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Ein disaggregiertes Prognosesystem für die BRD. 1. Die Staatssektoren by W. Frerichs Review by: Frank Klanberg FinanzArchiv / Public Finance Analysis, New Series, Bd. 35, H. 3 (1977), pp. 561-563 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40911347 . Accessed: 11/06/2014 11:56 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to FinanzArchiv / Public Finance Analysis. http://www.jstor.org This content downloaded from 195.34.79.92 on Wed, 11 Jun 2014 11:56:29 AM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Ein disaggregiertes Prognosesystem für die BRD. 1. Die Staatssektorenby W. Frerichs

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Ein disaggregiertes Prognosesystem für die BRD. 1. Die Staatssektoren by W. FrerichsReview by: Frank KlanbergFinanzArchiv / Public Finance Analysis, New Series, Bd. 35, H. 3 (1977), pp. 561-563Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40911347 .

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Besprechungen 561

Henry M. Peskin und Eugene P. Seskin (Eds.): Cost-Benefit Analysis and Water Pollution Policy. Washington 1975. XII, 370 Seiten. Im September 1973 veranstaltete das Amt fur Umweltschutz der USA (,,En-

vironmental Protection Agency'*) ein Symposium, auf dem die Eignung der Ko- sten-Nutzen- Analyse (KNA) fur die Abschatzung von MaBnahmen gegen Wasser- verunreinigungen geklart werden sollte. Bestritten wurde diese Tagung von 19 Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen, die mehr oder minder auf diesem Ge- biet arbeiten. Die einzelnen Vortrage und die wichtigsten Diskussionsbeitrage lie- gen nun gedruckt vor.

Das Buch ist in 4 Abschnitte geteilt. Teil 1 und 2 beschaftigen sich mit theo- retischen und anwendungsorientierten Fragen der Nutzen- bzw. Kostenschatzung, Teil 3 mit besonderen Problemen der Einschatzung langerfristiger und irrever- sibler MaBnahmen und Teil 4 mit politischen und institutionellen Fragen. Voran- gestellt ist ein Kapitel, in dem die Herausgeber einen zusammenfassenden tlber- blick geben. Unter den Autoren finden sich auf dem Gebiet der KNA und der Um- weltokonomie wohlbekannte Namen, wie C. Cicchetti, A. Fisher, A. Freeman, S. Hanke, R. Haveman, A. Kneese, J. Krutilla und B. Weisbrod. Ein groBer Teil der Autoren (seit Anfang 1976 auch die Herausgeber) arbeitet bei ,, Resources for the Future", einem angesehenen, unabhangigen, ausMitteln der Ford Foundation finan- zierten Forschungsinstitut in Washington, das sich schwergewichtig mit Umwelt- fragen befaBt.

In den Beitragen finden sich nicht nur Ausfuhrungen zu Fragen der Gewasser- reinhaltung, sondern auch allgemeine Erorterungen zur Theorie der KNA. Kon- zepte der Ermittlung direkter und indirekter Nutzen und Kosten, die Abschatzung langfristiger okologischer Auswirkungen sowie die Rolle der KNA im Planungs- und politischen EntscheidungsprozeB sind einige der behandelten Themenkreise. Es werden auch einige neue theoretische Ansatze vorgestellt wie der ,, option value", Umverteilungsansatze und die hedonistische Wertschatzung. Doch bleiben diese Ausfuhrungen sehr an der Oberflache, ein Mangel, den zumindest Krutilla und Fisher durch den Hinweis auf ihr jungstes Buch (The Economics of Natural Environments, Studies in the Valuation of Commodity and Amenity Resources, The Johns Hop- kins University Press, Baltimore 1975) korrigieren.

Insgesamt bietet diese Schrifb mehr Theorie als Ratschlage fur ihre praktische Anwendung. Zur Kernfrage nach der Eignung der KNA fur Probleme des Gewasser- schutzes uberlaBt sie die Antwort meist dem Leser, ohne ihn ausreichend vorzube- reiten. Insofern ist es mehr ein Buch, das einen befriedigenden tJberblick iiber den gegenwartigen Stand der Theorie der KNA und ihre speziellen Beziige auf einen wichtigen Bereich der Umweltschutzpolitik bietet. Das ist wertvoll; denn wo die theoretischen Grundlagen nicht stimmen, kann auch die praktische Analyse nicht gelingen. In diesem Zusammenhang hatte man sich allerdings mehr Hinweise dar- auf gewiinscht, wie die Analysen verbessert werden konnten, wo die typischen und immer wiederkehrenden Fehler liegen und welche charakteristischen Kosten- und Nutzenstrukturen sich heute aufgrund der jahrzehntelangen nationalen und inter- nationalen Analysetatigkeit bei den verschiedenen wasserwirtschaftlichen MaB- nahmen abzeichnen. Wenn heute eine Kosten-Nutzen- Analyse der Kosten-Nutzen- Analyse vorgenommen werden konnte, dann am ehesten auf diesem Gebiet. Inso- fern bringt auch der verdienstvolle Beitrag von Tihansky, der sich kritisch mit 60 aus 200 angefertigten KNA auseinandersetzt, noch zu wenig.

lialph, Uanter

W. Frerichs: Ein disaggregiertes Prognosesystem fur dieBRD. 1. DieStaats- sektoren. Verlag Anton Hain. Meisenheim am Glan 1975. 272 Seiten. In der Bundesrepublik Deutschland ist dies der erste umfassende Versuch, Ver-

haltensgleichungen der staatlichen Sektoren aus einer okonomischen Theorie der staatlichen Aktivitaten abzuleiten und okonometrisch zu schatzen. Das entwickelte

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Modell des Staatssektors ist als Teil des groBen Bonner Prognosemodells (des Krelle- Modells) konzipiert, das nach Umfang und Komplexitatsgrad immer mehr in Dimen- sionen des amerikanischen Brookings-Modells hineinwachst.

Der Grundgedanke dieser Arbeit besteht darin, daB der Staat seinen Nutzen bei der Aufteilung seines Anteils am Bruttosozialprodukt auf die einzelnen Funk- tionsbereiche maximiert. Frerichs diskutiert zwei mogliche inhaltliche Interpreta- tionen der postulierten Nutzenfunktion des Staates, den sozialen Wohlfahrtsansatz und den Ansatz der Neuen Politischen Okonomie. Letzten Endes scheint dem Autor aber die mit der Sozialen- Wohlfahrts-Hypothese verbundene Leitvorstellung vom Wesen des Staates als ,,Big Brother" nicht recht geheuer zu sein, denn nach relativ kurzen Bemerkungen zu diesem Thema gehort seine ganze Sympathie einer Inter- pretation im Sinne der Theorie der ,,Public Choice". Der Staat, vermutlich identi- fizierbar als die jeweilige Bundesregierung, laBt sich demnach von den gleichen Handlungsmotiven leiten wie ein privates Individuum als Teilnehmer am Markt- prozeB. Um es mit einem Bild James M. Buchanans zu sagen: ,,Governments, even more than ordinary mortals, are delighted by smiles and fearful of screams".

Die eigentliche Leistung des Autors liegt darin, den Optimierungsansatz in sehr geschickterWeise mit empirischem Inhalt gefiillt zu haben. Zunachst geht es um die Lokalisierung derjenigen EinfluBfaktoren, welche die Prioritaten des staat- lichen Einnahme- und Ausgabeverhaltens langfristig und standig bestimmen. Unterschieden werden sieben Faktoren aus den Bereichen Bevolkerungsentwicklung, wirtschaftliche Lage und technischer Entwicklungsstand (gemessen am Grad der Motorisierung).

Die zur Konkretisierung der kontinuierlich wirkenden EinfluBfaktoren be- nutzten Indikatoren erscheinen plausibel und vertretbar. Problematisch ist aller- dings der Indikator der Bevolkerungskonzentration ,,Anzahl der Personen in der BRD in Gemeinden iiber 20000 Einwohner", der infolge institutioneller MaBnahmen (Gebietsreform) variieren kann, ohne daB sich sachlich irgend etwas andert.

Zu den nur temporar wirksamen Faktoren gehoren in erster Linie die Termine von Bundestagswahlen sowie der ,,Strukturbruch" des Jahres 1960, das heiBt der tJbergang von der Aufbauphase der 50er Jahre zur Ausbauphase danach. So ver- lockend diese Idee auch ist, so erscheint es mir doch fraglich, ob man das bekannte ,,Wir sind wieder wer"-Syndrom der friihen 60er Jahre in einem einfachen Dummy- Variablen- Ansatz einfangen kann. Zumindest hatte einmal gepriift werden miissen, wie sich eine Verlagerung des Strukturbruches in andere Jahre okonometrisch aus- wirkt.

Im zweiten Teil des Buches werden technisch-okonometrische Probleme be- handelt sowie ein Uberblick iiber die erzielten Ergebnisse gegeben. In dieser sehr sorgfaltigen Analyse ist besonders das ingeniose Verfahren zur Umgehung der Multi- kollinearitatsprobleme bemerkenswert, wobei die kontinuierlich wirkenden EinfluB- faktoren (auBer der Konjunkturlage) zu einem einzigen Bedarfsindex zusammen- gezogen werden. Ohne diesen rein technischen Einfall ware es vermutlich sehr viel schwieriger gewesen, die Analyse in sinnvollerWeise fortzufuhren.

Die Phanomene, die in den empirisch geschatzten Koeffizienten ihren Nieder- schlag finden, werden im groBen und ganzen gut herausgearbeitet. Freilich gibt es auch einige Falle, wo die Interpretation des Autors etwas auf Irrwege gerat. Ein Beispiel dafiir ist die Funktion fur die direkten Steuern der Lohnbezieher. Diese fuhrt zu einer Elastizitat der Lohnsteuer in bezug auf die Bruttolohnsumme von 1.577 ab 1960 und von 0.592 fur die Jahre 1954 bis 1959. Frerichs halt den letzten Wert fur unerklarlich und meint, nach einem anderen Ansatz suchen zu miissen (S. 151). Der Wert von 0.592 fur den genannten Zeitraum ist aber keineswegs so unplausibel, wenn man sich an die Steuergesetze der damaligen Zeit erinnert. Man kann dies recht gut aus einer Tabelle im Sozialbericht 1973 (Tabelle 1-9, S. 141) entnehmen, aus der hervorgeht, daB Lohnsteuerabzuge bei Durchschnittsverdien- sten zwischen 1955 und 1959 gesunken und ab 1960 kontinuierlich gestiegen sind. Der ,,Strukturbruch" besteht hier also schlicht in einer Anderung der institutionellen Regelungen, verbunden mit einer zu vermutenden Anderung in der Einkommens- schichtung. Doch immerhin: Das Beispiel zeigt, wieviel interessante Information

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verlorengehen kann, wenn man in Modellen mit Durchschnittssteuersatzen iiber langere Zeitraume arbeitet.

Der zweite Fall betrifft die Feststellung, der Anteil der Transferzahlungen der Sozialversicherungen an private Haushalte am Bruttosozialprodukt erhohe sich in Bundestagswahl jahren und dem jeweils unmittelbar folgenden Jahr relativ zu den anderen Jahren. Erklart wird dieser Befund mit der Bemerkung, ein GroBteil von ,,Wahlgeschenken und -versprechen" schlage sich im Bereich der sozialen Sicherung nieder. Nun hat es in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland einschnei- dende Anderungen im System der Rentenversicherung bisher erst zweimal gegeben, 1957 und 1972, vielleicht keinesfalls zufallig in Jahren der Adenauer- bzw. Brandt- Wahlen. Die Zuwachsraten der Ausgaben der Sozialversicherung zeigen in diesen Jahren ausgepragte Maxima. Fur die Bundestagswahlen zwischen 1961 und 1969 ist die angefuhrte Erklarungshypothese aber offensichtlich nicht ganz zutreffend. Entweder ist der behauptete EinfluB ganz schwach oder er verkehrt sich ins Gegen- teil. Man sieht dies auch in der graphischen Darstellung des Anteils der Transfer- zahlungen der Sozialversicherung am Sozialprodukt in Abhangigkeit von der Zeit (S. 253), wo das Maximum im Jahre 1967, also genau zwischen zwei Bundestags- wahlen, liegt, und zwar aus leicht einsehbaren konjunkturellen Griinden. Insgesamt kann man vielleicht anmerken, daB Regressionsansatze mit Dummy-Variablen kein Substitut fur Kenntnis der Vergangenheit sind.

Derartige kritische Einwande vermogen aber den ausgezeichneten Gesamtein- druck der vorliegenden Arbeit kaum zu triiben. Sie ist eine notwendige und langst iiberfallige Arbeit, die die Konstruktion umfassender okonometrischer und wirklich prognosefahiger Modelle voranbringt. Das Buch ist auch auBerordentlich inter- essant; es gibt zu vielfaltigen Reflexionen dariiber AnlaB, wie sich kollektive Be- wuBtseinsanderungen vollziehen, wie sie okonomische Entscheidungen beemfluBen und wie man vorgehen muB, um solche Einfliisse aufzuzeigen. Nicht jeder okono- mische oder okonometrische Text regt zu solchem Nachdenken an.

Frank Klanberg

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