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Einfluß der Wasseraktivität auf enzymatische Veränderungen in gefriergetrocknetem Muskelfleisch

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Z. Lebensm. Unters.-Forsch. 154, 73--79 (1974) © by J. F. Bergmann, Mfiuchen 1974

EinfluB der Wasseraktivit/it auf enzymatische Ver/inderungen in gefriergetrocknetem Muskeltteisch I. Der A b b a u y o n Adenos in -5 - t r i phospha t*

Reiner H a m m , Kar l Po t thas t u n d Ludwig Acker

Institut fiir Chemie und Physik der Bundesanstalt fiir Fleischforschung, Kulmbach (BRD) und Institut fiir Lebensmittelchemie der Universit~t Mfinster (BRD)

Eingegangen am 13. September 1973

Influence of Wate r Act iv i ty on Enzymat i c Changes in Freeze-dehydrated Muscle I. The Breakdown of Adenosine Tr iphosphate

Summary. During the storage of freeze-dried pre-rigor meat ATP is not broken down at relative humidities (r.h.) below 400/0. The rate of breakdown rises with increasing the r.h. of the air above 400/0 . In meat cooked before freeze-drying no breakdown of ATP is observed under the same conditions of humidity. Therefore, the changes occuring in pre-rigor meat are due to the effect of enzymes. The enzymatic breakdown of ATP steps even before all substrates are used up. This effect and the velocity of the degradation is caused by the water activity and not by a denatur- ation of enzymes because even after several months of storage the ATPases in the freeze-dried pre- rigor meat are active enough to hydrolyze the ATP in these samples during rehydratation. These results confirm earlier hypotheses about the importance of the mobility of substrates for the enzymatic reactions in foods of low water content.

Zusammen/assung. W/~hrend der Lagerung yon gefriergetrocknetem schlachtfrischem Fleisch wird ATP bei relativen Luftfeuchtigkeiten (r.L.) unterhalb 40% nicht gespalten. Bei r.L. yon 40°/0 und darfiber werden ATP und seine Metaboliten um so rascher abgebaut, je hSher die r.L. ist. Da unter gleichen Bedingungen in gefriergetrockneten denaturierten Vergleichsproben kein ATP- Abbau erfolgt, beruhen die beobachteten Ver~nderungcn zweifellos auf der Wirkung yon Enzymen. Der enzymatische ATP-Abbau wird schon beendet, wenn noch ausreichende Substratmengen vor- handen sind. Dies liegt nicht etwa an einer Enzyminaktivierung, sondern wird ebenso wie die HShe der Abbaurate yon der Wasseraktivit~t bestimmt. Die Aktivit~t der ATP-spaltenden Enzyme ist n~mlich auch nach Monaten noch so grol], dab das Muskel-ATP bereits w~hrend der Rehydratation weitgehend abgebaut wird. Die Ergebnisse best~tigen frfiher entwickelte Vorstellungen fiber die Bedeutung der Wasseraktivit~t ffir enzymatische Reaktionen in wasserarmen Lebensmitteln.

Einleitung W/ihrend der Lagerung yon wasserarmen Lebensmitteln kSrmen enzymatische Ver~nderungen

eintreten, wenn bei entsprechender Wasseraktivit/~t die Bildung der Enzym-Substrat-Komplexe begfinstigt ist [1, 2]. Es war schon frfih vermutet worden, dab auf diese Vorg~nge weniger der absolute Wassergehalt als vielmehr die Wasserverteilung bzw. die Wasserbindung Eintlul3 hat, die ihren Ausdruck in der Wasseraktivit~t bzw. in der relativen Luftfeuchtigkeit finder [3, 4]. Die Abh~ngigkeit der Enzymreaktionen naeh Geschwindigkeit und Umfang yon der relativen Luft- feuchtigkeit [1, 2], die zun~chst nur an hydrolytischen Vorg/ingen studiert worden war, gab AnlaB zur Annahme, dal3 im wasserarmen Milieu das Wasser weniger die Rolle eines Reaktionspartners als vielmehr die eines Reaktionsmediums oder eines Transportmittets spielt. Die Ergebnisse spra- chen daffir, dab auch in diesem Milieu Enzymreaktionen nur in flfissiger Phase stattfinden. Acker u. Beutler [5], Acker u. Wiese [5a] sowie Purr [6] konnten zeigen, dab die Transportfunktion des Wassers aueh yon anderen Substanzen iibernommen werden kann. So kSnnen flfissige Triglyceridc im Falle der Lipase yon sich aus zum Enzym diffundieren, feste Triglyceride dagegen nicht. Die Feststellung, dab fliissige Lipide noch unterhalb 10% relativer Luftfeuchtigkeit - - das entspricht dem Bereich der monomolekularen Adsorption unterhalb des BET-Punktes der Sorptionsiso- theme - - lipolytischen Ver/inderungen unterliegen k5nnen, ist fiir die Italtbarkeit gefriergetrock- neter Erzeugnisse yon groBer Bedeutung.

Die zun/~chst ausschlieBlich bei hydrolytischen Enzymkatalysen erhaltenen Befunde konnten Acker u. ttuber [7, 8] auch fiir enzymatisehe Oxydations- und Reduktionsvorg~nge best~itigen. Die Oxydation yon Brenzcatechin mit Polyphenoloxydasen im Cellulose-Gemisch zeigte die gleiche AbhKngigkeit von der Wasseraktivit/it wie sie auch bei den Hydrolasen festgest~llt wurde. AIler- dings erwiesen sich enzymatische Reduktionen mit NADH als undurchfiihrbar. Eine Erkl~rung hierffir wurde in der grollen Sauerstoffempfindliehkeit yon hTADH vermutet.

* Diese Arbeit wurde durch Mittel des Forschungskreises der Ern~hrungsindustrie e.V. unter Beteiligung des Verbandes der Suppenindustrie e.V. unterstfitzt. Sie ist Teil der Dissertation yon K. Potthast (UniversitKt Mfinster, 1973).

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Die Grundlagen ffir die Zusammenhange zwischen Enzymkatalyse und Wasser- aktivit~t wurden an Modellgemisehen ulld einigen Lebensmitteln studiert. Uber den EirdtuI~ der Wassersktivit£t auf enzymatisehe Vorg~llge in gefriergetrocknetem Fleiseh lagen bislang jedoch lloch keine VerSffentlichungen vor. Dabei bietet Fleisch wie kaum ein anderes biologisches Material die MSglichkeit zum Studium einer Viel- zahl biochemischer Prozesse mit Hydrolyse und Oxydations-Reduktions-Charakter. Besonders geeignet sind die folgenden Reaktionen, die bei der normalen Reifung des Fleisehes im 1V[uskel post mortem ablaufen: 1. Die hydrolytisehe SpMtung yon ATP 1 zu ADP dureh die Adenosintriphosphatasen des 1V[uskels und der weitere enzymati- sche Abbau yon ADP. 2. Der anaerobe Abbau yon Glykogen zu Laetat. 3. Die hydro- lytisehe Spaltullg yon l~uskellipiden dureh die Lipasen des Gewebes. Derartige Ullter- suchungen lassen sich am besten mit schlachtfrisehem (prae rigor) Skeletmuskel- Fleisch nicht gestrei~ter Tiere durehfiihren, das hohe GehMte an ATP und Glykogen nufweist.

Es ist zu erwar~en, dab in gefriergetroeknetem schlaehtfrisehem Fleisch grund- s~tzlieh die MSglichkeit des Ablaufes enzymatischer Reaktionen besteht, da selbst labile Enzymsysteme die Troeknullg ohlle Sehgdigung iiberstehen [9], wenn der TroeknungsprozeI3 bei ausreiehelld niedrigen Temperaturen durehgefiihrt wird. W~h- rend der Gefriertroeknung nativer Stoffe werden im allgemeinen Temperaturen unter 40 ° C angewendet. Die Denaturierung yon Proteinen ist dann nur gering, zumal die ttitzeresistenz mit sinkendem WassergehMt zunimmt [10-12].

Zur Verfolgung der enzymatisehen Vorg~nge in prae rigor gefriergetrocknetem Fleisch w~hrelld der Lugerung bei versehiedellell relativen Lnftfeuehtigkeiten is~ es wiehtig, ein homogenes Material mit geringem Restfeuehtigkeitsgehalt zu haben. Gr6Bere Teilstticke eines einzelnen l~uskels weisen an verschiedenen Stellen wech- selnde Zusammensetzung auf [13]. Daher wnrde das gefriergetroeknete Fleiseh vor der Lagerung zerkleinert.

Wi~hrend der normMen post-mortem-Ver~nderungen wird ATP im Muskelfleisch llaeh folgendem Schema abgebaut:

ATPase 2ATP -- > 2ADP+2Pi

2 ADP l~lyokinas~ ATP + AMP

AMP-Desaminase AMP , IMP + NH3

IMP-Nucleotidase IMP . . . . . Inosin -{- Pi

Inosinase Inosin ~ Hypoxanthin + Ribose

Die Konzelltration an IMP erreieht innerhalb der ersten 24-36 Std ein Maximum. Im Verlaufe der weiterell Reifung wird nur ein relativ geringer Anteil (ca. 10-20%) IMP zu Illosin und Hypoxanthin weiter abgebaut. Es war das Ziel der vorliegellden Arbeit, festzustellen, mwiewoit sich diese enzymatischen Vorg~llge aueh wAhrend der Lagerung yon gefriergotroeklletem Fleisch bei versehiedenen Wasseraktivitgten y e l l ziehell.

Welm auch zur Gefriel~roeknung in de r Regel kein sehlachtfrisehes Fleisch, soll- derll abgehAngtes Fleiseh ("post.rigor"-tYiuskel) verwendet wird, ill welehem ATP ulld Glykogen ganz oder weitgohend abgebaut sind, so sind doeh die Gefriertroeknung yell schlaehtfrischem Material und das Verhalten yell so hergestelltem Troekenfleisch wghrend der Lagerullg yon gewissem praktisehem Interesse, da eine Kombination dieser Art der Fleisehtrocknung mit bestimmten SMzungsverfahren gfinstige Rehydra- tationseffekte erwarten lgl~t.

1 Abk~rzungen: ATP ---- Adenosin-5-triphosph~t; ADP = Adenosindiphosptmt; AMP ---- Ade- nosinmonophosphat; IMP ---- Inosilmaonophosphat; ATPase ---- Adenosintriphosphatase; P, = an- organisches Phosplmt; G-6-P = Glucose-6-phosphat; r.L. = relative Luftfeuchtigkeit.

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Material und Methoden

1. Material Das Fleisch (Longissimus-dorsi-Muskel des Rindes) mSglichst schnell nach dem Schlachten dem

TierkSrper entnehmen. Binde- und Fettgewebe so weitgehend wie mSglich entfernen. Das Mager- fleisch in Scheiben yon etwa 1 cm Dicke schneiden und sofort einfrieren und geffiertrocknen.

2. Ge/riertrocknung

Falls das Fleisch nicht vorher im Tiefkiihlschrank oder im Kryostatenbad gefforen wurde, auf den Stellplatten der Geffiertrocknungsanlage auf --35 ° C einffieren. Bei der vorliegenden Arbeit wurde die halbautomatisch funktionierende Anlage GT 4 der Firma Leybold-tteraeus, KSln, ver- wendet. Um ein voriibergehendes Auftauen der Proben zu vermeiden, Trocknung bei einem Druck yon 2 × 10 -~ Torr mit langsamem Temperaturanstieg beginnen. Bei kontinuierlieh ablaufendem Temperaturprofil wird nach 4 Std in der Trocknungskammer 30 ° C erreicht. Ein weiterer Tem- peraturanstieg auf eine Endtemperatur der Platten yon 40 ° C vollzieht sich innerhalb der foigen- den 4 Std. Der gesamte TroeknungsprozeB effordert etwa 24 Std. Wi~hrend dieser Zeit in grSBeren Abst~nden Temperaturkontrollen zur Bestimmung der Kerntemperatur im Trockengut dureh Druckanstiegsmessung durchfiihren./-Iierzu den Rezipienten durch SchlieBen einer Absperrvor- riehtung yore Eiskondensator trennen. Der sich einsteliende Wasserdampfdruck ist ein direktes Mall ffir die Temperatur in den Fleischproben, die bei geringeren Drucken als 4 × 10 -1 Torr unter --25 ° C liegt und damit den erforderlichen Bedingungen genfig~. Das gefriergetroeknete Fleisch im Starmix zerkleinern. Sofern danach noeh grSl3ere Bindegewebsfasern vorhanden sind, diese vom feinkSrnigen Muskelfleisch mittels eines grobmaschigen Siebes ~btrennen.

3. Lagerung der ge/riergetrockneten _~lelschproben bei verschiedenen relativen Lu/t]euchtigIceiteu Zur Einstellung der relativen Luftfeuchtigkeiten Schwefels~ure mit definierter Konzentration,

wie sie yon Stokes u. Robinson [14] angegeben wurde, in den unteren Tell eines Exsiccators ein- ffillen. Diesen Exsiccator zum Schutz gegen Lichteinfifisse in dunkle Folie einwickeln. In den breite- ren oberen Teil des Exsiccators ohne Beriihrung mit der Sehwefels~ure Drahtgestelle zur Lagerung der geffiergetroekneten Fleischproben einsetzen, die in dfinner Schicht auf flachen Petrischalen ausgestrichen sind. Die Schwefels~ure regelm~Big durch Titration kontrollieren und, falls efforder- lich, erneuern.

~. Extraktion yon A T P und dessen Abbauprodukten In Anlehnung an die Methode yon Bficher [15] 0,75 g Trockeniteisch - - entsprechend 3 g

Frischfleisch- mit 10 ml 6% iger Perchlors~ure (Q = 1,035) und 2,25 ml H~O im ZentrifugenrShr- ehen bei einer Temperatur von etwa 0 ° C unter Anwendung yon UltrasehalP (20 kttz) extrahieren. Damit sich die Extraktionsfliissigkeit nicht zu sehr erw~rmt, die Beschallung zweimaI naeh je 1 rain fiir 2 rain unterbrechen. Die unlSslichen Anteile anschliel3end durch Filtration (G-3-Fritte) oder besser durch Zentrifugation im gesehlossenen RShrehen bei 30000 U/rain abtrennen. 5 ml des Extraktes mit 1,7 ml 2n-KOH auf einen pH-Wert zwisehen 7--8 neutralisieren, den pH-Wert durch elektrometrisehe pH-Anzeige oder durch Tfip~eln auf pH-Papier kontrollieren. Um den KClO4-Niedersehlag m6gliehst vollst~ndig abzuscheiden, ca. 10 rain lang in der Tiefkfihltruhe auf etwa 0 ° C abkiihlen, bei ca. 3000 U/rain zentrifugieren und den ~berstand dekantieren. ~berstand unverdiinnt oder nach Verdiinnung eines aliquoten Anteils auf ein definiertes Endvolumen fiir die folgenden Analysen verwenden.

5. Chromatographische Bestimmung yon A T P und dessen Abbauprodukten

Trennung yon ATP und seinen Abbauprodukten nach der e~was modifizierten Methode yon Potthas~ u. Harem [16] auf 0,3 mm dicken Tri~gersehichten aus Kieselgel HF2~4 (naeh Stahl). Als FlieBmittel ein Gemisch aus Athylcnglykol-mono'dthyl~ther/Iso-Amylalkoho|/OktylalkoholfNtt~/ H~O (70 ~- 30 ~ 10 ~ 45 -~ 30) 3 verwenden. Entwicklung der Chromatogi~mme aufsteigend fiber eine Laufstreeke yon 17 cm bei Kammersi~ttigung. Nach Beendigung der Chromatographie das Chromat~gramm w~hrend 10 rain im Trockenschrank bei 105 ° C trocknen und anschlieBend bis zur Abkfihlung auf Raumtemperatur im Exsiecator aufbewahren. Durch eine Nachentwieklung mit Di~thyl~ther eine die quantitative Auswerttmg des Itypoxanthins stSrende blaue Fluorescenz in die Fliel3mittelffont versehieben, wobei die Rf-Wert¢ yon ATP, AX)P, IMP, AMP, Inosin und Hypoxanthin nicht beeinfluflt werden.

Die sauber getrennten Zonen mit Hilfe eines Diinnschichtscanners quantitativ auswerten. Die yon den Substanzen verursachte Fluorescenzl6schung oder UV-Absorption ist konzentrations- abh~ngig. Sie wird yon einem Schreiber als logarithmische Ortskurve registriert, kann aber auch durch einen Integrator mit logarithmischer Funktion digitM ausgewertet werden. Zur qualitativen BeuiCeilung eignen sich UV-Lampen mit kurzwelligem Licht.

1 Sonifier S-125; Branson Sonic Power Co, Miry Brook Road, Danbury, Coun. 06810. 2 Alle Substanzen wurden yon der Fa. Merck, Darmstadt, BRD, bezogen.

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6. Enzymatische Bestlmmung yon A T P Zur Kontrolle der chromatographischen Ergebnisse ATP auch auf enzymafischem Wege nach

der Methode yon Lamprecht u. Trautschold [17] ermitteln. In 0,1 ml des unverdiinnten Extraktes zun~chst G-6-P mit G-6-P-Dehydrogenase bestimmen; Indikatorreakfion: •ADP wird zu NADPH reduziert. Nach Zugabe yon Glucose und Hexokinase zum Reaktionsgemisch wird erneut G-6-P gebildet, das wie oben weiter umgesetzt wird.

G-6-PDH I. G-6-P + I~ADP + 6-Phosphoglucons~ure + NADPH + H +

Hexokinase 2. Glucose + ATP ~ G-6-P + ADP Mg~+

Pro tool G-6-P bzw. ATP entsteh~ je 1 tool NADPH. Da die Exfinkfions~nderung bei 340 nm durch den t~bergang yon NADP + zu NADPH der Konzentration an G-6-P bzw. ATP proportional ist, kann die quantitative Bestimmung mit Hilfe einer Eichkurve bzw. mit Hilfe der molaren Extinktion yon I~ADPH durchgeffihrt werden.

O_ I--

< 2,0. "

1,5.

1,0.

0 10 20 30 40 50 60 70 Toge

Abb, 1. EinfluB der Wasserak~ivit~t auf den enzymatischen ATP-Abbau in gefrierge~rocknetem schlachtfrischem Fleisch. x = 40°/o r.L. ; O = 55°/o r . L . ; / k = 70°/o r.L.

o

a . 5 o

" % . _

Z. . \ , " o ~

0 1() 2'0 30 40 50 60 ?0 Bb Toge

Abb. 2. Wie Abb. 1, j edoch /~ = 65% r.L.

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Ergebnisse und Diskussion

Bei sehr niedrigen Wasseraktiviti~ten, d. h. im Bereich yon 0 - 2 5 % r.L., finder kein ATP-Abbau start. Dagegen nimmt die Geschwindigkeit des ATP-Abbaues bei r.L. yon 40 % r.L. und dariiber mit steigender Wasseraktivit~t zu (Abb. 1 und 2).

Aus Abb. 1 und 2 ist zu ersehen, dal] sich der ATP-Abbau in den gelagerten Proben entsprechend ihren Wasseraktivitiiten unterschiedlich rasch vollzieht. W~hrend bei 70 % r.L. schon in den ersten Tagen der Lagerung alles ATP abgebau~ wird, ergib~ sich bei den fibrigen r.L.-Werten das Bfld einer allm~hlichen Ann~herung der ver- bleibenden ATP-Mengen an Grenzwerte, die auf verschiedenem Niveau liegen. Wie ATP verhielten sich auch ADP, AMP und IMP (Abb. 3 und 4).

"5 E

A

a • •

. • I .

o * a a

- - - a - -

a i ' a a

a

0 1~3 2(] 3'0 4'0 5'0 6~3 70 ~ Tage

Abb. 3. EinfiuB der Wasseraktivi~i~ auf den ADP-Gehalt in geffiergetrocknetem schlachtfrischem Fleisch w~hrend der Lagerung bei verschiedenen relativen Luftfeuchtigkeiten. × ---- 40% r.L.;

O = 55% r.L.; Z~ = 65% r.L.

0

E 0 . ~5.

a

A •

" • e - - 5 - • . . ~ • u

z

I0 2'0 30 40 50 60 2() ~ Tage

Abb. 4. EinfluB der Wasseraktiviti~ auf den IMP-Gehal~ in gefrierge~rockne~em schlachtfrischem Fleisch w~hrend der Lagerung bei verschiedenen relativen Luftfeuchtigkeiten. × = 40% r.L.;

o ~ 55% r.L.; ~ ----- 65% r.L.

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Ausgehend yon der Uberlegung, dab diese Spaltung durch enzymatisehe Einflfisse verursacht wird, kSnnte man annehmen, daft nach einer gewissen Lagerzeit eine totale Inaktivierung der Enzyme erfolgt. DaB dieses Verhalten jedoch auf andere Ursaehen zurfickzuffihren ist, geht eindeutig daraus hervor, dab bei Rehydratat ion der gelagerten Proben mit der dreifachen Wassermenge - entspreehend dem Wasser- gehalt im Frisehfleisch - ein weiterer Abbau yon ATP zu verzeichnen ist, der sogar so raseh effolgt, dab sehon nach 15 min kein ATP mehr nachzuweisen ist (Tab. 1).

Tabelle 1. Einflu$ der Wasseraktivit~t w~hrend der Lagerung des gefriergetrockneten schlach~- frischen Fleisches bei 40% relativer Luftfeuchtigkeit auf den nach l~ehydratation effolgenden

ATP-Abbau

Rehydrata. Lagerzeit in Monaten tionszeit

1 2 3 4 5

rain ~zmol ATP

0 4,88 1,97 1,76 1,68 1,73 5 0 0 0,21 0,39 0,67

10 0 0 0,07 0,13 0,18 15 0 0 0 0 0

Zwar t r i t t mit der Dauer der Lagerung eine Verringerung der ATPase-Aktivitgt ein [9], die verbleibende Aktivit/~t reicht aber dennoch aus, um die geringen Konzen- trationen an Muskel-ATP in sehr kurzer Zeit restlos abznbauen. Es erhebt sich ferner die Frage, ob es tats/ichlich enzymatisehe Vorg~nge sind, die den Abbau yon ATP im Trockenfleisch bedingen.

Um diese Frage zu kl~ren, wurden schlachtfrische Fleischproben in Plastikfolien verpackt und 20 rain im siedenden Wasserbad erhitzt. Die denaturierten Proben wurden gefriergetrocknet und anschliel]end untersucht.

Es zeigte sich jedoeh, dab w/ihrend dieser Behandlung alles Muskel-ATP ver- sehwunden war. Offenbar wurde beim Erhitzen unter den bier gegebenen Bedingungen alles ATP beschleunigt abgebaut. Der Nachweis einer enzymatischen t tydrolyse liel] sieh daher nur durch einen Modellversueh erbringen.

Bei 100 ° C hitzedanaturierte, zerkleinerte 1VIuskelfleisch-Proben wurden mit einer LSsung yon ATP getr/inkt und gefriergetrocknet. Die Konzentration der LSsung war so bemessen, dab die ATP-Menge in der iYIodellprobe dem ATP-Gehalt des schlachtfrischen Fleisches entsprach. Diese l~odellproben wurden bei 70% r.L. gelagert und w~ba'end eines Monats untersucht.

Naehdem sieh in dieser Zeit keine meBbaren Ver~nderungen im ATP-Gehalt ge- zeigt batten, wurde der Versueh abgebrochen. Das Resultat sprieht daffir, dab der w/~hrend der Lagerung yon gefriergetrocknetem schlachtfrisehem Fleisch beobachtete ATP-Abbau durch Enzyme hervorgerufen wird.

Durch Addition der in f~mol berechneten Konzentrationen an ATP und dessen Abbauprodukten wurde festgestellt, dab die Summe der molaren ~engen an ATP und den fibrigen best immten Derivaten konstant bleibt, dal] also eine Zunahme dieser Derivate w/~hrend tier Lagerung in der Ta t durch den Abbau an ATP zustande kommt. Die Bildung yon Inosin war nur bei den hSheren r. L. feststellbar. Bei 70 % r .L. wurden ab einer Lagerungsdauer yon 70 Tagen konstant bleibende Mengen yon 3,9tzmol Inosin gemessen, wobei die Ausgangskonzentration 1 ~mol betrug; bei 65% r.L. warden unter sonst gleichen Verh/~ltnissen naeh 80 Tagen 3,3 ~mol Inosin gefunden. Aueh die Bildung yon Hypoxanth in t ra t erst bei 70 % r.L. in Erseheinung. Das dureh enzyma~ischen Abbau yon I m P fiber Inosin gebfldete Hypoxanthin dfirfte wegen eines bitteren Geschmacks [18, 19] zu einer Verschlechterung der senso- risehen Besehaffenheit des Trockenfleisehes ffihren. Bei niedrigeren relativen Lu~t- feuehtigkeiten (40 oder 55 %) war die Bfldung yon Inosin nut gering, wahrend Hypo-

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xanthin nicht nachweisbar war. Festzustellen ist noeh, dub auch die Abbauprodukte yon ATP Endwerten zustreben, die bei den versehiedenen relativen Luftfeuehtigkei- ten untersehiedlich hoeh liegen.

Unter diesen Abbauprodukten n immt ADP eine besondere Stellung ein. Wie Abb. 3 zu entnehmen is~, endet bei 65 % r.L. der ADP-Abb~u bereits bei ca. 1 ~mol ADP/g Fleiseh, obwohl zu diesem Zeitpunkt AMP weitgehend abgebaut ist und sich die Spaltung yon IMP noeh welter vollzieht. Man sollte eigentlich erwarten, dab ADP welter abgebaut wird, bis sich sehliel]lich ein biochemisehes Gleichgewicht eingestellt hat. Eine Erkl/irung ftir unsere Beobaehtungen liel3e sich aus einer Theorie yon Da- vies [20] folgern, nach der ADP an der Vernetzung der kontraktflen Muskelbestand- tefle Aetin und Myosin Ms Bestandtefl der intermolekularen Bindung aktiv beteiligt ist. Es w~re m6glieh, dab dieses an die myofibrill/ire Struktur, insbesondere an Actin gebundene ADP dem enzymatisehen Angriff durch Myokinase nicht zugi~nglieh ist. Dal~ ADP aueh w~hrend der Lagerung yon Frisehfleisch nicht restlos abgebaut wird, wurde yon Valin et al. [21] sowie yon Harem und Van Hoof [22] festgestellt.

Der EinfluB der Wasseraktivit~t auf den Abbau yon ATP und seinen Metaboliten 1/i]~t einen gewissen Einflui] der Mobilit~t des Substrates auf den Reaktionsverlauf erkennen. Nach den Vorstellungen yon Aeker [2] existieren bereits im Bereich der Mehrschichtenabsorption der Sorptionsisotherme enge wassergeffillte Kapfllaren, in denen die Reaktionen bis zur Einstellung eines Gleichgewiehtes ablaufen. Je besser wasserlSslieh das Substrat ist, um so gr6Ber wird also seine Beweglichkeit sein und um so rascher wird seine Umsetzung effolgen. DiGs kSnnte ein Grund dafiir sein, dab erst bei relativen Ltfftfeuehtigkeiten oberhalb 55 % das verhifltnism/il]ig schwer 16sliche Inosin zu t Iypoxanth in abgebaut wird.

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