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Wilhelm Roux' Archiv 169, 41--55 (1972) by Springer-Verlag 1972 Einflul~ von Inhibitoren der RNS- und Protein-Synthese und lnduktoren auf die Zellaffi~fit/it yon Amphibiengewebe }IoI~ST GtcUNZ Institut ffir Bioehemie und Molekularbiologie (friiher: Institut f/Jr Physiologisehe Chemie) der Freien Universit~t Berlin Eingegangen am 26. Juli 1971 Influence of Inhibitors of I~NA and Protein Synthesis and Inductors upon Cell Affinity of Amphibian Tissues Summary. Isolated Amphibian gastrula ectoderm, pretreated in different ways, was combined with endoderm. 1. Untreated ectoderm separates from endoderm after several days. 2. Ectoderm, treated with the vegetalizing inducing factor, is surrounded by endoderm, which spreads over the treated ectoderm as an uni- or multicellular layer. 3. Treatment of ectoderm with aetidion (2 ~g/ml for 5 h or 1 ~g/ml for 20 h), an inhibitor of protein synthesis, prior to induction prevents the spreading of endoderm over ectoderm. 4. Treatment of ectoderm with AeD, an inhibitor of RNA synthesis, prior to induction does not prevent the spreading of endoderm over ectoderm. 5. Treatment of ectoderm with AeD without inductor changes the affinity of ectoderm to endoderm. Ectoderm, treated with 1 ~zg/ml AcD, spreads over the endoderm as a thin layer. After treatment with 2 ~g/ml AcD, in some eases endoderm spreads over the ectoderm. Zusammen/assung. Isoliertes Gastrula-Ektoderm wurde naeh untersehiedlicher Behand- lung mit Induktoren and Hemmern der RNS- bzw. Protein-Synthese mit isoliertem Entoderm kombiniert. 1. Unbehandeltes Ektoderm separiert sieh von Entoderm mehrere Tage nach der Kombi- nation. 2. Mit vegetalisierenden Faktor induziertes Ektoderm separiert sich nieht von Entoderm,. sondern wird v611ig yon Entoderm fiberwachsen. 3. Bei gleichzeitiger Einwirkung von Induktor und Aetidion, einem Hemmer der Protein- synthese, wird dureh hohe Konzentration (2 ~zg/ml) bei relativ kurzer Einwirkungszeit (5 Std) oder dutch geringe Konzentration (1 tzg/ml) bei langer Einwirkungszeit (20 Std) die Uberwaehsung verhindert. 4. Dutch AeD, einem Hemmer der RNS-Synthese, wird dagegen die I)berwachsung von induziertem Ektoderm nicht unterbunden. 5. Behandlung yon Ektoderm mit AcD ohne Induktor hat bereits einen EinfluB auf die Affinit/itseigensehaften des Ektoderms. Bei geringer AcD-Konzentration (1 ~zg/ml) iiberw/~ehst das Ektoderm das Entoderm in Form eines d/innen Epithels. Mit hoher AcD-Konzentratioi1 (2 ~g/ml) behandeltes Ektoderm wird dagegen in einigen Fgllen von Entoderm iiberwachsen. Abkiirzungen: AcD-- Aetinomyein D, m-RNS messenger RNS, r-RNS = ribosomale t~NS. Einlcitung Das Problem der Zellaffinit/it w/~hrend der frtihembryonalen Entwieklung verdient besondere Beaehtung. Holtfreter (1939, 1943, 1944) und Townes und ttoltfreter (1955) konnten in Kombinationsversuchen an Geweben untersehied-

Einflu von Inhibitoren der RNS- und Protein-Synthese und Induktoren auf die ZellaffinitÄt von Amphibiengewebe

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Page 1: Einflu von Inhibitoren der RNS- und Protein-Synthese und Induktoren auf die ZellaffinitÄt von Amphibiengewebe

Wilhelm Roux' Archiv 169, 41--55 (1972) �9 by Springer-Verlag 1972

Einflul~ von Inhibitoren der RNS- und Protein-Synthese und lnduktoren

auf die Zellaffi~fit/it yon Amphibiengewebe

}IoI~ST GtcUNZ

Insti tut ffir Bioehemie und Molekularbiologie (friiher: Insti tut f/Jr Physiologisehe Chemie) der Freien Universit~t Berlin

Eingegangen am 26. Juli 1971

I n f l u e n c e of I n h i b i t o r s of I~NA a n d P r o t e i n S y n t h e s i s and I n d u c t o r s

u p o n Cell A f f i n i t y of A m p h i b i a n Tissues

Summary. Isolated Amphibian gastrula ectoderm, pretreated in different ways, was combined with endoderm.

1. Untreated ectoderm separates from endoderm after several days. 2. Ectoderm, treated with the vegetalizing inducing factor, is surrounded by endoderm,

which spreads over the treated ectoderm as an uni- or multicellular layer. 3. Treatment of ectoderm with aetidion (2 ~g/ml for 5 h or 1 ~g/ml for 20 h), an inhibitor

of protein synthesis, prior to induction prevents the spreading of endoderm over ectoderm. 4. Treatment of ectoderm with AeD, an inhibitor of RNA synthesis, prior to induction

does not prevent the spreading of endoderm over ectoderm. 5. Treatment of ectoderm with AeD without inductor changes the affinity of ectoderm

to endoderm. Ectoderm, treated with 1 ~zg/ml AcD, spreads over the endoderm as a thin layer. After t reatment with 2 ~g/ml AcD, in some eases endoderm spreads over the ectoderm.

Zusammen/assung. Isoliertes Gastrula-Ektoderm wurde naeh untersehiedlicher Behand- lung mit Induktoren and Hemmern der RNS- bzw. Protein-Synthese mit isoliertem Entoderm kombiniert.

1. Unbehandeltes Ektoderm separiert sieh von Entoderm mehrere Tage nach der Kombi- nation.

2. Mit vegetalisierenden Faktor induziertes Ektoderm separiert sich nieht von Entoderm,. sondern wird v611ig yon Entoderm fiberwachsen.

3. Bei gleichzeitiger Einwirkung von Induktor und Aetidion, einem Hemmer der Protein- synthese, wird dureh hohe Konzentration (2 ~zg/ml) bei relativ kurzer Einwirkungszeit (5 Std) oder dutch geringe Konzentration (1 tzg/ml) bei langer Einwirkungszeit (20 Std) die Uberwaehsung verhindert.

4. Dutch AeD, einem Hemmer der RNS-Synthese, wird dagegen die I)berwachsung von induziertem Ektoderm nicht unterbunden.

5. Behandlung yon Ektoderm mit AcD ohne Induktor hat bereits einen EinfluB auf die Affinit/itseigensehaften des Ektoderms. Bei geringer AcD-Konzentration (1 ~zg/ml) iiberw/~ehst das Ektoderm das Entoderm in Form eines d/innen Epithels. Mit hoher AcD-Konzentratioi1 (2 ~g/ml) behandeltes Ektoderm wird dagegen in einigen Fgllen von Entoderm iiberwachsen.

Abkiirzungen: AcD-- Aetinomyein D, m-RNS messenger RNS, r-RNS = ribosomale t~NS.

E i n l c i t u n g

Das P r o b l e m de r Zel la f f in i t / i t w/~hrend der f r t i h e m b r y o n a l e n E n t w i e k l u n g

v e r d i e n t besonde re B e a e h t u n g . H o l t f r e t e r (1939, 1943, 1944) u n d T o w n e s und

t t o l t f r e t e r (1955) k o n n t e n in K o m b i n a t i o n s v e r s u c h e n an G e w e b e n un t e r s eh i ed -

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42 H. Grunz:

licher Keimblattanlagen (z. B. Ektoderm, Entoderm und Mesoderm) eine selektive Zellaifinitgt nachweisen. Gewebe verschiedener Keimbereiche wurden durch kurze Alkalibehandlung in Einzelzellen dissoziiert. Die Zellen reassoziieren in neutraler Kulturl6sung zu kugeligen Aggregaten. Gleichartige Zellen, die zungchst in dem sphi~rischen Gebilde getrennt voneinander verteilt waren, vereinigen sich inner- halb der Reaggregate, ,,sorting out" (Townes und Holtfreter, 1955). Bei der Kombination yon Ektoderm- und Entodermzellen wird naeh dem ,,sorting out" eine v611ige Trennung der beiden Zellarten beobachtet. In einigen F/illen bilden sich separate Kugeln aus Ektoderm- und Entodermzellen. Wird Ektoderm und Entoderm zus/~tzlich mit Mesoderm kombiniert, so tritt keine Trennung der Gewebe auf, da Mesoderm sowohl zu Ektoderm als auch zu Entoderm eine Affinit/~t besitzt und eine Vereinigung aller drei Derivate innerhalb ein und des- selben I~eaggregats bewirkt. Von wesentlicher Bedeutung war der Befund, dab Zellaffinit/i~ten experimentell ver/~ndert werden k6nnen (Kocher-Beeker, Tiede- mann und Tiedemann, 1965). Wird hochgereinigter vegetalisierender Faktor, der aus tIiihnerembryonen isoliert wurde (Tiedemann, 1966), in das Blastocoel einer frfihen Amphibiengastrula implantiert, so exovaginiert das Entoderm und breitet sich fiber das induzierte (,,vegetalisierte") Ektoderm aus.

In einer Reihe friiherer Untersuchungen (I-Iumphreys, 1963; Moscona, 1963; Kornfeld und Ginsburg, 1966; Margoliash et al., 1965) wird anf die Bedeutung spezieller Oberfl/ichenstrukturen der Zel]membran fiir die selektive Zellaffinit/~t hingewiesen. Es konnte gezeigt werden, dal3 ffir die Wiederherstellung der Zell- kontakte w/ihrend der geaggregation eine ungestSrte Proteinsynthese notwendig ist (Moscona und Moscona, 1963; Grunz, 1969).

In den vorliegenden Untersuchungen sollte geprfift werden, ob 1. experimentell die Affinit/itseigensehaften yon isoliertem Ektoderm zu

isoliertem Entoderm durch Behandlung mit einem hochgereinigten vegetalisie- renden Induktionsfaktor ver~ndert werden k6nnen und ob

2. dureh Inhibitoren der RNS- (AeD) bzw. Protein-Synthese (Actidion---- Cycloheximid) dieser ProzeB gehemmt werden kann.

Material und Methode Ffir ~lle Versuche wurden Keime yon Ambystoma mexicanum verwendet. Die Keime

dieser Species waren fiir diese Versuche besonders geeignet, da im Gegensatz zu Triturus alpestris eine Separation des unbehandelten Ektoderms yon Entoderm nach vorangegangener Kombination beider Gewebe besonders deutlich wird. Ektoderm wurde frfihen Gastrulae entnommen und nach verschiedener Behandlung mit Entoderm kombiniert (Abb. 1). Bei der Exstirpation des Entoderms wurde dar~uI geachtet, dal~ nur das im Inneren des Keimes und direkt am vegetativen Pol gelegene Material und nicht gleichzeitig priisumptives Seiten- plattenmaterial explantiert wurde.

O~ AcD nur eindringen kann, wenn sich das explantierte Gewehe nicht abkugelt, wurden die Ektodermstiicke durch aufgelegte Seide oder Filterp~pier am Ahkugeln gehindert (Abb. 1).

Dar~tellung des Induktors 1

Die Rfimpfe yon 11 Tage alten Hiihnercmbryonen wurden homogenisiert. Nach der Extraktion mit Phosph~tpuffer und Fraktionierung mit Ammoniumsulfat folgte eine Be- h~ndlung mit Phenol. Die 1)roteinfr~ktion wurde chrom~tographiseh an Carboxymethyl-

1 Ffir die Prii, paration des Induktors dankc ieh den Herren Boczek, Born und Geithe.

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Einflu/3 von Inhibitoren der RNS- und Protein-Synthese 43

Abb. l a--c . Schematisehe Darstellung der Explantation und Behandlung des Ektoderms und Entoderms aus der frfihen Gastrula. a Sandwich-Methode mit oder ohne Induktor. b Methode zur Verhinderung des Abkugelns bei der Behandlung mit AcD. c Kombination einer Ektodermhglfte mit Entoderm. Ag Agar, Ekt Ektoderm, Ent Entoderm, Incl Induktor,

Plex Plexiglas, Se Seide oder Filterpapier

cellulose in Gegenwart yon 6 M Harnstoff aufgetrennt. Das im pH-Bereich 6,0--7,2 eluierte Protein wurde mit y-Globulin im Verhgltnis l : t verdfinnt (Tiedemann, 1966). Nach Ein- wirkung dieses Induktors (,,vegetalisierender Faktor") differenziert sich Ektoderm zu meso- dermalen und entodermalen Geweben (Grunz, 1970).

Die RNS-Synthese und deren Hemmung durch AeD wurde dutch den Einbau radio- aktiven Uridins gemessen (Tabelle 2). Um die Werte der Kontroll- und Versuehsserien verglei- ehen zu k6nnen, mug die Gewebemenge pro Ansatz bekannt sein. Hierzu wurde eine Doppel- markierungsmethode angewandt. Es wurden vor der Behandlung mit AcD die Explantate der Kontroll- und Versuchsserien zungehst mit l~C-Leucin (0,6 IxCi/ml; spez. Akt. 50 mCi/mM) 2l/2 Std bei 18~ in ein und derselben Kultursehale inkubiert. Naeh mehrmMigem Umsetzen in Pliekinger-L6sung ohne radioaktives Material wurden die Explantate der Versuchsserie in Kulturl6sung mit AeD-Zusatz (1 ~zg/ml) 4 bzw. 24 Std inkubiert (Tabelle 2). Nach mehr- maligem Auswasehen in AeD-freier Flickinger-L6sung erfolgte gleichzeitig mit den unbehan- delten Kontrollen der Einbau yon 3tt-Uridin (0,1 mCi/ml; spez. Akt. 25 Ci/ml) fiber 2 Std. Nach Auswaschen nicht eingebauten 8tt-Uridins in Flickinger-L6sung mit der 10fachen Konzentration kalten Uridins wurden die Explantate in 5 % TCA bei 0 ~ C homogenisiert. Der t3berstand nach Zentrifugation bei 3000 rpm wurde verworfen. Dies wurde zweimal wieder- holt und anschlie/]end die TCA dutch 3 mMiges Wasehen mit At her/Alkohol (3:1) entfernt. Das Sediment wurde in 0,5 ml Hyamin bei 57 ~ C gel6st. Die l~{essung der 1~C- und 3H-Radio- aktivit~t erfolgte nebeneinander in Buhler-L6sung im Szintillationszghler. Da der Einbau von 14C-Leuein in alle Explantate unter genau gleichen Bedingungen erfolgt, ist der Einbau yon laC-Leuein in Protein der Gewebemenge proportional. Dureh Bildung des Quotienten

epM (14C-Leuein) ep3/[ (aH-Uridin)

kann deshalb der Uridineinbau ffir gleiche Gewebemengen berechnet werden. Naeh der Kombination des unterschiedlich behandelten Ektoderms mit Entoderm kam

es in allen Versuehsreihen zu einer Zusammenlagerung der beiden Gewebe zu zun/~ehst sph~risehen Gebilden. Zur weiteren Beobaehtung wurden sic bis zu 8, meist jedoeh nut bis

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44 H. Grunz:

zu 4--6 Tagen in steriler Holtfreter-L6sung mit Zusatz yon 300 rag/1 Cibazol bei einem pH-Wert yon 7,3 aufgezogen. Die Fixierung erfolgte in 4~% FormMdehyd, Entwiisserung und Einbettung fiber Dioxan, Dioxan-Paraffin. Die Schnittdieke der histologisehen Praparate betrug 8 ~, Schnittf~rbung mit Boraxearmin und Anilinblau-Orange G. Ffir die Auswertung stand Material yon 3 Laichperioden zur Verffigung.

Ergebnisse Versuch~reihe Ko: Kombination von E]ctoderrn mit isoliertem Entoderm

Die ersten Versuehe wurden mJt EDTA-dissoziiertem Ektoderm und Ento- derm durchgefiihrt. Zun/ichst bildeten Ektoderm- und Entodermzellen gemeinsam sph/irische t%eaggregate. Nach 3 Tagen trot jedoch eine Segregation des ektoder- malen yore entodermMen Antei] ein. Das Ektoderm kann wegen des grSl]eren Gehalts an Embryona]pigment ]eieht von Entoderm unterschieden werden.

Abb. 2. Explantat der Versuchsreihe Ko (Serie 2) nach 5 Tagen. Das Ektoderm (Ekt) hat sich weitgehend vom Entoderm (Ent) separiert. Vergr. : 45 •

Undissoziiertes Ektoderm, mit nicht dissoziiertem Entoderm kombiniert, weist nach anf~nglieher Versehmelzung beider Derivate etwa naeh 3 Tagen eine ebenso deutliche Separation wie dissoziiertes Zellmaterial auf. Deshalb wurde in allen weiteren Versuehen undissoziiertes Ektoderm mit nicht dissoziiertem Entoderm kombiniert. Insgesamt standen in der Versuchsreihe K 0 26 F~lle aus 3 Serien zur Verfiigung. Ektoderm und Entoderm der Kontrollserien wurden entspreehend den Behandlungszeiten der Versuchsserien in vitro in Itoltfreter- L6sung kultiviert, bevor die Kombination erfolgte. Naeh 4 Tagen war der ekto- dermale mit dem entodermalen Anteil nut noch dureh eine schmale Zellbriieke verbunden (Abb. 2). Verschieden lange Aufzueht des Ektoderms und Entoderms in ttoltfreter-L6sung vor der Kombination blieb ohne Einflug auf das Ergebnis, jedenfalls fiir die von uns untersuehten Zeiten (4--23 Std). Fast in allen F/~llen (Serie 1 100 %, Serie 2 88 %, Serie 3 100%) wurde eine Separation des Ektoderms yore Entoderm festgestellt (Tabelle 1).

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EinfluB yon I n h i b i t o r e n der R N S - und P r o t e i n - S y n t h e s e 45

T~belle 1. Ubersicht i~ber die verschiedenen Versuchsreihen. [Prozentzahlen bezogen au/ die auswertbaren Falle (n) pro Serie]

V e r -

suchs- reihe

Ko

I(1

Sm'ie ZahI der & u s -

wert- baren Fglle

3 17

6

t 4

5 5

11 15

6 9

in vitro-Kultur des Inhibitor- Ektoderms (Std)

in m i t In- mi t In- Holt- duktor hibi tor freter- L6sung

18 23

m

w

k o l ' l z e i 1 -

ttation (I~g/ml)

Ergebnisse der histologisehen Auswertung

Sepa- (Jber- Weder Uber- ration wachsung wachsung des des Ekto- noch Ekto- derms wm Trennung~ derms Entoderm Ektoderm yon grenzt in En~o- brei~er Zone derm an Entoderm

100 - - - - 88 - - 12

100 - - - -

- - 3

- - 4

- - 1 3

- - 1 8

- - 2 0

- - 2 0

- - 2 4

- - 9 3 7

- - 1 0 0 - -

- - 1 0 0 - -

- - 1 0 0 - -

9 3 7 - - 1 0 0 - -

- - 8 9 1 1

Ak~ i 11 - - - - iS 0,5 i O 0 - - - - - -

2 10 - - - - 24 1,0 90 - - 10 - -

Ak~

AcDo

13 9 8 5 8 8

15

- - 15 17 0,5 - - 20 24 0,5 - - 3 4 1 , 0

- - 3 7 1,0 - - 20 24 1,0 - - 3 5 2,0 - - 1 9 21 2 , 0

L

m

4 0,5 3 1,0 4 1,0

20 1,0 2 2,0 4 2,0

23 31 46 - - 3 3 6 7

- - 1 0 0 - -

- - 1 0 0 - -

- - - - 1 0 0

- - 1 3 8 8

- - 2 7 7 3

100 - - - - - - - - 2 5 - - 100 11 33 - - 56 - - 3 1 - - 9 2

- - - - - - 1 0 0

- - 5 5 - - 6 6

1 3

2 8 3 9 4 13 5 10 6 19

1 11 2 tO 3 12

Ektoderm fiberwitchst Entoderm als dfinnes Epithel

- - 4 6 1 , 0

- - 1 3 15 1,0 - - 20 24 2,0

AcD 1 - - 9 1 - - 9

- - 8 0 - - 2 0

- - 1 0 0 - - - -

K o = G a s t r u l ~ - E k t o d e r m n a e h ve r sch ieden Iang~r K u l t i v i e r u n g in v i t ro m i t En tod~r rn kombin i e r t . K 1 = G a s t r u l a - E k t o d e r m m i t vege ta l i s i e r enden F a k t o r induz ie r t und naeh En t - f e rnung des I n d u k t o r s m i t E n t o d e r m kom bin i e r t . A k 0 = G a s t r u l a - E k t o d e r m m i t A k t i d i o n b e h a n d e l t u n d n~ch Auswaschen des I n h i b i t o r s m i t E n t o d e r m kombin i e r t . A k 1 = Gas t ru la - E k t o d e r m gle ichzei t ig m i t A k t i d i o n und I n d u k t o r behande l t , n a c h E n t f e r n u n g des I n d u k t o r s u n d Auswaschen des I n h i b i t o r s m i t E n t o d e r m kom bin i e r t . AcD0 = G a s t r u l ~ - E k t o d e r m m i t A e t i n o m y c i n D b e h a n d e l t und n a c h Auswaschen des I n h i b i t o r s mi t E n t o d e r m komhin i e r t . AoD 1 : G a s t r u l ~ - E k t o d e r m g l e i c h z d t i g m i t A e t i n o m y o i n D und I n d u k t o r beh~ndet t , n~cl~ E n t f e r n u n g des I n d u k t o r s und Auswasehen de~ I n h i b i t o r s m i t E n t o d e r m kombin i e r t .

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46 H. Grunz:

Abb. 3. Explantat der Versuchsreihe K 1 (Serie 4) nach 4 T~gen. Das Ektoderm (Ekt) ist grSBtenteils yon Entoderm (Ent) umgeben. Vergr. : 45 •

Versuchsreihe KI: Gastrula-E]ctoderm 4--18 Std mit Induktor behandelt und nach Ent/ernung des Induktors mit Entoderm kombiniert

Insgesamt standen 65 Fi~lle ffir die Auswertung zur Verffigung. In der Sand- wieh-Methode wurde Gastrula-Ektoderm fiber untersehiedliehe Zeiten (3--24 Std) dem Induktor ausgesetzt. Zugleich mit der Entfernung des Induktors wurde das Explanta t in zwei Teile zerschnitten und eine tIi~lfte mit Entoderm kombiniert. Sehon etwa 8 Std nach der Kombinat ion mit dem induzierten Ektoderm wies das Entoderm im Vergleich zu den Kontrollserien K 0 ein ver~ndertes Aggregations- verhalten ~uf. Die Entodermzellen sep~rieren sich nieht yon den Ektodermzellen, sondern beginnen in Form eines dfinnen Epithels das induzierte Ektoderm zu fiberwaehsen. Dieser ProzeB wird innerhalb der ns 2 Tage fortgesetzt und abgesehlossen. In fiber 80% der F/~lle wird eine weitgehende i3berwaehsung des induzierten Ektoderms festgestellt, so dag Ektoderm nut noeh an wenigen Stellen siehtbar ist (Abb. 3).

Die histologisehe Untersuehung ergab, dag das Ektoderm mesodermal und zwar zn Chorda und Muskulatur induziert wurde (Abb. 4). Versuehe mit indu- ziertem Ektoderm haben gezeigt, dal3 neben Mesoderm aueh Entoderm indnziert wird (Grunz, 1970). Dieses vereinigt sieh m6glieherweise in den hier besehriebenen Versuehen mit dem zugeffigten Entoderm. Der mesodermale Bereieh wird v611ig yon Entodermmaterial umhfillt. Das Entoderm hat sich wegen der kurzen Auf- zuehtzeiten nieht differenziert. Der geringe Differenzierungsgrad des Entoderms k6nnte aueh auf seiner Lage an der Peripherie des Explantats und dem Fehlen einer epithelialen Umhfillung beruhen. Das Explanta t der Abb. 4 en ts tammt einer Serie (Serie 7), in der die Aggregate 8 Tage lang kultiviert wurden.

Die Ver/knderung der Zellaffinit/~t ist somit das erste siehtbare Anzeiehen einer erfolgten Induktion. Die Uberwachsung des Ektoderms yon Entoderm erfolgte aueh dann, wenn das Ektoderm nur 3 - -4 Std dem Induktor ausgesetzt war, bevor es mit Entoderm kombiniert wurde.

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Einflal3 yon Inhibitoren der RNS- und Protein-Synthese 47

Abb, 4. L/ingsschnitt durch ein Explantat der Versuehsreihe K 1 (Serie 7). Zu Chorda und Muskulatur induziertes Ektoderm wird v611ig yon Entoderm umschlossen. Ch Chorda, Mu

5[uskulatur, Ent Entodermmaterial Vergr. : 60 •

Versuchsreihe Akl: Gastrula-E]ctoderm iiber 4--24 Std mit Actidion (0,5--2 ~g/ml) und gleichzeitig mit InduCtor behandelt und nach Auswaschen des Inhibitors und

Ent/ernung des !ndu]~tors mit Entoderm lcombiniert

Es wurden insgesamt 66 F~lle ausgewertet. Gastrula-Ektoderm wurde als Sandwich in allen Serien 1--2 Std mit aetidionhaltiger Holtfreter-LSsung (0,5--2 yog/ml) vorbehandelt. In diesem Konzentrationsbereieh hemmt Aetidion die Proteinsynthese zu fiber 90% (Grunz, 1969). Dann wurde der Induktor im- plantiert. N~eh 3--20 Std wurde der Induktor wieder entfernt und das Explanta t weitere 1--2 Std in actidionhaltiger Holtfreter-LSsung belassen. Naeh dem Aus- wasehen des Inhibitors erfolgte die Kombinat ion des Ektoderms mit unbehandel- tern Entoderm.

Es konnte gezeigt werden, dab Actidion in einer Konzentrat ion von 1 ~g/ml und einer Einwirkungszeit yon 4 bzw. 7 Std die Uberwachsung des Ektoderms von Entoderm nieht verhindert. Bei l~ngerer Einwirkungszeit yon Induktor und Actidion (20 Std und ls sowie bei einer Behandlung mit hSherer Aetidion- Konzentrat ion (2 ~g/ml, 5 bzw. 21 Std) unterbleibt in fiber 70% der F~lle die lJberwachsung (Serien 5, 6 und 7; s. Tabelle 1). Eine vollst/indige Separation des Ektoderms yore Entoderm wie in den Kontrollserien erfolgt jedoch nicht. Das Ektoderm grenzt in einer breiten Zone an das Entoderm (Abb. 5). Die makroskopischen Befunde wurden dureh die histologisehe Analyse best/itigt (Abb. 6). Vergliehen mit den Explantaten der Versuchsreihe K1, die bereits nach 5 Tagen an~lysierbare Differenzierungen (Chorda und Muskulatu~) erkennen liel3en, w~r in dem mit Aetidion nnd Induktor behandelten Ektoderm eine

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48 H. Grunz :

Abb. 5. Explantat der Versuchsreihe Ak~ (Serie 7) nach 4 Tagen. Durch Actidion ist eine ~berwachsung verhindert worden. Ektoderm und Entoderm haben sieh aber auch nicht

voneinander getrennt. Vergr. : 45 •

Abb. 6. L~ingsschnitt durch ein Explantat der Versuchsreihe Ak, (Serie 5), fixiert nach 6 Tagen Das Ektoderm grenzt in breiter Front an Entoderm. Vergr. : 60 •

ldent i f iz ierung nieht mSglieh. Das gilt ffir die Serien, in denen d~s Ek toderm entweder fiber kurze Zeit (5 Std) bei hoher Aet id ion-Konzent ra t ion (2 ~g/ml) oder fiber l~ngere Zeit (21--24 Std) mi t einer Konzen t ra t ion von 1- -2 ~g/ml

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Einflul] yon Inhibitoren der RNS- mid Protein-Synthese 49

inkubiert wurde. Das Gewebe unterscheidet sich jedoch deutlieh yon atypischer Epidermis und ~hnelt sehr friihen Differenzierungssfadien yon Chorda und Muskulatur. Offenbar k6nnen die sp~ten Schritte der Differenzierung zu Chorda und Muskulatur ira Gegensafz zu gleichaltrigen Kontrollen nichf mehr ablaufen. Der Einflul~ des Acfidions auf die weitere Gewebedifferenzierung wnrde iedoch im Zusammenhang mit unserer Fragestellung nach Ver~nderung der Zellaffini- t/iten nieht welter untersueht.

Versuchsreihe Ako: Gastrula-Ektoderm 18 und 24 Std mit Actidion behandelt und hash Auswaschen des Inhibitors mit Entoderm kombiniert

In dieser Versuchsreihe rait 2 Serien standen 21 F~lle zur Auswertung zur Verfiigung. Es sollte geprfift werden, ob allein schon eine 18- bzw. 24st~indige Behandlung rait Actidion (0,5 und 1 ~g/ml) eine Ver~nderung in der Affiniti~t des Ektoderras zu Entoderra bewirkt. Bis auf 1 yon 21 F/illen wurde eine Segrega- tion des Ektoderras yon Entoderra beobachtet. Unterschiede im Vergleich zu den Konfrollserien wurden nicht festgestellt. Das Ektoderra hatte sich zu atypi- scher Epidermis entwickelt.

Versuchsreihe AcD~: Gastrula-Ektoderm 4--20 Std gleichzeitig mit Induktor und Actinomycin D ( l - -2 ~g/ml) behandelt und nach Ent/ernung des Induktors und

Auswaschen des Inhibitors mit Entoderm kombiniert

Die Versuchsreihe urafaBt insgesamt 33 auswertbare F~lle. Gastrula-Ektoderm wurde 4, 13 und 20 Std (Serien 1, 2 bzw. 3) rait AcD und Induktor behandelt (Tabelle 1). Damit sich das Ektoderm w~hrend der Inkubation nicht abkugelt, und der Inhibitor in die Zellen eindringen kann, wurden die Explantate mif Seide oder Filterpapierstfickchen beschwert (Abb. 1). Die Explantate wurden nach Entfernung des Induktors und Auswaschen des Inhibitors mit Entoderra korabiniert. Die Aggregate wurden 4--5 Tage aufgezogen und dann fixiert. Bei der raakroskopischen Beurteilung nach 2--3 Tagen konnte in der Mehrzahl der Fglle eine l~berwaehsung des Ektoderms yon Entoderra festgestellf werden (Abb. 7). Histologiseh konnte das best~tigt werden (Abb. 8). In Serie 1 wurde in 91%, in Serie 2 in 80% und in Serie 3 in 100% der F~lle Uberwachsungen nach- gewiesen. In einigen Fi~llen (Serie 1: 9%; Serie2: 20%) verblieben gr6Bere Anteile des Ektoderras an der Oberfl~che des Aggregats und fiberwuehsen nun iin'erseits das Entoderra in der Art eines diinnen Epithels. Es ist Ificht auszu- sehlieBen, dab das Ektoderm in diesen F/illen nur geringen Kontakt rait dem Induktor gehabt hat. Bei der Versuchsserie 3 rait hoher AeD-Konzentration (2 ~zg/ral) wies das Ektoderra gr6gere Anteile nekrotischen Materials ant, das zum Teil an der Aggregatoberfl~che verblieben war. Eine eindentige Beurteilung, ob es sich tatsiiehlich ura Uberwachsungen handelt, ist anhand der histologischen Pr~parate schwierig. Bekanntlieh zerfallen mit AcD behandelte, reaggregierende Ektodermzellen nach 48 Std wieder in Einzelzellen (Grunz, 1969). Unsere Aus- sage, dag es bei einer Behandinng rait 2 ~zg/ml AcD ebenfalls zu l'Jberwaehsungen korarat, stfitzt sich mehr auf die raakroskopische Beurteilung innerhalb yon 48 Std naeh Korabination des Ektoderms mit Entoderra.

4 Wilhelm R o u x ' Archiv , t~d. 169

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50 H. Grunz:

Abb. 7. Explantat der Versuchsreihe AcD 1 (Serie 2) n~ch 2 Tagen. Das Ektoderm (E]~t) ist zu einem grol~en Teil in das Entoderm (Ent) eingelagert. Vergr. : 45 •

Abb. 8. Schnitt dureh ein Explantat der Versuchsreihe AcD 1 (Serie 1), fixiert nach 4 Tagen. Material ektodermMer Herkunft (Elct) ist in das Entoderm (Ent) eingelagert. Augerdem sind

nekrotische Ektodermzellen (nekr) zu erkennen. Vergr. : 60 •

Versuchsreihe A cD o: Gastrula~Ektoderm 3--20 Std mit A ctinom ycin D (0,5--2 ~g /ml ) behandelt und nach Auswaschen des Inhibitors mit Entoderm ]~ombiniert

Durch diese Versuchsreihe (insgesamt 62 F~lle) smite gekli~rt werden, ob AcD bereits Mlein einen Einflul~ auf die Affinit/~tseigenschuften des Ektoderms ~usfibt. Es ergaben sich unerwar te te Ergebnisse.

Bei e~ner AcD-Konzen t ra t ion yon 0,5 ~g/ml fiber 4 Std (Serie 1) wird kein Unterschied zur Kontrol le K 0 festgestellt. Ek toderm separiert sich yon En toderm in 100% der F/~lle.

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Einftut3 yon Inhibitoren der gNS- Lind Protein-Synthese 51

Abb. 9. Expl~ntat der Versuchsreihe AcDo (Serie 3) n~ch 4 T~gen. Das Ektoderm(Ekt) h~t uls diinnes Epithel d~s Entoderm (Ent) fiberw~chsen. ])as Epithel ist an einigen Stellen so

dfinn, d~13 das darunterliegende Entoderm sichtbar wird. Vergr. : 45 x

Abb. 10. Schnitt durch ein Explantat der Versuchsreihe AcDo (Serie 5), fixiert nach 6 Tagen. Das Entoderm wird fast vollstgndig yon Ektoderm (Ekt) umh~illt. Vergr. : 60 •

Wird das Ek tode rm jedoeh mit einer AeD-Konzent ra t ion von 1 ~g/ml 3, 4 bzw. 20 Std behandelt , zeigt sieh nach 48 Std eine Ver~nderung in der Affinit/~t zu Entoderm. Das Ek tode rm beginnt als dfinnes Epithel das En tode rm zu iiber- wachsen. Dieser ProzeB wird in den folgenden Tagen fortgesetzt bis das En tode rm fast vollst~tndig yon Ek tode rm umhiillt ist (Abb. 9 und 10). Der gleiehe Effekt wird dutch hohe AcD-Konzent ra t ion (2 ~zg/ml) bei kurzer Behandlungszei t (2 Std) hervorgerufen (Serie 5, Tabelle 1).

Neben dieser epithelialen -f]berwaehsung des Entoderms wird in einer Reihe yon F/~llen Ektodermmater ia l in das En tode rm eingelagert. Das wird in Serie 6

4*

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52 H. Grunz:

bei 4stfindiger Behandlungszeit und hoher AeD-Konzentration (2 ~g/m]) besonders deutlieh (55% der F/~lle). Eine Parallelserie mit einer Behandlung fiber 6 Std wurde bereits nach 3 Tagen makroskopisch untersucht, indem die Explantate aufgeschnitten wurden. Es zeigte sich, dab das Ektoderm in allen F~llen yon Entoderm umgeben war. Wurden die Aggregate mit Glasnadeln angestochen, so quoll ein Strom einzelner Ektodermzellen nach auBen. Der Zellkontakt zwaschen den Ektodermzellen war also verlorengegangen.

Um den Einwand zu entkri~ften, dab das Ektoderm nur deshalb yon Entoderm iiberwachsen wird, weil die Zellen stark geschgdigt oder abgestorben sind, wurde Ektoderm mit ~ thanol abget6tet und nach Auswaschen des Alkohols mit Ento- derm kombiniert. Das Ektoderm verlor schon nach 1/2--1 Std den Kontak t zu den Entodermzellen, die sich zu einem sph/~rischen Aggregat zusammenschlossen, so dab sich das abget6tete Ektoderm vSllig vom Entoderm abl6ste.

Tabelle 2. Einbau yon aH-Uridin in Ektoderm nach Behandlung mit Actinomycin D (1 pg/ml)

Behandlungszeit Imp./min I-Iemmung der (Std) RN S- Synthese

(%)

Kontrolle - - 8085 - - AcD 4 5038 38

Kontrolle - - 5 417 - - AcD 4 Std, 16 Std 3599 30

AcD- freie Kultur-L6sung

Kontrolle - - 3 888 - - AcD 20 1570 60

Durch Einbauversuche mit radioaktivem Uridin (3H-Uridin) konnte gezeigt werden, dab die l~NS-Synthese dutch AcD in einer Konzentrat ion yon 1 ~g/ml partiell gehemmt wird. Nach 4-stfindiger Inkubat ion mit 1 ~g/m] AeD ist die l~b~S-Synthese im Vergleich zur Kontrolle um 38 % verringert (Tabelle 2). Nach 20stfindiger Behandlung wird eine Hemmung yon 60 % festgestellt. Explantate, 4 Std mit AcD inkubiert, zeigten naeh einer Kultivierung yon weiteren 16 Std in inhibitorfreier LSsung eine 30%ige Hemmung der l~NS-Synthese. Unter unseren Versuehsbedingungen ist die Wirkung yon AeD weitgehend irreversibel, so dab auch nach Entfernung des Inhibitors die l~NS-Syntbese erniedrigt bleibt. Durch eine AcD-Konzentrat ion yon 2,5~g/ml wird die RNS-Synthese voll- sti~ndig gehemmt (Tiedemann eta] . , 1967).

Diskussion

Dureh die vorliegenden Untersuchungen konnte gezeigt werden, dag die Affinit/~tseigenschaften yon isoHertem Ektoderm durch Indukt ion veritndert werden. Weiterhin wurde untersucht, welchen Einflug Hemmer der I~NS- und Protein-Synthese auf diesen ProzeB haben.

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Einflug yon Inhibitoren der RNS- und Protein-Synthese 53

Wird isoliertes Gastrula-Ektoderm mit ,,vegetalisierendem" Faktor (Tiede- mann, 1966) induziert, so tr i t t nach der Kombination mit isoliertem Entoderm keine Separation auf. Im Gegensatz zu unbehandeltem Ektoderm, das sieh naeh einigen Tagen yon Entoderm seioariert (Itoltfreter, 1939; Townes und Holtfreter, 1955), wird induziertes Ektoderm yon Entoderm/iberwaehsen. Die Anderung der Zellaffinit/~t ist der erste makroskopisch siehtbare Proze6, der auf die Induktion folgt. W~hrend eine DJfferenzierung der Gewebe etwa naeh 5 Tagen histologisch naehweisbar wird, ist der Vorgang der ~berwaehsung des Ektoderms durch Entoderm bereits naeh 8 Std sichtbar und naeh 24--r Std abgesehlossen. ~hn- liehe Ver/tnderungen der Zellaffinit/~t konnten am Ganzkeim naeh Implantation eines ,,vegetalisierenden" Faktors naehgewiesen werden (Koeher-Beeker, Tiede- man und Tiedemann, 1965). Es ist anzunehmen, dag sieh naeh der Induktion des Ektoderms Ver~nderungen im Aufbau der Zellmembran der Ektodermzellen er- geben.

Wird das Ektoderm gleiehzeitig mit Induktor und Aetidion, einem Hemmer der Proteinsynthese, behandelt, so wird bei lgngerer Einwh~kungszeit (18--24 Std, Konzentration 1 ~g/ml) oder naeh 5stiindiger Einwirkung bei h6herer Konzen- tration (2 ~g/ml) eine l~berwaehsung des Ektoderms dutch Entoderm verhindert. Das zeigt, dag w~hrend des Induktionsvorganges die Proteinsynthese ungest6rt ablaufen mu6. Wenn erst der Induktor und dann Aetidion wieder entfernt werden, wird die Proteinsynthese erneut aufgenommen. Im Gegensatz zu induziertem Ektoderm werden nun aber wohl zum Tell Proteine synthetisiert, wie sie fiir nieht induziertes Ektoderm eharakteristiseh sind. Eine l~berwaehsung finder naeh der Entfernung yon Actidion nieht start. Es kommt aber aueh in der Mehrzahl der Fglle nieht zu einer Separation des Ektoderms yon Entoderm.

Bemerkenswert ist der Befund, dal? in Versuehen, in denen Ektoderm mit AeD in einer Konzentration yon 2 ~g/ml ohne Induktor behandelt wurde, in einigen Fgllen Ektoderm yon Entoderm tiberwaehsen wird. Der Zellkontakt geht 48 Std nach Behandlung mit AeD in dieser Konzentration verloren (Grunz, 1969). Die RNS-Synthese ist unter diesen Bedingungen fast vollstgndig gehemmt (Tiedemann et al., 1967). m-t~NS wird nieht neu synthetisiert und vorhan- dene m-I~NS abgebaut. Es ergeben sieh offenbar Ver/~nderungen in der Struktur der Zellmembran, da bestimmte Proteinkomponenten, die einem sehnellen Umsatz unterliegen, nieht wieder neu synthetisiert werden. Die l~berwaehsung beruht also m6glieherweise auf dem Verlust yon bestimmten Membrankomponen- ten. Elektronenmikroskopisehe Untersuchungen ergaben, da6 Ektodermzel]en naeh mehreren Tagen in vitro-Kultur im Bereieh der guBeren Zellmembranen eine breite lamell6se und vakuol6se Zone aufwiesen, die in den mit AcD behan- delten Ektodermzellen wesentlieh sehm~ler war. Wenn dies aueh kein direkter /~eweis f/Jr Ver~nderungen der Zellmembranstrukturen im molekularen Bereieh ist, so deutet der Befund doch daraufhin, dag neben einer generellen tIemmung der Proteinsynthese die Synthese der ftir die Zelladh/~sion verantwortlichen Zell- membrankomponenten wesentlich beeintrgchtigt ist. Es sei kurz erw~hnt, dag im induzierten Ektoderm die eharakteristisehe l%andzone der unbehandelten Ekte- dermzellen sogar ganz fehlte (Grunz, unver6ffentliehte Ergebnisse).

Die Uberwachsung wird nieht in allen F/~llen beobaehtet. Sie hgngt m6glicher- weise vom Grad der Seh/tdigung des Ektoderms dureh die AeD-Behandlung ab.

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54 H. Grunz:

Bei 6stfindiger Behandlung mit niedriger AcD-Konzentration (1 ~g/ml) ergibt sieh der umgekehrte Effekt. Ektoderm fiberw/~ehst nun das Entoderm in Form eines dfinnen Epithels. Bei einer AeD-Konzentration yon 1 ~g/ml wird die l%NS-Synthese nut partiell gehemmt. In dieser Konzentration wird bevorzugt die r-RNS-Synthese unterbunden, jedoeh ist aueh die Synthese heterogener I~NS (einsehlieBlieh m-RNS) partiell gehemmt. Dagegen ist die Proteinsynthese etwas gesteigert (Tiedemann et al., 1967). Bei einer partiellen Hemmung der t~NS- Synthese kommt es offenbar zu einer Modifikation der Zellmembran. Vielleieht wird labile m-t~NS fiir best immte Inhibitorproteine nieht mehr synthetisiert und dadureh die Konzentrat ion der Inhibitoren verringert. Die Frage, wo diese hypothetisehen Inhibitoren angreifen - - am Proteinsyntheseapparat oder am Chromatin - - bleibt dabei offen.

Steinberg (1964, 1970) weist daraufhin, dab beim Zusammensehlug unter- sehiedlieher Gewebe zu einem gemeinsamen Verband die Relation zwisehen Zellmotilit/~t und Zelladhgsion yon wesentlieher Bedeutung sei. M6glieherweise k6nnte naeh Behandlung des Ektoderms mit AeD in geringer Konzentration eine verringerte Adh/tsion bei erhaltengebliebener Motilit~t bei der l~berwaehsung des Entoderms dureh Ektoderm eine l~olle spielen.

Bei gleiehzeitiger Behandlung mit 1 Bg/ml AeD und Induktor wird die l~ber- waehsung des Ektoderms dureh Entoderm nieht verhindert, tIierbei ist, wie sehon erw~hnt, die RNS-Synthese gehemmt. Die Synthese neuer m-RNS-Speeies ist sieher nieht vollst/~ndig unterbunden. Bei h6herer AeD-Konzentration (2 Bg/ml) ist die RNS-Synthese zwar vollst/~ndig gehemmt; da abet bei dieser Konzentra- tion AeD allein sehon zu 1Jberwaehsungen ffihrt, ist es nieht m6glieh, aus diesen Versuehen Aussagen fiber die Rolle der I%NS-Synthese beim Induktionsvorgang zu maehen. Aus diesem Grunde lassen sieh aueh keine I{fieksehlfisse auf die prim~ren Angriffspunkte des Induktors ziehen. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dag bei Behandlung yon Gastrulagewebe mit AeD die neurale Indukt ion unterbunden wird (Tiedemann et al., 1967). Die Indukt ion yon Ekto- derm dutch Knoehenmark zu Chorda und Muskulatur wird dureh AeD ebenfalls verhindert (Toivonen et al., 1964).

Eindeutige Sehliisse auf die molekularen Abl/~ufe wghrend der Induktion und bei Ver/~nderungen der Zellaffinit/~t lassen die vorliegenden Untersuehungen nieht zu. Die makroskopiseh und histologiseh siehtbaren Prozesse sind sehlieBlieh erst das Ergebnis einer Reihe vorangegangener bioehemiseher Ablgufe in der Zelle, deren K1/~rung ffir ein besseres Verst~ndnis notwendig ist. Es kann jedoeh soviel gesagt werden, dag sieh dureh Vergnderungen in der ehemisehen Zusammen- setzung der /~ugeren Zellmembran spezielle Zellaffinit/~ten yon gleiehartigen Zellen zueinander und zu Zellen anderer Keimbl~ttter ergeben und dadureh diffizile Gestaltungsprozesse erm6glieht werden, wie sie wghrend der Embryo- genese ablaufen 2.

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Wilhelm Roux' Arehiv 165, 91--102 (1970).

2 Iterrn Prof. Dr. Dr. It. Tiedemann danke ich fiir anregende Oiskussionen.

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Einflug yon Inhibitoren der I~NS- und Protein-Synthese 55

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Dr. Hors~ Grunz Insti tut fiir Biochemie und l~Iolekularbiologie der Freien Universitgt Berlin D-1000 Berlin 33 Arnimallee 22 Deutschland