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Eine nicht-lineare, phZnomenologische Theorie der Supraleitung Von M.v. Laue (Mit 1 Abhildung) Inhaltsubersicht Die hier vorgetragene neue Form der phanomenologischen Supraleitungs- theorie ubernimmt von den alteren Formen die Treiinung des Leitungsmechanismus in einen 0 h m schen und einen Supraleitungs-Anteil. Sie ubernimmt weiter fur den letzteren die L o n d o nschen Gleichungen, ersetzt aber den bisher linearen Zusammen- hang zwischen Supra-Impuls und Supra-Stromdichte durch einen nichtlinearen, den sie poch in weitem Umfange unbestimmt 1aBt. Trotzdem kann sie alle wesent- lichen Satze der alteren Theorie, soweit diese sich auf stationare Falle beziehen, ganz oder - wie beim MeiBnereffekt - in ihren wesentlichen Zugen iibernehrnen und bleibt dabeiin ubereinstimmung mit der Erfahrung. Wesentliche Unterschiede mu& ten bei den elektrischen Wechselfeldern auftreten, sofern die Schwingungsamplituden zu groB werden, um in den Bereich der linearen Naherung zu fallen, die fur schwache Felder weiterbesteht. Diese neue Form ist geeignet, die Idee einer maximalen Stronidichte einzu- bauen und damit dcr Quantentheorie der Supraleitung entgegen zu kommen. $1. Londons Theorie der Supraleitung setzt neben den Maxwe llschen Differentialgleichurlgen zwei Grundgleichm~gen fur den Mechanismus der Supra- strijmwig an, in denen der von inirl) als Supra-Impuls bezeichnete, von der Supra- stromdichte 31 abhangige Vektor @ auftritt. Sie lauten: 6 - = (& Gt -c rot = @. (2) In der iltesten Fassung der Theorie war mit einein skalaren, nur vonl Material und der Temperatur abhangigen Faktor G = n31. (3) 8, = r&&3 (a = 1,2,3): (4) Um auch nicht-kubische, supraleitende Kristalle einzubeziehen, erweitcrte ich 2, diese Beziehung zu P 1) &I. v. Laue, Theorie der Supraleitung, 2. Aufl. Berlin u. Gijttingen (im Ilruck). 2) M. v. Laue, 1. c. u. Ann. Plysik 3, 31 u 40 (1948). (3 ist dort als Vektor (A 3') be- nnnnt. Ann. Physik. 6. Folge, Bd. 5 14

Eine nicht-lineare, phänomenologische Theorie der Supraleitung

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Eine nicht-lineare, phZnomenologische Theorie der Supraleitung

Von M.v. L a u e

(Mit 1 Abhildung)

Inhaltsubersicht Die hier vorgetragene neue Form der phanomenologischen Supraleitungs-

theorie ubernimmt von den alteren Formen die Treiinung des Leitungsmechanismus in einen 0 h m schen und einen Supraleitungs-Anteil. Sie ubernimmt weiter fur den letzteren die L o n d o nschen Gleichungen, ersetzt aber den bisher linearen Zusammen- hang zwischen Supra-Impuls und Supra-Stromdichte durch einen nichtlinearen, den sie poch in weitem Umfange unbestimmt 1aBt. Trotzdem kann sie alle wesent- lichen Satze der alteren Theorie, soweit diese sich auf stationare Falle beziehen, ganz oder - wie beim MeiBnereffekt - in ihren wesentlichen Zugen iibernehrnen und bleibt dabeiin ubereinstimmung mit der Erfahrung. Wesentliche Unterschiede mu& ten bei den elektrischen Wechselfeldern auftreten, sofern die Schwingungsamplituden zu groB werden, um in den Bereich der linearen Naherung zu fallen, die fur schwache Felder weiterbesteht.

Diese neue Form ist geeignet, die Idee einer maximalen Stronidichte einzu- bauen und damit dcr Quantentheorie der Supraleitung entgegen zu kommen.

$1. Londons Theorie der Supraleitung setzt neben den Maxwe llschen Differentialgleichurlgen zwei Grundgleichm~gen fur den Mechanismus der Supra- strijmwig an, in denen der von inirl) als Supra-Impuls bezeichnete, von der Supra- stromdichte 31 abhangige Vektor @ auftritt. Sie lauten:

6 - = (& G t

- c rot = @. (2)

In der iltesten Fassung der Theorie war mit einein skalaren, nur vonl Material und der Temperatur abhangigen Faktor

G = n31. (3)

8, = r&&3 (a = 1 ,2 ,3 ) : (4)

Um auch nicht-kubische, supraleitende Kristalle einzubeziehen, erweitcrte ich 2,

diese Beziehung zu

P

1) &I. v. Laue, Theorie der Supraleitung, 2. Aufl. Berlin u. Gijttingen (im Ilruck). 2) M. v. Laue, 1. c . u. Ann. Plysik 3, 31 u 40 (1948). (3 ist dort als Vektor (A 3') be-

nnnnt.

Ann. Physik. 6. Folge, Bd. 5 14

198 Annalen der Physik. 6 . Folge. Band 5 . 1949

in welcher 3Lbp eincn symmetrischen Tensor zweiten Ranges bedeutet. Kiirslich hat iiun K o p p e 3, die Beziehung (3) durch eine nicht-lineare ersetzt, urn die Idee einer vom Material und der Temperatur abhangigen Maximal-Stromdichte I,, einzufiigen, auf wclche H e i s e n b e r gs Quantentheorie der Supraleitung 4 , hinweist. K o p p e ninimt an:

p7 bedeutet cine Funktion, welche bei Anniiherung des Betrages 131 1 an I,,, iiber alle Greiizen wachst. AuDer in der zitierten Veroffentliehung wird K o p p e in den ,,Ergebnisseu der exakten Naturwissenschaften" von 1949 eine ausfiihrlichere Darstellung geben;welche ich schon im Manuskript einsehen durfte, und aus der Ich niit Genehmigung des Verfassers einiges iibernehme 5 ) .

K o p pe beriihrt aber nicht die eigentliche Grundfrage jeder Theorie der Supra- leitung, oh es namlich ein vom Vcktor s1 abhiingiges Spannungsqystem gibt, wclches in1 stationiiren Ball die Krafte dcs Magnetfeldes auf die Trager des Supra- stroms aufnimnit und an die Oberflache des Leiters ubcrtragt, so daR die Materie. keine Volumcnkrafte erfiihrt; derin solche ICrafte vertragen sich schlecht mit den Erfahrungen iibcr das Verschwinden des Potentialgefalles bei stationarer Supra- strdniung unrl cier Unverschiebbarkcit der Stromlinien. Auch ist dic: in (5) ge- machte Annahme, da13 und 31 gleiche Richtung habcn, in1 nicht,-linearen Fall nicht einmal fur den kubischen Kristall gewahrleistct. Nur, falls s1 zu einer Sym- metrie-Achse des K r i s t d s parallel flieBt, kann nian dies verbiirgen, d a m freilich auch fur niclrt-kubische Iiristalle. Die folgenden Ausfuhrungcn sollcn zunachst. (Q 2-§ 4) dieee Liicken schlieBen, des weiteren aber auch zeigen, was von den all- gemeinen Satzen der linearen Theorie beini ubergang zur nicht-linearen erhaltcn bleibt.

a19 umkehrbar eindeutige Punktionen dcr Komponenten 3: an, denen wir nur wenige Beschrankungen auferlegen. Die

wesentlichate ist, daD das Zeitintegral 1 (Sz 0;) dt, welches den Maxwellschen Gleichungen zufolge die Arbeit des elektrolnagnetischen Pt l ies am Mechanismus der Supraleitung miBt, die n u r v o m E n d z u s t a n d e a b h a n g i g e Energiedichte WZ angibt, die mit der Stromdichte $L verbunden ist ". Ohne diese Voraussetzung fiihrte die Theorie auf Energie-Umsetzungen im Supraleiter, von denen das Ex- periment keine Kuiide gibt. Nach (1) ist aber

3 2. Wir nehmen die Komponenten

t

3, H. Koppe, Z. Naturforsch. 48, 74 (1949). 4, W. 'Heisenberg, Z . Naturforsch. 2a, 185 (1947); Gdttinger Nachr. Mathem.-

Physik Klasse 1947, S. 23; Z. Katurforsch. ?a, 65 (194'3); Ann. Physik 3, 2d9 (1948).

6, Dort setzt Koppe als Reispiel p = 2- an. Fur jede Funktion p

v 1 - (:y erfiillt (5) die Bcdingung.cn (8).

*) Gemeint ist hier und im Folgenden stets die f r e i e Erlergie.

M. v. Laue: Eine nicht-lineare, phanomnologische Thwrie der Xuprakitung 199

Also haben wir zu fordern, da13 in der Gleichung

@ 38

wz = f ti, dg) = (3~ CY)- J (9, di) (7)') 0 0

die beiden miteinander verkniipften Integrale nur vom Endzustande abhangen, gleichgiiltig, auf welchem Wege im Raum der (3, oder der ,$ man integriert. DG notwendigen und hinreichenden Bedingungen dafiir lauten bekanntlich :

Fiir den linearen Fall von G1. (4) gehen sie in die Symmetrieforderung 1,s = A,+ iiber.

Ferner nehmen wir an: Es Iiegt zwischen: den Vektoren @ und ,$I stets ein spi tzer Winkel, so dall, auller fur 3z = 0,

(32 a) .> 0 (9)

wz > 0, (10) ist. Dann ist notwendig auch

@ weil wir in GI. (7) das Integral (i, dg) langs einer Geraden im B-Raum ausfiihren

diirfen, die den Nullpunkt mit dem Endpunkt verbindet. A d ihr sind uberall die Komponenten dg, mit positivem Faktor proportional zu den jeweiligen g,,

so daB (i, dg) > 0 ist. Aus dem entsprechenden Grunde ist auch (9, di) > 0,

folglich nach (7):

0

31

0

wz < (32 (35). (11)

Die Flachen Wz = const. sollen im Raum der @,wie in dem der 3, geschlossene Schalen mit dem Nullpunkt als Mittelpunkt sein8). Dies bedeutet u. a. gleich- zeitige Vorzeichenumkehr an den Komponenten von (3 mit denen von 319). Wachst 31 bei festgehaliener Richtung, so sol1 auch der Betraga von azzunehmen.

Fur hinreichend schwache Stromdichten betrachten wir die lineare Theorie der GI. (4) a18 Naherung; gleichzeitig mit 32 wird @ Null und umgekehrtlo).

Wir schliellen nicht Bus, daD im sz-Raum eine der Flachen Wi = const., obwohl sie uberall im Endlichen liegt, unendlich grodem W z entspricht. Dann kann 31 nie iiber sie hinaus wachsen. Auch @ wird an ihr unendlich, we2 nach (11) endlichem 3t qnd @ auch ein endliches Wl entsprache.

') Urn die Integrationsvariablen Ton den Integrationsgrenzen zu unterscheiden, benutzen wir fur erstere kleine Buchstaben. Zwischen 8 und i besteht also derselbe Zu- sammenhang, wie zwischen 0 und 3'.

8 ) Naoh Koppes Ansatz 6) sind diese Fliichen Kugeln. Im kubischen Kris tahptem miiBten sie es fiir kleine 3' sein, weil &M die lineare G1. (3) gilt, aber nicht fiir gofiere 3;.

0 ) Letztere Annahme wird im Folgenden nicht benuizt. lo) Wie fitiher begriindet, darf die Determinante der & p von GI. (4) nicht Null sein;

dies verbiirgt die Aufliisbarkeit der Gleichungen nach den 3;. 14*

200 Altnalen der Physik. 6. Folge. Band 5. 1949

5 3. Die folgende Rechnung 1aBt es zweckmal3ig erscheinen, Wz als skalares Produkt darzustellen mit 32 als einem der Faktoren. Deswegen fiihren wir als RechnungsgroSe den Vektor Q durch die Forderung eih:

Er ist Funktion der 3:.

Abb. 3. Zur Auswertung des uber eine Gerade im Raum der 3:zu erstreckenden Integrals az 13' 1

. . (R i) I4

0 0

stellt die Abbildung die zu di parallele Komponente voq 8, d. h. als Funktion des

absoluten We* [tl (oder was dasselbe sagt, - (@ '* ) als Funktion von 1 J z 1) graphisch dar fur drei Falle, bei denen die Integration immer vom Nullpunkt zu demselben Endpunkt Jcim genannten Raume fiihrt. Nach dem linearen Gesetz (4) ist aucb - eine lineare Funktion von IJc 1, entsprechend der hier gezeichneten Geraden. Die Kurven a und b stellen zwei typische Abweichungen der Linearitiit dar.

13'1 (8 38 1 1.3'1

sein, so empfiehlt es sich, durch Einfiihrung des m @ antiparallelen Vektors 81 I (9, di)

a'=-"-. @ (14) 9 ((31 3')

Q = 2 a + 8'. (15) als Surnme darzustellen:

Damit ist in Erganzung der Definition (12) Q als zu @ parallel festgesetzt; jedoch ist das unwesentlich, da es im foIgenden n u auf die skalaren Produkte von El und @' mit 3l ankommt.

Im linearen Fall der GI. (4) wird 3' 8'

J (9, di) = J 2 A a p iadip = 4 E A a F $ $ = 4 (83') (16)

@'=-@, E l = @ . (17)

0 0 as aS und nach (13) und (14)

Darin liegt der Grund, aus welchem die lineare Theorie den Vektor D, nicht brauchte.

Fiihrt man die Integration 1 (9, di) wie oben langs einer Geraden im 3l-Raum aus, 3'

0

M . 27. Laue: Eine nicht-lineare, phamrnenobgische Theorie der Supraleitung 201

so ist dabei die zu di parallele Komponente von g zum Betrage I i 1 proportional. (Abb. l), 1st dieser Zussmmenhang statt dessen durch eine Kurve vom Typus Q

gegeben, so ist

(18)

I @ ’ l < I @ l , l Q l > I @ l (19)

(20)

Q 4. Nun hehaupten wir: Der gesuchte Spannungstensor ist gegeben durch die

(21)

3’

J (g, di) < i (8 $ 2 ~ 0

also nach (14) und (15)

und nach (12)

Im Fall der Hurve b ware es umgekehrt.

Gleichungen :

oder, was nach (12) Dasselbe sagt:

W‘ > 4 (y 8).

DIIp = 3: Ga- an,5 W‘ ( N , /I = 1 ,2 ,3 )

01, =$’ a1-a (3: 0, + 3; Da + 3’3 EJ, @,, = 3: @,, @,, =; $I @I USW.

(22)

G1. (21) gilt genau so in der linearen Theorie; der Unterschied konynt erst in (22) zum Ausdruck, da wir in der linearen Theorie @ statt El zu schreiben hatten.

Zum Beweise berechnen wir den Vektor Div8. Seine 2,-Komponente wird nach 122)

mit den Benennungen :

Nun ist aber, wenn wir nach (15) an passenden Stellen 8’ einfihren:

Nach (23) ergibt Addition aller dieser Werte

202 Annulen der Phpik; 6. F o e . Band 5. 1949

Bisher haben wir G1. (14) noch nicht benutzt. Mit deren Hilfe 1113t sich nun zeigen :

3'

Q ($2 G') = - s 2 B Y diY O Y

Demnach R = 0. Daraufhin schreiben wir G1. (24) sogleich in Vektorform:

- Div 0 = - @ diy $2 + [$2 rot (31. (25)

Dies unterscheidet sich n i ch t mehr von der entsprechenden Be- ziehung in der l inearen Theorie, abgesehen von einem hier unberiichichtigten Gliede, welches dort von einer etwaigen Inhomogenitat des Leiters herriihrte 11).

Der Beweis, des Impulssatzes verlauft daher des weiteren genau wie friiher. Man wandelt GI. (25) mit Hilfe der Kontinuitatsgleichung

und der Gl: (2) urn und beruft sich auf die aus der Maxwellschen Theorie wohl- bekannte Beziehung fiir den elektrischen und den magnetischen Spannungs- tensor, T (e) und T (@),

- D i v ( i l ' ( ~ ) + T ( ~ ) ) = e ~ + ~ t ~ @ l + $ ~ r ~ ~ l , 1

in welcher e die Summe der Dichten ez und eo fur den Supra- und den 0 h m when Strom-Mechanismus, 3 entsprechend die Summe aus der beiden Stromdichten sz und So bededtet. Genau wie friiher findet man dann als Impulssa tz die Gleichung :

a 1 -Div (T (W + 27 ($1 + @) = Q'G + +[Y @I + ~ ( 7 [@@I + (3). (26)

Die an ihn anschlieoende Diskussion iiber die Bedeutung von $ @ als Impula- dichte bleibt ebenso unverandert, mie die der aus (21) folgenden Anti-Symmetrie- Relationen

&- o,, = [@ $ql usw. (27)

11) Abgesehen von den 3; hiingen W' und die @a noch von gewissen Parametern p,, ab, die ihrerseits mit der Tampemtur und VOQ Substanz zu Substmz variiercn. Wo die Ternperatur unqleiohmaBig ist, oder wo zwei Supraleiter aneinander gelotet sind, sind dann die p,, Funktionen des Ortes. Infolgedessen ist die zweite der Gleichungen (24a) in dcr folgenden Weise z\l ergiinzent

Zu den rechten Seiten vog (25) und (26) tritt dann der 3'

9t

2- diy.

Summand Y

hinzu .

M . v. h u e : Eine nicht-lineare, phanomenalogische Thwrie der Supraleitung. 203

Nur erhflt letztere jetzt auch Bedeutung fur das kubische System, da auch in ihm (siehe 8 1) Supra-Inpuls und Supra-Stromung im allgemeinen nicht mehr dieselbe Richtung haben.

Fur den stationaren Fall insbesondere folgt aus (26) wegen Q? = 0 und 3 = 0:

Div (5" (@) + 0) = 0 (28) d. h.: Auf die Materie wirken keine Volumenkrafte.

$5. Uuterschiede gegen friiher treten hingegen auf, wenn wir die Spannungen aelbst diskutieren. Dazu verlegen wir fur den zu betrachtenden Raumpunkt die z,-Achse in die Richtung von 3z. Nach (21) wird dann

0 - @ - - W l ,

0 3 1 = 3: @. (29)

0 1 1 f 3; 8 1 - wz, az - 33 - @,I = 3I 8 2 ,

Die vier anderen Onp sind Null. Im allgerueinen ist, wie das Auftreten von 0, und O,, zeigt, die Stromlinie keine ausgezeichnete Achse des Tensors; dam mu8 vielmehr noch 8 dieselbe Richtung wie 32 Iiaben. 1st aber diese Bedingung er- fiillt, so ist erstens der Tensor symmetrisch und die Stromlinie eke seiner Haupt- .achsen, zweitens herrscht zwar noch senkrecht zu ihr, wie fruher, der Zug Wz und parallel zu ihr ein Druck. Jedoch i5t letzterer gemaB (20) fiir den durch Kurve a in Abb. 1 dargestellten Fall kleiner als Wz, fiir den Fall b groDer, wahrend er in der linearen Theorie gleich Wl war. Wir erinnern, daD nur die Kurve a zu der Idee einer Maximal-Stromdichte pil3t.

Auf jeden Fa l l jedoch h a t nach (29) die g r a f t , welche ein ZUI Be- grenzung des Lei ters paral le ler Supra-St rom auf deren Flachenein- he i t ausiibt , eine senkrecht ins Inngre ger ichtete Eomponente vom Bet rage Wz. Daher l au te t die thermodynamische Gleichgewichts- bedingung fur die Grenze zwischen Normal- und Supralei ter genau wie fruher:

1 - fn - fu W - - V '

und f x und fs bedeuten dabei die freien Energien pro Mol des Normal- und des Supraleiters, V daa gemeinsamen Molvolumen.

Meist setzt man freilich unter Beschrankung auf ,,dicker' Leiter auf die linke Seite dieser Bedingung 4 HJZ, wo Ho den Betrag der magnetischen Feldstiirke in dem betrachteten Punkte der Oberfliiche darstellt. Um dies hier abeuleiten, brauchen wir die Theorie des MeiBnereffekts.

5 6. TVir fragen zu diesem Zwecke nach dem stationaren Zustand, der sich einstellt, wenn die FeldgroDen alle nur von der einen Eoor4inate za abhangen. Um die Divergenzbedingungen div 3 = 0 und div ,Q = 0 zu befriedigen, miissen wir sogleich 3: = 0 und @, = 0 ansetzen. @a iut im allgemeinen von Null verschie- den.

GI. (2) ergibt unter diesen VerhaItnissen:

Und die Maxwellsche Gleichung % = c * rot sj vereinfacht sich zu:

204

Elimination von $j fiihrt auf die Differentialgleichungen :

Annulen der Phy8ik. 6. Folge. B a d 5. 1949

welche sich unter der Annahme (3) auf die bekannte Differentialgleichung d9u 1 --- U = O d l : ex I.

reduzierten. Erweitert man die erste GI. (33) mit @jl, die zweite init BZ, so ergibt Addition :

Multipliziert man andererseits die antereinander stehenden Gln. in (31) und (32) miteinander, so liefert Addition wegen (7):

oder bei Einfuhrung der Integrationskonstanten C Wl = Q @-- C. (35).

(36)

Benutzt man dies in (34), so folgt: dz - d2: ((3; + a;) 7 $ ((32 @) + W'+ C).

Sobald der funktionale Zusammenhang zwischen @ und 3c festgelegt ist, sind auch (32 0) und W als Funktionen von 3: und 3; bekannt.

Fiir genugend schwache Felder, d. h. im Bereiche der Naherung (4), sind (3t @) und W1 beide proportional zu ($5; + a:, wobei der Proportionalitatsfaktor noch vom Verhaltnis @jl/@j2 an einer bestimmten Stelle x3 rtbhiingt. Setzen wir d a m z3 = z, + = u (z), so ist nach (34) u" > 0, die Kurve u (z ) also uberall nach oben konkav. Im' Giiltigkeitsbereich der Naherung (4) insbesondere nimmt (36) die Form an

wobei C' zu C proportional wird. Diese Gleichung aber hat die Losung

U" = A2 (U + C'),

u+(J'= B . e i A ( Z - Z e ) ,

wo B eine hier nicht naher zu bestilmnende Konstante bedeutet. Wir benutzen das untere Vorzeichen und wahlen in (36) C = 0, also auch

G' = 0. Bei immer mehr wachsendem z geht u, also auch GI und G2, immer mehr zu Null. Nach (31) und (32) gehen also auch die Vektoren 3 und $? dabei exponen- tiell zu Null. In der negativen z-Richtung hingegen wachst (a: + ($5;) immer mehr, schliel3lich iiber alle Grenzen t es kommt auf den funktionalen Zusammenhang von @ und St an, ob ein unendlicher Wert schon bei endlichem oder erst bei ne- gativ unendlichem z erreicht wird. Auf jeden Fall aber kann man ea durch WahE van z, dahin bringen, da5

d@., @2 = c'((z)l+ (z))

M . 1'. Lcuc: Ezm iaicht-linear?, phnnomenologisrhe Theorir der Supraleitung 205

bei z = 0, d. h. bei x3 = 0, einen vorgeschriebenen Wert Ho' annimmt. Um dort auch eine vorgegebene Richtung fur @ zu erzielen, haben wir inimer noch die Freiheit, zu Beginn diesen Uberlegung das Verhaltnis GI/@* passend zu bestimmen.

Nun erfiille der Supraleiter den Halbrauni x, > 0; bei x3 < 0 herrsche das honiogeiie Magnetfeld Ho. D a m gibt dieser Losungstypus den MeiSnereffekt, namlich die Verdrangung des Feldes aus dein Inneren und seine Beschrankung auf eine gewisse unter der Oberflache liegende Xchutzschicht. Beini Fortschreit,en ins Innere klingt das Feld zuletzt auf jeden Fall exponentiell ab.

GI. (35) enthalt erst,ens die Bestatigung der allgemeinen, in (28) enthaltenm Aussage, daS das Innere kraftefrei bleibt. Denn nach (29) gibt Wl den Betrag des von der Stroniung herrubrenden Zuges in der xa-Richtung, wahrend bekannt- lich $ .Qz der Bet,rag des Druckes ist, der senkrecht zu einer magnetischen Kraft- linie herrscht.. Sie setzen sich nach (35) zu einer von x3 unabhangigen Spannung zusammen, welche keiiie Kraft in dieser Richtung hervorruft. Zweitens aber folgt aus (35), da13 fur die Oberflache eines dicken Korpers (C = 0) W' = dHo' ist, die Gleichgewichtsbedinguiig (30) also die gewohnte mid experimentell bestatigte Form annimmt,:

(37) $ HO? - fh' - f Y 1 : '

Die gesamte Theriuodynamik des Phaseniiberganges 1aDt sich bekanntlich aus ihr ableiten, bleibt also unberuhrt von der hier vorgenonimenen h d e r u n g der Elektrodynamik. Das darf uns nicht wundern ; sprach doch die erste, mit einem Kreisproze8 langs der Ubergangskurve operierende Begriindunglz) gar nicht von der Elektrodynaniik, In1 iibrigeii bleibt es m. E. ein Vorzug unserer Darstellung, da8 sie die Tatsache cines magnet.ischen Schwellenwertes nicht vom Experiment, zu ent,lehnen braucht, sondern aus dem Spannungstensor 0 ableitet.

Fur eine planparallele Platte ist in (35) C' voii Null verschieden. Und zwar iut C > 0, wenn beiderseits dasselbe Magnetfeld No herrscht: denn d a m ist aus Sym- metriegriinden in ihrer Mitte s= 0, aber 8 (sofern das Feld die Platte durch- dringt) von Xu11 verschieden. Es ist C < 0, wenn niaii einen Strom durch die Platte leitet, weil in diesenl Fall in ihrer Ifitte ,$j = 0 uiid sz von Null verschieden ist. In beiden Fallen folgt aus (36) eine von (37) abweicheilde Gleichgewichtsbe- dingung; die Unterschiede treteii natiirlich nur fur diinne Platten mit unvollkomme- nem MeiDnereffekt zutage. Die Grenzfeldstarke, n-elche diinne Supraleiter noch gerade ertragen, hangt, also, wie in der linearen Theorie, niit ihren Dimensionen zusammen, lafit sich jedoch erst berechnen, wenn der Zusamnienhang von G und 31 bekannt ist. Aber qualitativ zeigt unsere Uberlegung, daB die Grenxfeldstarke fur dunne Leiter im Magnetfeld i iber dem Schwellenwerte liegt, wie auch nach der linearcn Theorie.

5 7. Dieselbe Uberlegung lafit sich auf einen geraden Draht iibertragen, den ein Stroin iii der Langsrichtung durchflieSt, sofern seine Richtung init einer kristallo- graphischen Drehachse zusammenfallt. D a m ist nanilich (3 parallel zu 3z; sonst entbehrte das Problem der achsialen Symmetrie, welche unsere Uberlegung er- moglicht.

Wir fuhren Zylinderkoordinaten T, 6, z ein und nehnien die Betrage G und I t der zu z parallelen Vektoren @ und 3z als Funktionen von T allein an. ,$j hat die

I*) H. ( 'as imir , Physicn 1, 306 (1934).

206 Annalen der Phyaik. 6. Folge. Band 5. 1949

6-Richtung und deli Betrag H. GI. ( 2 ) ergibt: CiG d r c * - = H ,

und die Maxwellsche Theorie fugt hinzu:

Elimination von H ergibt :

Q iiinmit also niit. wachsendem r zu , ebenso I' (Mei B n e r effekt). Multiplikation dcr Gleichungen (33) und (33) und Integration nach T ergibt andeieiseits als Analogon zu (35):

r

WZ = 4 Ii2 + [Qdr + w!. (41) 0.

Die Integrationskoiistante Wt bedeutet die Energiedichte in der Achse. Wir wenden (41) nun auf die Oberflache des Drahtes ( r = R) an. Dort herrscht

die Feldstarke fIo. 1st R grolj gegen eine passend zu definierende Eindringticfe E , so ist das Inte-

gral in (41) hochstens \'on der GroBcnordnung Ho' e x , also kleiii gegeii den

ersten Summanden. Dasselbc gilt von W:, so daB wir yon der Gleichgewichts- bedinguiig (30) wieder auf (37) gefiihrt werder,.

Aber es kann auch VV: > H." sein. Dazu niuB freilich schon W:>> Ho2 sein, so daB der Drahtradius niit der Eindringtiefe miiidestens verglcichbar, wenn iiicht kIeiii dagegen sein muB. 8 8 komnit dareuf zuriick.

$8. Wir wenden uiis dem Fall einer (natiirlich richtungsctbhangigen) Maximal- Stromdichte 1, zu. (Kurve a in Abb. 1.) Dann eiidet irn Raum der9: die Schar der Flachen W E = const. mit einer im Endlichen liegenden, an wclcher WJ uuendlich grolj wird ($ 2 ) . 1st nun nahe der Oberflache z3 = 0 des in 9 6 betrachteten un- eridlich dicken Supraleiters sf wenjg unter I,,,, wahrend, wits sich durch passende Koordinatenwahl imnier erreichen lafit, 3Sf = 0 ist, so fa11t nac,h (33) GI init wachsen- deni x3 nicht, wie in der linearen Theorie, exponentiell ab, sondern wesentlich Iangsanier, narnlich nach einer Parabel, so da13 nach (31) QZ lineare Funkt,ion von x3 wird. Dies bedingt eine grofiere Dicke der Schutzschicht, als bei rein exponen- tiellein Abfallzuerwarten warela). Undso muljes ja auch sein, danachtler Maxwel l - scheii Theorie zur Abschirmuiig des Feldes Ho uiiker allen Uius an?en ein zu den Kraftlinien senkrechter FIacheiistrom der Starke c 1 H" erforderlich ist.

Beim Drahte yon $7 liegt unter diesen Voritussetzungen die Feldstarke an der Oberflache, Ho, bestimmt unter dem Wert R.l,,,/2 c. Wachst I bis nahezu auf I,, so ist W' a n der Oberflache, dann aber iiach (41) auch Iangs der A c h e und uber- haupt im Inneren, trotz dieses Grenzwertes fiir H 3 sehr vie1 groBer als $Ho'. Der Strorn erfullt dann den Querschnitt nahezu gleichformig.

EJ

13) An Figwen erlautert dies H. Koppe in dern zitierten Aufsatz in den ,,Ergelmissen der exakteii Naturwissenschaften" 1949.

M. t i . Law: Eine nicht-lineare, phanmnenologische Theori4 der Supraleitung 207

Was geschieht nun, wenn wir dem Drahte von aul3en Strom zufuhren und die Stromstarke mehr und mehr steigern? Bestimmt konnen wir trotz der fur den Suprastrom geltenden Maximal-Stromdichte jede beliebige Stromstarke erzwingen ; nur hort dabei einmal die Supraleitung auf. 1st nun durch den Maximalwert Im der thermodynamischen Bedingung (30) eine andere, mit ihr konkurrierende Be- dingung an die Seite gesetzt?

Dies ist zu verneinen. Schon bevor die S t romdichte a n d e r Oberf lache d e n Wer t I, er re ich t ( i m I n n e r e n i s t s i e w e g e n d e s M e i B n e r - e f f e k t e s i m m e r n o c h k l e i n e r ) , wachst d o r t die Energiedichte W J bis auf den durch (30) festgelegten Hochstwert . Das ist von groBter Bedeu- tung fur das Verstandnis der Heisenbergschen Theorie.

In ihr sol1 die Maximal-Dichte I , beim Sprungpunkt Null sein, mit sinkender Temperatur dann zunachst wachsen, aber nach Uberschreitung eines Maximums wieder abfallen, um beim Temperatur-Nullpunkt wieder Null zu werden. Der magnetische Schwellenwert hingegen wlchst nach allen Messungen vom Sprung- punkt an mit abnehmender Temperatur monoton. Bisher konnte dieser Unter- schied a19 M7iderspruch jener Theorie gegeii die Erfahrung erscheinen. Unsere Uberlegung beseitigt diesen Einwand. Bei Annaherung an den Temperatur- Nullpunkt wird, sofern Heisen bergs Theorie Recht hat, jeder Supraleiter ,&inn" gegeii die Einclringtiefe ; damit verliert der magnetische Schwellenwert mehr und mehr an Bedeutung.

$9 . Die ,,Sils beesche Hypothese"14), derzufolge gerade die Stromstarke die Supraleitung zerstort, welche an der Leiter-Oberflache den Schwellenwert hervor- ruft, besteht also nach diesen unseren Uberlegungen nur fur hinreichind dicke Supraleiter zu Recht. Vielleicht hangt es damit zusamnien, da13 die Messungen sie selten voll bestatigten. Leider sind die meisten Beobachtungen an polykri- stallinem Material gemacht, haben also fur diese Untersuchung im besten Fall qualitativen Wert.

$10. Fiir die Ubereinstimmung dieser nicht-linearen Theorie mit der Er- fahrung ist es schlie13lich wesentlich, da13 die schon von London abgeleiteten Satze fiir Dauerstrome in Ringen in ihr gelten. Dies aber ist in der Tat der Fall. Man kann den Beweis, den ich friiher fur die lineare Theorie von G1. (4) gab15), ohne weiteres iibernehmen, da er von dem Zusammenhang zwischen (3 und 32 keinen Gebrauch macht.

I*) F. B. Si lsbee, Journ. Washington Academy of Science 6, 597 (1916); Pap. Bur.

la) Siehe 1. c. Ann. Physik 3, 31 (1948), Absehnitt 11. Mnn braucht nur statt (As*) of Standards 14, 301 (1917).

die neue Bezeiclmung 8 zii sctzm.

Gott ingen, Max-Planck-Institut fiir Physik.

(Bei dar Redaktion eingegangen am 17. Juni 1949.)