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2 Referate: FL]~ISC~ schwach fundierten Analogieschlusses fiir eine mSgliche Resynthese wird hervorgehoben. Es mug vie]leieht wieder ein ,,Schul~ i~omantik" in die Wissenseh~ft kommen, am den Start zu einer Zusammensehau mSglieh zu maehen. Der Vorsitzende bespricht im Besonderen die L~ge der Physiologic in der Bundesrepublik und stellt lest, dab 21 selbst~ndigen Stel]en 54 Nach- wuchskrs gegeniiberstehen. Um die Chancen ffir den Nachwuehs zu vergrSl~ern, sehls er die Bildung neuer Ste]len vor, insbesondere die Einrichtung yon Lehrstfihlen der Physiologic an den Teehnisehen Hoch- sehulen. Vor allem mul~ in der Physiologie, die ein ,,schleehter Job, aber ein wundervol]es Hobby" ist, daffir gesorgt werden, da~ der yore Idealismus erfiillte Naehwuchs gesicherte Lebensbedingungen gews leistet hat. Das Wohl der physiologisehen Wissenschaft ist unlSslich gekoppelt mit dem Wohl und Wehe der Menschheit. Die Gefahren einer Se]bst- sterilisierung des Menschengeschlechtes dutch neue Kriege kSnnen nut gebannt werden, wenn es gelingt, im Kampf gegen Egoismus und Liige ein hohes Menschentum zu kultivieren, wobei die Qualit~iten als Mensch in erster Linie, die Qualiti~ten als Wissenschaftler erst in zweiter Linie gewertet werden. Wo diese Erziehung zur lq/~chstenliebe nicht gelingt, wird immer wieder mit den Ergebnissen der Wissenschaft zum Schaden der Menschheit l~il~brauch getrieben werden. Mit der trSstlichen Fest- ste]lung, dab mit den wissenschaftlichen Ergebnissen der Physiologie bisher nur wenig Mii~brauch zum Schaden der Menschheit getrieben wurde und mit dem Wunseh, da{~ dies immer so bleiben mSge, wird diese 24. Tagung der Deutsehen Physiologischen Gesellschaft erSffnet. A. Fleisch (Lausanne) : Energie-Umsatz Wenn auch das Rubnersche Gesetz nicht eine absolute Gfiltigkeit besitzt, so stellt es doch die beste biologische Ann~herung an die GrSi~e des Grundumsatzes dar. Auf dessen Grundlage hal Dv BOlS seinerzeit die n~ch ibm benannte Formel fiir die Voraussage des Stoffwechsels ab- geleitet : Sic lautet : 24 Kalorien in 24 Std = W~ a25 H~ 725 71,84 ~ Cal/m ~ h. W --~ Gewicht in kg, H = KSrperhShe in era. Alle anderen abgeleiteten Formeln ftir die Voraussage des Grund- umsatzes sind dieser Formel unterlegen. Die vier Korrelationen~ zu denen der Grundumsatz in Beziehung steht, sind in dieser Formel enthalten, ngmlich Gewicht, GrSi~e und ferner Alter und Geschlecht, die in dem Faktor Cal/m z. h enthalten sind. Die seinerzeit yon I)u BOlS angege- benen Werte ffir diescn Faktor Cal/m ~ h waren zu hoch. Seither sind

Energie-Umsatz

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Page 1: Energie-Umsatz

2 Referate: FL]~ISC~

schwach fundierten Analogieschlusses fiir eine mSgliche Resynthese wird hervorgehoben. Es mug vie]leieht wieder ein ,,Schul~ i~omantik" in die Wissenseh~ft kommen, am den Start zu einer Zusammensehau mSglieh zu maehen.

Der Vorsitzende bespricht im Besonderen die L~ge der Physiologic in der Bundesrepublik und stellt lest, dab 21 selbst~ndigen Stel]en 54 Nach- wuchskrs gegeniiberstehen. Um die Chancen ffir den Nachwuehs zu vergrSl~ern, sehls er die Bildung neuer Ste]len vor, insbesondere die Einrichtung yon Lehrstfihlen der Physiologic an den Teehnisehen Hoch- sehulen. Vor allem mul~ in der Physiologie, die ein ,,schleehter Job, aber ein wundervol]es Hobby" ist, daffir gesorgt werden, da~ der yore Idealismus erfiillte Naehwuchs gesicherte Lebensbedingungen gews leistet hat.

Das Wohl der physiologisehen Wissenschaft ist unlSslich gekoppelt mit dem Wohl und Wehe der Menschheit. Die Gefahren einer Se]bst- sterilisierung des Menschengeschlechtes dutch neue Kriege kSnnen nut gebannt werden, wenn es gelingt, im Kampf gegen Egoismus und Liige ein hohes Menschentum zu kultivieren, wobei die Qualit~iten als Mensch in erster Linie, die Qualiti~ten als Wissenschaftler erst in zweiter Linie gewertet werden. Wo diese Erziehung zur lq/~chstenliebe nicht gelingt, wird immer wieder mit den Ergebnissen der Wissenschaft zum Schaden der Menschheit l~il~brauch getrieben werden. Mit der trSstlichen Fest- ste]lung, dab mit den wissenschaftlichen Ergebnissen der Physiologie bisher nur wenig Mii~brauch zum Schaden der Menschheit getrieben wurde und mit dem Wunseh, da{~ dies immer so bleiben mSge, wird diese 24. Tagung der Deutsehen Physiologischen Gesellschaft erSffnet.

A. Fleisch (Lausanne) : Energie-Umsatz

Wenn auch das Rubnersche Gesetz nicht eine absolute Gfiltigkeit besitzt, so stellt es doch die beste biologische Ann~herung an die GrSi~e des Grundumsatzes dar. Auf dessen Grundlage hal Dv BOlS seinerzeit die n~ch ibm benannte Formel fiir die Voraussage des Stoffwechsels ab- geleitet : Sic lautet :

24 Kalorien in 24 Std = W~ a25 �9 H~ 725 �9 71,84 �9 ~ �9 Cal/m ~ �9 h.

W --~ Gewicht in kg, H = KSrperhShe in era.

Alle anderen abgeleiteten Formeln ftir die Voraussage des Grund- umsatzes sind dieser Formel unterlegen. Die vier Korrelationen~ zu denen der Grundumsatz in Beziehung steht, sind in dieser Formel enthalten, ngmlich Gewicht, GrSi~e und ferner Alter und Geschlecht, die in dem Faktor Cal/m z. h enthalten sind. Die seinerzeit yon I)u BOlS angege- benen Werte ffir diescn Faktor Cal/m ~ �9 h waren zu hoch. Seither sind

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FLEISCI~

viele Bestimmungen dieses Faktors yon vielen Autoren in versehiedenen L/~ndern ausgeffihrt worden. FLsISCtr hat alle in der Weltli teratur vor- handenen Werte ffir diesen l~aktor zusammengesncht und auf Grund dieses Materials neue Werte berechnet.

Urn die Ausreehnung entsprechend der Du Boissehen Formel dem Prakt iker zu ersparen, hat FLEISO~ einen Rechensehieber konstruiert, genannt Metabokalkulator 1, der in 15 sec gestattet , ffir alle Individuen fiber einem Jahr Alter, den theoretischen Stoffwechsel auf die zuver- 1/~ssigste Art zu berechnen.

Da der Grundumsatz morgens nfichtern im Bert best immt werden mul~, gibt es nur zwei M6gliehkeiten: Entweder kommt der Pat ient am Abend vorher in die Klinik, oder der Arzt geht morgens frfih mit seinem Ger/it zum Patienten. Zu diesem Zwecke hat FLEISO~ ein leichtes, trag- bares Ger/~t konstruiert, Metabometer 1 genannt, das im Hause des Patienten ohne jegHehe Rechnung eine z~verl/~ssige Bestimmu~g des Grundumsatzes erlaubt.

Fiir die Bestimmung des Energieumsatzes bei Arbeit waren Br~AUER U. K~ClPPI~O wichtige Initianten, und die Knippingschen Appara- turen haben Wertvolles geleistet. Da ein Ergometer mit Umwandlung der menschlichen Arbeit in elektrischen Strom kompliziert, teuer und ungenau ist, hat FLEISC~ ein neues Ger/it, genannt Ergostat (fabriziert dutch Jaquet A.G. Basel) herausgebracht, das bei einfachster Funktion grSl3te Genauigkeit bietet. Die yore Patienten zu leistende mechanisehe Arbeit wird durch einfaches Auflegen yon in W a t t geeichten Gewiehten best immt.

Zum Messen des yore Menschen :ffir irgend eine mechanische Arbeit gelieferten Energieaufwandes dient der yon FLwISCH konstruierte Meta- bograph, der auf dem geschlossenen System beruht. Diese Apparatur miBt und registriert fortlaufend ffir be]iebige Zeit folgende Daten : Atem- tiefe, geatmetes Luftvolumen pro Zeiteinheit, beides BTPS; ferner O2-Verbrauch und C02-Produktion pro Zeiteinheit STPD ; ferner reehnet und registriert der Appara t den respiratorischen Quotienten und das respiratorische Aquivalent ffir Sauerstoff.

Der Apparat arbeitet mit einer sehr kleinen FehlergrSBe yon etwa 1 ~ und ist sehr robust. Die Kohlens/~ureabsorption ist bis zu einer CO 2- Produktion yon 5 I/rain praktiseh vollst/~ndig.

Mit diesem Metabographen haben FLv.ISCtt und seine Mitarbeiter die Standardwer~e ffir jugendliche Normalpersonen sowie ffir alte Leute fes~gestellt. Die wesentliehsten Resuttate, kurz angedeutet, sind:

1. Die Atemfrequenz steigt proportionM der Wattzahl an. 2. Die Atemtiefe steigt ebenfalls proportional der Wa.ttzahl an.

Metabometer und Metabokalkulator zu beziehen durch Purtscher~ & Co., Luzern, Schweiz.

1"

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4 Referate: FLEISOK

3. Das geatmete Minutenvolumen ist nieht, wie fast alle Autoren angegeben haben, proportionM der Wattzahl, sondern iiberproportionM. Dieser kurvenf6rmige Verlauf des ~inutenvolmnens entsprieht der mathematisehen Konsequenz aus dem geradlinigen Verlanf der beiden Kurven ffir Frequenz und Atemtiefe.

4. Der 0~-Verbrauch steigt proportional der geMsteten Wattzahl an. Aueh KII~OI~IIOFF U. I~EINDELL haben mit den Metabographen an den besten deutschen Sportsleuten gezeigt, dab der 02-Verbraueh durch die Intensit//t des Trainings relativ wenig beeinfluBt wird.

5. Das respiratorisehe Aquivalent ffir den Sauerstoff (Anzahl Liter ge~tmete Luft pro i Liter resorbierten Sauerstoff) betrggt in der l~uhe etwa 25, sinkt bei leichter Arbeit yon 40 Wat t auf 22 ab und steigt dann mit zunehmender Wattzahl an, um bei 200 Wat t den Wert volt 27 zu erreichen.

Die yon FLEISClt u. Mitarb. erhaltenen Resultate sind in der Tab. 1 quanti tat iv wiedergegeben.

Die Existenz eines quadratischen Gliedes der Wattzahl (W 2) 1/~Bt die Kurve nicht geradlinig, sondern fiberproportionM altsteigen.

Der iiberproportionale Anstieg der C02-Produktion ist dltrch 2 Fak- toren erzeugt: Bei zunehmender Arbeitsleistung werden in vermehr tem lying eKohlehydrate verbrannt ; andererseits entstehen beiintensiver Arbeit

Tabelle 1. Parameter der Atmung in Abhgn- giglceit der geleisteteu Wattzahl bei gesunden,

jugendlichen Individuen. ] Atemfrequenz, V~ Atemtiefe, l/, Atem- minutenvolumen, IZs G S~uerstoffverbr~ueh je Minute, J/s~o~ C02-Produktion/min,

W Wattz~hl

1 VT

L

V~o~

V, CO~

l~egr essionsformeln ] r/It

1 = 14,56 + 0,07325W 0,995 VT = 600 + 10,65 W 0,991 l)~ = 6,63 + 0,2405W i 0,999 �9 + 0,000603W2 I

V~o~ = 254 + 13,16W 0,999

V,r ~ = 224 + 11,13 W 0,999 0,0105 W 2

fixe Siuren wie ~ilehss was yon FSEISCH U. Mitarb. dutch Bestimmnng der Milch- s/~ure im Blute naehgewiesen worden ist. Dabei kann der respiratorisehe Quotient fiber i ansteigen. Entspreehend der Tab. 1 wurden die gleiehen Parameter der Atmung aueh fiir alte Leute bestimmt.

Auf Grund der Formel 17 = I/x + VD"/* wird vom Antor eine neue ~e thode an- gegeben, um die kliniseh so wiehtigen Werte tiber Mveol/~re Ventilation und funktionellen

Totraum experimentell zn bestimmen. Diese Methode beruht auf will- kiirlieher Versehiebung der Atemfrequenzen. Die erhaltenen Resultate sind :

* ]7 MAnutenvolumen, l) A Mveol/~re Ventilation, V D funktioneller Totraum, ] Atemfrequenz.

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T~UER 5

Ffir eine gegebene Arbeitsintensitgt ist die Mveol/ire Ventilation konstant. Der funktionelle Totraum ist bei gegebener Arbeitsleistung unabh/~ngig yon der Atemfrequenz.

Alveol/~re Ventilation nnd funktioneller Totraum steigen mit zu- nehmendem Stoffwechsel an.

R. THAUER (Bad Nanheim- Giegen) : Thermoregulation 1

Den bis vor wenigen Jahren herrschenden Vorstellungen fiber den Thermoregulationsmechanismus, fugend auf der Weberschen Theorie der Thermoreceptorenerregung (1846), der Entdeckung des ,,W~rmestichs" (1884) und der Auffmdung des ,,W/~rmeregulationszentrums" im Hypo- thalamus (1912), ist durch den Nachweis der Bedeutung der absoluten Temperatur der Haut ffir die Thermoreceptorenerregung, die Entdek- kung peripherer Regulationsmechunismen und durch moderne regel- theoretische Uberlegungen teilweise der Boden en~zogen worden. Die dureh die neueren Befunde aufgeworfenen Probleme beziehen sich vor- wiegend auf:

1. Die Thermoreceptorenerregung. Nachdem schon 1939 auf die Diskrepanz zwischen der Weberschen Theorie der ausschliegliehen DifferentiMquotientenempfindlichkeit der Thermoreceptoren und den tats~chlich beobachteten Vorg~ngen bei der Temperatnrregulution hin- gewiesen wurde, konnte dutch ~VIessung der Unterschiedsschwellen der Kalt- und Warmempfindung und der Impulsfrequenzen yon Kalt- und Warmfasern in Abh/~ngigkeit yon der absoluten Temperatur der Naeh- weis erbracht werden, dab dieser eine entscheidende Bedeutung ffir die Erregung der Thermoreceptoren im Dienste der Temperaturregnlation zukommen mug. Die vorliegenden Befunde reichen jedoch nicht ans, um eine allen Beobachtungen gerecht werdende Theorie der Thermorecep- torenerregung aufzustellen, da die Impu]sfrequenz-Temperaturkurven Maxima (meist oberhMb 25~ besitzen und deshMb weder im warmen noch im kalten Bereich eindeutige Zuordnungen yon Temperaturen und Impulsfreqnenzen gestatten.

2. Die Temperatur des Blutes als ,,RegelgrSfle". Alle Befunde weisen darauf bin, dag die Thermoreceptoren der Hant zwar im Sinne der ,,StSrgr6genaufsehMtung" ~V[eginstrumente ffir die StSrgr6Ben dar- stellen, dab abet die Temperatur der Haut nicht Ms Regelgr6ge funktio- nieren kann. Da diese theoretisch nur die Temperatur des Blutes bzw. irgendweleher im K6rperkern gelegener Gewebe sein kann, erkl~rt sich der immer wiederholte Versuch, thermoregulatorische Reaktionen durch Temperaturi~nderungen des Blutes bzw. bestimmter Gehirnareale hervor- zurufen. In jfingster Zeit sind erneut positive Befunde bei Erwi~rmnng

1 Ausfiihrliche Ver6ffentlichung: Klinische Wochenschrift 1958.