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314 © Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin. Bautechnik 90 (2013), Heft 5
DOI: 10.1002 / bate.201300024
BERICHTHeinrich Kreuzinger, Mike Sieder
Einfaches Prüfverfahren zur Bewertung derSchubfestigkeit von Kreuzlagenholz/Brettsperrholz
1 Ausgangssituation
Die aktuellen nationalen und europäischen Zulassungenfür Kreuzlagenholz/Brettsperrholz (im Weiteren mit BSPbezeichnet) geben verschiedene Regelungen zur Berech-nung der Beanspruchbarkeit in Element-(Scheiben-)ebene.
In der Regel beinhalten diese zum einen den Nachweisder Torsionsschubbeanspruchung in den Kreuzungsflä-chen der orthogonal miteinander verbundenen Brettla-gen und zum anderen den Nachweis der auf die einzel-nen Bretter der Längs- und Querlage entfallenden Schub-beanspruchung.
Die Grundlage für die Zulassungen bilden bisher über-wiegend Schub- und Torsionsversuche an orthogonal verklebten Einzelbrettern, die einen separierten Span-nungszustand abbilden und dadurch teilweise sehr hoheFestigkeitswerte ausgeben. Den Fall einer Scheiben-Schubbeanspruchbarkeit geben diese Versuche jedochnicht wider. Hierzu sind nach bisherigem Verständnisund gängiger Zulassungspraxis mittel- bis großformatigeScheiben-Schubversuche (z. B. in Anlehnung an DIN EN594 [1]) notwendig. Derartige Versuche sind versuchs-technisch aufwendig und kostenintensiv.
2 Vereinfachtes Prüfverfahren
Vor dem Hintergrund, eine Möglichkeit für die einfachePrüfung eines repräsentativen Bauteilquerschnittes zuschaffen, wurde das nachfolgend vorgestellte Prüfverfah-ren erarbeitet.
Für die versuchstechnische Prüfung wird ein stützenför-miger Querschnitt mit den Abmessungen b ≈ 1,5 * d und
h ≈ 5 * d (mit d = Dicke der BSP-Platte) in einem Winkelvon 45° in Bezug auf die Hauptrichtungen der Brettlagender BSP-Platte herausgelöst. Somit ergibt sich das inBild 1 dargestellte System.
Darin bedeutenxM x-Richtung BSP-LängslageyM y-Richtung BSP-Querlagex x-Richtung Stützenquerschnitty y-Richtung StützenquerschnittF DruckkraftA Stützenquerschnittmit α = 45°
Bild 2 zeigt die Beanspruchung des Stützenquerschnittesund die eines differentiellen Bereiches des BSP.
Bezogen auf das Koordinatensystem des Stützenquer-schnittes (x, y) ergeben sich die Hauptspannungen zuσx = 0, σy = –Fu/A und τ = 0. Für den differentiellen Be-
Im Rahmen der Zustimmung im Einzelfall für die Verwendungeines eingeklebten Verbindungsmittels in kreuzweise verkleb-ten Vollholz beim Projekt „Timber Tower“ (Windkraftanlage mitHolzturm) wurde von den Autoren eine gutachterliche Stellung-nahme zur Tragfähigkeit und zum Ermüdungsverhalten der Ver-bindung erarbeitet, welche tangierende Fragestellungen bein-haltete, wie zum Beispiel die Festigkeitswerte des Kreuzlagen-holzes/Brettsperrholzes bei Beanspruchung als Schubfeld.
Keywords Holzbau; Schubfestigkeit; Brettsperrholz
Basic test method for valuation of shear strength of crosslaminated timberIn the context of the approval in individual cases for applicationof glued in fasteners in cross laminated timber at the project“Timber Tower” (wind power station with timber tower) the au-thors have prepared an expertise for the load-bearing capacityand the fatigue behavior of the connection. Thereby some addi-tional questions arose, for example the strength value of thecross laminated timber in case of stress as a shear field.
Keywords timber structure; shear strength; cross laminated timber
Bild 1 SystemdarstellungSystem description
Bautechnik 90 (2013), Heft 5 315
H. Kreuzinger, M. Sieder: Basic test method for valuation of shear strength of cross laminated timber
BER
ICH
TREPO
RT
reich des BSP bedeutet dies σxM = σyM = σy/2 und τxM, yM = σy/2.
Das Schubversagen ist mit Gl. (1) entsprechend Bild 3 ge-kennzeichnet.
(1)
Aufgrund der bekannten Interaktion zwischen Schub-spannung und Spannung rechtwinklig zur Faserrichtungergibt sich bei vorhandener Druckspannung rechtwinkligzur Faserrichtung eine Erhöhung der aufnehmbarenSchubspannung (vgl. [2]). Aus dem Gleichgewicht derSpannungen nach Bild 3 ist die Druckspannung σyM
gleich der Schubspannung τxM, yM. Die Druckspannungwird im Wesentlichen durch die Brettlagen, deren Fasernin Richtung yM verlaufen, aufgenommen. Die Druckspan-nung rechtwinklig zur Faserrichtung in den Brettlagen inRichtung xM weist dann einen Wert auf, der in der Grö-ßenordnung des Verhältnisses E90/EyM geringer ist.
fFA
12v
u·=
Dabei istEyM Elastizitätsmodul in y-Richtung, BSP-Querlage (nor-
mativer bzw. versuchstechnisch ermittelter Kenn-wert)
E90 Elastizitätsmodul senkrecht zur Faserrichtung derBSP-Längslage (normativer bzw. versuchstechnischermittelter Kennwert)
Der im hier vorgestellten Versuch (gemäß Bild 1) erhalte-ne Wert der Schubspannung τxM, yM ist somit größer alsdie tatsächliche effektive Schubfestigkeit fv.
Beispielhaft soll dies als näherungsweise Abschätzung fürein BSP der Gesamtdicke d = 280 mm und einer Dickeder Lamellen Querlage/Längslage von d0 = 80 mm undd90 = 200 mm nachfolgend erläutert werden:
Mit dem Ansatz
(2)
ergibt sich unter der Annahme von Nadelholz der Festig-keitsklasse C24
(3)
Mit der Beziehung
(4)
und
(5)
ergibt sich
(6)
Gemäß den Untersuchungen nach [2] kann näherungs-weise angenommen werden
(7)
und somit auch
(8)
Die tatsächliche effektive Schubfestigkeit fv bestimmt sichdamit zu
(9)
E90 yM 90·σ ε=
σ σ σ
τ
= =
=
EE
N mmN mm
370 /
3407 /
0 109
90 yM90
yMyM
2
2
xM yM
· ·
· ,,
190 0 90( ) ·τ σ τ σ= +
d · E d · E d · EyM 0 0 90 90= +
=+
=+
=
Ed E d E
d
mm Nmm
mm Nmm
mm
N mm
80 11000 200 370
280
3407 /
yM0 0 90 90
2 2
2
· ·
· ·
yM xM yM,σ τ=
τ τ= +f 0 109xM yM v xM yM, ·, ,
τ=f 0 891v xM yM, · ,
Bild 2 BeanspruchungszuständeStress conditions
Bild 3 SchubbeanspruchungShear stress
316 Bautechnik 90 (2013), Heft 5
H. Kreuzinger, M. Sieder: Einfaches Prüfverfahren zur Bewertung der Schubfestigkeit von Kreuzlagenholz/Brettsperrholz
Im vorliegenden Beispiel müsste zur Bestimmung derSchubfestigkeit fv demnach der erhaltene VersuchswertτxM, yM auf 89,1% abgemindert werden.
Die Ermittlung des Schubmoduls kann unter Zugrundele-gung der Nachgiebigkeitsmatrix und deren Transformati-on erfolgen.
Mit dem allgemeinen Werkstoffgesetz
(10)
kann die Nachgiebigkeitsmatrix des ebenen Spannungs-zustandes
(11)
von den Koordinaten xM, yM in die um den Winkel 360 –α = 315 Grad gedrehten Koordinaten x, y zu Gl. (12)transformiert werden.
S ·ε σ=
S
E
E
G
1 0 0
0 1 0
0 0 1
xM yM
xM
yM
xM yM
,
,
=
Der Schubmodul kann basierend darauf gemäß Gl. (15)bestimmt werden:
(15)
3 Fazit
Die hier vorgestellte eingängige Methodik, basierend aufeinem einfachen Prüfverfahren und theoretischen Ansät-zen aus der Scheiben-Theorie, kann zur Bewertung derSchubfestigkeit von Kreuzlagenholz/Brettsperrholz he-rangezogen werden. Im Rahmen von durchgeführtenBauteilversuchen konnte ein definiertes Schubversagenerreicht werden; die Ergebnisse zeigten eine sehr guteÜbereinstimmung mit den theoretischen Betrachtungsan-sätzen.
G
E E E
14 1 1xM yM
y xM yM
, =− −
(12)
S
E E G E E G E E
E E G E E
E E
0 25 0 25 0 25 0 25 0 25 0 25 0 5 0 5
0 0 25 0 25 0 25 0 5 0 5
0 0 1 1
x y
xM yM xM yM xM yM xM yM xM yM
xM yM xM yM xM yM
xM yM
, , , , , , , ,
, , , , ,,
, ,
,=
+ +
+ −
−
+ +
−
+
Aus dem versuchstechnisch erhaltenen Last-Verfor-mungs-Verhalten des Stützenquerschnittes kann die LastF sowie der Elastizitätsmodul Ey ermittelt werden.
Für einen alleinigen Spannungszustand σy mit entspre-chender Dehnung εy kann unter Anwendung von Gl. (10)und Gl. (13) der Zusammenhang gemäß Gl. (14) aufge-stellt werden.
(13)
(14)
Darin bedeutenEy Elastizitätsmodul in y-Richtung des Stützenquer-
schnittes (ermittelt aus Versuch)ExM Elastizitätsmodul in x-Richtung, BSP-Längslage
(normativer bzw. versuchstechnisch ermittelterKennwert)
EyM Elastizitätsmodul in y-Richtung, BSP-Querlage (nor-mativer bzw. versuchstechnisch ermittelter Kenn-wert)
Ey y y·σ ε=
E E E G1 0 25 1 1 1
y xM yM xM yM, ·
,= + +
Literatur
[1] DIN EN 594: Holzbauwerke Prüfverfahren: Wandscheiben-Tragfähigkeit und -Steifigkeit von Wänden in Holztafelbau-art.
[2] SPENGLER, R.: Festigkeitsverhalten von Brettschichtholzunter zweiachsiger Beanspruchung, Teil 1, Ermittlung desFestigkeitsverhaltens von Brettelementen aus Fichte durchVersuche. Berichte zur Zuverlässigkeitstheorie der Bauwer-ke, Heft 62, Laboratorium für den konstruktiven Ingenieur-bau der TU München, 1982.
AutorenProf. i.R. Dr.-Ing. Heinrich KreuzingerProf. Dr.-Ing. Mike SiederLehrstuhl für Holzbau und BaukonstruktionTechnische Universität MünchenArcisstr. 2180333 Mü[email protected]@tum.de