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Aus dem Institut für Tierzucht und Tierverhalten Mariensee Detlef Rath Einsatz von gesextem Sperma in Rinderzuchtprogrammen Manuskript, zu finden in www.fal.de Published in: Landbauforschung Völkenrode Sonderheft 242, pp. 37-42 Braunschweig Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) 2002

Einsatz von gesextem Sperma in Rinderzuchtprogrammen · ist die instrumentelle Samenübertragung. Ur-sprünglich wurde dieses biotechnische Verfahren ... pro Sekunde bis zu 30.000

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Aus dem Institut für Tierzucht und Tierverhalten Mariensee Detlef Rath Einsatz von gesextem Sperma in Rinderzuchtprogrammen Manuskript, zu finden in www.fal.de Published in: Landbauforschung Völkenrode Sonderheft 242, pp. 37-42 Braunschweig Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) 2002

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D. Rath: Einsatz von gesextem Sperma in Rinderzuchtprogrammen 37

Einsatz von gesextem Sperma in Rinderzuchtprogrammen

Detlef Rath*

* PD Dr. Detlef Rath, Forschungsbereich Biotechnologie, Institutfür Tierzucht Mariensee, Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft(FAL), 31535 Neustadt, e-mail: [email protected]

Die Basis für moderne Rinderzuchtprogrammeist die instrumentelle Samenübertragung. Ur-sprünglich wurde dieses biotechnische Verfahrenaus tiermedizinischen Gründen Ende der 40er Jahreentwickelt, um die Infektionskette der Geschlechts-krankheiten, die von den Deckbullen übertragenwurden, zu unterbrechen. Innerhalb weniger Jahrewurden venerische Erkrankungen in den Rinder-herden auf ein Minimum reduziert und auch andereübertragbare Seuchen mit Unterstützung der Besa-mung weitgehend eliminiert. Vorteile durch dieBesamung für züchterische Aufgaben lagen auf derHand und der Einsatz von Frischsperma ermög-lichte zunächst die Nutzung hochwertiger Vererberlokaler und nationaler Zuchtressourcen. Vorausset-zungen für den internationalen Spermahandel wur-den Mitte der 60er Jahre durch die Tiefgefrierkon-servierung von Rindersamen geschaffen. Ohnediese Biotechnik gäbe es heute keine weltweiteNutzung der Milchrinderrassen amerikanischer undkanadischer Herkunft.

Als innovatives Instrument für die Rinderzuchtsteht jetzt eine neue Technik am Abschluss derLaborphase, die es erlaubt, Ejakulate vor der Be-samung aufgrund der geschlechtsbestimmendenEigenschaften der Samenzellen zu sortieren undsolche Nachkommen vermehrt zu erzeugen, die füreine bestimmte Produktionsrichtung vorteilhaftsind. Dies dient der Optimierung der Bestandsgrö-ßen, minimiert den Anfall von Reststoffen aus derTierproduktion, maximiert die Nährstoffnutzung inBezug auf die Produktmenge, erleichtert dasZuchtmanagement und verbessert die Chancen fürden Export tragender Rinder. Besamungen mitgesexten Spermien sind u. a. vorteilhaft bei derErzeugung von Bullenmüttern, der Vermehrungwertvoller Vererber, der Reduzierung von Bullen-kälbern in Milchbetrieben und der Verringerungvon Testbesamungen um bis zu 50 %. Aktuell be-steht ein erheblicher Mangel an weiblichen Käl-bern, der u. a. durch kürzere Nutzungszeiten derMilchkühe und abnehmende Fruchtbarkeit bedingtist. Durch den Einsatz von gesextem Spermakönnte diese Situation kurzfristig entlastet werden.

Im Mastbetrieb werden vorwiegend Bullenkäl-ber benötigt und bei Zweinutzungsrassen ist dieGeschlechtsauswahl aufgrund positiver Merkmalein der Zuchtwertschätzung sinnvoll. Vorteile erge-ben sich außerdem beim Aufbau genetischer Res-sourcen und der Erhaltung vom Aussterben be-drohter Rinderrassen, insbesondere wenn neben dengesexten Spermien Oozyten tiefgefroren werdenkönnten.

Biologische Voraussetzungen

Bei Säugetieren wird das Geschlecht der Nach-kommen durch die Geschlechtschromosomen inden Spermien bestimmt. Die Oozyten tragen immerein X-Chromosom, deren Befruchtung mit einemX-chromosomalem Spermium zur Ausbildung desweiblichen Geschlechtsapparates führt. Befruch-tungen mit Y-chromosomalen Spermien unterdrü-cken die Entwicklung des weiblichen Genitaltraktes(Anti-Müller-Horman) und induzieren die Bildungdes männlichen Genitaltraktes. Die genetisch pri-märe Information steuert die Ausbildung der Ho-denanlage im Fetus und ist auf dem kurzen Armdes Y-Chromosoms lokalisiert. Die Y-Chromosomtragende Samenzelle enthält etwas weniger DNAals die X-Chromosom tragende. Die relativen spe-ziesspezifischen Unterschiede des DNA-Gehaltessind in Tabelle 1 aufgeführt.

Technische Voraussetzungen

Untersuchungen zur Trennung der „weiblichen“und „männlichen Spermien wurden bereits zu Be-ginn des letzten Jahrhunderts unternommen. BisMitte der 80er Jahre wurde versucht, durch physi-kalische Verfahren Eigenschaften wie Größe, Ge-schwindigkeit, Dichte, Polarität usw. zur Trennungder Spermienpopulation anzuwenden oder durchimmunologische Verfahren mit entsprechendenAntikörpern geschlechtsspezifische Unterschiedezu ermitteln. Die Versuche waren nicht aussagefä-hig oder waren nicht reproduzierbar. Der bislang

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einzige wirklich bewiesene Unterschied zwischenX- und Y-Chromosom tragenden Spermien ist de-ren unterschiedlicher Gehalt an DNA. Mit Hilfe dersogenannten LASER-Flowzytometrie können diefeinen Unterschiede der Erbsubstanz im Spermien-kopf gemessen und für die Auftrennung der Ejaku-late in X- und Y-Chromosom tragenden Samenzel-len genutzt werden. Wesentliche Teile des Verfah-rens sind als „Beltsville Sperm Sexing Technolo-gy“, BSST, patentiert worden.

Tabelle 1Beispiele für den relativen Unterschied des DNA-Gehal-tes in Spermien verschiedener Haustierspezies und desMenschen

Tierart Unterschied des relativen DNA-Gehaltes zwischen X- und Y-Chromosom tragenden Spermien

Mensch 2,9 %

Kaninchen 3,0 %

Maus 3,2 %

Schwein 3,6 %

Rind 3,8 %

Pferd 4,1 %

Schaf 4,2 %

Prinzip der flowzytometrischen Spermientren-nung

Frisch gewonnene Ejakulate werden hoch ver-dünnt und mit einem Fluoreszenzfarbstoff, der sichan die Chromosomen im Spermienkopf anlagert,markiert. Die Menge des gebundenen Farbstoffeshängt direkt von der vorhandenen DNA-Menge ab.Die Messung der Fluoreszenz erfolgt an einzelnenSpermien, die sich in einem feinen Flüssigkeits-strom an einer starken Laserquelle vorbeibewegen.Die unterschiedlich starken Fluoreszenzsignalewerden von Fotozellen erfasst und von einemschnellen Computer analysiert. Um viele Samen-zellen einzeln messen zu können, wird der Flüssig-keitsstrom durch Vibrationen in einen Tröpfchen-strom zerteilt, wobei jedes Tröpfchen eine Samen-zelle enthält. Für den eigentlichen Trennvorgangwerden die Tröpfchen in Abhängigkeit von derStärke des Fluoreszenzsignals, das sich aus demrelativen DNA-Gehalt ergibt, elektrisch positivoder negativ aufgeladen. Beim anschließendenPassieren eines elektrischen Feldes bewirkt die

elektrische Aufladung eine Ablenkung der Tröpf-chen zur einen oder anderen Seite. Die Tröpfchenmit den Spermien werden in Eppendorf-Röhrchenin einem TES-Eidotterverdünner aufgefangen.

Mit den neusten Hochgeschwindigkeits-Flowzy-tometern und spezieller Software, die für die Sor-tierung von Spermien entwickelt wurde, könnenpro Sekunde bis zu 30.000 Samenzellen identifi-ziert werden und hiervon ca. 20 % sicher auf ihrenchromosomalen Gehalt überprüft und sortiert wer-den. Entscheidend ist dabei, wie genau die Samen-zellen vor dem Laserstrahl ausgerichtet werden. BeiEinstellung auf hohe Trenngenauigkeit liegt dieReinheit der Spermientrennung zwischen 92 und98 %. Damit stehen pro Stunde 22 bis 25 Millionen„gesexte“ Spermien für die Besamung zur Verfü-gung. Durch eine unmittelbar an den Sortiervor-gang durchgeführte Reanalyse liegt die Informationüber die Reinheit der jeweils getrennten Samenpro-be bereits vor, bevor die Spermien tiefgefrorenwerden.

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HüllstromHüllstrom

PMT 1

PMT 0

U V-LASER

Spermien

Signalerfassung Seitenfluoreszenz

Signalerfassung Vorwärtsfluoreszenz

LaserX/Y Fluoreszenz

Seiten-Fluoreszenz

3000 V

Abbildung 1Prinzip der Flowzytometrie

Abbildung 2Hochgeschwindigkeits-Flowzytometer (TZV Mariensee)

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Abbildung 3Diagramm des Sortierprozesses

Oben links ist die gesamte vom Gerät erkannteSpermienpopulation zu erkennen (jeder Punkt rep-räsentiert eine Samenzelle). Die dunkleren Berei-che kennzeichnen die Anhäufung von vor demLaser richtig orientierten Spermien, wobei der obe-re Bereich X-chromosomale, der untere Y-chromoso-male Spermien zeigt. Im mittleren Histo-gramm wird die zu sortierende Spermienpopulationnach elektronischer Bearbeitung und Fokussierungdargestellt. Die beiden Rahmen geben die jeweiligeSortierrichtung vor. Im rechten Histogramm ist dieAuftrennung der Spermienpopulation dargestellt.Der linke Peak repräsentiert die Y-chromosomalen,der rechte Peak die X-chromosomalen Spermien. Jetiefer der Einschnitt zwischen den Peaks erscheint,umso schneller und genauer können die Spermiensortiert werden.

Die ersten Kälber wurden 1992 aus In-vitro-Befruchtung mit gesextem Sperma geboren. FünfJahre später gelang die erste Besamung mit frischsortiertem Bullensperma und seit 1999 wird dasgesexte Bullensperma tiefgefroren. Im Vergleich zuden Spermienmengen, die üblicherweise in derBesamung eingesetzt werden, erscheint die Zahl

gesexter Spermien, die pro Zeiteinheit isoliert wer-den kann, relativ gering. Bei Färsen reicht aber lt.amerikanischen Studien die Verlegung des Besa-mungsortes von der Zervix in das Uterushorn aus,um statt mit 20 Millionen mit 1 bis 2 Millionenlebenden Spermien erfolgreich zu besamen. Dabeisinken die Non-Returnraten gegenüber normalenBesamungen um ca. 15 % ab. Bei Kühen weist dieBesamung mit gesextem Sperma noch Mängel auf,denn die Variabilität im Zyklusgeschehen scheinthöher zu sein. Gegenwärtig laufen Untersuchungenim Institut für Tierzucht, um den optimalen Zeit-punkt für die Besamung von Kühen mit gesextemSperma zu ermitteln. Offensichtlich lassen sichnicht alle Bullen verwenden, denn durch die starkeReduzierung der Spermien pro Besamungsdosisentfällt die Kompensation von Spermamängeln. EinEinfluss wurde auch für den „Besamer“ in ameri-kanischen Studien nachgewiesen, der evtl. mit derveränderten Besamungstechnik im Zusammenhangsteht. Bislang wurden mehr als 3.000 Kälber mitgesextem Sperma erzeugt. Das Nachkommenge-schlecht war in allen Untersuchungen mit den Er-gebnissen der Reanalyse hoch korreliert.

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Patente und Lizenzen

Die Technik der flowzytometrischen Sper-mientrennung ist durch eine Reihe von Patentengeschützt. Ein wesentliches Patent wurde vomUSDA in Washington erworben und die Lizenz-rechte für die Nutzung bei Tieren an ein amerikani-sches Unternehmen (XY Inc. Colorado) vergeben.Für die kommerzielle Nutzung ist daher ein Li-zenzerwerb erforderlich.

Perspektiven zur Integration des Sperma Sexingin Rinderzuchtprogramme des Jahres 2025

Drei unterschiedliche Szenarien sind für dieEntwicklung der Techniken zur Geschlechtsbeein-flussung möglich.

1. Es bleibt bei der Notwendigkeit, Spermieneinzeln zu identifizieren und zu sortieren.

Das flowzytometrische Verfahren ist im Hin-blick auf die Trenngenauigkeit sehr zuverlässig undermöglicht durch Reanalyse der Spermienprobenunmittelbar nach dem Sortiervorgang eine genaueVoraussage der Geschlechtsverschiebung in derNachkommenpopulation. Die Technik ist relativeinfach zu handhaben und lässt sich in bestehendeBesamungsregime integrieren. Begrenzt wird dasVerfahren durch die Notwendigkeit, jede Samen-zelle einzeln zu identifizieren und zu sortieren.Technische Verbesserungen der flowzytometri-schen Spermientrennung sind zwar zu erwarten undkönnen evtl. die Sortierrate nochmals verdoppeln.Damit sind die physikalischen Grenzen aber er-reicht. Änderungen im Besamungsregime, die aufeine deutliche Spermienreduzierung in der Besa-mungsdosis ausgerichtet sind, können diesenNachteil teilweise auffangen. Positive Ergebnissewurden über In-vitro-Produktionsverfahren mitgesextem Sperma und anschließendem Embryo-transfer berichtet. Die erforderlichen Oozyten kön-nen unchirurgisch durch Follikelpunktion in fastjedem Reproduktionsstatus von Kälbern, Rindernund Kühen gewonnen werden, ohne das Reproduk-tionsverhalten der Spendertiere zu beeinflussen

2. Es werden alternative Verfahren entwickelt, die keine individuelle Spermienanalyse erfordern.

Zweifelsohne wäre es günstiger, ein Trennver-fahren zu verwenden, dass eine Identifizierung dereinzelnen Samenzellen überflüssig macht und eserlaubt, das gesamte Ejakulat geschlechtsspezifischauftrennen. Dies setzt voraus, dass auf der Sper-mienoberfläche Strukturen vorhanden sind, dieeindeutig geschlechtsspezifisch sind, nicht zwi-

schen Samenspendern variieren und technischeLösungen der Identifizierung und Trennung zulas-sen. Geeignet wären hierfür geschlechtsspezifischeProteine auf der Spermienoberfläche, gegen dieAntikörper produziert werden und die zur Ausfäl-lung des nicht gewünschten Geschlechtes führen.Sollen nur Spermien für ein Nachkommenge-schlecht verwendet werden, würde es ausreichen,ein Membranprotein zu finden, das nur auf einerSpermienart vorkommt. Soll für beide Ge-schlechtsmerkmale eine Auftrennung möglich sein,müssten zwei unterschiedliche Proteine vorhandensein. Immunologische Untersuchungen, um derarti-ge Oberflächenproteine eindeutig nachzuweisenund für eine sichere Trennung mittels monoklona-ler Antikörper zu verwenden, hat es in der Vergan-genheit mehrfach gegeben. Bis heute sind wedereinsatzfähige Sortierverfahren, die auf immunolo-gischen Prinzipien basieren, erfolgreich gewesen,noch sind Nachkommen mit prognostiziertem Ge-schlecht bislang hieraus geboren worden. Alle wis-senschaftlichen Publikationen, bei denen Oberflä-chenproteine z. B. mittels hochsensibler 2D- E-lektrophorese identifiziert wurden, haben bislangkeinen geschlechtsspezifischen Unterschied erken-nen lassen.

Andere Spermienmembranbestandteile wie Li-pide oder Zucker sind am Bindungsgeschehen vonSamenzelle und Eizelle beteiligt. Eine möglicheGeschlechtsspezifität dieser Strukturen wird derzeitim Rahmen eines gemeinsamen DFG-Projektes desInstituts für Tierzucht der FAL, des Instituts fürReproduktionsmedizin der Tierärztlichen Hoch-schule Hannover und der Universität Göttingenuntersucht.

Ein anderer Ansatz bezieht sich auf die Beein-flussung der Geschwindigkeit von Samenzellen.Kürzlich wurde auf dem Chromosom 17 bei Mäu-sen ein geschlechtsspezifisches Gen gefunden, dassscheinbar die Geschwindigkeit von Samenzellenbeeinflusst. Ob dieses Gen auch bei anderen Säu-gern vorhanden ist, ist nicht bekannt. Man müsstefür die Beeinflussung der Spermiengeschwindigkeitallerdings zunächst ein transgenes Vatertier erstel-len. Ob dessen Nachkommen züchterisch dannnoch interessant sind, ist fraglich.

3. Die Verschiebung des Geschlechtsverhältnisses erfolgt nicht mehr durch Spermienselektion

Das Geschlechtsverhältnis kann auch unabhän-gig von einer Spermienselektion erfolgen, indembeispielsweise im Rahmen des Embryotransfers dasEmbryonengeschlecht molekulargenetisch be-stimmt wird und nur die Embryonen übertragen

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werden, die das gewünschte Geschlecht besitzen.Dieses Verfahren wird von den Besamungsstatio-nen seit mehreren Jahren kommerziell angeboten,beinhaltet aber eine Reihe von ökonomischen undtechnischen Nachteilen.

Ein anderer Ansatz wäre die Erstellung transge-ner Tiere. Allerdings ist die fetale Entwicklung derGeschlechtsorgane und deren Funktion nicht mo-nogen. Weibliche Mäuse, die für das sry-Gentransgen gemacht wurden, entwickelten zwar denmännlichen Genitalapparat, blieben aber steril.

Durch Klonen ließen sich ebenfalls Nachkom-men mit gewünschtem Geschlecht erstellen. Hierzukönnte man auf Embryonen zurückgreifen, diedurch Auslösung einer Parthenogenese entstehenund daher nur weiblich sein können. Alternativewäre es auch möglich, somatische Zellen vonweiblichen Spendertieren zu reprogrammieren unddie Zellkerne zum Klonen zu nutzen. Diese Bio-techniken stehen aber erst am Anfang der Ent-wicklung und es bleibt abzuwarten, ob mittelfristigderen Nutzung in der Rinderzucht durchsetzbar ist.Gegenwärtig wird eine Akzeptanz dieser Technikeneher fraglich eingeschätzt.

Nach heutigem Kenntnisstand kommt mittel-fristig nur die flowzytometrische Spermientrennungfür den Einsatz in der Rinderzucht in Frage.Gleichgültig, welche Technik letztendlich zur An-wendung kommt, aus ökonomischer und ökologi-scher Sicht ist eine Optimierung der Rinderzuchtdurch Auswahl des richtigen Geschlechts für denjeweiligen Produktionszweig geboten. Da die Ent-wicklungs- und Betriebskosten für die genanntenVerfahren hoch sind, wäre eine intensivere Koope-ration der Zuchtverbände und Besamungsstationenmit Forschungseinrichtungen, die die erforderlicheExpertise besitzen, erstrebenswert.