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K. Tiesenhausen W. Amann G. Koch K. A. Hausegger J. Tauss Endovaskuläre Therapie falscher Aneurysmen der Arteria subclavia mittels Stentgrafts Z Herz- Thorax- Gefäßchir 15:68–71 (2001) © Steinkopff Verlag 2001 HTG 292 Eingegangen: 4. Oktober 2000 Akzeptiert: 12. Januar 2001 Dr. K. Tiesenhausen ( ) · W. Amann G. Koch Klinische Abteilung für Gefäßchirurgie der Universitätsklinik Graz Auenbruggerplatz 29 8036 Graz, Österreich K.A. Hausegger · J. Tauss Klinische Abteilung für interventionelle Radiologie der Universitätsklinik Graz Auenbruggerplatz 29 8036 Graz, Österreich Endovascular therapy of false subclavian artery aneurysms with stent grafts Zusammenfassung Aneurysmen der Arteria subclavia sind selten, stellen jedoch wegen möglichen Komplikationen wie periphere Emboli- sation, Plexuskompression mit neurologischen Ausfällen oder Ruptur eine Operationsindikation dar. Neben der Standardtherapie einer offe- nen gefäßchirurgischen Rekonstruktion stellt die endoluminale Thera- pie eine wenig invasive und alternative Behandlungsmöglichkeit dar. Es werden drei Patienten vorgestellt, bei denen ein Pseudoaneurysma der Arteria subclavia mittels Stentgraft-Implantation erfolgreich exkludiert wurde. Summary Aneurysms of the subclavian artery are rare, however re- present an indication for surgery due to possible complications such as peripheral embolism, plexus compression with neurologic deficit or rupture. In addition to the coventional method of open vascular surgi- cal reconstruction, endovascular aneurysm exclusion offers a less inva- sive, alternative method of treatment. We report on three patients with a pseudoaneurysm of the subclavian artery which was successfully ex- cluded by stentgraft implantation. Schlüsselwörter Arteria subclavia – Aneurysma – endovaskuläre Therapie – Stentgraft Key words Subclavian artery – aneurysm – endovascular therapy – stentgraft ORIGINALARBEIT Einleitung Aneurysmen der Arteria subcla- via sind seltene Vorkommnisse. Häufigste Ursache sind direkte oder indirekte Traumen mit Aus- bildung eines falschen Aneurys- mas, gefolgt von der Arterioskle- rose und dem „Thoracic-outlet“- Syndrom (4). Chronisch entzünd- liche, infektiöse oder angeborene Gefäßkrankheiten stellen weitere, seltene Ursachen dar. Die chirur- gische Aneurysmaausschaltung und Wiederherstellung der Gefäß- kontinuität durch ein autologes oder Kunststoffinterponat stellt die Standardtherapie in der Be- handlung dar (4). Im Folgenden werden drei Patienten vorgestellt, bei denen ein falsches Aneurysma der Arteria subclavia erfolgreich mittels Stentgraft-Implantation exkludiert werden konnte.

Endovaskuläre Therapie falscher Aneurysmen der Arteria subclavia mittels Stentgrafts

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K. TiesenhausenW. AmannG. KochK.A. HauseggerJ. Tauss

Endovaskuläre Therapie falscher Aneurysmender Arteria subclavia mittels Stentgrafts

Z Herz- Thorax- Gefäßchir 15:68–71 (2001)© Steinkopff Verlag 2001

HTG292

Eingegangen: 4. Oktober 2000Akzeptiert: 12. Januar 2001

Dr. K. Tiesenhausen (✉ ) · W. AmannG. KochKlinische Abteilung für Gefäßchirurgieder Universitätsklinik GrazAuenbruggerplatz 298036 Graz, Österreich

K.A. Hausegger · J. TaussKlinische Abteilung für interventionelleRadiologieder Universitätsklinik GrazAuenbruggerplatz 298036 Graz, Österreich

Endovascular therapy of false subclavian artery aneurysms with stent grafts

■ Zusammenfassung Aneurysmen der Arteria subclavia sind selten,stellen jedoch wegen möglichen Komplikationen wie periphere Emboli-sation, Plexuskompression mit neurologischen Ausfällen oder Ruptureine Operationsindikation dar. Neben der Standardtherapie einer offe-nen gefäßchirurgischen Rekonstruktion stellt die endoluminale Thera-pie eine wenig invasive und alternative Behandlungsmöglichkeit dar. Eswerden drei Patienten vorgestellt, bei denen ein Pseudoaneurysma derArteria subclavia mittels Stentgraft-Implantation erfolgreich exkludiertwurde.

■ Summary Aneurysms of the subclavian artery are rare, however re-present an indication for surgery due to possible complications such asperipheral embolism, plexus compression with neurologic deficit orrupture. In addition to the coventional method of open vascular surgi-cal reconstruction, endovascular aneurysm exclusion offers a less inva-sive, alternative method of treatment. We report on three patients witha pseudoaneurysm of the subclavian artery which was successfully ex-cluded by stentgraft implantation.

■ Schlüsselwörter Arteria subclavia – Aneurysma – endovaskuläreTherapie – Stentgraft

■ Key words Subclavian artery – aneurysm – endovascular therapy –stentgraft

ORIGINALARBEIT

Einleitung

Aneurysmen der Arteria subcla-via sind seltene Vorkommnisse.Häufigste Ursache sind direkteoder indirekte Traumen mit Aus-bildung eines falschen Aneurys-mas, gefolgt von der Arterioskle-

rose und dem „Thoracic-outlet“-Syndrom (4). Chronisch entzünd-liche, infektiöse oder angeboreneGefäßkrankheiten stellen weitere,seltene Ursachen dar. Die chirur-gische Aneurysmaausschaltungund Wiederherstellung der Gefäß-kontinuität durch ein autologesoder Kunststoffinterponat stellt

die Standardtherapie in der Be-handlung dar (4). Im Folgendenwerden drei Patienten vorgestellt,bei denen ein falsches Aneurysmader Arteria subclavia erfolgreichmittels Stentgraft-Implantationexkludiert werden konnte.

Patienten und Methode

Die wichtigsten Daten wurden inTabelle 1 zusammengefasst. Beiallen drei Patienten handelte essich um ein falsches Aneurysmaim mittleren Drittel der Arteriasubclavia, zweimal traumatischdurch eine Schussverletzung be-ziehungsweise durch ein stump-fes, indirektes Trauma im Rah-men eines Motorradunfalles, beieinem Patienten mit fibromusku-lärer Dysplasie (angiographischund histologisch gesichert) warwegen einer lokalen Stenose eineAngioplastie und anschließendwegen einer Restose eine Throm-bendarterektomie mit Patchplas-tik vorausgegangen. Klinisch be-stand bei den Patienten ein pul-sierender Tumor supraclavikulär,Patient 1 wurde mit einer inkom-pletten Ischämie des rechten Un-terarms im Rahmen einer peri-pheren Embolie vorstellig. Regel-mäßig wurde im Rahmen derpräoperativen Abklärung einefarbcodierte Duplexsonographie,eine Computertomographie sowieeine DSA-Angiographie oder MR-Angiographie durchgeführt. ZuBeginn des Eingriffs, der in ei-nem Röntgen-Operationssaalstattfand, erhielten die Patienten5000 IE Heparin sowie eine Anti-biotikaprophylaxe intravenös. Beizwei Patienten wurde in All-gemeinnarkose über die chirur-gisch freigelegte Arteria brachialiseine 11-French-Schleuse eingelegt,

69K. Tiesenhausen et al.Endovaskuläre Therapie falscher Aneurysmen der Arteria subclavia mittels Stentgrats

Table 1 Patientencharakteristika

Patient ÄtiologieLatenzzeit

Symptom Aneurysma∅

Stentgraft(Typ, Maße)

Follow-upErgebnis

130 m

Traumatisch (direkt) Schuss-verletzung 6 Jahre zuvor

Pulsierender Tumorperiphere Embolie

5 cm Hemobahn®2×50/8 mm

28 Monateoffen

2 Traumatisch (indirekt) Pulsierender Tumor 3 cm Cragg-Endopro® 38 Monate27 w Motorradunfall

5 Jahre zuvor60/8 mm offen

344 m

FibromuskuläreDysplasie, Patchplastikvor 8 Jahren

Pulsierender Tumor 4 cm Hemobahn®2×50/10 mm

2 Monateoffen

Abb. 1 MR-Angiographie mit Darstellung eines Aneurysma der Arteria subclavia rechts, irreguläre Kon-tur der Arteria subclavia links (Patient 3, fibromuskuläre Dysplasie)

Abb. 2 Intraoperative Angiographie (Patient 3)

70 Zeitschrift für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Band 15, Heft 2 (2001)© Steinkopff Verlag 2001

nachdem bei Patient 1 mittels Fo-garthy-Katheter Embolektomiedie Ausstrombahn wiedereröffnetworden war. Bei Patientin 2, dieHIV positiv war, erfolgte diePunktion der Arteria brachialisund Einbringen einer 10-French-Schleuse in Lokalanästhesie. Nachanfertigen einer Ausgangsangio-graphie wurde das Subclaviaaneu-rysma durch zwei überlappendeHemobahn® Stentgrafts (W.L.Gore & Associates, Inc., Flagstaff,USA) exkludiert (Patient 1 und3), einmal wurde ein Cragg Endo-Pro® Stentgraft (Boston Scienti-fic, Watertown, MA, USA) per-kutan implantiert. In einem Fall(Patient 3) wurde aufgrund derengen topographischen Beziehungzum Aneurysma die Arteria ver-tebralis zugestentet, nachdem an-giographisch und duplexsonogra-phisch eine hochgradige Ab-gangsstenose mit einem „Subcla-vian-steal“-Syndrom bestand unddie kontralaterale, dominante Ar-teria vertebralis frei durchgängigwar. Die korrekte Lage der Stent-grafts wurde angiographisch so-wie durch endovaskulären Ultra-schall kontrolliert. Zur Thrombo-seprophylaxe wurden postoperativlangfristig Aggregationshemmerverabreicht.

Ergebnisse

Alle Aneurysmen konnten primärerfolgreich ausgeschaltet werden,die Eingriffe verliefen ohne Kom-plikationen. Vor Entlassung derPatienten am 4.–5. postoperativenTag, 3, 6, 12 monatlich und jähr-lich wurde eine Duplexkontrolleund teilweise eine CT-Kontrolledurchgeführt. Alle Rekonstruktio-nen blieben offen, die Patientensind beschwerdefrei, eine Ver-tebralisinsuffizienz bei Patient 3war nicht nachzuweisen. DerDurchmesser der vollständigthrombosierten Aneurysmennahm im Verlauf geringfügig ab.Das Follow-up beträgt 2–38 Mo-nate (durchschnittlich 22,2 Mona-te).

Diskussion

Aufgrund möglicher Komplikatio-nen mit peripherer Embolisation,Plexuskompression mit neurologi-schen Ausfällen oder Rupturge-fahr ist die Indikation zur Sanie-rung von Subclaviaaneurysmengrundsätzlich gegeben (4). Die of-fene gefäßchirurgische Korrekturbei traumatisch bedingten, fal-schen Aneurysmen ist wegen dererschwerten Präparation im ver-

narbten Gewebe nicht unproble-matisch. Die Freilegung der dis-talen Arteria subclavia erfolgt inder Regel über einen supra- oderinfraclaviculären Zugang, zentralgelegene Aneurysmen erfordernzumindest eine partielle Sternoto-mie. Mögliche Komplikationenbetreffen Nervenschädigungen(Plexus brachialis, Nervus phreni-cus, Truncus symphaticus),Lymphfisteln (Ductus thoracicus),oder das Auftreten eines Pneumo-thorax.

Über die endovaskuläre Thera-pie mit Aneurysmaexklusiondurch Stentgraft- Implantationliegen nur wenige Berichte vor(1–3, 5–12, 17, 18). Ungelöst sindMaterialprobleme mit Haltbarkeitder Stentgrafts sowie das Auftre-ten von Stenosen an den Stenten-den mit nachfolgender Thrombo-se (13, 14). Besonders die Be-handlung des „Thoracic-outlet“-Syndroms mit Stentgrafts ohneResektion der ersten Rippe er-scheint aufgrund der chronischmechanischen Alteration im cos-toclavikulären Raum problema-tisch (13–16). Der von uns beizwei Patienten verwendete Hemo-bahn® Stentgraft besteht aus ei-ner dünnwandigen ePTFE-Prothe-se mit einem außen anliegenden,selbstexpandierenden Nitinol-stent. Er ist deutlich flexibler undelastischer als vergleichbare En-doprothesen und möglicherweisedeshalb für den Einsatz in Bewe-gungssegmenten von Arterieneher geeignet. Besonders bei Vor-liegen von traumatisch bedingten,falschen Aneurysmen der Arteriasubclavia stellt die endovaskuläreAneurysmaexklusion mittelsStentgraft-Implantation eine at-traktive und wenig invasive Be-handlungsmöglichkeit dar, wenn-gleich Langzeitergebnisse ausstän-dig sind.

Abb. 3 Angiographiekontrolle nach Aneurysmaexklusion durch Stentgraft Implantation (Patient 3,Hemobahn® Stentgraft)

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