Einführung in die Physik - Wagner, Zeilinger

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. . . . . . ..Wintersemester 2004Einführung in die Physik IMitschrift zur Vorlesung von Paul Wagner, und Anton Zeilinger A Umgesetzt in LTEX von Matthias KöckGeorg ReischlZuletzt aktualisiert am 13. Oktober 2006Inhaltsverzeichnis1Einleitung1.1 System und Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.1 Begrisbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.2 Wichtige Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Überblick über die Entwicklung des ph

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Wintersemester 2004

Einfhrung in die Physik IMitschrift zur Vorlesung von Paul Wagner, und Anton Zeilinger A Umgesetzt in LTEX von Matthias KckGeorg Reischl

Zuletzt aktualisiert am 13. Oktober 2006

Inhaltsverzeichnis

1

Einleitung

1.1 System und Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.1 Begrisbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.2 Wichtige Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 berblick ber die Entwicklung des physikalischen Weltbildes 1.3 Der Mavorgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.1 Absolute Basiseinheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.2 Inkohrente Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.3 Die sieben Basisgren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Messgenauigkeit und Fehlerrechnung . . . . . . . . . . . . . . 1.4.1 Fehlerarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.2 Mittelwert und Streumae . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.3 Das Gau'sche Fehlerfortpanzungsgesetz . . . . . . . 2.1 Kinematik von Massepunkten . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Bahnkurve, Geschwindigkeit und Beschleunigung 2.1.2 Der freie Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3 Der schrge Wurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.4 Kreisbewegung und Winkelgeschwindigkeit . . . . 2.1.5 Die Kreisbewegung als beschleunigte Bewegung . 2.2 Dynamik von Massepunkten . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Kraft und Impuls . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Konstante Krfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Actio est Reactio . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.4 Impulserhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.5 Drehimpuls und Drehmoment . . . . . . . . . . . 2.2.6 Massenmittelpunktsbewegungserhaltung . . . . . 2.2.7 Arbeit und Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.8 Der senkrechte Wurf . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.9 Die kinetische Energie . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.10 Konservative Krfte . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.11 Die potentielle Energie . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.12 Die mechanische Gesamtenergie . . . . . . . . . . 2.2.13 Die Idee des Potentials . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Krfte und Kraftfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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5 5 6 6 8 9 10 11 12 12 13 1416

5

2

Mechanik

16 16 17 18 19 20 21 21 22 23 23 24 25 25 26 27 28 28 29 30 31

2.4

2.5 2.6

2.7

2.8

2.3.1 Verschiedene Krfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Die Gravitationsbeschleunigung . . . . . . . . . . . . 2.3.3 Messung von g ber die Pendelschwingung . . . . . . 2.3.4 berlegungen zur Mondbahn . . . . . . . . . . . . . 2.3.5 Das Zweikrperproblem . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.6 Molekulare Wechselwirkungen . . . . . . . . . . . . . Bewegte Bezugssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.1 Gleichfrmig bewegtes Bezugssystem . . . . . . . . . 2.4.2 Gleichfrmig beschleunigtes Bezugssystem . . . . . . 2.4.3 Rotierende Bezugssysteme . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.4 Beschleunigungen in einem rotierenden Bezugssystem Sto- und Streuvorgnge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.1 Beobachtungssysteme und Streuwinkel . . . . . . . . 2.5.2 Dynamik des Streuvorgangs . . . . . . . . . . . . . . Der starre Krper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.1 Statik des starren Krpers . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.2 Der Trgheitstensor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.3 Rotation um eine feste Achse . . . . . . . . . . . . . 2.6.4 Dynamik des rotierenden starren Krpers . . . . . . . 2.6.5 Rotation um freie Achsen . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.6 Dynamik der Kreiselbewegung . . . . . . . . . . . . . Mechanik deformierbarer Krper . . . . . . . . . . . . . . . . 2.7.1 Die Oberchenspannung . . . . . . . . . . . . . . . 2.7.2 Der Kapillareekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.7.3 Der hydrostatische Druck . . . . . . . . . . . . . . . 2.7.4 Der archimedische Auftrieb . . . . . . . . . . . . . . 2.7.5 Die barometrische Hhenformel . . . . . . . . . . . . 2.7.6 Die Kontinuittsgleichung . . . . . . . . . . . . . . . 2.7.7 Die Bernoulligleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.7.8 Strmung zher Fluide . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.7.9 Wichtige Strmungsprole . . . . . . . . . . . . . . . 2.7.10 hnliche Strmungen und Reynoldszahl . . . . . . . 2.7.11 Krfte auf angestrmte Hindernisse . . . . . . . . . . Mechanik von Festkrpern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.8.1 Einseitige Spannungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.8.2 Allseitige Kompression . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.8.3 Hrte und Reibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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31 32 33 34 34 35 36 37 38 39 40 41 41 42 43 43 45 46 47 47 48 49 49 50 51 51 52 52 54 55 56 57 58 59 59 61 6264

3

Schwingungen und Wellen

3.1 Schwingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 berlagerung von Schwingungen . . . . . . . 3.1.2 Zweidimensionale Schwingungsberlagerung 3.1.3 Gedmpfte Schwingungen . . . . . . . . . . 3.1.4 Erzwungene Schwingungen . . . . . . . . . . 3.1.5 Gekoppelte Schwingungen . . . . . . . . . . 3.2 Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

64 65 66 67 68 69 69

3.2.1 3.2.2 3.2.3

Beschreibungsparameter von Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 Die Wellengleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 Der Dopplereekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

4

ABSCHNITT 1

EinleitungDas Wort Physik enspringt dem Griechischen (physis) und bedeutet Ursprung, Naturordnung. Der Aufgabenbereich der Physik liegt darin, Gesetzmigkeiten und Zusammenhnge in den Naturerscheinungen aufzunden und zu untersuchen. Zur Erklrung der beobachtbaren Phnomene ist man hierbei bemht, sie alle auf mglichst wenige Grundprinzipien zurckzufhren. Man nehme das Beispiel des fallenden Krpers. Der Fall wird hierbei auf das Gravitationsgesetz zurckgefhrt, mit dem etwa gleichzeitig auch die Planetenbahnen erklrt werden. Ganz nebenbei lsst sich mit seiner Hilfe auch die Fallgeschwindigkeit bestimmen.

1.1

System und Modell

1.1.1

Begrisbildung

Unter einem System versteht man einen abgegrenzten rumlichen Bereich, welcher auch eine Umgebung aufweist. Dies knnte ein Atom sein, unser Planet, das gesamte Sonnensystem oder die Milchstrae. Ob das Universum selbst in diese Denition des Systems fllt ist allerdings fraglich, da eine Umgebung hchstwahrscheinlich kein Raumbereich entsprechend unserer Denition wre. Ist ein System zeitlich vernderlich, so wird jede mgliche Konguration als Zustand bezeichnet. Die Physik besteht aus Beobachten und Experimentieren. Beide zusammen liefern dann unter der Idealisierung gewisser Zusammenhnge (etwa der Vernachlssigung diverser Streekte) ein Modell. Seine mathematische Beschreibung ist die Theorie, welche ihrerseits wieder von einem Experiment berprft werden muss. Die Theorien ermglichen das Verstehen von Naturphnomenen und knnen in vielen Fllen auch Aussagen ber die zuknftige Entwicklung treen, wenn auch nicht immer. So knnen viele Quantenphnomene nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit angenommen werden wie 5

1. Einleitung

das System sich tatschlich verhlt ist unvorhersagbar. Doch wenn nur ein einziges Experiment eine Vorhersage einer Theorie nicht erfllt, so gilt diese als widerlegt und muss berarbeitet oder fallen gelassen werden. Karl Popper1 formulierte es in dem Sinne, dass Theorien niemals veriziert, sondern stets nur falsiziert werden knnen. Experiment und Theorie ergnzen sich gegenseitig.

1.1.2

Wichtige Modelle

Das Modell des Teilchens (Massepunkts) reicht aus, wenn die Beobachtung gar nicht oder nur unbedeutend von der genauen Struktur abhngt. Feder und Metallkugel fallen nur im Vakuum gleich schnell, whrend unter normalem Atmosphrendruck die Feder aufgrund ihrer Struktur (der groen Oberchen und des geringen Gewichts) von der umgebenden Luft starken Widerstand erfhrt. Ein anderes Beispiel stellen die Planetenbewegungen dar. Fr die Bahnen ist es ausreichend, sich einen Planeten als Massepunkt ohne Ausdehnung vorzustellen. Schickt man hingegen eine Raumsonde hin, so muss die Struktur vielleicht nicht umbedingt des Planeten, aber seiner Umgebung und seines Mondsystems bercksichtigt werden. Ein weiteres wichtiges Modell ist das Modell der Welle, welches fr die wesentliche Beschreibung sowohl von Wasserwellen und Schallwellen wie auch elektromagnetischer Wellen herangezogen werden kann. So lsst sich mithilfe des Modells die Interferenzbildung zweier Wellen erklren (Doppelspaltexperiment). Natrlich kann niemand daran gehindert werden, ein und dasselbe Phnomen mithilfe mehrerer Modelle zu beschreiben, wie es beim Welle-Teilchen-Dualismus der Fall ist. Die Vorhersagen der verschiedenen Modelle drfen einander dabei aber nicht widersprechen. Im Modell des starren Krpers wird ein Objekt, ein Krper, als eine Ansammlung starr verbundener Massepunkte angesehen und jegliche innere Wechselwirkung wie die zwischen den Atomen wirkenden Krften oder Verformungen vernachlssigt.

1.2

berblick ber die Entwicklung des physikalischen Weltbildes

Bereits die alten Griechen versuchten die Natur mithilfe von berlegungen zu deuten. An dieser Art der Forschung hat sich mehrere tausend Jahre nichts gendert. Erst mit Galilei2 wurde das Experiment aktiv in die Physik eingefhrt. Betrachten wir einmal einen kurzen berblick ber wichtige Persnlichkeiten in der Geschichte der Physik sowie einige ihrer Errungenschaften:1 Sir 2 Galileo

Karl Raimund Popper, 1902-1994, britischer Philosoph und Wissenschaftstheoretiker Galilei, 1564-1642

6

1.2. berblick ber die Entwicklung des physikalischen Weltbildes

entdeckte die magnetischen Eigenschaften einiger Materialien, welche in der Nhe der kleinasiatischen Stadt Magnesia gefunden wurden.Thales Die Pythagoreer

3

tenzirkel.

entwickelten das Prinzip der harmonischen Tne auf dem Quin-

Demokrit

gehrte zu den ersten Vertretern der These, dass die Welt aus unteilbaren einzelnen Teilchen aufgebaut ist. lieferte wichtige Beitrge auf dem Gebiet der Mechanik, darunter das Hebelgesetz und das Prinzip des Auftriebs.5

4

Archimedes

war der erste, der rigoros die Ansicht vertrat, dass man erst beobachten msse und erst danach Schlsse ziehen drfe. Damit fhrte er das Experiment als hchsten Richter der Wahrheit in die Physik ein.Galileo Galilei

analysierte die Planetenbewegungen mit den damals zur Verfgung stehenden Mitteln und erhielt so seine drei berhmten Gesetze.Johannes Kepler Isaac Newtons

6

Theorie der Gravitation ist praktisch jedermann bekannt. Er identizierte damit die Bewegungen der Planeten als freien Fall im Gravitationsfeld der Sonne. Weiters fhrte Newton den Kraftbegri und das Trgheitsgesetz ein.8

7

konnte durch Experimente feststellen, dass sich in Gasen stets bestimmte Anzahlen von Atomen bzw. Moleklen benden.Josef Loschmidt

konnte alle thermodynamischen Erscheinungen auf mithilfe statistischer Methoden beschreiben. Whrend Wrme frher als ein uides Etwas gehandhabt wurde, welches vom warmen zum kalten Krper iet, identizierte sie Boltzmann als eine spezielle Form der Energie. Er entwickelte auch den Entropiebegri als Ma fr die Unordnung eines Systems.Ludwig Boltzmann Christaan Huygens

9

und Augustin Fresnel11 trugen wesentlich zum Verstndnis des Lichtes bei. Sie beobachteten erstmals das Wellenphnomen der Inferenz.12

10

Michael Faraday James Maxwell

fand das Gesetz der elektromagnetischen Induktion.

fasste die wichtigsten Erkenntnisse der Elektrodynamik zu den vier Maxwell-Gleichungen zusammen und vereinigte damit die bis dahin unterschiedlich gehandbabten Konzepte der Elektrizitt und des Magnetismus.

13

von Milet, 625-546 v. Chr., griechischer Philosoph von Abdera, 460-370 v. Chr., griechischer Philosoph 5 Archimedes, 287-212 v. Chr., griechischer Philosoph und Mathemaiker 6 Johannes Kepler, 1571-1630, deutscher Astronom und Naturphilosoph 7 Sir Isaac Newton, 1643-1777, englischer Mathematiker und Physiker 8 Joseph Loschmidt, 1821-1895, sterreichischer Chemiker und Physiker 9 Ludwig Boltzmann, 1844-1904, sterreichischer Physiker 10 Christaan Huygens, 1629-1695, niederlndischer Astronom, Mathematiker, Physiker und Uhrenbauer 11 Augustin Jean Fresnel, 1788-1827, franzsischer Ingenieur und Physiker 12 Michael Faraday, 1791-1867, britischer Physiker und Chemiker 13 James Clerk Maxwell, 1831-1879, britischer Physiker4 Demokrit

3 Thales

7

1. Einleitung

und Edward Morley15 stellten sich die Frage nach dem Ausbreitungsmedium von elektromagnetischen Wellen. Das unerwartete Ergebnis des Michaelson-Morley-Experiment stellt einen der Grundpfeiler der Relativitstheorie dar.Albert Michelson

14

entwickelte die spezielle und die allgemeine Relativittstheorie und verwarf damit das Konzept eines absoluten Raumes und einer absoluten Zeit.Albert Einstein

16

untersuchte die Quanteneigenschaften von Licht und begrndete die Quantentheorie.Max Planck Werner Heisenberg

17

ist vorallem durch seine Quantenhypothese der Unschrferelation bekannt. Er postulierte, dass es keine denierten Bahnkurven einzelner Teilchen gibt.19

18

Erwin Schrdinger

nischer Wellen auf.

stellte die Gleichung fr die Beschreibung quantenmecha-

Die Erkenntnisse in der Physik sind natrlich nicht auf das Fachbegri der Physik beschrnkt. Beispielsweise sind sich Chemie und Physik heute sehr nahe gekommen. Auch die Astronomie basiert auf den Methoden der Physik. In der Meterologie wird die Wetterdynamik ber die Wechselwirkung zwischen Strahlung und Atmosphre beschrieben. In der Biologie wird der Energiehaushalt der Zelle und der Transport durch die Membrane durch physikalische Prozesse erklrt. Die physikalischen Methoden bilden die Basis fr medizinische Diagoseexperimente wie Ultraschall oder Kernspintomographie.

1.3

Der Mavorgang

An einem System S werden von einem Beobachter B Messungen vorgenommen. Hierbei kommt es zu Wechselwirkungen zwischen dem Beobachter und dem System. In der Quantenmechanik ist dies besonders deutlich: Dort wird das System vom Messvorgang stark beeinusst. Bei makroskopischen Systemen ist der Einuss mglichst klein bis komplett vernachlssigbar. Sobald dies der Fall ist, kann man von objektiven Eigenschaften des Systems sprechen. Wie stark ein mikroskopisches System vom alleinigen Beobachten beeinusst wird wird durch die Unschrferelationx p 2

mit

1034 Js

(1.1)

deutlich. Bei der Messung einer der beiden Eigenschaften verschmiert die jeweils andere.14 Albert

Abraham Michelson, 1852-1931, amerikanischer Physiker Williams Morley, 1838-1923, amerikanischer Chemiker 16 Albert Einstein, 1879-1955, deutsch-amerikanischer Physiker 17 Max Karl Ernst Ludwig Planck, 1858-1947, deutscher Physiker 18 Werner Karl Heisenberg, 1901-1976, deutscher Physiker 19 Erwin Schrdiner, 1887-1961, sterreichischer Physiker15 Edward

8

1.3. Der Mavorgang Systeme werden mithilfe physikalischer Messgren beschrieben, doch welche Gren whlt man hierfr? Die Auswahl ist im Allgemeinen vom Modell abhngig und willkrlich. Diese messbaren Gren bestimmen den Zustand des Systems eindeutig. Dabei darf es nicht relevant sein, wie das System in den aktuellen Zustand gelangt ist. In diesem Fall spricht man von einer Zustandsgre. Unter einem Messvorgang versteht man den Vergleich adquater Gren. Die Gre, mit der die verschiedenen Systeme verglichen werden, heit Maeinheit. Die Gre selbst ist ein Vielfaches der entsprechenden Mazahl: Gre = Mazahl Einheit (1.2) Fr eine gltige Messung sollten strende Einusse weitgehend ausgeschaltet werden. Weiters ist das Experiment mit grtmglicher Genauigkeit durchzufhren und muss beliebig reproduzierbar sein.1.3.1

Absolute Basiseinheiten

Hinter dem Begri der physikalischen Relation verbirgt sich der in den meisten Fllen mathematisch formulierten Zusammenhang zwischen physikalischen Gren oder ihren Mazahlen. Ein Beispiel hierfr ist etwa die Newton'sche Bewegungsgleichung F = ma. Wenn man zusammenhngende Einheiten ableiten mchte, dann muss man sich berlegen, welche Einheiten verwendet werden sollen. Dabei ist es umso besser, je weniger Basiseinheiten bentigt werden. Eine absolute Basiseinheit ist deniert durch ein bestimmtes Messverfahren und eine bestimmte Einheit. Diese Einheit kann etwa ein ortsfestes Normal sein wie frher das Urmeter in Paris. Wer messen mchte, muss hinfahren und vergleichen. Alternativ kann es sich um ein berall reproduzierbares Normal handelt, wie es das Lineal aus dem Supermarkt ist. Hingegen werden abgeleitete Basiseinheiten durch eine physikalische Relation von absoluten Basisgren und willkrlichen konstanten Gren (den universellen Konstanten) gegeben. Doch Denitionen knnten sich durchaus im Laufe der Zeit verndern. Als Beispiel nehme man die Lnge. Sie wurde (wie oben kurz erwhnt) bis vor kurzem durch das Urmeter in Paris als ortsfestes Normal deniert. Danach ging man dazu ber, eine bestimmte Anzahl aufeinanderfolgender abgestrahlter Wellen von Kryptonatomen als einen Meter zu denieren. Heute ist man auch hiervon wieder abgekommen und benutzt die Eigenschaft elektromagnetischer Wellen, sich unabhngig vom Intertialsystem mit konstanter Geschwindigkeit auszubreiten, als neue Denition. Hierbei ist die Lnge einer Strecke durch das Zeitintervall t gegeben, welches ein Lichtstrahl bentigt, um die zurckzulegen. Auf diese Weise wurde aus der ehemals absoluten eine nun abgeleitete Basisgre konstruiert, deren physikalische Relation sich aus der absoluten Basigre der Zeit t sowie der Lichtgeschwindigkeit c0 = 299 792 458 m/s gegeben ist:= c0 t [ ] = [ m]

Abgeleitete Einheiten folgen also aus einer Denitionsrelation von Basisgren. Die Geschwindigkeit v = /t mit [v] = [ms1 ] stellt eine weitere solche abgeleitete Gre dar. Der 9

1. Einleitung

in eckigen Klammern gegebene rechte Ausdruck beschreibt die Dimension der jeweiligen Gre. Nach einer Rechnung sollte die Dimension stets berprft werden, um zu erkennen, ob das erhaltene Ergebnis berhaupt Sinn macht. Als Beispiel sei die ZentrifugalkraftF = m 2 r [F ] = kg 11

s s

m =

kg m s2

gewhlt. Der Vergleich mit der Dimension der Kraft als [F ] = [kg m s2 ] lsst das Vertrauen in diese Formel wachsen.1.3.2

Inkohrente Einheiten

Neben den sieben erlaubten Einheiten nden sich eine Vielzahl von inkohrenten Einheiten, die eigentlich nicht verwendet werden sollten. Die Einheit fr die Zeit ist beispielsweise die Sekunde, doch auch Minuten und Stunden werden verwendet. Auch Vorfaktoren, wie beispielsweise Millisekunden, zhlen zu den inkohrenten Einheiten. In vielen anderen Disziplinen werden anstatt des Meters auch Inch, Knoten, Lichtjahr und andere Einheiten verwendet. Tabelle 1.1 zeigt eine bersicht ber die gngigen Vorbezeichungen. Legt man universelle Konstanten fest, dann erhlt man abgeleitete Basisgren.Beispiel

1.1

Ein Beispiel hierfr soll das Lngenma sein. War das Meter frher durch den Ver-

gleich mit dem Pariser Urmeter deniert, so deniert man heute die Lichtgeschwindigkeit mit 299 792 458 Metern pro Sekunde und bezeichnet als einen Meter jene Strecke bezeichnet, welche das Licht im 299 792 458.ten Teil einer Sekunde zurcklegt. Auf diese Weise wurde das Meter genaugenommen in die Liste der inkohrenten Einheiten aufgenommen. Lngen und Zeit knnen nun als gleichwertig betrachtet werden, und die Geschwindigkeit [v] = [m/s] wird damit eigentlich zu einer dimensionslosen Einheit, jedoch ist v = 1 fr die Lichtgeschwindigkeit zu setzen im alltglichen Leben nicht sinnvoll.

Ein weiteres Beispiel soll ber die Einheit der Wrmemenge erbracht werden, welche

frher ebenfalls als absolute Basiseinheit eingefhrt wurde. In der ursprnglichen Denition verstand man unter einer Kilokalorin, kurz 1 kcal, die notwendige Wrmemenge, um 1 Liter Wasser von 14.5 auf 15.5 Grad Celsius zu erwrmen. Spter kam man zu der Erkenntnis, dass Wrmemenge Q und mechanische Energie W zur Erzeugung von Wrme stets im gleichen konstanten VerhltnisQ = kW W

mit101

kW = 2.3884 1014 kcal/J 101 102 103 106 109

(1.3)1012

1012

109

106

103

102

tera giga mega kilo hekto dekaTabelle 1.1:

dezi

centi milli mikro nano femto

Eine bersicht ber die gngigen Vorzeichenbezeichnungen

10

1.3. Der Mavorgang zueinander stehen (Joule'sche20 Experimente). Wie bereits zuvor wurde dann die Konstante kW deniert und die Wrmemenge ist nun ber die Denitionsrelation (1.3) gegeben. Somit ist die Wrmemenge mit einer Energie gleichzusetzen und die Wrmemenge als seperate Basisgre war nicht lnger notwendig. Die Einheit beider ist durch 1 J = 2.3884 1014 kcal gegeben, womit auch das Kilokalorin zu einer inkohrenten Einheit wurde. Die absoluten (wie Zeit oder Masse) und abgeleiteten (wie die Lnge) Basiseinheiten zusammen mit allen anderen abgeleiteten Einheiten (wie Geschwindigkeit oder Kraft) bilden ein kohrentes Einheitensystem. Die Anzahl und Auswahl der Basisgren ist an sich willkrlich, doch je mehr Basisgren deniert sind, desto mehr universelle Konstanten treten auf und mssen gemessen werden. Wird die Gleichheit verschiedener Gren erkannt, lsst sich die Konstante gleich 1 setzen21 . Auf bersichtlichkeit und Zweckmigkeit den grten Wert gelegt.1.3.3

Die sieben Basisgren

Die gltigen Einheiten sind heute im Le Systme International d'Units22 , kurz SI-System, zusammengefasst. Sie sollen kurz vorgestellt werden, einige typische Werte sind in Tabelle 1.2 aufgelistet. DieMasse m stellt eine absolute Basisgre dar und wird in Kilogramm kg angegeben. Sie wird durch einen Prototyp (das Pariser Urkilogramm) und eine Vergleichswaage festgelegt. Fr die Masse des Urkilogramms whlte man das Gewicht von einem Liter (einem Kubikdezimeter) Wasser23 . Die Masse lsst sich heute bis auf eine Genauigkeit von 101 kg messen.

Auch die in Sekunden s gemessene Zeit t ist eine absolute Basisgre. Ursprng-

lich als der 86 400.te Teil des mittleren Sonnentages deniert, hat sich die (nicht konstante) Rotationsgeschwindigkeit fr eine exakte Zeitmessung als unbrauchbar erwiesen. Heute wird eine Sekunde jene Zeitspanne angesehen, in welcher das CsiumAtom 9 192 631 770 Grundschwingungen durchfhrt. Die Messgenauigkeit moderner Atomuhren liegt bei 1014 Sekunden dies entspricht einer Abweichung von einer Sekunde in drei Millionen Jahren.Lnge

Wie bereits gesehen ist die

durch die abgeleitete Basisgre Meter m gegeben. Die Denition ber die Lichtgeschwindigkeit besitzt seit 1983 Gltigkeit und eine Lnge wird damit zu einer Frequenz- bzw. Wellenlngenmessung (interferometrische Verfahren). Die Messgenauigkeit liegt im Bereich von 5 109 Metern.Prescott Joule, 1818-1889, britischer Physiker es, wenn auch nicht explizit erwhnt, auch bei der Wrmemenge und der Energie oben geschehen von der elften Generalkonferenz fr Mae und Gewichte 1960 in Paris ist es falsch, wie hier Masse und Gewicht gleichzusetzen

20 James

ist

21 wie

22 deniert

23 Genaugenommen

11

1. Einleitung

Objekt Elektron Proton Fliege Mensch Die Erde Sonne MilchstraeTabelle 1.2:

kg

10 1027 103 102 1024 1030 1042

30

Ereignis Licht durch Atomkern Fernsehbildrhre Licht Sonne Erde Menschenleben Menschheitsgeschichte Universum

s

10 107 102 109 1013 1017

23

Objekt Proton Luftmoleklabstand Mensch Sonnensystem Universum

1015 106 101 1014 1025

m

Die Tabelle stellt einige typische Werte von Massen, Zeiten und Lngen vor.

Auch die

A, gehrt zu den Basisgren. Durch zwei Leiter in einem Meter Abstand iet dann ein Ampere Strom, wenn sie sich mit einer Kraft von 2 107 Newton pro ein Meter Leiterlnge anziehen bzw. abstoen.elektrische Stromstrke Ampere

I , gemessen in

Die

Dort kann Wasser in allen drei Aggregatzustnden gleichzeitig vorkommen. Gemessen wird die Temperatur in Kelvin K, wobei der Triplepunkt von Wasser bei 273.16 K liegt. Teilchen als die Anzahl der Teilchen in einem Gramm Kohlensto gegeben ist.Candela

Temperatur

T wird bis heute ber den Triplepunkt des Wassers angeglichen.

Die Stoffmenge einer Substanz wird in Mol gemessen, wobei 1 Mol = 6.0221023 Die in

cd gemessene Lichtintensitt ist gegeben durch den 60.ten Teil des Lichtes, welches von einem Quadratzentimeter eines Schwarzen Krpers bei der Temperatur von erstarrtem Platin senkrecht zu seiner Oberche abgestrahlt wird.

1.4

Messgenauigkeit und Fehlerrechnung

1.4.1

Fehlerarten

Fhrt man eine Messreihe durch, so werden die Resultate der einzelnen Messungen nicht komplett bereinstimmen, sondern streuen in einem mehr oder weniger groen Streubereich. Ist der Streubereich nicht erkennbar, so dann ist die Messausung des Gerts unzureichend. Man unterscheidet zwischen den vermeidbaren systematischen Fehlern, welche auf strende Einusse oder falsch verwendete Formeln zurckzufhren sind, und den allgegenwrtigen und unvermeidbaren statistischen Fehlern, deren Ursachen in statistischen Schwankungen zu suchen sind. Untersuchen wir nun, wie sich diese Fehler auf die Messungen auswirken. 12

1.4. Messgenauigkeit und Fehlerrechnung Die einzelne Messung einer Gre x hat noch keinerlei Aussagekraft. Es mgen nun n Messungen xi durchgefhrt werden, so werden sich diese ber den Streubereich verteilen. Dieser wird in eine Reihe von Bereichen x eingeteilt (auch Klassen) genannt, wobei ein Histogramm24 wie in Abbildung 1.1 nachher zeigt, wie viele Messwerte sich innerhalb eines Bereiches (einer Klasse) nden.Eine Verteilung von Messwerten mit und ohne berlagertem Histogramm.Abbildung 1.1:

1.4.2

Mittelwert und Streumae

Die Messwerte werden in einem Bereich besonders hug zu nden sein. Der dortige Wert x wird als Mittelwert bezeichnet und gibt als reprsentativer Wert eine erste Informa tion ber die n Messwerte. Um als Mittelwert zu gelten muss x mglichst nahe an allen Messwerten liegen. Weil es sich mit den fr Abstnde notwendigen Betragsstrichen aber nicht angenehm rechnet, hat es sich eingebrgert, das Abstandsquadrat zu verwenden. Fr den Mittelwert wird die Summe S = n ( xi )2 der Abstandsquadrate minimal. i=1 x Fasst man diese als Funktion auf, so ndet sich die Extremstelle ber die Nullstellen der ersten Ableitung: dS = dx n n n

2( xi ) = 0 xi=1

i=1

( xi ) = n x xi=1

xi = 0

Hieraus folgt die Denition des

arithmetischen Mittelwerts

als (1.4)

x=

1 n

n

xii=1

Nun ist man eigentlich aber nicht am Mittelwert, sondern am wahren Wert xw interessiert, welchen man fr n erhalten wrde. Dennoch wird die Messung im Normalfall umso genauer, je mehr Werte zur Verfgung stehen. Es bleibt nun die Frage zu klren, wie ezient die Messung durchgefhrt wurde. Fr die Bestimmung der Przession einer Messung stehen diverse Streumae zur Verfgung, darx unter der absolute Fehler der Einzelmessung xi , welcher schlicht durch | xi | gegeben ist. Der arithmetische Mittelwert all dieser einzelnen Abweichungen wird als Van 1 rianz i=1 n(xw xi ) bezeichnet. Weil xw praktisch niemals bekannt ist, muss man n sich mit x als seiner besten Nherung zufriedengeben und deniert die Standardabwei chung der Resultate einer Messreihe als=24 vom

1 n1

n

( xi )2 xi=1

(1.5)

griechischen histos (aufstellen) und grammos (gezeichnet)

13

1. Einleitung

Der Ausdruck n 1 im Nenner schliet nicht nur die einzelne Messung aus, sondern stellt eine statistische Korrektur aufgrund der vorgenommenen Anpassung xw x dar. Im Falle n 1 lsst sich die Standardabweichung (1.5) schneller ber2

1 n =

1 ( xi ) = x n i=12 n

n

n

x 2xi + xi=1

2

x2 i

1 = n

n

n

n

x

2 i=1

1 2 xi=1

xi +i=1

x2 i

n 2 1 x 2 x n n

xi +i=1

1 n

n

x2 = x2 22 + x2 = x2 x2 x ii=1

abschtzen. Neben dieser absoluten Standardabweichung stellt die relative Standardabweichung r = / ein Ma fr die prozentuelle Abweichung der einzelnen Werte x vom Mittelwert dar. Die konkrete Bedeutung der Standardabweichung zeigt sich schn an derGlockenkurve Gau'schen

1 ( x)2 x f (x) = exp 2 2

(1.6)

wie in Abbildung 1.2 erkennen ist. Je kleiner ausfllt, desto schmler wird die Kurve (und desto genauer nher liegen die Messungen um den Mittelwert). Die Standardabweichung gibt also den Vertrauensbereich der Einzelmessung an. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Messwert innerhalb des Intervalls25 [ ] zu nden ist, liegt bei 68%. Innerhalb des x 2 -Bereichs [ 2] liegen bereits 95% und im 3 -Bereich [ 3] immerhin 99% aller x x Messwerte. Ein Messwert, welcher weiter als 3 vom Mittelwert entfernt liegt, wird im Allgemeinen als Ausreier angesehen und verworfen.Die Abbildung zeigt die Gauverteilung einer Messung in der typischen Form der Glockenkure.Abbildung 1.2:

1.4.3

Das Gau'sche Fehlerfortpanzungsgesetz

Sehr hug wird ein Endresultat nicht von einer einzelnen, sondern einer Reihe von Gren abhngen. So bentigt man fr die Geschwindigkeitsmessung sowohl die Lnge der Strecke als auch die Zeit, in welcher sie durchlaufen wird. Beide Messungen sind mit unterschiedlichen Fehlern behaftet, aus denen am Ende der Fehler der Geschwindigkeit ermittelt werden muss. Eine sehr vorsichtige Abschtzung fhrt auf den absoluten Grtfehler der Messung. SeiR(x1 , . . . , xn ) die von n Gren abhngige Endgre, so folgtR R R 1 + . . . + n = x1 xnn

i=1

R i xi

(1.7)

25 Entgegen wahrscheinlich jeder Konvention werde ich fr Intervalle der Form [a b,a + b] die Kurzschreibweise [a b] verwenden.

14

1.4. Messgenauigkeit und Fehlerrechnung mit der absoluten nderungsrate dR/dxi als Gewichtung der Einzelfehler i , weil sich verschiedene Messgren unterschiedlich stark in der Messung niederschlagen. Grer als (1.7) kann der Fehler der Messung nicht sein. Ein Spezalfall stellt eine Messgre dar, welche von ihren einzelnen Gren in Form eines Potenzprodukts R(x1 , . . . , xn ) = A n xji i=1 i 1 1 abhngt wie es etwa bei der Geschwindigkeit v = 1s t der Fall ist. Der absolute Grtfehler bzw. die grtmgliche relative Abweichung ist hier durchn

R i=1

|Aji xi | i

bzw.

R R

n

|ii |i=1

i xi

gegeben schlichtweg die Summe der einzelnen relativen Standardabweichungen gewichtet nach der auftretenden Potenz der zugehrigen Messgre im Endresultat R. Doch so viel Pessimismus wie oben wird im Normalfall nicht notwendig sein, weil sich einzelne Fehler zumindest teilweise aufheben werden. Diese sollten bercksichtigt werden und fhren dabei auf das Gau'sche FehlerfortpflanzungsgesetzR = R x11 2 1

+ ... +

R xn

1 2 n

n

=i=1

R xi

2 2 i

(1.8)

Mithilfe dieser Fehlerfortpanzung lsst sich nun die Standardabweichung des Mittelwertes mehrerer Messreihen bestimmen. Der Mittelwert (1.4) selbst besteht ja aus der Summe der Einzelmessungen divdiert durch ihre Anzahl. Demnach ergibt sich die zugehrige Standardabweichung entsprechend (1.8) zux = 1 2 1 1 2 + . . . + 2 xn = 2 x1 n n nn 2 xi = i=1

1 2 n = n n

Weil es sich hier um gleichartige Messgren handelt und sie stets mit dem selben Messgert bzw. Messverfahren ermittelt wurden, durfte oBdA i = j = fr alle i, j angenommen werden.

15

ABSCHNITT 2

Mechanik

2.1

Kinematik von Massepunkten

Zu Beginn der Mechanik werden wir uns alleine auf das Modell des Massepunktes beschrnken, spter werden wir die berlegungen auf den starren Krper ausdehnen. Die Kinematik beschftigt sich dabei alleine mit der Frage, wie sich ein Objekt bewegt und lsst jedoch das warum auen vor hierfr wird die Dynamik zustndig sein.2.1.1

Bahnkurve, Geschwindigkeit und Beschleunigung

Eine Bahnkurve zu denieren ist alleine bei makroskopischen Objekten sinnvoll, bei denen die quantenmechanische Ortsunschrfe bedeutungslos ist. Unter der Bahnkurve oder Trajektorie versteht man die Beschreibung der zeitabhngigen Position eines Objekts bei seiner Bewegung durch den Raum. Dies knnte beispielsweise ber die Parameterdarstellung

x(t) r(t) = y(t) z(t)

[r ] = [m]

(2.1)

mit der Zeit t als Parameter geschehen. Im Falle einer geradlinigen Bewegung fhrt dies auf r(t) = {x(t), y(t), z(t)} = {at, bt, c} und bei Eliminierung des Parameters t ber y(t)/x(t) = b/a auf die Gleichungsdarstellung y = bx/a einer Geraden. Eine Kreisbewegung lsst sich ber r(t) = {r cos(t) , r sin(t) , c} beschreiben. Die Eliminierung von t fhrt ber x2 + y 2 = r2 (cos2 (t) + sin2 (t)) auf die Kreisgleichung x2 + y 2 = r2 . Die Geschwindigkeit v eines Objekts gibt an, wie schnell es sich fortbewegt. Als nderungsrate der Ortsfunktion ist die Geschwindigkeit damit als ihre zeitliche Ableitung deniert: r(t + t) r(t) dr m v = lim = =r [v ] = (2.2) t0 t dt s 16

2.1. Kinematik von Massepunkten Der Geschwindigkeitsvektor stellt damit stets einen Tangentialvektor an die Bahnkurve dar. Der Betrag |v| = v des Geschwindigkeitsvektors gibt die pro Zeiteinheit zurckgelegte Wegstrecke an. Im Allgemeinen ndert sich aber nicht nur der Ort des Teilchens stndig, sondern auch seine Geschwindigkeit. Diese nderung wird durch die analog zu vorhin denierte Beschleunigung

a = lim

v(t + t) v(t) dv d2 r = =v= 2 =r t0 t dt dt

[a ] =

m s2

(2.3)

beschrieben. Der Beschleunigungsvektor lsst sich in die beiden Komponenten a = at + an aufteilen. Hierin gibt die Tangentialbeschleunigung at die nderung des Betrags der Geschwindigkeit an, whrend die Normalbeschleunigung an die nderung der Bewegungsrichtung beschreibt1 .Beispiel

2.1

Beginnen wir mit der

unbeschleunigten Bewegung als einfachsten Beispiel. Ihre Bewegungsgleichung ist durch a = v = r = 0 gegeben2 . Es handelt sich um eine einfache Dierentialgleichung, die durch zweimaliges Integrieren schnell auf

r=

0 d2 t =

(0 + v0 ) dt = v0 t + r0

(2.4)

fhrt, wobei die Anfangsgeschwindigkeit v0 bzw. die Startposition r0 die Rolle der Integrationskonstanten bernehmen und sich durch geeignete Anfangsbedingungen bestimmen lassen. Im Falle der

fhren analoge berlegungen ber die zugehrige Dierentialgleichung a = v = r = a0 auf die Bewe gungsgleichunggleichfrmig beschleunigten Bewegung

r=

a0 dt =

(a0 t + v0 ) dt =

a0 2 t + v 0 t + r0 2

(2.5)

Auch hier sind zwei Anfangsbedingungen fr die Integrationskonstanten notwendig, um die Bewegung eindeutig beschreiben zu knnen.

2.1.2

Der freie Fall

Der freie Fall stellt das Paradebeispiel fr eine gleichfrmig beschleunigte Bewegung dar, sowahr jegliche Nebeneekte wie Luftreibung usw. aus den berlegungen ausgeschlossenan normal auf v steht und damit auch auf die Bahnkurve selbst zugehrigen vektoriellen Gesetze weisen schlichtweg nur einen Vektorpfeil ber den Gren auf, auf den ich hier aus Bequemlichkeit verzichten mchte2 Die 1 womit

17

2. Mechanik

werden. Mge die Erdbeschleunigung a0 = g als konstant angesehen werden (genaugenommen ist sie ja von der Entfernung vom Erdmittelpunkt abhngig), so lsst sich unser Koordinatensystem so whlen, dass r0 = r(t = 0) = 0 gilt sowie die Zeitskala derart eichen, dass v0 = v(t = 0) = 0 vorliegt der Krper wird also exakt bei t = 0 im Ursprung losgelassen. Aus (2.5) folgt fr die vektorielle Beschreibung des Falls 0 a= 0 g 0 v= 0 gt 0 r= 0 1 2 gt2

wenn die z -Achse unseres Koordinatensystems in Richtung Erdmittelpunkt zeigt. berprfen wir noch einmal experimentell, ob die berlegungen zum freien Fall stimmen knnen. Hierfr verwenden wir zwei Fallschnre mit Abstandsmarkierungen, wobei die Markierungen der ersten Schnur quidistante Abstnde rn = nR1 voneinander aufweisen sollen, whrend jene der anderen Schnur in quadratisch ansteigende Distanzen rn = n2 R2 liegen. Nun berlegen wir zwei Flle:Experiment 1

Wenn eine unbeschleunigte Bewegung r = v0 t vorliegt, mssten die Markierungen zu den Zeitpunkten t = r/v0 mit gleichen Zeitintervallen aufschlagen. Fr die n.te Markierung der ersten Schnur bedeutet dies tn = nR1 /r0 , whrend fr die zweite Schnur tn = n2 R2 /r0 folgt. Handelt es sich jedoch um eine beschleunigte Bewegung mit r = 1 gt2 und damit 2 t = 2r/g , dann schlagen die Markierungen der ersten Schnur zu den Zeiten tn = 2nR1 /g und diesmal jene der anderen Schnur bei tn = n 2R2 /g quidistant auf.

Der Fall der Schnre zeigt deutlich, dass das Aufschlagen der Markierungen der ersten Schnur in immer krzeren Zeitintervallen passiert, whrend die Markierungen der anderen Schnur in zeitgleichen Intervallen auftreen. Der freie Fall stellt also tatschlich eine gleichfrmig beschleunigte Bewegung dar.2.1.3

Der schrge Wurf

Wiederum mge das Koordinatensystem so gewhlt werden, dass der Abwurfpunkt r0 im Ursprung liegt. Die Wurfrichtung sei gegeben durch v0 = (v0x , 0, v0z ) und die Beschleunigung ergibt sich, weil nach dem Wurf einzig die Schwerkraft auf das Objekt wirkt, wieder zu a0 = (0, 0, g). Aus (2.5) folgt daraus 0 a= 0 g = v0x v= 0 v0z gt = v0x t r= 0 1 2 v0z t 2 gt

Aus der ersten Koordinate erhlt man t = v0x /rx , welches eingesetzt in die dritte Kom1 2 2 ponente auf die Gleichung einer Parabel rz (rx ) = v0z v0x rx 1 gv0x rx fhrt, wie sie in Ab2 bildung 2.1 dargestellt ist. Darin lsst sich weiters der Abschusswinkel = arctan(rx /rz ) erkennen, mit dessen Hilfe die Parabel unter der berlegung v0x = v0 cos() die Form 18

2.1. Kinematik von Massepunkten1 2 2 rz (rx ) = rx tan() 2 v0 rx g cos2 () erhlt. Die maximale Wurfhhe wird am Funktions-

maximum erreicht. Dieses ndet sich bei

sin() dr z 2rx g rx g = =0 = tan() 2 2 2 () dr x 2v0 cos cos() v0 cos2 ()

=

max rx =

2 v0 sin() cos() g

max 2 sodass das Objekt eine Hhe von H = rz (rx ) = v0 sin(2) /2g erreicht. Alleine aus max 2 Symmetriegrnden ist ersichtlich, dass sich die Wurfweite auf W = 2rx = v0 sin(2) /g belaufen wird.

Abbildung 2.1:

xz -Ebene.Experiment 2

Die Flugbahn eines schrg geworfenen Objekts in der

Mithilfe einer Feder kann eine Kugel weggeschleudert werden, whrend eine zweite gerade auf den Boden fllt (siehe Abbildung 2.2). Es zeigt sich, dass es keine Rolle spielt, mit welcher Geschwindigkeit v0x die Kugel weggeschleudert wird beide Kugeln fallen stets im selben Moment auf. Die beiden Bewegungsrichtungen sind also unabhngig voneinander.Abbildung 2.2:

KugelnExperiment 3

Aufbau und Wurfbahn des Experiments zu den fallenden

Wenn man einen Wasserstrahl zuerst waagrecht und dann geneigt nach oben loslsst, dann verkleinert sich v0x , doch die v0z bleiben gleich wie in Abbildung 2.3 gezeigt.Abbildung 2.3:

Skizze zum Wasserstrahlexperiment

2.1.4

Kreisbewegung und Winkelgeschwindigkeit

Ausgangsposition aller berlegungen wird Abbildung 2.4 sein, welcher ein rechtwinkeliges Koordinatensystem zugrunde liegt. Sinnvollerweise wird die Drehachse, also alle Punkte, welche whrend der Drehung ortsfest bleiben, durch den Ursprung verlaufen. Die zurckgelegte Wegstrecke s entlang der Bahn mit Radius R wird durch s = R gegeben. Analog zur Geschwindigkeit fr die mehr oder weniger geradlinige Bewegung ndet sich fr die Kreisbewegung der in der Drehachse liegende und damit normal auf die Bewegung stehende Winkelgeschwindigkeitsvektor d 1 || = = [] = (2.6) dt s deren Betrag durch die nderung des Winkels, also dem pro Zeiteinheit berstrichenen Winkel gegeben ist. Der Richtungssinn von konventionsgem soll der Rechtsschraubenregel gengen. Somit wurde die Winkelgeschwindigkeit zu einem Pseudovektor bzw. Axialvektor, welche die Eigenschaft haben, bei Spiegelungen umzuklappen. 19

2. Mechanik

Abbildung 2.4:

Erklrungen zur Kreisbewegung

Die tatschlich vom Massepunkt entlang der Kreisbahn aufgewiesene Geschwindigkeit v berechnet sich ber v = ds/dt = d(R)/dt = R als nderung der Wegstrecke wie erwartet. In vektorieller Form zeigt sichv =r

(2.7)

berlegen wir uns, ob dies stimmen kann und betrachten zunchst den Betrag |v| = | r| = || |r| sin() = R , wenn den Winkel zwischen R und r bezeichnet. Dies stimmt also mit der vorigen berlegung berein, nun fehlt noch die Richtung. Aus der Eigenschaft, dass das Ergebnis des Vektorprodukts normal auf beide Vektoren steht, folgt, dass die Richtung stimmt whrend r nicht nur in die falsche Richtung zeigen wrde, sondern mit m2 auch die falsche Dimension htte.2.1.5

Die Kreisbewegung als beschleunigte BewegungWinkelbeschleu-

Analog zur normalen Beschleunigung ndet sich die Denition dernigung

|| = =

d2 dt2

[] =

1

s2

(2.8)

Weil die Kreisbewegung stets in einer Ebene bleibt, ndert sich auch die Richtung des parallel zum Winkelgeschwindigkeitsvekor liegenden Winkelbeschleunigungsvektor nicht. Auch die Orientierung bleibt gleich, lediglich seine Gre ndert sich. Natrlich ndet sich auch hier die normale Beschleunigung, welche wie in (2.3) deniert ist und sich zu d( r) a=v= = r + r = r + ( r) dt (2.9)

ermittelt, wobei r = v = r eingesetzt wurde. Wie bereits vorhin lsst sie sich in eine Tangentialbeschleunigung at = r sowie eine Normalbeschleunigung an = ( r) aufsplitten. Die Tangentialbeschleunigung liegt parallel zum Bahngeschwindigkeitsvektor v und gibt seine zeitliche nderung an, whrend die Normalbeschleunigung, auch als Zentripetalbeschleunigung bezeichnet, im rechten Winkel auf diesen in Richtung zur Drehachse sieht und die Richtungsnderung von v beschreibt. Betragsmig folgt fr beide |at | = | r| = r sin() = v = R |an | = | v| = v sin(90 ) = v = 2 R

Um die doppelte Winkelgeschwindigkeit zu erreichen bentigt es der vierfachen Normalbeschleunigung, wie aus v = R und damit 2 R = v 2 /R folgt. 20

2.2. Dynamik von Massepunkten

2.2

Dynamik von Massepunkten

2.2.1

Kraft und Impuls

Haben wir bislang nur die Bewegung beschrieben, so folgen jetzt berlegungen dazu, wie es berhaupt zu Bewegung kommt. Erst Newton erkannte, dass man sich eigentlich keine Gedanken darber machen sollte, warum ein Krper ruht oder sich gleichfrmig bewegt, sondern nur, warum sich seine Bewegung ndert.Satz 2.1

Wird auf einen Krper keinerlei Kraft ausgewirkt, so bewegt sich dieser geradlinig gleichfrmig oder bleibt in Ruhe. Um von einer Bewegung sprechen zu knnen muss man sich auf ein Bezugssystem beziehen knnen. Ein deratiges Bezugssystem, in welchem der Trgheitssatz Gltigkeit besitzt, wird als Intertialsystem3 bezeichnet.Satz 2.2

Trgheitssatz

Impulsnderungen werden durch eine Kraft hervorgerufen:F =

Impulssatz

dp dtImpulses

(2.10)p dar, welcher selbst deniert

Die Kraft stellt also die zeitliche nderung des ist alsp = mv

(2.11)

Die darin enthaltene Masse ist nicht das Gewicht, mit dem ein Objekt von der Erde angezogen wird, sondern die trge Masse, mit der sich das Objekt gegen die nderung seines Bewegungszustands zur Wehr setzt. In vielen berlegungen wird der Massepunkt eine konstante Masse aufweisen, was auf das bekannte KraftgesetzF =

dv dp dmv = =m = ma dt dt dt

(2.12)

fhrt und damit die Kraft in direkte Beziehung zur Beschleunigung stellt. Jegliche Beschleunigung wird also durch eine Kraft verursacht. In vielen anderen Situationen wie bei einem Raketenstart und in der relativistischen Physik hingegen ndert sich die Masse m = m(t) durchaus mit der Zeit.

3 vom

lat. inertia fr

Trgheit21

2. Mechanik

Konstante Reitermasse Gewicht = Kraft t (s) Proportionalitt a : t 1 5.93 35.7 2 4.15 34.9 3.32 33.0 3 2.87 33.1 4Tabelle 2.1:

Konstante Beschleunigung Reitermasse t (s) a (ms 2) 1 1.90 0.28 2 2.45 0.34 3 2.86 0.36

Restultate des Experiments zur berprfung von F = ma.

2.2.2

Konstante Krfte

Die Annahme einer konstanten Kraft F = F0 fhrt mit (2.10) auf die Bewegungsgleichungr(t) = a0 dt2 = 1 m F0 dt2 = F0 t + v0 m

dt =

F0 2 t + v0 t + r 0 2m

der gleichfrmig geradlinigen Bewegung (2.5) fhrt, wobei v0 = v(t = 0) und r0 = r(t = 0) deniert sein sollen wie bisher. Ein Reiter gleitet entlang des Airtrack, wobei es von einem ber eine Rolle nach unten fallendem Gewicht angezogen wird. Dieses Gewicht reprsentiert die konstante Kraft. Vier Lichtschranken nden sich in quadratisch wachsenden Distanzen entlang der Strecke. Ein Reiter mit Masse m1 bentigt fr die Distanz zwischen den ersten beiden Schranken 1.18 und fr jene zwischen den anderen beiden 1.20 Sekunden. Bei gleichem Gewicht bentigt ein anderer Reiter mit der Masse m2 = 2m1 fr die Entfernung zwischen den beiden Lichtschranken 0.90 bzw. 0.91 Sekunden. Beide Reiter erfahren also die gleiche Beschleunigung.Experiment 4 Experiment 5 Nun soll (2.10) auf die Probe gestellt werden. Hierfr mge die gleiche Versuchsanordnung wie eben zuvor vorliegen, nur dass die Lichtschranken nun in quidistanten Abstnden positioniert sein sollen. Fr den ersten Versuch wies der Reiter eine konstante Masse von drei Einheiten auf und das angehngte Gewicht, also die anziehende Kraft, wurde erhht (mit Einheiten 2 Newton), im zweiten Fall bliebt das Gewicht mit vier Einheiten konstant und die Masse des Reiters wurde erhht. Das Ergebnis, welches sich in Tabelle 2.1 ndet, zeigt im ersten Fall sehr schn, dass Kraft und Beschleunigung proportional sind, und im zweiten Durchgang, dass schwerere Massen langsamer beschleunigen.

Es zeigt sich, dass man zwei Arten von Masse unterscheiden muss. Zum einen ndet sich die trge Masse, welche sich fr die Trgheit des Krpers verantwortlich zeichnet. Vllig unabhngig von einem Gravitationszentrum in der Umgebung steigt die Trgheits des Krpers wenn seine trge Masse zunimmt. Hingegen ist die schwere Masse, besser bekannt als das Gewicht jene Kraft, mit der ein Objekt von einem Gravitationszentrum, beispielsweise der Erde, angezogen wird.Experiment 6

An eine Federwaage wurden Massestcken mit 20/40/60 Gramm ge-

22

2.2. Dynamik von Massepunkten hngt und zeigten eine Kraftwirkung, also ein Gewicht, von 2/4/6 Newton an. Die beiden Massebegrie werden zumindest auf der Erde und im Alltag quivalent zueinander gehandhabt, auch wenn dies genau genommen falsch ist.

2.2.3

Actio est Reactio

Das Prinzip einer Gegenkraft ist in der Statik von groer Bedeutung. Die Konstruktionen mssen aufkommende Krfte kompensieren knnen ohne zusammenzubrechen.Satz 2.3

Eine Kraft F12 erzeugt stets eine gleich groe, in die entgegengesetzte Richtung zurckwirkende Gegenkraft F21 mit derselben Wirkungslinie. Zwischen zwei Reitern des Airtracks ist eine Feder eingeklemmt, die Reiter selbst werden durch eine Schnur zusammengehalten. Mge die Mitte der beiden Reiter als Nullpunkt deniert werden, so bewegt sich nach dem Durchbrennen der Schnur durch den Druck der Feder einer der Reiter mit der Geschwindigkeit v und der andere mit der Geschwindigkeit v voneinander weg.Experiment 7

Wechselwirkungsgesetz

2.2.4

Impulserhaltung

Die Impulserhaltung folgt direkt aus aus dem zweiten Newton'schen Axiom (2.10). Verschwinden jegliche ueren Krfte, so folgt aus F = p kurzerhand p = const, sodass sich der Impuls als Erhaltungsgre herausgestellt hat, wie es brigens analog fr den Drehimpuls gibt.Experiment 8 Wie bereits zuvor mgen zwei Reiter, wobei m2 = 2m1 vorausgesetzt werden soll, mit einer Schnur zusammengehalten werden, whrend sich zwischen ihnen eine gestauchte Feder ndet. Der leichte Wagen bewegte sich nach der Geschwindigkeit mit v1 = 0.43 und der schwerere Wagen mit v2 = 0.91 Einheiten voneinander weg, sodass sich die beiden Impulse p1 = 0.86 und p2 = 0.91 ergeben. Unter Vernachlssigung aller mglichen Randeekte lsst sich doch p1 + p2 0 erkennen.

Als zweites betrachten wir einen eindimensionalen Stoprozess, wobei der einfallende Reiter mit v1 den zu Beginn ruhenden Target-Reiter v2 = 0 treen mge. Die ersten beiden Male handelte es sich um einen elastischen Sto, whrend die restlichen Male ein unelastischer Sto vorlag, bei dem beiden Reiter aneinander kleben bllieben. Die gesammelte Daten des Experiments lassen sich in Tabelle 2.2 nachlesen. Allein die Impulserhaltung sagt also direkt etwas ber das Verhalten des Systems aus.Experiment 9

23

2. Mechanik

2.2.5

Drehimpuls und DrehmomentDrehmoment

Der Drehimpuls L und das

N sind deniert als N =rF

L=rp

und

(2.13)

Es wurde bereits angedeutet, dass der Drehimpuls eine Erhaltungsgre ist. Betrachten wir einmal seine zeitliche Ableitung dL =rp+rp=rF =N dt Die Relation L = N ist praktisch analog zu p = F . Verschwindet also das gesamte (ue re) Drehmoment, so ist der Drehimpuls erhalten. Der erste Summand oben verschwindet brigens, weil r und p = mv parallel zueinander liegen. Innere Krfte kompensieren einander wie bei der Impulserhaltung dank des Wechselwirkungsgesetzes. Liegen Zentralkrfte, also r||F vor, so gilt stets N = r F = 0. Das gngigste Beispiel hierfr sind die Planetenbewegungen, deren Drehimpuls stets erhalten bleibt.

Betrachten wir zwei durch eine Achse verbundene Drehteller, wobei der erste noch mit zwei Fden am oberen Ende der Achse xiert ist, wie Abbildung 2.5 zeigt. Verdreht man den oberen Teller und lsst ihn dann los, so wird dieser hin und her schwingen. Doch auch der untere Teller schwingt mit der gleichen Geschwindigkeit, jedoch in die entgegengesetzte Richtung, sodass der Gesamtdrehimpuls verschwindet.Experiment 10

Diesmal sollen zwei Teller an einem schwenkbaren Gestell wie ebenfalls in Abbildung 2.5 gezeigt befestigt sein. Werden beide Teller in die gleiche Richtung aufgezogen, dann dreht sich das gesamte System zum Ausgleich in die entgegengesetzte Richtung, werden die beiden Teller allerdings entgegengesetzt aufgezogen, so bleibt das Gesamtsystem in Ruhe.Experiment 11Abbildung 2.5:

Skizze des Aufbaus beider Drehtellerexperimente

Eines der bekanntesten Experimente zur Drehimpulserhaltung neben der Eiskunstluferin ist eine auf dem Drehsessel sitzende Person mit einem Schwungrad in der Hand. Hlt man das rotierende Rad in verschiedenen Positionen, so wirkt sich der dadurch entstehende Drehimpuls auf den Sessel aus und dieser beginnt sich ebenfalls entsprechend zu drehen.Experiment 12

Massenm1

Vor dem Sto 0.97 1.37 1.11 0.96v1

Nach dem Stop

1 2 1 2

m2

1 1 1 1

0.97 1.11 1.11 1.92

p1

v2

0 0 0 0

p2

0 0 0 0

0.97 1.11 1.11 1.92

0.44 0.44 0.52 0.63

v1

0.88 0.88 0.52 1.26

p1

0.95 1.75 0.52 0.63

v2

0.93 1.75 0.52 0.63

p2

p

0.93 2.63 1.04 1.89

Tabelle 2.2:

Die Resultate des Experiments zur Impulserhaltung, Zeitangaben in Sekunden

24

2.2. Dynamik von Massepunkten2.2.6

Massenmittelpunktsbewegungserhaltung

Betrachtet man ein unfrmiges Objekt als Punktmasse, so muss man sich berlegen, an welcher Position des Objekts der reprsentierende Punkt liegen soll. Es zeigt sich, dass es fr jedes Objekt der Gesamtmasse M einen solchen Massenmittelpunkt1 R= Mn

mi rii=1

(2.14)

gibt, fr welchen sich das Objekt bei Bewegungen so verhlt als beherberge er wie gefordert seine Gesamtmasse in sich. Er wird auch als Schwerpunkt bezeichnet. Im Falle zweier Punktmassen mit m1 = m2 = m, die zusammen als ein Objekt angesehen werden, liegt R = (mr1 + mr2 )/(m + m) = 1 (r1 + r2 ) wie erwartet genau zwischen den Punkten. 2 Bei der zeitlichen Ableitung von (2.14) zeigt sich, dass die Positionsndrung des Schwerpunkts unter der Annahme konstanter Massen lediglich von der Summe der Einzelimpulse abhngig ist: d P = MR = dtn

mi R =i=1

d dt

n

n

n

m i ri =i=1 i=1

mi ri =i=1

pi

Eine weitere Zeitableitung fhrt schnell auf d dP = MR = MR = dt dtn n

pi =i=1 i=1

Fi

und damit den Massenmittelpunktsbewegungserhaltungssatz. Der Impuls des Gesamtsystems wird also nur dann verndert, wenn die gesamte uere Kraft nicht verschwindet. Die Umbenennungen R = a und n Fi = F fhren die obige Gleichung sofort in das i=1 zweite Newton'sche Axiom F = ma ber. Wirkt also eine uere Kraft auf das System, so bewegt sich der Massenmittelpunkt so, als wrde die gesamte einwirkende Kraft alleine auf an ihm angreifen, womit er die bei der Denition geforderte Eigenschaft erfllt. Drei Reiter benden sich nebeneinander auf dem Airtrack, wobei die beiden ueren durch eine Schnur verbunden sind. Zwischen allen dreien nden sich gestauchte Federn. Beim Durchbrennen der Schnur werden die beiden ueren Reiter mit den Geschwindigkeiten v1 = 1.33 bzw. v2 = 1.34 voneinander weggedrckt, whrend der mittlere quasi in Ruhe bleibt.Experiment 13

2.2.7

Arbeit und Leistung

Bewegt sich ein Massepunkt entlang einer nicht notwendigerweise geradlinigen Bahn von P1 nach P2 , so wird auf ihn stndig eine gewisse, ebenfalls nicht zwangsweise konstante Kraft F einwirken. Man deniert alsArbeit

= Weg Kraftkomponente in Wegrichtung

(2.15) 25

2. Mechanik

So wrde beispielsweise an einer einen geraden Tisch entlang rollenden Kugel keinerlei Arbeit verrichtet, weil die wirkende Schwerkraft normal auf die Bewegungsrichtung steht. Wre der Tisch hingegen geneigt, dann muss man Arbeit leisten, um die Geschwindigkeit der Kugel konstant zu halten also der von der Schwerkraft nun an der Kugel geleisteten Arbeit entgegenzuwirken. Zur Berechnung der Arbeit bedient man sich des Kurventintegrals. Unterteilt man den Weg in kleine Stcke ri , so wird die Arbeit entlang eines dieser Teilstcke entsprechend (2.15) gegeben sein durch Wi = Fi ri . Die zu leistende Gesamtarbeit von P1 nach P2 , gemessen in Joule, erhlt man demnach alsP2 P2 P2

W =P1

Wi =P1

F ri P1

F dr

[W ] = [Nm] = [J]

(2.16)

Neben der Arbeit selbst ist oftmals die nderung der geleisteten Arbeit von Interesse, was auf die Denition der Leistung d dW = P = dt dtP2

P1

d F dr = dt

P2

P1

d dr dt = F dt dt

P2

F v dt = F vP1

[P ] =

J s

(2.17)

fhrt, wobei der Erweiterung im mittleren Ausdruck r = r(t) zugrunde liegt.2.2.8

Der senkrechte Wurf

Wir wollen bei unseren berlegungen die nderung der Schwerkraft whrend des Wurfes vernachlssigen. Des weiteren soll die z -Achse des Koordinatensystems direkt in der Wurfrichtung liegen und der Ursprung mit dem Abwurfpunkt P0 des Objekts bereinstimmen, was auf v0 = (0, 0, v0 ) und F = (0, 0, F0 ) fhrt. Dank dieser einfachen Geometrie reicht es aus, die z -Koordinate des Systems zu betrachten, sodass hier keine vektorielle Schreibweise erforderlich ist. Mithilfe der Relation (2.5) folgt daher schnell v = v0 F0 t und m F0 r = v0 t 2m t2 als Bewegungsgleichung. Zu Beginn bendet der Krper bei r = 0, weist allerdings im Abwurfzeitpunkt t = 0 bereits die Geschwindigkeit v = v0 auf. Sobald das Objekt den Umkehrpunkt oder Scheitelpunkt PS bei r = rS erreicht, wird v = 0 gelten. Weil das System weiterhin der Bewegungsgleichung v = F0 t gengen muss, erhalten wir fr die Flugzeit von P0 nach PS m die Relation tS = mv0 /F0 und somit fr die erreichte HheH = r(tS ) = v0 tS 2 2 2 F0 2 mv0 F0 m2 v0 mv0 tS = = 2 2m F0 2m F0 2F0

Die whrend des Fluges nach oben von der Schwerkraft am Objekt geleitete Arbeit berechnet sich ber (2.16) zuPS PS

W0S =P0

F0 dr = F0P0

dr = F0 (rS r0 ) = F0 H = F0

2 mv0 mv 2 = 0 2F0 2

26

2.2. Dynamik von Massepunkten Das negative Vorzeichen zeigt, dass hier Arbeit vom System abgefhrt wurde. Whrend fr die Leistung (2.17) des Objekts zu Beginn P (0) = F0 v0 gilt, so liegt am ScheitelpunktP (tS ) = F0 v(tS ) = F0 v(mv0 /F0 ) = F0 v0 +2 F0 mv0 = F0 v0 + F0 v0 = 0 m F0

vor. Dies macht Sinn, denn hier bewegt sich das Objekt auch nicht und kann daher keine Leistung vollbringen. Am Scheitelpunkt angekommen ist nun die Energie, um sich der Schwerkraft zu widersetzen verbraucht und die Gravitation gewinnt berhand der Krper fllt nun wieder herunter. Analog zu vorhin wird hier die ArbeitP0 P0

WS0 =PS

F0 dr = F0PS

dr = F0 (r0 rS ) = (F0 )(H) = F0

2 2 mv0 mv0 = 2F0 2

diesmal aber am System geleistet. Zusammen genommen folgt aus W = W0S + WS0 = 0 also sofort, dass whrend des gesamten Vorgangs weder Arbeit verloren gegangen ist noch gewonnen wurde. Hat das Objekt die Endposition nach tE = 2tS mit v = v0 wieder erreicht, so folgt fr die LeistungP (tE ) = P (2mv0 /F0 ) = F0 v0 + F0 2mv0 = F0 v0 + 2F0 v0 = P (0) = F0 v0 m F0

wie erwartet hat der Krper doch nun die volle Geschwindigkeit in die andere Richtung wieder erreicht.2.2.9

Die kinetische Energie

berlegen wir uns nun einmal, wie viel Arbeit wir aufwenden mssen, um einen Krper von der Ruhelage aus auf eine bestimmte Geschwindigkeit v zu beschleunigen. Ausgehend von der Deniton der Arbeit (2.16) erhalten wir nun, wenn der Krper zu Beginn bei P0 mit v = 0 liegt und am Ende bei PE die Geschwindigkeit v = vE aufweistPE PE PE

W =P0

F dr =P0 tE

ma dr = mP0 tE

dv dr = m dt2 vE

tE

t0

dv dr dt = m dt dt

tE

vt0

dv dt dt (2.18)

= mt0

m 1 dv 2 dt = 2 dt 2

t0

dv 2 m dt = dt 2

d v2 =0

2 mvE = Ekin = T 2

Beim Zeilenwechsel haben wir uns dv 2 /dt = dvv/dt = vv + v v = 2v v zunutze gemacht. Unter der kinetischen Energie versteht man nun genau jene Arbeit (2.18), welche notwendig ist, um einen Krper von v0 auf v zu beschleunigen. Die Arbeit, die entlang eines Weges von P1 nach P2 an einem Objekt verrichtet wird, lsst sich also in der FormP22 v2

W =P1

m F dr = 22 v1

d v2 =

2 2 mv2 mv1 = T2 T1 2 2

(2.19) 27

2. Mechanik

anschreiben. Wenden wir dieses Resultat auf den senkrechten Wurf aus dem vorigen Kapitel an, so weist das Objekt am Anfangs- und Endpunkt die kinetische Energie 2 T0 = TE = 1 mv0 auf, sodass die verrichtete Arbeit whrend des gesamten Weges von 2 T0 nach TE und zurck nach T0 entsprechend W = T2 T1 = 0 verschwindet wie wir bereits damals gesehen haben.2.2.10

Konservative Krfte

Liegt eine geschlossene Bahnkurve mit P0 = PE vor und wird beim Verschub eines Objekts entlang dieser Bahnkurve keinerlei Arbeit verrichtet, so spricht man von einer konservativen Kraft. Ein Beispiel stellt der vorhin besprochene senkrechte Wurf dar, ein weiteres wre die Planetenbewegung. Weil sie sich auf geschlossenen Bahnen bewegen, verbrauchen sie keinerlei Arbeit. Allerdings ist die physikalische Arbeit nicht zwangsweise der verbrauchten Energie gleichzusetzen. Das Umrhren eines Gefes, welches mit Wasser gefllt ist, verbraucht weniger Energie als das Rhren in einem Honigtopf, jedoch ist in beiden Fllen physikalisch keine Arbeit verrichtet worden. Bewirkt eine Kraft den Verschub eines Krpers von A nach B , dann wird eine gewisse Arbeit W verrichtet. Es zeigt sich jedoch, dass es im Falle einer konservativen Kraft keinerlei Rolle spielt, welchen Weg man zwischen den beiden Punkten whlt. Ob direkt oder mit unzhligen Umwegen hngt der Betrag der verrichteten (oder erhaltenen) Arbeit alleine von den beiden Endpunkten ab. Man bezeichnet diese Eigenschaft als Webunabhngigkeit der Kraft. Mathematisch ist dies mit dem Verschwinden ihres Kurvenintegrals F dr = 0 gleichbedeutend, wenn Start- und Endpunkt zusammenfallen. Ein Reiter ist ber eine Schnur und eine Rolle mit einem Gewichtsstcken verbunden, welches lediglich eine bestimmte Hhe h fallen kann. Des weiteren sei s jene Strecke am Airtrack, entlang welcher der Reiter noch durch das fallende Gewicht beschleunigt wird, danach luft er mit unvernderter Geschwindigkeit v weiter. Bei diesem Vorgang ist dem System eine bestimmte Arbeitsmenge zugefhrt worden. Bei einer Gewichtseinheit weist der Reiter eine Endgeschwindigkeit von v = 0.66 auf, bei vier Gewichtseinheiten ist es v = 1.41 Geschwindigkeitseinheiten schnell. Die vierfache geleistete Arbeit verdoppelt also lediglich die Geschwindigkeit dies hngt mit (2.18) zusammen (unter Vernachlssigung von Luftreibung etc.).Experiment 14

2.2.11

Die potentielle Energie

berlegen wir uns einmal, welche Mglichkeit fr eine konservative Kraft besteht, Arbeit zu leisten. Wie in Abbildung 2.6 gezeigt mge ein konservatives Kraftfeld vorliegen, in dem einen festen Bezugspunkt P0 willkrlich whlen. Nun verschieben wir einen Massepunkt durch das Kraftfeld von P0 nach PA langsam genug, sodass wir uns nicht um seine kinetische Energie kmmern mssen (man spricht von einer quasistatischen Zustandsnderung) und keine nennenswerten Beschleunigungen auftreten wie bei einem innitesimalen Kraftsto an einen Krper in der Schwerelosigkeit. An jedem Punkt der 28

2.2. Dynamik von Massepunkten Bahnkurve muss nach dem Wechselwirkungsprinzip zu F eine gleich groe Gegenkraft F wirksam sein, unter deren Einuss der Massepunkt verschoben wird4 . Diese Gegenkraft leistet nun entsprechend (2.16) die ArbeitPA

Epot = V = P0

F dr

(2.20)

am Objekt, wobei das Integral hier notwendig ist, weil sich die Gegenkraft im Allgemeinen stndig an die aktuelle Kraftwirkung anpassen mssen wird. Diese von der Gegenkraft verrichtete negative Arbeit wird als potentielle Energie bezglich P0 bezeichnet.Abbildung 2.6:

Kraftfeld

Verschub eines Massepunkts in einem konservativen

Das dadurch einem beliebigen Punkte P im Kraftfeld F zugeordnete Potential stellt also die Mglichkeit der Kraft dar, am System Arbeit zu verrichten. Am Bezugspunkt selbst gilt stets V (P0 ) = 0. In vielen Fllen, vor allem in Zentralkrftefeldern, wird P0 ins Unendliche verlegt (wobei Unendlich im Falle von Kernkrften auch das Ende des Atoms bedeuten kann). Bei anderen Krften erweist es sich als sinnvoller, den Bezugspunkt in den Koordinatenursprung zu legen oder tatschlich willkrlich zu whlen beispielsweise die Erdoberche fr einen fallenden Krper.2.2.12

Die mechanische Gesamtenergie

Diese Arbeit lngs eines Weges von P1 nach P2 wird mathematisch ber den Umweg ber P0 bestimmt:P2 P0 P2

W =P1

F dr =P1

F dr +P0

F dr = V1 V2

(2.21)

Das ist ja kein Problem, da es sich es sich, liegt ein Potential vor, um ein konservatives Kraftfeld handeln muss. In einem nicht konservativen Kraftfeld wre die Arbeit vom Weg abhngig. Die mechanische Gesamtenergie eines Objekt im Kraftfeld ist durchE =T +V

(2.22)

gegeben. Vergleicht man (2.19) und (2.21) miteinander, welche dieselbe Arbeit ja ergeben mssen, so folgt daraus T2 T1 = V1 V2 oder T1 + V1 = T2 + V2 und damit, dass die mechanische Gesamtenergie an jedem Punkt des Kraftfeldes erhalten ist.Experiment 15

berprfen wir diese Energieerhaltung einmal mit einem x elastischen und einmal mit einem y inelastischen Sto. In jedem Fall sollte der einfallende Reiter die doppelte Masse des Target-Reiters aufweisen. Die Resultate des Versuchs sind in Tabelle 2.3 zusammengefasst. Man erkennt auf den ersten Blick, dass es beim inelastischen Sto

4 Die Gegenkraft entspricht also der Hand, die das Objekt wegdrckt, und die Kraft ist der Widerstand, welchen das Objekt abgesehen von seiner Trgheit dieser Positionsnderung entgegenstellt

29

2. Mechanik

Stox y

Vor dem Sto 1.20 1.44 1.05 1.10v1 T1 v2

Nach dem StoE

0 0

T2

0 0

1.44 1.10

0.38 0.14 1.56 1.22 1.36 0.68 0.46 0.88 0.23 0.69

v1

T1

v2

T2

E

Tabelle 2.3:

Ergebnisse des Experiments zur Energieerhaltung.

zum Energieverlust gekommen sein muss dieser scheinbare Widerspruch klrt sich jedoch auf, wenn man sich weiters berlegt, dass bei der Verformung des Plastilins, welches die beiden Reiter nach dem Sto zusammenhlt, Arbeit verbraucht worden ist.2.2.13

Die Idee des Potentials

berlegen wir uns nun, ob wir einen Zusammenhang zwischen der potentiellen Energie und der Kraft F nden knnen. Mgen P1 am Orte r1 und P2 bei r1 + r nahe genug beieinander liegen, sodass F dazwischen als konstant angesehen werden kann um W = F r anschreiben zu drfen. Dies lsst sich allerdings als Dierential ansehen, sodass sichW = V (P1 ) V (P2 ) = V (P2 ) V (P1 ) = V V V x + y + z x y z

schreiben lsst. Analog wie f (x + x) f (x) + x f (x) dx in einer Dimension gilt, steht dies oben in drei Dimensionen angeschrieben. Dies lsst sich allerdings als Skalarprodukt des Gradienten von V mit dem Ortsvektor r auassen, was auf W = grad (V ) r = V r mit dem Skalarfeld V , welches Potential genannt wird, fhrt. Weil sich die Arbeit aber nicht ndert, so folgt aus (2.16) und weil die Strecke als Gerade approximiert werden kann F r = V r und damitF = grad (V )

(2.23)

Die Kraft stellt also den negativen Gradienten der potentiellen Energie dar sowahr die Kraft konservativ ist und damit ein Potential existiert. Wenden wir dieses Resultat nun auf den senkrechten Wurf an, wobei wir den Bezugspunkt P0 so whlen wollen, dass er dem Abwurfpunkt entspricht. Sei r = (x, y, z) sowie r0 = 0 per denitionem, dann gilt bekanntermaen F = (0, 0, F0 ). Das Potential an einem beliebigen Punkt P lsst sich nun durchP

V (P ) = P0

0 x 0 y = F0 z F dr = F (r r0 ) = F r = F0 z

ermitteln, wobei schnell V = F0 ez wie gefordert folgt. Die potentielle Energie am 1 2 2 Scheitelpunkt mit zS = mv0 /2F0 ergibt sich zu V (PS ) = 2 mv0 und jene an den Endpunk1 2 ten verschwindet. Fr die Arbeit laut (2.21) folgt auf dem Weg hinauf W0S = 0 2 mv0 = 30

2.3. Krfte und Kraftfelder1 2 2 2 1 mv0 und hinunter WS0 = 2 mv0 0 = 1 mv0 , sodass die Gesamtarbeit W0S + WS0 = 0 2 2

verschwindet. Eine kurve Energiebilanz zeigt schlielich nicht, dass sowohl am Start- und 2 Endpunkt mit E0 = EE = T0 + V0 = TE + VE = 0 + 1 mv0 = 1 mv0 sowie am Scheitelpunkt 2 2 1 1 2 2 mit ES = TS +VS = 0+ 2 mv0 = 2 mv0 die Gesamtenergie stets gleich gro ist. Die Energie selbst wurde lediglich in verschiedene Formen umgewandelt. Ein Pendel erreichte stets die Hhe, von der aus es los gelassen wurde, wobei es keine Rolle spielte, ob der Startpunkt und der Endpunkt symmetrisch um die Nulllinie lagen oder nicht (siehe Abbildung 2.7).Experiment 16Abbildung 2.7:

erreicht.

Zum Experiment, dass ein Pendel stets die Starthhe

Fassen wir also zusammen: Wir haben den Impuls, den Drehimpuls und die Bewegungs des Massenmittelpunkts als Erhaltungsgren erkannt, wobei jede von ihnen als vektorielle Gre aus drei Gleichungen (fr drei Koordinaten) besteht. Zusammen mit der skalaren Gesamtenergieerhaltung liegen also insgesamt zehn klassische Erhaltungsgren vor.Satz 2.4

Eine Erhaltungsgre ist die Folge einer Invarianzeigenschaft5 .

Noether'sches Theorem

2.3

Krfte und Kraftfelder

2.3.1

Verschiedene Krfte

Unter einem Kraftfeld versteht man ein Vektorfeld, welches jedem Punkt des Raumes die dort wirkende Kraft zuordnet. Wie schnell sich ein Kraftfeld aufbaut, ist dadurch gegeben, ob ein Fernwirkungsfeld (instantane Kraftwirkung6 ) oder ein Nahwir7 kungsfeld (retardierte Kraftwirkung ) vorliegt, wobei Fernfelder eigentlich stets Nahfelder sind, deren Ausbreitungsgeschwindigkeit vernachlssigbar ist. Spezielle Kraftfelder sind beispielsweise Zentralkrftefelder, fr die stets F ||r gilt, statische Kraftfelder, welche sich im Laufe der Zeit nicht verndern, oder homogene Kraftfelder, in denen an jedem Ort dieselbe Kraftwirkung auftritt (beispielsweise die Gravitation auf der Erdoberche). Insgesamt unterscheidet man in der Physik vier verschiedene Arten die Krfte: Die

hlt die Atomkerne zusammen. Sie weist eine uerst kurze Reichweite und hohe Intensitt auf.starke Wechselwirkung

Die schwache6 also 7 Die

zeichnet sich fr Prozesse wie den Alphazerfall verantwortlich. Auch ihre Reichweite ist uerst beschrnkt.Wechselwirkung

unendliche Ausbreitungsgeschwindigkeit Information bentigt also Zeit, sich auszubreiten

31

2. Mechanik

Die

elektromagnetische Wechselwirkung liegt jeglicher Strahlung zugrunde. Sie weist unendliche Reichweite auf. Zusammen mit der vorigen wird sie zur elektroschwachen Wechselwirkung zusammengefasst. gravitative Wechselwirkung ist die schwchste der vier Naturkrfte. Sie weist ebenfalls unendliche Reichweite auf.

Die

2.3.2

Die Gravitationsbeschleunigung

Die Gravitation stellt das Paradebeispiel eines konservativen, statischen Zentralkrftefeldes dar, welches um die Erdoberche zustzlich als homogen angesehen werden darf. Unter dem Gewicht G eines Krpers versteht man bekanntermae die Eigenschaft, von der Erde angezogen zu werden. Diese wird logischwerise proportional zur schweren Masse mS des Krpers sein, was auf G = mS g mit g als Erdbeschleunigung fhrt, welches sich als Gewicht einer Masseneinheit ansehen lsst.Experiment 17

Die Bestimmung der Proportionalittskonstante g lsst sich durch uerst ein einfaches Experiment bestimmen man wiegt einfach ein Massestck von mS = 1 kg ab. Dies ergibt ein Gewicht von 9.8 Newton, was auf 9.8 = 1g fhrt.

Wenden wir uns ein weiteres Mal dem freien Fall zu, welcher durch die Bewegungsgleichung m = G beschrieben wird. Weil nur die z -Komponente interessant ist und sowie g = r (0, 0, g) gilt, reicht es also, die Gleichung m = mS g zu betrachten. Integriert folgt z hieraus mz = 1 mS gt2 . Fr eine feste Fallhhe H erlaubt dies die Bestimmung entweder 2 der Fallzeit oder der Masse entsprechendtH = 2H m g mS

oder

mS =

2mH gt2 H

Eine Holzkugel von 10 g sowie eine Stahlkugel von 100 g sollen jeweils 4 m fallen: Beide fallen gleich schnell. Daher wird sich mS = cS m schreiben lassen, wobei cS eine universelle Konstante ist, die ber die allgemeine Relativittstheorie berechne werden kann. Geht man von der Annahme aus, dass trge und schwere Masse gleichartig sind und damit Gewicht stets an Trgheit gebunden ist, so wird cS = 1 und ms m folgen, was die Gleichung der Fallzeit auf tH = 2H/g vereinfacht und die Berechnung der Fallbeschleunigung in der Form g = 2Ht2 ermglicht. HExperiment 18

Noch einmal soll g bestimmt werden, diesmal indem wir die Fallzeit bestimmen. Insgesamt vier Versuche fhren auf die Fallzeiten tH = {0.75, 0.75, 0.83, 0.83} fr den vier Meter langen Fall fhren auf g = 2 4/0.832 = 11.6 m/s2 . Dass es eigentlich 9.81 m/s2 sein sollten zeigt den Einuss der menschlichen Komponente auf den Ausgang eines Experiments.Experiment 19

32

2.3. Krfte und Kraftfelder2.3.3

Messung von g ber die Pendelschwingung

Eine wesentlich weniger fehleranfllige Methode zur Bestimmung von g stellt die Pendelschwingung dar. Die Parameter fr die Beschreibung der Pendelschwingung nden sich in Abbildung 2.8 aufgezeichnet. Dort wird G in eine Normal- und eine Tangentialkomponente aufgespalten. Der Faden soll die Lnge und der Massepunkt die Masse m aufweisen. Der Weg des Pendels ist durch s = gegeben, die Tangentialkomponente von G lsst sich bei kleinen Winkeln als Gt = mS g sin() ms g approximieren. Somit erhlt man (2.24) m = m = Gt = ms g s als Bewegungsgleichung fr die Pendelschwingung. Abgesehen von = (t) sind alle Gren in dieser Gleichung konstant.Abbildung 2.8:

schen Pendels

Skizze zur Beschreibung der Parameter des mathemati-

Zur Lsung einer solchen Dierentialgleichung bedient man sich eines periodischen Lsungsansatzes, beispielsweise8 (t) = A sin(t). Die zweimalige Ableitung dieses Ansatzes fhrt auf (t) = A 2 sin(t), was eingesetzt in (2.24) gekrzt m 2 = ms g und damit = g/ ergibt. Fr eine volle Schwingungsperiode T wird aufgrund des Sinus wohl T = 2 gelten mssen, was uns die Bestimmung vonT = 2

g

oder

4 2 m 4 2 mS = g= 2 gT 2 T

(2.25)

erlaubt. Beide sind, wie man doch nicht von vorne herein erwartet, absolut zeitunabhngig. Der doppelseitige Folgepfeil setzt natrlich m mS voraus wie es auch im Falle der linken Formel bereits angenommen wurde.Experiment 20

Drei verschiedene Pendel mit 200, 50 und 450 Gramm Masse sowie gleicher Fadenlnge schwingen gleich schnell.

Setzen wir die obigen Beziehungen nun praktisch um und verwenden wir die Pendelschwingung fr die Bestimmung von g . Hierfr lassen wir das Pendel mit = 0.636 m 20 Mal schwingen, was 20T = 31.63 s oder T = 1.58 s in Anspruch nahm. Eingesetzt in (2.25) ergibt dies g = 10.04, womit unsere Messung einen Fehler von etwa 2.2% aufweist.Experiment 21

Das quivalenzprinzip m mS von trger und schwerer Masse erlaubt es uns, die Bestimmungsgleichung m = mS g fr Bewegungen an der Erdoberche vereinfacht als r = g r anzuschreiben.8 Im

Allgemeinen wird der Ansatz f (x) = eix + eix lauten.

33

2. Mechanik

2.3.4

berlegungen zur Mondbahn

Die Kraft, mit welcher jeder Krper in Nhe der Erde von dieser angezogen wird, ist durch F = mg beschreibbar. berlegen wir uns anhand dieses Gesetzes einmal die Mondbahn. Hierbei seien der Erdradius r = 6 370 103 kg, der Radius r = 60r der Mondbahn, die Dauer T = 27.3 d des siderischen Monats sowie die Erdfallbeschleunigung g = 10 m/s2 als bekannt vorausgesetzt. berlegen wir uns nun, die gro die wirkende Zentripetalbeschleunigung in der Umgebung des Mondes sein muss, wenn und r bekannt sind, damit der Mond auf seiner Bahn bleibt. Aus (2.9) bzw. dem daraus folgenden Betrag fr die Normalbeschleunigung folgtg = 2 r = 4 60 2 r 4 60 6 370 103 2 4 2 m r = = = 2.71 103 2 2 2 2 86 4002 T T 27.3 s

Damit ist die Erdbeschleunigung in der Mondnhe also bereits 3 600 Mal als an der Erdoberche. Weil die Gravitationskraft mit dem Quadrat des Abstand abnimmt und die Anziehung beider massiver Krper proportional zu beiden Massen sein wird, folgt empirisch daraus das Newton'sche GravitationsgesetzF =G m1 m2 r2

(2.26)

mit der Proportionalittskonstanten G = 6.67 1011 m2 kg1 s2 . Um ein Beispiel zu geben: Liegen m1 = m2 = 100 000 kg in r = 1 m Abstand vor, dann ziehen sich beide Krper mit einer Kraftwirkung von einem Newton an. Im Allgemeinen werden wir es mit einer groen Masse M und einer kleinen Masse m M zu tun bekommen, wobei wir davon ausgehen, dass m von M angezogen wird. Somit knnen wir m als im Gravitationskraftfeld von M liegend ansehen, wobei das Gravitationsgesetz (2.26) die vektorielle Form F = GmM r/r3 annimmt. Aus (2.23) folgt V = GmM/r fr das Gravitationspotential9 . Die graphische Interpretation dieses Potentials wird von Abbildung 2.9 veranschaulicht.Abbildung 2.9:

Typisches Gravitationspotential

2.3.5

Das Zweikrperproblem

Um uns nach dem Vorberlegungen nun denitiv mit einem Zweikrperproblem zu beschftigen mgen die beiden Massen m1 und m2 vorliegen sowie alle eventuell von auen wirkenden Krfte vernachlssigt werden. Dies fhrt auf die Bewegungsgleichungen F21 = m1 a1 sowie F12 = m2 a2 , welche unter Anwendung des Wechselwirkungsprinzips9 Hierbei

bersprangen wir die Nebenrechnung grad1 r = grad 1 x2 + y2 + z2 = r r3

34

2.3. Krfte und KraftfelderF12 = F21 voneinander subtrahiert m1 a1 m2 a2 = F12 ergeben. Sei v12 die Relativgeschwindigkeit beider Krper zueinander, so lsst sich diese Gleichung mithilfe der reduzierten Masse in der Form v 12 = F12

wobei

=

m1 m2 m1 + m2

(2.27)

anschreiben, sodass die Chance besteht, dass sich ihre gemeinsame Gleichung (2.27) immer wieder einmal analytisch lsen lsst. Beim Dreikrperproblem ist dies bei weitem nicht mehr so einfach, geschweige denn nden sich in der Regel analytische Lsungen. Streifen wir nun mithilfe dieser berlegungen kurz die Planetenbahnen. Unter der Annahme keiner extrasolaren Wechselwirkungen gilt N = 0, woraus L = const folgt. Aus L = r p erkennt man sofort L r, was bedeutet, dass die Bewegung der Planeten stets in einer raumfesten Ebene stattndet. Betrachtet man Abbildung 2.10, so lsst sich die kleine Seite des Dreiechs ber r = v t ausdrcken, sodass man seine Flche A mithilfe der vektorielle Flchenformel als 2 A = | r v t| anschreiben kann. AusA = 1 t t t t | r v t| = | r v| = | r mv| = | r p| = L 2 2 2m 2m 2m

folgt nun wegen L = const direkt das zweite Kepler'sche Gesetz: Der Leitstrahl eines Planets berstreicht in gleichen Zeiten gleiche Flchen.Abbildung 2.10:

berlegungen zur Planetenbahn

Die anderen beiden Kepler'schen Gesetze erhlt man mithilfe des Newton'schen Gravitationsgesetzes. Sie besagen, dass zum einen die Planetenbahnen Ellipsen mit der Sonne in 2 2 einem Brennpunkt sind und stellen die Beziehung T1 a3 = T2 a2 zwischen der Umlaufzeit 2 3 und der groen Bahnhalbachse her.2.3.6

Molekulare Wechselwirkungen

Abbildung 2.11 zeigt das empirisch gefundene Lennard-Jones-Potential fr die Wechselwirkung zweier Molekle im Abstand r voneinander. Benden sich die Molekle in der Ruhelage r0 so muss sowohl fr das Zusammendrcken als auch das Auseinanderziehen Energie aufgebracht werden.Abbildung 2.11:

Lennard-Jones-Potential

Das Potential um die Ruhelage lsst sich unter der Annahme lediglich geringer Abstandsnderungen ber eine parabolische Nherung V (r) = a0 + a1 r2 approximieren, wobei der Nullpunkt der Parabel im der Ruhelage liegen soll. Die vom Potential ableitbare Kraftwirkung ist demnach durch den eindimensionalen Gradienten F = x V = 2a1 r = kr von V gegeben, worin k als Rckstellkonstante bezeichnet wird. Je weiter sich das 35

2. Mechanik

Molekl aus der Ruhelage entfernt, desto strker wird es wieder in diese zurckgezogen. Dies stellt das Prinzip des harmonischen Oszillators dar. Hngt man eine Masse an eine Federwaage, so wird die Feder bei steigender Masse immer strker gedehnt. Die Kraftwirkung kann damit als proportional zur Auslenkung angesehen werden. Die Rckstellkraft ist darin jene Kraft, welche die Feder aufwendet, um wieder in ihren Original(ruhe)zustand zurckzukehren. Lsst man die Masse auerhalb der Ruhelage los, so schwingt sie um diese hin und her.Experiment 22

ber das zweite Newton'sche Axiom ist die Bewegungsgleichung des harmonischen Oszillators durch m = ma = F = kx gegeben. Diesmal entscheiden wir uns fr den x komplexen Lsungsansatz x(t) = Aeit , was auf x(t) = A 2 eit fhrt. Eingesetzt in die Bewegungsgleichung erhalten wir bleibt nach dem Krzen 2 m = k oder = k/m fr die Kreisfrequenz des harmonischen Oszillators stehen, was auf die Schwingungsdauer 1 von T = 2 m/k bzw. die Frequenz f = 1/T = 2 k/m fhrt. Eine Kugel in einer Schalenform schwingt um den niedrigsten Punkt der Schale als Ruhelage hin und her. Die rcktreibende Kraft wird hier durch die Schwerkraft verkrpert.Experiment 23

2.4

Bewegte Bezugssysteme

Bislang hatten wir es stets mit wirklichen bzw. ausgeprgten Krften beschftigt. Neben diesen nden sich mit den Trgheitskrften noch jene Krfte, die nur in bestimmten Bezugssystemen auftreten. Es zeigt sich jedoch, dass die Wahl des Bezugssystems bedeutend fr die Beschreibung eines Problems sind. So lsst sich beispielsweise die Planetenbewegung einerseits beschreiben, indem wir die Erde als als Bezugssystem whlen und ins Zentrum des Systems setzen, wie es im geozentrischen Weltbild auch der Fall war, oder indem wir das Bezugssystem in wie beim heliozentrischen Weltbild die Sonne verschieben, was die Beschreibung wesentlich erleichtert. Mchte man hingegen Bewegungen auf der Erde beschreiben, so ist wiederum die Verwendung eines erdbezogenen Systems naheliegend, denn wrde man dann die Sonne als Referenzpunkt whlen, so msste die Bewegung der Erde um das Zentralgestirn fr die Beschreibung ebenfalls bercksichtigt werden. Allerdings sind geographische Lngen und Breiten kein Inertialsystem. Dies ist ein Beispiel fr die oben genannten Trgheitskrfte: Wei man nicht, dass sich die Erde dreht, so zielt man etwa mit einer Kanonenkugel auf ein Ziel, berechnet die Flugbahn korrekt und trit dennoch nicht. Fr den Beobachter erscheint es, als wrde eine weitere Kraft auftreten und die Flugbahn der Kugel beeinussen, jedoch dreht sich schlichtweg die Erde unter der Kugel weiter. Wir werden in diesem Kapitel stets mit kartesischen Koordinaten arbeiten und stets zwei Systeme betrachten. Das System S mit dem Ursprung O und den Basisvektoren {ex , ey , ez } 36

2.4. Bewegte Bezugssysteme soll als ruhend angenommen werden10 . Daneben soll sich das bewegte System S mit dem Ursprung O und den Basisvektoren e , e , e nden. Was zu Beginn oft verwirrend x y z ist, ist die Frage, ob ein Wert w jetzt bezogen auf S oder S ist bzw. in welchem der Systeme dieser Wert gemessen wurde. Sei hiermit vereinbart, dass jeder mit einem Stern versehene Wert stets als gemessen im gesternten System anzusehen ist, auch wenn er in einer Beschreibung des ungesternten Systems auftritt.Abbildung 2.12:

S und S

Ein Ereignis betrachtet aus den beiden Bezugssystemen

Ein Ereignis P kann sowohl in Bezugs auf S als auch in Bezug auf S beschrieben werden, wobei die jeweiligen Parameter wie Ort, Geschwindigkeit oder verschiedene Beschleunigungen11 im anderen System auch andere Werte annehmen werden (siehe Abbildung 2.12). Insgesamt kann S zwei Bewegungen gegenber S ausfhren: eine Translationsbewegung sowie eine Rotation.2.4.1

Gleichfrmig bewegtes Bezugssystem

Wir wollen oBdA davon ausgehen, dass die Achsen von S und S zum Startzeitpunkt t = 0 zusammenfallen und S mit der Geschwindigkeit u = (u, 0, 0) in x-Richtung relativ zu S unterwegs sein soll, womit sich S natrlich mit u = (u , 0, 0) = u relativ zu S bewegt. Demnach wird die Position des Ursprung von S in S beschrieben durch O = ut. Mchte man nun ein Ereignis am Orte r mithilfe r beschreiben12 , so ist der Zusammenhang der Zeit- und Ortskoordinaten beider Systeme von der Galileitransformationr = r ut

und

t = t

(2.28)

gegeben. Whrend fr die Raumkoordinate also die jeweilige Position des Ursprungs bercksichtigt werden muss, bleibt die Zeitkoordinate unverndert, denn zur Zeit von Galilei war man noch vom Konzept der absoluten Zeit berzeugt. Es mge nun von S und S aus ein bewegter Massepunkt beobachtet werden, so wie man beispielsweise ein Auto vom Gehsteig oder von einem fahrenden Bus aus beobachten kann eine Geschwindigkeitsmessung wird in beiden Fllen natrlich auf eine andere Relativgeschwindigkeit fhren. Nun ist die Geschwindigkeit aber allgemein deniert als die zeitliche nderung des jeweiligen Ortsvektors, sodass die Ableitung von (2.28) auf dr dr d(r ut) und v = = =vu (2.29) dt dt dt fhrt. Falls der Massepunkt relativ zu S ruht, so weist er in S also immer noch genau die Geschwindigkeit v = v + u = 0 + u = u auf, mit der sich S selbst relativ zu Sv=Relativittstheorie zeigt, dass man bei zwei Intertialsystemen nicht unterscheiden kann, welches sich bewegt und welches ruht lediglich die Relativbewegung ist wahrnehmbar. 11 und auch Zeitpunkt, wie man in der Relativittstheorie sehen wird 12 erinnere dich an die Notation, dass jeder gesternte Wert als aus dem gesternten System beobachtet angesehen wird. Hier soll also der Punkt P , welcher in S am Orte r liegt, durch seinen Ortsvektor r beschrieben werden, wie ein Beobachter in S ihn angeben wrde.10 Die

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2. Mechanik

bewegt. Ist der Massepunkt beschleunigt, so folgt aus der Denition der Beschleunigung als zweifache Zeitableitung des jeweiligen Ortsvektors d2 r d2 r dv d(v u) dv = = =a (2.30) und a = = dt2 dt2 dt dt dt Die physikalischen Gesetzmigkeiten wie das Auftreten von Krften weisen also in beiden Systemen diesselbe Beschreibung auf. Ist eines von beiden bereits ein Intertialsystem, dann auch das zweite. Das dies auch anders mglich ist, zeigt das nchste Kapitel.a=2.4.2

Gleichfrmig beschleunigtes Bezugssystem

Nun mge das System S gegenber S gleichfrmig beschleunigt sein, wobei zum Zeitpunkt t = 0 die beiden Ursprnge wiederum zusammenfallen sollen. Aus (2.5) folgt, dass O die Koordinaten R = 1 at2 + ut aufweist, wenn S zustzlich zur Beschleunigung be2 reits die Geschwindigkeit u besitzt. Fr den Ort und die Zeit eines beliebigen Ereignisses P gelten somit aufgrund der gleichen berlegungen wie letztes mal die Transformationsgleichungen 1 und t = t (2.31) r = r ut 2 at2 Beobachten wir einen Massepunkt aus dem System S , welcher dort die Geschwindigkeit v besitzt, so wird in S die Geschwindigkeit dr d(r ut 1 at2 ) 2 = = v u at (2.32) dt dt gemessen. Ruht der Massepunkt in einem der Systeme, so erhlt ein Beobachter aus dem anderen System trotzdem also den Eindruck, dass er beschleunigt werden wrde dies ist bereits ein Beispiel fr eine bezugssystemabhngige Trgheitskraft. Diese muss bei der Beschreibung der physikalischen Vorgnge unbedingt bercksichtigt werden. Ist der Massepunkt zustzlich mit a noch beschleunigt, so ermittelt sich diese zuv = a =1 d2 r d2 (r ut 2 at2 ) d(v u at) = = =aa dt2 dt2 dt

(2.33)

Unter der Annahme a = 0, dass also keinerlei wirkliche (eingeprgte) Krfte auf den Massepunkt wirken sollen, mge der Massepunkt nun in S ruhen, sodass er in S als mit a beschleunigt erscheint. Ein Beobachter dort macht hierfr die Kraftwirkung FT = ma verantwortlich. Genau hier liegt der prinzipielle Unterschied zwischen Trgheitskrften und eingeprgten Krften. Erster lassen sich beim Wechsel auf ein Inertialsystem restlos beseitigen (hier wre S dieses Inertialsystem), weshalb ihnen auch der Name Scheinkrfte anhaftet. Wirkliche Krfte hingegen treten in jedem Bezugssystem auf. Nun soll der Massepunkt mit dem System S mitbeschleunigt sein, was auf a = 0 fhrt. Ein Beobachter in S , in welchem der Massepunkt nun ruht, beobachtet keinerlei Gesamtkraft mehr. Dennoch ist die fr die Beschleunigung erforderliche Kraft F = ma diesmal eine eingeprgte Kraft, denn wir haben S als Inertialsystem angesehen (und darin existieren keine Scheinkrfte), whrend S , in dem beim Wechsel die Kraft zwar verschwindet, 38

2.4. Bewegte Bezugssysteme jedoch kein Inertialsystem ist. Weil der Massepunkt mit der Kraft F mit S mitgefhrt wird, bezeichnet man wirkliche Krfte auch als Fhrungskrfte. Diese heben oftmals Trgheitskrfte auf, wie ein einfaches Beispiel eines Kaebechers in einem anfahrenden Zug zeigt: Die Trgheit des Bechers wirkt zwar der Beschleunigung entgegen, doch diese Kraft wird von der Reibung am Tisch aufgehoben der Becher bleibt also an seinem Platz stehen.2.4.3

Rotierende Bezugssysteme

Bislang sind wir stets davon ausgegangen, dass die Achsen der beiden verwendeten Koordinatensysteme in die gleichen Richtungen gezeigt haben. Dieser Luxus wird uns von rotierenden Koordinatensystemen natrlich nicht mehr gewhrt. Der Einfachheit halber wollen wir uns aber auf Systeme beschrnken, deren Ursprnge bereinander liegen und auch liegen bleiben. Somit weisen die Systeme zwar stets dieselben Ortsvektoren zu einem Ereignis P auf, jedoch werden die Komponenten dieser unterschiedlich ausfallen. Bei der Beschreibung der Bewegung eines Massepunktes auf einer Kreisbahn sind wir in (2.7) auf v = r gestoen. Diese Beziehung lsst sich nun auf die Basivektoren anwenden, was fr die Bahngeschwindigkeit dieser (und beliebige anderer) Vektoren auf de /dt = e i i fhrt. Betrachten wir zunchst gleichfrmig rotierende Systeme S . Sei A ein beliebiger Vektor, so wird seine zeitliche nderung in der Form d d dA = Ax e x + A y e y + Az e z = A x e x + A e + A e y y z z dt dt dt de dA dA dA de de y y x z = ex + ey + e z + A x + A + A z y z x dt dt dt dt dt dt d A = + A ( e ) + A e + A ( e ) x x y y z z dt d A d A + (A e + A e + A e ) = +A = x x y y z z dt dt

(2.34)

transformiert. Die Klammerung in der zweiten Zeile hat keine mathematische Bedeutung, sondern sol