16
684 Eine gittertheoretische Berechnung der elektrolytischen Leitf~,higkeit des Steinsalzkristalls Von Werner Braunbek in Stuttgart. 3[it 3 Abbildungen. (Eingegangen am 19. Juli 1927.) Ausgehend vonder Anschauung, da/] die elektrolytisehe Leitfghigkeit der Kristalle --- jedenfalls derer vom NaC1-Typ- auf der F~higkeit der Ionen beruht, ,Platz- weehsel" im Gitter vorzunehmen, wird unter vereinfaehendeu Annahmen eine quantitative Theorie tier elektrolytischen Leitf~higkeit entwiekelt. Die Ergebnisse stellen den experimentellen Verlau.[ der Leitf~higkeit von NaC1 mit der TempE- ratur in befriedigender Weise dar. 1. Einleitung und Ziel. Bel der Leitfahlgkeit fester Stoffe unterscheidet man bekannt]ich zwlschen metallischer oder Elektronen- leitf~higkeit und elektrolytischer oder Ionenleltfahlgkeit, ie nachdem freie Elektronen oder Ionen die Trager der transportlerten elektrisehen Ladung slnd. Die vorliegende Untersuchung bezieht sieh ausschlie~lieh auf elektro- lytische Leitung, bei der der Elektrizitatstransport dureh Ionen erfolgt. Sie ist au~erdem speziell auf Kristalle zugesehnitten, die ein Kristallgitter yore Typ des Steinsalzgitters aufweisen, da dieses Kristallgitter eine be- sonders einfaehe und iibersiehtliche theoretisehe Behandhng gestattet. Da yon allen Kristallen, die diesem Gittertyp angeh~ren, nur f~ir NaC1 ausreiehende experimentelle Daten der Leitfahigkeit vorhanden sind, ist der Vergleieh der vor]iegenden Theorie mit der Erfahrung vor]aufig nur an diesem einen Stoff mOglieh. Das Ziel dieser Arbeit ist daher die theoretische Bereehnung der elektrolytlsehen Leitfahigkeit yon Steinsalz, und zwar in Abhangigkeit yon der Temperatur. Von der experimentel]en Seite ist in letzter Zelt unsere Kenntnis der Ionenleitung der Krlsta]]e besonders yon Joff6 ~ gefSrdert worden, der vor allem aueh die Ladungs- und Po]arisationserseheinungen dureh Ausbildung yon elektrisehen Doppelsehiehten und Raumladungen beim Elektrizltatsdurehgang dureh Kristalle geklart hat. Speziell fiir NaC1 liegen neuere Messungen der Leitf~Mgkeit vor yon v. Rautenfeld 3 in einem Temperaturgebiet yon 630 bis S00 ~ C und yon v. Seelen ~ im Temperaturgebiet 20 bis 500 ~ Die IonenleitfaMgkeit, I Vorgetragen auf der Gautagung der D. Phys. Ges. in Freiburg i. B. im Juni 1927. A. Joff6, Ann. d. Phys. 72, 461, 1923. a F. v. Rautenfeld, Ann. d. Phys. 72, 617, 1923. D. v. Seelen, ZS. f. Phys. 29, 125, 1924.

Eine gittertheoretische Berechnung der elektrolytischen Leitfähigkeit des Steinsalzkristalls

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Eine gittertheoretische Berechnung der elektrolytischen Leitfähigkeit des Steinsalzkristalls

684

Eine gittertheoretische Berechnung der elektrolytischen Leitf~,higkeit des Steinsalzkristalls

Von Werner Braunbek in Stuttgart.

3[it 3 Abbildungen. (Eingegangen am 19. Juli 1927.)

Ausgehend vonder Anschauung, da/] die elektrolytisehe Leitfghigkeit der Kristalle --- jedenfalls derer vom NaC1-Typ- auf der F~higkeit der Ionen beruht, ,Platz- weehsel" im Gitter vorzunehmen, wird unter vereinfaehendeu Annahmen eine quantitative Theorie tier elektrolytischen Leitf~higkeit entwiekelt. Die Ergebnisse stellen den experimentellen Verlau.[ der Leitf~higkeit von NaC1 mit der TempE-

ratur in befriedigender Weise dar.

1. E i n l e i t u n g und Ziel. Bel der Leitfahlgkeit fester Stoffe

unterscheidet man bekannt]ich zwlschen metallischer oder Elektronen-

leitf~higkeit und elektrolytischer oder Ionenleltfahlgkeit, ie nachdem freie

Elektronen oder Ionen die Trager der transportlerten elektrisehen Ladung

slnd. Die vorliegende Untersuchung bezieht sieh ausschlie~lieh auf elektro-

lytische Leitung, bei der der Elektrizitatstransport dureh Ionen erfolgt.

Sie ist au~erdem speziell auf Kristalle zugesehnitten, die ein Kristallgitter

yore Typ des Steinsalzgitters aufweisen, da dieses Kristallgitter eine be-

sonders einfaehe und iibersiehtliche theoretisehe Behandhng gestattet.

Da yon allen Kristallen, die diesem Gittertyp angeh~ren, nur f~ir NaC1

ausreiehende experimentelle Daten der Leitfahigkeit vorhanden sind, ist

der Vergleieh der vor]iegenden Theorie mit der Erfahrung vor]aufig nur

an diesem einen Stoff mOglieh. Das Ziel dieser Arbeit ist daher die

theoretische Bereehnung der elektrolytlsehen Leitfahigkeit yon Steinsalz,

und zwar in Abhangigkeit yon der Temperatur.

Von der experimentel]en Seite ist in letzter Zelt unsere Kenntnis

der Ionenleitung der Krlsta]]e besonders yon J o f f 6 ~ gefSrdert worden,

der vor allem aueh die Ladungs- und Po]arisationserseheinungen dureh

Ausbildung yon elektrisehen Doppelsehiehten und Raumladungen beim

Elektrizltatsdurehgang dureh Kristalle geklart hat. Speziell fiir NaC1 liegen neuere Messungen der Leitf~Mgkeit vor

yon v. R a u t e n f e l d 3 in einem Temperaturgebiet yon 630 bis S00 ~ C und yon v. S e e l e n ~ im Temperaturgebiet 20 bis 500 ~ Die IonenleitfaMgkeit,

I Vorgetragen auf der Gautagung der D. Phys. Ges. in Freiburg i. B. im Juni 1927.

A. Joff6, Ann. d. Phys. 72, 461, 1923. a F. v. Rautenfe ld , Ann. d. Phys. 72, 617, 1923.

D. v. Seelen, ZS. f. Phys. 29, 125, 1924.

Page 2: Eine gittertheoretische Berechnung der elektrolytischen Leitfähigkeit des Steinsalzkristalls

Werner Braunbek, Eine gittertheoretische Berechnung usw. {J85

die ia einen sehr hohen positiven Temperaturkoeffizienten besitzt, steigt bei NaC1 yon 2 . 1 0 -17 $2-1cm -1 bei 200 auf 4 . 1 0 -7 $2-1cm -1 bei

500 ~ also in einem Temperaturbereich yon noeh nicht 500 o auf das

20milliardenfache. Die Temperaturabhangigkeit der Leitfahigkeit lallt sieh, wie aueh bei anderen Kristallen, dutch die Beziehung darstelleni

c2 ~ C l e r , (1 )

wo T die absolute Temperatur and C~ und C 2 Konstanten slnd. Es ist klar, dal] eine GrSl]e, die bei eiaer exponentiellen Temperatur-

abh~ngigkeit fiber ein so grol]es Intervall gemessen ist, nicht naeh der Genaulgkeit ihres Absolutwertes, sondern nur naeh der Genauigkeit ihres

Logarithmus beurteilt werden daft. Daher benutzt man besser die loga- rithmierte Form der Gleichung (1):

In ~ ~ C[ C2 T (1')

Mit dieser Form soll spater aueh das theoretisehe Ergebnis verglichen werden.

Von theoretiseher Seite ist die Ionenlei~ung der Kristalle noeh recht ungeklart. Es stehen sieh hier haupts~ehlieh zwei Anschauungen gegen- fiber. Die , P l a t z w e c h s e l t h e o r i e " , die a u f v . H e v e s y znr~iekgeht, stellt sieh den Elektrizitats- und Materietransport im Kristallgltter so vor, dull die Ionea die bei tiefen Temperaturen nur kleine Sehwiugungen

um feste Ruhelagen ausfiihren k~nnen, mit steigender Temperatur all- mahlich die MSglichkeit bekommen, yon diesen Rubelagen auf benaehbarte Ruhelagen fiberzuspringen, also etwa mi~ benaehbarten Ionen den Platz

zu tausehen. Diese Fahigkeit werden natfirlich nur die ganz wenigen Ionen haben, deren Energie weit fiber den Durchschnitt hinausragt, deren Zahl aber - - entspreehend der mit der Temperatur veranderliehen Energie-

verteilung unter den Ionen - - rapide mi~ s~eigender Tempera~ur zunimmt. Diese ,,platzweehselnden" Ionen im Gitter sindverantwor~lich for die elektrolytisehe Lei~fahigkeit, wie fibrigens auch for die Selbst- diffusion der Kristalle. Vor kurzem hat F r e n k e l 1 diese Vorstellnng etwas modifiziert, indem er sigh den Platzwechsel nieht direkt, sondern auf dem Umweg fiber einen sogenannten ,,Zwisehengitterraum" vor sieh gehen denkt, in den die Ionen aus regul~ren Ruhelagen fibertreten, sieh darin l~ngere Zeit aufhalten - - wobei sie um ,,irregulare" Ruhelagen des ,Zwlschengitterraumes" schwingen - - und endlieh bei Gelegenhelt

1 j. Frenkel , ZS. f. Phys. 85, 652, 1926; siehe auch ~6, 137, 1924.

Page 3: Eine gittertheoretische Berechnung der elektrolytischen Leitfähigkeit des Steinsalzkristalls

686 Werner Braunbek,

wieder auf andere, gerade freie, regulfire Gitterpl~tze zurfickgehen kSnnen. AuI dieser Grundlage hat F r e n k e l aueh die einzige analytische Theorie der Selbstdiffusion in Kristallen, die bis jetzt existiert, aufgebaut. Der

,Zwisehengitterraum" und die ,,irregu]~ren Ruhelagen" sind iedoch-in der F renke l sehen Theorie noeh etwas reichlieh Problematisehes, da sie zunachst in kelnerlei Beziehung zu der B o r n sehen Vorstellung veto

Kristallgitter stehen. Im Gegensatz zur ,Platzwechseltheorie" ist S m e k a l ~ der Ansieht,

dad einem Kristall, der Bin streng homogenes~ ungestSr~es L a u e - B o r n - sehes Kristallgit~er besitzt, f i b e r h a u p t keiae Selbstdiffusion und keine Ionenleitfahigkeit zuzusehreiben, dal3 vielmehr die beobaehtete Leit-

fahigkeit nur auf die Abweichung des ,,Realkrlstal]s" veto ,,Idealkristall" zurfiekzuffihren sei. Die wirk]iehen Kristalle (,,Realkristalle" naeh Smeka l ) sind ia bekanntlieh nieht streng homogen, sondern besitzen

ein submikroskopisehes Netz yon Poren oder Kapillarspalten, die viele Kristalleigenseha~ten, wie Zerreil]festlgkeit (Z wi e k y) ~, elektrisehe Durch- bruehs[elds~rke ( R o g o w s k i ) ~ u. a. um mehrere Zehnerpotenzen gegen-

fiber den zu erwartenden Werten beim ,,Idealkristall" versehieben. Die Selbstdiffusion und Ionenleitung soil nun nach S m e k a l nur bedlngt sein dureh die IonenhewegHchkeit an den ,inneren" Oberfl~chen dieser

Kristallporen. Die vorHegende Arbeit geht darauf aus, zu zeigen, dal~ man unter

Zugrundelegung der urspriinglichen Hevesysehen Ansehauung und unter Einffihrnng stark idealisierender Annahmen ffir die Warmebewegung im

Kristallgitter - - die denen ahnlieh sind, die ich in einer friiheren Arbeit 4

zur theoretisehen Kl~rung des Sehme]zvorganges verwandte - - die Ionenleitf~higkeit des Steinsalzes quantitativ in ihrer Temperatnrab- h~ngigkeit ziemlieh riehtig heransbekomm~, ohne der F renke l sehen Ansehauung des ,,Zwischengitterraumes" beizutre~en, und ohne yon den

Smekalschen Kristallporen Gebraueh zu maehen. 2. Die v e r e i n f a c h e n d e n Annahmen . Da die Warmebewegung

in Kristallgittern, sowie die Amplituden der Sehwingungen nieht mehr als sehr klein gelten kSnnen - - und dies ist bei allen Erscheinungen der Selbstdiffusion, Ionenleitf~higkeit, des Schme]zens usw. der Fall - - , sehr kompliziert ist, und man eine entwiekelte Theorie oder aueh nut eine

I A. Smekal, ZS. f. Phys. 36, 288, 1926. F. Zwicky, Phys. ZS. 24, 131, 1923.

3 W. Rogowski, Arch. f. Elektrotechn. 18, 123, 1927. W. Braunbek, ZS. f. Phys. 88, 549, 1926.

Page 4: Eine gittertheoretische Berechnung der elektrolytischen Leitfähigkeit des Steinsalzkristalls

Eine gittertheoretisehe Berechnung der elektrolytischen Leitf~higkeit usw. 687

ansehauliehe Vorstellung dieser Wgrmebewegung noch nicht besitzt, ist

es nStig, stark vereinfaehende Annahmen einzuf[ihren. Damit wird

natarlich yon vornherein anf eine exakte Beschreibung der Erfahrungs-

tatsachen verziehtet, aber man kann hof[en, wenigstens mit einer gewissen N~herung die experimentellen Tatsachen zn-deuten.

In einer frtiheren Arbeit 1 babe ieh zur Erklgrung des Sehmelz- vorganges die ungeordnete Wgrmebewegung des NaC1-Krista]lgitters

einfaeh dnreh eine geordnete ersetz~, ngmlich dureh Sehwingungen des Na-Gitters gegen das C1-Gitter, wobei beide Teilgitter in sich starr ge- daeht waren. Diese sehr rohe Annghernng gen~gt nun offenbar fiir eine

Erkl~rung der Ionenleitfghigkeit nicht. Denn ein so idealisierter NaC1- Kristall hatte his znm Schmelzpunkt die Leitfghigkeit Null, da erst beim Sehmelzen ein Durcheinandergleiten der

beiden Teilgitter stattfinden sell.

Wir wollen daher hier die N~he- rung einen Sehritt weitertreiben, indem wir nicht die ganzen Na- bzw. C1-Teil- gitter start denken, sondern dieEnergie statistisch uu[ die einzelnen Ionen ver- teilen. Die Ideulisiernng sell nur darin

bestehen, dal~ wlr die Schwingungen der

Ionen als l i n e a r annehmen, da ellip- tische Schwingungen zu komplizierte Bedingungen fiir den Sprung eines Ions

9

Fig. 1.

ergeben warden. Die linearen Schwingangen der Ionen sollen im iibrigen s.uf alle Richtungen des Raumes gleichmg~ig verteilt sein.

Ferner maehen wir Gebrauch yon der experimen~ellen Tatsache, dal]

im NaCl-Gitter sich nut die h'a-Ionen an der elektrischen Leitung be- teiligen 9 Wir vereinfachen also alas Problem dahin, dal~ wir tiberhgupt

nur die Bewegung der Na-Ionen ins Auge fassen und die Cl-Ionen an ihren Gitterplgtzen festgebalten denken.

EndIich miissen wir uns noeh ein geometrisehes Bild yon der Art

der Sprange machen, durch die die Na-Ionen ihren Platz im Gitter ver- lassen kSnnen. Im NaC1-Gitter (Fig. 1) liegt jades Na-Ion (1) im Mif~elpunkt eines Oktaeders aus seehs Cl-Ionen (2 bis 7). Fiihren wir das

Na-Ion auf irgend einem - - entsprechend unserer Aanahme linearer Schwingungen geradlinigen - - Wege aus dem Cl-Okf~geder hinaus, so mull

1 W. Braunbek, 1. c. Siehe z. B. D. v. Seelen, 1. e.

Zeitschrif t f a r Physik . Bd. X L I V . 46

Page 5: Eine gittertheoretische Berechnung der elektrolytischen Leitfähigkeit des Steinsalzkristalls

688 Werner Braunbek,

es. dabei eine gewisse Sehwellenenergie ~ fibersohreiten, die yore Wege

abh~ngh Die g e r i n g s t e Sehwellenenergie liegt nun auf den acht gleich- berechtigten Wegen, die dutch die Mittelpunkte der Oktaederfl~chen ffihren. Auf diesen Wegen wird also das Na-Ion v o r z u g s w e i s e seine Ruhe]age (1) ver]assen. Trit t es z. B. im Mittelpunkt M durch dis

0k~aederflaehe 234, so gelangt es ins Innere eines Tetraeders 2348 yon Cl-Ionen - - man kSnnte vlelleioht mit allem Vorbehal~ diesen Raum mit dem F r e nk e 1 sehen Zwisehengitferraum in eine gewisse Parallele setzen - - and kann yon da aus ohne wesentlichen weiteren Energieaufwand dutch

eine der drei fibrlgen Te~raederfl~chen auf einen der Platze 9, 10 oder 11

springen, wenn einer dieser Platze frei ist. Damit hat es dann seine neue Ruhelage erreicht.

Wit wollen nun nu r die Sprungwahrseheinlichkeit des Na-Ions (1) in Betracht ziehen and annehmen, dab dutch einen Sprung dieses einen Ions die Wahrseheinlichkeit far einen Sprung z. B. eines der Ionen 9, 10, I1 sehr stark erh~h~ wlrd, dal] sozusagen das Ion 1 dureh seinen Sprung eines der Ionen 9, 10, 11 verdrangt, und dieses wieder ein wei~eres, so da~ sich der Sprung e ines Ions automatiseh dureh den ganzen Kris~all fortpfianzt.

Die bier entwickelte geometrisehe Vorstelhmg yon der Art des Platzweehsels im NaC1-Gitter is~ nleht zwingend und nich~ die dnzig mSgliehe, aber wohl die plausibelste, die man sieh machen kann. Das Prinzipielle der folgenden Theorie h~ngt aul~erdem von den speziellen geometrisehen Gnmdaanahmen nut wenig ab.

3. Die E n e r g i e v e r t e i l n n g und S p r n n g w a h r s c h e i n l i c h k e i t der N a - I o n e n . Um die Wahrscheinlichkeit eines Platzwechsels eines

Na-Ions anzugeben, mfissen wlr wissen, welcher Bruch~eil der Na-Ionen eine grSflere Energie als ~ hat, d. h. wir miissen die st~tistische Energie- verteilung der Na-Ionen kennen.

Wir benutzen hlerzu das Resultat der - - klassisehea - - Statistik, dal] die Wahrschein]iehkeit w 1 d~ dafiir, daf~ ein harmonischer linearer Oszil-

lator - - als den wir ia unser Na-Ion auffassen - - im Temperaturgleieh- gewieht eine Energie zwisehen e and ~ + d~ besi~zt,

1 WldS -~-. ~ e kT d8 (2 )

ist. Die Wahrscheinllehkeit, daft seine Energie gr[}l]er als ~ ist, is~ somit :

~ w ~ d e -~- e kT . (3) W 2 ~p

Page 6: Eine gittertheoretische Berechnung der elektrolytischen Leitfähigkeit des Steinsalzkristalls

Eine gittertheoretische Berechnung der elektrolyiischen Leitf~higkeit usw. 689

Um hieraus die Wahrscheiniichkeit eines Sprunges zu erhalten,

mfissen wit noch fiber alle Richtungen des Raumes mitteln, da ~a q0 yon

der Riehtung abh~ngt. Wir erhalten so ffir die Sprungwahrscheinllehkeit:

11%d~= 1 fe k~dco, (4) w 8 - - 4 ~

wenn rico das Raumwinkele]ement bedeutet.

D a m m die SprungwahrseheiMichkeit sich in[olge der e-Potenz eng

um die aeht Stellen k l e l n s t e r Schwellenenergie zusammendrangt, brauchen

wir die Integration nut in der Nachbarschaft dieser acht Richttmgen aus- zuffihren und kSnnen hierffir ~ in eine Reihe entwickeln:

= ~0 (1 + c ( ~ + ~ ) + . . . ) , (5)

wo q% alas Minimum der Schwellenenergie in einer der aeht ~inimum-

riehtungen und cr und fl die Winkelabweichungen yon dieser )Iinimum- richtung in zwei zueinander senkrechten Ebenen bedeutet.

Naherungsweise k(innen wir diese Reihe mit den quadratischen Gliedern abbrechen, kSnnen aui~erdem rico durch dtxdl~ ersetzen, und endlieh ohne grol3en Fehler das Integral in (4) yon - - o c bis ~-cr

erstrecken, da die welt aul3en liegenden Teile (grol3es c~ und fl) wegen der e-Potenz fast nichts beitragen.

So wird aus (4) Iiir ]ede der acht 0ktaederflaehen die Sprung- wahrscheinliehkelt:

+oo +:o

wa ---- --4~ e ~ +c~~162

1 - - q~--~ f Cq)oa2 f c(?ofl2 _ _ 4• e kT e k T dO~. e k T d ~ .

--oo --0r

(~)

Die beiden letzten In~egrale haben als Fehlerintegrale ie den Wert

y ~ r k T , und wir erhalten:

k T ~o k T . (7) w 3 - - 4cop ~ e

Dies ist die Wahrscheinlichkeit daffir, da~ ein Na-Ion w a h r e n d s e ine r S c h w i n g u n g s d a u e r v durch eine bestimmte 0ktuederfl~che hindurch- springt.

46 *

Page 7: Eine gittertheoretische Berechnung der elektrolytischen Leitfähigkeit des Steinsalzkristalls

690 Weraer Braunbek,

Die Wahrscheinlichkeit for einen Sprung i i b e r h a u p t wahrend einer Sekunde, oder der Bruchteil der pro Sekunde springenden Ionen, is~ damit:

2 k T ~o : 8. l__.w~ - - e (S)

77 CC]O 0 T

4. T h e o r i e der S e l b s t d i f f u s i o n und I o n e n l e i t f ~ i h i g k e i t . Befindet sich der Na C1-Kristall n i c h t in elnem auBeren elektrischen Feld,

so kommen Spri~nge in allen Richtungen, insbesondere also nach rechts und nach links in Fig. 1 gleich h~iu[ig vor. Es finder also kein ein- seitiger Transport yon Materie oder Elektrlzit~t, sondern nur eine

D i f f u s i o n der Na-Ionen im Gitter start. Sobald wit iedoch ein ~ul]eres elektrisches Feld, z. B. in Richtung 1 --> 4 (Fig. 1), wirken lassen, werden Spriinge in Richtung des Feldes h~ufiger sein als Spriinge in entgegen-

gesetzter Richtung; es bewegt sich ein ]Jberschu~ yon Na-Ionen in Richtung des Feldes; wir haben I o n e n l e i t u n g .

Die Konstante D der Selbstdiffusion kGnnen wir leicht aus Glel- chung (8) erhalten. Diese Konstante ist deflniert durch die Gleichung:

= D O N n~ -- ~-~, (9)

wo nz den in der x-Richtung pro cm u Querschnltt und pro Sekunde

durch den querschnitt wandernden Uberschu~ einer bestimmten Art yon

Ionen bedeu~et, und/V die Konzentration (Anzahl pro cm 3) dieser Ionen

Die bestimmte Art yon Ionen, die im Kris~all ein Konzentradonsgefalle

ON -Ox- haben sollen, wollen wir uns irgendwie markiert denken, um sie yon

den gew~hnlichen l~a-Ionen zn unterscheiden. Es sei z. B. tier Bruchteil

aller Na-Ionen so markiert, wobei a sich in der x-Richtung ~ndert. Wir betrachten nun einen Querschnit~ S dutch den Kristall senkrech~ zur x-Richtung [parallel einer (001)-Ebene.]

Far eine Wanderung durch diesen Querschnitt kommen nut die Na- Ionen der zwei dem Querschnitt S benachbarten (001)-Ebenen in Betracht.

2 gede dieser beiden Schichten enthalt pro c m ~ l~'a-Ionen (a Wiirfel-

kante des Na-Teilgitters), es is~ also die Anzahl markierter Na-Ionen:

2 in Schicht links yon S: ~ u0,

2 ' a oa\Oa in Schich~ rechts yon S: a ~( + 2 ox/-~-'"

Page 8: Eine gittertheoretische Berechnung der elektrolytischen Leitfähigkeit des Steinsalzkristalls

Eine gittertheoretische Berechnung der elektrolytischen Leitfiihigkeit usw. 691

Von allan Na-Ionen springt nun nach Gleichung (7) in einer Sekunde ie

~0 der Bruehtell ~- nach rechts und naeh links. Es springen also yon den

m a r k i e r t e n Ionen yon links nach reehts dutch dea Querschnitt S:

2 w aT go" 5 :

von rechts nach links: 2 ( a Oct) w

a ~ % + f f - ~ x - x if-" Der ~Jbersehul~ nach rechts betr~g~ also pro cm 2 und Sekunde:

1 ~)g n~ ~ - w 2 a O x

4 Die Anz~hl der Na-Ionen pro cm ~ ist ~un - - die Konzen~ration der

6~8 '

maxkier~en Ionen also: 4

N ~ t Z Cb 3

Die G!eichungen (S) und (9), in (6) eingeseizt, liefern:

I 0~ 4 O~. - - w 2a Ox D a 3 0 - x '

a 2 a 2 k T _ ~o

D = ~ - w- -4CqOo~ e k r (10)

Dieser Ausdruek fiir die Selbstdiffusionskonstante hat eine gewisse

Ahnlichkeit mit einer auf ganz andere Weise abgeleiteten Formel yon

F r e n k e l 1 bei der q% die Bedeutung der Sehmelzw~rme hat, w~hrend

nach meiner Theorie des Sehmelzvorganges ~ ~o o ungsfahr die dreieinhalb-

fache Schmelzw~rme sein miifite. Da die Messung der Selbstd]ffusionskonstanten D nicht direkt ge-

ling~ (mit Ausnahme yon Messnngen v. H e v e s y s ~ an radioaktivem

PbCI~) sondern diese riickw~rts aus der gemessenen elektrischen Leit-

f~higkeit berechnet zu warden pflegt, wo]len wit auf einen Vergleich der

Formel (10) mit der Er[ahrung verzichtsn and gleich den Ansdruck Yiir

die elektrische Leitffihigkeit ableiten. Zu c~iesem Zwecke re%sen w~r zunEchs~ Yinden, in welchem Ver-

h~ltnis ein Ionensprung in Richtung des angelegten Feldes wahrschein-

1 j. Frenkel , ZS. f. Phys. 26, 137, 1924. W. Braunbek, L c. S. 558 und 560.

3 G. v. Hevesy, ZS. f. Phys. 2, 148~ 1920.

Page 9: Eine gittertheoretische Berechnung der elektrolytischen Leitfähigkeit des Steinsalzkristalls

692 Werner Braunbek,

licher ist als sin Sprung in sntgegengesetzter Richtung. Besteht sin ~u~eres slektrisehes Feld ~E in der x-Richtung [senkreeht zur (001)-Ebene], so iiberlagert sich der potentiellen Energie eines Na-Ions noeh die yore Feld herriihrende potentie]le Energie

- - E e x ,

w o e -- in den Forme]~ nicht zu verwechse]n mit tier Basis e der natiir- lichen Logarlthmen - - die Ladung eines Na-?Ions, also das elektrische Elementarquantum bedeutet. Fig. 2 m(ige diese Uberlagerung veranschau- lichen. Es ist ersichtlieh, daft ~etzt die Potentialschwells q% in R~chtung

des Fsldes erniedrigt ist ant go - - E e 6' die in entgegengesetzter Rich-

tung aber erhOht auf go ~- Ee 6' da das Ion his zur Potsntialschwelle

a (Oktaederflaehenmittelpnnkt) die Strecke ~ in Richtung des Feldes

zuriieklegt. Wahrend also nach Glsiehung (8) die Wahrscheinliehkeit eines

W Sprunges naeh rechts and nach links gleich grol] ~-- ~ war, miissen wit

nun zwischen elner Wahrschelnllchkeit w+ fiir einen Sprung in Richtung des Fe]des und einer Wahrscheinlichkeit w_ in entgegengesetzter Rich-

[ >

__~_fr . . . . . .

~ " ~ - - - - - ~ v ~ + >- X

Fig. 2. tung unterscheiden. wit, indem wit in Gleichung (8) das ~o dutch

(~o--~ E e ) bzw. (~o + ~ E e )

ersetzen:

Fiir dlsse beideu Wahrscheinlichkeiten erhalten

a ~o - - -: E v

k T u

e kT

C Cp o "g W+

a ~o + ~ E e

k T W _ - - e kT

C 99 0 "~

(11)

Page 10: Eine gittertheoretische Berechnung der elektrolytischen Leitfähigkeit des Steinsalzkristalls

Eine git tertheoretische Berechnung der elektrolytischen Leitf~higkeit usw. 693

e k T ~ ~

Damit erhalten wir aus Gleichung (11):

Wir wollen uns nun auf so schwache Felder beschr~nken, dal~

E klein ist *. Nur in diesem Falle wird namlieh die Diffe- e gegen ~o

renz der Wahrscheinlichkeiten w~ und w_ und damit der Strom dem Felde E

proportional, d. h. nur in diesem Falle gilt das Ohmsche Gesetz.

Unter dieser einsehr~nkenden Bedingung kSnnen wir die e-Potenz

entwieke]n : ~ ~ q~n a2?,e q~o

kT e+---6kT ~ e kT (l + 6kT/aEe~.

kT ~o ( aEe~ W+--c~ov e kT 1 + 6kT]' (12)

w - - c c p o z e kT 1 6kT/

w+ und w sind nun die Bruchteile alier Na-Ionen, die pro Sekunde

in Richtung des Feldes bzw. entgegengesetzt einen Sprung ausfiihren.

Wir betrachten nun wieder, ~hnlich wie bei der Selbstdiffusion, die Ionen,

die yon den dem Querschnitt S benaehbarten (001)-Netzebenen dureh den

Quersehnit~ S springen. Das Feld wirke in der + x-Riehtung. Dann

springen yon der Netzebene links pro Sekunde and cm 2

2 a~ ~- w+

2 Na-Ionen nach rechts durch den Querschnitt S, da a~ die Anzahl von

Na-Ionen im cm 2 der Netzebene ist. Von der Netzebene rechts springen

ebenso 2 a ~ w -

pro Sekunde und cm ~ naeh links dureh den Quersehnitt S. Der 0berschu]

in der + x-Richtung ist also:

2 a~ (w+ - - w ) ,

and da iedes Na-]on die Ladung e transportiert, ist die Stromdichte:

2e j = ~ ( w + - ~o_)

a * Das dem To aach der Gleichung -~ Eo e ~ To eatsprechende Feld Eo w~re

yon der GrSllenordauag 10SVoit/cm, so daft die oben genannte einschr~nkende Bedingung ftir alle prakt isch erzielbaren Feldst~rken rol l erffillt ist.

Page 11: Eine gittertheoretische Berechnung der elektrolytischen Leitfähigkeit des Steinsalzkristalls

694 Werner Braunbek,

oder mit der Gleichung (12):

2 J~ e ~ ~o j - - 3vacqo ~ e k r . (13)

Nun ist die Leitfahigkelt ~ definiert durch die Gleichung:

j = x E .

Wir erhalten also ffir die Ionenleitf~Lhigkeit den endgtiltigen Ausdruck

2 e ~ ~o x - - e k r , ( 1 4 )

3vaccpo oder in logarithmierter Form:

In x = In 2 e 2 ~o o (15) 3r, acepo k T

5. D e r u m i t der E r f a h r u n g . In Gleichung (15) haben

wir einen Ausdruck fiir die Leitfahigkeit gewonnen, der die Form

in u ~--- C 1 C~ (16) T

ha~, d, h. dieselbe Form, durch die sich hack Gleichung (1') die empiri-

schen Ergebnisse darstellen lassen. Es handelt sich nur noch urn einen

Vergleich der Konstanten C 1 und C 2 mit der Erfahrung.

Zu diesem ..Zwecke miissen wir C 1 and C~ zahlenmal]ig berechnen.

Die Griillen e, a und k sind genau bekannt:

e ----- 4 , 7 7 . 1 0 -1~ elst. Einh.,

a = 5 ,63 .10 - s cm,

k = 1 ,37 .10 -16 Erg/Grad.

Dagegen sind die GrSl]en v, c und ~o o nicht ohne weiteres anzugeben und bediirfen noch einer gesonderten Betrachtung.

a) D i e S c h w i n g u n g s d a u e r v. Unter v ist bei wirklichen

Schwingungen die Dauer einer vollen Schwingung zu vers~ehen. In den

Fallen, wo ein Sprung des Ions stattfindet, ist die entsprechende GrSlle

(tie doppelte Zeit, die yore Durchlaufen der urspriinglichen Ruhelage his

zum Durchlaufen der neuen Ruhelage vergeht. Diese Zeit ist offenbar stark abhangig yon tier Energie des springenden Ions. Sie wird unend- lich, wenn die Energie des springenden Ions exakt gleich der Schwellen- energie 9~ ist, denn dann bleibt das Ion auf dem Potentialbuckel mit der Geschwindlgkeit ~Null stecken. Fiir kleinere und grSllere Energien nimmt v

rasch ab, und ftir verschwindend kleine Energie wird v identisch mit der zur ultraroten Reststrahlfrequenz gehiirigen Eigenschwingung vo" Den qualitativen Verlauf -con v mit der Schwingungsenergie e des Ions

Page 12: Eine gittertheoretische Berechnung der elektrolytischen Leitfähigkeit des Steinsalzkristalls

Eine gittertheoretische Berechnung der elektrolytischen Leiff~higkeit usw. 695

zeigt Fig. 3. Fi ir die Spriinge in Frag'e kommen hauptsaehlieh Ionen,

deren Energie e t w a s grS~er als ~0 ist. Die mit t lere Sehwingungsdauer

- - oder besser Sprungdauer - - ~ dieser Spriinge, d~e durch die Gleichung co

e kT d~

_ ~ ( 1 7 ) c~

fl e ~T de

~p

definiert ware, is t also iedenfalls g r ~ g e r Ms %. Ih r genauer Wer t liege

sieh naeh Gle iehung (17) nut angeben, w e a n die genaue A b h a n g i g k e i t

des v yon ~ bekannt w~re. Eine Abseha~zung yon v is t z. B. mSglieh

~A >e ? F i g . 3.

auf Grund der Annahmen, die ich in meiner Arbe i t fiber den Sehmelz-

vorgang 1 ffir den Potenti~lverlauf der Git terversehiebung benutzte. Naeh

diesen Annahmen ware z]2

v ~ - - % , (18)

1 - - q) sin 2 v

0

tmd eine graphische Auswer~ung der Glelchung (17) l iefert v etwas

temperaturabhangig und fiir 100 ~ C:

~ 2 %. (19)

Da diese Reehnungen abet reeht unsieher sind, wollen wir uns damit

begntigen, grSBenordnungsm~13Jg einfach start v den Wer t yon r o einzusetzen,

es ~s~ nut zu beach%n, da~ damit iedeiffalls das theoretisel~e C I der

Gleiehung (16) zu g ro f l ausfaltt. Die Eigensehwingungsdauer z o der

Na- [onen gegen die C1- Ionen is t im Na- C1- Git ter :

vo ~ 2 , 1 . 1 0 -13 see.

1 W. B r a u n b e k , l, e,

Page 13: Eine gittertheoretische Berechnung der elektrolytischen Leitfähigkeit des Steinsalzkristalls

696 Werner Braunbek,

b) Die P o t e n t i a l k r i i m m u n g c. Die ,,Kriimmung" c des Gitter-

potentials an der Stelle des versehobenen Na-Ions (Lage 3 / i n Fig. 1) ist

definiert dutch Gleiehung (5):

qo ~ ~ o + C~o & + ~ ) + "'" Wir wollen nun eine kleine Verschiebung der Lage M in de r 0 k t a -

e d e r e b e n e 234 (Fig. 1) ~ nennen, z. B. die Verschiebung in Riehtung

M - ~ 2. Die dazu senkreehte Verschiebung in d e r O k t a e d e r e b e n e sell

a 1/- ~ ist: heiflen. Dann ist, da die Entfernung 1 -~ M ~

tz - - .und ~ - - - - ,

g[3 g

Gleichung (5) schreibt sich dann:

12 c q% 0 o = 0 % + a ~ - ( $ ~ + ~ ) + " "

Fafit man dies als T a y l o r s c h e Reihe auf, so finder man

~ - = ~ ' ,3~]o (20)

wo ~o der Potentialuntersehied zwischen Lage 1 und Lage M ist

(Schwellenenergie), und der Differentialquotien~ im Punkt M zu nehmen ist.

I s t das KraRgesetz der Ionen im Na-Git ter :

e 2 b !b - - r + rS fiir ungleiehnamige Ionen,

e 2 1 b (21) ~ -~ r 2 r s fiir gleichnamige Ionen 1

bekannt, so lallt sieh das Gitterpotential in irgend einer Anordnung dureh Summlerung linden in der Form:

e2 C' b (22) W = - - C - - + a a ~ "

Aus der Forderung, dal] in dex Normalunordnnng (Potential ~I~1)

Gleiehgewicht bestehen sell, also

o)a - - sein mull, ergibt sich:

b ~--- C" e 2 a T, (23)

Siehe z. B. M. Born, Atomtheorie des festea Zustandes.

Page 14: Eine gittertheoretische Berechnung der elektrolytischen Leitfähigkeit des Steinsalzkristalls

Einr gittertheoretische Berechnung der elektrolytischen Leitf~higkeit usw. 697

so daft irgend ein Potential der Form (25), z.B. auch die Schwellen- energie ~0, auf die Form gebraeht werden kann:

q% = C - - - (24) a

Der zweite Differentialquotient ergibt sich naeh Gleiehung (24):

c)$ ~ - - O r ~ e~ (r, D : - - 2 -~ cos ~ (r, ~) + 72 ~ cos ~ (r, ~) (25)

ffir ungleichnamige und entsprechend ffir gleiehnamige Ionen. Die Snmmierung fiber das ganze Gitter liefer~ hier tinter Berfiek-

slchtigung yon (26) ffir [ O ~ die Form: \d Vo

(0 _= e (26)

Setzt man (27) und (29) in (23) ein, so wird

c : 2--4" :~" (27)

Die numerische S,rnrn;erung im vorliegenden Fall liefert:

= 1,02,

= 203,

aho nach (30): c ~ 8,3.

e) Die S c h w e l l e n e n e r g i e ~o- Da eine direkte gittertheoretisehe Berechnung der minimalen Schwellenenergie r bel unserer heutigen Kenntnis der Atomkr~P~e und der Art der Gitterschwingungen einen viel zu ungenauen Wert liefern wfirde, wollen wit die GreBe ~Po indirekt aus der Schmelztemperatur entnehmen, die ich friiher schon ~ auf diese Gri~$e zuriickge~hrt habe.

Nach Gleichung (I 1) meiner Arbeit iiber den Sehmelzvorgang t ist im biu~ren Ionengitter (n = 2) die Sehmelztemperatur:

A A T , , = ~ . 0 , 3 1 = o, ao3 ~-. (28)

Dabei ist A die Schwellenenergie pro Mol, also:

A r - - ( 2 9 )

/~ k Damit erhalten wir:

~__~o _ _ 9,7 T , ~ , (30) R - -

1 W. B r a u n b e k , L c.

Page 15: Eine gittertheoretische Berechnung der elektrolytischen Leitfähigkeit des Steinsalzkristalls

698 Werner Braunbek,

und die Glelchung (15) fiir die Leiff~higkeit geht fiber in:

e ~ T~ In% ~ In - - 9,7 - - (31)

14,6 Vo a c k T ~ T

Setzf man hierin die Wer t e tier GriiJ]en e, Vo, a, c und k sowie den

Sehmelzpunkt des Steinsalzes, Tsm --~ 1073, ein, so erh~]t man die Kon-

stanten Cj und C~ der Leitfahigkeitsformel zu:

e 2

C 1 ~ in 14,6VoaCkTs~ ~ 2 7 , 7 /

C: ---- 9,7 T ~ ~ 10400.

Zum Vergleieh mit diesem theoretischen Ergebnis seien die Mes-

sungen yon v. S e e l e n 1 herangezogen, die im Temperaturgebiet 20 bis

500 ~ C sieh ziemlich gut dureh die Formel

10700 In ~ ~ 25,9 T (32)

darstel len lassen. Wie weir diese empirische Formel den ]~Iessungen

gereeht wird, zelgt Tabelle 1:

Tabe l l e 1.

in ~ In - T O gemessen yon

v, Seelen 1 nach Gleichung (32)

20 100 200 300 400 500

293 373 473 573 673 773

- - l O , 8

- - 2 , 7

.4- 3,0 + 6,3 -~- 9,3 + le ,9

- - 1 0 , 6

- - 2,8 @ 3,3 + 7,2 + 10,0 + 12,1

Die Messungen der LeRf~higkeit des Steinsalzes yon v. R a u t e n -

~e ld ~ im Temperaturgebiet 630 his 800~ zeigen sehon betraehtl iche

Abweichungen naeh oben yon der Formel (32), die sich iibrigens schon

bei den hohen Temperaturen der S e e l e n s e h e n Messungen bemerkbar

maehen und wohl I mit der Ann~herung an den Schmelzpunkt zusammen-

hangen.

Da die bei m~l~igen Temperaturen herrsehende Gesetzmal]igkei~ (32)

zweifellos einfacheren VerhMtnissen entspricht, seien die dureh sie aus-

1 Die Seelenschen ~eflergebnisse sind hier auf das elektrostatisehe CGS- System umgerechnet.

1~. v. R a u t e n f e l d , 1. c.

Page 16: Eine gittertheoretische Berechnung der elektrolytischen Leitfähigkeit des Steinsalzkristalls

Eine gittertheoretische Berechnung der elektrolytischen Leitf~higkeit usw. 699

gedrfickten Seelensehen Messungen allein zum Vergleich mit unseren

theoretlsehen Ergebnissen herangezogen. Dieser Vergleich lie[err:

inn ~ 25,9 10700 ] T (experimentell),

10400 lnn ~ 27,7 (theoretiseh). |

T

(~)

Die Theor~e lie[err ~lso auger der richtigen F o r m der Temperatur- ubh~ngigkeit deren Be*r~g (Konstante Ca) auf wenige Prozente richtig, w~hrend sie den Absolutwer* der Leitf~higkeit (Konstante C1) nur grSBen- ordnungsm~ig ungef~hr richtig wiedergeben kalan: (Die Dif[erenz 1,8 im n~ti~rlichen Logurithmus entspricht einer Diskrepanz tier x-Werte um einen F~ktor 6.) D~e Theorie liefert, w~e dis @lcichungen (33) zeigen, die Leitf~higkeit zu hoeh. Ein Teil des Untersehiedes l~fi~ sich darauf zurtiekf~ihrea, da~, wie sehon frffher ausge[fihrt, die benutzte Schwingungs- dauer z o sieher zu klein ist. Wenn uber die frfiher ausgef~ihrte Uber- schlagsrechnung richtig ist, die die ,,effektive" Schwingungsd~uer zu ungef~hr 2 z 0 ergab, so bleibt immer noch ein Faktor 3 ~brig, der eben au[ die Unzul~ngliehkeit der zugrunde gelegten modellm~igen Ver- stellungen zu schieben ist.

Befriedigend ist die gute Ubereinstimmung mlt der Erfahrung [fir die Konstante Ca, die yon den speziellen Modellvorstelhngen ia sehr wei~gehend unabhgngig ist, und in deren Berechnung eigentlich n u r die Voraussetzung eingeht, dal] ~iir den Pl~tzwechsel bei der I o n e n l e i t u n g im wesentliehen d i e se lbe S c h w e l l e n e n e r g i e ~o mal3gebend ist, wie [fir den Platzwechsel beim Schme]zen . Diese Vorstellung scheint mir durch die numerische Ubereinstimmung yon C 2 eine wertvo]le Stfitze er- halten zu haben.

Die grS]enordnungsma~ige Ubereinstimmung der an[ Grund der P]a~z- wechseltheorie berechneten nnd der beobachteten Leit[ahigkeit scheint welter darauf hin~uweisen, dal~ - - mindestens far Kristulle yore Na-C1- Typ - - die Smekalschen Gitterporen keine w e s e n t l i c h e Rolle [fir die GrSBe der elektro]ytischen Leltfghigkeit spielen, und da~ ~eden[alls kein zwingender @rnnd darer besteht, diese (}itterpore~ ~llein ~r die Leit-

f~higkeit ver~n~wortlieh za machen.

S ~ u t t g a r t, Physikalisehes Ins~itu~ der Teehnisehen Hochschule.