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KRAUSE, Gegeniiberstellung der Silberferrite und der Ferrite des Kobalts und Nickels 99 Eine Gegenuberstellung der Silberferrite und der Ferrite des Kobalts und Nickels sowie die methodische und strukturchemische Bedeutung dieser Synthesen fur die Chemie der Eisen(ll1)-hydroxide Ton ALFONS KRAUSE Mitbearbeitet von A. BINK~WNA Inhaltsiihersicht Rontgenamorphe Eisen(II1)-hydroxide sowie a- und y-FeOOH reagieren niit Ni(OH), in siedender Satronlauge unter Bildung von Mischgelen resp. Adsorptionsverbindungen. Mit Co(OH), entstehen auf diese Weise definierte ferromagnetische Ferrite vom Spinelltyp, wobei jedoch a-FeOOH und Goethit eine Ausnahme machen, indem sie Adsorptionsverbin- dungen liefern, die nicht ferromagnetisch sind und die Gitterstruktur des betreffenden Eisen(II1)-hydroxids zeigen. Man kann daher auf Grund der Kobaltferritsynthese a-FeOOH voni y-FeOOH unterscheiden, nicht dagegen a-FeOOH vom Goethit, wofiir die Silberferrit- synthese zusammen mit katalytischen Methoden zustandig ist. Summary X-ray-amorphous Fe(II1) hydroxides as well as m- and y-FeOOH react with Ni(OH), in boiling NaOH solutions forming mixed gels and adsorptions compounds, respectively. Co(OH), gives definite and ferromagnetic ferrites of the spinel type, exept with a-FeOOH and goethit which yield non-ferromagnetic adsorption compounds. Thus, by means of the Co reaction, it is possible t o distinguish between a- and y-FeOOH. Goethit and a-FeOOH show a different behaviour to the Ag-ferrite synthesis. Die Silberferritsynthese, die in den letzten Jahren verschiedenerseits erneutes Interesse hervorgerufen hat1), hat sich seit 1931 auf dem Gebiet der Oxidhydratchemie 2), besonders aber bei der Beurteilung der Struktur von Eisen(II1)-hydroxiden methodisch gut bewahrt Da die Silberferrite I) Vgl. W. FEITKNECHT u. K. MOSER, Z. anorg. allg. Chem. 304, 181 (1960); 0. GLEM- 2, A. KRAUSE u. K. PILAWSKI, Z. anorg. allg. Cheni. 197, 301 (1931); A. KRAUSE, 3, A. KRAUSE, Z. anorg. allg. Chem. 306, 216 (1960), sowie friihere Arbeiten. SER, ibid. 306, 228 (1960). Kolloid-Z. 72, 18 (1935); 75, 288 (1936). 7*

Eine Gegenüberstellung der Silberferrite und der Ferrite des Kobalts und Nickels sowie die methodische und strukturchemische Bedeutung dieser Synthesen für die Chemie der Eisen(III)-hydroxide

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KRAUSE, Gegeniiberstellung der Silberferrite und der Ferrite des Kobalts und Nickels 99

Eine Gegenuberstellung der Silberferrite und der Ferrite des Kobalts und Nickels

sowie die methodische und strukturchemische Bedeutung dieser Synthesen

fur die Chemie der Eisen(ll1)-hydroxide

T o n ALFONS KRAUSE Mitbearbeitet von A. BINK~WNA

Inhaltsiihersicht Rontgenamorphe Eisen(II1)-hydroxide sowie a- und y-FeOOH reagieren niit Ni(OH),

in siedender Satronlauge unter Bildung von Mischgelen resp. Adsorptionsverbindungen. Mit Co(OH), entstehen auf diese Weise definierte ferromagnetische Ferrite vom Spinelltyp, wobei jedoch a-FeOOH und Goethit eine Ausnahme machen, indem sie Adsorptionsverbin- dungen liefern, die nicht ferromagnetisch sind und die Gitterstruktur des betreffenden Eisen(II1)-hydroxids zeigen. Man kann daher auf Grund der Kobaltferritsynthese a-FeOOH voni y-FeOOH unterscheiden, nicht dagegen a-FeOOH vom Goethit, wofiir die Silberferrit- synthese zusammen mit katalytischen Methoden zustandig ist.

Summary X-ray-amorphous Fe(II1) hydroxides as well as m- and y-FeOOH react with Ni(OH), in

boiling NaOH solutions forming mixed gels and adsorptions compounds, respectively. Co(OH), gives definite and ferromagnetic ferrites of the spinel type, exept with a-FeOOH and goethit which yield non-ferromagnetic adsorption compounds. Thus, by means of the Co reaction, i t is possible t o distinguish between a- and y-FeOOH. Goethit and a-FeOOH show a different behaviour t o the Ag-ferrite synthesis.

Die Silberferritsynthese, die in den letzten Jahren verschiedenerseits erneutes Interesse hervorgerufen hat1), hat sich seit 1931 auf dem Gebiet der Oxidhydratchemie 2), besonders aber bei der Beurteilung der Struktur von Eisen(II1)-hydroxiden methodisch gut bewahrt Da die Silberferrite

I ) Vgl. W. FEITKNECHT u. K. MOSER, Z. anorg. allg. Chem. 304, 181 (1960); 0. GLEM-

2, A. KRAUSE u. K. PILAWSKI, Z. anorg. allg. Cheni. 197, 301 (1931); A. KRAUSE,

3, A. KRAUSE, Z. anorg. allg. Chem. 306, 216 (1960), sowie friihere Arbeiten.

SER, ibid. 306, 228 (1960).

Kolloid-Z. 72, 18 (1935); 75, 288 (1936).

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100 Zcitsclirift fur anorganisdie und allgemeine Chemie. Band 339. 1965

sich unschwer reinigen lassen, indem das eventuell adsorbierte, uberschiissige Ag,O durch Ainmoniakwasche leicht entfernbar ist, so fallt auch der Ein- wand fort, die Silberferrite seien moglicherweise Eisen(111)-hydroxid/Ag20- Adsorptiorisverbindungen. Gegen diese Behauptung spricht ferner die Tat- sache, daB die Silberferrite eine eigene Rontgenstruktur haben 4), was auch von anderer Seite bestiitigt wurde '). uberhaupt spielt bei der Silberferrit- reaktion die Oberflache der Eisen(II1)-hydroxide eine weit geringere Rolle als die Molekelstruktur dieser makromolekularen Verbindungen, wobei he- sonders die vorhandenen oder nicht vorhandenen OH-Wirkgruppen v o l ~ Bedeutung sind.

Um diese Tatsachen weiter zu erharten, untersuchte seinerzeit LEWANDOWSKT~) auf Verarilassung des Verfassers Eisen( IIJ )-hydroxidmineralien, deren Oberflache entschieden kleiner ist als die der kiinstlichen Praparate. 'I'rotzdem zeigten beide Vertreter dieser Stoff- klasse eine sehr gute Ubereinstinimung nach der Silberferritsynthese. Letztere (Sf.) ist, iibrigens auf diesem Arbeitsgebiet kein Einzelgangcr, da sie durch katalgtische Redox- Rlethodcn positiv erganzt wird, wobei vor allem die katalytische H,O,-Z gute Dienste leistet. Diese ist urn so schwacher, je geringer die Ag-Bindungsfiihigkeit des Eisen(II1 j-hydroxids ist, und sinkt auf Null, wenn bei volligem OH-Wirkgruppensch~~ullcl auch keine Ag-Bindung mehr vorhanden istG). Ein Erfolg der Zusammenarbeit von Sf. und Kt. war die Unterscheidung von (a-FeOOH)n und (a-Fe,O, . H20jn (a-eisenige Siiure uiid Coethit), die das gleiche rhombische Citter haben und nicht nur als kiinstliche Praparate bekannt sind, sondern auch unter don Mineralien ilire Vertreter haben. Der ersten Formel entspricht der Sg-bindende ,,Goethit" von AUERBACH (ein Hydroxid) 7) , von dem sich die sonstigen natiirlichen Goethite bzw. Sad-leisenerze (Oxidhydrate nach der zweiten Formel) dadurch unterscheiden, daB sie unfahig sind, Ag zu binden und H,O, zu zersetzen.

Zur Vervollstandigung des Gesamtbildes sind die Eisen(I1I)-hydroxide an der Kobalt- und Nickelferritbildung naher studiert worden, woriiber iiii folgenden berichtet wird.

Beschreibung der Versuche und Ergebnisse Zur Herstellung von Co- und Ni-Ferriten wurde in siedender Natronlauge nach den

gleichen Vorschriften gearbeitet, wie sie erst kurzlich angegeben wurden8), so da13 cs sic11 erdbrigt, nochmals daranf einzugehcn. Fur die Synthesen wurden die Eisen(II1)-liydrosicle in Gelforni benutzt, deren Gewiiinung in fruheren Mitteilungen beschrieben ist6)8)9j~ Weitere Einzelheiteri sind in Tab. 1 und 2 zu finden.

Die in den beiden Tabellen zusammengestellten Ergebnisse sind als ziemlich unerwartet zu bezeichnen. Wie schon bekannt, bildet das y-FeOOM

4) A. KRAUSE u. Mitarb., Z. anorg. allg. Chem. 228, 352 (1936). 5 ) Vgl. A. LEWANDOWSKI, Dissert. Poznari 1937 (Inst. f . anorg. Chern. d. Universitat:. 6 , A. KRAUSE, Ber. dtseh. chem. Ges. 69, 1'382 (1936); Z. anorg allg. Cheni. 306. 22'3

7 ) A. KRAUSE u. A . LEWAKDOWSJII, XTatumissenschaften 4S, 622 (1961). 8 ) A. KRAUSE u. A. Bm1t6wn.4, Z. anorg. allg. Chem. 331, 231 (196.2). 9) A. KRAUSE, Z. anorg. allg. Chem. 311, 345 (1961).

(1960).

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RR ~ T J ~ E , Gegenuberstellung der Silbcrferritc urid der Ferrite des Kobnlts und Xickels 101

niit Clo(OH), ein definiertes Co(I1)-ferrits). Neu ist in diesem Zusanimenhang, daB auch die rontgenamorphen Eisen(II1)-hydroxide (Orthohydroxid und Polyorthohydroxid) dies tun. Die betreffenden Ferrite sind fast schwarz, stark ferromagnetisch und kristallisieren im Spinellgitter, wiewohl sie stets etwas Coo-reicher sind als der Formel CoFe,O, entspricht (Tab. 1). Uber-

Xr.

Tabelle 1 Z u s a iii in e n s e t z u n g 1 u f t g e t r o c k n e t e r K o b a1 t (IT ) - f e r r i t e

0' Ausgitngsmaterial / O

Ortho-Fe(II1)-

Polyortho-Fe(I1I)-

y-FeOOH $- Cozc x-FeOOH -7 Coz+ Goethit v. Bohm + Po2

hydroxid + Co2+

hydroxid I Co2+

Mol. -Verh. COO : Fe,03

lJ5: 1

1,ll:i 1,09:1 0,9 :1 l , d 2 : 1

Rontgen- befund

I I Spinell- 1 gitter

I I

3-FeOOH [ Gitter

raschenderweise liefert das a-Fe00H kein solches Ferrit, obschon man dem n-FeOOH ebenso wie dem y-FeOOH nach den bestehenden Ansichten Hy- droxidstruktur einraumen muJ3. Vielleicht ware das a-FeOOH fur die Kobalt- ferritbildung einsatzbereit, wenn man eine weit hohere Versuchstemperatur wahlen wiirde. Die vorliegenden hellfarbigen Mischgele von a-Fe00H und Co(OH), enthalten, trotzdem sie sehr sorgfaltig niit 2,5proz. Ammoniak bis zur Co2+-Freiheit ausgewaschen wurden, betrachtliche Mengen COO, sirid aber dennoch nicht ferromagnetisch und zeigen die Rontgenstruktur des a-Fe00H bei fehlenden Co(OH),-Linien (Tab. 1). Ganz ahnlich verhalt sich der kiinstliche Geothit, wenn nian diesen statt a-FeOOH fur die Ko- baltferritsynthese verwendet.

\Vas schliel3lich die Kickelferrite anbelangt, so sind diese durchweg als Mischgele resp. Adsorptionsverbindungen zu betrachten, die hellfarbig und niclit ferromagnetisch sind. Sic kristallisieren auch nicht im Spinellgitter ; ilire Rontgenstruktur entspricht demjenigen Eisen(1II)-hydroxid, das fur die Umsetzung mit Ni(OH), bereitgestellt wurde (Tab. 2). Es sei noch erwahnt, daS die genannten Mischgele doch, und zwar ausnahmslos ferromagnetisch v-erden konnen, wofur aber eine recht hohe Gluhtemperatur (-700') erforderlich ist. Remrrkenswert ist, daS in den Mischgelen sowohl Co(OH), als auch Ni(OH), rontgenogra- phisch nicht naclineisbar sindlo). Es ist daher anzunehmen, daS die beiden Hydroxide sich hier in einem amorphen Zwischenzustand bafinden, worauf ubrigens das praktisch linien- freie Rontgenogramm des aus rontgeriamorphem Eisen(II1)-hydroxid und Xi (OH), be- stehenden Nischgels hindeutet (Tab. 2). Immerhin ist auffallend, da13 man die Mischhydro- xidgele selbst durch langes IVaschen mit KH,-Losung nicht voni adsorbierten Co( OH), oder Xi( OH), befreien kann. Bei den Xilberferriten bestehen, wie schon erwahnt, diese Schwierig-

I

lo) Vgl. A. KRAUSE, Mh. Chem. 96, 393 (1965).

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102 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 339. 19G5

28,G

29,9

2 9 4

Tabelle 2 Z u s a m me nse t z u n g 1 u f t g e t r o c k n e t er Mi s c h h y d r o x i d e a u s Ni( OH), u n d

E i s e n ( I I I) - 11 y d r o x i d e n Weiteres wie in Tab. 1

0,80: 1

1,IO: 1

1,ll: 1

Ausgangsmaterial

Fe3+ + NiZ+ Amorphes Fe(II1)-

hydroxid Nr. 1 + Ni2+

Amorphes Fe(II1)- hydroxid Nr. 2 + Ni2+

y-FeOOH f Xi2+

n-FeOOH + Xiz+

43,8

51,s

46,3

46,’i

f0,3

% NiO

27,9

19,6

23,8

24,3

l5, l

yo H,O Mo1.-Verh. (Diff.) NiO:Fe,O,

24,G 1 0,54:1

Rontgenbefund

nur drei sehr undeutliche und stark ver- w-aschene Linieii Noch undeut- licher als zu-

y-FeOOH- Gitter Lu-FeOOH- Gitter

I I

keiten nicht, da Ag,O resp. AgOH in Ammoniak entschieden leichter loslich ist als Co- oder h-i-Hydroxid.

Wenn man nunmehr die Kobalt- und Nickelferrite den Silberferriten gegenuberstellen will, so wird man von einer Beteiligung der sogenannten Nickelferrite von vornherein absehen, da sie fur die vorliegende Diskussion, die die Struktur der Eisen(1II)-hydroxide betrifft, keinen positiven Beitrag liefern. Was die Kobaltferritmethode (Kf.) anbetrifft, so zeigt sie, ahnlich wie die Silberferritmethode, daI3 sowohl die rontgenamorphen Eisen(II1)- hydroxide als auch das y-FeOOH echte Ferrite bilden. Uberdies kann man mit Hilfe von Kf. y-FeOOH vom ol-F OOH direkt unterscheiden, was ein beachtlicher Vorteil ist. Nicht dagegen laBt sich nach der Kf.-Methode ein Unterschied zwischen a-FeOOH und Goethit feststellen, so daI3 Kf. in dieser Hinsicht etwa auf dem gleichen Niveau steht wie die Ultrarot-Absorptions- messungen. Hier greift init samt den katalytischen Messungen die Silber- ferritsynthese als empfindlichere Methode ein, so daB ihr in dieseni Zusam- menhang der Vorrang gebuhrt. Das scheint auch insofern plausibel zu sein, als AgOH im Vergleich mit &(OH), und besonders niit dem Ni(OH), eine vie1 starkere Base ist.

Poznan (Polen) , Institut fur anorganische Chemie der Universitht.

Bei der Redaktioii eingegangen ain 14. Dezember 1964.