2
Design Thinking ist eine Design Methode, die durch ein offenes Mindset die Bearbeitung von komplexen Problemen erlaubt. In dem kollaborativen Prozess spielen vor allem Empathie und pragmatische Lösungsorientierung eine wichtige Rolle. Der Design Thinking-Ansatz eignet sich nicht nur für die Ent- wicklung oder das Re-Design von Produkten, sondern auch von Dienstleitungen, Strategien und internen Prozesse. Dem- entsprechend wurde die Methode im Rahmen von UrbanRural SOLUTIONS (UR) zur Beteiligung von Jugendlichen in der Re- gion Göttingen eingesetzt. Ursprung des Begriffs und der Methode Die Designagentur IDEO prägte den Begriff ursprünglich in den frühen 1990er Jahren. Heutzutage wird Design Thinking an den d.schools in Stanford (seit 2005) und Potsdam (seit 2007) „ge- lehrt“. Der Prozess besteht aus sechs Phasen. In der Phase… Verstehen … geht es darum, ein gemeinsames Problemverständnis zu ent- wickeln. Beobachten … wird Empathie für die Situation des Nutzers aufgebaut. Sichtweise definieren … sollen Forschungsergebnisse ausgewertet und ein Kern ex- trahiert werden, der zum Handeln einlädt. Ideen finden … werden viele Ideen generiert. Prototypen entwickeln … geht es darum, aus den Ideen konkrete Ergebnisse zu ge- stalten, mit denen die Nutzer interagieren können. Testen … soll aus der Art und Weise gelernt werden, wie der Nutzer mit dem Prototypen interagiert. Der wertschätzende, direkte Austausch mit den zwei Bürger- meistern ermutigte drei Jugendgruppen aus Oberschulen und einer Berufsbildenden Schule ihre Ideen weiterzuverfolgen. Hierzu gehören der Bau einer Mountainbike-Strecke in einer Gemeinde sowie Anregungen zu jugendgerechteren Busfahr- zeiten und -preisen nach Beispiel eines Semestertickets für Studierende, allerdings für Schüler in Form eines Schülertickets. Die Umsetzung einer Idee befindet sich in der Prüfung, zwei weitere Ideen wurden aufgrund rechtlicher und finanzieller Barrieren nicht umgesetzt Im Austausch mit Jugendpfleger*innen und Expert*innen, wie dem für Mobilität zuständigen Zweckverband Verkehrsverbund Südniedersachsen (ZVSN), wurden im letzten Workshop die Machbarkeit und Umsetzung der Ideen diskutiert. Im Ergebnis wurden Ideen zu verbesserten Buszeiten- und preisen im Göt- tinger Umland an den ZVSN weitergeleitet, damit sie in das neue Tarifgutachten einfließen können. Der gewünschte Bau einer Mountainbike-Strecke scheiterte an zu geringem Engagement, bürokratischen Erfordernissen sowie an rechtlichen Hürden (not- wendige Vereinsgründung, Naturschutzgebiet). Eine eigens or- ganisierte Durchführung eines englischsprachigen Kino-Abends konnte wegen mangelnder Ressourcen der Jugendlichen nicht weiter angestoßen werden. Die Idee stößt jedoch auf anhal- tendes Interesse und könnte in einer anderen Konstellation in näherer Zukunft umgesetzt werden. Design Thinking sollte nicht bei der Idee aufhören, sondern um Unterstützung bei der Umsetzung ergänzt werden Ein Kinder- und Jugendreferent schilderte das Beispiel: „Ich habe noch nie erlebt, dass Jugendliche freiwillig so viel Erde bewegt haben wie bei dem Bau einer inoffiziellen Downhill-Stre- cke.“ Für die erfolgreiche Umsetzung hätten die Jugendlichen jedoch durch weitere Unterstützung befähigt werden müssen, den z.T. bürokratischen Prozess weiter voranzutreiben. Der Design Thinking-Ansatz wurde im Rahmen von UR in drei Workshops unter dem Motto „Freizeit und Mobilität Jugendli- cher: Unsere Ideen für den ländlichen Raum“ in Göttingen einge- setzt. In einem ersten Workshop ging es darum, die Bedürfnisse Jugendlicher in ihrer Freizeit und hinsichtlich ihrer Mobilität zu verstehen. Dafür wurde in dem Fokusraum Adelebsen-Drans- feld beobachtet, welche Orte und Räume von Jugendlichen ge- nutzt werden. Darüber hinaus wurde geschaut, auf welche Weise Jugendliche nach der Schule und in ihrer Freizeit mobil sind, z. B. mithilfe der Eltern (Elterntaxi), mit dem Bus, dem Fahrrad, dem Moped oder zu Fuß. Anschließend wurden die Jugendlichen selber kreativ für die Lösungsentwicklung In einem zweiten Workshop des Design Thinking-Prozesses entwickelten etwa 20 Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren in Gruppen Ideen für die eigenen Freizeitaktivitäten und Mobili- tätslösungen. Die Ideengenerierung orientierte sich an den zuvor identifizierten Bedürfnissen und die Jugendlichen diskutierten darüber, wie die Lösungen in der Region verwirklicht werden können. Anschließend wählten die Jugendlichen die vielver- sprechendsten Ideen aus und bastelten und bauten diese mit verschiedenen Materialien. Nach mehreren Feedbackrunden mit anderen Jugendlichen setzten sie die Ideen schließlich in einen jeweils ersten Prototypen um. Die Prototypen wurden mit Jugendlichen und zwei Bürger- meistern auf Ihre Umsetzbarkeit getestet In einem offiziellen Prototypen-Test mit den zuständigen Bür- germeistern aus Bad Grund (Harz) und der Stadt Osterode am Harz stellten die Jugendlichen die gebastelten Lösungsideen vor. So wurden den Jugendlichen Umsetzungschancen und -grenzen aus Sicht der politischen Verantwortlichen erläutert und Einblicke in die Lokalpolitik und Kommunalverwaltung ge- währt. Ausschnitt der gesammelten Ideen der Jugendlichen, präsentiert von den Workshop- Moderatoren Michael Glatthaar (l.) und Malte Klostermann vom Planungsbüro proloco. Prototyp der Gruppe Buszeiten und -preise Prototyp der Mountainbike-Strecke Design Thinking Ein nutzerzentrierter, iterativer und teambasierter Weg zu innovativen Lösungen Gefördert vom BMBF im Programm »Innovationsgruppen für ein Nachhaltiges Landmanagement« Förderkennzeichen: 033L122 Laufzeit: 2015-2019 Abschlusskonferenzen der Innovationsgruppe UrbanRural SOLUTIONS, Februar 2019 Ansprechpartner: Postergestaltung und Textbeiträge/-redaktion: Sandra-Luisa Moschner, TUHH, Institut für Technologie und Innovationsmanagement Textbeiträge und Bilder: Sara Reimann, Akademie für Raumforschung und Landesplanung Textbeiträge: Sarah Schreiber, Landkreis Göttingen Der Design Thinking-Ansatz Ein nutzerzentrierter Innovationsansatz zur Lösung komplexer Probleme Der Einsatz von Design Thinking in UR In der Region Göttingen wurden die Bedürfnisse von Jugendlichen identifiziert Die Erfahrungen mit Design Thinking in UR waren positiv Einige Jugendliche verfolgten ihre Ideen weiter mit dem Ziel sie umzusetzen Nutzerzentrierter, iterativer Prozess (Quelle Foto oben links: ©L_photographee.eu / Adobe Stock)

Ein nutzerzentrierter, iterativer und teambasierter Weg zu ... · Design Thinking ist eine Design Methode, die durch ein off enes Mindset die Bearbeitung von komplexen Problemen

Embed Size (px)

Citation preview

Design Thinking ist eine Design Methode, die durch ein off enes Mindset die Bearbeitung von komplexen Problemen erlaubt. In dem kollaborativen Prozess spielen vor allem Empathie und pragmatische Lösungsorientierung eine wichtige Rolle. Der Design Thinking-Ansatz eignet sich nicht nur für die Ent-wicklung oder das Re-Design von Produkten, sondern auch von Dienstleitungen, Strategien und internen Prozesse. Dem-entsprechend wurde die Methode im Rahmen von UrbanRural SOLUTIONS (UR) zur Beteiligung von Jugendlichen in der Re-gion Göttingen eingesetzt.

Ursprung des Begriffs und der MethodeDie Designagentur IDEO prägte den Begriff ursprünglich in den frühen 1990er Jahren. Heutzutage wird Design Thinking an den d.schools in Stanford (seit 2005) und Potsdam (seit 2007) „ge-lehrt“.

Der Prozess besteht aus sechs Phasen. In der Phase…

Verstehen… geht es darum, ein gemeinsames Problemverständnis zu ent-wickeln.

Beobachten… wird Empathie für die Situation des Nutzers aufgebaut.

Sichtweise defi nieren… sollen Forschungsergebnisse ausgewertet und ein Kern ex-trahiert werden, der zum Handeln einlädt.

Ideen fi nden… werden viele Ideen generiert.

Prototypen entwickeln… geht es darum, aus den Ideen konkrete Ergebnisse zu ge-stalten, mit denen die Nutzer interagieren können.

Testen… soll aus der Art und Weise gelernt werden, wie der Nutzer mit dem Prototypen interagiert.

Der wertschätzende, direkte Austausch mit den zwei Bürger-meistern ermutigte drei Jugendgruppen aus Oberschulen und einer Berufsbildenden Schule ihre Ideen weiterzuverfolgen. Hierzu gehören der Bau einer Mountainbike-Strecke in einer Gemeinde sowie Anregungen zu jugendgerechteren Busfahr-zeiten und -preisen nach Beispiel eines Semestertickets für Studierende, allerdings für Schüler in Form eines Schülertickets.

Die Umsetzung einer Idee befi ndet sich in der Prüfung, zwei weitere Ideen wurden aufgrund rechtlicher und fi nanzieller Barrieren nicht umgesetztIm Austausch mit Jugendpfl eger*innen und Expert*innen, wie dem für Mobilität zuständigen Zweckverband Verkehrsverbund Südniedersachsen (ZVSN), wurden im letzten Workshop die Machbarkeit und Umsetzung der Ideen diskutiert. Im Ergebnis wurden Ideen zu verbesserten Buszeiten- und preisen im Göt-tinger Umland an den ZVSN weitergeleitet, damit sie in das neue Tarifgutachten einfl ießen können. Der gewünschte Bau einer Mountainbike-Strecke scheiterte an zu geringem Engagement, bürokratischen Erfordernissen sowie an rechtlichen Hürden (not-wendige Vereinsgründung, Naturschutzgebiet). Eine eigens or-ganisierte Durchführung eines englischsprachigen Kino-Abends

konnte wegen mangelnder Ressourcen der Jugendlichen nicht weiter angestoßen werden. Die Idee stößt jedoch auf anhal-tendes Interesse und könnte in einer anderen Konstellation in näherer Zukunft umgesetzt werden.

Design Thinking sollte nicht bei der Idee aufhören, sondern um Unterstützung bei der Umsetzung ergänzt werdenEin Kinder- und Jugendreferent schilderte das Beispiel: „Ich habe noch nie erlebt, dass Jugendliche freiwillig so viel Erde bewegt haben wie bei dem Bau einer inoffi ziellen Downhill-Stre-cke.“ Für die erfolgreiche Umsetzung hätten die Jugendlichen jedoch durch weitere Unterstützung befähigt werden müssen, den z.T. bürokratischen Prozess weiter voranzutreiben.

Der Design Thinking-Ansatz wurde im Rahmen von UR in drei Workshops unter dem Motto „Freizeit und Mobilität Jugendli-cher: Unsere Ideen für den ländlichen Raum“ in Göttingen einge-setzt. In einem ersten Workshop ging es darum, die Bedürfnisse Jugendlicher in ihrer Freizeit und hinsichtlich ihrer Mobilität zu verstehen. Dafür wurde in dem Fokusraum Adelebsen-Drans-feld beobachtet, welche Orte und Räume von Jugendlichen ge-nutzt werden. Darüber hinaus wurde geschaut, auf welche Weise Jugendliche nach der Schule und in ihrer Freizeit mobil sind, z. B. mithilfe der Eltern (Elterntaxi), mit dem Bus, dem Fahrrad, dem Moped oder zu Fuß.

Anschließend wurden die Jugendlichen selber kreativ für die Lösungsentwicklung In einem zweiten Workshop des Design Thinking-Prozesses entwickelten etwa 20 Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren in Gruppen Ideen für die eigenen Freizeitaktivitäten und Mobili-tätslösungen. Die Ideengenerierung orientierte sich an den zuvor identifi zierten Bedürfnissen und die Jugendlichen diskutierten darüber, wie die Lösungen in der Region verwirklicht werden können. Anschließend wählten die Jugendlichen die vielver-

sprechendsten Ideen aus und bastelten und bauten diese mit verschiedenen Materialien. Nach mehreren Feedbackrunden mit anderen Jugendlichen setzten sie die Ideen schließlich in einen jeweils ersten Prototypen um.

Die Prototypen wurden mit Jugendlichen und zwei Bürger-meistern auf Ihre Umsetzbarkeit getestetIn einem offi ziellen Prototypen-Test mit den zuständigen Bür-germeistern aus Bad Grund (Harz) und der Stadt Osterode am Harz stellten die Jugendlichen die gebastelten Lösungsideen vor. So wurden den Jugendlichen Umsetzungschancen und -grenzen aus Sicht der politischen Verantwortlichen erläutert und Einblicke in die Lokalpolitik und Kommunalverwaltung ge-währt. Ausschnitt der gesammelten Ideen der Jugendlichen, präsentiert von den Workshop-

Moderatoren Michael Glatthaar (l.) und Malte Klostermann vom Planungsbüro proloco.

Prototyp der Gruppe Buszeiten und -preise

Prototyp der Mountainbike-Strecke

Design Thinking Ein nutzerzentrierter, iterativer und teambasierter Weg zu innovativen Lösungen

Gefördert vom BMBF im Programm »Innovationsgruppen für ein Nachhaltiges Landmanagement« Förderkennzeichen: 033L122Laufzeit: 2015-2019

Abschlusskonferenzen der Innovationsgruppe UrbanRural SOLUTIONS, Februar 2019Ansprechpartner:Postergestaltung und Textbeiträge/-redaktion: Sandra-Luisa Moschner, TUHH, Institut für Technologie und InnovationsmanagementTextbeiträge und Bilder: Sara Reimann, Akademie für Raumforschung und LandesplanungTextbeiträge: Sarah Schreiber, Landkreis Göttingen

Der Design Thinking-AnsatzEin nutzerzentrierter Innovationsansatz zur Lösung komplexer Probleme

Der Einsatz von Design Thinking in URIn der Region Göttingen wurden die Bedürfnisse von Jugendlichen identifi ziert

Die Erfahrungen mit Design Thinking in UR waren positiv Einige Jugendliche verfolgten ihre Ideen weiter mit dem Ziel sie umzusetzen

Nutzerzentrierter, iterativer Prozess (Quelle Foto oben links: ©L_photographee.eu / Adobe Stock)

Poster 13: Design Thinking. Ein nutzerzentrierter, iterativer und teambasierter Weg zu innovativen Lösungen

Sandra-Luisa Moschner (TUHH, Institut für Technologie- und Innovationsmanagement)

Hasso-Plattner-Institut School of Design Thinking (2019). Was ist Design Thinking? https://hpi.de/school-of-design-thinking/design-thinking/mindset.html. Zugegriffen: 01.04.2019.

Hasso Plattner Institut (HPI) Academy (2018). Open Course Workbook. Potsdam.

Uebernickel. F., Brenner, W., Pukall, B., Naef, T., Schindlholzer, B. (2015). Design Thinking – Das Handbuch. Frankfurt am Main: Frankfurter Allgemeine Buch.