben, der aus der chemischen Analyse berech-nete Mineralbestand findet sich in der Tabelle 5. Aus derzuletzt genannten Tabelle geht hervor, daß in allen Probenallein aufgrund der chemischen Analyse Dolomit vorhanden seinmüßte. Daneben müßte in verschiedenen Proben noch Magnesitbzw. Calcit auftreten.

    Um diesen Befund zu bestätigen, wurden die Proben auch mit demRöntgendiffraktometer untersucht. Diese röntgenographischeBearbeitung ergab eindeutig, daß in etlichen Proben kein Dolo-mit vorhanden war, und die auf den ersten Blick überraschendeErkenntnis, daß Magnesit neben Calcit auftreten kann. DieserBefund kann damit erklärt werden, daß zumindest der Magnesitprimär mit der Sulfatabscheidung zusammenhängt. Auch für jeneFälle, in denen keine Magnesitbildung nachgewiesen werden konnte,kann mit einer synsedimentären Dolomitgenese gerechnet werden.Der Calcit kann, wie dies auch F.J. LUCIA (1972) zeigt, aufeine epigenetische Calcirisierung bezogen werden.

    Für jene Fälle, in denen zwar aus der chemischen Analyse Dolo-mit resultierte (z.B. Proben G 23, Gi 23, Gi 25), die aber

    296

  • Abbildung 10 Karbonat

    Gips Anhydrit

    MagnesitAbbildung 11

    Dolomit CalcitG32G26G

    297

  • röntgenographisch keine Magnesiaträger zeigten, muß mit einerVerschleppung dolomitischen Materials im Zuge des Diapirismusgerechnet werden. Analoges trifft auch höchstwahrscheinlichfür die Proben G 25 und G 26 zu, die nach der chemischen Ana-lyse Kalkspat enthalten müßten, der sich aber röntgenographischnicht identifizieren ließ (Tabelle 5). Grundsätzlich ist einederartige auf den Diapirismus zurückgehende Verschleppung vonKalken denkbar, weil die Raibler Schichten außerhalb der Sabkha-entwicklung reich an kalkigen Sedimenten sind.

    Zehn Gipsproben wurden zum Zweck einer röntgenographischen Ton-mineralbestimmung in der bekannten Art aufbereitet. Lediglichzwei Proben zeigten im Texturpräparat geringe Mengen vonChlorit und Illit. Dieser Befund stimmt völlig mit den Ergeb-nissen der Untersuchungen von S. BERTHA (1979) an RaiblerGesteinen des Montafons bzw. von G. PETRIDIS (1978) an gleichenGesteinen des Klostertales überein.

    Mineralbestand

    Probe ~̂ -̂ .

    Lüner G 21Krinne G 22

    G 23

    Gips- G 24köpfle G 25

    G 26

    E Gips- G 28köpfle

    Vilifau- G 29Alpe G 36

    Sack- G 32tobel G 33

    Wetter- Gi23boden Gi25

    GÌ27

    aus chemischer Analyseberechnet

    Magnesit

    +

    +

    ++

    Dolomit

    +++

    +++

    +

    ++

    ++

    ++

    Calcit

    +++

    ++

    ++

    +++

    röntgenographischnachgewiesen

    Magnesit

    ++

    +

    +

    ++

    Dolomit

    ++

    ++

    +

    Calcit

    +

    +

    +

    +++

    Tabelle 5

    Schlußfolgerungen und Empfehlungen

    Aufgrund der gegenwärtigen und prognostizierten Marktsituationkommt den Evaporitlagerstätten Österreichs und in besonderemMaß den Verkehrs- und wirtschaftsgeographisch günstig gelegenen.Gipsvorkommen eine besondere Bedeutung zu. Unter diesen Gesichts-punkten wurden die Evaporitlagerstätten des Montafons, überwelche bisher jegliche geowissenschaftlichen Studien fehlten,untersucht. .

    293

  • Unter Berücksichtigung der derzeit an derartige Lagerstättenzu stellenden Anforderungen können nach der nunmehr vorliegen-den ersten, orientierenden Untersuchung die Vorkommen im oberenRellstal, namentlich die des Gipsköpfles, der Vilifau-Alpe unddes Sacktobeis für eine weitere Erkundung empfohlen werden.Künftige geowissenschaftliche Arbeiten hätten vor allem eineFeststellung der Lagerstättenform und der Qualität des Lager-stätteninhalts (über eine Verdichtung des Probenahmenetzes),eine Bestimmung der Mächtigkeit und Form des Gipshutes und eineVorratsberechnung zur Aufgabe. An die Geotechnik stellt sichvor allem die Frage nach der Gestaltung eines umweltschonendenAbbaues in einem landschaftlich reizvollen und daher schutzwür-digen Gebiet.

    Sieht man von wenigen, die heimischen Steinsalzlagerstättenbetreffenden Arbeiten ab, so fehlen bisher eingehende petro-graphische Abhandlungen unserer Salinarvorkommen. Wie die nun-mehr vorliegende Arbeit zeigt, sind derartige Studien auchdurchaus' geeignet, wichtige Hinweise auf die Genese, Tektonikund Paläogeographie zu geben. Es erscheint daher auch in diesemZusammenhang sinnvoll, eine umfassende petrographisch-geochemi-sche Untersuchung der ostalpinen Evaporitvorkommen anzuregen.

    Danksagung

    Die vorliegende Arbeit wurde im Rahmen des Projektes Nr. 2145des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung(Minerallagerstätten im Montafon) durchgeführt. Der förderndenInstitution sei für die Bereitstellung der finanziellen Mittelfür die Sach- und Geländekosten bestens' gedankt.Für einen Druckkostenzuschuß sei dem Amt der VorarlbergerLandesregierung der Dank ausgesprochen.

    299

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    301

  • Tafelerläuterungen

    Phototafel 1

    (außer Fig. 1, 5 alles Original-Dünnschliffgroße, der Rest =1/3 der Handstückgröße)

    Fig. 1, 5 "Dolomitaugen" schwimmen im geschichteten, z.T.schon entschichteten Gips; die Proben stammenaus Eindampfungswannen.

    Fig. 2 Gips, alternierend mit schwarzen Dolomitlagen;ein Teil des Gipses wächst auf Kosten desDolomitaltbestandes, wobei die Grabgänge desehemaligen Dolomits noch erhalten gebliebensind (Grabgänge siehe links oben).

    Fig. 3 Laminierter poröser Dolomit; die hellgrauenbis nahezu weißen Areale bestehen aus Anhydrit-bzw. Gipsporphyroblasten; sie sind zumindestz.T. auf Kosten des dolomitischen Altbestandesgewachsen.

    Fig. 4 Knollengipse aus dem Sabkhabereich die Knollenim Hangenden der Dolomitlage (schwarz) sindetwas deformiert.

    Phototafel 2

    (alles Original-Dünnschliffgröße)

    Fig. 1 Zwickelfüllende Gips- bzw. Anhydritkristalleim laminierten Dolomit.

    Fig. 2 Anhydritporphyroblasten im laminierten Dolo-mit, quer aufsprossend; der Rand der sehrgroßen Anhydritidioblasten ist stets in einfeinkörniges Gemenge, aus Gips bestehend, umge-setzt.

    Fig'. 3-4 Anhydrit verdrängt, zum Teil von vorgegebenenHohlräumen ausgehend, den Dolomit; bis zu 40%werden von Anhydrit bzw. von Gips eingenommen.

    Phototafel 3

    (alles Handstücke, 1/3 der natürlichen Größe)

    Fig. 1 Lagengipse: die unterschiedliche Färbung derLagen ergibt sich aus einem Wechsel von sehrreinen, völlig weißen Gipslagen und solchen,die eisenreiche Karbonatporphyroblasten führen.

    Fig. 2 Schollengips: gefaltete bzw. zerscherte undzerbrochene Gipse, die infolge der hohen Mobili-tät wieder miteinander verschweißt wurden,wodurch der ursprünglichebrecciöse Charaktersehr stark verwischt wird.

    Fig. 3, 4 Schlierengips: stark gefalteter bis gefältel-ter Gips, dessen Lagen in einem rekristalli-sierten Gipsgranulat als Schlieren erhaltensind.

    Fig. 5 Krümelgips: rotfleckige krümelige Gipse, in

    302

  • Phototafel 4

    Fig. 1

    Fig. 2

    Fig. 3

    Fig. 4

    Phototafel 5

    Fig. 1

    Fig. 2

    Fig. 3

    Fig. .4

    Phototafel 6

    Fig. 1

    Fig. 2

    Fig. 3

    Fig. 4

    Phototafel 7

    Fig. 1

    denen kleine, regellos verteilte Gipspartienauftreten (helle Flecken = reiner Gips, dunkleFlecken = Gipse, etwas karbonatführend) .

    Gestört-sperriges Gefüge mit wolkiger Aggregat-bildung. (Probe G 26); + Pol.; 28,7 x; Gips-köpf le.Gipsschwaden (z.T. gestört-sperrig) mit Karbo-natblasten, über größere Bereiche polykristal-line Aggregatbildung. (Probe Gi 27); + Pol.;2 8,7 x; Wetterboden.Gewebestruktur (normal-fibrös) mit Klüftenverschiedenen Alters. Klüfte diskordant ineiner Richtung. (Probe LK 8); + Pol.; 24 x;Lüner Krinne.Schlieriger Gips ohne erkenntliche Kornregelung,ungefähr gleichkörnig. (Probe G 27); + Pol.;28,7 x; E Gipsköpfle.

    Schwach geregeltes Bändergefüge aus Gips.(Probe G 27); + Pol.; 28,7 x; E Gipsköpfle.Schilfige Gipsaggregate mit nach zwei Richtun-gen entwickelten Leistchen. (Probe G 27);+ Pol.; 28,7 x; E Gipsköpfle.Jüngere amöboide Wolken von Gipsaggregaten inkaum geregelter Gipsmatrix. (Probe G 33);+ Pol.; 28,7 x; Sacktobel.Grobes Anhyd