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794 © Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Bautechnik 86 (2009), Heft 12 Aus dem baustatischen Œuvre Hombergs ragt sein Beitrag zur Theorie hochgradig statisch unbestimmter Trägerroste hervor, der im Folgenden im Zusammenhang mit der Entwicklung im Brücken- bau und der Baustatik von den 1930-er bis in die 1960-er Jahre herausgearbeitet wird. Harmony between science and art in bridge-building: Hellmut Homberg (1909–1990) – his contribution to the theory of bridges (part II). The one theory of Hellmut Homberg that stands out from the rest of his contributions to the theory of structures is that con- cerning grillages with a high degree of static indeterminacy. This is described below in conjunction with the development of bridge- building and theory of structures from the 1930s to the 1960s. 10 Konstruktive Neuerungen im deutschen Brückenbau der 1930-er Jahre Bei den bis Ende der 1930-er Jahre üblichen stählernen Straßenbrücken wirkten Tragwerkelemente wie Stahlbeton- fahrbahnplatte, Hauptträger, Querträger und sekundäre Längsträger statisch getrennt. Bild 9 zeigt eine derartige Brücke: Die Auflast der Fahrbahnplatte wirkt auf die sekundären Längsträger (hier Einfeldträger bestehend aus I 30) ein, deren Auflagerkräfte von den als Einfeldträger modellierten Querträgern aufgenommen und von dort – wiederum als Einzellasten – über die Hauptträger in die Brückenlager abgetragen werden. Das gesamte statische System zerfällt in hierarchisch organisierte und statisch voneinander unabhängig wirkende Systeme von Einfeld- trägern, deren Auflagerkräfte sich von „oben nach unten“, von den sekundären Längsträgern über die Querträger und von dort über die Hauptträger in die Brückenlager addieren. Diese additive Lastabtragung ließ die statische Wechselwirkung in den Knoten völlig außer Acht, führte zu hohem Stahlverbrauch und ließ genietete Stahlkon- struktionen gegenüber dem Stahlbetonbau im Straßen- brückenbau zurückfallen. Insbesondere die bei Autobahn- brücken größere Fahrbahnbreite als bei gewöhnlichen Straßenbrücken erforderte Tragsysteme mit mehr als zwei Hauptträgern und eine Berücksichtigung der lastverteilen- den Wirkung der Querträger. Die genannten Umstände, die beginnende Ablösung des Nietens durch das Schweißen im Stahlbrückenbau in den 1930-er Jahren und der durch die Aufrüstung im „Dritten Reich“ auferlegte Sparzwang bei Stahl im zivilen Sektor erforderten neue statisch-kon- struktive Lösungen beim Bau von stählernen Straßen- brücken. Schon 1934 berichtete Karl Schaechterle (1879–1971) über neue Fahrbahnkonstruktionen für stählerne Straßen- brücken unter besonderer Berücksichtigung von Neuent- wicklungen in den USA und in Deutschland [16]. Das Hauptziel war, die Wirtschaftlichkeit der Stahlbauweise auch bei Straßenbrücken mit einer reinen Stahlkonstruk- Einheit von Wissenschaft und Kunst im Brückenbau: Hellmut Homberg (1909–1990) – Sein Beitrag zur Theorie des Brückenbaus (Teil II) Karl-Eugen Kurrer Eberhard Pelke Klaus Stiglat Fachthemen DOI: 10.1002/bate.200910078 Bild 9. Genieteter Anschluss des Querträgers (I 50) an den genieteten Hauptträger (Quelle: [15, S. 344]) Fig. 9. Riveted connection between cross-girder (I 50) and riveted main girder (source: [15, p. 344])

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794 © Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Bautechnik 86 (2009), Heft 12

Aus dem baustatischen Œuvre Hombergs ragt sein Beitrag zurTheorie hochgradig statisch unbestimmter Trägerroste hervor, derim Folgenden im Zusammenhang mit der Entwicklung im Brücken-bau und der Baustatik von den 1930-er bis in die 1960-er Jahreherausgearbeitet wird.

Harmony between science and art in bridge-building: HellmutHomberg (1909–1990) – his contribution to the theory of bridges(part II). The one theory of Hellmut Homberg that stands out fromthe rest of his contributions to the theory of structures is that con-cerning grillages with a high degree of static indeterminacy. Thisis described below in conjunction with the development of bridge-building and theory of structures from the 1930s to the 1960s.

10 Konstruktive Neuerungen im deutschen Brückenbau der 1930-er Jahre

Bei den bis Ende der 1930-er Jahre üblichen stählernenStraßenbrücken wirkten Tragwerkelemente wie Stahlbeton-fahrbahnplatte, Hauptträger, Querträger und sekundäreLängsträger statisch getrennt. Bild 9 zeigt eine derartigeBrücke: Die Auflast der Fahrbahnplatte wirkt auf die sekundären Längsträger (hier Einfeldträger bestehend ausI 30) ein, deren Auflagerkräfte von den als Einfeldträgermodellierten Querträgern aufgenommen und von dort –wiederum als Einzellasten – über die Hauptträger in die

Brückenlager abgetragen werden. Das gesamte statischeSystem zerfällt in hierarchisch organisierte und statischvoneinander unabhängig wirkende Systeme von Einfeld-trägern, deren Auflagerkräfte sich von „oben nach unten“,von den sekundären Längsträgern über die Querträgerund von dort über die Hauptträger in die Brückenlager addieren. Diese additive Lastabtragung ließ die statischeWechselwirkung in den Knoten völlig außer Acht, führtezu hohem Stahlverbrauch und ließ genietete Stahlkon-struktionen gegenüber dem Stahlbetonbau im Straßen-brückenbau zurückfallen. Insbesondere die bei Autobahn-brücken größere Fahrbahnbreite als bei gewöhnlichenStraßenbrücken erforderte Tragsysteme mit mehr als zweiHauptträgern und eine Berücksichtigung der lastverteilen -den Wirkung der Querträger. Die genannten Umstände, diebeginnende Ablösung des Nietens durch das Schweißenim Stahlbrückenbau in den 1930-er Jahren und der durchdie Aufrüstung im „Dritten Reich“ auferlegte Sparzwangbei Stahl im zivilen Sektor erforderten neue statisch-kon-struktive Lösungen beim Bau von stählernen Straßen-brücken.

Schon 1934 berichtete Karl Schaechterle (1879–1971)über neue Fahrbahnkonstruktionen für stählerne Straßen-brücken unter besonderer Berücksichtigung von Neuent-wicklungen in den USA und in Deutschland [16]. DasHauptziel war, die Wirtschaftlichkeit der Stahlbauweiseauch bei Straßenbrücken mit einer reinen Stahlkonstruk-

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Karl-Eugen KurrerEberhard PelkeKlaus Stiglat

Fachthemen

DOI: 10.1002/bate.200910078

Bild 9. Genieteter Anschluss des Querträgers (I 50) an den genietetenHauptträger (Quelle: [15, S. 344])Fig. 9. Riveted connection betweencross-girder (I 50) and riveted main girder (source: [15, p. 344])

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blechabdeckung (Zellendecken), die eine Belastung durchEinzellasten ohne besondere Überlagerungs- und Druck-verteilungsschicht vertragen und als Platte wirken“ [16,S. 479]. Das von der MAN AG 1934 angemeldete und erst1943 erteilte Patent leitete die Entwicklung der Stahl-leichtfahrbahn in Deutschland ein [8.37, S. 4]1. Bild 10zeigt eine solche Stahlleichtfahrbahn. Eine besondere, auszwei Scharen von Trägern und Deckblech bestehende, ge-schweißte Stahlzellendecke (Abb. 2 in Bild 10) sollte mitdem Trägerrost verbunden werden (Abb. 1 in Bild 10). DieseKonstruktion wurde nie realisiert. Bei der ersten Stahl-leichtfahrbahn verbanden die Konstrukteure der MAN dasDeckblech unmittelbar mit dem Längs- und Querträger-gerippe; sie wurde 1936 von der Firma MAN für die Auto-bahnbrücke Kirchheim/Teck im Zuge der Autobahn Stutt-gart–Ulm errichtet (Bild 11). Die Dicke der Asphaltdeckeist 6 cm und die des Stahlblechs 10 mm. Die Unterstüt-zungen des Deckblechs wurden durch einen Trägerrost sichergestellt, dessen Abstände 0,511 m in Quer- und1,094 m in Brückenlängsrichtung betragen. Die Obergurteder Längs- und Querträger fallen in die untere Deckblech -ebene und sind verschweißt. In Brückenlängsrichtung läuftder Trägerrost kontinuierlich über zwei Felder. Walter Pe-likan (1901–1971) und Maria Eßlinger (1913–2009) notier-ten hierzu rückblickend, dass hier bereits alle wesentlichen,konstruktiven Merkmale vorliegen, die orthotrope Platten(Bild 12) nach 20-jähriger Bauerfahrung der Firma MANkennzeichnen [20, S. 294]. Zur Entwicklung der orthotro-pen Platte in Deutschland von den 1930-er Jahren bis indie neueste Zeit publizierte Erich Fiedler einen konstruk-tionsgeschichtlichen Überblick [21].

Seit Mitte der 1930-er Jahre erschienen mehrere Ver-öffentlichungen zu stählernen Leichtfahrbahnplatten wieetwa die von Gottwalt Schaper (1873–1942) [22], KarlSchaechterle und Fritz Leonhardt (1909–1999) [18], [23]sowie Otto Graf (1881–1956) [24], [25]. So berichtete derDirektor der Materialprüfungsanstalt Stuttgart, Graf, überneuartige US-amerikanische Brückenfahrbahnen [24] unddie auf Anregung von Schaechterle im Auftrag der Reichs-autobahnverwaltung und später im Auftrag des Deutschen

Bild 11. a) Ansicht und b) Untersicht der Fahrbahntafel der Autobahnbrücke bei Kirchheim a. d. Teck, 1936 (Quelle: [18, S. 311])Fig. 11. a) Overall view, and b) view of underside of bridge deck; motorway bridge near Kirchheim a. d. Teck, 1936 (source: [18, p. 311])

a) b)

Bild 10. Stahlleichtfahrbahn nach dem Patent der MAN AG,Nürnberg, 1934 (Quelle: [17])Fig. 10. Lightweight steel bridge deck according to the patentof MAN AG, Nuremberg, 1934 (source: [17])

1 Mit 8.37 ist die im Teil I dieses Aufsatzes unter Abschnitt 8der Nr. 37 aufgeführte Veröffentlichung Hellmut Hombergsgemeint.

tion durch Verminderung des Fahrbahngewichts für denzügigen Ausbau des Autobahnnetzes des „Dritten Reichs“sicherzustellen. Eine Gewichtsreduktion sollte u. a. erzieltwerden „durch Fahrbahntafeln aus Trägerrosten mit Flach-

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Ausschusses für Stahlbau (DASt) durchgeführten Unter-suchungen zu stählernen Leichtfahrbahnplatten [25]. Zwarsind hochgradig statisch unbestimmte Trägerroste mittelsdes Kraftgrößenverfahrens oder des Verschiebungsgrö -ßenverfahrens prinzipiell berechenbar, wie Kurt Beyer(1881–1952) 1934 im Abschnitt über Trägerroste des II. Ban-des seiner Monographie „Die Statik im Eisenbetonbau“zeigte [26, S. 624–642], die dabei entstehenden Gleichungs-systeme waren damals aber praktisch nur für Sonderfällelösbar. Wirtschaftliche Brückenfahrbahnen hatten nichtnur Versuche zur Voraussetzung, sondern erforderten auchpraktisch handhabbare baustatische Verfahren, um denTrägerrosteffekt für die Bemessung systematisch zu nut-zen. So war die Rationalisierung des statischen Rechnensim deutschen Brückenbau am Vorabend des II. Weltkriegsdas Gebot der Stunde – kurzum: Wirtschaftliche Brücken-fahrbahnen setzten eine Ökonomisierung des statischenRechnens voraus.

11 Zur Ökonomisierung statischen Rechnens im Brückenbau

Im Januar 1934 nahm Leonhardt im Brückenbüro derObersten Bauleitung der Reichsautobahnen (OBR) unterKarl Schaechterle seine Arbeit auf und startete eine steileKarriere, in der die ihm 1938 vom Generalinspekteur fürdas deutsche Straßenwesen Dr.-Ing. Fritz Todt (1891–1942)übertragenen Bauleitung der 1941 fertiggestellten Hänge-brücke Köln-Rodenkirchen herausragt (s. a. [27] bis [29]).Am 24. 10. 1937 vollendete Leonhardt an der TH Stuttgartseine von Emil Mörsch (1872–1950) betreute und von derReichsautobahnverwaltung sowie dem Deutschen Stahl-bau-Verband (DStV) geförderte Dissertation über die ex-perimentelle und theoretische Analyse von Trägerrosten,die er 1938 in Zeitschriftenaufsätzen [30], [31] und 1939in einer 64-seitigen Broschüre [32] veröffentlichte. Mit

diesem Thema traf Leonhardt den Nerv des damaligenBrückenbaus: Schon ein Jahr später publizierte er eine er-weiterte Fassung seiner vereinfachten Berechnung vonTrägerrosten, die auch umfangreiche Richtlinien für dasEntwerfen von Trägerrosten aus Stahl und Stahlbeton ent-hält [12, S. 43–70].

11.1 Leonhardts vereinfachte Berechnung von Trägerrosten

Seiner vereinfachten Trägerrosttheorie legte Leonhardtdas Verschiebungsgrößenverfahren Asger Ostenfelds(1866–1931) [33] zugrunde (Bild 13). Als geometrisch Un-bestimmte werden die vertikalen Verschiebungen einge-führt, d. h. vertikale Pendelstäbe angeordnet, so dass dortZwangskräfte entstehen (Bild 13b). Für das 8-fach geome-trisch unbestimmte System (Bild 13b) werden nun nach-einander der 0-Zustand (Bild 13b) und sämtliche Einheits-verschiebungszustände δaa = 1 (Bild 13c), …, δhh = 1 analy-siert. Da die Auflagerkräfte in den Knoten verschwindenmüssen, entstehen 8 Elastizitätsgleichungen 2. Art [34,S. 419], aus denen die 8 unbekannten Knotenverschiebun-gen δa, …, δh berechnet werden können. Dies ist sehr müh-sam und zwang Ostenfeld zu einer stufenweisen Berech-nung. 1934 fand Friedrich Wilhelm Krabbe eine genauestufenweise Berechnung, indem er das Ostenfeldsche Glei-chungssystem auf statischem Wege in mehrere Gleichungs-systeme derart zerlegt, dass nur noch Gleichungssystemezu lösen sind, die jeweils nur so viele Unbekannte habenwie Querträger vorhanden sind (s. [32, S. 5]) – für den inBild 13 dargestellten Trägerrost wären also nur Gleichungs-systeme mit zwei Unbekannten zu lösen. Durch die amTrägerrostmodell (Bild 14) gemessenen Einflussflächen

Bild 12. Grundkonzept der orthotropen Fahrbahnplatte vonStraßenbrücken nach dem MAN-Patent von 1948 (Quelle: [19])Fig. 12. Basic concept of the orthotropic bridge deck for roadbridges according to the MAN patent of 1948 (source: [19])

Bild 13. Verschiebunggrößenverfahren für Trägerroste nachOstenfeld (Quelle: [32, S. 3]) Fig. 13. Displacement method for grillages, after Ostenfeld(source: [32, p. 3])

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(Bild 15) gelingt es, die Knotenverschiebungen zu bestim-men, so dass die Auflösung der Elastizitätsgleichungen2. Art hinfällig ist. In die Superpositionsformel für dieKraftgrößen des realen Trägerrostes gehen dann die mitdem Ähnlichkeitskoeffizienten multiplizierten Knotenver-schiebungen ein.

Leonhardt stellt noch drei weitere Verfahren zur Be-stimmung des Kraftzustandes mit Modellen vor, davonsein eigenes, das er natürlich favorisiert (Bild 16): Es istdas Verfahren mit Querverteilungszahlen. Die von Leon-hardt eingeführten Querverteilungszahlen sind nichts an-deres als die Einflussordinaten der Querverteilung für eineüber den Querträger wandernde Einzellast P = 1. So ist dieQuerverteilungszahl qac jener Lastanteil des Hauptträgersa an der in c wirkenden Last P = 1 bzw. die Einflussordi-nate der Querverteilung für Träger c unter Träger a oder –nach dem Maxwellschen Satz (δik = δki) – die Quervertei-lungszahl für Träger c unter Träger a. Wichtig dabei ist,dass Leonhardt die Knotenverschiebungen δac, …, δec ausModellmessungen gewinnt. Da die Auflagerkräfte Xa, …,Xe proportional zu den Knotenverschiebungen δac, …, δecsind, können daraus die Querverteilungszahlen qac, …, qecbestimmt werden (Bild 16). Die übliche Berechnungweiselegte Gelenke im Querträgeranschluss zugrunde, so dass

der Lastanteil des Hauptträgers a eine in c wirkende LastP = 1 Null betragen würde; Lastanteile entstehen nur ausLasten, die in den benachbarten Querträgern der betrach-teten Hauptträger wirken – diese Lastanteile können dannnach dem Hebelgesetz ermittelt werden.

Leonhardt leitet für verschiedene TrägerrostsystemeFormeln für die Querverteilungszahlen ab und rechnetBeispiele durch. Dabei analysiert er nicht nur stählerne,sondern auch Stahlbeton-Trägerroste. In der erweitertenFassung seiner Dissertation [12] teilt Leonhardt auchHilfswerte für die vereinfachte Trägerrostberechnung ohneModellmessungen mit, und zwar für Trägerroste mit bis zu8 Hauptträgern. Weiter gibt er eine genauere Querträger-berechnung bei mehreren Querträgern an. Obwohl Schaech-terle in dem von ihm 1942 herausgegebenen einflussreichenBuch „Der Brückenbau der Reichsautobahnen“ LeonhardtsDissertation würdigt, benennt er die Achillesferse: „Dieder Näherungsberechnung zugrunde gelegte Annahme einertorsionsfreien Verbindung der lastverteilenden Querträgermit den Hauptträgern stimmt bei Eisenbetonbrücken, wieMessungen an fertigen Bauwerken gezeigt haben, nichtmit der Wirklichkeit überein. Zur endgültigen Klärung die-ser Frage sind umfangreiche Versuchsmessungen an geeig-neten Autobahnbrücken in die Wege geleitet“ [35, S. 24].Leider erwähnte Schaechterle nur die Versuchsforschung.Ihm kam nicht in den Sinn, dass die baustatische Theorie-bildung bei der Lösung des Trägerrostproblems eine ent-scheidende Rolle spielen könnte. So hätte er die bei Träger-rosten aus Stahlbeton notwendige Berücksichtigung derTorsionssteifigkeit (G · IT ≠ 0) bei der Trägerrosttheorieeinfordern müssen. Schaechterle war zu sehr der konstruk-tionsorientierten Baustatik verpflichtet, deren Gegenstandnicht das statische System, das Rechenmodell, war, son-dern das Tragwerk, dessen wesentliche konstruktive Eigen-schaften die Tragfunktion real sicherstellen [36, S. 24].Aber sagte nicht der deutsch-amerikanische PsychologeKurt Lewin (1890–1947), dass es nichts Praktischeres alseine gute Theorie gibt? „There is nothing as practical as agood theory“ [37, S. 169].

11.2 Die exakte Trägerrosttheorie

Zur Analyse von Trägerrosten erschienen zwischen 1936und 1944 in den Zeitschriften „Der Bauingenieur“, „Die

Bild 15. Einflussfläche für die Durchbiegung des Knotens c (Quelle: [32, S. 13])Fig. 15. Influence area for the deflectionof node c (source: [32, p. 13])

Bild 14. Trägerrostmodell auf dem Messtisch nach Leonhardt(Quelle: [32, S. 8])Fig. 14. A model of a grillage in a test rig, after Leonhardt(source: [32, p. 8])

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Bild 16. Leonhardts Verfahren zur experimentellen Bestimmung der Querverteilungszahlen (Quelle: [12, S. 17])Fig. 16. Leonhardt‘s method for the experimental determination of the transverse load distribution (source: [12, p. 17])

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Bautechnik“ und „Der Stahlbau“ zahlreiche Aufsätze undDiskussionsbeiträge (z. B. [38]). Seit Anfang der 1940-erJahre war eine Trägerrostberechnung für Stahlbrücken mitmehreren Hauptträgern und Querträgern nach DIN 1073vorgeschrieben. Als Schriftleiter von „Der Stahlbau“ fassteKurt Klöppel (1901–1985) 1942 auf dringenden WunschLeonhardts die nicht publizierte Diskussion zwischenLeonhardt und Friedrich Geiger zusammen [39] und kriti-sierte an den Näherungsverfahren beider Kontrahenten,dass sich bei Trägerrosten mit mehr als einem Querträgerdas Kräftespiel nicht durch die Querverteilungszahl erfas-sen ließe; Klöppel führte noch weitere Kritikpunkte an undforderte abschließend, „dass noch zu untersuchen wäre,ob solche Verfahren als Näherungsverfahren im Sinne derBaustatik angesehen werden können“ [39, S. 80]. Daraufreagierte Leonhardt in einem am 26. Mai 1944 publizier-ten Aufsatz mit dem Nachweis des Genauigkeitsgradesund der Erweiterung auf Trägerroste mit mehr als einemQuerträger und bezog die auf einer Eigenwertbetrachtungbasierende exakte Analyse von Trägerrosten von Ernst Me-lan (1890–1963) und Robert Schindler [40] mit ein [41].

Mit dem Verfahren von Melan und Schindler [40]konnten nun auch Trägerroste mit mehreren Querträgerngenau berechnet werden. Beide entwickelten die Lösun-gen als Eigenlösungen von Differenzengleichungen undwiesen nach, dass sich die Matrix der Elastizitätsgleichun-gen in Gruppen voneinander unabhängiger Submatrizenaufspaltet, sich mithin das Gleichungssystem einfach lö-sen lässt. Leider entwickelten sie die Unbekannten in Sys -temquerrichtung, d. h. in Richtung der Querträger, undhandelten sich damit bedeutende Schwierigkeiten bei derErmittlung der Eigenlösungen und der Ausdrücke für diestatischen Größen des Trägerrostes ein (s. a. [8.26, S. 37]).Leonhardt deutete die Trägerrosttheorie von Melan undSchindler folgendermaßen: „Man kann den Weg über dienormierten Eigenlösungen des durch Trennung der Ver -änderlichen entstehenden homogenen Gleichungssystemsals erweitertes Belastungs-Umordnungsverfahren deuten.Außer den Eigenlösungen sind nur noch die statischenGrößen der (…) Hauptträger auf elastischen Stützen, diean den Knotenpunkten gedacht sind, zu bestimmen“ [41,S. 87]. Beim Belastungs-Umordnungsverfahren (B-U-Ver-fahren) bzw. Verfahren der Gruppenlasten, das der Kran-bauingenieur W. Ludwig Andrée (1877–1920) erstmals1919 systematisch darstellte [42], werden statisch Unbe-stimmte als Gruppenlasten derart eingeführt, dass diemeisten Nebenglieder der δik-Matrix verschwinden – diesealso partiell orthogonalisiert wird. An dieses Orthogonali-sierungsverfahren dachte Leonhardt. Des Weiteren hobLeonhardt die Verallgemeinerung der von ihm eingeführ-ten Querverteilungszahl durch Melan und Schindler her-vor, so dass auch Trägerroste mit mehr als einem Querträ-ger genau berechnet werden konnten (vgl. [41, S. 87]). Da-mit bestätigten Melan und Schindler mittelbar die KritikKlöppels an Geiger und Leonhardt – auch letzterer musstejetzt Klöppel folgen. Gleichwohl monierte Leonhardt, dassdas exakte Verfahren von Melan und Schindler – trotz derZahlentafeln für die Eigenlösungen und Eigenwerte in Sys-temquerrichtung sowie der Kurventafeln für unterschied -liche Hauptträgersysteme mit gängiger Belastung – dochnoch erhebliche Rechenarbeit (Matrizenmultiplikationenund Additionen) und das Verständnis des Anwenders er-

fordern würde (vgl. [41, S. 88–89]). Radikal plädierte Leon-hardt für die Vereinfachung der Baustatik: „Eines Tageswird die Rationalisierung und Normung auch nicht mehrvor der Baustatik haltmachen. Die Berechnungen müssenvereinfacht und vor allem vereinheitlicht werden“ [41,S. 87]. Vor dem Hintergrund der Ökonomisierung des sta-tischen Rechnens legitimierte Leonhardt die konstruktions-orientierte Baustatik gegenüber der grundlagenorientiertenBaustatik: „Neben der hochentwickelten mathematisch-statischen Theorie müssen immer wieder Kräfte wirken,die einerseits unsere Verfahren versuchsmäßig unterbauen,anderseits auf einfachste Rechenverfahren für die Praxishinwirken“ [41, S. 87]. Die feinsinnige Trägerrosttheorievon Melan und Schindler ist zwar exakt, konnte aber zurÖkonomisierung des statischen Rechnens im Brückenbaukeinen entscheidenden Beitrag leisten. War die grundlagen-orientierte Baustatik hierzu in der Lage?

12 Von der Trägerrost- zur Kreuzwerktheorie

Die Trägerrosttheorie von Melan und Schindler leitete imBrückenbau nach logischer Seite den Übergang von derTheorie der Stabwerke zur Theorie der ebenen Flächen-tragwerke ein und bereitete nach historischer Seite nochin der Inventionsphase (1925–1950) die Innovationsphase(1950–1975) der Baustatik [34, S. 30–33] vor. Mit seinerzur Kreuzwerktheorie erweiterten Trägerrosttheorie schufHomberg den Kern der Theorie des Brückenbaus, der bisin die Mitte der 1960-er Jahre das statische Rechnen imStahl- aber auch im Massivbrückenbau prägte.

12.1 Hombergs geniale Idee

Noch am 20. Dezember 1944 veröffentlichte Homberg in„Der Stahlbau“ Tabellen für Querverteilungszahlen vonTrägerrosten mit 9 und 10 Hauptträgern und einem last-verteilenden Querträger in Brückenmitte [8.7]. Hombergverstand seine Zahlentafeln als Erweiterung der von Leon-hardt ([30] bis [32]) angegebenen Formeln für Trägerrostemit 3 bis 8 Hauptträgern. Als Inhaber eines erfolgreichenIngenieurbüros erreichte Homberg mit der Erfassung derTrägerrostwirkung im Kriegsbrückenbau enorme Material-einsparungen: „Es können Stahlersparnisse über 40 % er-zielt werden. Nach den vom Verfasser berechneten Bemes-sungstafeln für Walzträgerbrücken mit Berücksichtigungder Trägerrostwirkung wurden allein in einem kleinen Ge-biet 40 Dauerbehelfsbrücken gebaut“ [8.7, S. 101]. Hom-berg verfolgte das praktische Ziel aufzuzeigen, dass es im Kriegsbrückenbau in der Regel genügt, einen einzigendurchlaufenden Querträger in Brückenmitte anzuordnen,um eine bedeutende Lastverteilung auf alle Hauptträgerzu erzielen. Aber Homberg begnügte sich nicht mit der Publikation von Querverteilungszahlen im Anschluss anLeonhardts vereinfachte Trägerrosttheorie. Homberg ginges ums Ganze: Ihm ging es um eine praktisch handhab-bare, aber allgemeine Trägerrosttheorie auf der Basis dergrundlagenorientierten Baustatik. Nach eigenen Angabenfand Homberg seine Theorie kurz vor Weihnachten 1944und arbeitete sie Anfang 1945 aus. Der mathematischeKern dabei war die Transformation eines linearen Glei-chungssystems mit n Unbekannten in n lineare Gleichun-gen mit jeweils nur einer Unbekannten mit Hilfe der Theo-

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rie der Eigenwerte. Homberg hatte die Bildungsgesetze fürLastgruppen gefunden, diese in Systemlängsrichtung an-gesetzt und erkannt, dass es sich um ein Eigenwertpro-blem handelt und dass der Beweis hierfür denkbar einfachist. Seine Unterlagen sandte er noch im Januar 1945 anLeonhardt mit dem Ziel, sie in die Materialsammlung füreine gemeinsame Monographie einzufügen und vor Ver-nichtung durch Kriegseinwirkung zu sichern.

12.2 Hombergs baustatisches Verfahren

Im Oktober 1949 veröffentlichte Homberg sein Verfahrenzur Berechnung von Trägerrosten im Selbstverlag (Bild 17).Leonhardt wusste von Hombergs Publikation, da er vomAutor gefragt worden war, ob er aus dessen Buch [12] Ta-feln zur Bestimmung der Auflagerdrücke von durchlaufen-den Balken auf drei, sechs, sieben und acht elastischenStützen entnehmen dürfe [8.8, S. 9]. Weiterhin stellte Dr.-Ing. Josef Weinmeister aus Linz/Österreich Homberg seineTafeln der Querverteilungszahlen zur Verfügung [8.8, Vor-wort]. Aber was ist mit der hinter dem baustatischen Ver-fahren steckenden Theorie? Hombergs Theorie wurde vomBundesministerium für Verkehr, Abt. Straßen, geprüft undfür richtig befunden: „Sie wird gleichfalls veröffentlichtwerden“ [8.8, Vorwort]. Hombergs Veröffentlichung wurdeauch von Dr.-Ing. Wilhelm Klingenberg (1899–1981) geprüftund für richtig befunden. Klingenberg erhielt am 1. Okto-ber 1946 das Referat für Brückenbau bei der Straßenbau-

und Verkehrs-Generaldirektion in Bielefeld und wurde imDezember 1947 zur Hauptverwaltung der Straßen der Bi-Zone nach Offenbach/Main versetzt, aus der die spätereVerwaltung für Wirtschaft und Verkehr des VereinigtenWirtschaftsgebiets hervorging und die schließlich 1949 dasBundesverkehrsministerium bildete (s. [8, S. 219] u. [43]).Er hatte „dem deutschen Brückenbau wieder Weltgeltungverschafft“, wie Heribert Thul zum 65. Geburtstag Klingen-bergs im Jahre 1964 notierte [43, S. 141]. Mit an Sicherheitgrenzender Wahrscheinlichkeit wurde Homberg von Klin-genberg beauftragt, schnellstmöglichst eine zuverlässigeTrägerrosttheorie zu entwickeln, schrieb er doch im Juni1948: „Um die wirtschaftlichen, aber schwierig zu berech-nenden Trägerrost- oder Kreuzwerkbrücken mit Verbund-wirkung mehr einzuführen, beabsichtigt die Hauptverwal-tung der Straßen in Offenbach hierfür in Kürze theoreti-sche Ableitungen und durchgerechnete Tabellen mit Muster-beispielen herauszugeben“ [44, S. 129]. Dass es sich hier-bei um Hombergs Broschüre aus dem Jahre 1949 [8.8]handelt, wird auch dadurch klar, dass Klingenberg von„Kreuzwerkbrücken“ spricht, einer Begriffsbildung, die aufHomberg zurückgeht: „Tragwerke aus zwei Scharen sichkreuzender Träger nennen wir Kreuzwerke (Trägerroste),wenn die äußeren Lasten senkrecht zum Tragwerk stehen,Rahmenwerke, wenn sie in der Ebene des Tragwerks lie-gen“ [8.8, S. 7].

Von der Grundlegung seiner Theorie der Kreuzwerkeverrät Homberg nur die aus ihr resultierenden Gebrauchs-formeln und erläutert holzschnittartig ihren Witz: „Dievorliegenden, strengen Lösungen für die Einflußlinien derKreuzwerke mit mehreren Querträgern wurden durch Ein-führen von Lastgruppen gewonnen, die eine solche Unter-teilung der Elastizitätsgleichungen bewirken, dass inner-halb der Matrix der Elastizitätsgleichungen unabhängigeGleichungsgruppen entstehen, die untereinander und mitden Elastizitätsgleichungen des Durchlaufbalkens auf star-ren Stützen (die Clapeyronsche Dreimomentengleichung –d. Verf.) sowie mit denen des Durchlaufbalkens auf elas -tisch senkbaren Stützen (die Fünfmomentengleichung –d. Verf.) eng verwandt sind. Hierbei erstreckt sich das erst-genannte Hilfssystem in Längs-, das zweite in Querrich-tung des Kreuzwerks. Daraus folgend konnte jede stati-sche Größe am Kreuzwerk als Summe von Produkten vonstatischen Größen,1. längs am Durchlaufbalken auf starren Stützen und2. quer am Durchlaufbalken auf elastisch senkbaren Stüt-zenentwickelt werden. Durch diese Zurückführung auf be-kannte Systeme führte das Berechnungsverfahren unmit-telbar zu geschlossenen, gebrauchsfertigen Lösungen, dieohne Eingehen auf die Theorie verwendet werden kön-nen“ [8.8, S. 7]. Hombergs Theorie führt also auf Glei-chungssysteme, deren Matrizen eine ausgeprägte Band-struktur besitzen, wobei– im Idealfall nur die Hauptdiagonale δi,i– bei der Dreimomentengleichung die Hauptdiagonale δi,iund die beiden benachbarten Nebenglieder δi,i-1 und δi,i+1sowie– bei der Fünfmomentengleichung die Hauptdiagonale δi,iund die Nebenglieder δi,i-2 bzw. δi,i-1 und δi,i+1 bzw. δi,i+2besetzt sind. Der entscheidende Unterschied zur Träger -rosttheorie von Melan und Schindler besteht darin, dass

Bild 17. Titel des ersten Buches von Homberg über Träger -roste (Quelle: [8.8])Fig. 17. Homberg‘s first book on grillages (source: [8.8])

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Homberg die Gruppenlasten (Eigenkraftzustände) in Rich-tung der Hauptträger und nicht in Richtung der Querträ-ger ansetzte. Dadurch vereinfachte Homberg nicht nur diestatische Berechnung von Trägerrosten ohne Torsionsstei-figkeit enorm, sondern ermöglichte auch die Verallgemei-nerung der Trägerrost- zur Kreuzwerktheorie: „Die ange-gebenen Lösungen gelten in der vorliegenden Form fürKreuzwerke ohne Drehsteifigkeit. Mit Hilfe einer Erweite-rung der Begriffe geben sie auch strenge Lösungen für denFall, dass die Hauptträger biege- und drehsteif, die Quer-träger nur biegesteif sind. Die Berücksichtigung der Dreh-steifigkeit kann in der vorliegenden, knapp gefassten For-melsammlung jedoch nicht erläutert werden, da sie denvorgegebenen Rahmen bei weitem überschreiten würde“[8.8, S. 7]. Sein Verfahren kann auch zur Untersuchungorthotroper Platten ohne Torsionssteifigkeit eingesetzt wer-den, wenn die Querträger als elastisch gebettete Balkenmodelliert werden [8.8, S. 13].

Erst Ende 1951 [45] und Mitte 1952 [46] wurden Be-sprechungen des Buchs von Homberg publiziert: BeideRezensenten hoben hervor, dass die Benutzung des Bu-ches für die statische Berechnung von Trägerrosten ohneKenntnis der Theorie möglich sei.

12.3 Warum verzichtete Homberg 1949 auf die Veröffentlichungder Theorie?

Für die Trennung des baustatischen Verfahrens von seinentheoretischen Grundlagen durch Homberg lassen sich vierGründe anführen:

Erstens: Der bizonale Brückenverantwortliche undalsbald zum obersten Bundesbrückenbauer gekürte Wil-helm Klingenberg benötigte schnellstmöglich für die Auf-traggeberseite, aber auch für die auftragnehmende Seite –insbesondere für die Aufsteller statischer Berechnungen –ein effektives und zuverlässiges baustatisches Verfahrenzur Untersuchung hochgradig unbestimmter Trägerrostemit vertretbarem Aufwand. Damit konnte dem – den Wie-deraufbau zerstörter Brücken behindernden – Stahl- undArbeitskräftemangel wirksam begegnet werden.

Zweitens: Die Darstellung der Theorie hätte wesent-lich mehr Druckraum beansprucht und damit den Kosten-und Zeitaufwand in die Höhe getrieben. Dies hätte denErscheinungstermin signifikant verzögert, so dass die un-mittelbare Überführung des Hombergschen Verfahrens indie Praxis des statischen Rechnens nicht möglich gewesenwäre.

Drittens: Durch die Veröffentlichung im Selbstverlagkonnte Homberg verlagstypische Leistungen wie die Vor-bereitung, das Lektorat und die Herstellung selbst über-nehmen. Dies bedeutete auch eine Beschleunigung gegen -über gängigen Verlagsveröffentlichungen: Ein Vorteil, denHomberg damit erkaufte, dass seine Broschüre zur grauenLiteratur zählte, d. h. nicht über den Buchhandel vertrie-ben wurde.

Viertens: Die Trennung des baustatischen Verfahrensvon seiner theoretischen Grundlage ist eine besondere Er-scheinungsform der Trennung der Zweck-Mittel-Beziehungvon der Ursache-Wirkungs-Beziehung. Als solche ist sieein Charakteristikum der Symbolwelt der Berliner Schuleder Baustatik [34, S. 389–404], in die Homberg von seinenProfessoren August Hertwig (1872–1955) und Karl Pohl

(1881–1947) an der TH Berlin eingeführt worden war: DerErfolg der Berliner Schule der Baustatik bestand im inter-pretationsfreien Umgang mit Symbolen, der in der δik-Symbolik recht eigentlich zum Ausdruck kam und den lo-gischen Kern der Vorgeschichte der Computerstatik bil-dete [34, S. 422–424].

12.4 Die Schnelleren

1950 publizierten Fritz Leonhardt und sein MitarbeiterWolfhart Andrä (1914–1996) ihr Buch über Trägerroste.Sie verstanden diese Monographie als zweite, erweiterteAuflage des 10 Jahre zuvor erschienenen Buches des erst-genannten Verfassers [12]. Gleichwohl ging es nicht nurquantitativ (250 statt 104 Seiten), sondern auch qualitativweit über die erste Auflage hinaus: Das Buch enthält einegenaue Trägerrosttheorie [47, S. 51–130], deren Grundlagejener des Verfahrens von Homberg [8.8] entspricht. In die-ser von Andrä entwickelten genauen Trägerrosttheorie [47,S. 2] wird statt der direkten mathematischen Darstellungals Eigenwertproblem eine indirekte Darstellung gewählt,die dem Statiker geläufiger ist. Zur Berechnung der sta-tisch unbestimmten Knotenkräfte zwischen den Haupt-und Querträgern führt Andrä Affinlastgruppen ein [47,S. 65ff].

Bild 18 zeigt exemplarisch die Bildung von Affinlast-gruppen: Wird ein Trägerrost statt mit einer Einzellast Pb3im Knoten des 3. Querträgers (QT) mit dem Hauptträger b(Bild 18a) mit einer Gruppe von Einzellasten A2, A3, A4und A5 – welche nacheinander auf allen Querträgern 2, 3,4 und 5, aber auf demselben Hauptträger (HT) b angreifen –belastet (Bild 18b), und deren Größe so bestimmt, dass dieBiegelinien aller Querträger und damit natürlich auch al-ler Hauptträger einander ähnlich sind, dann ist für dieseBelastung das Verhältnis der Knotenkräfte von vornhereinbekannt. Für jeden der vier Querträger lässt sich eine sol-che Affinlastgruppe angeben. Die Berechnung der Knoten-

Bild 18. Einführung von Affinlastgruppen (Quelle: [47, S. 65])Fig. 18. Introduction of affine groups of loads (source: [47,p. 65])

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kräfte kann für jede Affinlastgruppe auf die Analyse einesTrägerrostes mit nur einem Querträger bzw. eines elas -tisch gestützten Durchlaufträgers zurückgeführt werden[47, S. 67]. Durch Multiplikation der vier Affinlastgruppenmit jeweils einem Beiwert lassen sich die Absolutgrößen,die „bestimmten Affinlasten“ [47, S. 67] festlegen. Dabeilassen sich die vier Affinlastgruppen in eine Matrix A unddie vier Beiwerte in einen Spaltenvektor ψ zusammenfas-sen, so dass für die Matrix der bestimmten Affinlastgrup-pen A gilt:

A = A · ψ (1)

Andräs Verfahren läuft darauf hinaus, jene Affinlastgrup-pen zu finden, aus denen die Knotenbelastung wie z. B.Pb3 in Bild 18a zusammengesetzt werden kann, sowie dieAuflagerdrücke des elastisch gestützten Querträgers (im

Beispiel des Querträgers 3), infolge der „bestimmten Affin-lasten“ zu quantifizieren. Aus der Proportionalität zwi-schen den Affinlasten und den Durchbiegungen einerseitssowie zwischen den Affinlasten und den Knotenkräftenandererseits (Bild 18b) leitet Andrä ein homogenes Glei-chungssystem ab. Ein solches Gleichungssystem hat dannund nur dann eine nichttriviale Lösung, wenn die Nenner -determinante verschwindet. Daraus folgt ein Polynom (bzw.eine Frequenzgleichung), dessen Nullstellen letztlich aufdie gesuchten Affinlasten führen. Dabei entspricht die An-zahl der Nullstellen der Anzahl der Querträger – die An-zahl der Hauptträger ist für die Ermittlung der Affinlast-gruppen ohne Bedeutung. Dieses anschauliche baustatischeVerfahren von Andrä entspricht mathematisch der Lösungeines Eigenwertproblems. Das bemerkenswerte dabei ist,dass Andrä sein Verfahren organisch aus dem baustatischenKontext entwickelt und dabei auf keine Eigenwertbetrach-tung angewiesen ist.

Für den Spezialfall von Trägerrosten mit gleichemQuerträgerabstand und konstantem Trägheitsmoment derHauptträger legt Andrä sinusförmige Biegelinien – unddamit auch sinusförmige Affinlastgruppen – zugrunde(Bild 19). Damit können Knotenkräfte eines Trägerrostesmit beliebiger Querträgerzahl in einfacher Weise als Summeder Auflagerdrücke eines elastisch gestützten Querträgersermittelt werden, da für die Bestimmung der Affinlastgrup-pen keinerlei Gleichungen aufzulösen [47, S. 87], d. h. alleNebenglieder der Matrix der Elastizitätsgleichungen Nullsind (vollständiges orthogonales System).

Mit dem Verfahren von Leonhardt und Andrä könnennur Trägerroste ohne Torsionssteifigkeit (G · IT = 0) be-rechnet werden. Damit blieben aber stählerne Trägerrostemit Kastenquerschnitten und Trägerroste aus Stahlbetonaußen vor.

Zum Buch von Leonhardt und Andrä erschienen nochim Jahr 1950 Rezensionen (s. [48], [49]). Ernst Noskemerkte in seiner Besprechung [49] kritisch an, dass in demsonst sehr ausführlichen Literaturverzeichnis die für diepraktische Trägerrostberechnung ebenfalls sehr verdienst-vollen Arbeiten von Homberg ([8.7], [8.8]) und Weber [50]nicht aufgeführt wurden.

12.5 Hombergs mathematische Grundlegung der Kreuzwerktheorie 1951

Homberg war ob der Monographie von Leonhardt undAndrä über Trägerroste [47] schockiert, zieh beide des Plagiats und strengte beim zuständigen Gericht in Hageneinen Prozess an. Leonhardt und Andrä beschworen, dassletztgenannter das Verfahren der Affinlastgruppen unab-hängig von Homberg gefunden habe. Homberg konnte sichgerichtlich nicht durchsetzen. Fortan war er Leonhardtund Andrä feindlich gesinnt. Noch kurz vor seinem Todebehauptete Homberg, dass sich seine gerichtlichen Kon-trahenten des Meineids schuldig gemacht hätten [51].

1951 löste Homberg sein zwei Jahre zuvor verkündetesVersprechen ein, den theoretischen Hintergrund seinesbaustatischen Verfahrens zu publizieren. Seine Beschäfti-gung mit der Kreuzwerktheorie regte ein 1940 von Wil-helm Bültmann veröffentlichter Aufsatz [52] an, in demfür einen einfachen Sonderfall des Kreuzwerks eine ge-schlossene Lösung angegeben wurde.

Bild 19. Sinusförmige Affinlastgruppen nach Andrä (Quelle: [47, S. 85])Fig. 19. Sine wave-type affine groups of loads, after Andrä(source: [47, p. 85])

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In souveräner Weise entfaltet Homberg in der Symbol-sprache der Berliner Schule der Baustatik für seine Kreuz-werktheorie des Pudels Kern [8.9, S. 4–10]. Homberg entfernt die n Mittelstützen des Hauptträgers und setzt die statisch unbestimmten Auflagerkräfte als LastgruppenX(n) = 1, n = 1, 2, 3, …, n an (Bild 20). Beim n-fach statischunbestimmten System müssen n verschiedene Lastgruppenangegeben werden. Jede Lastgruppe besteht aus n Einzel-lasten, den sogenannten Gruppenlasten αh(n). Insgesamtmüssen n2 Gruppenlasten bestimmt werden. Die Auflager-kräfte Ahv (h = 1, …, n) infolge der Wanderlast P = 1 inPunkt v ergeben sich dann zu:

(2)

h = 1, …, n

In (2) ist:αh(n) die Gruppenlast am Auflager h, die als Teil der n-ten

Lastgruppe zum Belastungszustand LastgruppenX(n) = 1 gehört.

X(n)v die endgültige statisch unbestimmte Größe – Last-gruppe – infolge P = 1 in Punkt v am Hauptträger.

Homberg nimmt nun vorerst an, dass die Gruppenlastenαh(n) bekannt sind und kann somit die Knotendurchbie-gungen

(3)

h = 1, …, n und n = 1, …, n

bestimmen (Bild 20). Im nächsten Schritt führt Hombergdas Bildungsgesetz der Lastgruppen ein:

fh(n) = ω(n) · αh(n) (4)h = 1, …, n und n = 1, …, n

Hombergs Bildungsgesetz der Lastgruppen (4) entsprichtder Beziehung (2), die Andrä als bestimmte AffinlastgruppeA bezeichnete.

Mit Hilfe des Prinzips der virtuellen Kräfte berechnetHomberg für zwei beliebige Lastgruppen X(n) und X(m) (n ≠m) die Biegelinien δnm und δmn und erhält mit (4) und derallgemeinen Orthogonalitätsbedingung δik = 0 (i ≠ k) dieBeziehung

(5)

n = 1, …, n und m = 1, …, n sowie n ≠ m.

Die Beziehung (5) nennt Homberg Orthogonalitätsbedin-gung für die Gruppenlasten. Erfüllen die Lastgruppen X(n)die Bedingungen (4) und (5), so verschwinden die Form -änderungsgrößen mit unterschiedlichen Fußzeigern. AlsGruppenlast αh(n) der Zustände X(n) = 1 wählt HombergOrdinaten von n Sinus-Wellen, welche für das Auflager hdann die Größe

(6)

h = 1, …, n und n = 1, …, n sowie 0 ≤ xh ≤ �

A Xhv h nn

n

n v= ⋅=

∑ α ( ) ( )1

f fh n hj j nj

n

( ) ( )= ⋅=

∑ α1

απ

h nhn x

( ) sin=⋅ ⋅⎛

⎝⎜⎞

⎠⎟�

α αj nj

n

j m( ) ( )=

∑ ⋅ =1

0

Bild 20. Statisch bestimmtes Grundsystem des Hauptträgersmit Gruppenlasten und Biegelinien nach Homberg (Quelle: [8.9, S. 5])Fig. 20. Statically determinate basic system for a main girderwith groups of loads and deflection curves, after Homberg(source: [8.9, p. 5])

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annimmt (Bild 21). Diese trigonometrische Funktion er-füllt Hombergs Orthogonalitätsbedingung (5), so dass fürdiesen Sonderfall das Problem überraschend einfach lös-bar ist. Die allgemeine Lösung führt durch Gleichsetzenvon (3) und (4) auf ein homogenes Gleichungssystem fol-gender Art:

(7)

Damit hatte Homberg die Lösung des in Bild 20 dargestell-ten statisch unbestimmten Problems in die Lösung des Eigenwertproblems (7) transformiert. Eine nichttrivialeLösung von (7) liegt vor, wenn die Nennerdeterminanteverschwindet. Dies führt zu einer Gleichung n-ten Grades

f f ff f f

f f f

n

n

n n nn

11 12 1

21 22 2

1 2

− …− …

… … … …… −

⎜ω

ω

ω

⎜⎜⎜⎜

⎟⎟⎟⎟

⋅…

⎜⎜⎜⎜

⎟⎟⎟⎟

=…

⎜⎜⎜⎜

αα

α

1

2

00

0n

⎟⎟⎟⎟⎟

(Frequenzgleichung) für ω, aus der die n Eigenwerte ω(n)berechnet werden können. Jeder gefundene Eigenwertω(1), …, ω(n) wird nacheinander zur Berechnung der Grup-penlasten αj(n) (j = 1, …, n, n = 1, …, n) in das homogeneGleichungssystem (7) eingesetzt. Es stehen n Gleichungenzur Verfügung. Da diese homogen sind, kann jeweils einbeliebiger Wert αj(n) gleich Eins gesetzt werden. Mit Hilfedes Prinzips der virtuellen Kräfte können nun die Form -änderungsgrößen unter Berücksichtigung der Eigenwerteberechnet werden zu:

(8)

mit dem Hilfswert

(9)

sowie die Lastspalte bzw. die Belastungsglieder:

(10)

Mit dem Bildungsgesetz der Lastgruppen (4) kann (10) in

δ(n)v = fv(n) = ω(n) · γv(n) (11)

überführt werden. Den in (10) und (11) vorkommendenAusdruck

(12)

n = 1, …, n und 0 ≤ v ≤ �

nennt Homberg Einheitsbiegelinie (s. Bild 21). Diese ist un-abhängig von der Steifigkeit des Balkens und der Größeder Durchbiegung. Aus (4) und (11) folgt:

γh(n) = αh(n) (13)

Unterhalb der Gruppenlast αh(n) = 1 hat daher die Ein-heitsbiegelinie die Ordinate γh(n) = 1. Da die gemischtenGlieder der δik-Matrix verschwinden, nehmen die Elastizi -tätsgleichungen für eine Wanderlast P = 1 an der Stelle vdie Form

δ(n)v + X(n)v · δ(n)(n) = 0 (14)

an (Bild 20). Aus (14) lassen sich zuerst die Einflussliniender statisch unbestimmten Lastgruppen zu

(15)

bzw. unter Berücksichtigung von (8) und (11) zu

X(n)v = –μ(n) · γv(n) (16)

h = 1, …, n

bestimmen. Wird (16) in (2) eingesetzt, dann ergibt sichdie Gleichung der Einflusslinie der statisch unbestimmtenAuflagerkraft zu

γωv nv n

n

f( )

( )

( )

=

11 1

vn v j n jv

j

n

vjj

n

j n v nf f f⋅ = ⋅ = ⋅ == =

∑ ∑δ α α( ) ( ) ( ) ( ))

μ

α( )

( )

,n

j nj

n=

=∑

1

2

1

11

2

1

vn n j n j n

j

n

n j nj

n

f⋅ = ⋅ = ⋅= =

∑δ α ω α( )( ) ( ) ( ) ( ) ( )∑∑ =ωμ

( )

( )

n

n

X X Xvv

vv

( )( )

( )( )( )

( )

( )( )

, , ,11

1 12

2

2 2

= − = − …δ

δδ

δ (( )( )

( )( )n v

n v

n n

= −δ

δ

Bild 21. Gruppenlasten und Einheitsbiegelinien nach Homberg (Quelle: [8.9, S. 6])Fig. 21. Groups of loads and unit deflection curves, afterHomberg (source: [8.9, p. 6])

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(17)

h = 1, …, n und 0 ≤ v ≤ �

Mit dem Superpositionsgesetz können dann die Einfluss-linien der statischen Größen Sxv wie Biegemoment Mxv,Querkraft Qxv und Verschiebung δxv ganz allgemein mitder Formel

(18)

n = 1, …, n und 0 ≤ v ≤ � sowie 0 ≤ x ≤ �

berechnet werden. In (18) bedeuten:S0

xv Einflusslinie der statischen Größe am statisch be-stimmten Hauptsystem infolge P = 1 an der Stelle v

Sx(n) Zustandslinie der statischen Größe am statisch be-stimmten Hauptsystem infolge X(n) = 1

γv(n) Einheitsbiegelinie gem. (12) (Bild 21) μ(n) Hilfswert gem. (9)

Dieser hochgradig formalisierte Aufbau der Kreuzwerk-theorie erlaubt die Erweiterung auf Kreuzwerke mit tor -sionssteifen Hauptträgern (G · IT ≠ 0); diese Erweiterungdemonstriert Homberg am Beispiel des Kreuzwerks mit glei-chen Querträgern in gleichen Abständen [8.9, S. 49–57].Werden beim Kreuzwerk mit torsionsweichen Hauptträ-gern (G · IT = 0) die Querträger als elastisch gelagerteDurchlaufträger modelliert, so führt Homberg bei Kreuz-werken mit torsionssteifem Hauptträger für die Auflagerder Querträger Doppelfedern ein, mit denen neben der ver-tikalen Verschiebung noch der Einfluss der Torsionssteifig-keit G · IT auf die Verdrehung der Auflager quantifiziertwerden kann. Erst Hombergs Kreuzwerktheorie ermög-lichte eine realistische baustatische Analyse von Stahlbeton-trägerrosten und Trägerrosten mit Hauptträgern, derenQuerschnitt kastenförmig ausgebildet ist.

Der von Homberg in der Theorie des Brückenbaus er-zielte Fortschritt wurde von Fachgenossen alsbald erkannt:Während Konrad Sattler in seiner Rezension Hombergsklar aufgebaute Kreuzwerktheorie hervorhob [53], betrach-tete sie Hans Schröder „als wertvoller Beitrag zur Weiter-entwicklung der Statik“ [54, S. 151].

13 Von der Ungleichzeitigkeit der Theoriebildung in der Strukturmechanik

Sein 101 Druckseiten umfassendes Buch beendet Hombergmit einer Fußnote zum kurz zuvor veröffentlichten Buchvon Leonhardt und Andrä: „Die von Leonhardt – Andräveröffentlichte Berechnungsmethode, bei der Gruppen -lasten verwendet werden, die in Brückenlängsrichtung aus-gerichtet sind, das allgemeine Bildungsgesetz für die Last-gruppen und der Beweis dafür, dass dieser Ansatz auf dieQuerverteilungszahlen des Trägerrostes mit einem Quer-träger führt, wurden vom Verfasser 1944 gefunden undLeonhardt und Andrä Januar 1945 zugänglich gemacht“[8.9, S. 101]. Hombergs Behauptung kann weder verifiziertnoch falsifiziert werden. Nach Auffassung Wilhelm Zell-ners waren im Prioritätsstreit um die Formulierung einerexakten Trägerrosttheorie „Aufgabenstellung und Lösung

S S S S Sxv xv x n vn

n

xv n x nn

n

= + = − ⋅ ⋅= =

∑ ∑0

1

0

1( ), ( ) ( )μ γγ v n( )

Ahv nn

n

h n v n= − ⋅ ⋅=

∑ μ α γ( ) ( ) ( )1

zu gleicher Zeit an unterschiedlichen Orten und in unter-schiedlichen Köpfen entstanden“ [55, S. 296]. Aus der un-terschiedlichen Darstellung der exakten Trägerrosttheoriebei Leonhardt und Andrä einerseits und Homberg ande-rerseits folgt, dass es sich um zwei eigenständige Leistun-gen handelt: Leonhardt und Andrä handeln den wissen-schaftlichen Gegenstand unmittelbar aus der Perspektivedes Konstruierens und des statischen Rechnens ab, sindalso der konstruktionsorientierten Baustatik verpflichtet.Homberg dagegen versteht es, die formale Kraft des Kal-küls in der Wissenschaftstradition der Berliner Schule derBaustatik für eine wichtige Klasse von statischen Syste-men kreativ umzusetzen – seine Kreuzwerktheorie kanndaher der grundlagenorientierten Baustatik zugeordnetwerden.

Viele Jahre später merkte Homberg an, dass die seinerKreuzwerktheorie zugrunde liegende mathematische Me-thode schon Jahre vor ihm angewandt wurde – nämlich inder Schubfeldtheorie von Hans Ebner und Hermann Köl-ler (s. [56] bis [59]), die sie im Rahmen der Luftfahrtfor-schung des „Dritten Reichs“ in den späten 1930-er Jahrengeschaffen haben. Dort entwickeln Ebner und Köller all-gemeine Lösungen für lineare Gleichungssysteme der Struk-turmechanik mittels orthogonaler Funktionen, baustatischGruppenlasten, mathematisch Eigenlösungen genannt [59,S. 127ff.]; dabei beziehen sie sich auf die von Richard Cou-rant und David Hilbert in ihrem weitverbreiteten Buch„Methoden der mathematischen Physik I“ dargestellte Alge -bra der linearen Transformationen (s. insbes. [60, S. 32–33]).Wie Homberg setzten Ebner und Köller die Eigenlösungennicht als äußere Belastungen, sondern als statisch unbe-stimmte Größen an; auch haben sie Tafeln der Eigenlö-sungen für verschiedene Anzahl und Steifigkeit der Längs-rippen der Schubfeldträger angegeben [59, S. 130–131]. ImUnterschied zur Kreuzwerktheorie Hombergs jedoch, setz-ten Ebner und Köller die Gruppenlasten in Systemquer-richtung an und fingen sich hierdurch den schwierigstenSonderfall der Eigenwertbetrachtung ein, wie Homberg1967 in seinem Aufsatz für „Die Bautechnik“ feststellte[8.26, S. 37]. Der Auffassung von Homberg, wonach dieArbeiten von Ebner und Köller „wegen der Geheimhal-tungsvorschriften bei der Luftfahrt den Bauingenieurendes Brückenbaues bis nach dem Krieg unbekannt“ [8.26,S. 37] blieben, kann nicht zugestimmt werden, da die ent-scheidende Arbeit als Zweitdruck der Originalarbeit [57]im „Jahrbuch 1939 der Deutschen Versuchsanstalt für Luft-fahrt, e. V., Berlin-Adlershof“ (DVL) [59] veröffentlichtwurde. Die DVL-Jahrbücher waren zwar nicht im Buch-handel erhältlich, wohl aber für Mitglieder und Freundeder DVL bestimmt, darunter zahlreiche führende Bauinge-nieure wie etwa die Berliner Professoren August Hertwigund Karl Pohl, deren Lehrveranstaltungen Homberg be-suchte. Im erwähnten Aufsatz gibt Homberg einen vonEbner und Köller durchgerechneten Schubfeldträger [59,S. 132ff.] wieder [8.26, S. 40] und demonstriert dem Leservon „Die Bautechnik“ den Vorteil seiner Methode. Die Ar-beiten von Ebner und Köller aus den Jahren 1937 [56] und1938 [57] zitierte Homberg schon im März 1952 in seinemAufsatz über Plattenkreuzwerke [8.11, S. 42]. Ob Hombergdie beiden Aufsätze schon vor der Veröffentlichung seinerKreuzwerktheorie im Jahre 1951 kannte oder nicht, ist se-kundär. Sicher ist nur, dass die rechnerische Lösung von

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Eigenwertproblemen auf dem Gebiet der Strukturmecha-nik schon in den 1930-er Jahren „in der Luft lag“. Mit der1939 von Cornelius Benjamin Biezeno und Richard Gram-mel veröffentlichten Monographie „Technische Dynamik“[61] erwähnt Homberg ein einflussreiches Werk [8.26,S. 37], wo die Theorie der Eigenwerte als eigenständigeLösungsmethode der Technischen Dynamik dargestellt[61, S. 148–172] und zur Lösung von Schwingungs- undStabilitätsproblemen herangezogen wird. Als Abonnentder „Zeitschrift für Angewandten Mathematik und Mecha-nik (ZAMM)“ konnte Homberg dort zahlreiche Veröffent-lichungen zur rechnerischen Lösung von Eigenwertpro-blemen der Strukturmechanik lesen. Auch in der ausländi-schen Fachliteratur der Strukturmechanik eroberte sich inden späten 1930-er Jahren die Analyse von Eigenwertpro-blemen einen festen Platz (z. B. [62]). Auf der anderenSeite differenzierten sich die theoretischen Grundlagendes Maschinen-, Flugzeug- und Brückenbaus so stark aus,dass selbst Zeitschriften wie die ZAMM die durch dieTechnische Mechanik und Ingenieurmathematik gestifteteEinheit des Systems der klassischen Technikwissenschaf-ten tendenziell nicht mehr sichern konnten: Was für dieErweiterung der theoretischen Basis des Maschinen- undFlugzeugbaus schon in den späten 1930-er Jahren selbst-verständlich war, musste im Brückenbau in der Entwick-lung der Trägerrosttheorie zur Kreuzwerktheorie mühsamerrungen werden.

14 Vom Diskontinuum zum Kontinuum: Kreuzwerk und orthotrope Platte von 1952 bis 1960

Homberg ist es 1951 auf eindrucksvolle Weise gelungen, aufwenigen Druckseiten die Kreuzwerktheorie zu entwickeln.Damit leitete er auf dem Gebiet der Theorie des Brücken-baus die Innovationsphase der Baustatik (1950–1975) miteinem Paukenschlag ein. Nach 1950 publizierten Leon-hardt und Andrä nicht mehr über Trägerroste – die Füh -rung auf diesem wichtigen Sondergebiet der Baustatik hattenunmehr Homberg übernommen. Angeregt durch Span-nungsmessungen an einer Straßenbrücke in Verbundbau-weise in Siegen, die unter Leitung von Klöppel durchge-führt und ausgewertet wurden [63], vollzog Homberg 1952den Übergang vom Kreuzwerk zur orthotropen Platte [8.11].Werden die Lasten bei gewöhnlichen Kreuzwerken überdie Biege- und Torsionssteifigkeit der Haupt- und Querträ-ger verteilt, so zieht Homberg beim Plattenkreuzwerk zu-sätzlich noch die Schubsteifigkeit der Platten zur Lastver-teilung heran (Bild 22). Hier geht Homberg von der Schub-feldtheorie Ebners und Köllers ([56], [57]) aus. HombergsPlattenkreuzwerk entspricht der orthotropen Platte.

Obzwar mit dieser erweiterten Kreuzwerktheorie dieexzentrische Rippenanordnung zum Deckblech nicht er-fasst werden konnte, sicherte sie sich in der Praxis des sta-tischen Rechnens über viele Jahre einen Vorzugsplatz. Da-bei muss berücksichtigt werden, dass es bis zur Mitte derInnovationsphase der Baustatik, d. h. bis in die 1960-erJahre, nachgerade zu einer Explosion in der Entwicklungder Theorie der orthotropen Platte kam. In erster Liniesoll hier auf die kreative Adaption der ursprünglich vonMaksymilian Tytus Huber (1872–1950) in den 1920-er Jah-ren für den Stahlbetonbau entwickelten Plattentheorie (s.[64, S. 459–461]) auf die orthotrope Stahlfahrbahn durch

Wilhelm Cornelius im Jahre 1952 [65] hingewiesen wer-den. Dort löst Cornelius die Hubersche Differentialglei-chung der orthotropen Platte für verschiedene Platten -typen wie Stahlplatte mit einer Schar Walzprofilen undTrägerrost in Verbund mit einer Betonplatte, gibt also Lö-sungsfunktionen für die Formänderungen und Schnitt-kräfte an und tabelliert die Konstanten der Lösungsfunk-tionen für häufig vorkommende Belastungstypen. Auf die-ser Basis berechnete Cornelius die orthotrope Platte der1944 zerstörten und 1951 eröffneten Hängebrücke Köln-Mülheim, für die nur 5800 t statt 12900 t Stahl benötigtwurde. Diese Gewichtsreduktion um 55 % kam nicht nurdurch Einsatz des Schweißens und von St 52 zustande,sondern auch durch Anwendung der orthotropen Stahl-fahrbahn [64, S. 458f.]. Während sich beim HuberschenKontinuum die Lage der Rippen symmetrisch zur Mittel -ebene des isotropen Deckblechs befinden müssen, fasstAlf Pflüger [66] das isotrope Deckblech und die exzen-trisch dazu liegenden „verschmierten“ Rippen zu den nachihm benannten Kontinuum zusammen. Karl Trenks, einfrüher Mitstreiter Hombergs, geht in seiner von ProfessorPflüger (TH Hannover) betreuten Dissertation [67] vomPflügerschen Kontinuum aus. Dieselbe theoretische Basislegt auch Ernst Giencke seiner 1955 veröffentlichten Ar-beit über die Grundgleichungen für die orthotrope Plattemit exzentrischen Rippen zugrunde [68]. Eine anschau -liche Synthese der Huberschen und Pflügerschen Konti-

Bild 22. Plattenkreuzwerk mit Schubfeldern nach Homberg(Quelle: [8.11, S. 43])Fig. 22. Plate grillage with shear fields, after Homberg(source: [8.11, p. 43])

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nuumstheorie anisotroper Flächentragwerke mit Hilfe derMatrizenrechnung gelang Kurt Klöppel und RichardSchardt im Jahre 1960 [69]. Diese Arbeit avancierte nichtnur zur Grundlage einer Kontinuumstheorie orthotroperPlatten, sondern zur Analyse der in den 1960-er Jahrenaufkommenden Netzkuppeln (s. [64, S. 491–495]).

15 Tafelwerk und Computer in der baustatischen Brückentheorie

1960 publizierte Hans Schumann (1920–2006) seine beiPflüger erarbeitete Dissertation zur Berechnung orthotro-per Rechteckplatten [70]. Schumanns – in der Spracheder Matrizenrechnung formulierte – Theorie berücksich-tigt neben der Exzentrizität auch die diskontinuierlicheAnordnung der Längs- und Querrippen. In der Zusammen-fassung notiert er, dass die Matrizenformulierung seinerTheorie die Programmierung der Berechnung für pro-grammgesteuerte elektronische Rechenautomaten erleich-tern würde [70, S. 309]. So rückte nach 1960 die konse-quente Matrizenformulierung, welche eine Umsetzung inAlgorithmen für Computerprogramme präformierte, in denBlickpunkt der baustatischen Theoriebildung. Diese Ent-wicklung trieb Giencke auf dem Gebiet der orthotropenPlatten und Scheiben konsequent voran. 1967 gelang ihmdie Formulierung eines finiten Verfahrens zur Berechnungvon orthotropen Platten und Scheiben [71]; drei Jahrespäter veröffentlichte Giencke mit J. Petersen ein finitesVerfahren zur Berechnung schubweicher orthotroper Plat-ten [72], die damals immer häufiger im Bauwesen alsSandwichkonstruktionen eingesetzt wurden.

Auch Hombergs erweiterte Kreuzwerktheorie erleich-tert die Programmierung. Zusammen mit der zeitgleich er-folgenden Systematisierung der Stabtheorie II. Ordnungdurch Alfred Teichmann [64, S. 392ff.] stellt die erweiterteKreuzwerktheorie ein großartiges Finale der Berliner Schuleder Baustatik dar, weil sie deren Tradition des operativenSymbolgebrauchs am Phasenübergang von der Stab- zurKontinuumsstatik in den frühen 1950-er Jahren erfolg-reich fortführt und die syntaktische Symbolkraft so entfal-tet, dass die rechnerische Analyse von modernen Brücken-fahrbahnen auf rationelle und übersichtliche Weise mög-lich sowie die Rechenarbeit potentiell automatisierbar ist.Sowohl Teichmanns Formulierung der Stabtheorie II. Ord-nung als auch Hombergs erweiterte Kreuzwerktheoriesind ohne Schwierigkeit in Computerprogramme umsetz-bar. Diese Umsetzung erfolgte im Falle der HombergschenTheorie historisch-logisch in drei Stufen:

1. Stufe: Wie oben gezeigt wurde, basierte HombergsKreuzwerktheorie mathematisch auf der Lösung der Elas -tizitätsgleichungen mit Hilfe einer Eigenwertbetrachtung.Durch die Orthogonalisierung der großen Gleichungssys -teme war es auch praktisch möglich, die hochgradig sta-tisch unbestimmten Trägerroste rationell zu analysieren.Der große Vorteil dabei ist, dass die Lösungen des Eigen-wertproblems gesammelt und immer wieder verwendetwerden können. Auf diese Weise veröffentlichte Hombergallein (z. B. [8.8] u. [8.27]) und zusammen mit Kollegenbzw. Mitarbeitern (z. B. [8.18] u. [8.23]) Tafelwerke, welchein der Praxis des statischen Rechnens im Brückenbau inder Innovationsphase der Baustatik (1950–1975) als wich-tige Arbeitsmittel dienten, bevor Rechenprogramme die

Ingenieurbüros eroberten. Bis etwa 1960 wurden die Zah-lenwerte der Tafelwerke mit den klassischen Rechenhilfs-mitteln wie Rechenschieber und Rechenmaschine ermit-telt.

2. Stufe: Seit Beginn der 1960-er Jahre ging Hombergdazu über, die Zahlenwerte seiner Tafelwerke mit Hilfevon Computern ermitteln zu lassen (z. B. [8.23]). Die sta-tische Berechnung selbst erfolgte i. d. R. ohne Computer.

3. Stufe: Gegen Ende der Innovationsphase der Bau-statik (1950–1975) wurden Analyseschritte der statischenBerechnung programmiert. So befasste sich Helmut Un-ger, der von 1965 bis 1969 bei Homberg als Statiker wirkte,schon früh mit der Programmentwicklung. Mit STABSTA-DYN schuf Unger ein spezielles Brückenbau-Programm-system für Stahl- und Stahlverbundsysteme, das auch Pro-grammmodule zur Berechnung von Kreuzwerken nachTheorie I. Ordnung enthält – dabei bezog er sich explizitauf seinen „verehrten Lehrer im Brückenbau“ [73, S. 18]Hellmut Homberg. Die gesamte Referenzliste der mit STAB-STADYN untersuchten Brückenbauwerke umfasst 66 Pro-jekte im Zeitraum zwischen 1975 und 2000 [73, S. 61–69].Während seiner Zeit bei der Dortmunder StahlbaufirmaKlönne (1974–1991) beriet Unger auf dem Gebiet des elek-tronischen statischen Rechnens seinen ehemaligen ChefHomberg des Öfteren auf privater Basis.

Dass Homberg die Automatisierung des statischenRechnens nicht aktiv vorantrieb, sondern wohlwollendder Initiative seiner Mitarbeiter überließ, geht aus einerSchilderung Winfried Neumanns hervor, der von 1981 bis1983 bei Homberg als Statiker beschäftigt war. Neumannprogrammierte Hombergs Kreuzwerktheorie für den Fallvon Trägerrosten mit zwei torsionssteifen Hauptträgern unddrei bzw. vier torsionsweichen Hauptträgern und jeweilsunendlich vielen Querträgern auf dem HP-Tischrechnerund berechnete innerhalb eines Monats für sieben Brü -cken die Schnittkräfte, was Homberg sehr beeindruckte.

Seit Mitte der Innovationsphase der Baustatik(1950–1975) wurde die Theoriebildung durch die techno-logische Entwickung des Computers und der damit ver-bundenen Softwareentwicklung vorangetrieben. John H.Argyris (1913–2004) brachte diesen Zusammenhang 1965auf den Punkt: „The Computer shapes the theory“ (s. [64,S. 619–622]). Dieser Satz gilt nicht nur für den Konstruk-tiven Ingenieurbau, sondern für alle Ingenieurdisziplinen.Logischer Kern dieser historischen Entwicklung der mo-dernen numerischen Methoden der Technikwissenschaf-ten bildete die Mitte der 1950-er Jahre aus dem Flugzeug-bau sich entwickelnde Finite-Element-Methode (FEM), diemit den Namen von J. H. Argyris (1913–2004), M. J. Tur-ner, R. W. Clough, H. C. Martin, L. J. Topp, R. G. Gallagher(1927–1997) und O. C. Zienkiewicz (1921–2009) verbun-den ist [64, S. 619ff.]. Bemerkenswert ist, dass die meistender genannten Personen aus dem Bauingenieurwesen kom-men. Programmatisch für die Rolle des Hauptdarstellersder Computertechnologie bei der technikwissenschaftlichenTheoriebildung ist die 1969 von Zienkiewicz und Galla -gher gegründete Zeitschrift „International Journal for Nu -merical Methods in Engineering“, der ersten Zeitschrift aufdem Gebiet der computerorientierten numerischen Inge-nieurmethoden. Der Umschlag der Erstausgabe zeigt einenTeil eines Computerprogramms zur Analyse eines boden-physikalischen Problems mit Hilfe der FEM (Bild 23).

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K.-E. Kurrer/E. Pelke/K. Stiglat · Einheit von Wissenschaft und Kunst im Brückenbau: Hellmut Homberg (1909–1990) – Sein Beitrag zur Theorie des Brückenbaus (Teil II)

Durch die zu Beginn der Diffusionsphase der Bausta-tik (1975–heute) einsetzende Verbreitung von Personal-computer in den Ingenieurbüros für Tragwerksplanungverlagerte sich das Erkenntnisinteresse der Baustatik vonder Automatisierung des statischen Rechnens und seinemtheoretischen Hintergrund seit Beginn der 1990-er Jahrezum Kontextualen: Tragwerkplanung wird zunehmend alssystemintegrierter Prozess begriffen. Der Integration derBaustatik in die moderne Strukturmechanik folgt die Neu-bestimmung des statischen Rechnens in der Kette vomEntwurf, Rechnen, Bemessen, Konstruieren, Zeichnen überdas Fertigen und Montieren bis hin zum Nutzen, Umnut-zen, Reparieren und Entsorgen. Diese Entwicklung hatHomberg nicht mehr erlebt.

Das in Abschn. 12.1 beschriebene Konzept Hombergszur exakten Berechnung hochgradig statisch unbestimm-ter Trägerroste war zweifelsohne ein Geniestreich erstenRanges und als solcher seine beste Idee – ihre Um- undDurchsetzung in Gestalt der Kreuzwerktheorie bildete dieHauptachse des baustatischen Denkens von Homberg undist ein Markstein der Baustatik in ihrer bewegten Innova -tionsphase von 1950 bis 1975.

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Bild 23. Titel der Erstausgabe der Zeitschrift „InternationalJournal for Numerical Methods in Engineering“ Fig. 23. The first edition of the “International Journal forNumerical Methods in Engineering”

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Autoren dieses Beitrages:Dr.-Ing. Karl-Eugen Kurrer, Verlag Ernst & Sohn, Rotherstraße 21, 10245 BerlinDipl.-Ing. Eberhard Pelke, Hessisches Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen, Dezernat Bautechnik und Ingenieurbau, Wilhelmstraße 10, 65185 WiesbadenDr.-Ing. Klaus Stiglat, Hegaustraße 21, 76199 Karlsruhe