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Energie und Umwelt Forschung am Paul Scherrer Institut

Energie und Umwelt

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Forschung am Paul Scherrer Institut. Das Paul Scherrer Institut PSI ist das grösste Forschungszentrum für Natur- und Ingenieurwissenschaften in der Schweiz. Wir betreiben Spitzenforschung in den Bereichen Materie und Material, Mensch und Gesundheit sowie Energie und Umwelt. Durch Grundlagen- und angewandte Forschung arbeiten wir an nachhaltigen Lösungen für zentrale Fragen aus Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft.

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Energie und UmweltForschung am Paul Scherrer Institut

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Am Paul Scherrer Institut werden Methoden entwickelt, um die Emis­sionen aus der Verbrennung von Biomasse oder von Kehrichtverbren­nungsanlagen mit grosser Genauig­keit zu messen.

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Inhalt

UmschlagbildEnergieforschung benötigt komplexe Labormess­geräte, wie dieses Photoelektronen­Röntgen­spektrometer. Damit können PSI­Forschende die physikalischen und chemischen Eigenschaften der Oberflächen von Katalysatoren untersuchen, die für die Funktion von Batterien, Brennstoff­ zellen und Elektrolyseuren eine entscheidende Rolle spielen.

4 Energieforschung für eine lebenswerte Zukunft

6 Biomasse – ein brachliegender Energieschatz 6 Gas aus dem Wald 7 Auch wässrige Biomasse anzapfen 7 Zukunftsvision: Biogas aus Algen 7 Kompetenzzentrum Bioenergie

8 Forschen für bessere Stromspeicher 8 Von Strom zu Gas 9 Langlebige, kostengünstige Membranen 10 Gebündelte Sonnenkraft 11 Batterien – Energie zum Mitnehmen 11 Kompetenzzentrum Speicherung

12 Mobil ohne Rauchfahne 12 Von der Zelle zum System 13 Mit Wasserstoff in die Zukunft fahren 13 Profundes Fachwissen und einmalige Infrastruktur 13 Weniger Schadstoffe im Abgas

14 Katalyse – ein Beschleuniger der Energieeffizienz 15 Wertvolles aus Pflanzenstoff 15 Massgeschneiderte Katalysatoren

16 Gesucht: neue Flamme

18 Feinstaub, Wolken und Jahrringe 18 Wolken im Edelstahlbehälter 20 Klimapuzzle Aerosole 20 Umweltveränderungen an Isotopen ablesen

21 Weniger Risiko, weniger Abfall 23 Wie KKW altern – Wissen aus den heissen Zellen 25 Der Mensch als Risikofaktor

26 Sicher eingeschlossen 26 Wie sich Radionuklide im Gestein fortbewegen 26 PSI­Sorptionsmodell bewährt sich 27 Vorsprung durch Hotzellen und Synchrotronlicht

28 Energiesysteme: Blick für das Ganze 29 Analysen durch Szenarien 29 Den ökologischen Fussabdruck vermessen 29 Ausgewogene Bewertung von Risiken

31 Das PSI in Kürze 31 Impressum 31 Kontakte

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Unser aller Leben wird in beträchtli-chem Ausmass davon geprägt, ob und zu welchen Bedingungen wir Zugang zu Energie haben. Die Verfügbarkeit von Strom und Wärme zu erschwingli-chen Preisen in Haushalt, Gewerbe und Industrie ist die Grundlage unse-res Wohlstands. Ebenso wichtig, aber auch energieintensiv sind der Trans-port von Waren und die Mobilität von Personen. Unser Energieverbrauch beruht auf endlichen natürlichen Res-sourcen und hat Folgen für Umwelt und Gesundheit. Die Energieforschung am Paul Scherrer Institut PSI verfolgt das Ziel, grundlegende Erkenntnisse für Technologien zu liefern, die eine nach-haltige und sichere Energieversorgung gewährleisten.

Ein wichtiger Schwerpunkt liegt auf effizienten Verfahren für die Umwand­lung erneuerbarer Energien in nutzbare Endenergie wie Strom, Wärme oder Kraftstoffe. Forschende des PSI arbei­ten an ebendiesen Verfahren, sodass die neuen Erneuerbaren nicht nur die Umwelt, sondern auch das Portemon­naie schonen. Sie profitieren dabei von der schweizweit einmaligen Infrastruk­tur des Instituts, insbesondere von seinen Grossforschungsanlagen. PSI­Forscher und ­Forscherinnen inte­ressieren sich beispielsweise für die in Biomasse schlummernde Energie. Die Biomasse ist nach der Wasserkraft die heimische Energiequelle mit dem grössten Potenzial. Um diesen noch brachliegenden Schatz zu heben, ent­wickeln PSI­Wissenschaftler Verfahren, mit denen aus Holz, Gülle, Klärschlamm oder Algen energiereiches Biogas her­gestellt werden kann. Das Biogas kann

entweder in Strom, Wärme oder Kraft­stoffe für Autos umgewandelt werden. Eine umweltfreundlichere Mobilität liegt PSI­Forschenden ebenfalls am Herzen. Mit ihrer langjährigen Arbeit an Brennstoffzellen haben sie eine Technologie weiterentwickelt, die er­neuerbar produzierbaren Wasserstoff effizient in Strom umwandelt und nur Wasserdampf als Abgas ausstösst. Den

Wasserstoff dafür könnte man zum Bei­spiel mit Solarwärme herstellen, wie PSI­Wissenschaftler in grundlegenden Forschungsarbeiten gezeigt haben. Zu weniger Umweltbelastung durch den Verkehr tragen auch die PSI­Arbeiten zu effizienteren Katalysatoren für Ver­brennungsmotoren bei. Durch den Ausbau der neuen Erneuer­baren werden im Schweizer Energie­

Energieforschung für eine lebenswerte Zukunft

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system immer mehr Energiespeicher nötig. Denn Solar­ und Windstrom fal­len nicht konstant an und erzeugen dadurch mal einen Stromüberschuss, mal tageszeitliche und saisonale Ver­sorgungslücken. Am PSI wird an ver­schiedenen Speichertechnologien geforscht. Der Fokus liegt dabei auf Verfahren zur Umwandlung von Über­schuss­Strom in chemische Energie­

träger wie Wasserstoff oder Methan, die über längere Zeit gespeichert und über weite Strecken transportiert werden können. Auch Batterietech­nologien für die Speicherung von Strom in Elektronikgeräten oder an Bord von Autos sind Gegenstand von Forschungsprojekten, bei denen das PSI zum Teil mit Industriefirmen zusam­menarbeitet.

Kernenergieforschung wird am PSI vor dem Hintergrund des globalen gesell­schaftlichen Bedürfnisses nach siche­ren Kernkraftwerken betrieben. Auch die wissenschaftliche Basis für die Planung der geologischen Tiefenlager für radioaktive Abfälle wird am Institut erarbeitet. Eine «neue Flamme», die etwa in Gas­turbinen weniger schädliche Abgase produziert, erforscht man ebenfalls am PSI. Denn Verbrennungstechnologien dürften mittelfristig noch einen Teil der Energieversorgung der Schweiz bestrei­ten. Auch der Blick für das Ganze fehlt am PSI nicht. Die Analyse von Energiesys­temen in ihren komplexen Verflechtun­gen von technologischen, ökonomi­schen und ökologischen Aspekten soll Entscheidungsträgern aus Politik und Wirtschaft fundierte Grundlagen für stra­tegische Weichenstellungen bieten. Nicht zuletzt befassen sich PSI­For­schende auch mit den Folgen der Energienutzung für die Umwelt. Sie untersuchen etwa die Russ­ und Fein­staubemissionen aus Verkehr, Kraft­werken und anderen Quellen. Zudem wird der Einfluss dieser Emissionen auf klimarelevante Prozesse und auf die menschliche Gesundheit erforscht.Details über die vielfältigen For­schungsarbeiten zum Thema Energie und Umwelt am PSI erfahren Sie auf den folgenden Seiten.

Mehr über die Energie­ und Umweltforschung des PSI erfahren Sie unter:

http://psi.ch/zCS5

Brennstoffzellen könnten als sauberer Antrieb für Autos unsere zukünftige Mobilität umweltfreundlicher machen. In Labortests versuchen PSI­Forschende die Mechanismen zu verstehen, die zur Alterung von Brennstoffzellen führen, um dann mögliche Lösungen zu erarbeiten.

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Biomasse – ein brachliegender Energieschatz

In Biomasse steckt viel Energie – Ener-gie, die erneuerbar und klimaneutral ist und praktisch überall auf der Welt gewonnen werden kann. Für viele Län-der wäre die Nutzung der in Biomasse gespeicherten Energie deshalb ein bedeutender Schritt in Richtung ener-getischer Unabhängigkeit. In der Schweiz ist die Biomasse nach der Wasserkraft die zweitwichtigste erneu-erbare Energiequelle und hat – nach-haltig genutzt – das Potenzial, einen bedeutenden Beitrag zur Energiever-sorgung zu leisten.

Gas aus dem Wald

Forschende des PSI helfen, diesen Energieschatz zu heben. Sie untersu­chen etwa die Umwandlung von Holz zu Synthesegas, einer Mischung aus Kohlenmonoxid und Wasserstoff. Syn­thesegas kann zu Methan (Hauptbe­standteil von Erdgas) umgewandelt und zu flüssigen Treibstoffen wie Benzin und Diesel weiterverarbeitet werden. Methan aus Holz wäre als Brennstoff nahezu CO2­neutral, weil nur das CO2 freigesetzt wird, das von den Pflanzen zuvor der Atmosphäre entzogen wurde. Am PSI wird seit mehr als 10 Jahren ein Verfahren zur Herstellung von synthe­tischem Erdgas aus Holz entwickelt. Zur Optimierung des Prozesses und der dabei verwendeten Katalysatoren grei­fen die PSI­Forschenden auf umfang­reiches Fachwissen in Gebieten wie Chemie und Materialwissenschaften sowie auf vernetztes Ingenieurdenken zurück. Die Zusammenarbeit der PSI­Wissenschaftler mit Industriefirmen hat bereits zur Realisierung einer Demons­

trationsanlage zur Methanherstellung aus Holz geführt. Das am PSI entwi­ckelte Verfahren wurde mit dem Preis «Watt d’Or» vom Bundesamt für Energie BFE ausgezeichnet.

In einer eigens dafür gebauten Anlage haben Forschende und Tech­niker des PSI gezeigt, dass es technisch möglich ist, aus Algen und anderen wässrigen Biomassesorten das energiereiche Gas Methan zu gewinnen.

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Auch wässrige Biomasse anzapfen

Ein weiteres PSI­Verfahren zielt auf die effiziente Nutzung von nasser Biomasse wie etwa Gülle, Klärschlamm und Ernte­resten – und langfristig auch Algen. Nasse Biomasse könnte rund 35 Peta­joule Energie zur Schweizer Energiever­sorgung beitragen. Doch nur knapp ein Drittel davon wird heute verwertet. Der bei konventionellen Verfahren erforder­liche Energieaufwand für die Trocknung der Biomasse ist oft zu hoch für eine wirtschaftliche Nutzung. Am PSI arbei­ten Forscher deshalb an einem Verfah­ren, das die Trocknung der Biomasse überflüssig macht, um die nasse Bio­masse mit tieferen Energiekosten nutz­bar zu machen. Insgesamt ist das Ver­fahren – hydrothermale Vergasung genannt – effizienter als biotechnologi­sche Alternativen wie die Vergärung. Bei der hydrothermalen Vergasung können 60 bis 75 Prozent der in den Ausgangs­stoffen enthaltenen Energie in Form von Methan gewonnen werden.Bei der hydrothermalen Vergasung zerfällt die Biomasse unter Zusatz ge­eigneter Katalysatoren bei hoher Tem­

peratur und unter Druck in das energie­reiche Gas Methan. Nebenbei lassen sich die in der Biomasse enthaltenen Salze leichter abtrennen. Denn bei ge­nügend hohen Temperaturen und Drü­cken (374 °C, 221 bar) geht Wasser in

den sogenannten überkritischen Zu­stand über, und in diesem Zustand sind Salze nicht wasserlöslich. Das erleich­tert die Rückgewinnung von wertvollen Nährstoffen aus Gülle, Klärschlamm und Algen, sodass Naturressourcen ge­schont werden. Die Abtrennung der Salze führt auch zu einer wesentlich längeren Einsatzdauer des Katalysators, der bei der hydrothermalen Vergasung die Produktion von Methan ermöglicht.

Zukunftsvision: Biogas aus Algen

Als langfristige Vision erforschen PSI­Wissenschaftler ein spezielles Verfah­ren zur Energiegewinnung aus Algen. Algen wachsen schnell und lassen sich sowohl zu Energieträgern als auch zu Feinchemikalien verarbeiten, ohne landwirtschaftlich nutzbare Fläche in Anspruch nehmen zu müssen. Aber der Forschungsbedarf zur Verwertung von Algen ist noch gross. Mit dem Ziel, die technisch­ökonomische Machbarkeit eines Verfahrens zur energetischen Nutzung von Algen zu demonstrieren, arbeitet das PSI mit der EPF Lausanne, der Empa und der Hochschule für Tech­nik Rapperswil im Projekt SunCHem zusammen. Zum Zuge kommt dabei die am PSI entwickelte hydrothermale Ver­gasung. Zudem schliesst das SunChem­Verfahren die Stoffkreisläufe, weil die Nährstoffe und das Wasser zum Wachs­tum der Algen rezykliert werden.

M

D

B

TrockeneBiomasse

Wässrige Biomasse

Thermo- chemische Umwandlung

Forschungsgebiete des PSI

Produkte Verbrennung

Holz

Sonnen-energie

Biomethan Strom

Biodiesel Heiztechnik Wärme

Biobenzin

Feinchemikalien für die Kosmetik- und Lebensmittelherstellung (Öle, Fette, Proteine)

Überreste aus der Herstellung von Feinchemikalien werden als Dünger für die Algenzüchtung rezykliert.

Motoren Bewegung

Klärschlamm

Katalysatoren

ChemischeVerfahren

Gülle

Algen

Nutzenergie

In Biomasse steckt ein grosses Po­tenzial für die Energieversorgung der Schweiz. Am PSI werden Verfahren entwickelt, um sowohl aus trockener wie aus wäss riger Biomasse ener­giereiche Gase wie Methan zu gewin­nen. Ein wichtiger Bestandteil dieser Verfahren ist ein geeigneter Katalysa­tor, ohne den die Umwandlung zu ineffizient oder gar unmöglich wäre.

Kompetenzzentrum Bioenergie

Seit Anfang 2014 agiert das PSI als federführendes Institut des vom Bund einge­richteten Kompetenzzentrums für Energieforschung im Bereich Biomasse. Das Kompetenzzentrum BIOSWEET (BIOmass for SWiss EnErgy fuTure) vereint 12 Schweizer Forschungseinrichtungen und fördert somit die Zusammenarbeit zum Thema energetische Nutzung von Biomasse, inklusive der fermentativen Verfah­ren (Vergärung). Langfristig, so das ambitionierte Ziel von BIOSWEET, soll die Biomasse 100 Petajoule pro Jahr zur Schweizer Strom­ und Wärmeversorgung beisteuern – das entspricht rein rechnerisch knapp dreimal der jährlichen Strom­produktion des Kernkraftwerks Leibstadt.

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Forschen für bessere Stromspeicher

Der Schutz von Klima und Umwelt sowie die Schonung der endlichen na-türlichen Ressourcen erfordern die vermehrte Nutzung nicht fossiler, er-neuerbarer Energiequellen wie Sonne, Wind und Wasserkraft. Doch diese Quellen stehen nicht immer zur Verfü-gung: In der kalten Jahreszeit ist Son-nenschein rar und Flüsse führen weni-ger Wasser. Auch der Wind weht nicht immer und überall mit der nötigen Kraft. Wenn aber die Sonne scheint und

der Wind kräftig bläst, kann der im Überfluss produzierte Strom die Netze überlasten. Tageszeitliche und saiso-nale Speicherung von Energie ist in einer Welt mit mehr erneuerbaren Energiequellen deshalb ein Muss.

Von Strom zu Gas

Am PSI werden die Grundlagen für ver­schiedene Speichertechnologien er­forscht. Eine wichtige Route ist die Speicherung von Strom durch dessen Umwandlung in Treib­ und Brennstoffe, die über längere Zeit gelagert und über

grosse Distanzen transportiert werden können. Elektrische Energie kann so über lange Zeit in chemischer Energie gespeichert werden. Und das geht so: Überschüssiger Strom, etwa an einem sonnigen Sommertag, kann für die Her­stellung von Speichermedien wie Was­serstoff verwendet werden. Diesen stellt man durch Elektrolyse von Wasser her. Bei der Elektrolyse wird das Wasser durch einen elektrischen Strom und mithilfe eines Katalysators in Wasser­stoff und Sauerstoff aufgespalten. Ein Elektrolyseur besteht im Kern aus Elektroden und einer geeigneten Elek­trolytmembran, die unkontrollierte Re­Die Batterieforschung am PSI deckt

das ganze Spektrum an Batterietypen ab: Von allen bisher etablierten bis zu den vielversprechendsten Konzep­ten der Zukunft.

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aktionen zwischen Gasen verhindert, aber Ionen durchlässt, sodass die elek­trochemischen Reaktionen ablaufen können. Diese Komponenten zu opti­mieren, ist eines der Hauptziele der Forschung am PSI. So kann die Effizienz der heute industriell verfügbaren Elek­trolyseure weiter verbessert werden. Beispielsweise machen bessere Kata­lysatoren die elektrochemischen Reak­tionen an den Elektroden noch effizi­enter und erhöhen die Ausbeute der

erwünschten Produkte. Auch Verbes­serungen an der Elektrolyt­Membran würden Effizienzgewinne nach sich ziehen. Eine leitfähigere und gasdich­tere Membran würde sich durch eine höhere Ausbeute und mehr Sicherheit auszahlen. Auch sollen die Membranen möglichst kostengünstig hergestellt werden können und dabei immer noch stabil gegen chemischen und mecha­nischen Verschleiss bleiben, sodass sich ihre Betriebsdauer verlängert.

Langlebige, kostengünstige Membranen

Am PSI ist eine eigene Methode entwi­ckelt worden, um sehr leistungsfähige Polymer­Membranen mit sehr langer Haltbarkeit herzustellen. Man nutzt dazu sehr preiswerte Kunststofffolien als Ausgangsmaterial und behandelt diese mit einem Elektronenstrahl und durch Zugabe von chemischen Zusät­zen, die der Membran die nötigen Ei­

Von Strom zu Gas zu Strom: Mit dem voraussichtlichen Ausbau der neuen erneuerbaren Energien könnten die Stromnetze zeitweise überlastet werden. Um dies zu verhindern und die überschüssige Stromproduktion aus den Tagesstunden in die Nacht bzw. aus dem Sommer in den Winter hinüberzuretten, braucht es geeignete Speicher. Eine Lösung bietet die Umwandlung des Überschussstroms in ein leicht zu lagerndes und zu transportierendes Gas wie Wasserstoff oder Methan. Dieses Speicherkonzept nennt man Power to Gas. Die Gase kann man bei Bedarf wieder in Strom zurückverwandeln, sei es in Gaskraftwerken oder Brennstoffzellen. Die Umwandlung zu Methan kostet mehr Energie als jene zu Wasserstoff, weil mehr Umwandlungsschritte notwendig sind. Dafür könnte Methan kurz­ bis mittelfristig eine gute Lösung bieten, weil man es in das gut ausgebaute Gasnetz einspeisen kann. Dieser Vorteil von Methan könnte den Nachteil der grösseren Energieverluste gegenüber Wasserstoff ausgleichen oder sogar überwiegen. Die Grafik zeigt drei Alternativen, um das Power­to­Gas­Konzept umzusetzen. Angegeben sind die Wirkungsgrade, d.h. der Anteil der anfänglichen Energie, der nach der Umwandlung von Strom zu Gas und zurück zu Strom noch zur Verfügung steht.

Mit erneuerbarem Überschussstrom …

Strom zu Gas Speicher-medium

Gas zu Strom

Sauerstoff und Wasserstoff in Brennstoffzelle

Methan in Gaskraftwerken

… wird aus Kohlendioxid und Wasserstoff Methan hergestellt.(Alternative 3)

… wird aus Kohlendioxid und Wasser Synthe-segas hergestellt. Aus Synthesegas kann man Methan herstellen.(Alternative 2)

oder

… wird Wasser in Wasser-stoff und Sauerstoff zerlegt.(Alternative 1)

oder

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genschaften verleihen. Das Verfahren bezeichnet man als Strahlenpfropfen, weil hier die chemischen Zusätze auf den «Stamm» des Ausgangspolymers aufgepfropft werden. Die PSI­Membra­nen – in Brennstoffzellen eingesetzt – haben in Haltbarkeitstests im Labor besser abgeschnitten als die besten kommerziell erhältlichen Pendants.

Gebündelte Sonnenkraft

Ausserdem verfolgen die PSI­Forschen­den das Ziel, thermochemische Verfah­ren zu entwickeln, um Wasserstoff mit konzentrierter Solarkraft herzustellen. Am PSI wurde eine Methode entwickelt, Zinkoxid mithilfe von konzentrierter Sonnenenergie in metallisches Zink

und Sauerstoff aufzuspalten. Bringt man das Zink später mit Wasserdampf in Kontakt, entsteht dabei wieder Zink­oxid sowie Wasserstoff, der als Treib­stoff genutzt werden kann. Mit diesem Verfahren haben PSI­Forschende welt­weit beachtete wissenschaftliche Er­gebnisse erzielt; die Verbesserung des Wirkungsgrades der Umwandlung zu Wasserstoff bleibt aber eine technische Herausforderung. Der Vorteil dieses thermochemischen Kreisprozesses be­steht darin, dass Sauerstoff und Was­serstoff in getrennten Reaktionen ent­stehen und man so nicht mit einem explosiven Gasgemisch hantieren muss. Ausserdem kann die zweite Re­aktion erst zu dem Zeitpunkt stattfin­den, an dem der Wasserstoff benötigt wird – man muss also kein Wasserstoff­

gas lagern oder transportieren. Hat man einmal Wasserstoff hergestellt, ist man nur noch einen Schritt von der solaren Produktion von Synthesegas entfernt. Dies ist eine Mischung aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid, die mit bekannten chemischen Verfahren in flüssigen Treibstoff umgewandelt wird, der an den vorhandenen Tankstel­len wie gewöhnliches Benzin getankt werden kann.Bei der Untersuchung solcher solar­thermischer Verfahren gehen die PSI­Forschenden schrittweise vor. Ihre Experimente beginnen stets im Labor. Sie machen sich dazu einen Hochfluss­Solarsimulator zunutze, der mithilfe von Xenon­Lampen unabhängig vom Wetter künstliche, tausendfach kon­zentrierte Sonnenstrahlung bereitstellt.

An der Anode Mithilfe eines Katalysators, der sich an der

Grenzschicht zwischen Anode und Membran be�ndet, wird Wasser (H2O) in Sauersto�-

Moleküle (O2), Protonen (H+) und Elektronen (e–) zerlegt.

Der gasförmige Sauersto� (O2) steigt auf und wird in einem Sauersto�ank gespeichert.

Die Protonen (H+) wandern durch diePEM-Membran und gelangen zur Kathode.

Die Elektronen (e–) fliessen als Strom zur Stromquelle.

An der Kathode Die Elektronen fliessen als Strom von der Stromquelle (hier eine Fotovoltaikzelle) zur Kathode des Elektrolyseurs.

Mithilfe eines Katalysators, der sich an der Grenzschicht zwischen Kathode und Membranbe�ndet, vereinigen sich die Elektronen (e–) aus der Stromquelle mit den Protonen (H+), die durch die PEM-Membran di�undiert sind, zu Wassersto�-Molekülen (H2).

Der gasförmige Wassersto� (H2) steigt auf und wird in einem Wassersto�ank gespeichert.

Funktionsweise der PEM-Elektrolysezelle

Stromquelle

Membran

Anode Kathode

H2O H2O

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Elektrochemische Reaktionen

Elektrolyse: Funktionsweise des PEM­Elektrolyseurs. PEM steht für Polymerelektrolytmembran, also die Membran, die im Elektrolyseur die Elektroden trennt, Wasserstoffionen durchlässt und die Durchmischung von Gasen verhindert. Im PEM­Elektrolyseur werden mithilfe eines elektrischen Stroms Wasserstoff und Sauerstoff aus Wasser gewonnen. Da Wasserstoff gelagert oder zu Methan weiterverarbeitet werden kann, stellt die Elektrolyse von Wasser eine gute Option dar, überschüssigen Strom – etwa aus Solar­ und Windkraft – zwischen­zuspeichern. Der Wasserstoff bzw. das Methan können bei Bedarf wieder zu Strom oder Wärme umgewandelt werden.

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Mit diesem Simulator und einem mit konzentriertem Sonnenlicht betriebe­nen Solarofen werden die thermoche­mischen Prozesse zunächst in kleinen Solarreaktoren studiert. Darauf folgt der Härtetest mit grösseren Reaktoren an Solartürmen grösseren Ausmasses in Spanien und Frankreich.

Batterien – Energie zum Mitnehmen

Eine vollständig elektrisch fahrende Verkehrsflotte halten viele für das Ideal der nachhaltigen Mobilität der Zukunft. Für den breiten Markterfolg voll elekt­rischer Autos stellen das Gewicht und der Preis der Batterie noch Hürden dar. Obwohl Lithiumionen­Batterien – der bisherige Standard – recht viel Energie pro Kilogramm und pro Kubikzentime­ter speichern können, reicht das noch immer nicht, um mit einer Batteriela­dung mehr als wenige Hundert Kilome­ter weit zu kommen. Zudem sind her­kömmliche Kathodenmaterialien, die Lithium und Kobalt enthalten, relativ teuer. Hinzu kommt, dass einige Kom­ponenten der jetzigen Lithiumionen­Batterien ökologisch nicht ganz unbe­denklich sind. Forschende des PSI pflegen den wis­senschaftlichen Austausch mit den Forschungsabteilungen einiger Auto­mobilbauer und Zulieferer, die bestrebt sind, die Kosten von Lithiumionen­Batterien über die gesamte Betriebs­zeit eines Elektroautos zu senken. Auch die Sicherheit der Batterien steht im Fokus dieser Arbeiten. Der Beitrag des PSI basiert auf einer umfangrei­chen Expertise zu Batteriematerialien. So wird an alternativen Materialien geforscht, um die Kobaltmengen in den Batterien – und somit die Kosten – bei gleichbleibender Leistungsfähigkeit

zu reduzieren. Ausserdem werden die Mechanismen, die die Lebensdauer der Batterien einschränken, mit mo­dernsten Messtechniken untersucht. Neben den bereits kommerziell etab­lierten Lithiumionen­Batterien be­schäftigen sich PSI­Forschende mit neuartigen Batterietypen, die eine noch bessere Leistung, tiefere Kosten oder eine geringere Umweltbelastung versprechen. Dazu zählt die Lithium­Schwefel­Batterie, deren Herstellung ganz ohne Schwermetalle auskommt und somit umweltschonender ist. Schwefel ist zudem ein sehr preisgüns­tiges Material und bietet aufgrund sei­ner chemischen Eigenschaften ein höheres theoretisches Speichervermö­gen als bisherige Batterietypen. Den­noch birgt der Einsatz von Schwefel andere materialtechnische Herausfor­derungen, die vor allem die Lebens­dauer der Batterie betreffen. In Koope­ration mit dem Chemiekonzern BASF suchen PSI­Forschende nach Lösun­gen, die auch die Wirtschaftlichkeit und somit den Markterfolg dieses Bat­terietyps sicherstellen. Auch die viel diskutierte Lithium­Luft­Batterie, die theoretisch etwa fünfmal so viel Energie pro Kilogramm speichern könnte wie heutige Lithiumionen­Bat­

terien, wurde von BASF und PSI auf ihre industrielle Machbarkeit evaluiert. Hier stehen vor allem die Zyklenfestigkeit und die Energieeffizienz der Batterie im Vordergrund. Das heisst: Die Anzahl Lade­ und Entladezyklen, denen die Batterie standhält, soll erhöht werden, ebenso der Anteil der gespeicherten Energie, den man beim Entladen wieder herausholen kann. Denn jeder Speicher­vorgang geht unweigerlich mit Verlusten einher, die es zu minimieren gilt. Langfristig könnten lithiumbasierte Bat­terien durch natriumbasierte Pendants abgelöst werden. Natrium ist Lithium chemisch sehr ähnlich und könnte die­ses als Batteriematerial ersetzen. Dabei ist Natrium deutlich preiswerter als Li­thium. Natriumbatterien gibt es bereits seit langem, allerdings werden sie bei sehr hohen Temperaturen mit flüssigem Natrium betrieben. Für den effizienten Betrieb bei Zimmertemperatur mit fes­tem Natrium müssen jedoch noch ma­terialwissenschaftliche Hürden über­wunden werden. Forschende des PSI arbeiten daran, die Grundlagen für natriumbasierte Batterien zu erarbei­ten, die eines Tages mindestens so viel Energie pro Kilogramm Batteriegewicht speichern könnten wie heutige Lithium­ionen­Batterien.

Kompetenzzentrum Speicherung

Seit Anfang 2014 ist das Kompetenzzentrum des Bundes zum Thema Energiespei­cherung am Paul Scherrer Institut beheimatet. Das PSI mit seinem Labor für Elektrochemie leitet das Kompetenzzentrum, an dem sich weitere Forschungsein­richtungen sowie Industriepartner beteiligen. Die Arbeit im Kompetenzzentrum ist in 5 Arbeitspakete unterteilt. In 3 dieser Arbeitspakete (fortgeschrittene Bat­terien und Batteriematerialien, Wasserstoffherstellung und ­speicherung sowie katalytische und elektrokatalytische CO2­Reduktion) werden von PSI­Arbeitsgrup­pen massgebliche Arbeiten geleistet. Die anderen 2 Arbeitspakete befassen sich mit Wärmespeicherung und der Wechselwirkung der verschiedenen Speichertech­nologien.

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Mobil ohne Rauchfahne

Das Bedürfnis nach individueller Mo-bilität ist aus unserer modernen Welt nicht wegzudenken. Diesel oder Ben-zin im Automotor zu verbrennen, be-lastet aber die Luftqualität in den Städ-ten und kann für das globale Klima unerwünschte Folgen haben. Brenn-stoffzellen, die sauber und mit hoher Effizienz Wasserstoff in Strom umwan-deln, haben das Potenzial, die indivi-duelle Mobilität in eine umweltfreund-lichere Zukunft zu führen. Das PSI erforscht und entwickelt seit mehr als 10 Jahren solche Wasserstoff-Brenn-stoffzellen. Erste Praxistests haben

bereits den erfolgreichen Einsatz in Fahrzeugen unter Beweis gestellt. Wei-tere Forschung bleibt jedoch nötig, um Langlebigkeit und Wirtschaftlichkeit dieser Technologie zu verbessern.

Von der Zelle zum System

Die Brennstoffzellen­Forschung am PSI umfasst alle Komplexitätsstufen dieser Technologie: von der Entwicklung leis­tungsfähigerer Materialien über die Verbesserung der Zellen als Ganzes bis

hin zu kompletten Systemen, die aus einem Zellenstapel und zusätzlichen Aggregaten bestehen. Eine Brennstoffzelle alleine erzeugt nämlich zu wenig Strom bei einer sehr tiefen elektrischen Spannung. Für praktische Zwecke müssen deshalb mehrere Zellen (in der Regel mehrere Dutzend bis Hunderte) zu einem Zel­lenstapel zusammengeschaltet wer­den. Das Zusammenspiel der Zellen im Stapel bringt zusätzliche Komplexität mit sich. Für ein voll funktionsfähiges Brennstoff­zellen­System, etwa für den Antrieb

Die Brennstoffzellen­Forschung am PSI blickt auf eine über Jahrzehnte aufgebaute Expertise und viele Demonstrations­projekte zurück. An diesem Prüfstand wird ein komplettes Wasserstoff­Brennstoffzellen­System getestet.

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eines Autos, sind neben dem Zellensta­pel weitere Komponenten erforderlich, so etwa ein Befeuchter. Die Membranen im Inneren der Brennstoffzelle müssen mit genügend Wasser versorgt werden, damit sie ihre Funktion erfüllen können. Auch eine Kühlung ist nötig, denn die Zellen erwärmen sich im Betrieb (Brenn­stoffzellen wandeln zwischen 30 und 50 Prozent der chemischen Energie in Wärme um). Ein gutes Beispiel für ein Brennstoffzellen­System, in dessen Entwicklung Wissen aus dem PSI ein­geflossen ist, findet sich in den neuen SBB­Minibars. Hierfür haben PSI­For­schende das Befeuchtungskonzept entwickelt und Beiträge zum Kühlungs­konzept geleistet.

MitWasserstoffindie Zukunft fahren

In Zusammenarbeit mit der Belenos Clean Power AG haben PSI­Forschende zwei Generationen eines Brennstoffzel­lenantriebs für Autos entwickelt, der mit Wasserstoff und reinem Sauerstoff bzw. mit Luft betrieben wird. Im Jahr 2011 erhielten sie für diese Arbeiten die Auszeichnung «Watt d’Or» des Bundes­amtes für Energie BFE in der Kategorie «Energieeffiziente Mobilität». Das ge­würdigte Brennstoffzellen­System, in­klusive Infrastrukturleistungen, konnte das Potenzial zeigen, als Antrieb eines Kleinwagens mit herkömmlichen Pen­dants, in Sachen Betriebskosten kon­kurrenzfähig zu sein. Ausserdem un­tersuchen PSI­Forschende im Rahmen eines europäischen Projekts zusam­men mit Partnern den Einsatz von Brennstoffzellen­Antrieben in Postau­tos. Gemeinsam mit der Empa haben PSI­Forschende das weltweit erste Kehrfahrzeug mit Brennstoffzellen­Antrieb für die städtische Strassenrei­nigung, das 2009 während 6 Monaten in der Stadt Basel im Testbetrieb war, entwickelt.

Profundes Fachwissen und einmalige Infrastruktur

Die Expertise des PSI zu Wasserstoff­Brennstoffzellen ist schweizweit ein­malig. Sie wird von Wissenschaftlern und Ingenieuren getragen, die sowohl Grundlagen­ als auch anwendungsnahe Forschung betreiben. Dabei profitieren sie auch von der Nutzung der Grossfor­schungsanlagen des PSI. Zur Untersu­chung vieler in Brennstoffzellen ablau­fender Vorgänge eignet sich etwa die Bildgebung mit Neutronen. Diese elek­trisch neutralen Teilchen, die in Atom­kernen vorkommen, werden in der Spallations­Neutronenquelle SINQ des PSI als freie Teilchen produziert und stehen damit für Experimente zur Ver­fügung. So konnten PSI­Forschende zum Beispiel erstmals die Verteilung von Eis und flüssigem Wasser in einer Brennstoffzelle kartieren. Damit eröff­net sich die Perspektive, das Problem der Eisbildung in Brennstoffzellen eines Tages zu lösen. In kälteren Klimaregio­nen kann das Wasser in den Brennstoff­zellen nämlich über Nacht gefrieren und so die Funktion der Zelle beeinträchti­gen. Aber auch flüssiges Wasser kann einen Störfaktor darstellen, wenn es Poren verstopft, durch die Gase in der Zelle hin und her wandern sollen.

WenigerSchadstoffeimAbgas

In Verbrennungsmotoren werden Ab­gase produziert, die für Umwelt und Gesundheit schädlich sind. Dazu zäh­len Kohlenmonoxid, Kohlenwasser­stoffe und Stickoxide sowie Russparti­kel in Dieselmotoren und Methan in Erdgasmotoren, die – je nach Betriebs­bedingungen im Motor – in unter­schiedlichen Mengen anfallen. For­schende des PSI arbeiten an der Verbesserung der dafür notwendigen Katalysatoren. Dabei handelt es sich

zunächst um Dieseloxidationskatalysa­toren, mit denen Kohlenmonoxid und Kohlenwasserstoffe durch Oxidation aus dem Abgas entfernt werden. Aber auch um Katalysatoren für die Reduk­tion von Stickoxiden mit Ammoniak, Katalysatoren für die Oxidation von Russ auf Dieselpartikelfiltern sowie Dreiwegekatalysatoren zur Verhinde­rung von Methan­Emissionen in Erdgas­motoren. Neben grundlagenorientierten Arbeiten werden viele Forschungsarbei­ten in Kooperation mit der Industrie durchgeführt, die mithilfe der Ergeb­nisse verbesserte Katalysatoren auf dem Markt anbieten kann. Dieselmotoren sind nicht nur im Stras­senverkehr weit verbreitet. Auch der Schiffsverkehr setzt auf diese Antriebs­technologie, allerdings mit bisher we­niger strikten Umweltauflagen. Schiffs­diesel stossen zwar nur einen geringen Teil des weltweiten CO2­Volumens aus der Erdölverbrennung aus. Sie blasen hingegen grosse Mengen an Stickoxiden und Russpartikeln in die Meeresluft. Schärfere Vorschriften sollen hier Bes­serung bringen. Die technischen Vor­aussetzungen für eine bessere Schad­stoffreduktion bei Dieselmotoren von Schiffen werden auch am PSI erforscht. Dazu verfügen die PSI­Forschenden über einen Viertaktmotor mit 6 Zylindern und 1,1 Megawatt Leistung. An diesem Test­stand können die Forschenden nicht nur Massnahmen entwickeln, die die Funk­tionsweise im Innern des Motors selbst betreffen, sondern auch im Abgas die katalytische Reduktion von Stickoxiden unter kontrollierten Bedingungen unter­suchen. Die Forschungsarbeiten werden in Zusammenarbeit mit dem finnischen Hersteller von Schiffsdieselmotoren Wärtsilä durchgeführt, der in der Schweiz (Winterthur) ein Entwicklungs­zentrum betreibt. Forschung an grossen Dieselmotoren betreiben PSI­For­schende auch in enger Partnerschaft mit der Firma ABB (Geschäftsbereich Turbo­lader).

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Katalyse – ein Beschleuniger derEnergieeffizienz

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Für die nachhaltige Nutzung von Ener-gie – sei es bei deren Umwandlung oder Speicherung, etwa in Brennstoff-zellen bzw. in Batterien – ist oft ein Katalysator notwendig. Als Katalysator bezeichnet man ein Material, das che-mische Reaktionen beschleunigt oder überhaupt erst möglich macht, dabei aber selbst nicht verbraucht wird. Die Ausbeute des gewünschten Reaktions-produktes soll durch den Katalysator-einsatz optimiert, die Produktion un-erwünschter Nebenprodukte jedoch unterdrückt werden. Diese Selektivität von Katalysatoren hilft, Industriepro-zesse umweltfreundlicher zu gestalten, weil Abfallmengen generell minimiert oder Schadstoffemissionen gezielt gedrosselt werden. Katalysatoren ma-chen diese Umwandlungsprozesse auch energieeffizienter, denn die Aus-beute nimmt bei gleichbleibendem Energieaufwand zu.

Energieforschung sowie das übergeord­nete Ziel einer nachhaltigen Chemie erfordern also auch die Erforschung der Katalyse. Am PSI besteht diese primär in der Entwicklung und Herstellung neuer Katalysatoren mit massgeschnei­derten Eigenschaften und in der Unter­suchung dieser neuartigen und indust­riell hergestellten Katalysatoren. Die Forschenden des PSI profitieren dabei von den Experimentierstationen an der Synchrotronlichtquelle Schweiz SLS. Mit Synchrotronstrahlung lässt sich die ato­mare Struktur und die Funktion vieler Katalysatoren mit hoher räumlicher Auf­lösung und praktisch in Echtzeit unter die Lupe nehmen.

WertvollesausPflanzenstoff

Katalysatoren, die am PSI erforscht werden, dienen beispielsweise der Ge­winnung von Kraftstoffen und Grund­chemikalien aus dem Pflanzenstoff Lignin. Sie eignen sich aber auch zur Umwandlung von sonst verschwende­tem Methan in die flüssige, speicher­ und transportierbare Grundchemikalie Methanol, zur Verbesserung von Brenn­stoffzellen und Batterien sowie zu effi­zienteren und umweltschonenderen Verbrennungstechnologien in Fahr­zeugmotoren oder Gasturbinen. Dabei geht es stets um die Optimierung der drei Grundpfeiler eines jeden Katalysa­tors: Aktivität, Selektivität und Stabili­tät. Das heisst: Der Katalysator soll die chemische Reaktion kräftig ankurbeln, dabei nur die gewünschten Produkte herbeiführen und dies während mög­lichst vieler Betriebsstunden ohne Funktionsstörungen.

Massgeschneiderte Katalysatoren

Katalyseforschung am PSI verfolgt das ultimative Ziel, Katalysatoren mit mass­geschneiderten Eigenschaften für ver­schiedene Anwendungen nach Wunsch herzustellen. Mit Grossforschungsan­lagen wie dem Freie­Elektronen­Rönt­genlaser SwissFEL wird man diesem Ziel einen grossen Schritt näherkom­men, da die ultraschnellen Prozesse, die bei der Katalyse eine Schlüsselrolle spielen, in Echtzeit und Atom für Atom beobachtet werden können.

Diese Experimentierstation in der Synchrotronlicht­quelle Schweiz SLS des PSI dient der Erforschung der Grundlagen katalytischer Prozesse. Die Katalyse beschleunigt chemische Reaktionen und macht somit viele Energieumwandlungsprozesse effizienter oder überhaupt erst möglich.

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Erst Holz, dann Kohle, später Erdöl: Ihren Energiehunger hat die Mensch-heit traditionell durch Verbrennung verschiedener Stoffe zu stillen ge-sucht. Und es hat sich noch lange nicht ausgebrannt. Effiziente Gas- und Dampfturbinen, in denen etwa Erdgas (Hauptbestandteil Methan) zur Strom-herstellung verbrannt wird, könnten in Zukunft einen wichtigen Beitrag zur Stromversorgung leisten. Auch im Ver-kehrssektor werden uns Verbren-nungsmotoren noch lange begleiten.

Am PSI forschen Wissenschaftler und Ingenieure daran, Verbrennungsvor­gänge effizienter und umweltfreundli­cher zu gestalten. Im EU­Projekt «H2­IGCC» beispielsweise tragen sie dazu bei, Gasturbinen zu entwickeln, die mit einer wasserstoffreichen Brennstoffmi­schung angetrieben werden. In solchen Turbinen dient also nicht wie bisher nur Erdgas (Methan) als Brennstoff. Viel­mehr wird die Brennstoffmischung mit Wasserstoff angereichert oder gar durch Wasserstoff ersetzt, was geringere CO2­Emissionen zur Folge hat. Die Heraus­forderung dieser neuen Technologie besteht darin, die Flamme in der Tur­bine stets unter Kontrolle und am ge­wünschten Ort zu halten. Hierzu haben PSI­Forschende bereits wichtige Er­kenntnisse gewonnen. In Flammen finden sehr vielfältige Re­aktionsabläufe statt, und es kommen verschiedenste chemische Spezies vor (zum Teil auch nur als kurzlebige Zwi­schenprodukte). Die Details von Ver­brennungsvorgängen sind so komplex, dass man sie ohne vereinfachende Modellrechnungen nicht beschreiben

Gesucht: neue Flamme

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könnte. Dennoch: Genauere mikrosko­pische Einblicke in die Eigenschaften und das Verhalten der in Flammen vor­kommenden chemischen Substanzen sind immens wichtig. Denn sie können die entscheidenden Erkenntnisse lie­fern, die helfen, die Ausbreitung einer Flamme in einem bestimmten Brenn­stoff­Luft­Gemisch zu verstehen. Am PSI arbeiten Forschende deshalb auch an einer immer besseren Charakteri­sierung der in Flammen auftretenden Moleküle (mit laserbasierenden Visu­alisierungsverfahren). Weil viele dieser Verbindungen extrem kurzlebig sind, muss man sie – teilweise unter spezi­ellen Bedingungen – im Labor erst her­stellen, bevor man sie untersuchen kann. Dazu erzeugen Forschende des PSI spezielle Molekularstrahlen, in de­nen die kurzlebigen Spezies etwas länger überleben können. Ihre Eigen­schaften, insbesondere ihre Energie­spektren, werden dann mithilfe von Lasermesstechniken studiert und quantifiziert. Auch mit mathemati­schen Simulationen wird am PSI nach neuen, umweltfreundlichen Arten der thermischen Energieumwandlung ge­sucht. Forschende feilen etwa an der Lösung komplexer mathematischer Gleichungen, mit denen sich Strömun­gen durch enge Kanäle und mikropo­röse Materialien beschreiben lassen, bei denen gleichzeitig noch chemische Reaktionen ablaufen. Anwendung fin­den die Erkenntnisse bei der Entwick­lung von Katalysatoren, Dieselpartikel­filtern und anderen technischen Vorrichtungen, die sich durch eine verästelte Struktur mit mikroskopisch kleinen Poren auszeichnen. Solche Bedingungen treten nicht nur bei Ver­brennungsvorgängen auf, sondern auch in Brennstoffzellen, in denen che­mische Energie direkt, also ohne Ver­brennung, in elektrischen Strom umge­wandelt wird.

Techniker, Ingenieure und Wissenschaftler des PSI arbeiten mit an der Entwicklung effizienterer und umweltfreundlicherer Verbrennungsmotoren, auch für die Schifffahrt.

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Viele menschliche Aktivitäten – nicht zuletzt die Umwandlung und Nutzung von Energie – produzieren Emissionen, die die Atmosphäre der Erde verändern. Häufig geben diese Emissionen zur Bildung von Aerosolen Anlass. Die For-schenden des PSI betreiben mehrere Smogkammern, um die Mechanismen der Bildung und Umwandlung von Aerosolen zu ergründen. Auch die che-mische Zusammensetzung der Aero-sole sowie die damit zusammenhän-genden Folgen für die Gesundheit können aus diesen Untersuchungen abgeleitet werden. Vor allem bei der Erforschung der sekundären Aerosole – solcher, die erst in der Atmosphäre entstehen – liefern PSI-Forschende immer wieder quantitative Erkennt-nisse, beispielsweise zur Belastung durch Emissionen aus Verkehr, Holz-feuerungen und natürlichen Prozessen. Die Smogkammern des PSI stehen auch Forschenden anderer Institute zur Verfügung.

Wolken im Edelstahlbehälter

Zudem beteiligen sich Wissenschaftle­rinnen und Wissenschaftler des PSI an den Experimenten in der CLOUD­Kam­mer am CERN in Genf. In diesem äus­serst reinen und mit präzisen Messge­räten ausgestatteten Edelstahlbehälter können sie – gemeinsam mit Kollegen aus aller Welt – kleinste Details der Bildung von Aerosolpartikeln, die die erste Stufe der Wolkenbildung darstel­len, unter kontrollierten Bedingungen studieren. Die Forschenden des PSI können aber auch die meisten ihrer Messgeräte ins Feld transportieren und die Aussenluft an verschiedenen Orten messen. Dies geschieht meist in internationaler Zusammenarbeit. Die Kombination von Feldmessungen (z.B. in Paris, Barce­lona, Beijing) mit Emissions­ und Alterungsexperimenten lassen Rück­schlüsse auf die Emissionsquellen von Schadstoffen in diversen Regionen der

Feinstaub, Wolken und Jahrringe

Was sind Aerosole? Aerosole sind feste oder flüssige Schwebeteilchen in der Luft. Sie werden auch als Feinstaub bezeichnet. Aerosole können einerseits direkt von na­türlichen oder menschlichen Quellen emittiert werden wie beispielsweise Pollen, Verbrennungsrückstände, Meersalz oder Wüstensand. Andererseits können sie aber auch erst durch chemische Umwandlung von Abgasen oder natürlich vorkommenden Spurengasen in der Atmosphäre gebildet werden. Durch Oxidationsprozesse in der Atmosphäre entstehen zum Teil nichtflüch­tige Gase, die auf bestehenden Partikeln kondensieren oder sich zu neuen Partikeln verklumpen. Diese mikroskopisch kleinen Partikel beeinflussen das Klima und können durch Einatmen in die Lungen gelangen und dort gesundheitliche Schäden anrichten. Wissenschaftler des PSI untersuchen, wie Feinstaub entsteht, aus welchen chemischen Substanzen er sich zu­sammensetzt, wie er sich in der Atmosphäre verändert und welche Auswir­kungen er hat.

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In der Smogkammer des PSI kann man studieren, wie aus Gasen und festen Partikeln Feinstaub entsteht und wie dieser Feinstaub sich in der Atmosphäre verändert.

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Welt zu. Dabei analysieren Forschende die von unterschiedlichsten Messinst­rumenten gesammelten Messdaten mithilfe komplexer statistischer Metho­den, um den Feinstaub seinen Quellen zuzuordnen. Diese Erkenntnisse unter­stützen die zuständigen Behörden bei der Initiierung von Massnahmen zur Verbesserung der Luftqualität.

Klimapuzzle Aerosole

Aerosole beeinflussen das Klima der Erde: Sie absorbieren und streuen das Sonnenlicht. Ausserdem habe sie eine Auswirkung auf die Bildung von Wol­kentröpfchen und verändern die Eigen­schaften von Wolken, die eine wichtige Rolle für die Energiebilanz der Erde spielen. Insgesamt haben die direkten und indirekten Einflüsse von Aerosolen eine kühlende Wirkung auf das Klima. Über das Ausmass dieses Effektes be­stehen aber noch grosse Unsicherhei­ten, die genaue Klimaprognosen er­schweren. Forschende des PSI tragen auch durch wegweisende Messungen auf dem Jungfraujoch – mit internatio­naler Beteiligung – zu einem besseren Verständnis der Wechselwirkungen zwischen Aerosolen und Wolken bei. Ein weiteres Nebenprodukt von Ver­brennungsvorgängen, das die PSI­For­schenden beschäftigt, ist Russ. Dieser entsteht bei der Verbrennung von orga­nischem Material wie Benzin, Öl, Holz und besteht zum grössten Teil aus Koh­lenstoff. In der Atmosphäre absorbiert Russ Sonnenlicht und wärmt dadurch die Luft auf. Russpartikel können aber

auch als Kondensationskeime dienen, an denen sich Wasserdampf absetzt und Wolkentröpfchen bilden, woraus ebenfalls ein Klimaeffekt hervorgeht. Forschungsarbeiten am PSI zeigen zu­dem, dass Russ sich auch auf die Um­welt auswirkt, indem er sich auf Glet­schern ablagert und deren Schmelzen durch Lichtabsorption – unabhängig vom Klimawandel – beschleunigt.

Umweltveränderungen an Isotopen ablesen

Im Zusammenhang mit den Belastun­gen der Luft und den Veränderungen der Umwelt bzw. des Klimas werden am PSI auch Auswirkungen auf die Pflan­zen untersucht. Hier zeigt sich, dass menschengemachte Veränderungen der Umwelt, insbesondere des Wasser­haushalts sowie der CO2­ und Schad­stoff­Konzentrationen in der Luft, langfristige Auswirkungen auf die Pflanzenwelt haben. Diese Auswirkun­gen können durch die Analyse der re­lativen Verhältnisse von stabilen, also nicht radioaktiven Isotopen von Koh­

len­, Sauer­ und Wasserstoff in Pflan­zenmaterial (Blätter, Wurzeln, Boden­material oder Jahrringe) oder in bestimmten Pflanzenextrakten sehr spezifisch erkannt und zugeordnet wer­den. Als Isotope bezeichnet man ver­schiedene Varianten eines chemischen Elements, die sich untereinander nur durch das Gewicht der Atome unter­scheiden. Das Verhältnis der Isotopen eines bestimmten Elements in den Pflanzen (beispielsweise Kohlenstoff, Sauerstoff) gibt Auskunft über die kli­matischen Bedingungen (etwa CO2­Konzentration, Regenfälle), unter de­nen die Pflanze gewachsen ist. Die Bestimmung der Isotopenverhältnisse in Pflanzen erfolgt am PSI im Labor mit Massenspektrometern oder im Feld mit Laserspektroskopie. Die Methoden der Isotopenanalyse eignen sich ausser­dem zur Untersuchung von Aerosolen, sei es, um deren Ausgangssubstanzen zu bestimmen oder um bestimmte Me­chanismen der Aerosolbildung zu be­leuchten. Das PSI verfügt über eines der weltweit führenden und am besten ausgerüsteten Labors zur Analyse sta­biler Isotopen.

Beim Experiment CLOUD am CERN arbeiten Forschende des PSI mit da­ran, die Vorgänge hinter der Bildung von Wolken besser zu verstehen.

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In der Schweiz leistet die Kernenergie heute einen Beitrag von rund 40 Pro-zent zur Stromversorgung. Am PSI for-schen Wissenschaftler und Ingenieure zu vielen Aspekten der Sicherheit von Kerkraftwerken (KKW) und tragen so dazu bei, dass die schweizerischen KKW bis zum Ende ihrer Laufzeit sicher und wirtschaftlich nachhaltig betrie-ben werden können.

Ohne Computersimulationen wäre der sichere Betrieb von Kernkraftwerken sowie die Überprüfung ihrer Sicherheit

durch die Aufsichtsbehörde kaum mög­lich. Ob es um den Einbau neuer Kom­ponenten oder um Tests und Versuche zur Wahrung der Sicherheit geht, fast alles muss vorher am Computer berech­net und analysiert werden. Forscher des PSI entwickeln dazu Rechenmo­delle und Computerprogramme, mit denen Komponenten und Teilsysteme sowie deren Zusammenspiel im Kern­reaktor immer genauer modelliert werden. Sie fungieren damit als unab­hängige Forschungspartner der Auf­sichtsbehörde, des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats ENSI,

und tragen dadurch zur Gewährleistung der Sicherheit der schweizerischen Kernkraftwerke bei.Im Laufe der Zeit haben sich die Gren­zen des mit Simulationen Machbaren immer weiter verschoben, und auch die Ansprüche an die Genauigkeit und Zu­verlässigkeit bei der Bewertung der Sicherheit von KKW haben sich stark weiterentwickelt. Schon seit einigen

Weniger Risiko, weniger Abfall

Das Verhalten von Brennelementen in Kernreaktoren ist einer von vielen Vorgängen, die PSI­Wissenschaftler mithilfe von Computersimulationen erforschen.

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An dieser Testanlage werden die Details eines chemischen Verfahrens untersucht, mit dem radioaktives Jod bei schweren KKW­Unfällen in speziellen Filtern zurück­gehalten werden könnte.

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Jahren geht der Trend hin zu sogenann­ten realistischen Rechenmodellen. Man versucht dabei, die Vorgänge in einem Reaktor auf der Grundlage phy­sikalischer Gesetze möglichst genau zu beschreiben und zu quantifizieren. Dabei werden aber auch die Unsicher­heiten, die diesen wie allen Berechnun­gen anhaften, mithilfe einer etablierten statistischen Methode ebenfalls ermit­telt. Dieser neue Ansatz steht im Ge­gensatz zu den früher verwendeten, vereinfachten empirischen Modellen mit konservativen Annahmen, bei de­nen Vorgänge nicht so detailreich be­schrieben wurden: So wurden zum Beispiel die Versagensgrenzen von Komponenten oder Systemen bewusst pessimistisch eingeschätzt. Das führte aber oft dazu, dass Komponenten und Sicherheitssysteme überdimensioniert wurden, ohne dass dadurch die Wah­

rung von Sicherheitsmargen für alle möglichen Unfallszenarien garantiert werden konnte. Im Rahmen des For­schungsprogramms STARS (Steady­state and transient analysis research for the Swiss reactors) arbeiten PSI­Wissenschaftler deshalb mit der Auf­sichtsbehörde ENSI zusammen, um die Sicherheitsbewertungen für Schweizer KKW modernen Anforderungen anzu­passen. Um die Sicherheit von Kernkraftwerken weiter zu verbessern, muss man auch Messtechniken entwickeln, die den Zustand des Reaktors im Betrieb mög­lichst zeitnah erfassen. Auch auf die­sem Gebiet arbeiten Wissenschaftle­rinnen und Wissenschaftler des PSI. Und manchmal hat ihre Forschung unerwartete Nebeneffekte mit Anwen­dungen jenseits der Nuklearenergie. So haben PSI­Forschende eine Me­

thode zur Bildgebung mit schnellen Neutronen entwickelt, die das Poten­zial hat, hochauflösende Bilder von sonst undurchsichtigen Gegenständen zu liefern. Die Messtechnik würde sich vor allem zur Detektion von Sprengstof­fen in grossen Containern eignen. Die PSI­Wissenschaftler haben nicht nur die Methode erdacht, sondern auch die Quelle der schnellen Neutronen sowie die dazu notwendigen Instrumente entwickelt und gebaut.

Wie KKW altern – Wissen aus den heissen Zellen

Die gesamte wissenschaftliche Exper­tise der Schweiz zum Thema Material­verhalten und Alterung von KKW ist am PSI konzentriert. Vom nuklearen Brenn­stoff selbst über die Hüllrohre von

Fragen zur Zukunft der KernenergieforschungNach dem Unfall von Fukushima haben die Schweiz und einige andere Staaten die Rolle der Kernenergie bei der Planung der Energieversorgung zurückgestuft. Andere Länder halten aber an der Technologie der Stromerzeu­gung durch Kernspaltung (Fission) fest. Und gross ange­legte internationale Versuche, die Kernfusion nutzbar zu machen, schreiten weiter voran. Expertenwissen über Kernenergiefragen wird in der internationalen Gemein­schaft also nach wie vor gefragt sein. Die Schweiz hat ein Interesse daran, die globalen Entwicklungen der Nukle­artechnik aktiv zu verfolgen. Zum einen, weil Fragen der nuklearen Sicherheit über Staatsgrenzen hinausgehen (viele europäische Staaten halten an der Kernenergie fest). Zum anderen aber auch, weil Nukleartechnologien der Zukunft, die sowohl das Unfallrisiko als auch die Menge und Radioaktivität des Abfalls wesentlich reduzie­ren würden, eine höhere gesellschaftliche Akzeptanz geniessen könnten. In diesem Sinne haben sich auch Bundesrat und Parlament geäussert und festgehalten, dass sie Bildung, Lehre und Forschung zu sämtlichen Kernenergietechnologien weiterhin unterstützen werden. Viele Fragen zur Zukunft der Kernenergie sind aus techni­scher Sicht noch offen: Wird es gelingen, inhärent sichere Kernkraftwerke zu realisieren, in denen aufgrund der Naturgesetze ein Unfall mit Freisetzung von Radioaktivität

ausgeschlossen ist? Kann man den nuklearen Brennstoff­zyklus so gestalten, dass nur noch sehr geringe Abfall­mengen mit drastisch reduzierter Langzeit­Radioaktivität anfallen? An der Beantwortung dieser Fragen arbeiten Forschende des PSI in internationalen Forschungsprojek­ten mit. Die zukunftsgerichteten Themen unter dem Motto «Weniger Risiko, weniger Abfall» sollen auch dazu dienen, die Attraktivität der Ausbildung für angehende Nuklear­ingenieure zu erhalten. Bei der Ausbildung angehender Nuklearingenieure in der Schweiz spielt das PSI eine zentrale Rolle. Der Nachwuchs wird – unabhängig davon, welche Route die Schweiz in Sachen Energieversorgung wählt – auch in Zukunft vor wichtigen Aufgaben stehen. Das betrifft nicht nur das Personal der Kraftwerke selbst, sondern auch die Mitarbei­tenden der Aufsichtsbehörde, des Eidgenössischen Nuk­learsicherheitsinspektorats ENSI. Aber auch die Forschen­den, die – sei es im Auftrag der KKW­Betreiber oder des ENSI – zur kontinuierlichen Verbesserung der Sicherheit beitragen. Auch nach Ende der Laufzeit der schweizerischen KKW wird für Stilllegung und Rückbau Fachwissen von Nuklearingenieuren gefragt sein. Mit der Betreuung von Studierenden, Doktorierenden und jungen Wissenschaft­lern trägt das PSI zusammen mit der ETH Zürich und der EPF Lausanne dazu bei, die Fachkompetenz in Sachen Nuklearenergie in der Schweiz langfristig zu erhalten.

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Brennstäben bis hin zu den Kühlmittel­leitungen – Forschende des PSI unter­suchen, wie sich die Materialien unter den harschen Bedingungen während des Betriebs eines Kernkraftwerks ver­ändern. Ausführliche Untersuchungen von Ver­änderungen an verbrauchten Brennstä­ben bilden die Kernaufgabe des PSI­Hotlabors. In dieser schweizweit einzigartigen Anlage werden hoch ra­dioaktive Materialien in speziellen, abgeschirmten Kammern – genannt Hotzellen – mit modernen Analyseme­thoden unter die Lupe genommen (siehe Infografik). Im Mittelpunkt steht dabei die kontinuierliche Verbesserung des Designs der Brennstäbe, sodass aus einem sicher eingeschlossenen Brennstoff möglichst viel Energie ge­wonnen werden kann. Dem Hüllrohr der Brennstäbe gilt ein besonderes Augenmerk. Diese erste Schutzhülle gegen das Austreten von

Radioaktivität aus einem Kernreaktor ist im Betrieb sehr hohen Belastungen wie etwa Korrosion oder Eindringen von Wasserstoff ausgesetzt. Dringt zu viel Wasserstoff ins Hüllrohr, bilden sich sogenannte Hydride. Diese machen das Hüllrohr spröder und begünstigen das Wachstum bestehender Risse. PSI­Wissenschaftler nutzen die hauseige­nen Grossforschungsanlagen und die Hotzellen des Hotlabors, um besser zu verstehen, wie der Wasserstoff aufge­nommen wird, wie er sich im Hüllrohr verteilt und dieses mechanisch schwächt. Das PSI verfügt zudem über umfangrei­che Expertise im Bereich Schwere Nu­klearunfälle – auf der Grundlagen­ wie auf der anwendungsnahen Ebene. PSI­Forschende analysieren die Unfallver­läufe im Kernkraftwerk und erarbeiten Massnahmen zur Unfallverhütung und zur Begrenzung entstandener Schäden. Fundamentale, bei schweren Nuklear­

unfällen relevante Vorgänge werden am Computer modelliert. So etwa die Küh­lung der Reaktorschutzhülle, die Oxi­dation des Hüllrohrs der Brennstäbe bei Kühlmittelverlust sowie die damit verbundene Freisetzung und Verbrei­tung von Wasserstoff in der Reaktor­schutzhülle (Containment). Letzteres ist ein Phänomen, das seit dem Fuku­shima­Unfall erhöhte Aufmerksamkeit erhalten hat. In einem von der Organi­sation für wirtschaftliche Zusammen­arbeit und Entwicklung OECD koordi­nierten Projekt helfen PSI­Forschende dabei, die Vorgänge, die sich im Innern der Reaktorkerne beim Unfall von Fu­kushima abspielten, nachträglich zu rekonstruieren. Diese Arbeiten helfen, die Dekontaminierungsarbeiten im ha­varierten Werk vorzubereiten und eb­nen den Weg für spätere Untersuchun­gen des Unfallhergangs. Was den Umgang mit schweren Unfäl­len betrifft, gehört zum PSI­Fachwissen

Die Sicherheit der in der Schweiz lau­fenden KKW bedarf komplexer For­schung. Hier wird beispielsweise un­tersucht, wie Wasserstoff in das Hüllrohr von Brennstäben eindringen und diese spröde machen kann.

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UO2-Pellets

Hüllrohr aus Zirkonium-legierung (Zircaloy)

auch, wie man die Freisetzung radio­aktiver Substanzen minimieren kann. Bei einem schweren Unfall versucht man, durch das sogenannte Venting – eine Druckentlastung durch Ablassen von Dampf aus der Reaktorschutzhülle – das Versagen der Druckhülle und damit die unkontrollierte Freisetzung von Radioaktivität zu verhindern. Beim

Venting müssen radioaktive, im Dampf schwebende Partikel (Aerosole) her­ausgefiltert werden, was üblicherweise in grossen Wassertanks geschieht. Forschende des PSI haben für dieses Filtern ein spezielles Verfahren entwi­ckelt und patentieren lassen. Damit kann durch die Zugabe bestimmter Chemikalien das bei solchen Unfällen in grossen Mengen produzierte radio­aktive Jod bis auf Bruchteile eines Pro­milles zurückgehalten werden.

Der Mensch als Risikofaktor

Eine weitere Forschungsgruppe am PSI befasst sich mit der Rolle des Men­schen als Sicherheits­ bzw. Risikofak­tor, insbesondere im Umfeld von Kern­energieanlagen. Man fragt sich dabei, warum Operateure in kritischen Situa­tionen richtige Entscheidungen nicht ausführen oder wie es möglich ist, dass sie falsche Entscheidungen treffen. Die Antworten liegen in so verschiedenen Bereichen wie Qualität der Ausbildung, Ergonomie am Arbeitsplatz, Arbeits­belastung oder festgelegte Abläufe. PSI­Forschende lassen diese Einfluss­grössen in mathematische Modelle einfliessen, sodass Risiken mithilfe von Wahrscheinlichkeitsberechnungen quantifiziert und in der Folge reduziert werden können. Eine neuere For­schungsrichtung versucht, dieses Wis­sen mit der Simulation von Störfällen zu kombinieren.

Hotlabor: Im Hotlabor des PSI werden seit vielen Jahren bestrahlte Brennstäbe aus den Schweizer KKW in Hotzellen und anderen Versuchsstationen eingehend untersucht. Diese Untersuchungen helfen, entstehende Schäden an den Brennstäben frühzeitig zu erkennen und zu verhindern. Die Brennstäbe durchlaufen jeweils eine anderthalbjährige Testreihe, an deren Ende wichtige Erkenntnisse über Veränderungen ihrer Material­ und geometrischen Eigenschaften unter Bestrahlung resultieren. Mit diesem Wissen kann das Design der Brennelemente und insbesondere der Brennstab­Hüllrohre verbessert werden.

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Sicher eingeschlossen

In der Schweiz schreibt das Kernener-giegesetz eine geologische Tiefenla-gerung aller Abfälle aus Kernkraftwer-ken und anderen Quellen vor. Forscher des PSI wirken an diesem wichtigen, gesellschaftsrelevanten Unterfangen mit, indem sie die Vorgänge erfor-schen, die für die Sicherheit eines Tiefenlagers von Bedeutung sind.

Wie sich Radionuklide im Gestein fortbewegen

Als Wirtsgestein, in dem die Abfälle sicher eingeschlossen werden sollen, ist in der Schweiz der Opalinuston vor­gesehen. Deshalb liegt der Fokus der Forschung auf den für die Sicherheit des Tiefenlagers relevanten Eigen­schaften dieses Tongesteins. So wer­den am PSI etwa die Bewegungen der radioaktiven Atome (Radionuklide) durch den Opalinuston theoretisch modelliert und im Labor gemessen. Dabei spielt die Diffusion, d.h. die von der Temperatur im Tiefenlager angetrie­bene, zufällige Fortbewegung der Ra­dionuklide eine zentrale Rolle. Die Zeit, die ein Radionuklid braucht, um durch Diffusion eine bestimmte Strecke zu­rückzulegen, ist bisweilen derart lang, dass deren Messung Jahrhunderte in Anspruch nehmen würde. Mit speziel­len Messtechniken sind PSI­Wissen­schaftler jedoch in der Lage, diese Zeiten in Laborversuchen zu bestim­men. Aber nicht nur die Beweglichkeit der Radionuklide im Tiefenlager interes­siert die Forschenden. Die günstige Kehrseite, das Haften der Radionuklide an der Gesteinsoberfläche, will eben­

falls grundlegend verstanden sein. Im Prinzip kennen die Forscher bereits den Grund für dieses Haften: Radionuklide, insbesondere solche, die als positiv geladene Atome (Ionen) vorkommen, werden von den negativen Ladungen an den Tonoberflächen elektrostatisch angezogen. Dennoch sind Unter­schiede zwischen den einzelnen Ra­dionukliden sowie Details des Mecha­nismus noch nicht vollständig geklärt. So können andere Prozesse neben dem elektrostatischen Haften dazu führen, dass Radionuklide zurückgehalten wer­den. Und weil Tongesteine aus einer Vielzahl von Mineralien bestehen, gilt es auch herauszufinden, welche dieser Mineralien als die effizientesten Radio­nuklid­Fänger fungieren.

PSI-Sorptionsmodell bewährt sich

Das von PSI­Wissenschaftlern entwi­ckelte Modell der Sorption von Radio­nukliden beschreibt mathematisch, wie Radionuklide am Mineral Illit – dem Hauptbestandteil von Tongesteinen, haften. Das Sorptionsmodell des PSI hat sich in einer Reihe von Versuchen bewährt, und zwar nicht nur beim Opa­linuston, für den es ursprünglich ent­wickelt wurde. Auch für den in Ungarn vorkommenden Bodaton hat das PSI­Modell richtige Vorhersagen zum Haft­verhalten von Radionukliden getroffen. Dies gelang in einem von der EU mitfi­nanzierten Projekt, bei dem ungarische und schweizerische Forschende ihre Expertise austauschen konnten. Um die Solidität ihrer wissenschaftlichen Arbeit sicherzustellen, sind Forscher

PSI­Forschende wollen verstehen, welche physikalischen und chemi­schen Prozesse die Rückhaltung radioaktiver Substanzen in Tongestein bestimmen. Dafür verwenden sie sowohl theoretische Rechenmodelle und Computersimulationen als auch Laborversuche.

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nämlich auch auf dem Gebiet der Ent­sorgung radioaktiven Abfalls auf inter­nationale Kooperationen angewiesen. Die Komplexität des Verhaltens im Tie­fenlager wird zusätzlich dadurch er­höht, dass nicht nur Gestein und radio­aktive Abfälle darin vorhanden sind. Zum Tiefenlager für schwach aktive Abfälle gehören auch Kavernen mit einer Betonverkleidung, die mit dem Gestein in Berührung kommt. An dieser Grenzschicht läuft – allerdings in Zeit­lupe – eine Reaktion zwischen dem eher sauren Gestein und dem einer Lauge ähnlichen Zement ab, die zur gegenseitigen Neutralisierung führt. Forscher des PSI untersuchen, wie sich dieser Prozess auf die Sicherheit des Tiefenlagers auswirken könnte. Sie tun dies mithilfe von Computersimula­tionen und Beobachtungen in Natur­analoga (geologische Formationen mit vergleichbaren Bedingungen wie im Tiefenlager). Dabei haben sie bereits erste Erkenntnisse erlangt, etwa dass sich durch die Säure­Base­Reaktion Mineralien bilden, die die Poren im Gestein in kleinem Abstand von der Kontaktstelle schliessen.

Vorsprung durch Hotzellen und Synchrotronlicht

Für viele dieser Untersuchungen, bei denen mit radioaktivem Material han­tiert werden muss, sind gut gegen Strahlung abgeschirmte Anlagen nötig. Deshalb werden viele der Versuche zur Sicherheit der Tiefenlager im PSI­Hot­labor durchgeführt. Die Aufklärung der Details von Vorgängen auf atomarer oder molekularer Skala wiederum ge­schieht teilweise an der Synchrotron­lichtquelle Schweiz SLS des PSI, die für solche Studien als eine Art riesiges Röntgen­Mikroskop dient.

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Energiesysteme: Blick für das Ganze

Am PSI erforschen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen verschiedenster Fachrichtungen Energiesysteme in ih-rer ganzen Komplexität, und zwar auf nationaler wie globaler Ebene. Dazu nehmen die Forschenden sowohl die einzelnen Bereiche (Strom- und Wär-meversorgung sowie den Verkehr) als

auch ihr Zusammenspiel unter die Lupe. Unter anderem werden die ver-netzten Systeme auf ihre wirtschaftli-che Nachhaltigkeit hin geprüft. Im Mittelpunkt steht etwa die Frage nach den volkswirtschaftlichen Auswirkun-gen von energiepolitischen Entschei-dungen. Dies sind beispielsweise glo-

bale Anstrengungen zum Schutz des Klimas durch den Ausbau nicht fossi-ler, erneuerbarer Energietechnologien oder umfassende Liberalisierungen der Energiemärkte mit dem Ziel, Wirt-schaftswachstum zu generieren.

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Analysen durch Szenarien

Um Energiesysteme zu analysieren, entwickeln die Forschenden zunächst Szenarien und treffen Annahmen dar­über, welche übergeordneten politi­schen Vorgaben, gesellschaftlichen Trends oder technischen Entwicklun­gen den Energiemix eines Landes, ei­ner Region oder der Welt beeinflussen könnten. Ihre Ergebnisse sind also keine in Stein gemeisselte Prognosen, sondern vielmehr fundierte Antworten auf die Frage: «Was wäre, wenn …?» Das ausgewiesene ökonomische Fach­wissen am PSI hat zu einer Partner­schaft mit dem Weltenergierat (World Energy Council WEC) geführt, in deren Rahmen Szenario­Analysen über die globale Stromversorgung bis 2050 er­stellt werden.

Den ökologischen Fussabdruck vermessen

Zur Untersuchung von Energiesyste­men gehört am PSI der Aspekt der Ökobilanz von Produkten, Dienstleis­tungen oder Technologien. Man schaut sich etwa die wahren ökologischen Folgen des Ausbaus der Elektromobili­tät an, und zwar unter Berücksichtigung der gesamten Wertschöpfungskette: vom Abbau der Rohstoffe über die Her­stellung der Fahrzeuge bis hin zu mög­licherweise anfallenden Stromimpor­ten aufgrund erhöhter Nachfrage. So wird ein verkürzter Blick auf scheinbar umweltfreundliche Lösungen vermie­den und eine bessere Grundlage für den Vergleich verschiedener Optionen geschaffen. Eine transparente, unab­

hängige und wissenschaftlich fundierte Grundlage für die Ökobilanzierung ha­ben PSI­Forschende mit der weltweit führenden Ökobilanz­Datenbank eco­invent mit aufgebaut.

Ausgewogene Bewertung von Risiken

Über die Umweltbelastung hinaus wer­den am PSI die verschiedenen Energie­technologien in Bezug auf ihre Risiken verglichen. Die Datengrundlage für ihre Risikoanalysen haben PSI­Forschende mit der Einrichtung der Datenbank EN­SAD (Energy­Related Severe Accident Dabase) selbst geschaffen. In dieser Datenbank werden schwere Unfälle der Energiebranche erfasst. Die auf ENSAD basierenden Analysen zeigen, dass alle Energietechnologien mit Risiken behaf­tet sind, dass aber die Risikoprofile bezüglich Häufigkeit und Folgen der Unfälle für die verschiedenen Techno­logien starke Unterschiede aufweisen. Diese Erkenntnisse helfen dabei, eine ausgewogene Perspektive auf die Risi­ken im Zusammenhang mit der Ener­gieversorgung zu entwickeln und die­nen somit als auf Fakten basierende Entscheidungsgrundlage für Politiker wie auch für die öffentliche Diskussion. In Zusammenarbeit mit externen Part­nern bewerten PSI­Forschende auch aufkommende Technologien wie die Tiefengeothermie (Strom­ und Wärme­gewinnung aus tiefen Gesteinsschich­ten) oder die CO2­Abscheidung und Speicherung, mit der das klimaschädli­che CO2 aus Kraftwerken und der Indus­trie abgetrennt und im Untergrund gela­gert werden soll.

Um Energiesysteme in ihrer ganzen Komplexität und unter verschiedenen Aspekten besser zu verstehen, braucht es die Zusammenarbeit von Spezialisten und Spezialistinnen aus vielen Fachgebieten.

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Das Paul Scherrer Institut aus der Vogelperspektive.

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Das Paul Scherrer Institut PSI ist ein Forschungsinstitut für Natur­ und Ingenieurwissenschaften. Am PSI betreiben wir Spitzenforschung in den Bereichen Materie und Material, Energie und Umwelt sowie Mensch und Gesundheit. Durch Grundlagen­ und angewandte Forschung arbeiten wir an nachhaltigen Lösungen für zentrale Fragen aus Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft. Das PSI entwickelt, baut und betreibt komplexe Grossforschungsanlagen. Jährlich kommen mehr als 2500 Gastwissenschaftler aus der Schweiz, aber auch aus der ganzen Welt zu uns. Genauso wie die For­scherinnen und Forscher des PSI führen sie an unseren einzigartigen Anlagen Experimente durch, die so woanders nicht möglich sind. Die Ausbildung von jungen Menschen ist ein zentrales Anliegen des PSI. Deshalb sind etwa ein Viertel unserer Mitarbeitenden Postdoktorierende, Doktorierende oder Lernende. Insgesamt beschäftigt das PSI 1900 Mitarbeitende. Damit sind wir das grösste For­schungsinstitut der Schweiz.

Das PSI in Kürze

Kontakte

Forschungsbereichsleiter Energie und UmweltProf. Dr. Alexander WokaunTel. +41 56 310 27 [email protected]

Forschungsbereichsleiter Nukleare Energie und SicherheitProf. Dr. Andreas PautzTel. +41 56 310 34 [email protected]

Leiterin Abteilung KommunikationDagmar BarokeTel. +41 56 310 29 16Fax +41 56 310 27 [email protected]

Impressum

Konzeption/Texte/RedaktionLeonid Leiva

LektoratEvelyne Gisler

FotosScanderbeg Sauer PhotographyMarkus Fischer

Gestaltung und LayoutMonika Blétry

Druck Paul Scherrer Institut

Zu beziehen bei Paul Scherrer InstitutEvents und Marketing5232 Villigen PSI, SchweizTelefon +41 56 310 21 11

Villigen PSI, Juli 2016

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Energie und Umwelt_d, 7/2016

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