4

Click here to load reader

ENI, der italienische Kohlenwasserstoff-Konzern

  • View
    221

  • Download
    2

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: ENI, der italienische Kohlenwasserstoff-Konzern

WIRTSCHAFTLICHES AUS DER CHEMISCHEN TECHNIK

ENI, der italienische Kohlenwasserstof f-Konzern Der industrielle Aufschwung Italiens nach dem letzten Kriege hangt weitgehend damit zusammen, daR sich die Energieversorgung des Landes inzwischen vollig gewandelt hat. Italien muate 1938 seinen Energie- bedarf zu drei Funfteln durch Einfuhren decken. In- zwischen hat sich der Energieverbrauch des Landes ver- vielfacht; er stieg allein in dem Jahrzehnt von 1950 bis 1960 urn 15Oo/o. Aber Italien vermag heute den groRten Teil - etwa sieben Zehntel - dieses groReren Bedarfs selbst zu decken und fuhrt sogar daruber hinaus wach- sende Mengen an veredelten Energietragern, vorwie- gend Erdolderivate, aus.

Diese fur die gesamte italienische Volkswirtschaft ent- scheidende Wende hat Enrico Mattei herbeigefuhrt, als Schopfer und langjahriger Leiter der ENZ (Ente Nazio- naZe Zdrocarburi), eines staatlichen Unternehmens, dem man als Monopol die Suche und Ausbeute von Erdol- und Erdgasvorkommen in der Po-Ebene ubertrug.

Hier hatte eine andere staatliche Gesellschaft, die AGZP (Azienda Generale ZtaZiana Petrol;) schon in den drei- Riger Jahren mehrere kleine E r d o 1 vorkommen und 1941 auch das erste groRe E r d g a s v o r k o m m e n , bei Caviaga, entdeckt. Die AGIP hatte auch bereits 1936 eine Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Erdol- raffinerien gegrundet, die ANZC - Azienda Nazionale Zdrogenazione Combustibile - an der sich die Monte- catini-Gesellschaft halftig beteiligte. Der Initiative Mat- teis gelang es nun, bald nach Kriegsende weitere groae Vorkommen zu finden und zu erschlieRen. huf der Pro- duktion und Verarbeitung von Erdgas und Erdol hat Mat tei dann in wenigen Jahren einen Konzern aufge- baut, der als Unterholdings seit 1953 auch die AGZP mit der SNAM und die ANZC sawie etwa 80 Tochter- gesellschdften umfaRt. Die EN1 gewinnt heute nicht nur Erdol und Erdgas in groRem Stil, sondern betreibt auch groRe chernische Fabriken und Erdolraffinerien; sie fer- tigt in eigenen Werken die von ihr benotigten Appa- rate, Maschinen und Bohrsonden, sie fuhrt Erdol- und -Derivate ein und aus, hat ein uber die Grenzen reichen- des Vertriebsnetz fur Treibstoffe geschaffen, ubernimmt groRe Engineering-Auftrage und betatigt sich auch auf so unterschiedlichen Gebieten wie der Atomenergie und der Textilindustrie.

Der organisatorische Aufbau

Die EN1 selbst ist heute eine reine Holding-Gesell- schaft, deren drei wichtigste Glieder seit 1962 drei Unterholdings sind: die AGZP, die ANZC und die SNAM - SOC. Nazionale Metanodotti -. Wahrend die ANZC zu 65OIo und die AGZP zu 80°/o dem Konzern gehoren, befindet sich die SNAM ganz im Besitz der ENl. Die ANZC reprasentiert im wesentlichen die Chemiesparte, die AGIP vor allem die Erdolinteressen; bei der SNAM liegt das Schwergewicht der Tatigkeit im Vertrieb von Erdgas, dem Maschinenbau und der Sparte Kernenergie. Die AGZP umfaBte am 30. April 1963 54 Tochtergesell- schaften, die ANZC 24 und die SNAM 16; diese Tochter- gesellschaften sind aber, trotz einer Umorganisation des Konzerns im Jahre 1962, fast alle noch unter- und miteinander verschachtelt, so daB sich die Arbeits- gebiete gelegentlich uberschneiden. So gehort z. B. die deutsche Tochtergesellschaft Sudpetrol GmbH, Miin- d e n , die ausschlieBlich Erdolerzeugnisse vertreibt, or- ganisatorisch zur Chemie-Holding ANIC, kapitalma0ig aber zu je 3?O/o zu ANIC und SNAM und zu 26O/0 zu anderen ENZ-Gesellschaften. Ahnlich kompliziert sind

die Besitzverhaltnisse bei der Erdolraifinerie Zngolstadt GmbH, einer Grundung der Sudpetrol GmbH (vgl. ds. Ztschr. 34, 331 [1962]).

Die Bilanz des Konzerns wies fur 1962 einen gegenuber dem Vorjahr urn 26,7°/o auf 3,29 Mrd. DM (513,8 Mrd. Lire) gestiegenen Umsatz aus. Der Konzern beschaftigte Ende 1962 fast 56 000 Personen, davon 6300 im Ausland.

Die Expansion des Konzerns verstarkt sich von Jahr zu Jahr, das zeigen vor allem die standig wachsenden Investitionen. Sie beliefen sich z. B. 1962163 auf drei Zehntel der insgesamt von der ENZ seit ihrem Bestehen investierten Betrage, bzw. auf uber die Halfte vom Umsatz des gleichen Jahres.

EN1 in Zahlen Werte in Mill. DM

Umsatz

Investitionen Zunahme OJo

davon fur Erdgas Erdol Petrochemie Kernenergie Maschinenbau

Belegshaft (Italien)

1960/61 2 234,9

-3.3 634,2 28,2

153 7 6 3 60,2 26.9

24 060

1961:62 2 598,4 +16,8 976,6 79,s

334,7 121,6 145.9 39,7

29 711

1962/63 3 293,4 +26,3

1 738,2 97.3

601,6 300.2 163,8 50,6

49 454

AGIP. Verwalter der Erdolinteressen

Den organisatorischen Schwerpunkt der ENZ bildet seit dem 1962 vollzogenen Konzern-Umbau die AGIP mit ihren 54 Tochtergesellschaften. Von ihnen waren am 30, IV. 1963 39 im Ausland ansassig, davon zwei in Amerika, zwei in Asien, sechs in Europa und 29 in Afrika. Zwei Jahre vorher gab es erst neun afrikanische Tochtergesellschaften. In diesem Erdteil entfaltet der Konzern zur Zeit auf dem Treibstoffgebiet die starkste Aktivitat.

In welchem MaRe AGZP bzw. die Erdolsparte die zen- trale Triebkraft des ENI-Konzerns verkorpert, geht auch aus den bisherigen Investitionen hervor. Wahrend des ersten Jahrzehnts ihres Bestehens (1953- 1962) hat die ENZ 5,9? Mrd. DM (933,9 Mrd. L) in Sachanlagen und Beteiligungen investiert, davon mit 2 Mrd. DM (313,4 Mrd. L) den groRten Posten, namlich ein Drittel, fur die Erdolraffination und fur Anlagen zur Beforde- rung und zum Vertrieb von Erdol, also fur den Arbeits- bereich der AGZP. Bereits seit 1954, dem zweiten Jahr des Bestehens der ENZ, bildet die Erdolsparte den aus- gesprochenen Investitionsschwerpunkt des Konzerns, der sich nur vorubergehend, wahrend der Jahre 1957 und 1958, zur Petrochemie (ANIC) verlagerte.

Produktion von 1960 1961 1962 Erdgas (Mrd. rn3)'J 6.17 6,67 6,93 Erdol (1000 t)') 67 1 557 513 Raffinerie-Durchsatz (1000 t) 42002) 4200') 6811

I) ohne auslandische Forderung ?) Kapazitat

Die meisten auslandischen Tochtergesellschaften der AGZP widmen sich dem Handel, einige auch der Suche oder Verarbeitung von Erdol. In Italien verfugte die AGZP Anfang 1963 uber 58 Schurf- und 31 Abbaukon- zessionen, die insgesamt 1,629 Mill. ha umfa0ten; im Ausland uber sieben Konzessionen in Afrika und eine im Iran von zusammen 158000 ha. Die Forderleistung belief sich 1962 in Italien auf 514000 t und im Ausland auf uber 3,6 Mill. t, die vor allem aus den Revieren des

Chemie-lng.-Techn. 36. Jahrg. 1964 / Nr. 4 41 1

Page 2: ENI, der italienische Kohlenwasserstoff-Konzern

Sinai (VAR) stammten. Sowohl in Italien, vor alleni aber im I r a n und in A g y p t e n sind in den nachsten Jahren erheblich groRere Mengen aus der eigenen For- derung zu erwarten. Man rechnet jedoch nicht mehr da- mit, in Italien grone Erdolvorkommen zu entdecken.

Die Durchsatz-Kapazitat der funf italienischen E r d o 1 . r a f f i n e r i e n betrug Ende 1962 rund 8 Mill. t jahr. lich. Sie ist in raschem Anstieg begriffen, da sich ver- schiedene neue Anlagen teils im Bau befinden oder VOI

der Inbetriebnahme stehen, und wird nach AbschluR aller Projekte in Europa und Afrika 25 Mill. t jahrlich betragen. Das entspricht einer Verdreifachung der Ka- pazitat innerhalb weniger Jahre. Die italienischen Raf- finerien erzeugten 1962 6,4 Mill. t an Erdolerzeugnissen, das entsprach einem Anteil von etwas uber 15O/o an deI italienischen Gesamtproduktion. Erheblich hoher, nam- lich auf annahernd 28O/o, belauft sich der Anteil am italienischen Treibstoff-Absatz.

Ihr Tankstellennetz hat die AGIP bereits auf 22 Lander ausgedehnt, mit den Schwerpunkten in Afrika und einigen Mittelmeerlandern, in der Nahe der Rohstoff- quellen. Zur Versorgung ihrer Vertriebsstellen stehi eine eigene T a n k e r f 1 o t t e von 327 206 BRT (1962) bereit, wozu noch etwa ebensoviel Chartertonnage kommt. In Kurze wird man bereits uber 480000 BRT eigenen Tankraum verfugen.

Zur Versorgung der Raffinerien mit Rohol hat man langfristige Liefervertrage abgeschlossen, u. a. 1963 mit der Sowjet-Union iiber 25 Mill. t Rohol bis 1970; ferner gleichzeitig mit der Standard Oil Co. (N. J.) ubeI 12 Mill. t Rohol bis 1968 und 1964 mit der Gulf Oil Corp., Pittsburgh (Pa.), iiber 12,5 Mill. t Kuweit-'01 bis 1969. Von der Gulf ltalia Comp. hat man ferner das von diesem Unternehmen in Ragusa/Sizilien entdeckte Erd- olvorkommen erworben, es lieferte 1963 etwa 1,l Mill. t. Mit diesen Lieferabkommen diirfte die AGIP sich die Kontinuitat ihrer Roholversorgung auf einige Zeit ge- sichert haben. Die unablassige Expansion des Tank- stellennetzes in Europa und Afrika diirfte aber bald weitere Lieferquellen erfordern. Bei der AGIP hofft man dabei vor allem auf eine baldige, wesentliche Zu- nahme der eigenen Erdolproduktion.

Obwohl die EN1 aber so erfolgreich und gelegentlich marktbestimmend auf dem Erdolgebiet arbeitet, kann man sie do& keinesfalls mit den Weltkonzernen wik Esso; Shell oder Cal tex vergleichen; das zeigen die Daten der folgenden Tabelle:

1962 Shell Esso EN1

Erdol, Mill. t. Forderung 145 159,6') 3,646 Verarbeitung 160 155,5 6,39

Tankerflotte (Mill. tdW)

Umsatz (Mrd. DM) 34 37,4 3,29 Beschaftigte iiber 250 0003) 137 000 55 776 Kapital Mill. DM 1 7 W ) 6064 236

1) einschl. Fliissiggas; 2 ) nur eigene: 3) 1960; 4) eingezahltes Kapital.

Beim Erdol und der Petrochemie steht die EN1 auch in Italien in hartem Wettbewerb mit anderen Firmen. Nur beim Erdgas besitzt sie, wenigstens in der Po-Ebene, eine Monopolstellung.

eigene u. gechartert 11,l 6,o 480 OOOBRT~)

ANIC, Schrittmacher fur Petrochemie

Fast seit ihrer Grundung planten und projektierten AGIP und ENI petrochemische Anlagen nach amerika- n i sdem Vorbild. Ungefahr als erste ist 1952 die Anlage zur Gewinnung von Benzin, Butan und Propan aus Erd-

gas in Cortemaggiore angelaufen. 1953 arbeitete die eben konstituierte EN1 sofort ein Programm aus, das den Bau von Fabriken fur A m m o n i a k u n d A c e - t y 1 e n aus dem sehr reinen Erdgas der Po-Ebene (98Oio Methan) vorsah und weiter die Produktion von Dunge- mitteln, Kunststoffen, synthetischem Kautschuk und Chemiefasern sowie gleichzeitig die Einrichtung eines groRen petrochemischen Forschungszentrums. Diese Plane hat man in den nachsten Jahren ziigig verwirk- licht, aber nur als erste Schritte zu groReren Projekten, die mittlerweile auch herangereift sind. Heute besitzt und betreibt die ANIC selbst zwei groRe petrochemi- sche Werke, in R a v e n n a und in G e 1 a auf Sizilien. Ein drittes Werk befindet sich im Basentotal in P i - s t i c c i / Lukanien im Aufhau.

S t a m m w e r k R a v e n n a

Das Werk Ravenna ist das petrochemische Stammwerk der ANIC. Die ersten Anlagen kamen 1957 in Betrieb. Das Werk verarbeitet Erdgas, es besal3. Ende 1962 Ka- pazitaten fur 1 Mill. t S t i c k s t o f f - D u n g e m i t - t e 1 , davon 500000 t Ammonsulfat, 170000 t Ammo- niumnitrat, ferner Harnstoff und Calciumnitrat. Das Werk erzeugt ferner S t y r o 1 und B u t a d i e n , die man nach dem Verfahren der Philipps Petroleum Co. zu etwa 100000 t s y n t h e t i s c h e m K a u t s c h u k jahrlich polymerisiert, womit man nicht nur den ge- samten italienischen Bedarf decken, sondern auch noch beachtliche Mengen zu exportieren vermag. Man pro- duziert auaerdem etwa 20000 t cis-Polybutadien und Spezial-Latices, ferner auch M e t h a n o 1 I monomeres und polymeres V i n y l c h l o r i d und - a c e t a t so- wie A c r y l n i t r i l - , B u t a d i e n - und S t y r o l - h a r z e .

S i z i l i a n i s c h e s E r d o l , e i n t e u r e r R o h s t o f f

Der Bau des Werkes'Gela auf Sizilien begann im Som- mer 1960. Hier gewinnt die EN1 E r d o 1. Das Vorkom- men sol1 eine jahrliche Forderung von mindestens 3 Mill. t gestatten. Dieses Dl ist schwerer als Wasser, besitzt eine Dichte von 7" API und eine hohe Viscosi- tat; es enthalt 8 Gew.-O/o Schwefel und nur 17O/o leichte Fraktionen (bis 350"). Das Rohol ist ausgesprochen naphthenisch, die Fraktion bis zu 200' stark paraffi- nisch. Die Destillationsruckstande ergeben ausgezeich- nete Bitumen. Sowohl wegen seiner Eigenschaften als auch wegen der kostspieligen Forderung stellt das Gela-Rohol keinen so billigen Rohstoff dar wie das italienische Erdgas. Vielmehr erscheint seine Nutzung wirtschaftlich nur im Rahmen eines vielschichtig inte- grierten chemischen Werkes moglich zu sein.

Die A N I C hat in Caltanissetta eine Raffinerie fur einen Roholdurchsatz von 2,5 Mill. t erstellt mit Anlagen zum Cracken, katalytischen Reformieren und Entschwefeln, die samtlich 1962163 angelaufen sind. AnschlieRend folgte die Inbetriebnahme eines Warmekraftwerkes, das P e t r o 1 k o k s verfeuert und eine Leistung von 150 MW besitzt, sowie der petrochemischen Anlagen in Gela, die sowohl Raffineriegase als auch in der Nahe (Enna) gefordertes Erdgas verarbeiten.

Zu diesen gehoren Anlagen zur Synthese von A m - m o n i a k (65000 t)# zur Produktion von A m m o n - s u 1 f a t (165 000 t), H a r n s t o f f (100 000 t) , S c h w e - f e l s a u r e (110000 t ) , A r o m a t e n (60000 t), ferner v o n o l e f i n e n , P o l y a t h y l e n (15000 t )v A t h y - 1 e n o x y d (20000 t), - g 1 y k o 1 und A t h a n o 1 a m i n (18000 t) jahrlich. Im Bau befanden sich 1963 noch An- lagen zur Produktion von P o 1 y s t y r o 1 (25000 t ) , G l y c e r i n (10000 t) und P r o p y l e n t e t r a m e r

412 Chemie-1ng.-Techn. 36. Jahrg. 1964 I N r . 4

Page 3: ENI, der italienische Kohlenwasserstoff-Konzern

(4000 t ) ; geplant sind auBerdem Anlagen fur P o 1 y - p r o p y l e n , D o d e c y l b e n z o l u n d eine C h l o r - a 1 k a 1 i - E 1 e k t r o 1 y s e.

P i s t i c c i , e i n W e r k , , a u f g r u n e r W i e s e "

Das dritte petrochemische Werk baut die ANIC seit 1961 in Pisticci bei Ferrandina in Lukanien. Das Werk liegt im armsten Teil Suditaliens. Reiche E r d g a s - funde ermoglichten hier zahlreiche industrielle Pro- jekte; eines der bedeutendsten dieser Projekte, die samtlich steuerlich besondere Vorteile genieBen, ist das Werk der ANIC. Diese will hier ein Drittel (600000 t taglich) des in Ferrandina am Oberlauf des Basento geforderten Gases verwerten, das die AGIP, um die wirtschaftliche Entwicklung dieser zuruckgebliebenen Gebiete zu fordern, zur industriellen Verwertung fur 3,2 Pfg./mD abgibt.

Die Anlagen in Pisticci sollten ab 1963 anlaufen und 1000 Arbeitskrdfte beschaftigen. Das Werk ist fur fol- gende jahrliche Kapazitaten ausgelegt: 70000 t A c e - t y l e n , 7 0 0 0 0 t M e t h a n o l , 60000 t A r o m a t e n , 20000 t V i n y l a c e t a t , 5000 t A c r y l n i t r i l , 15000 t P o 1 y a t h y 1 e n , ferner P o 1 y v i n y 1 a c e ~

t a t , P o l y a m i d - und A c r y l n i t r i l f a s e r n . Die Anlagen fur die synthetischen Fasern sollten als letzte Anfang 1964 anfahren.

G e m e i n s c h a f t s g r u n d u n g e n m i t a u s l a n d i s c h e n F i r m e n

Die wichtigsten Chemie-Beteiligungen der ANIC sind die Chimica Ravenna SPA, von der 5lo/o der Kapital- anteile der ANIC und 49O/o der Wacker-Chemie GmbH, Munchen, gehoren; und die Phillips Carbon Black Ita- liana SPA, Mailand, an der die ANIC und Phillips Pe- troleum Co. halftig beteiligt sind. Die Chimica Ravenna erzeugt V i n y 1 c h 1 o r i d (20000 t) und polymerisiert einen Teil davon selbst zu P V C (vgl. ds. Ztschr. 33, 234 [1961]); die Phillips Carbon Black R u R (12000 t) nach den Verfahren des amerikanischen Partners.

Eine interessante Partnerschaft verbindet die ANIC iR der STANIC-Industria Petrolifera SPA, Rom, 50 : 50 mit der Standard Oil Co. (N.J.), einem der wichtigsten internationalen Erdol-Konzerne, denen die EN1 im all- gemeinen kritisch gegenubersteht. Die STANIC betreibt in Bari und in Livorno je eine Erdolraffinerie mit einer Durchsatzkapazitat (1962) von zusammen uber 5 Mill. t .

K o n k u r r e n z l o s b i l l i g e s E r d g a s

Bei ihren Verkaufen, besonders im Ausland, kommt der ANIC der bedeutende Preisvorteil zugute, den sie auf Grund des sehr billigen Einstandspreises fur ihren wich- tigsten Rohstoff, das Erdgas, besitzt. In Norditalien kostet Erdgas nur etwa 4,3 Pfg./m3, sofern man es fur petrochemische Zwecke einsetzt, in Suditalien sogar nur 3,2 Pfg./m3 Die ANIC bezieht das Gas fur ihre Betriebe wahrscheinlich noch billiger, namlich zu den Geste- hungskosten, wobei es sich naturlich auRerst vorteil- haft auswirkt, daR die Muttergesellschaft EN1 als staat- liches Unternehmen steuerliche Vergunstigungen ge- nieRt und z. B. auch keine Abgaben auf die Forderung zu zahlen braucht.

Westdeutsche Firmen mussen fur gleichwertiges Gas zwischen 6 und 10 Pfg./m3 zahlen, also vermutlich min- destens das Dreifache wie die ANIC. Dank dieses nied- rigen Einstandspreises fur Erdgas vermag die Gesell- schaft verschiedene Erzeugnisse, z. B. S t i c k s t o f f - d u n g e m i t t e 1 , ungewohnlich billig abzugeben. Sie hat dadurch erreicht, daR der vor dem Kriege sehr ge- ringe italienische Verbrauch seitdem schnell zunimmt.

SNAM baut, projektiert und forscht

Mit nur 16 Tochtergesellschaften und einem Kapital von 96 Mill, DM (15 Mrd. L) ist die SOC. Nazionale Metanodotti die kleinste der drei groRen Unterholdings der ENI. Gleichwohl nimmt sie eine Schlusselstellung im Konzernaufbau ein. Ursprunglich nur zur Verteilung des von der AGIP geforderten Erdgases gegrundet, bohrt sie heute selbst in vielen Landern nach Erdgas und Erd- o1 und baut dafur auch die erforderlichen Sonden, Bohr- inseln, Transport- und Verarbeitungsanlagen. In Italien untersteht ihr das 4500 km (1962) lange Netz von E r d - g a s 1 e i t u n g e n der ENI, sie betreibt auch die damit zusammenhangenden Anlagen zum Verflussigen, zum Entschwefeln (Ferrandina) und zur Gasolin-Extraktion von Erdgas. Ende 1962 verfugte sie uber 30 stadtische Verteilernetze, davon 26 fur die Abgabe von M e t h a n und vier fur P r o p a n.

Aber der Vertrieb von Erdgas, einst das Ruckgrat des gesamten Konzerns, ist heute selbst bei der Unterhol- ding SNAM nur noch eine von drei wichtigen Funktio- nen. Eine mindestens gleich groRe Bedeutung haben inzwischen zwei andere Sparten erlangt: der Anlagen- und Maschinenbau sowie die Kernkraft-Gewinnung.

Die Sparte M a s c h i n e n b a u besteht aus den drei Gesellschaften Nuovo Pignone mit Werken in Flo- renz, Massa, Talamona und Vibo Valentia; sowie der Pignone Sud und der Fucine Meridionali, beide in Bari. Eine vierte Maschinenbaufirma der ENI, die SMIT - SOC. Machine per l'lndustria Tessile, Mailand - ge- hort organisatorisch und kapitalmaRig zur ANIC.

Das Werk Florenz der Nuove Pignone baut u. a. K o m - p r e s s o r e n, P u m p e n , Gasturbinen und Bohrson- den; das Werk Massa Kessel, W a r m e a u s t a u - s c h e r und vollstandige R a f f i n e r i e a n l a g e n ; das Werk in Talamona (Veltlin) Gerate und A p p a - r a t e fur die Gasindustrie und das Werk in Vibo Va- lentinia produziert B e h a l t e r , '0 f e n , leichte Appa- rate und Maschinen. Pignone Sud fertigt pneumatische, elektrotechnische und elektronische M e R - , S t e u e r - u n d R e g e 1 g e r a t e , auch Regler- und Registrier- werke fur Elektronenrechner; die Fucine Meridionale ist ein Eisen- und Stahlwerk mit Schmiede, GieDerej und einer Maschinenbau-Abteilung. Samtliche Werke haben sich in den letzten Jahren ausgezeichnet entwickelt; so- wohl die Produktion als auch die Auftrage stiegen von Jahr zu Jahr.

G r o R e A u s l a n d s a u f t r a g e

Im Jahre 1962 befanden sich unter den Ablieferurigen die kompletten Anlagen der Erdolraffinerien in Terns/ G h a n a und Aigle I S c h w e i z , die petrochemischen Anlagen fur Gela; Anlagen zur Ammoniak- und Me- thanolsynthese fur das Werk Tula / S o w j e t - U n i o n ; eine uber 1700 km lange Erdgasleitung und sechs groRe Kugeltanks fur Flussiggas mit einem Fassungs- vermogen von je 1000 m3 fur die Gas del Esladol A r g e n t i n i e n ; das 1140 km lange Erdolleitungs- netz Nahorkatiya-Barauni mit seinen Abzweigungen nach Kalkutta und New Delhi in I n d i e n (in Zusam- menarbeit mit der Mannesmann AG, Dusseldorf).

SNAM hat in Italien und im Ausland viele groI3e Lei- tungen fur Erdol und Erdgas verlegt und arbeitet an weiteren bedeutenden Projekten auf diesem Gebiet, u. a. in Italien, der Bundesrepublik, Spanien, Argen- tinien und Indien.

Unter den neuen Auftragen befand sich 1963 einer der Comitato Nazionale Energia Nucleare fur einen orga- nisch moderierten Reaktor samt 750-t-Behalter fur die K e r n k r a f t - Musteranlage bei Bologna. Beim Bau

Chemie-lng.-Techn. 36. Jahrg. 1964 1 N r . 4 413

Page 4: ENI, der italienische Kohlenwasserstoff-Konzern

von Druckbehaltern fur Kernkraftanlagen arbeitet SNAM mit der Whessoe Ltd., Darlington, GroRbritan- nien, zusammen.

Weitere wichtige neue Auftrage waren Anlagen zum C r a c k e n von Erdol fur die ANlC in Sannazzaro de'Burgondi, zum E n t s c h w e f e 1 n von Erdgas und zur Produktion von H,SO, aus H,S fur die AGIP; der Bau kompletter E r d o 1 r a f f i-n e r i e n in Ingolstadt, BizertaiTunesien, Indien, Jugoslawien, PlozkiPolen, eine S c h m i e r 6 1 f a b r i k fur Indien, zahlreiche groRe p e t r o c h e m i s c h e A n l a g e n fur die Werke GelaundPisticci; e i n e M e t h a n o 1 - S y n t h e s e fur 40000 t fur die Manifattura Ceramica Pozzi in Luka- nien, weitere bedeutende petrochemische Anlagen und W a r m e k r a f t w e r k e fur Auftraggeber in der Sowjet-Union, in Rumanien, der Vereinigten Arabi- schen Republik, Jugoslawien und anderen Landern.

G r o f i e F o r s c h u n g s s t a t t e n f u r K e r n t e c h n i k u n d K o h l e n w a s s e r s t o f f e

Zur SNAM gehort auch die AGIP Nucleare, die in Latina bei Rom ein A t o m k r a f t w e r k gebaut hat, dessen Reaktor vom Calder Hall-Typ Ende 1962 kri. tisch wurde. Seit April 1963 erzeugt es Strom fur das offentliche Netz; die SNAM hat es inzwischen der staatlichen Elektrizitatsbehorde ubereignet.

Die AGIP Nucleare hat ferner in Montecuccolino bei Bologna einen V e r s u c h s r e a k t o r vom Typ Argo- naut erstellt, der Anfang Mai 1963 kritisch wurde; sie hat auch u. a. fur die italienische Atombehorde einen organisch gekuhlten und moderierten Reaktor projek- tiert und arbeitet an der Entwicklung von Gas-Graphit- Reaktoren und an B r e n n s t o f f e l e m e n t e n mit groRer Warmeaustauschflache und damit hoher spezi. fischer Leistung. Weitere Forschungsarbeiten gelten ternaren Uranverbindungen und ihrer Strahlung; man betreibt auch die U r a n s u c h e und hat in Novazza bei Bergamo ein Vorkommen mit einem Inhalt von etwa 1000 t U entdeckt.

Der SNAM unterstellt sind ferner die in den Laboratori Riuniti Studi e Ricerche in Metanopoli, der ,,Haupt-

Wirtschaf tsnachrichten

stadt" des Konzerns, zusammengefaRten technischen und wissenschaftlichen Forschungsabteilungen der ENI. Aus ihrem Arbeitsprogramm seien erwahnt die Ent- wicklung selektiver S c h m i e r m i t t e,l und P a r a f - f i n e , Verfahren zur selektiven Extraktion aromati- scher Kohlenwasserstoffe, zum E n t s c h w e f e 1 n von Treibstoffen und katalytische Erdolverfahren; sie hat 1962 u. a. Versuchsanlagen zur Herstellung von P o 1 y - i s o p r e n , von Polymerisations-K a t a 1 y s a t o r e n , von A c r y l n i t r i l und von T e r e p h t h a l s a u r e erstellt.

Im Rahnien dieser Gesellschaft arbeitet auch die 1956 gegrundete und inzwischen nach Enrico Mallei be- nannte Hochschule f u r Erdol- und Erdgasforschung, an der 1963 55 Studenten studierten, davon 43 aus dem Ausland. Die petrochemischen Forschungsstatten der EN1 in Metanopoli sollen zu den grofiten in Europa gehoren.

Staatlich gelenkte Investitionsplane

Die ENI muR als staatliche Gesellschaft ihre Investi- tionspldne den Zielen der italienischen Wirtschafts- politik anpassen. Die vielen von ihr in in- und auslan- dischen Entwicklungsgebieten begonnenen Projekte be- zwecken daher nicht nur einen privat-wirtschaftlichen Nutzen. Sie sollen vielmehr dem wirtschaftlichen Ge- meinwohl dienen, z. B. durch die Verbesserung des Lebensstmdards neue Absatzgebiete fur italienische Erzeugnisse schaffen. Wenn die EN1 in anderen Lan- dern nach Erdol sucht, um ihre eigene Roholversorgung zu sichern, so folgt sie hierbei nur dem Wege, den auch die groRen internationalen Erdolkonzerne beschritten haben.

In den Entwicklungslandern investiert die EN1 vielfach im Rahmen der italienischen Entwicklungshilfe. Diese erfolgt vorzugsweise in Form von Investitionen und nicht in Form von Krediten. Die ENI-Investitionen in Afrika sollen sich iibrigens als besonders rentabel er- wiesen haben und sowohl den Anstieg des Pro-Kopf- Einkommens in den betreffenden Landern als auch den Guteraustausch mit Italien gunstig beeinflufit haben.

-Wi6-

Deutschland

Die Produktion der Erdolraffinerien belief sich 1963 auf 46,43 Mill. t und war damit um 18,3O/o groRer als im Vorjahr. Der Roholeinsatz nahm um 18,4O/o zu, der An- teil des deutschen Rohols verringerte sich um 1,6O/o auf 15,4O/o (7,28 Mill. t). - Mengenmafiig nahm wieder vor allem der Verbrauch von Bitumen (+26,9O/o) und von leichtem H e i z 6 1 (+ 26,4O/o) zu, ferner von Dieselkraft- stoff (+ 18O/o) sowie von schwerem Heizol (+ 17,5O/o). Die Produktion von P a r a f f i n e n stieg um 27O/o auf 97380 t , diejenige von Schmierolen ging um 1,8O/o auf 553 700 t zuruck.

Die F o r d e r u n g an Erdol erhohte sich um 8,9'/0 auf 7,382 Mill. t; die Zunahme war etwas geringer als im Vorjahr (+ 9,2O/o). Die grofite Fordermenge erbrachte rnit 32,2O/o das Gebiet zwischen Elbe und Weser, 27O/o stammten aus Feldern westlich der Ems, 23O/o aus Vor- kommen zwischen Weser und Ems. - 2035 -

Der groDte Erzeuger von Aluminiumoxyd in der Bun- desrepublik ist jetzt die Martinswerk GmbH in Berg- heim-Erft, eine Tochtergesellschaft der Schweizerische

Aluminium AG, Zurich, mit einer Kapazitat von rund 220 000 t Aluminiumoxyd im Jahr. Das Unternehmen, das etwa 1000 Arbeitskrafte beschaftigt, hat fur die Modernisierung und den Ausbau der Produktionsanla- gen in den letzten funf Jahren rund 150 Mill. DM in- vestiert, davon 1963 allein 50 Mill. DM. Aufier A1,0, stellt es auch Aluminiumhydroxyd und Rotschlamm- sinter her. - 2036 -

Plutonium als Kernbrennstoff durfte bereits in naher Zukunft groRe Bedeutung erlangen. Daher hat sich tiie Nukem, Nuklear-Chemie und -Metallurgie GmbH, Wolfgang bei Hanau, schon vor einiger Zeit entschlos- sen, mit der amerikanischen Firma Dow Chemical Co., Midland, Mich., zusammenzuarbeiten, weil diese Gesell- schaft uber weitreichende Erfahrungen auf dem Gebiet verfugt. Die beiden Firmen haben jetzt gemeinsam eine Tochtergesellschaft gegrundet, die Alkem, Alpha-Che- mie und Metallurgie GmbH, an der die Dow 30°/o und die Nukem 70°/o der Anteile erworben haben. Die Nu- kem, an der neben der Degussa (52,5O/o) die Rio Tinto- Zinc Corp. Ltd., London (22,5O/o), die Metallgesellschaft AG (15O/u) und die Mallinckrodt Chemical Works, St. Louis (Mo.) (lOo/u), beteiligt sind, ist die einzige deut-

414 Chernie-1ng:Techn. 36. Jahry . 1964 1 Nr. 4