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62 Kompromisse bei der Therapieentscheidung Prognose Endodontische Behandlung nach traumatischer Schädigung, externe und interne Resorptionen Zahntraumen Zahntraumen können zu irreversiblen Schädigungen des Pulpa- und Parodontalgewebes führen. Eine abschließende klinische Beurteilung ist nach dem Vorfall oft nicht möglich, so dass eine vorläufige Prog- nose in Abhängigkeit von Art und Schweregrad des Traumas und dem Zeitpunkt der Behandlung gestellt wird. Der richtige Zeitpunkt für die endodontische Behandlung ist für die Prognose des Zahnes von Bedeutung. Oft zeigt sich erst in der Kontrollphase der endodontische Behandlungsbedarf. Die hervorra- genden systematischen Untersuchungen der Arbeitsgruppe um Andreasen geben klare Empfehlungen für Diagnostik, Therapie und Prognose (Andreasen 1988, Mayer und Staehle 1996), so dass hier auf die Behandlungssystematik im Einzelnen nicht eingegangen werden muss. Entscheidend ist die möglichst umgehende Reposition des Zahnes in der Alveole. Deshalb verschlechtern endodontische Behandlungen außerhalb des Mundes eventuell einschließlich einer Wurzelspitzen- resektion die Prognose grundsätzlich und müssen deshalb als Kom- promiss angesehen werden. Es dürfte dem endodontisch tätigen Kollegen kein Problem bereiten, einen oberen Frontzahn in situ ortho- grad korrekt aufzubereiten und zu füllen. Treten in der Kontrollphase Zahnverfärbungen auf oder finden sich kli- nisch und röntgenologisch Anzeichen für eine Pulpitis/infizierte Pulpanekrose, so muss umgehend eine endodontische Behandlung eingeleitet werden, um eine Schädigung des Parodonts und das Auf- treten externer Resorptionen zu vermeiden. Literaturtipp Umgehende Reposition ent- scheidend Kontrollphase

Endodontische Behandlung nach traumatischer Schädigung ... · nisch und röntgenologisch Anzeichen für eine Pulpitis/infizierte Pulpanekrose, so muss umgehend eine endodontische

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Page 1: Endodontische Behandlung nach traumatischer Schädigung ... · nisch und röntgenologisch Anzeichen für eine Pulpitis/infizierte Pulpanekrose, so muss umgehend eine endodontische

62 Kompromisse bei der Therapieentscheidung

Prognose

Endodontische Behandlung nachtraumatischer Schädigung,externe und interne Resorptionen

Zahntraumen Zahntraumen können zu irreversiblen Schädigungen des Pulpa- undParodontalgewebes führen. Eine abschließende klinische Beurteilungist nach dem Vorfall oft nicht möglich, so dass eine vorläufige Prog-nose in Abhängigkeit von Art und Schweregrad des Traumas und demZeitpunkt der Behandlung gestellt wird.

Der richtige Zeitpunkt für die endodontische Behandlung ist für diePrognose des Zahnes von Bedeutung. Oft zeigt sich erst in derKontrollphase der endodontische Behandlungsbedarf. Die hervorra-genden systematischen Untersuchungen der Arbeitsgruppe umAndreasen geben klare Empfehlungen für Diagnostik, Therapie undPrognose (Andreasen 1988, Mayer und Staehle 1996), so dass hier aufdie Behandlungssystematik im Einzelnen nicht eingegangen werdenmuss.

Entscheidend ist die möglichst umgehende Reposition des Zahnes inder Alveole. Deshalb verschlechtern endodontische Behandlungenaußerhalb des Mundes eventuell einschließlich einer Wurzelspitzen-resektion die Prognose grundsätzlich und müssen deshalb als Kom-promiss angesehen werden. Es dürfte dem endodontisch tätigenKollegen kein Problem bereiten, einen oberen Frontzahn in situ ortho-grad korrekt aufzubereiten und zu füllen.

Treten in der Kontrollphase Zahnverfärbungen auf oder finden sich kli-nisch und röntgenologisch Anzeichen für eine Pulpitis/infiziertePulpanekrose, so muss umgehend eine endodontische Behandlungeingeleitet werden, um eine Schädigung des Parodonts und das Auf-treten externer Resorptionen zu vermeiden.

Literaturtipp

UmgehendeReposition ent-scheidend

Kontrollphase

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Traumatische Schädigung, Resorptionen 63

ExterneResorptionen

Resorptionen

Besonders externe Resorptionen (mottenfraßähnliches Aussehen)deuten auf eine infizierte Pulpanekrose mit einer Schädigung desWurzelzementes hin, die zur Ersatzresorption führen. Solange dieResorption den Wurzelkanal nicht erreicht hat, erfolgt die Wurzel-kanalbehandlung nach dem gewohnten Schema. Die Resorption kannin der Regel durch eine endodontische Therapie mit längerfristigerCa(OH)-Einlage gestoppt werden (siehe Kapitel »Endodontologie undgesetzliche Krankenversicherung« S. 183 ff.).

Problematisch wird es, wenn die Resorption das Pulpakavum erreichthat (siehe Kapitel »Perforationen« S. 153 ff.). Dann kann versucht wer-den, mittels chirurgischer Kronenverlängerung oder forcierter Extru-sion den Defekt an der Wurzeloberfläche supragingival zu verlagernund das Wurzelkanalsystem von extern abzudichten oder mittels chir-urgischem Zugang einen externen Verschluss bei gleichzeitiger ortho-grader Wurzelkanalfüllung durchzuführen. Die Prognose des Zahnesist in jedem Fall eingeschränkt.

Nur eine rechtzeitig eingeleitete endodontische Behandlung kann externe Wurzelresorptionen vermeiden. Deshalb sind in der Kontroll-phase engmaschige (auch röntgenologische) Untersuchungen erfor-derlich.

Fall 1: Traumatische Schädigungeines Zahnes

Abb. 26aZustand nach Trauma (06.08.97). Zahn 11 mitunkomplizierter Schmelz-Dentin-Fraktur undSubluxation, Intrusion Zahn 21. Als Initialbe-handlung wurde die Dentinwunde in Regio 11versorgt und Zahn 21 mit einer Drahtbogen-Kunststoff-Schiene nach der Reposition retiniert.

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Abb. 26bIn der Kontrollphase wird die endodontischeBehandlung der Zähne 11 und 21 aufgrundfehlender Sensibilität erforderlich, um externeResorptionen zu vermeiden (08.09.97).

Abb. 26cRöntgenkontrolle nach drei Jahren (09.01.01).Zahn 21 ist klinisch und röntgenologisch unauf-fällig.

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Traumatische Schädigung, Resorptionen 65

Abb. 26dRöntgenkontrolle nach sechs Jahren (04.11.04). Es treten ausgeprägte Ersatzresorp-tionen an Zahn 21 auf.

Abb. 26eNach Entfernung des Zahns wird der Defektdes 18-jährigen Patienten mit einem Implantatversorgt (30.03.05).