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Ein Fenster zum Hof Das Berliner Zimmer um 1900 15. Februar bis 12. September 2004 Panke-Museum 1 Ein Fenster zum Hof Das Berliner Zimmer um 1900 » Berliner Zimmer nennt man jenes Zimmer in Berliner Wohnhäu- sern, welches sein Licht durch ein Fenster erhält, das an einer der Ecken des rechtwinkligen Raumes sich befindet. Das B. Z. verdankt seine Entstehung der Gestaltung der Bauplätze und dem Wunsche nach größter Ausnutzung des Raumes. Es hat allerdings den Nachteil ungünstig beleuchtet zu sein und eigent- lich nur als Durchgang zwischen den vordern Wohnzimmern und den im Hofflügel liegenden Räumen zu dienen. Man (…) ist aber in Berlin von seiner Anordnung bisher nicht abgegangen, da der große, wenn auch wenig helle Raum eine bessere Aus- nutzung der Grundfläche darstellt als die durch schmale Licht- schachte erhellten Vorzimmer, welche in Wien, Paris, Hamburg und a. a. O. an Stelle des hintern Teiles des B. Z. in eingebauten Wohnhäusern treten. (…) « [Brockhaus Konversations-Lexikon, Leipzig, Berlin und Wien 1892] Die »Erfindung« des Berliner Zimmers Verständnislos reagierte Friedrich Engels während seines Berlin-Aufenthalts 1893 auf die in seinen Augen »schrecklich verbaute« Wohnung seiner Freunde Nathalie und Wilhelm Liebknecht in der Charlottenburger Kantstraße, wobei ihm besonders eines missfiel: »Hier in Berlin hat man das ›Berli- ner Zimmer‹ erfunden mit kaum einer Spur von Fenster, und darin verbringen die Berliner den größten Teil ihrer Zeit.« [Brief an Laura LaFargue vom 18. September 1893] Was der prominente Besucher aus London nicht nachvoll- ziehen konnte, stellte im Berlin der Kaiserzeit die typische Lösung eines architektonischen Problems dar, das bereits im 18. Jahrhundert aufgetreten war. Damals begannen sich die Ansprüche zu ändern, die das Bürgertum an Wohnung und Wohnkultur stellte. Mit wachsendem Selbstbewusstsein begnügte man sich nicht mehr mit Räumen zum Wohnen, Schlafen und Kochen, sondern beanspruchte auch Platz zum Repräsentieren. Da die zumeist als reine Vorderhäuser ausgeführten Wohngebäude in der Berliner Innenstadt eine Vergrößerung der Wohnfläche nur in der Tiefe der schma Ein Fenster zum Hof Das Berliner Zimmer um 1900 Plakat zur gleichnamigen Ausstellung (Ausschnitt) (Museumsverbund Pankow/Antje Wittenberg, 2004) Museumsverbund Pankow

Ein Fenster zum Hof Berliner Zimmer...letzten hier lebenden Heyn-Töchter wurde die Wohnung 1974 als Standort für das Pankower Bezirksarchiv über- ge ben und seitdem in zunehmendem

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EinFensterzumHof

Das Berliner Zimmer um 1900

»Berliner Zimmer nennt man jenes Zimmer in Berliner Wohnhäu-sern, welches sein Licht durch ein Fenster erhält, das an einer der Ecken des rechtwinkligen Raumes sich befindet. Das B. Z. verdankt seine Entstehung der Gestaltung der Bauplätze und dem Wunsche nach größter Ausnutzung des Raumes. Es hat allerdings den Nachteil ungünstig beleuchtet zu sein und eigent-lich nur als Durchgang zwischen den vordern Wohnzimmern und den im Hofflügel liegenden Räumen zu dienen. Man(…)ist aber in Berlin von seiner Anordnung bisher nicht abgegangen, da der große, wenn auch wenig helle Raum eine bessere Aus-nutzung der Grundfläche darstellt als die durch schmale Licht-schachte erhellten Vorzimmer, welche in Wien, Paris, Hamburg und a. a. O. an Stelle des hintern Teiles des B. Z. in eingebauten Wohnhäusern treten.(…)«

[BrockhausKonversations-Lexikon,Leipzig,BerlinundWien1892]

Die »Erfindung« des Berliner Zimmers

VerständnislosreagierteFriedrich EngelswährendseinesBerlin-Aufenthalts1893aufdieinseinenAugen»schrecklichverbaute«WohnungseinerFreundeNathalieundWilhelmLiebknechtinderCharlottenburgerKantstraße,wobeiihmbesonderseinesmissfiel:»HierinBerlinhatmandas›Berli­nerZimmer‹erfundenmitkaumeinerSpurvonFenster,unddarinverbringendieBerlinerdengrößtenTeilihrerZeit.«[BriefanLauraLaFarguevom18.September1893]

WasderprominenteBesucherausLondonnichtnachvoll-ziehenkonnte,stellteimBerlinderKaiserzeitdietypischeLösungeinesarchitektonischenProblemsdar,dasbereitsim18.Jahrhundertaufgetretenwar.DamalsbegannensichdieAnsprüchezuändern,diedasBürgertumanWohnungundWohnkulturstellte.MitwachsendemSelbstbewusstseinbegnügtemansichnichtmehrmitRäumenzumWohnen,SchlafenundKochen,sondernbeanspruchteauchPlatzzumRepräsentieren.DadiezumeistalsreineVorderhäuserausgeführtenWohngebäudeinderBerlinerInnenstadteineVergrößerungderWohnflächenurinderTiefederschma

Ein Fenster zum Hof DasBer l i ne r Z immer um1900 PlakatzurgleichnamigenAusstellung(Ausschnitt)

(MuseumsverbundPankow/AntjeWittenberg,2004)Museumsverbund Pankow

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900 Mit diesem Faltblatt zur Geschichte des Ber­

liner Zimmers beginnt die Herausgabe einer Reihe weiterer Handreichungen, welche die Geschichte des Wohnhauses Heynstraße 8 und seiner Bewohner thematisieren. Die ein­zelnen Ausgaben ergeben ineinandergesteckt eine Sammlung unterschiedlicher Beiträge zu bürgerlichem Leben um 1900 im Berliner Nordosten.

In Kürze erscheinen in dieser Serie Ausgaben zur Geschichte des Bürgerparks Pankow, der Stuhlrohrfabrik Fritz Heyn sowie Flure und Treppenhäuser um 1900.

Impressum

Text: Birgit KirchhöferRedaktion: Bernt RoderGestaltung: Sybille Zerling, BerlinDruck: H & P Druck, Berlin

Schutzgebühr: 0,30 ?

Amt für Kultur und Bildung| Fachbereich Museum|Bezirkliche Geschichtsarbeit – Museumsverbund Pankow

© Bezirksamt Pankow von Berlin

Ausstellung »Bürgerliches Leben um 1900«geöffnet Dienstag, Donnerstag und Sonntag10.00 bis 18.00 UhrInfos unter (030) 4814047 oder (030) 902953917www.kulturamt­pankow.de/stadtteilgeschichte

lenParzellenzuließen,entwickeltensichausdenimHofge-legenenWirtschaftsgebäudenbewohnbareSeitenflügel,dieschließlichandasVorderhausangeschlossenwurden.ZahlreicheArchitekten–daruntersonamhafteBaumeisterwieKarlFriedrichSchinkelundFriedrichAugustStüler–be-schäftigtedieFrage,wiedieseVerbindungaussehenkönnte,damitimAnschlusswinkelkeingänzlichunbelichteterRaumentstünde.Esistnichtüberliefert,werwannalsErsterdiespä-terals»BerlinerZimmer«indieBaugeschichteeingegangenearchitektonischeLösunggefundenhat,sicheristjedoch,dassdiebaulichenVorbilderdafürinSchlossbautenzusuchensind.

Vom Prototyp zur Berliner Standardlösung

Vondenineiner1862erschienenenMustersammlungfürstädti-scheWohngebäudevorgestelltenundmittlerweileerprobtendreiVariantendesBerlinerZimmerssetztesichdervomVor-derhausindenSeitenflügelhineinreichendelangeschmaleRaummitseitlichemEckfensteralsStandardlösungdurch.

ÜberdensoentstandenenWohnungsgrundrissberichtete

Friedrich Engelsinseinemo.a.Brief:»NachvornhinausgehendasEsszimmer(dieguteStube,dienurbeigroßenAnlässenbenutztwird),undderSalon(nochvornehmerundnochseltenerbenutzt),danndie›Berliner‹Spelunke,dahin­tereinfinstererKorridor,einpaarSchlafzimmer,donnantsurlacour[zumHofgelegen]undeineKüche.Unbequemundschrecklichlang,echtberlinerisch(dasheißtbürgerlichberlinerisch):AufmachungundsogarGlanznachaußen,Finsternis,UnbehaglichkeitundschlechteAnordnungnachinnen;diePalastfrontnuralsFassadeundzumWohnendieUnbehaglichkeit.JedenfallsistdasmeinbisherigerEindruck;hoffenwir,dassersichbessert.…«

DochboteinsolcherWohnungsgrundrissauchVorteile.DerBauhistorikerKlaus KürverssiehtdenwesentlichstenVorteildesBerlinerZimmersdarin,»dasseszumhorizonta­lenErschließungssystemeinergesamtenEtagedesHausesimVerbundvonVorderhaus,SeitenflügelundQuergebäudegehört.DieseGrundrissbildungermöglichtes,dieEtagejenachBedarfingroßeoderkleineWohnungenaufzuteilen.«

Entwurflösung 1: BerlinerZimmerquerzurStraßegelegen,vomVor-derhausindenSeitenflügelhinaus-ragend;RathenowerStraße22inMoabit,Baujahr1884

Entwurflösung 2: BerlinerZimmerparallelzurStraßeimVorderhausgelegen;Claudiusstraße5inMoabit,Baujahr1892)

Entwurflösung 3: BerlinerZimmerannäherndquadratischmitschräg-gestelltemEckfenster,RathenowerStraße52inMoabit,Baujahr1884

(aus:FritzMonke,GrundrissentwicklungundAussehendesBerlinerMietshausesvon1853bis1914)

Luxusausstattung oder Werkstattatmosphäre

IdealtypischsolltedasBerlinerZimmeralsEsszimmerdienen,wasBauherrundBaumeistervielfachvonvornhereinbeiderDecken-,Wand-undBodengestaltungberücksichtigten.WiefüralleRäumederbürgerlichenWohnungexistierteauchfürdasEsszimmereinganzerKanonvonRegeln,umeinege-wünschteästhetischeGesamtwirkungzuerreichen.AlsVor-bildgaltwiederumdieWohnkulturdesAdels,diedasBür-gertumdeneigenenWohnbedingungenanpasste.DanachsolltedasEsszimmereinlänglicher,nichtzuschmalerRaummitdirektemZugangzudenGesellschaftsräumenseinundinderNähedesWirtschaftstraktesliegen.DaswarenAnfor-derungen,diedasBerlinerZimmererfüllte.Mehrnoch,dergeringeunddurchVorhängesowiedunkleFarbgebungenimRaumzusätzlichgedämpfteLichteinfallbefördertediegewünschteWirkung,schließlichsolltedieFestgesellschaftnichtdurchäußereEinflüssevondergedecktenTafelabge-lenktwerden.

DasBerlinerZimmermussteundkonntejedochmehrsein.DerBlickaufdenGrundrissverschiedenerSeitenflügel-häuserzeigt,dasssichdasBerlinerZimmerzwarinallenEtagenfindet,abernurseltenvonvornhereinaneinebe-stimmteNutzung–z.B.alsKüche–gebundenwar.EinederfrühestenüberliefertenNutzungen,nämlichalsMusik-zimmer,stammtausdemzwischen1828und1830nachEntwürfenvonSchinkelentstandenenFeilnerhaus(benanntnachdemBauherrn)inderFeilnerstraßeinKreuzberg.Weressichleistenkonnte,wiesdemRaumluxuriöseFunktionen

Ehebett,die[vierKinder]aufabendshergerichtetenLagernamBodenkampierend.Undoft,wennichspätabendsvonmeinenStreifzügenheimkam,schlichichaufZehenspitzenundmitangehaltenemAtemanihnenvorüber,vondemängstlichenEhrgeizbeseelt,niemandesSchlummerzustö­ren.–AberabundzutraticheinemdochaufdieFinger.«SoerinnertesicheinerderbekanntestenVertreterdesdeut-schenNaturalismus,Hermann Sudermann(1857–1928)in»DasBilderbuchmeinerJugend«(1922)andasersteBerlinerZimmer,daserkennenlernte,alsernachBerlinkam.DasMansardenquartierfürzwölfMarkundMorgen-kaffeebedeutetefürdenmittellosenStudentenSudermanndasbilligste,daszuhabenwar.FürFamilienwiedieseinesWirtes,dessenEinkünftealsSchneidermeisterdieLebens-haltungskostennichtdeckten,warderVerzichtaufPrivatheitdieeinzigeMöglichkeit,umdurchUntervermietungetwasGeldhinzuzuverdienen.

Nebender»›gutenStube‹lagdieeinfensterigeWohnstube,daransichnachhintenzudassogenannte›BerlinerZimmer‹anschloss,einbloßerDurchgang,wennauchimübrigengeräumig,andessenLängswanddreiBettenstanden,nurdrei,trotzdemeseineviergliedrigeFamiliewar.DievierteLagerstätte,vonmehrambulantemCharakterwareinmitRohrüberflochtenesSofagestell,draufsich,wochenweiswechselnd,einederzweijüngerenSchwesterneinzurichtenhatte.Hinterdiesem›BerlinerSaal‹[…]lagdieKüchemit­samtdemHängeboden.HierhaustedasalteDienstmäd­

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BerlinerZimmerheute(MuseumsverbundPankow/HolgerKupfer,2004)

BerlinerZimmeralsKochstube,WiesenstraßeinWedding,1915/16(LandesarchivBerlin,Fotosammlung/FirmaLichte&Co.)

BerlinerZimmeralsEsszimmerinderWohnungdesArchitektenAdolfErichWitting,Schmidtstraße43inMitte,um1910(UniversitätderKünste,Archiv)

wiez.B.alsFrühstücks-oderSchrank-undAnkleidezimmerzubzw.experimentiertemitderFormdesRaumesundließsichdasBerlinerZimmerbeispielsweiseovalanlegen.

InkleinerenWohnungenmusstedasBerlinerZimmeranderenAnsprüchengerechtwerden.BeivielenHeimarbeitern–wieSchneidern,Nähern,Büglern–verwischtesichimBerlinerZimmeralsdemzumeistgrößtenRaumderWohnungdieGrenzezwischenWohn-undArbeitsbereich.DieBerlinerOrtskrankenkassefürdenGewerbebetriebfürKaufleute,HandelsleuteundApotheker,dieAnfangdes20.Jahrhun-dertsaufdieteilweisekatastrophalenWohnbedingungenihrerMitgliederaufmerksammachenwollte,hatderartigeVerhältnisseineindrucksvollenFotosfestgehalten:NahedemFensternebenStühlenundBettenbefandsichdieWerksstatt,inderauchfamilienfremdePersonenarbeiteten,gleichzeitigKinderspieltenoderoftgenugmithelfenmuss-ten,undMaterialsowieWarelagerte.–HandelteessichbeimBerlinerZimmergarumeinesogenannteKochstube,kamdieFragenachderbestmöglichenNutzungvonvorn-hereinnichtauf,indemeinenRaumspieltesichindrang-vollerEngedasLebenganzerFamilienab.

Spiegel der Gesellschaft: Das Berliner Zimmer in der Literatur

»Indem›BerlinerZimmer‹,dasmiralsDurchgangdiente,wennichinmeinenWinkelgelangenwollte,schliefensiealle,dieElternhinterdemdreiteiligenSchirmimschmalen

DasHausHeynstraße8

ImJahre1893ließsichderStuhlrohrfabrikantFritzHeynindernachihmbenanntenStraßeeinMietshauserrich-ten,dessenersteEtageermitseinerFamiliebezog.MitbescheidenemLuxusentsprachenWohnungundHaus,andassicheinGartenhofanschloss,denWünschenundBedürfnissenderHeynsundbildeteneintypischesBeispielfürdiebürgerlicheWohnweiseum1900.VonderFamiliebisAnfangder1970-erJahreselbstbewohnt,bliebinsbesonderederrepräsentativeBereichinderbau-zeitlichenFassungerhalten.NachdemTodderbeidenletztenhierlebendenHeyn-TöchterwurdedieWohnung1974alsStandortfürdasPankowerBezirksarchivüber-gebenundseitdeminzunehmendemMaße,seit1992ausschließlichmusealgenutzt.

HausundGartenvermittelnmittlerweilewiedereinenEin-druckvonihrerbauzeitlichenAusgestaltungundAnlage.MitihrernocherhaltenenOriginalsubstanzbietetdieehemaligeFabrikantenwohnungguteVoraussetzungen,dieRäumenachundnachwiederalsWohnungeinzu-richten.MiteinerReihevonSonderausstellungen,dieent-wedervonderGeschichtederFamilieHeynoderihresHausesausgehen,entstehtkaleidoskopartigamauthen-tischenOrtamBeispielderFabrikantenfamilieHeyneineDauerausstellungzurbürgerlichenWohn-undLebensweltum1900.

ihnenlangeWegeerspartundweildiebehaglicheAtmos-phäredesRaumeseinenKontrastzujenerkonventionellenAusstattungimvorderenTeilderWohnungbildet.

Ende und Neuanfang

DieunzulänglicheBeleuchtungdesBerlinerZimmersdurchdaseineEckfensterzumHofhattevonAnfanganKritikeraufdenPlangerufen.DasendgültigeAuskamallerdingserstmitderBauordnungvon1925,diebeiNeubautendieAnlagevonselbständigenWohnungeninHinterhäusernun-tersagte.Dienach1925entstandenenKleinwohnungenbe-saßennunzwarguteBelichtung,docheine»flexibleUnter­teilbarkeitvongroßenundkleinenWohnungenodergardiebedarfsorientierteNutzungvonEtagenzuGewerbe­oderWohnzweckenbeigleichenGrundrissenwarohnedenVerbundvonVorderhaus,SeitenflügelundQuergebäudenurnochschwermöglich.«[KlausKürvers]IndenAltbautenbliebdasBerlinerZimmerjedochRealitätundforderteimmerwiederzumkreativenUmgangmitseinenGegeben-heitenheraus.ImZugederBerlinerStadtsanierungwurdeeshäufigzugeräumigenWohnküchenumgebaut.HeuteerhältesstattdesFenstersofteinenBalkonoderdurchdenAbrisseinesSeitenflügelsmehrLicht.

Verpönt,zweckentsprechendodergeliebt?DerartzugespitztverläuftdieDiskussionschonlangenichtmehr,aberInteres-sewecktdasBerlinerZimmernachwievor.

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BerlinerZimmeralsmusealeInszenierunginderHeynstraße8,nach1985(MuseumsverbundPankow)

chen[...]«Theodor Fontane(1819–1898)magderGrund-rissdereigenenWohnunginderPotsdamerStraße134(Tiergarten)–erhatteseinBerlinerZimmerinSchlaf-undWohnbereichgeteilt–alsVorbildfürdieinseinemRoman»DiePoggenpuhls«(1896)beschriebeneWohnunggedienthaben.HierlässtFontanedieOffizierswitweundihreTöch-terumdenPreisderEntbehrungnachaußendenScheinstandesgemäßenLebenswahren.SymbolisiertdiebilligeStadtwohnungdensozialenAbstiegderadligenFamiliePoggenpuhl,sobedeuteteeineWohnungdiesenZuschnittsfüranderedasZielihrerWünsche.

»›Jewiß,detsiehtallesnachwataus‹dachteer,›somußetwollsinbeireicheLeite!‹DawaraußerderBerlinerStube,wodieBettenstanden,einVorderzimmer,dasalskaltePrachteingerichtetwar,danebeneinanderesZimmermiteinemaltdeutschenBüfettundeinemgroßenEsstischinderMitte;dann,durcheinekleineTürausderBerlinerStubeerreichbar,einschmaleslangesZimmer,indemSchränkeundeinNähtischstanden.AusderSchlafstubeführteeinengerKorridornachderKüchemiteinerKabuse,inderLieseseiserneBettstelleaufgeschlagenwar.«AmBeispieldesehemaligenBierkutschersKoblank,derdurchHeiratzuWohlstandgekommenwar,thematisierteErdmann Graesers(1870–1937)Roman»Koblanks«(1922)dasSchicksaljener,dieesimschnellwachsendenBerlinderGründerzeitzuetwasgebrachthatten.DemjungenEhepaarKoblankwirddasBerlinerZimmerzumWohnungsmittelpunkt,weiles