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Eine Studie der Gewerkschaft syndicom Entgrenzung der Arbeit 20 Antworten von 3500 Beschäftigten der Schweizer Telekombranche zu ihrer Arbeitssituation

Entgrenzung der Arbeit

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20 Antworten von 3500 Beschäftigten der Schweizer Telekombranche zu ihrer Arbeitssituation - eine Studie der Gewerkschaft syndicom

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Eine Studie der Gewerkschaft syndicom

Entgrenzung der Arbeit20 Antworten von 3500 Beschäftigten der Schweizer Telekombranche zu ihrer Arbeitssituation

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VorwortKurzfassung

Themen der StudieArbeitshetzeVerdichtung der ArbeitStändige ErreichbarkeitArbeit in der FreizeitPsychische BelastungKrank zur ArbeitPersonalknappheitWeiterbildungsmanko

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Inhaltverzeichnis

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Eine Studie sorgt für Aufsehen – und Handlungsbedarf

Vorwort

Erstmals überhaupt hat die Gewerkschaft syndicom eine Studie zum Thema «Entgrenzung der Arbeit» durchgeführt. Tatkräftig dabei unterstützt wurde syndicom von den vier Unternehmen Swisscom, Sunrise, upc cablecom und Orange – ein für andere Branchen nachahmenswertes Vorgehen im Interesse einer nach-haltigen Sozialpartnerschaft.

Seit wir diese Untersuchung zu Beginn des Jahres 2014 initiiert haben, zeigte sich immer, dass wir damit einen Nerv der Zeit treffen. In welchem Verhältnis das Arbeits- zum Privatleben steht und was die zunehmend entgrenzte Arbeit für die Mitarbeitenden bedeutet, ist eine zentrale Frage in der heutigen Arbeitswelt.

Gross war das Engagement in der Arbeitsgruppe, die diese Unter-suchung konzipiert und ausgewertet hat. Dafür möchte ich mich ganz herzlich bei den Mitarbeitenden aus den Telekommunikations-unternehmen bedanken, die uns während des ganzen Prozesses eng begleitet haben. Gross war auch das Interesse der Mitarbei-tenden, an der Umfrage teilzunehmen. Die rund 3 500 Antworten, die eingegangen sind, erlauben ein repräsentatives und fun-diertes Bild zur Arbeitsentgrenzung in der Branche. Und gross war schliesslich auch die Bereitschaft an einer Fachtagung Ende November, auf die Ergebnisse dieser Studie einzutreten und zu dis-kutieren, welche Handlungsempfehlungen daraus abzuleiten sind.

Dass aufgrund der Studienergebnisse Massnahmen zu ergreifen sind, darüber sind sich alle Involvierten einig. Welche Mass-nahmen sich aus Sicht der Gewerkschaft und der Personal-kommissionen aufdrängen, ist in dieser Broschüre detailliert

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nachzulesen. Nun hoffen wir, dass sich auch die Personalabtei-lungen für dieses dringliche Thema sensibilisieren lassen. Ein Unternehmen kann nur dann nachhaltig Erfolg haben, wenn seine Mitarbeitenden langfristig gesund bleiben.

Und schliesslich ist auch der Gesetzgeber gefordert: Das bis heute gültige Arbeitsgesetz ist noch einer industriellen Logik verpflich-tet und wird den Veränderungen hin zu einer digitalisierten und zunehmend entgrenzten Arbeitswelt längst nicht mehr gerecht. Eine Anpassung tut Not. Die gesetzlich verankerte Fürsorgepflicht der Arbeitgeber gegenüber den Arbeitnehmenden ist nicht nur auf physische Gefährdungen zu beziehen wie bis anhin, sondern in Zukunft auch auf psycho-soziale.

Wir wünschen allen Interessierten eine aufschlussreiche Lektüre!

Giorgio Pardini

Giorgio Pardini, Leiter Sektor Telecom / IT und Mitglied der Geschäfts leitung der Gewerkschaft syndicom

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Eine Herausforderung für die Sozialpartner: Unternehmensstrukturen erschweren die Abgrenzung der Arbeit vom Privatleben

Kurzfassung

Die Problemstellung und das Ziel

Mit den neuen Möglichkeiten des flexiblen Arbeitens verschwinden alte Grenzen. Man spricht von der «Entgrenzung der Arbeitswelt» und meint damit die Aufhebung einer im Fordismus etablierten klaren Trennung zwischen Arbeitszeit und Freizeit, Unternehmen und Arbeitskraft, Betrieb und Zuhause.

Diese Entwicklung bringt für die Arbeitenden Chancen und Risiken mit sich. Der Chance auf ein selbstbestimmtes Arbeiten steht das Risiko gegenüber, dass alle Lebensbereiche den Anforderungen der Arbeitswelt untergeordnet werden – oder zumindest eine Grenzziehung zwischen Berufs- und Privatleben schwieriger wird. Und darunter die Gesundheit leidet.

Es sind sowohl zeitliche wie räumliche Grenzen, die verschwimmen. Zeitlich ist die Arbeit immer weniger an die Normalarbeitszeit gebunden. Voraussetzung dafür ist nicht zuletzt die sogenannte Vertrauensarbeitszeit: Diese basiert nicht mehr primär auf Anwe-senheit im Büro, sondern auf Leistungsanforderungen, die erfüllt werden müssen. Räumlich hat sich die Arbeit aufgrund neuer Informations- und Kommunikationstechnologien vom Büro eman-zipiert. Dank Infrastrukturen wie Internet, Intranet, Web 2.0 oder Datenclouds. Und dank Endgeräten wie Smartphones, Tabletcom-putern oder Notebooks. Entgrenztes, mobiles Arbeiten bedeutet dann, dass man Leistungen unabhängig vom Raum erbringen kann, zeitlich auch eingestreut in den ehemaligen Privatalltag – also abends, an freien Tagen oder am Wochenende.

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Die Risiken des flexiblen Arbeitens sind folgenschwer. Eine man-gelnde Trennung zwischen Arbeits- und Privatleben erschwert nachweislich das Abschalten von Arbeitsproblemen und begün-stigt die Entwicklung emotionaler Erschöpfung, Leitsymptom innerhalb der Burnoutdiagnostik. Sich rechtzeitig regenerieren zu können, wird so zu einer zentralen Voraussetzung für eine nachhaltige Arbeitsbeziehung.

Die Telekombranche erscheint aufgrund ihrer Affinität zu neuen Informations- und Kommunikationstechnologien geradezu prä-destiniert für entgrenzte Arbeitsformen. Das Human Resource Management (HRM) dieser Unternehmen sollte sich deshalb genauso für die Ergebnisse dieser Studie interessieren wie für die Branchengewerkschaft syndicom. Alle gemeinsam sind gefordert, die Chancen flexibler Arbeitsformen zu nutzen und gleichzeitig die erheblichen Risiken einzudämmen, die sich daraus ergeben.

Das Vorgehen

Die Gewerkschaft syndicom hat sich mit 20 Mitarbeitenden aus der Telekommunikationsbranche an einen Tisch gesetzt, um die wichtigsten Thesen zum Thema «Entgrenzung der Arbeit in der Telekombranche» abzuleiten. Ausgangspunkt dafür waren die ge sellschaftlichen und wirtschaftlichen Megatrends, die in Verbindung gebracht werden mussten mit dem Arbeitsalltag in der Telekommunikationsbranche. Die Arbeitsgruppe war repräsentativ zusammengesetzt, mit Frauen und Männern aus verschiedenen Abteilungen, Funktionsstufen und Altersgruppen.

In einem zweiten Schritt galt es, die allgemein formulierten Thesen zu konkreten, relevanten Fragestellungen zu verdichten – insgesamt 20 an der Zahl. Und diese Fragen möglichst so zu formulieren, dass sie zu objektiven, einander ergänzenden und klar interpretierbaren Antworten führen.

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Der Fragebogen, der daraus entstand, war für die Angestellten der Telekombranche auf der Webseite von syndicom abrufbar. Sie konnten die Antworten elektronisch in die Vorlage eingeben und an die Gewerkschaft übermitteln. Aus den vier Grossunter-nehmen Swisscom, upc Cablecom, Sunrise und Orange haben insgesamt rund 3 500 Mitarbeitende an der Befragung teil-genommen. Somit ist die Repräsentativität der Studie für die Branche gegeben.

Die Ergebnisse

Alle Thesen, welche die Arbeitsgruppe aufgestellt hat, bestätigen sich in der Umfrage – jeweils mehr oder weniger deutlich ausge-prägt. Da sich die Ergebnisse von Unternehmen zu Unternehmen kaum unterscheiden, konnten die Antworten aller Befragten zusammengefasst werden, zur einfacheren Lesbarkeit der Studie.

Stress, Leiden unter Zeitdruck, Personalknappheit und psychische Belastungen sind in den untersuchten Unternehmen keine Minder -heitenprobleme, sondern strukturell gegeben. Somit zeigt sich: Aus Sicht vieler Mitarbeitenden bringt die entgrenzte Arbeit viele Probleme mit sich. Ihre Regenerationsfähigkeit erfordert eine räumliche und zeitliche Grenzziehung zum Arbeitsleben, die nicht nur von ihrer eigenen Steuerungskompetenz abhängig ist, sondern weitgehend von den Strukturen in den Unternehmen – beispielsweise den Organisationsformen, Arbeitsprozessen, Personalführungsinstrumenten, aber auch von der Umsetzung von Gesamtarbeitsverträgen.

Die Unternehmensstrukturen so zu gestalten, dass sich die Re ge-nerationsfähigkeit der Angestellten verbessert, sollte im Interesse beider Sozialpartner sein. Denn auf diese Weise verbessert sich nicht nur die Lebensqualität der Angestellten, sondern auch deren Leistungsfähigkeit fürs Unternehmen, während Ausfall zeiten und Gesundheitskosten sinken.

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Entsprechend empfiehlt es sich aufgrund dieser Studie, dass die Sozialpartner gemeinsam Massnahmen ergreifen, damit die entgrenzte Arbeit nicht einseitig zu Lasten der Gesundheit und des Privatlebens der Mitarbeitenden geht.

Die Handlungsempfehlungen

Aufgrund der Umfrageergebnisse zeigt sich Handlungsbedarf auf verschiedenen Ebenen der Organisation, damit die Chancen einer entgrenzten Arbeit die Risiken in Zukunft überwiegen. Eine Auswahl der wichtigsten Empfehlungen aus Sicht von syndicom.

Zum Thema Arbeitshetze:

– Die Mitbestimmungsrechte von Personalvertretenden und Mitarbeitenden über die Arbeitsprozesse (Menge, Inhalt, Organisation) müssen ausgebaut und in die Gesamtarbeits -verträge integriert werden.

– Die Gesamtarbeitsverträge müssen den Mitarbeitenden mehr Erholungszeit gewähren – in Form von zusätzlichen Ferientagen, möglichen Sabbaticals, bezahlten Urlaubs-tagen, Verkürzung der Arbeitszeit oder einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit.

– Stressfaktoren sind in den Mitarbeitendengesprächen systematisch anzusprechen und Vorgesetzte damit zu be-auftragen, zum Stress- und Zeitdruckabbau beizutragen.

Zum Thema Verdichtung der Arbeit:

– Die Löhne müssen steigen. Nur so werden die Mitarbeitenden am Mehrwert beteiligt, den sie erwirtschaften.

– Die Produktivitätssteigerung darf nicht zu längeren Arbeits-zeiten führen. Mitarbeitende müssen ihre Arbeitszeit erfassen, damit die Vorgesetzten ihre diesbezügliche Kontrollfunktion

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wahrnehmen können.– Überzeit ist möglichst rasch zu kompensieren.

Zum Thema Arbeit in der Freizeit:

– Leistungsziele sind so zu stecken, dass sie während der Arbeitszeit erfüllt werden können – und keine Vorleistungen in der Freizeit bedingen.

– Die Unternehmen müssen sich in ihren Governance-Leitlinien klar dazu bekennen, dass die Mitarbeitenden Arbeit und Frei zeit trennen sollen. Gesuche um Ausnahmeregelungen von diesen Leitlinien müssen zwingend mit den Personalvertre-tenden behandelt werden.

Zum Thema ständige Erreichbarkeit:

– Es sind technische Barrieren einzuführen, damit geschäftliche Emails nur während der ordentlichen Arbeitszeit den Mitarbei-tenden zugestellt werden können.

– Die Vertrauensarbeitszeit darf nicht dazu führen, die Zeit-er fassung in Frage zu stellen. Die heutigen Arbeits zeit -regelungen in den Gesamtarbeitsverträgen sind auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen.

Zum Thema psychische Belastung:

– Es braucht eine Obmudsstelle für psychische Belastungen, geführt von Personalvertretenden als Vertrauenspersonen der Mitarbeitenden.

– Vorgesetzte müssen so aus- und weitergebildet werden, dass sie ihre Mitarbeitenden für psychische Belastungen und Symptome von psychischen Krankheiten sensibilisieren können.

– Ausrichtung und Umsetzung des betrieblichen Gesundheits-managements müssen mit den Sozialpartnern und den Perso-nalvertretungen vertieft diskutiert und neu definiert werden.

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Zum Thema Krank zur Arbeit:

– Es empfiehlt sich eine Sensibilisierungskampagne, dass zu Hause bleiben sollte, wer krank ist – und sei es nur, um Viren nicht in den Unternehmen zu verbreiten.

Zum Thema Personalknappheit:

– Die Personalknappheit muss zu einem zentralen Thema in den Sozialpartnergesprächen werden, das Problem als solches anerkannt werden und die strategische Personalplanung entsprechend angepasst werden.

– In einer Mehrheit der Unternehmen braucht es mehr Personal, um das Arbeitsvolumen abdecken zu können.

– Abgänge sind konsequent zu ersetzen und Stellvertretungen und Einführungszeiten sicherzustellen.

– Wo Arbeitsstellen abgebaut werden, muss auch die Arbeits-menge reduziert werden.

Zum Thema Weiterbildungsmanko:

– Die Unternehmen müssen die Aus- und Weiterbildung gewähr-leisten. Aus den Versprechen in den Gesamtarbeitsverträgen muss ein individueller Anspruch abgeleitet werden können.

– Die Mitarbeitenden sollten ein Ausbildungssparkonto zur freien Verfügung erhalten. Wird das jährliche Guthaben nicht beansprucht, wird es aufs Folgejahr übertragen.

– Aus- und Weiterbildung braucht Zeit und Musse, die nur zur Verfügung steht, wenn der Personalknappheit entgegengewirkt wird.

Diese Massnahmen möglichst bald umzusetzen, ist im Interesse der Unternehmen – insbesondere des HRM – genauso wie der Angestellten und ihrer Gewerkschaft. In diesem Sinne handelt es sich um Win-Win-Win-Massnahmen.

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Die These: Viel Verantwortung, wenig Einfluss

Arbeitshetze

Branchenunabhängige Stressstudien legen nahe, dass die Arbeitsbelastung für Angestellte dann am höchsten ist, wenn der Leistungsanspruch gross und die Mitbestimmung gering ist. Dazu führen neue Personalführungs-Instrumente wie «Perfor-mance-Dialog» oder «Empowerment». Solche Instrumente, die der Effizienzsteigerung dienen, verlagern die operative Verant-wortung auf die einzelnen Mitarbeitenden, ohne dass diese über Strategie oder Ziele mitbestimmen können. Daraus leitet sich die These ab, dass die Mitarbeitenden verstärkt unter Zeitdruck stehen und sich bei der Arbeit gehetzt fühlen.

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Die Ergebnisse: Eine Mehrheit fühlt sich unter Stress und Zeitdruck – bei geringer Mitbestimmung

Hansruedi Schläppi, ICT Service Manager, Swisscom

Nur wenn man mit der vor­gegebenen Richtung einver­standen und von ihr überzeugt ist, wird man sich voll einsetzen und nicht frustriert werden.

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Auf einer Skala von 0 % (überhaupt nicht gestresst) bis 100 % (total gestresst) – wo ordnen Sie sich aktuell ein?

Frage 01

Rund 70 Prozent der Befragten fühlen sich überdurchschnittlich gestresst bei der Arbeit, viele von ihnen sogar in einem besonderen Masse, mit einer Bewertung zwischen 80 und 100 Prozent auf der Skala. Es zeigt sich: Die Arbeitgeber sind nicht im Stande, ihre Mitar-beitenden vor Stress zu schützen.

Aufgrund dieses klaren Resultats sowie einzelner Aussagen der Befragten drängen sich weitere Thesen auf, die in dieser Studie überprüft werden sollen. So ist anzunehmen, dass der Stress ausgelöst oder verstärkt wird durch wiederholte Restrukturierungen, Personalengpässe, die hohe Arbeitslast, neue Aufgaben für einzelne, unklare Prozesse sowie eine ungenügende Aus- und Weiterbildung.

25 %

20 %

15 %

10 %

5 %

0 %

0 – 10 11 – 20 21 – 30 31 –40 41 – 50 51 – 60 61 – 70 71 – 80 81 – 90 91 –100

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Frage 02

78 Prozent der Befragten litten 2013 eher häufig, sehr häufig oder sogar immer unter Zeitdruck. Es sind so viele Mitarbeitende betroffen, dass die Gründe dafür vielfältig sein müssen. Genannt werden unrealistische Zielvorgaben, Personalknappheit, eine immer höhere Arbeitskomplexität, Vorgesetzte mit ungenügender Fach- und Sozialkompetenz, interne Bürokratie oder unklare Prozesse. Es ist auch möglich, dass sich einzelne Mit-arbeitende selber zu hohe Ziele setzen – und somit unter ihrem eigenen Druck leiden.

Wenn Sie auf das Jahr 2013 zurückblicken: Wie oft haben Sie bei der Arbeit unter Zeitdruck gelitten?

keine Meinung 1.3 %

eher selten 16.8 %

eher häufig 39.1 %

31.8 % sehr häufig

7.1 % immersehr selten 3.0 %

nie 0.8 %

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46 Prozent der Befragten konnten 2013 eher häufig, sehr häufig oder gar immer mitbe-stimmen, auf welche Weise sie ihre Arbeit erledigen wollten. Anderseits geben ebenfalls rund 49 Prozent der Befragten an, dass sie nie, eher selten oder sogar nur sehr selten Einfluss darauf nehmen konnten, wie sie ihre Arbeit erledigen müssen.

Für die Hälfte der Mitarbeitenden sind somit die Mitbestimmungsmöglichkeiten bei der Arbeit unzureichend. Sie fühlen sich in ihren Aufgaben weitgehend fremdbestimmt – trotz anderslautenden Führungsprinzipien in den Unternehmen. Diese Fremdbestimmung bei gleichzeitig hoher operationeller Verantwortung in vielen Arbeitsbereichen der Branche muss den Leidensdruck und das Stressempfinden verstärken.

Konnten Sie im Jahr 2013 über Ihre Arbeit mitbestimmen – zum Beispiel über Menge, Inhalt oder Organisation der Aufgaben?

Frage 03

keine Meinung 5.2 %

eher selten 30.6 % 27.1 % eher häufig

14.4 % sehr häufig

4.5 % immer

sehr selten 12.4 %

nie 5.8 %

31.8 % sehr häufig

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Die Handlungsempfehlungen:Es braucht mehr Erholungszeit, mehr Mitbestimmung – und mehr Sensibilität

Aufgrund der eindeutigen Befunde zum Thema Arbeitshetze drängen sich verschiedene Massnahmen auf, um dieser ent-gegenzuwirken:

– Die Mitbestimmungsrechte von Personalvertretenden und Mitarbeitenden bei Arbeitsprozessen (Menge, Inhalt, Organisation) müssen explizit in die Gesamtarbeitsverträge aufgenommen werden.

– Die Gesamtarbeitsverträge müssen den Mitarbeitenden mehr Erholungszeit gewähren – in Form von zusätzlichen Ferientagen, Sabbaticals, bezahlten Urlaubstagen, Ver kürz ung der Arbeitszeit oder einer Reduktion der wöchentlichen Höch starbeitszeit.

– Es braucht einen systematischen Dialog zwischen den Organi-sationsebenen und Wertschöpfungsketten, um Stressfaktoren zu eruieren und minimieren.

– An sozialpartnerschaftlichen Treffen in den Unter nehmen insistieren Personalvertretende und Gewerkschaften, dass Stress- und Zeitdruckfaktoren möglichst minimiert werden.

– Stressmanagement-Kurse sollten allen Mitarbeitenden ange-boten werden – um sich vor eigenen wie vor fremden Ansprü-chen zu schützen.

– Stressfaktoren sind in den Mitarbeitendengesprächen systematisch anzusprechen und Vorgesetzte damit zu beauftragen, zum Stress- und Zeitdruckabbau beizutragen.

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Ein gewisses Mass an Stress soll gesund sein, heisst es. Doch dieses Mass ist bei uns überschritten.

Martin Pfulg, Technical Specialist, Swisscom Broadcast

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Die These: In der gleichen Zeit immer mehr leisten

Verdichtung der Arbeit

Unternehmen tun fast alles dafür, die Arbeitsproduktivität zu steigern und auf diese Weise den Profit zu erhöhen und ihre Aktionäre zu befriedigen. Um dieses Ziel zu erreichen, setzen sie auf Rationalisierungsmassnahmen, den Einsatz neuer Techno-logien, permanente Optimierung der Arbeitsprozesse sowie stetig steigende Leistungserwartungen an ihre Mitarbeitenden. Diese müssen in immer kürzerer Zeit immer mehr leisten, um die Ziele zu erreichen. Damit die Produktivität steigt, wird die Arbeit immer weiter verdichtet und beschleunigt.

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Die Ergebnisse: Das Rad dreht immer schneller

Wie heisst doch das Sprichwort? «Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht.»

Chih hou Liu, Professional Scrum Developer, local.ch

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Wie viel Arbeit leisteten Sie pro Arbeitsstunde im Jahr 2013 im Vergleich zu den Vorjahren?

Frage 04

Die Untersuchung bestätigt die These: Knapp drei Viertel der Befragten leisteten 2013 pro Zeiteinheit mehr als in den Vorjahren – die meisten von ihnen sogar deutlich mehr. Weitere 17 Prozent der Befragten leisteten in derselben Zeit gleich viel wie in den Vor-jahren, nur 5 Prozent leisteten weniger.

Die Antworten zeigen, dass die Arbeitsproduktivität markant zunimmt in den untersuch-ten Unternehmen. Es ist davon auszugehen, dass nicht nur strukturelle Verbesserungen dazu beitragen, dass die Mitarbeitenden in gleicher Zeit immer mehr leisten, sondern dass die Arbeitsverdichtung den Mitarbeitenden auch immer mehr abverlangt, unter Aus-reizung der sogenannten Vertrauensarbeitszeit. Mitarbeitende müssen sich zunehmend in ihrer Freizeit mit ihrer Arbeit auseinandersetzen und sich beispielsweise zumindest mental auf kommende Aufgaben vorbereiten, damit sie während ihrer offiziellen Arbeits-zeit umso produktiver sein können. Und so die hochgesteckten Ziele erreichen.

keine Meinung 4.4 %

gleich viel 17.1 %

etwas mehr 30.7 %

42.9 % deutlich mehr

etwas weniger 3.4 %deutlich weniger 1.4 %

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Die Handlungsempfehlungen: Mehr Erholung, aber auch mehr Lohn

– Die Löhne müssen steigen. Nur so werden die Mitarbeitenden am Mehrwert beteiligt, den sie erwirtschaften.

– Die Erholungszeit muss verlängert werden, durch zusätzliche Ferientage, mögliche Sabbaticals, verkürzte Arbeits- respektive Höchstarbeitszeiten.

– Die Produktivitätssteigerung darf nicht zu längeren Arbeits-zeiten führen. Mitarbeitende müssen ihre Arbeitszeit erfassen, damit die Vorgesetzten ihre diesbezügliche Kontrollfunktion wahrnehmen können.

– Überzeit ist möglichst rasch zu kompensieren. – Leistungsziele sind so zu stecken, dass sie während der

Arbeitszeit erfüllt werden können – und keine Vorleistungen in der Freizeit bedingen.

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Peter Siegrist, Teamleader Service Center HFC, upc cablecom

Hier ein paar Stellenprozente weniger, da ein paar Aufgaben mehr: Das summiert sich, auch in der täglichen Arbeitsbelastung.

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Die These: Allzeit bereit ist der flexible Arbeitsmensch

Ständige Erreichbarkeit

Flexible Arbeitszeitmodelle brechen traditionelle Arbeitszeit-modelle auf. Der klassische 8-Stunden-Tag hat ausgedient. Die Arbeitszeit wird individualisiert. Um die zunehmende Arbeits-dichte bewältigen zu können, leisten die Mitarbeitenden immer mehr Arbeit, als vertraglich vereinbart wäre. Im Rahmen der sogenannten «Vertrauensarbeitszeit» müssen die Mitarbeitenden ihre individuelle Arbeitszeit den Bedürfnissen der Unternehmen sowie den schwankenden Markterfordernissen anpassen. Dies führt dazu, dass sie für ihr Unternehmen oder ihre Kunden möglichst oft erreichbar sein müssen.

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Die Ergebnisse: Die meisten sind in ihrer Freizeit «freiwillig» erreichbar

Es braucht schon viel Selbst­disziplin, damit der letzte Blick vor dem Schlafen und der erste nach dem Aufstehen nicht aufs Smartphone­Display schweift.

Jessica Jacomino, Knowledge Specialist, upc cablecom

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Wie häufig wurde von Ihnen im Jahr 2013 erwartet, dass Sie ausserhalb des normalen Arbeitspensums per Email, Telefon oder SMS beruflich erreichbar waren (Pikettdienste ausgenommen)?

Frage 05

Von rund 31 Prozent der Befragten wurde 2013 eher häufig, sehr häufig oder gar immer erwartet, dass sie ausserhalb des normalen Arbeitspensums für Arbeitsfragen erreichbar waren. Von rund 45 Prozent der Mitarbeitenden wurde dies eher selten oder sehr selten erwartet, von 21 Prozent nie.

Die Ergebnisse zeigen, dass ein expliziter Übergriff der Arbeitswelt in die Freizeit längst nicht mehr tabu ist, sondern für einen wachsenden Teil der Mitarbeitenden zum Berufs-alltag gehört. Wenn fast ein Drittel der Mitarbeitenden in ihrer Freizeit für Arbeitsfragen erreichbar sein müssen, dann wachsen Gruppendruck und Erreichbarkeitserwartung für die anderen Mitarbeitenden. Was gerade für jene Mitarbeitende besonders belastend sein dürfte, die ausserhalb ihrer Arbeitszeit beispielsweise für Kinder sorgen.

keine Meinung 3.1 %

25.9 % eher selten

15.0 % eher häufig

10.3 % sehr häufig

5.8 % immer

sehr selten 18.8 %

nie 21.0 %

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Frage 06

Rund 47 Prozent der Befragten haben 2013 ausserhalb des normalen Arbeitspensums eher häufig, sehr häufig oder gar immer geschäftliche Anfragen beantwortet, obwohl dies von ihnen nicht explizit erwartet worden wäre. Inwieweit ein impliziter Gruppen- und Erwartungsdruck dafür verantwortlich ist, bleibt vorläufig offen.

Tatsache ist: Fast die Hälfte der Mitarbeitenden stellen sich in ihrer Freizeit freiwillig ihren Unternehmen zur Verfügung, was auf eine zunehmende Entgrenzung der Arbeit schliessen lässt – Thema dieser Studie. Viele Mitarbeitende nehmen die an sich geregelte Arbeitszeit nicht mehr als solche wahr. Da die Zeitflexibilisierung einher geht mit einer höheren Arbeitsdichte, ist auch klar, dass sie in Wechselwirkung mit höheren Leistungs-erwartungen steht. Die Flexibilität an sich könnte im Interesse der Arbeitgeber und der Arbeitnehmenden sein. In der Praxis aber geht sie eher zu Lasten der Arbeitnehmenden.

Wie häufig haben Sie im Jahr 2013 ausserhalb des normalen Arbeitspensums geschäftliche Emails, SMS oder Anrufe beant-wortet, obwohl es nicht von Ihnen erwartet wurde?

keine Meinung 2.2 %

eher selten 24.1 % 22.1 % eher häufig

18.2 % sehr häufig

6.7 % immer

sehr selten 15.9 %

nie 10.7 %

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Gut 20 Prozent der Mitarbeitenden erhalten von ihren Vorgesetzten die explizite Rück-meldung, dass ihre Erreichbarkeit ausserhalb der Arbeitszeit geschätzt wird. Weitere rund 42 Prozent der Befragten bekommen subjektiv den Eindruck, dass ihre Vorgesetz-ten es schätzen, wenn sie ausserhalb der Arbeitszeit erreichbar sind. Insgesamt sehen sich also rund 62 Prozent der Mitarbeitenden explizit oder implizit darin bestärkt, in ihrer Freizeit möglichst gut für Arbeitsfragen erreichbar zu sein.

Das Ergebnis scheint eindeutig – und erhellend auch in Bezug auf die vermeintlich «freiwillige» Erreichbarkeit (siehe Frage 06): Die Leistungskultur in den Telekommuni-kationsunternehmen verleitet die Mitarbeitenden dazu, in ihrer Freizeit erreichbar sein zu wollen, auch wenn dies nicht ausdrücklich von ihnen verlangt ist. Nur so können sie den steigenden Erwartungen entsprechen und die Produktivitätsziele erreichen.

Wie haben Ihre Vorgesetzten darauf reagiert, wenn Sie im Jahr 2013 geschäftliche Anfragen ausserhalb Ihres Arbeitspensums beantwortet oder entgegen genommen haben?

Frage 07

keine Meinung 20.7 %

Ich erhalte keine Reaktion, aber ich denke, es wird als negativ empfunden.

41.5 % Ich erhalte keine Reaktion, aber ich denke, es wird als positiv empfunden.

20.7 % Dies wird geschätzt.

Ich erhalte Anweisung, dies nicht zu tun, um mich besser von meiner Arbeit erholen zu können.

Ich erhalte eine an­dere Reaktion als die hier vorgegebenen.

9.4 %

5.8 %

1.9 %

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Die Handlungsempfehlungen: Es braucht Email­Barrieren und ein klares Bekenntnis

Aufgrund der Ergebnisse gilt es, sowohl die expliziten als auch die impliziten Erreichbarkeitserwartungen abzubauen, um auf diese Weise dem hohen Stress- und Zeitdruckempfinden entgegen-zuwirken. Folgende Massnahmen drängen sich auf:

– Die Unternehmen müssen sich klar dazu bekennen, dass die Mitarbeitenden Arbeit und Freizeit trennen sollen.

– Gesuche um Ausnahmeregelungen von diesen Leitlinien müssen zwingend mit den Personalvertretenden behandelt werden. Einzelne Mitarbeitende können es sich aufgrund des Gruppen-drucks meist nicht leisten, sich gegenüber Erreichbarkeitsan-sprüchen zu verweigern.

– Es sind technische Barrieren einzuführen, damit geschäftliche Emails nur während den ordentlichen Arbeitszeiten den Mit -arbeitenden zugestellt werden können.

– Mitarbeitende, welche über keine Bewilligung für Nacht- und Sonntagsarbeit verfügen, sollten nachts und sonntags keinen Zugriff aufs Intranet oder auf E-Mail-Server haben.

– Die Vertrauensarbeitszeit darf nicht dazu führen, die Zeiter-fassung in Frage zu stellen. Die heutigen Arbeitszeitregelungen in den Gesamtarbeitsverträgen sind auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen.

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Die Versuchung ist sehr gross, Emails in der Freizeit abzu­arbeiten, um am Arbeitsplatz gleich loslegen zu können.

Cornelia Ziehler, Specialist Business Customers, Sunrise

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Die These: Arbeitswelt dringt in Lebenswelt ein

Arbeit in der Freizeit

Flexible Arbeitszeitformen und neue Telekommunikations -techno logien ermöglichen es den Arbeitnehmenden, auch ausserhalb der Geschäftsräume für ihre Unternehmen tätig zu sein. Die entgrenzte Arbeit dringt in die privaten Lebensräume ein. Dadurch wird die Zeitsouveränität der Mitarbeitenden und ihrer Familien eingeschränkt. Die persönlichen und familiären Bedürfnisse kommen im Zweifelsfall gegenüber den Unterneh-mensbedürfnissen zu kurz.

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Die Ergebnisse: Viele sind bereit, ihre Freizeit zu opfern

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Wie oft haben Sie im Jahr 2013 einen Teil Ihrer Freizeit für die Arbeit geopfert?

Frage 08

Rund 36 Prozent der Befragten haben 2013 eher häufig oder sehr häufig einen Teil ihrer Freizeit dafür geopfert, um geschäftliche Aufgaben zu erledigen. Dabei ist «opfern» ein starker Begriff. Viele, die in ihrer Freizeit «freiwillig» geschäftliche Anfragen beantwor-ten, sehen darin noch kein Opfer (siehe Frage 06).

Es bestätigt sich also auch aus dieser Perspektive, dass die Bereitschaft, geschäftliche Anfragen in der Freizeit zu beantworten, als normal angesehen wird. Daraus wiederum lässt sich schliessen, dass sich die Mitarbeitenden der Arbeitsentgrenzung teilweise gar nicht bewusst sind, weil sie als selbstverständlich betrachtet wird. Und deshalb ist auch anzunehmen, dass das selbstverständliche Beantworten von geschäftlichen Anfragen in der Freizeit von den Mitarbeitenden oft nicht als Arbeitszeit erfasst wird. Das Vertrau-ensarbeitszeitmodell geht somit tendenziell zu Lasten der Arbeitnehmenden – und zu Gunsten der Unternehmen.

keine Meinung 2.4 %

eher selten 31.2 %

24.8 % eher häufig

10.6 % sehr häufig0.8 % immer

sehr selten 19.2 %

nie 11.0 %

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Die Handlungsempfehlungen: Vertrauensarbeitszeit braucht Kontrolle

– Die Unternehmen müssen über Richtlinien von den Vorgesetz-ten einfordern, dass diese für die Mitarbeitenden eine klare Trennung von Arbeit und Freizeit durchsetzen.

– Wollen die Unternehmen an der Vertrauensarbeitszeit festhal-ten, müssen sie sicherstellen, dass diese nicht zu Lasten der Mitarbeitenden geht.

– Neue Mitarbeitende sind schon bei ihrer Einführung darauf hinzuweisen, dass Arbeit in der Freizeit nicht erwünscht ist, sondern dass die Freizeit der Erholung dienen soll.

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Im Zweifelsfall haben dringende Geschäftsbedürfnisse Vorrang vor den privaten.

Dolkar Hofmann, Leiterin Service Desk INI, Swisscom

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Die These: Abschalten in der Freizeit fällt schwer

Psychische Belastung

Die Arbeitszeit verdichten und Geschäftsaufgaben in der Freizeit erledigen zu müssen, führt zu einer permanenten Arbeitsbereit-schaft bei den Arbeitnehmenden. Diese können sich gedanklich nicht mehr von der Arbeit distanzieren, also in ihrer Freizeit nicht mehr von der Arbeit «abschalten». Arbeitsprobleme belasten das Privatleben. Die Gefahr psychischer Erkrankungen wie Burnout nimmt zu.

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Die Ergebnisse: Leistungsfähigkeit und Gesundheit sind in Gefahr

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Frage 09

Insgesamt haben rund 71 Prozent der Befragten im Jahr 2013 auch zu Hause eher häufig, sehr häufig oder immer an ihre Arbeit gedacht. Das ist Ausdruck der Arbeitsentgrenzung, muss aber auf die einzelnen Mitarbeitenden noch nicht unbedingt belastend wirken. Für viele Mitarbeitende ist ihre Arbeit ein so wichtiger Teil in ihrem Leben, dass sie gerne in ihrer Freizeit daran denken. Fürs Wohlbefinden entscheidend ist jedoch, ob sie diese Gedanken als positiv oder als negativ empfinden, als erbauend oder belastend.

Wie häufig haben Sie im Jahr 2013 zu Hause an Ihre Arbeit gedacht?

eher selten 17.8 %

eher häufig 35.3 %

29.8 % sehr häufig

6.2 % immersehr selten 8.1 %

keine Meinung 1.8 %nie 1.1 %

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Fast 45 Prozent derjenigen, die zu Hause an die Arbeit denken, empfinden diese Gedanken eher häufig, sehr häufig oder immer als belastend. Das entspricht einem Anteil von rund 32 Prozent aller Mitarbeitenden. So hoch ist der Prozentsatz jener, die ihre Probleme nach Hause mitnehmen und deren Privatleben mehr oder weniger stark von den Arbeits-problemen beeinträchtigt wird. Sie alle sind mehr oder weniger gefährdet, sich aufgrund ihrer Arbeit psychische Probleme oder gar psychische Erkrankungen einzuhandeln.

Falls Sie zu Hause an die Arbeit denken (siehe Frage 09): Wie oft haben Sie diese Gedanken als belastend empfunden?

Frage 10

keine Meinung 1.0 %

eher selten 32.0 %

30.5 % eher häufig

11.8 % sehr häufig

3.0 % immer

sehr selten 15.4 %

nie 6.3 %

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Frage 11

Rund 54 Prozent der Befragten fiel es 2013 schwer, nach der Arbeit «abzuschalten»: eher häufig, sehr häufig oder gar immer. Das bedeutet, dass sie sich in ihrer Freizeit unfreiwillig mit ihrer Arbeit beschäftigen. Selbst wenn sie es wollen, können sie sich gedanklich nicht von ihrer Arbeit distanzieren.

Es zeigt sich, dass Stress, Zeitdruck und Arbeitsverdichtung nicht folgenlos bleiben, sondern auch in der Freizeit belastende Gedanken an die Arbeit hervorrufen und das «Abschalten» von der Arbeit erschweren.

Wie oft ist es Ihnen im Jahr 2013 schwer gefallen, nach der Arbeit «abzuschalten»?

eher selten 25.5 %

29.4 % eher häufig

18.9 % sehr häufig

5.2 % immer

sehr selten 14.3 %

keine Meinung 1.8 %nie 4.8 %

30.5 % eher häufig

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48

Die Handlungsempfehlungen: Gefordert sind Gesundheitsfachleute

Der Befund einer hohen psychischen Arbeitsbelastung muss auch von den Personalabteilungen als problematisch eingestuft werden. Auf dem Spiel steht nicht nur die Gesundheit der Mitar-beitenden, sondern auch ihre Leistungsfähigkeit. Entsprechend unbestritten und dringend scheint der Handlungsbedarf:

– Das Thema der psychischen Belastung in der Freizeit betrifft die Gesundheit der Mitarbeitenden. Daher sind professionelle Gesundheitsschutzfachleute (Care Management) gefordert, sich mit den Ursachen dieser Belastungen genauer auseinander -zu setzen, in Zusammenarbeit mit den Personalvertretungen. Und wirksame Massnahmen zu entwickeln, um die Ursachen zu beheben.

– Es braucht eine Obmudsstelle für psychische Belastungen, geführt von Personalvertretenden als Vertrauenspersonen der Mitarbeitenden.

– Vorgesetzte müssen so aus- und weitergebildet werden, dass sie ihre Mitarbeitenden für psychische Belastungen und Symp-tome von psychischen Krankheiten sensibilisieren können.

– Vorgesetzten ist bewusst zu machen, dass sie im Umgang mit Arbeitsgrenzen eine Vorbildfunktion einnehmen – und diese für sich selber so stecken müssen, dass sie auch langfristig zur Gesundheiterhaltung beitragen.

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49

Pascal Wicht, Telekommunikationsspezialist, cablex

In den Unternehmen unserer Branche sind psychische Belastungen heute ein grosses Problem.

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51

Die These: Kranksein wird zum Luxus

Krank zur Arbeit

Immer höhere Leistungs- und Produktivitätserwartungen der Unternehmen setzen die Mitarbeitenden immer mehr unter Druck. Diese fühlen sich dazu veranlasst, auch dann zu arbeiten, wenn sie eigentlich krank wären und zu Hause bleiben sollten. Krank sein und sich eine Auszeit nehmen wird zum Luxus, den man sich fast nicht mehr leisten kann. Das führt dazu, dass Krankheiten nicht richtig auskuriert werden, die physische Gesundheit Schaden nimmt und die Ansteckungsgefahr am Arbeitsplatz steigt.

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52

Die Ergebnisse: Lieber Raubbau am Körper betreiben

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Wie oft arbeiteten Sie 2013 in einem Gesundheitszustand, der dies eigentlich nicht zugelassen hätte?

Frage 12

Rund 23 Prozent der Mitarbeitenden arbeiteten 2013 eher häufig oder sogar sehr häufig auch dann, wenn sie eigentlich krank wären. Dieser Prozentsatz ist umso höher zu ge-wichten, wenn man davon ausgeht, dass ein Teil der Belegschaft im Jahr 2013 gar nicht krank war. Weitere rund 55 Prozent der Mitarbeitenden arbeiteten eher selten oder sehr selten, wenn sie krank waren. Die Untersuchung zeigt, dass es mehr oder weniger normal geworden ist, krank zu arbeiten. Dadurch erhöht sich die Verbreitungsgefahr anstecken-der Krankheiten über Viren, was nicht im Interesse der Unternehmen sein kann.

Zwar kennen die meisten Unternehmen ein Gesundheitsmanagement. Doch in der Praxis schützen sogenannte «Kümmer-Gespräche» (Swisscom) Mitarbeitende nicht davor, Raubbau an ihrem Körper zu betreiben. Wer solche Gespräche beansprucht, zeigt Schwächen – und droht dafür bestraft zu werden. Die Angst vor Stellenverlust oder schlechter Leistungs-beurteilung scheint grösser als die Einsicht, dass ein kranker Körper Erholung braucht.

keine Meinung 2.0 %

29.9 % eher selten

15.6 % eher häufig

6.9 % sehr häufig1.0 % immer

sehr selten 25.2 %

nie 19.4 %

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Die Handlungsempfehlungen: Das Gesundheitsmanagement muss verbessert werden

– Die Umsetzung des betrieblichen Gesundheitsmanagements muss mit den Sozialpartnern und der Personalvertretung vertieft diskutiert und neu definiert werden.

– Es empfiehlt sich eine Sensibilisierungskampagne, dass zu Hause bleiben sollte, wer krank ist – und sei es nur, um Viren nicht in den Unternehmen zu verbreiten.

– Das Gesundheitsmanagement in den Betrieben ist zu überar-beiten. Wer gesundheitliche Probleme bekundet, hat Anspruch auf Persönlichkeitsschutz. Und darauf, für seine «Blösse» nicht bestraft zu werden.

– Bei der Einstellung und Weiterbildung von Vorgesetzten ist die Sozialkompetenz stärker zu gewichten als bisher.

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Wer krank ist, lässt die Mit­arbeitenden im Stich. Wer will das schon verantworten?

Danilo Ravelli, Netzelektriker, cablex

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Die These: Personalknappheit in Kauf genommen

Personalknappheit

Früher achteten Unternehmen darauf, dass Mitarbeitende optimal in neue Funktionen eingearbeitet werden und dass deren Stell-vertretungen geregelt sind. Im Zuge von Gewinnmaximierungs- und Arbeitsverdichtungsstrategien werden Stellvertre tungen gestrichen, Einarbeitungszeiten auf ein Minimum gekürzt und Personalabgänge nicht oder mit grosser Verzögerung ersetzt. Die Folgen dieser Personalverknappungsstrategien sind vielfältig und in dieser Studie auch bereits erforscht: Stressempfinden, Zeitdruck, Arbeitshetze, permanente Überlastung, aufgestaute Überzeit oder auch krank zur Arbeit gehen.

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Die Ergebnisse: Eine Mehrheit der Abteilungen ist betroffen

Man kann es drehen und wenden, wie man will. Unter dem Strich gibt es zu wenig Köpfe für zu viel Arbeit.

Pascal Bassu, Process Manager, Swisscom

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Frage 13

Rund 67 Prozent der Befragten haben 2013 eher häufig, sehr häufig oder sogar immer länger als die vereinbarte Tagesarbeitszeit gearbeitet. Ihre Arbeitszeit ist also zu knapp bemessen und verdrängt regelmässig die Freizeit. Offen bleibt, wie viel der täglich geleis-teten Mehrarbeit effektiv verrechnet oder aber gratis geleistet wird, um Leistungs- und Zielerwartungen zu erfüllen.

Es zeigt sich: Die zentrale Bestimmung in Gesamtarbeitsverträgen, dass pro Tag durch-schnittlich 8 Stunden zu arbeiten seien, wird in den meisten Arbeitsverhältnissen nicht respektiert. Die kumulierten Arbeitszeiten der Arbeitnehmenden reichen nicht aus, um das Arbeitsvolumen zu bewältigen.

Wie oft haben Sie im Jahr 2013 länger als die geregelte Tagesarbeitszeit gearbeitet?

keine Meinung 2.5 %

eher selten 22.3 %

eher häufig 32.3 %

28.7 % sehr häufig

6.3 % immersehr selten 6.5 %

nie 1.4 %

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60

0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 % 90 % 100 %

Wie beurteilen Sie die folgenden Aussagen bezogen aufs Arbeitsjahr 2013?

Frage 14

Die Ergebnisse zeigen: Viele Befragte können Überstunden und Gleitzeitsaldi nicht in nützlicher Zeit abbauen, ohne dass viel Arbeit liegen bleibt oder andere die Arbeit erledigen müssen. Auch können Mitarbeitende ihre Ziele oft nur dann erreichen, wenn sie Überstunden leisten.

Es bestätigen sich somit zahlreiche frühere Thesen und Erkenntnisse aus dieser Studie. Und es zeigt sich: Ein sehr hoher Anteil der Mitarbeitenden sieht sich nicht in der Lage, die Arbeit während des vereinbarten Arbeitspensums zu erledigen. Die hoch angesetzten Leistungs- und Zielvorgaben erweisen sich im Arbeitsalltag als unrealistisch und somit im Grunde genommen als unzumutbar. Viele können ihre Überzeit nicht in nützlicher Zeit kompensieren und geraten somit in eine Arbeitsbelastungsspirale. Die Telekommunika-tionsunternehmen verletzen die Arbeitszeitvereinbarungen sowie ihre Fürsorgepflicht gegenüber ihren Mitarbeitenden.

Damit ich meine Ziele erreiche, muss ich Überstunden machen.

Mache ich Überstunden, kann ich diese in der Regel innerhalb von drei Monaten wieder abbauen.

Überstunden und Gleitzeitsaldo lassen sich nur schwer abbauen.

Ich fühle mich bei meiner Arbeit oft gehetzt, wenn ich meine Ziele erreichen will.

25 % 32 % 25 % 10 % 7 %

16 %

11 %

16 % 38 % 29 % 12 %

33 % 30 % 21 % 5 %

5 %

34 % 26 % 15 % 8 %

trifft voll zu|trifft eher zu|trifft eher nicht zu|trifft überhaupt nicht zu|keine Meinung

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61

Frage 15

Rund 67 Prozent der Befragten hat den Eindruck, 2013 eher häufig, sehr häufig oder immer infolge Personalmangels überlastet gewesen zu sein. Nur 2 Prozent geben an, dass dies nie der Fall war. Die Personalknappheit ist eine Tatsache. Auf die Frage, wo durch die Personalknappheit verursacht werde, gaben die Befragten unter anderem folgende Antworten (in dieser Reihenfolge): Höheres Arbeitsvolumen, weil die gleiche Arbeit von weniger Mitarbeitenden erledigt werden muss; Abgänge wurden nicht ersetzt; nötige zusätzliche Stellen konnten nicht geschaffen werden; Rekrutierungs-engpass; stei gende Arbeitslast durch neue Aufgaben; ungenügende Stellvertretungen oder Arbeitsplanung.

Die Antworten zeigen, dass die Ursachen für die Personalknappheit vielfältig sind. Und Massnahmen gegen die Personalknappheit entsprechend systematisch und ganz-heitlich geplant werden müssen. Reine Symptombekämpfung nützt nichts.

Wie oft hatten Sie im Jahr 2013 den Eindruck, dass Sie aufgrund von Personalknappheit überlastet waren?

keine Meinung 7.8 %

eher selten 18.3 %

37.9 % eher häufig

21.4 % sehr häufig

7.5 % immer

sehr selten 5.2 %

nie 2.0 %

Page 61: Entgrenzung der Arbeit

62

Haben Sie den Eindruck, dass in Ihrer Abteilung im Jahr 2013 zu wenig Personal beschäftigt war?

Frage 16

Fast 56 Prozent der Befragten geben an, dass in ihrer eigenen Abteilung im Jahr 2013 Personalknappheit geherrscht habe. Personalknappheit ist somit kein punktuelles Pro-blem aufgrund ausserordentlicher Vorkommnisse in einzelnen Abteilungen, sondern ein systematisches Problem, welches von den Unternehmen in Kauf genommen wird, um die Arbeitsproduktivität möglichst hoch zu halten und die Arbeit immer weiter zu verdichten.

keine Meinung 11.6 %

nein 32.7 % 55.8 % ja

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63

Die Handlungsempfehlungen: Es braucht mehr Arbeitskräfte

Wenn es für zu viel Arbeit zu wenig Beschäftigte gibt, nützt dies vielleicht kurzfristig den Geschäftskennzahlen, langfristig aber leidet die Substanz der Unternehmen. Und das sind die Mitarbeitenden. Folgende Massnahmen drängen sich auf:

– In einer Mehrheit der Unternehmen braucht es mehr Personal, um das Arbeitsvolumen abdecken zu können.

– Abgänge sind konsequent zu ersetzen und Stellvertretungen sicherzustellen.

– Wo Arbeitsstellen abgebaut werden, muss auch die Arbeits-menge entsprechend reduziert werden.

– Die Personalknappheit muss zu einem zentralen Thema in den Sozialpartnergesprächen werden, das Problem als solches anerkannt und die strategische Personalplanung entsprechend angepasst werden.

– Die Zeiterfassungspflicht ist auszuweiten und Überzeitsaldi auf eine bestimmte Stundenanzahl zu limitieren, unter Ein-bezug der Personalvertretenden.

– Verletzungen des Arbeitsgesetzes müssen verbindlich den Vorgesetzten, der Personalabteilung und den Personalvertre-tungen gemeldet werden. Insbesondere, wenn sie die Arbeits-zeitregelungen betreffen.

55.8 % ja

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65

Die These: Wirklichkeit erfüllt den Anspruch nicht

Weiterbildungsmanko

Telekommunikationsunternehmen fordern von ihren Mitarbei-tenden, dass sie sich permanent weiterbilden, um für neue Herausforderungen in der Berufswelt gewappnet zu sein. Was in der Theorie gut klingt, krankt in der Umsetzung. Mitarbeitende werden befördert, versetzt oder mit neuen Technologien konfron-tiert, ohne ausreichend aus- und weitergebildet zu werden. Die Weiterbildungsangebote für die Mitarbeitenden sind ungenügend. Ausserdem steht der hehre Weiterbildungsanspruch im Spannungs-feld mit der grassierenden Personalknappheit.

Page 65: Entgrenzung der Arbeit

66

Die Ergebnisse: Weiterbildung fordern ist einfacher als sie fördern

Sébastien Bourquin, ICT Trainer, Swisscom

Weiterbildung ist nur dann wirkungsvoll, wenn sie den Praxistest besteht. Sonst mündet sie in Leerlauf.

Page 66: Entgrenzung der Arbeit

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Frage 17

Rund 30 Prozent der Befragten standen allein im Jahr 2013 eher häufig, sehr häufig oder gar immer vor der Situation, eine neue Funktion oder eine neue Arbeit ohne aus-reichendes Fachwissen zu übernehmen. Rund ein Drittel der Mitarbeitenden verfügten demnach nicht über die nötige Aus- oder Weiterbildung, um die an sie gestellten Erwartungen zu erfüllen. Eine solche Qualifikationslücke kann dazu führen, dass die betroffenen Mitarbeitenden sich überfordert fühlen.

Wie oft mussten Sie im Arbeitsjahr 2013 eine neue Funktion oder eine neue Arbeit übernehmen, ohne ausreichendes Fach-wissen dafür zu haben?

keine Meinung 3.7 %

32.5 % eher selten

21.2 % eher häufig

7.5 % sehr häufig1.4 % immer

sehr selten 18.6 %

nie 15.0 %

Page 67: Entgrenzung der Arbeit

68

Haben Sie im Jahr 2013 mindestens eine berufliche Weiterbildung besucht?

Frage 18

Nur etwas mehr als die Hälfte der Mitarbeitenden konnten 2013 mindestens eine beruf-liche Weiterbildung besuchen. Dieser Anteil ist kleiner, als er beispielsweise aufgrund der expliziten Absichtserklärungen von Swisscom in den Verhandlungen zum Gesamtar-beitsvertrag 2013 sein müsste. Auch steht er im Widerspruch zur Weiterbildungsoffensive, die in der Branche proklamiert wird.

keine Meinung 2.6 %

nein 47.8 % 49.7 % ja

Page 68: Entgrenzung der Arbeit

69

Frage 19

Für rund 42 Prozent war die Menge der Aus- und Weiterbildungen ausreichend, für rund 39 Prozent der Befragten war sie zu tief. Es zeigt sich somit, dass die Weiterbildungs-strategien in den Unternehmen inkonsistent sind. Die permanente Weiterbildung wird zwar propagiert und in Zielvorgaben implementiert, aber nicht hinreichend ermöglicht.Erstaunliche 18 Prozent der Befragten haben keine Meinung zur gestellten Frage, ein viel höherer Prozentsatz als sonst. Diese Indifferenz lässt erahnen, dass das Weiter-bildungsthema für die Mitarbeitenden zwiespältig ist. Kommentare der Befragten deuten darauf hin, warum dem so sein könnte. Weiterbildungen werden zwar im Grunde begrüsst, aber aufgrund der hohen Arbeitsbelastung auch als Zusatzbelastungen angesehen. Demnach müsste zunächst die Personalknappheit aufgehoben werden, bevor die permanente Weiterbildung umgesetzt werden könnte.

Wie beurteilen Sie die Menge an beruflichen Weiterbildungen, die Sie im Jahr 2013 besucht haben?

keine Meinung 17.9 %

ausreichend 41.8 %

39.1 % zu tief (es bräuchte mehr)

zu hoch (es bräuchte weniger)

1,2 %

49.7 % ja

Page 69: Entgrenzung der Arbeit

70

Wie hoch war der Nutzen der Weiterbildungen für Ihre Arbeit?

Frage 20

Nur knapp die Hälfte der Mitarbeitenden sieht bei absolvierten Weiterbildungen einen Nutzen für ihre Arbeit. Bemerkenswert ist erneut, dass rund 28 Prozent keine Meinung dazu haben, wie hoch der Nutzen der Weiterbildungen für ihre Arbeit war. Wahrscheinlich deshalb, weil dem Nutzen ein Schaden gegenüber stand: angewachsene Arbeitsberge nach Ablauf einer Weiterbildung. Der eher geringe Nutzen der Weiterbildungen deutet darauf hin, dass die Aus- und Weiterbildungsstrategien die Weiterbildungsbedürfnisse der Mitarbeitenden nicht hin reichend abdecken – und dadurch die Weiterbildungs-ressourcen zu wenig effizient genutzt werden.

eher gering 13.5 %

16.3 % hoch

6.7 % sehr hoch

gering 4.4 %

keine Meinung 30.8 %

sehr gering 4.0 %

24.3 % eher hoch

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71

Die Handlungsempfehlungen: Freiraum für Weiterbildung schaffen

– Die Unternehmen müssen die Aus- und Weiterbildung ge-währleisten. Aus den entsprechenden Versprechen in den Gesamtarbeitsverträgen muss ein individueller Anspruch abgeleitet werden können.

– Die Mitarbeitenden sollten ein Ausbildungssparkonto zur freien Verfügung erhalten. Wird das jährliche Guthaben nicht beansprucht, wird es aufs Folgejahr übertragen.

– Die Personalvertretungen müssen bei der Erarbeitung und Umsetzung der Aus- und Weiterbildungsstrategie einbezogen werden, um diese stärker auf die Bedürfnisse der Mitarbeiten-den abzustimmen.

– Die Unternehmen müssen den Aus- und Weiterbildungsan-spruch in den Stellenprofilen und Stellenetats berücksichtigen. Aus- und Weiterbildung braucht Zeit und Musse, die nur zur Verfügung steht, wenn der Personalknappheit entgegenge-wirkt wird.

– Übernehmen Mitarbeitende neue Funktionen, sind sie möglichst im Voraus dafür zu qualifizieren und die Stellenbeschreibungen entsprechend anzupassen. Auch ist der Anspruch auf eine Einarbeitungszeit zuzugestehen.

Page 71: Entgrenzung der Arbeit

Gewerkschaft syndicom, Sektor Telecom / ITMonbijoustrasse 33, 3011 Bernonlineumfragen.com GmbH, Alpnach (bei Luzern) komform GmbH, Liebefeldwww.komform.ch Fotolia (Symbolbilder), Jens Friedrich (Porträts)Ulrike Krügergdz AG, Zürich16 000 Exemplare

Bern, im Februar 2015

Herausgeber

UmfrageText & Gestaltung

Fotos Korrektorat

DruckAuflage

Impressum

Page 72: Entgrenzung der Arbeit

Eine Studie der Gewerkschaft syndicom

Das ist syndicom!

syndicom ist die entscheidende gewerkschaftliche Kraft in der ICT-Branche. Sie macht sich auch stark für eine Wirtschaft, welche den Bedürfnissen der Menschen dient. Sie handelt Gesamtarbeits-verträge aus, arbeitet eng mit den Personalvertretungen zusammen und wirkt auf die Gesetzgebung ein, um bessere Arbeitsbedingungen und mehr Schutz für ihre Mitglieder zu erwirken. Dank deiner Mitgliedschaft profitierst du zudem von folgenden Leistungen: – Berufsrechtsschutz: Kostenlose Auskunft und Beratung bei allen

Fragen zu Arbeitsbedingungen, Arbeitsverhältnis, Sozialversiche-rungen, Gesamtarbeitsverträgen, Vertragsrecht, Mitwirkung und Gleichstellung.

– Aus- und Weiterbildung: Kostenlose Teilnahme an Kursen im Bereich der gewerkschaftlichen und beruflichen Weiterbildung bei «Movendo». Finanzielle Unterstützung von beruflicher Aus- und Weiterbildung.

– Attraktive Vorzugsbedingungen und Rabatte für syndicom- Mitglieder bei Coop Rechtsschutz (Multirechtsschutz), Reka-Checks, Mobiliar Versicherung, Krankenkasse KPT, Bank Coop, Agip-Tankstellen und Hotelcard.

syndicom – die Gewerkschaft deiner Branche: Werde jetzt Mitglied!

www.syndicom.ch.