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Einführung eines Behältermanagementsystems Ein Handlungsleitfaden für die Automobilindustrie Anja Gumbrecht | Florian Banzer Matrikel-Nr.: 9278 I 9601

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Einführung eines Behältermanagementsystems

Ein Handlungsleitfaden für die Automobilindustrie

Anja Gumbrecht | Florian Banzer

Matrikel-Nr.: 9278 I 9601

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Gliederung:

1. Einleitung .............................................................................................................4 2. Definition ..............................................................................................................4

2.1. Behältermanagement....................................................................................4 2.2. Anforderungen an Behälter...........................................................................4 2.3. Behälterarten ................................................................................................5

3. Funktionsweise ....................................................................................................9 3.1. Operative Behälterbewirtschaftung...............................................................9 3.2. Behältermanagement-Organisation ............................................................12 3.3. Behälterfinanzierung...................................................................................12 3.4. IT-Unterstützung .........................................................................................13 3.5. Behälterentwicklung....................................................................................14

4. Chancen und Risiken.........................................................................................15 4.1. Chancen .....................................................................................................15 4.2. Risiken ........................................................................................................17

5. Vorbereitende Maßnahmen ...............................................................................19 5.1. Behälter ......................................................................................................19 5.2. Kostenverrechung und Nutzungsumfang....................................................20 5.3. IT Unterstützung .........................................................................................21 5.4. Verpackungsdatenblatt ...............................................................................23 5.5. Packmittelversorgung .................................................................................23

6. Checkliste ..........................................................................................................25 7. Beispiel aus der Automobilbranche: Volkswagen AG ........................................25

7.1. Behälterumlauf............................................................................................25 7.2. Behältermanagement-System.....................................................................26 7.3. RFID ...........................................................................................................27

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Abbildungsverzeichnis:

Abbildung 1: VDA-KLT ................................................................................................6

Abbildung 2: Falt-KLT nach VDA Empfehlung 4500 ...................................................6

Abbildung 3: GLT: Gitterboxpalette .............................................................................7

Abbildung 4: Spezialladungsträger für Lenksysteme von VW, Preis ca.650 Euro.......9

Abbildung 5: Visualisierung der Bestände für das Werk Wolfsburg ..........................28

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1. Einleitung

Behälter gibt es in den unterschiedlichsten Ausführungen: Von der Getränkekiste

über die Europalette, bis hin zum Kleinladungsträger nach VDA-Standard. Viele Un-

ternehmen haben nicht nur viele, sondern auch viele unterschiedliche Behälter in

ihren Logistikkreisläufen. An einzelnen Fertigungsstandorten in der Automobilindust-

rie sind beispielsweise häufig weit über 100.000 Behälter im Umlauf. 1 Die Verfügbar-

keit der Ladungsträger ist in der Regel Voraussetzung für das reibungslose Funktio-

nieren des Materialflusses und somit der Produktion. Trotz dieser Schlüsselrolle un-

terliegen die Behälterkreisläufe in vielen Unternehmen noch keinem professionellem

Management. Stattdessen bauen diese Organisationen oftmals große Sicherheitsbe-

stände auf, was eine unnötig hohe Kapitalbindung zur Folge hat und trotzdem häufig

nicht die erforderliche Versorgungssicherheit gewährleistet.

Um den Unternehmen aufzuzeigen, wie sie die Versorgungssicherheit gewährleisten

können und trotzdem gleichzeitig die Bestände an Behälter reduzieren können, be-

darf es einer systematischen Vorgehensweise. Im Folgenden wird daher ein Hand-

lungsleitfaden für die Automobilindustrie zur Implementierung eines Behältermana-

gements dargestellt.

2. Definition

2.1. � Behältermanagement

Eine allgemeingültige Definition des Begriffs Behältermanagement gibt es nicht. Wir

haben Behältermanagement als die systematische Planung, Steuerung und Überwa-

chung von Behälterkreisläufen definiert.

2.2. � Anforderungen an Behälter

Unabhängig von der Wahl der Verpackungsart sind folgende Anforderungen zu erfül-

len: beschädigungsfreie Teilelieferungen (keine Qualitätsbeeinträchtigung), Bildung

rationeller Ladeeinheiten, optimale Auslastung der Behältnisse, Transportsicherung,

1 „Wir haben einen großen Schritt gemacht“ Extra Verpackung, Logistik heute 9/2006

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Diebstahlschutz, problemlose Entladbarkeit der Transportfahrzeuge durch Flurför-

derzeuge, Stapelfähigkeit, Einhalten der vorgegebenen Standardabmessungen,

handlinggerechter Aufbau, günstige Teileentnahme, recyclingfähige Materialien, kei-

ne Verschmutzung der Teile und minimaler Einsatz von Einwegmaterialien. Des Wei-

teren sind Gegenstände, z.B. Abdeckungen, usw., die die Außenkonturen der Lade-

einheit überschreiten, zu vermeiden.2

2.3. � Behälterarten

Bei Behältern gibt es prinzipiell wie bei allem 2 Möglichkeiten: Man greift auf bereits

vorhandene Standardbehälter zurück oder man beschafft bzw. baut Spezialbehälter

auf.

2.3.1. Standardbehälter

Immer mehr Unternehmen versuchen so weit wie möglich auf Standardbehälter zu-

rück zu greifen, da diese kostengünstiger und schneller beschafft werden können.

Des Weiteren ist es ohne Probleme möglich, diese Behälter nach dem Gebrauch

wieder zu veräußern. Unterteilt werden die Behälter in Kleinladungsträger (KLT) und

Großladungsträger (GLT).

2.3.1.1. Kleinladungsträger (KLT)

Zur Optimierung der logistischen Abläufe wurde vom Arbeitskreis Behältermanage-

ment des Verbandes der Automobilhersteller (VDA) ein einheitliches, mechanisch

und manuell handhabbares KLT-System entwickelt, dass modular auf die Grundflä-

che 800mm*1200mm (Euro) und 1000mm*1200mm (ISO) abgestimmt ist. Die Behäl-

ter sind universell einsetzbar und werden über ein poolfähiges System verteilt bzw.

umgeschlagen.3

Ein Kleinladungsträger hat eine maximale Grundfläche von 600mm*400mm und ist

meistens offen. Aufnehmen können die Behälter sowohl schütt- als auch setzbares

Kleingut bis maximal 20kg. Hierbei muss jedoch bedacht werden, dass Männer Be-

hälter mit max. 15kg und Frauen mit max. 12kg lt. dem deutschen Gesetzgeber

2 Verpackungshandbuch Webasto, Stand 15.02.2005 3 VDA Empfehlung 4500, Kleinladungsträger(KLT)System, 5. Ausgabe vom Januar 2006

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mehrmals täglich heben dürfen. Außerdem sind die Behälter mit ergonomisch ge-

formten Griffen versehen, so dass sie gut handhabbar sind und die Gesundheit so

weit wie möglich schonen.

Abbildung 1: VDA-KLT4

Als Weiterentwicklung der „normalen“ KLT’s bietet z.B. die Firma SSI-Schäfer Falt-

KLT’s nach der VDA Empfehlung 4500 an. Dadurch kann das Volumen für den

Rücktransport um bis zu 65 Prozent reduziert werden und somit Transportkosten ge-

spart werden.

Abbildung 2: Falt-KLT nach VDA Empfehlung 45005

2.3.1.2. Großladungsträger (GLT)

Die zwei wohl bekanntesten Großladungsträger sind die Europoolpalette und die Git-

terboxpalette:

4 Behälterübersicht, VW Intranet, Abgerufen 20. Oktober, 9:45 Uhr 5 http://www.ssi-schaefer.de/Faltbare_Kaesten.891.0.html, Abgerufen 28. Okt. 06, 21:36 Uhr

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Die Europoolpalette (umgangssprachlich: Europalette) ist eine genormte, mehrweg-

fähige, Transportpalette mit den Maßen 1200 x 800 x 144 mm (Länge x Breite x Hö-

he) und einem Eigengewicht von 20-24kg (je nach Holzfeuchte). 6

Bei den maximalen Lasten gibt es verschiedene Werte, die je nach Beladungsart

greifen:

• 1000 kg, (Nennlast) wenn die Last beliebig auf der Palettenoberfläche verteilt ist

• 1500 kg, wenn die Last auf der Palettenoberfläche gleichmäßig verteilt ist

• 2000 kg, wenn die Last in kompakter Form vollflächig und gleichförmig auf der

gesamten Palettenoberfläche aufliegt.

Im Stapel beträgt die zusätzliche Auflast der untersten Palette maximal 4000 kg,

wenn sie sich auf einer ebenen, horizontalen und starren Fläche befindet und die

Auflast horizontal und vollflächig aufliegt.7

Die Gitterboxpalette (umgangssprachlich: Gitterbox) hingegen hat „nur“ ein maxima-

les Füllgewicht von 1000kg, bei einem Eigengewicht von 85kg. Hier ist als besondere

Vorschrift zu beachten, dass jede Gitterbox mit dem Baujahr und dem Namen des

Herstellers versehen sein muss. Der große Nachteil ist die starre Größe von

1240mm*835mm*966mm bei Rücktransporten, wodurch zwangsläufig viel Luft ge-

fahren wird. Dennoch wird die Gitterboxpalette sehr oft eingesetzt.

Abbildung 3: GLT: Gitterboxpalette8

6 http://de.wikipedia.org/wiki/Europoolpalette, Abgerufen 1. Nov. 06, 23:50 Uhr 7 http://www.gpal.de/index.php?&id=26, Abgerufen 1. Nov. 06, 23.45 Uhr

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Bei beiden Großladungsträgern handelt es sich um so genannte Vierwege-

Ladungsträger, das bedeutet sie können von allen vier Seiten mit einem Hubwagen,

einem automatischen Flurfördergerät oder einen Gabelstapler aufgenommen und

transportiert werden.

2.3.1.3. Verpackungshilfsmittel

Zur Unterstützung bzw. besseren Nutzung der Ladungsträger gibt es noch diverse

Hilfsmittel, wie Einhängeböden, Kunststoffzwischenlagen und Kunststoffdeckel.

2.3.2. Spezialbehälter

Mit der zunehmenden Formkomplexität, Schutzbedürftigkeit und Wertigkeit von

Transportgütern sowie durch die wachsenden Anforderungen der Automatisierung

steigen auch die individuellen Anforderungen an die Behältnisse. Aus diesem Grund

wird gerade im Automobilbereich vermehrt auf Spezialbehälter zurückgegriffen. In

den Automobilunternehmen werden diese Behälter je nach Sprachregelung auch als

Spezialtransportgestelle oder Spezialladungsträger bezeichnet, die z.B. mit Klinken-

türmen oder Formaufnahmen ausgestattet, automatisiert befüllt bzw. entladen wer-

den können.9 Spezialbehälter haben jedoch auch Nachteile: Sie sind sehr teuer und

können nur eine bestimmte Zeit verwendet werden, da sich die zu befördernden Tei-

le immer wieder ändern. Daher muss bereits vor der Beschaffung eine genaue Kos-

ten-Nutzen-Rechnung durchgeführt werden und an evtl. nötige Änderungsmöglich-

keiten gedacht werden.

Größe und Gewicht der Spezialladungsträger variieren je nach dem zu befördernden

Gut. Bei der Größenwahl sollte immer die optimale LKW-Beladung bedacht werden

und Spezialladungsträger daher an die Standartgröße 1200*800 (Europoolpalette)

oder ein vielfaches davon angepasst werden.

8 Behälterübersicht, VW Intranet, Abgerufen 20. Oktober, 9:45 Uhr 9 Diplomarbeit, Behälterentstehungsprozess für Spezialbehälter der Bereiche Presswerk und Karosse-riebau, von Thomas Wolf, September 2001

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Abbildung 4: Spezialladungsträger für Lenksysteme von VW, Preis ca.650 Euro10

3. Funktionsweise

Das Kühne-Institut für Logistik an der Universität St. Gallen verfolgt ein umfassendes

Behältermanagement-Konzept, das sich aus den Handlungsfeldern „Operative Be-

hälterbewirtschaftung“, „Behältermanagement-Organisation“, „Behälterfinanzierung“,

„IT-Unterstützung“ und „Behälterentwicklung“ zusammensetzt. Im Folgenden wird die

Funktionsweise dieses Konzepts näher erläutert11.

3.1. � Operative Behälterbewirtschaftung

Die operative Behälterbewirtschaftung bildet den Kern des Behältermanagements.

Typischerweise beinhaltet sie die Aufgaben Behälterbedarfsplanung, Behälterkreis-

laufsteuerung, Behälterkreislaufüberwachung, Performance Measurement und Be-

hälterverrechnung.

10 Email Hr. Dirk Schoenrock (L-FMB/A), VW Wolfsburg 11 Erik Hofmann, Harald Bachmann: Behälter-Management in der Praxis, Deutscher Verkehrs Verlag 10/2006

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3.1.1. Behälterbedarfsplanung

Behälter dienen lediglich dazu, bestimmte Güter von der Quelle zur Senke zu trans-

portieren. Da vom Endkunden nicht die Behälter, sondern nur die zu befördernden

Güter nachgefragt werden, handelt es sich bei der Behälternachfrage um eine Deri-

vative Nachfrage. Dabei muss der Behälterbedarf indirekt aus der Nachfrage nach

den darin zu transportierenden Gütern abgeleitet werden. Grundlage hierfür bilden

betriebliche Teilpläne wie Beschaffungs-, Absatz- oder auch Produktionspläne.

3.1.2. Kreislaufsteuerung

Behälter befinden sich in einem ständigen Kreislauf, der sich aus Voll- und Leer-

transporten sowie Instandhaltungsmaßnahmen zusammensetzt. Dabei unterscheidet

man zwischen

• unternehmensinterne closed-loop Kreisläufen, d.h. die Behälter bleiben jederzeit

innerhalb des Unternehmens

• unternehmensübergreifende closed-loop Kreisläufen, d.h. Behälter bleiben inner-

halb der Lieferkette des Unternehmens, z.B. Transport vom Zulieferer zum Auto-

mobilhersteller

• unternehmensübergreifende open-loop Kreisläufen, d.h. es besteht keinerlei

Flussbegrenzung, wie z.B. bei handelsüblichen Getränkekisten

Innerhalb der Kreislaufsteuerung werden die verfügbaren Behälterkapazitäten den

anfordernden Stellen zugewiesen.

3.1.3. Kreislaufüberwachung

Um eine bedarfsgerechte Behälterversorgung im Unternehmen sicherzustellen, müs-

sen die Bereitstellungs- und Transportprozesse überwacht werden. Hier setzt die

Kreislaufüberwachung an.

3.1.4. Performance Measurement

Um die Performance der Behälterkreisläufe steuern zu können, werden Informatio-

nen aus den entsprechenden Prozessen benötigt. Solche Informationen werden den

Entscheidungsträgern üblicherweise in Form von Kennzahlen bereitgestellt. Durch

diese Kennzahlen kann die Leistungsfähigkeit des Behältermanagement gemessen

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werden und auf den Grad ihrer Zielerreichung überprüft werden. Dafür muss in ei-

nem Unternehmen ein Performance-Measurement-System etabliert werden und die

Ziele des Behältermanagements in adäquate Kennzahlen übersetzt und in das Be-

richtswesen des Unternehmens integriert werden.12

3.1.5. Behälterverrechnung

Um geeignete Anreize für einen effizienten Umgang mit den Behälterressourcen zu

schaffen, müssen die im Zusammenhang mit den Behälterkreisläufen bzw. deren

Management anfallenden Kosten zunächst erfasst werden. Man unterscheidet dabei

zwischen kreislaufbezogenen Kosten, wie z.B. Nutzungskosten (wenn Bewirtschaf-

tung ganz oder teilweise an Dienstleister vergeben wird), und behälterbezogene Kos-

ten. Behälterbezogene Kosten können dabei nicht nur unternehmensintern sondern

auch organisationsübergreifend an Lieferanten oder Kunden weiterbelastet werden,

z.B. in Form von Behältermieten. Die Mieten werden dabei grundsätzlich täglich be-

rechnet. Nach Anlieferung der Behälter beim Zulieferer beginnt die Mietkostenuhr zu

ticken. Je nach OEM steht dem Zulieferer zumeist eine kostenfreie Zeit im Rahmen

von zwei bis zehn Tagen zu. Der Mietzeitraum endet mit dem Versand und der dazu

gehörigen korrekten Versandmeldung an den Empfänger. Dabei werden Beträge von

0,01 Euro bis über 3,00 Euro pro Tag und Behälter fällig.13 Eine Studie des Kühner

Instituts für Logistik (Oktober 2006) hat ergeben, dass Behältermieten ein wichtiger

Hebel zur Reduktion von Beständen darstellen, da Unternehmen, denen von ihren

Geschäftspartnern Behältermieten berechnet werden, deutlich niedrigere Bestands-

reichweiten haben, als solche, die Ladungsträger mietfrei zur Verfügung gestellt be-

kommen.

Sind die Kosten im Rahmen der Behälterverrechnung erfasst worden, müssen sie im

nächsten Schritt auf die entsprechenden Kostenstellen verbucht werden. Gemäß des

Verfahrens der Prozesskostenrechnung sind die auf diesen Konten anfallenden Ge-

meinkosten anschließend auf die von diesen Kostenstellen durchgeführten Teilpro-

zesse (z. B. "Erstellung eines Transportauftrages") zu verrechnen. Auf diese Weise

12 Erik Hofmann, Harald Bachmann: Behälter-Management: Entwicklung eines Konzepts zur zielorien-tierten Steuerung von Ladungsträgerkreisläufen, Jahrbuch Logistik 2006 13 ZfAW, 2005#4, Bedarfsorientiertes Behältermanagement zur Kostenreduktion in der Automobilin-dustrie, Thomas Schmölzer, Jonas Schöfer

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können die Kosten pro Teilprozess bzw. pro Teilprozess-Mengeneinheit ermittelt und

verursachungsgerecht den betroffenen Kostenträgern belastet werden. Da das Ver-

fahren der Prozesskostenrechnung relativ aufwändig ist, wird häufig mit einem pau-

schalen Verrechnungssatz wie z. B. der Tagesmiete gearbeitet.14

3.2. � Behältermanagement-Organisation

Damit Behälterkreisläufe zielorientiert gesteuert und verwaltet werden können, darf

die Organisation nicht vernachlässigt werden. Das Handlungsfeld Behältermanage-

ment-Organisation besteht zum einen aus der organisatorischen Verankerung des

Behältermanagements, z. B. durch die Bildung von Organisationseinheiten und Stel-

len und der Festlegung von Verantwortungsbereichen, und zum anderen aus der

Entwicklung eines Anreiz- und Kontrollsystems. Um Zielkonflikte zu vermeiden, muss

eine Abstimmung der Organisation des Behälter-Managements mit der Unterneh-

mens- bzw. mit der Logistik-/Supply Chain-Strategie stattfinden.15

3.3. � Behälterfinanzierung

In engem Zusammenhang mit der Organisation des Behältermanagements steht die

Frage, wie die Behältersysteme finanziert werden. Wenn Unternehmen ihre Behälter-

Logistik selbst betreiben, kommt neben dem Kauf vor allem das Leasing als Finan-

zierungsform in Betracht. Entscheidet sich ein Unternehmen dagegen dazu, die Be-

wirtschaftung der Behälterkreisläufe an ein externes Unternehmen zu vergeben

(Outsourcing), entfällt die Aufgabe der Behälterfinanzierung. In der Regel geht dabei

das rechtliche Eigentum an den Ladungsträgern sowie der damit zusammenhängen-

den Infrastruktur an den Dienstleister über, welcher dem Auftraggeber lediglich eine

Nutzungspauschale (Behältermiete) verrechnet.

Dienstleister bieten des Weiteren die Möglichkeit unternehmensübergreifende Pool-

lösungen aufzubauen. In solchen Gemeinschaftssystemen können (heterogene

Nachfrageverläufe der Kunden vorausgesetzt) über Ausgleichseffekte die Behälter-

bestände deutlich reduziert werden. Insbesondere vor dem Hintergrund der weltum-

14 Harald Bachmann, Mehr als nur bunte Kisten verwalten, Logistik heute 1-2/2006 15 Harald Bachmann, Mehrweg-Ladungsträger effizient verwalten und steuern, Logistik für Unterneh-men 20/2006

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spannenden Transportketten können sich auch die Logistikkosten verringern, bei-

spielsweise durch eine deutliche Reduktion der Leergutrückführung.16

3.4. � IT-Unterstützung

Die IT-Unterstützung bildet eine wesentliche Voraussetzung für die effiziente Steue-

rung von Behälterkreisläufen. Um Behälterflüsse in IT-Systemen abbilden zu können,

müssen zunächst die Bewegungen erfasst werden. Um eine möglichst hohe Erfas-

sungsdichte zu erzielen und gleichzeitig den dafür notwendigen operativen Ar-

beitsaufwand möglichst gering zu halten, werden häufig standardisierte Identifikati-

onstechnologien wie optische Codierung (z. B. Barcodes) oder in jüngster Zeit elekt-

ronische Etiketten wie RFID eingesetzt. Bei der RFID-Technologie kommt dabei ein

Barcode-Etikett mit eingebundenem RFID-Transponder zum Einsatz. Auf diesen

Hybrid-Etiketten, den so genannten Smart Labels, lassen sich Informationen sowohl

aufdrucken, als auch speichern. Der Transponder wird vom Barcode-Drucker wäh-

rend des Drucks sozusagen programmiert. Die intelligenten Etiketten arbeiten mit

einer standardisierten Frequenz (zum Beispiel 868 MHz) und können auf unter-

schiedlichen Trägern angebracht werden. Die Smart Labels lassen sich im Prinzip

wie normale Etiketten weiterverarbeiten. Der Transponder und die dazugehörige An-

tenne sind in das Etikett einlaminiert und auf diese Weise vor Beschädigung ge-

schützt.17 Die RFID-Technologie bietet die Möglichkeit, durch eine höhere Erfas-

sungsdichte die Transparenz in der Supply Chain zu steigern. Dies trägt zu einer

Reduzierung der Behälterbestände in den Außenwerken und zu einer Optimierung

der Behälterverfügbarkeit bei. Gleichzeitig werden durch eine effizientere Prozess-

abwicklung die Handhabungskosten gesenkt. Darüber hinaus kann durch die besse-

re Rückverfolgbarkeit der Behälterbewegungen der Schwund an Ladungsträgern

vermindert werden, was ebenfalls zu Kostenreduktionen führt. Weitere Vorteile der

RFID-Technologie sind die vergleichsweise hohe Speicherkapazität sowie die relativ

große Resistenz gegenüber Schmutz und mechanischen Beschädigungen. Eine

Studie von Soreon Research (Februar 2005) zeigt, dass der Einsatz von RFID im

Bereich Behältermanagement zu erheblichen Einsparungen verhelfen kann. Bei ei-

16 Black Box mit Potenzial, Logistik heute 1-2/2006 17 RFID setzt sich durch, Informationweek, Ausgabe 06/2005

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nem Unternehmen, das beispielsweise 5000 Behälter für den Transport von Bautei-

len im Werk im Einsatz hat, amortisieren sich die Investitionen in RFID schon im ers-

ten Jahr. Über drei Jahre liege der Return on Investment bei 364 Prozent.18

Hinsichtlich der Art der für das Behältermanagement eingesetzte IT-System können

verschiedene Typen unterschieden werden. Bei der „Stand-Alone-Lösung“ handelt

es sich um eine eigenständige Anwendung, die über keine Möglichkeiten des Daten-

austausches mit anderen Systemen verfügt. Des weiteren gibt es häufig Schnittstel-

lenlösungen, die den Datentransfer zwischen dem IT-Tool für das Behältermanage-

ment und den ERP-Systemen der beteiligten Unternehmen ermöglichen. Eine ande-

re Möglichkeit ist es, das Behältermanagement direkt in das ERP-System zu integrie-

ren, so dass keine separate Software nötig ist. Bei dieser Lösung lassen sich behäl-

terbezogene Informationen einfacher von anderen Abteilungen einsehen und nutzen,

umgekehrt kann auch das Behältermanagement auf die Datenbestände anderer Be-

reiche zugreifen. So können Informationen über den Vertrieb beim Endkunden (z.B.

Absatzzahlen) Aufschluss über künftige Behälterbedarfe geben.

3.5. � Behälterentwicklung

Beim Thema Entwicklung sind zwei Bereiche zu unterscheiden. Einerseits müssen

bei der Entwicklung bzw. Beschaffung neuer Produkte die Eigenschaften der verfüg-

baren Behälter berücksichtigt werden. Dadurch kann der Einsatz teurer Spezialla-

dungsträger soweit wie möglich vermieden und die Auslastung der bereits vorhande-

nen Ladungsträger verbessert werden. Andererseits ist es häufig sinnvoll, die Behäl-

ter selbst weiterzuentwickeln, um so deren Handhabungseigenschaften zu verbes-

sern (z. B. ergonomischere Entnahme) und eine Anpassung an die sich ändernden

Anforderungen sicherzustellen – beispielsweise bei Größenänderungen von LKW-

Aufliegern. Die Entwicklungsaktivitäten können sowohl im eigenen Unternehmen als

auch gemeinsam mit anderen Unternehmen stattfinden. Die unternehmensübergrei-

fende Entwicklungsarbeit (z. B. in Arbeitskreisen des VDA) bietet jedoch die Möglich-

keit, Standards zu schaffen. Die branchen- und weltweite Standardisierung von Be-

hältern hat großes Potenzial und kann zu erheblichen Kosteneinsparungen führen. In

18 Michael Gneuss, RFID sorgt für Logistik Revolution, Handelsblatt, 27.06.2005

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der Automobilindustrie hat jedoch derzeit noch jeder große Hersteller (OEM) sein

eigenes, auf seine Bedürfnisse abgestimmtes, GLT-System.19

4. Chancen und Risiken

4.1. � Chancen

4.1.1. Kostenreduktion

Durch die Verwendung von Mehrwegbehälter können die Behälter-Kosten auf lange

Sicht drastisch reduziert werden. Für die Bereitstellung hat der Kunde die Wahl, die

Behälter zu mieten oder selbst anzuschaffen. Oft kann hierbei auf die kostengünsti-

geren Standardbehälter zurückgegriffen werden, statt für teueres Geld eigene Behäl-

ter entwickeln zu lassen bzw. selbst zu entwickeln.

Durch den Einsatz eines Behältermanagements-Systems können weitere Kosten

gespart werden, da durch den gezielten Einsatz der Behälter sowohl die Zahl der

Puffer-Behälter, durch die die Versorgungssicherheit gewährleistet werden soll, als

auch die Ausfallquote, die ggf. mit Einwegverpackungen überbrückt werden muss,

reduziert werden. Auch der Einsatz von RFID zur leichteren Behälteridentifikation

kann erheblich zur Kostensenkung beitragen.

4.1.2. Behälterverrechnung

Durch gezieltes Behältermanagement ist es möglich, sowohl die behälterbezogenen

als auch die kreislaufbezogenen Kosten verursachergerecht auf die einzelnen Kos-

tenstellen zu verrechnen. Dadurch werden für die Kostenstellen Anreize geschafft,

möglichst effizient mit den Behältern umzugehen.

4.1.3. Integrationsmöglichkeiten

Durch den Einsatz eines Behältermanagement-Systems mit entsprechenden EDV-

Schnittstellen können First-, Second- und Third-Tier-Supplier integriert werden. Da-

durch kann die Behälteranzahl weiter reduziert und unnötige Leertransporte vermie-

19 Black Box mit Potenzial, Logistik heute 1-2/2006

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den werden, da die Behälter zusammen mit den Produkten die gesamte Supply-

Chain-Kette durchlaufen.

4.1.4. Qualitätssicherung

Durch die Verwendung von einheitlicher, geprüfter Verpackung kann ein gewisser

Standard gesetzt werden und die Beschädigung von Produkten reduziert werden.

Des Weiteren kommt es durch konsequentes Behältermanagement zu einer besse-

ren Planung, die wiederum zu einer verbesserten Transparenz in der Supply Chain

führt. Dadurch werden Planabweichungen frühzeitig erkannt und größere Störungen

im Leistungserstellungsprozess können durch ein schnelles Einleiten von Gegen-

steuermaßnahmen vermieden werden.

4.1.5. Zeitvorteile

Ansatzpunkte zum Realisieren von Zeitvorteilen liegen v. a. in der Steigerung der

Umlaufgeschwindigkeit von Behältern und damit einer Beschleunigung des Material-

flusses in der Supply Chain. Um dies zu erreichen kann man im Rahmen des Behäl-

termanagements beispielsweise die Kontrollprozesse effektiver gestalten oder Pro-

zesse zeitlich besser miteinander abstimmen (z.B. Synchronisation). Dies wirkt sich

mit einer Verkürzung der Lieferzeit nicht nur positiv auf das Qualitätsziel aus, son-

dern liefert über eine verbesserte Nutzung des Anlagevermögens auch einen Beitrag

zur Kostenreduktion.20

4.1.6. Flexibilitätssteigerung

Flexibilität bezeichnet im Zusammenhang mit dem Behältermanagement die Fähig-

keit, kurzfristig auf Änderungen in der Behälternachfrage reagieren zu können. Durch

ein effektives Behältermanagement schafft man erhöhte Transparenz bzw. Visibilität,

z. B. durch eine hohe Erfassungsdichte der Behälterbewegungen sowie eine mög-

lichst weit reichende Integration der IT-Systeme und kann somit die Flexibilität stei-

gern.21

20 Erik Hofmann, Harald Bachmann: Behälter-Management: Entwicklung eines Konzepts zur zielorien-tierten Steuerung von Ladungsträgerkreisläufen, Jahrbuch Logistik 2006 21 Erik Hofmann, Harald Bachmann: Behälter-Management in der Praxis, Deutscher Verkehrs Verlag 10/2006

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4.2. � Risiken

4.2.1. Bedarfsgerechte Bereitstellung

Durch die Reduzierung der sich im Umlauf befinden Behälter entsteht natürlich auch

ein erhöhtes Risiko, dass Behälter nicht wie gewünscht zur richtigen Zeit am richti-

gen Ort sind. Dadurch kann ein Unternehmen gegenüber seinem Vertragspartner in

Lieferverzug geraten, wodurch dem Vertragspartner ein Schaden entsteht, der rück-

wirkend auf den Verursacher übergewälzt wird. Um einen Lieferverzug entgehen zu

können müssten Unternehmen andernfalls auf Einwegverpackungen ausweichen,

was wiederum höhere Kosten zur Folge hätte. Auch intern kann die Nicht-

Verfügbarkeit spezifischer Behälter Auslöser von verzögerten Transporten zwischen

verschiedenen Produktionsbereichen sein, welche im Extremfall zu kostenaufwendi-

gen Produktionsunterbrechungen führen können.

4.2.2. Systemkosten

Um eine Behältermanagement-System aufzubauen, benötigt das Unternehmen eine

geeignete Software. Hier kann wie bei Punkt 3.4 IT-Unterstützung aufgezeigt auf be-

reits vorhandene Software, die auf die Bedürfnisse des Unternehmens angepasst

wird, zurückgegriffen werden. Sollte das Unternehmen jedoch besondere Wünsche

haben, kann es auch sinnvoll sein, eine eigene Software zu entwickeln. Beides erfor-

dert jedoch einen nicht erheblichen Kapitaleinsatz, der nicht zur Steigerung der

Wertschöpfung dient.

4.2.3. Fälschungen

Weiterhin besteht die Möglichkeit, dass „gefälschte“ Behälter in den Umlauf gebracht

werden. Schwarze Schafe könnten niederwertige Behälter aus günstigeren Materia-

lien hergestellt. Diese zum Teil auch noch sehr schlecht verarbeiteten Behälter ent-

sprechen nicht annähernd den Qualitätsansprüchen des Verbandes der Automobil-

hersteller (VDA). Neben einem erhöhten Verletzungs- und Unfallrisiko, dass zum

Beispiel durch Materialermüdung eintreten kann, fallen auch noch die Kosten für die

Neubeschaffung an. Daher sollte bei Behältern immer auf die Echtheit geachtet wer-

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den. Zur Überprüfung der Behälter, werden bei der Herstellung folgende Daten am

KLT eingeprägt und sind hier beispielhaft dargestellt.

Dateninhalt Form Anordnung

1a R-KLT Typ-Nr.

1b RL-KLT Typ-Nr.

z.B. „6429“

z.B. „6280“

Beidseitig auf den Längsseiten

2. Tara Kg – Angabe, 2 Dezimalstellen

z.B. 2,97 kg

Beidseitig auf den Längsstreifen

3. VDA-KLT –

Herstellername

Alpha

z. B. Firmenlogo

Mindestens 1*

vorzugsweise auf einer Längsseite

4. Herstellungdatum Numerisch

z.B. Datumsuhr, Monat, Jahr

1*

vorzugsweise auf einer Längsseite

5. Zulassungsnummer

(siehe Pkt. 10)

Alpha . numerisch gem. BQF*

z.B. VDA-R-0051

auf einer Längsseite

6. Umweltzeichen Gem. DIN 6120 T2 1* auf einer Längsseite

7. Recyclingzeichen Gem. DIN/EN/ISO 14021 T2 1* auf einer Längsseite

* BQF = Bezugs-Quellen-Freigabe, die durch die VDA-Abteilung Logistik erfolgt. Ver-

bunden ist damit die Freigabe, Veröffentlichung und der Bezug der Informationen zu

zugelassenen, empfohlenen und zertifizierten Systemelementen nach VDA 4500,

bzw. Normen.22

4.2.4. Überregulierung

Jede Verordnung kann auch leicht über das Ziel hinausschießen und dank zu vieler

Vorgaben das freie Handeln der Unternehmen beeinträchtigen. Hier ist vor allem der

VDA gefordert eine Überregulierung zu vermeiden, um ein sinnvolles Arbeiten der

Automobilhersteller zu gewährleisten.

22 VDA-Empfehlung 4500, 5. Ausgabe, Januar 2006, Seite 15

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5. Vorbereitende Maßnahmen

5.1. � Behälter

5.1.1. Auswahl der Behälter

Bei der Auswahl der Behälter muss als erstes die Entscheidung zwischen Einweg-

und Mehrweg getroffen werden. Nachdem diese Frage beantwortet ist, muss ent-

schieden werden, ob die Waren mit standardisierten Behältern transportiert werden

sollen bzw. können, denn sollte das nicht möglich sein muss ein Spezialbehälter an-

gefertigt werden. Für den Prozess der Behälterauswahl sollten auch die Entschei-

dungsträger der Forschung und Abstimmung mit einbezogen werden, um einen Be-

hälter mit Zukunftssicht zu beschaffen bzw. zu entwickeln, der nicht nach kürzester

Zeit zum Auslaufprodukt wird.

5.1.2. Behälter mieten oder kaufen

Hier muss sich der Automobilkonzern entscheiden ob er die Behälter selbst anschaf-

fen oder von einem Dienstleister mieten will. Meistens wird es aber wirtschaftlicher

sein, die Behälter selbst anzuschaffen und über einen Behälterpool zu verwalten.

5.1.3. Reinigung und Wartung

Auch hier hat der Automobilhersteller die Wahl ob er diese Aufgabe selbst überneh-

men oder die Aufgabe an einen extern Dienstleister vergeben will. Meistens wird dies

nach extern vergeben, da Outsourcing in den meisten Fällen billiger ist und sich der

Hersteller auf seinen Kernkompetenzen konzentrieren kann.

5.1.4. Umlaufbestand

Faustformel: Stückzahl pro Arbeitstag / Inhalt je Behälter * Umlauftage23

Der Umlaufbestand an Ladungsträgern muss unter Berücksichtigung der relevan-

ten Parameter geplant werden. Für jede Lieferbeziehung sind folgende Parameter

heranzuziehen:

23 VDA Empfehlung 5007, Version 1, Februar 2006

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• Entfernung Lieferant – Kunde

• Teilebedarf/Arbeitstag, Ladungsträgerbedarf/Arbeitstag

• Transportfrequenzen

• Sicherheitsbestand inkl. Festgelegte neutrale Instanz Ladungsträgerbindung

• Belieferungsform

• Produktionsmethode: Fließ- oder Losfertigung

• Programmstabilität

• Vorläufe Kunde und Lieferant

• Reparatur und Schwund

• Merkmale Transportstrecke

• Füllgrad

• Ersatzteilebedarf, CKD-Bedarf

• Abrufmethode

• U. a. m.24

5.2. � Kostenverrechung und Nutzungsumfang

5.2.1. Verrechung bzw. Aufteilung der Kosten

Zusammen mit den Zulieferern muss eine Regelung gefunden werden, wie die anfal-

lenden Kosten verteilt bzw. verrechnet werden. Hier gibt es zwei generelle Möglich-

keiten:

• Der Automobilhersteller schafft zusammen mit dem Zulieferer Behälter an. Alle

hier anfallenden Kosten werden dann entsprechend geteilt.

• Der OEM schafft einen Behälterpool an und belastet die Lieferanten mit (Ta-

ges)Mietsätzen.

In den meisten Fällen wird der OEM einen Behälterpool anschaffen und alle anfal-

lenden Kosten wie Anschaffung, Reparatur, Schwund, etc. über den (Ta-

ges)Mietpreis an den bzw. die Lieferanten verrechnen.

24 http://www.akjnet.de/downloads/akjlop2005bm.pdf, Abgerufen 28. Okt. 06, 22:53 Uhr

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5.2.2. Vereinbarung des Nutzungsumfanges

Des Weiteren sollte mit den Lieferanten bzw. Partnern der Nutzungsumfang der Be-

hälter vereinbart werden. Hierfür gibt es mehrere prinzipielle Möglichkeiten:

• Lieferung

• internen Fertigungsumlauf

• Lagerung

• Lieferung an Vorlieferanten

Der Nutzungsumfang schlägt sich wiederum auf die benötigte Behälterzahl nieder: Je

größer der abstimmte Nutzungsumfang, desto mehr Behälter werden benötigt.

5.3. � IT Unterstützung

5.3.1. Auswahl des IT-Systems

Zur Verwaltung der Behälter sollte ein IT-System beschafft werden. Die entspre-

chenden Möglichkeiten mit den jeweiligen Vorteilen und Nachteilen finden sie im

Punkt 3.4 IT-Systeme ERP System vs. Spezialsoftware

Sollte dies auf Grund der Kostensituation nicht möglich sein, kann als mittelfristige

Lösung auf bereits vorhandene Software (Excel, Access) zurückgegriffen werden.

5.3.2. Datenübermittlung

Zusammen mit den Zulieferern muss eine Einigung getroffen werden, wie die Daten

übermittelt werden. Die wohl einfachste Version ist die Weitergabe der Daten per

Internet. In diesem Fall sind Hersteller und Lieferant verbunden und die Daten wer-

den per EDI (Elektronik Data Interchange) weitergegeben und in das System des

anderen integriert.

Sollte dies auf Grund von technischen Vorgaben nicht möglich sein, bleibt immer

noch die alte Papiervariante, wo zu allen Lieferungen Frachtbriefe, Lieferscheine,

etc. erstellt werden.

Zu beachten ist hierbei, dass die gewählte Methode für die Lieferanten ohne Aus-

nahmen bindend sein sollte, um Doppelbuchungen oder Fehlbuchen zu vermeiden.

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5.3.3. Behälter-Stammdaten

Für alle Behälter und Gebindekomponenten sind spezifische Stammdaten zu führen.

Mindestens sind lt. VDA Empfehlung 5007 folgende Stammdaten erforderlich:

• Packmittel-Nummer

• Benennung

• Außenabmessung

• Innenabmessung

• Taragewicht

• Maximale Nutzlast

Optional können noch weitere Daten wie Auflast, Werkstoff, Bilder, Stapelbarkeit,

usw. erfasst werden.

5.3.4. Packmittelerfassung

Für die Packmittelerfassung und Identifizierung gibt es verschiedene Systeme:

• Einscannen von Packmitteleinheiten oder einzelnen Behältern

• Manuelle Zählung der Packmittel

• Abgleich Wareneingang der Produktivteile mit fester Packmittelzuordnung

• Optische Erkennungssysteme (eher selten in der Automobilindustrie)

• Transponder (im Entwicklungsstadium für den LT-Bereich)

Der große Nachteil an den meisten Systemen ist die nötige manuelle Eingabe bzw.

Nachbearbeitung um einen Kontenabgleich bzw. eine Kontoumbuchung zu errei-

chen.25

5.3.5. Kontoauszug

Mindestens 1-mal im Quartal sollte den Partnern ein Kontoauszug mit mindestens

folgenden Daten übermittelt werden:

• Relationsdaten wie Lieferantenwerk und Kundenwerk

• Packmitteldaten wie Packmittel-Art und Packmittel-Gruppe

• Vorgangsdaten in Form von Belegnummer, Belegdatum, Anzahl der Packmittel,

Teilenummer und Lager/Lagergruppe, Bewegungsart

25 VDA-Empfehlung 5007, Version 1, Februar 2006

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• Markierung für bestätigte Datensätze

Darüber hinaus gehende Anforderungen können individuell zwischen den Partnern

abgestimmt werden. Die hierfür benötigten Daten ergeben sich aus den Lieferschei-

nen und Frachtbriefen, die manuell in Papierform, als EDI-Nachricht oder per Inter-

netkommunikation im Bestandsführungssystem verbucht werden.26

Den Beteiligten sollte weiter die Möglichkeit gegeben sein, binnen 14 Tagen Wider-

spruch einzulegen, da der Kontoauszug als Grundlage für die Miet-Berechnung

dient.

5.4. � Verpackungsdatenblatt

Die Verpackungsdaten sollten zwischen den Partnern abgestimmt werden und mit

Hilfe einer Vorlage für jedes einzelne Teil dokumentiert werden. Die Vorlage sollte

auf jeden Fall die Benennung, die Sach- bzw. Ident-Nummer, die Lieferantenanga-

ben und die Außen- und ggf. Innenverpackung mit Größenangaben enthalten. Des

Weiteren können noch Punkte wie Rückführung und Skizze bzw. Foto aufgeführt

werden.27 Der im Normalfall papierlose Datenversand erfolgt beim Anlauf und bei Än-

derung und bleibt bis zum Widerruf gültig.

5.5. � Packmittelversorgung

In der Automobilindustrie existieren zwei unterschiedliche Verfahren der Packmittel-

versorgung, - Push- und Pull-Systeme.

5.5.1. Push-Prinzip

Das Push-Prinzip ermöglicht eine planungsorientierte Packmittelversorgung, die in

der Verantwortung des Behältermanagements liegt. Hierfür sollten dem Empfänger lt.

VDA-Empfehlung 5007 folgende Datenmittel zur Verfügung gestellt werden:

• Lieferscheinnummer, Frachtbriefnummer, Sendungsnummer

• Packmittelnummer

• Menge

• Empfänger 26 VDA-Empfehlung 5007, Version 1, Februar 2006 27 Datenblatt Webasto, ZF, Internet-Abruf 5. Nov 01:35 Uhr

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• Absender

• Kontoführende Lieferantennummer

• Zeitpunkt des voraussichtlichen bzw. bereits erfolgten Versands inkl. Transport-

dauer (Avis, Internet)

• Sollbestand (optional)

• Vorgangsart

5.5.2. Pull-Prinzip

Beim Pull-Prinzip, dass eine nachfrageorientierte Packmittelversorgung ermöglicht,

liegt die Verantwortung hingegen in der Verantwortung des Bestellers. Hierfür muss

der Besteller einen Zugang zum Bestellsystem haben und die nötigen Berechtigun-

gen müssen eingerichtet sein bzw. werden. Eine entsprechende Bestellidentifikati-

onsnummer muss vom Besteller oder Empfänger angelegt werden, die Bestellnum-

mer wird dagegen automatisch vom System generiert. Auch für die Pull-Abwicklung

gibt es vom VDA eine Empfehlung über die Datenelemente des Bestellvorgangs:

• Bestellidentifikationsnummer

• Besteller und Authentifizierung

• Packmittelnummer

• Menge

• Absender (optional)

• Empfänger, falls abweichend vom Besteller

• Kontoführende Lieferantenummer

• Zeitpunkt (Datum) der gewünschten Lieferung

• Zeitpunkt (Uhrzeit bzw. Zeitfenster) der gewünschten Lieferung

• Dauerauftragsdetails (Menge, Typ, Ort, kontoführende Lieferantenummer, Anlie-

ferfrequenz, Starttermin, Ende, Anzahl Wiederholungen)

• Bemerkungen des Bestellers (optional)

• Vorgansart28

28 VDA Empfehlung 5007, Version 1, Feb. 2006

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6. Checkliste • Integration des Behältermanagements in das Unternehmen und in die Supply

Chain

• Bereitstellung von Mitarbeitern und Ressourcen und Festlegung von Verantwortli-

chen

• Messung der Reichweite des Behälterbestands und Kalkulation des tatsächlichen

Behälterbedarfs

• Entscheidung zwischen Standardbehältern und Spezialbehältern

• Entscheidung zwischen Eigenbehältern (Kauf oder Leasing?) und Leihbehältern

• Entscheidung über Kostenverrechnung bzw. -aufteilung und Vereinbarung über

Nutzungsumfang für Behälter mit Zulieferern

• Definierung von Behälterkreisläufen und Überwachung dieser

• Implementierung von Kennzahlen und Etablierung eines Performance-

Measurements-Systems zur Messung der Leistungsfähigkeit des Behältermana-

gements

• Erfassung von behälterbezogenen und kreislaufbezogenen Kosten

• Entscheidung über Outsourcing von Aufgaben der Behälterbewirtschaftung

• Implementierung einer Identifikationstechnologie zur Erfassung der Behälterbe-

wegungen und Codierung aller Behälter

• Auswahl eines IT-Systems zur Abbildung behälterbezogener Informationen

• Berücksichtigung von Behältereigenschaften bei der Produktentwicklung

• (Weiter-) Entwicklung von Behältern

• Sicherstellung einer ständigen Überwachung der Behälterbedarfe sowie der be-

hälter- und kreislaufbezogener Kosten

7. Beispiel aus der Automobilbranche: Volkswagen AG

7.1. � Behälterumlauf

Im Materialfluss innerhalb der Produktionsstätten sowie im Zwischenwerksverkehr

setzt die Volkswagen AG 36 unterschiedliche Universalbehältertypen und rund 2500

Spezialbehältertypen ein, in denen man z. B. empfindliche Press- und Montageteile

möglichst berührungsarm lagert und bewegt. Insgesamt besitzt der Automobilkon-

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Einführung eines Behältermanagementsystem

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zern mehr als 10 Millionen Ladungsträger (Mehrwegbehälter) die ein Vermögen von

650 Millionen Euro repräsentieren. Verwaltet und gepflegt werden sie vom Behälter-

management der Volkswagen Transport GmbH, welches konzernweit tätig ist.29

Um die Behälter optimal zu nutzen, müssen sie gefüllt oder leer innerhalb einer Lie-

ferkette mit allein in Europa über 5000 geografischen Standorten zwischen den Wer-

ken, Zulieferern und Dienstleistern gesteuert werden.

7.2. � Behältermanagement-System

Diese Komplexität ohne elektronische Unterstützung zu steuern, ist nahezu unmög-

lich. Daher hat Volkswagen in Zusammenarbeit mit dem IT-Dienstleister Gedas Onsi-

te eine eigene Softwarelösung entwickelt. In dem System LISON („Ladungsträger

Informations- und Management-System Online“), laufen sämtliche Informationen ü-

ber alle Behälter in Europa zusammen.

LISON besteht aus mehreren Modulen, die jeweils spezifische Aufgaben erfüllen.

Dazu gehören:

• Verpackungsplanung: Hier werden die Stammdaten verwaltet. Durch entspre-

chende Dialoge erfasst der Anwender alle wichtigen Daten der verschiedenen

Ladungsträgertypen, wie etwa Bezeichnung, Maße, Gewicht oder Verwendungs-

und Steuerungsparameter. Ebenso lassen sich hier die Stammdaten der Teile

sowie der Partner hinterlegen. Auch Verpackungsvereinbarungen der Partner

werden hier gespeichert.

• Bestandsführung: Der Kern von Lison ist die zentrale Ladungsträger-

Bestandsführung. Sie macht transparent, welche Behältertypen in welchem Um-

fang genutzt werden. Weiterhin lässt sich damit das Ladungsträgervermögen be-

werten.

• Reklamationen: Diese lassen sich hier sowohl von inhaltlicher als auch formaler

Art bearbeiten.

• Inventur: Die Inventur kann ein- oder mehrmals jährlich durchgeführt werden und

liefert zeitnah Informationen über die physischen Bestände zum Vergleich mit den

gebuchten Lagerbeständen.

29 Behälter wechsle dich, Informationweek, Ausgabe 18/2005

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Einführung eines Behältermanagementsystem

Anja Gumbrecht ||Florian Banzer Seite 27 von 30

• Leergutsteuerung: Dieses Modul ermittelt auf der Basis der Lieferabrufe für Mate-

rial und Teile sowie der Verpackungsvereinbarungen den Leergutbedarf. Der Ver-

sand des Leerguts wird mit Hilfe einer hinterlegten SCM-Lösung optimiert.

• Frachtbrieferstellung: Hier werden die Frachtbriefe generiert, wobei dem Anwen-

der automatisch noch zu erfüllende Aufträge direkt angezeigt werden.

• Nutzungsentgelt: Ermittelt und verwaltet die von den Beteiligten zu zahlenden

Nutzungsentgelte.

• Handlingskosten: Das Modul ermittelt Kosten, die durch Abweichungen von den

Verpackungsvereinbarungen entstehen und belastet den Verursacher mit diesen

Kosten.

• Controlling und Berichtswesen: Ergänzend zu den direkt auf die Prozesse des

Behältermanagements abgestimmten Funktionen, bietet dieses Modul zusätzliche

Auswertungen. Engpässe, zeitliche Trends in der Versorgungssicherheit oder der

Bestandsentwicklung lassen sich so abschätzen.

LISON ist kompatibel zu Standardsystemen der Material- und Lagerlogistik und er-

gänzt diese um die für die Behälterprozesse typischen Funktionen. Für die Kommu-

nikation zwischen den beteiligten Unternehmen (B2B) in der Lieferkette bietet die

Software vorgefertigte Schnittstellen und Kommunikationsmodule. Wichtige Informa-

tionen wie etwa Leergutbestellungen oder Bestandsabfragen lassen sich mit Hilfe

von LISON-Web-Applikationen regeln.3031

7.3. � RFID

Ein Problem bei LISON ist jedoch, dass die Daten häufig nicht mit der Realität über-

einstimmen, da die Datenerfassung manuell erfolgt und dabei leicht Fehler auftreten

können. Dadurch kommt es u.a. zu einem Behälterschwund von jährlich ca. 5 % im

gesamten Volkswagen Konzern. Aus diesem Grund hat Volkswagen sich dazu ent-

schlossen, die RFID-Technologie in einem Großversuch im Bereich Spezialladungs-

trägern auszutesten. Dabei wurden etwa 11.000 Spezialbehälter für den Golf 5 mit

aktiven Transpondern versehen sowie die Werke Wolfsburg, Mosel und Brüssel mit

passenden Schreib-/Lesestationen, so genannten Gates, ausgerüstet. Sobald ein

30 Mehr als nur simple Transportkisten, Industrieanzeiger, Ausgabe 27/2004 31 Interview mit Günter Rauter, Audi AG am 30.10.06

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Anja Gumbrecht ||Florian Banzer Seite 28 von 30

Transponder in den Empfangsbereich eines Gates gelangt, sendet er automatisch

die eindeutige Identifikationsnummer (Tag-Id) des Behälters. Diese Meldungen flie-

ßen in einem zentralen Anwendungssystem zusammen. Zur Visualisierung der Be-

stände und Bewegungen setzt Volkswagen Middleware VisuM (Visualisieren und

Map Matching) ein, eine selbst entwickelte Software, die anzeigt, wo und wie viele

Behälter zur Verfügung stehen. Auch Stand- und Reparatur- bzw. Ausfallzeiten kön-

nen berücksichtigt werden. Des weiteren erfolgt eine Anbindung and das Behälter-

managementsystem LISON.3233

Abbildung 5: Visualisierung der Bestände für das Werk Wolfsburg34

Volkswagen hat laut eigener Aussage bisher gute Erfahrungen mit RFID gemacht.

Eine Weiterführung wird derzeit diskutiert, ist aber noch nicht beschlossen.35

32 Fallstudie Volkswagen, RFID-Atlas 04/2006 33 Dissertation von Martin Strassner : RFID im Supply Chain Management, 07/2005 34 Marc Wenzel: Aktive RFID verändert Prozesse, Vortrag im Workshop “RFID in der Automobilzulie-ferindustrie“ am 14.11.2006 35 E-Mail von Dirk Schoenrock, VW Wolfsburg am 09.11.06

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Einführung eines Behältermanagementsystem

Anja Gumbrecht ||Florian Banzer Seite 29 von 30

Quellenverzeichnis:

Bücher/Zeitschriften:

Erik Hofmann, Harald Bachmann: Behälter-Management: Entwicklung eines Kon-

zepts zur zielorientierten Steuerung von Ladungsträgerkreisläufen, Jahrbuch Logistik

2006

Erik Hofmann, Harald Bachmann: Behälter-Management in der Praxis, Deutscher

Verkehrs Verlag 10/2006

Thomas Schmölzer, Jonas Schöfer, „Bedarfsorientiertes Behältermanagement zur

Kostenreduktion in der Automobilindustrie“, ZfAW 4/2005

Mehr als nur simple Transportkisten, Industrieanzeiger, Ausgabe 27/2004

Interview Herr Schwentuchowski, „Wir haben einen großen Schritt gemacht“, Logistik

heute 9/2006

Harald Bachmann, „Mehr als nur bunte Kisten verwalten“, Logistik heute 1-2/2006

Harald Bachmann, „Mehrweg-Ladungsträger effizient verwalten und steuern“, Logis-

tik für Unternehmen 20/2006

Dunja Veenker, Jesper Folz, Frank Seeger, Prof. Dr. Karl-Heinz Wehking, „Black Box

mit Potenzial“, Logistik heute 1-2/2006

Michael Gneuss, „RFID sorgt für Logistik Revolution“, Handelsblatt 27.06.2005

„RFID setzt sich durch“, Informationweek 06/2005

„Behälter wechsle dich“, Informationweek 18/2005

VDA Empfehlung 4500, „Kleinladungsträger(KLT)System“, 5. Ausgabe, Januar 2006

VDA-Empfehlung 5007, Version 1, Februar 2006

Fallstudie Volkswagen, RFID-Atlas 04/2006

Verpackungshandbuch Webasto, Stand 15.02.2005

Marc Wenzel, „Aktive RFID verändert Prozesse“, Vortrag im Workshop “RFID in der

Automobilzulieferindustrie“, 14. Nov. 2005

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Einführung eines Behältermanagementsystem

Anja Gumbrecht ||Florian Banzer Seite 30 von 30

Diplomarbeiten:

Diplomarbeit, Behälterentstehungsprozess für Spezialbehälter der Bereiche Press-

werk und Karosseriebau, von Thomas Wolf, September 2001

Dissertation von Martin Strassner : RFID im Supply Chain Management, 07/2005

Internet:

Faltbare Kästen: SSI Schäfer, [Online], Available:

http://www.ssi-schaefer.de/Faltbare_Kaesten.891.0.html [28. Okt. 06, 21:36 Uhr]

Europoolpalette, [Online] , Available:

http://de.wikipedia.org/wiki/Europoolpalette [1. Nov. 2006, 23:50 Uhr]

Gütergemeinschaft Paletten e. V., [Online] , Available:

http://www.gpal.de/index.php?&id=26 [1. Nov. 2006, 23.45 Uhr]

Behältermanagement 2004/3005, [Online], Available:

http://www.akjnet.de/downloads/akjlop2005bm.pdf [28. Okt. 06, 22:53 Uhr]

Behälterübersicht, [Online], Available: VW Intranet [20. Okt. 2006, 9:45 Uhr]

Interview/E-Mail-Kontakt:

Interview mit Günter Rauter, Audi AG am 30.10.06

Interview und E-Mail mit Wilhelm Löprich, Audi AG am 24.11.06

Email Hr. Dirk Schoenrock (L-FMB/A), VW Wolfsburg