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1668 gentien nothwendig, welche den Gegenstand einer spateren Mittheilung bilden soll. Zum Schlusse habe ich noch die angenehme Pflicht zu erfiillen, die eifrige und werthvolle Hiilfe, welche mein Privatassistent Hr. R. G r o e n k e mir bei der Ausfiihrung dieser Untersuchung geleistet hat, dankbar anzuerkennen. Wiirzburg, im Juni 1890. 268. B. Rathke und R. Oppenheim: Entschwefelung des Triphenylguanylthioharnstoffs ; ein Beitrag zur Kenntniss des Dicyandiamid l). (Mitgetheilt von B. R at h k e.) [Aus dem chemischen Institut zu Marburg.] (Eingegangen am 11. Juni.) Wie der Guanylthioharnstoff NH2 . CS . NH . C(NH) . NH2 durch Entziehung von Schwefelwasserstoff glatt in Dicyandiamid tibergeht, 30 durfte man erwarten, aus der entsprechenden dreifach phenylirten Verbindung, welche durch Vereinigung von Diphenylguanidin mit Phenylsenfijl entsteht 2), in gleicher Weise eine Verbindung zu er- halten, die zunachst als dreifach phenylirtes Dicyandiamid erscheint. Wahrend aber iiber die Constitution des Dicyandiamids verschiedene Auffassungen mijglich sind, kann fiber die der Phenylverbindung, wie sogleich gezeigt werden soll, kein Zweifel bestehen, und eben dadurch gewinnt die Vergleichung beider nach ihren Eigenschaften ein be- sonderes Interesse. Das Dicyandiamid betrachtet man entweder als Cyanguanidin : oder als ein ringformiges Gebilde, fiir das die beiden Formeln: I. NHa. C(NH) . N H . CN NH 11. NH=C ‘C=NH und 111. NHa-C(:)C-HN2 gegeben werden konnen, welche zu einander im Verhaltniss der Tau- tomerie stehen und jetzt wohl allgemein als nicht thatsachlich ver- schieden angesehen werden. \ NH/ 1) Diese Arbeit wurde bereits im Jahre 1857 ausgefuhrt und fiber die- selbe auf der Naturforscher -Versammlung in Wiesbaden in Kiirze berichtet. 2, Diese Berichte XII, 774.

Entschwefelung des Triphenylguanylthioharnstoffs; ein beitrag zur Kenntniss des Dicyandiamid

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gentien nothwendig, welche den Gegenstand einer spateren Mittheilung bilden soll.

Zum Schlusse habe ich noch die angenehme Pflicht zu erfiillen, die eifrige und werthvolle Hiilfe, welche mein Privatassistent Hr. R. G r o e n k e mir bei der Ausfiihrung dieser Untersuchung geleistet hat, dankbar anzuerkennen.

W i i r z b u r g , im Juni 1890.

268. B. Rathke und R. Oppenheim: Entschwefelung des Triphenylguanylthioharnstoffs ; ein Beitrag zur Kenntniss

des Dicyandiamid l). (Mitgetheilt von B. R a t h k e.)

[Aus dem chemischen Institut zu Marburg.] (Eingegangen am 11. Juni.)

Wie der Guanylthioharnstoff NH2 . C S . NH . C(NH) . NH2 durch Entziehung von Schwefelwasserstoff glatt in Dicyandiamid tibergeht, 30 durfte man erwarten, aus der entsprechenden dreifach phenylirten Verbindung, welche durch Vereinigung von Diphenylguanidin mit Phenylsenfijl entsteht 2), in gleicher Weise eine Verbindung zu er- halten, die zunachst als dreifach phenylirtes Dicyandiamid erscheint. Wahrend aber iiber die Constitution des Dicyandiamids verschiedene Auffassungen mijglich sind, kann fiber die der Phenylverbindung, wie sogleich gezeigt werden soll, kein Zweifel bestehen, und eben dadurch gewinnt die Vergleichung beider nach ihren Eigenschaften ein be- sonderes Interesse. Das Dicyandiamid betrachtet man entweder als Cyanguanidin :

oder als ein ringformiges Gebilde, fiir das die beiden Formeln: I. N H a . C(NH) . N H . C N

N H 11. NH=C ’ ‘C=NH und 111. NHa-C(:)C-HN2

gegeben werden konnen, welche zu einander im Verhaltniss der Tau- tomerie stehen und jetzt wohl allgemein als nicht t h a t s a c h l i c h ver- schieden angesehen werden.

\ NH/

1) Diese Arbeit wurde bereits im Jahre 1857 ausgefuhrt und fiber die- selbe auf der Naturforscher -Versammlung in Wiesbaden in Kiirze berichtet.

2, Diese Berichte XII, 774.

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Fiir den Triphenyl-Guanylthioharnstoff habe ich zuerst die Formel I angenommen, welche ich dann aber aus gewissen Griinden I)

in I1 glaubte umandern zu miissen2). I. NHR. CS . N R . C(NH) . NHR. 11. NHR . CS . N H . C(NR) .NHR.

Fur die durch Entziehupg von Schwefelwasserstoff daraus ent- stehende Verbindung (ich nenne sie T r i p heny ld ica rb imid ) leiten sich demnach, wenn auch I beriicksichtigt wird, folgende Formeln ab:

N H ’ \C=NR /NR\, \NR, \N R,’

I. NR=C’ ,C=NH 11. NR=C

oder eridlich die mit I1 tautomere:

111. NR=C/N \C -N H R , \NR’

welche sammtlich auf die Ringformel des Dicyandiamids zuriickfiihren. Hierin liegt nun offenbar eine Bestatigung fiir die letztere, wenn

beide Verbindungen in ihrem chemischen Verhalten iibereinstimmen ; dagegen eine Widerlegung, wenn solches nicht der Fall ist.

Der phenylhaltige KBrper ist eine kraftige Basis und reagirt stark alkalisch ; das Dicyandiamid hat keinen basischen Charakter und ist ohne Wirkung auf Lakmus. Besonders entscheidend aber ist Folgendes. Die bemerkenswertheste Eigenschaft des Dicyandiamids ist seine grosse Neigung, mit Wasser, Ammoniak u. s. w. sich zu vereinigen. Schon beim Abdampfen seiner mit einer Saure versetzten Losung nimmt es die Elemente des Wassers auf und geht in Guanyl- harnstoff, NHa . C(NH) . N H . C O . NHz, iiber. Ebenso vereinigt es sich mehr oder weniger leicht rnit Schwefelwasserstoff zu Guanylthio- harnstoff, rnit Ammoniak zu Biguanid, rnit Sulfocyansaure zu Thiam- melin, mit Kohlensaure zu Melanurensaure. Dagegen hat die Unter- suchung, iiber welche hier berichtet werden $011, gezeigt , dass solche Aufnahmsfahigkeit der von uns dargestellten Phenylverbindung ganz und gar abgeht, was urn so auffalliger ist, als der bei Entschwefelung

desTriphenylguanylthioharnstoffs bleibendeRest NR. C. NH. C(NR) .NR dieselbe im betrachtlichen Maasse besitzt, wenn er sich im Entste- hungszustande befindet, d. h. so lange als er sich noch nicht zum Ringe geschlossen hat.

Daraus muss der Schluss gezogen werden, dass das Dicyan- diamid unserer Verbindung thatsachlieh nicht entspricht; die Ring- forniel giebt also seine Constitution nicht richtig wieder. Es ist Cyan- guanidin und theilt eben als solches mit den Cyanverbindungen die

I II I

1) Diese Berichte XX, 1072. 2) Fur CsHs schreibe ich im Folgenden stets R.

107”

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p o s s e Neigung rnit andern Molekiilen unter Umlagerung der Atome sich zu vereinigen.

Wird die Entschwefelung bei Gegenwart yon Sulfocyansaure (namlich durch Rhodanquecksilber) vorgenonimen, so entsteht das bereits vor langerer Zeit von mir beachriebene T r i p h e n y l t h i a m - m e l i n :

CaHBR3NkS-HaS + C N S H = C ~ H B R ~ N ~ S . Geschieht die Entschwefelung bei Gegenwart von Ammoniak, SO

entsteht eine neue Base, das T r i p h e n y l b i g u a n i d : CaHfRsNqS. H2S + NH3 = CzH4RzNj.

Letzteres rnit Schwefelkohlenstoff anf looo erhitzt, geht leicht und glatt in Triphenylthiammelin iiber:

NR NR II I

C-NR /' /' '\

\ C-NH2 C--NH II NR

C-NHR

NH + CSz = NH CS + HzS. ,

I NR

Schliesslich erwahne ich, dass das Triphenyldicarbimid auch ge- bildet wird, und zwar als Hauptproduct, wenn man Diphenylguanidin Iangere Zeit im Oelbade auf 170° erhitzt. Die Veranderung, welche letzteres dabei durchmacht , habe ieh bereits friiher erlautert und kann hier darauf verweisen ').

Auch fiir das Triphenylbiguanid habe ich noch eine andere Dar- stellung gefunden. Diphenylguanidin niimlich vereinigt sich, wie rnit Phenylsenfijl, so auch mit dem diesem vergleichbaren Phenylcyanamid, wenn man gleiche Moleculargewichte beider in Aether geliist , eine Woche sich selbst iiberlasst:

N H R . C(NR). NH2 + NH : C : N R = N H R . C(NR) . N H . C(NR) . NH2.

T r i p h e n yldi ear b i m i d. Triphenylguanylthiobarnstoff (den ich i m Folgenden der Kiirze halber T G schreiben werde) wurde rnit starkem Alkohol (da er in diesem nur sehr wenig 16slich ist, fein zerrieben) am Riickflusskiihler gekocht unter allmahligem Eintragen von frisch gefiilltem Queckuilberoxyd, so lange bis die Entschwefelung vollendet war , namlich bis eine Probe der Flussigkeit durch ammo- niakalische Silberliisung nicht mehr geschwlrzt vnrde.

1) Diese Berichte XX, 1066.

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Die vom Schwefelquecksilber abfiltrirte Lksung enthiilt das Tri- phenyldicarbimid, welches in Alkohol ausserordentlich leicht loslich ist und bei dessen Verdunstung, solange es nicht ganz rein ist, als gelbes Harz zuriickbleibt. Es wurde daher die kochende alkoholische Lijsung mit concentrirter Chlorwaseerstoffsaure, dann mit etwas heissem Wasser versetzt, und das in feinen weissen Nadeln fallende Salz, welches in Wasser unloslich, in Alkohol sehr schwer loslich ist, durch Auskocheu niit verdiinntem Weingeist gereinigt. Aus dern Chlorwasserstoffsalz erhalt man die Base, indem man es mit Alkohol und kohlensaurem Natron digerirt, bis alles in Losung gegangen ist, darauf Wasser zusetzt und rnit Aether ausschiittelt. Nach dessen Verdunstung nimmt man rnit Alkohol auf und erhalt aus diesem die Base in scbwach gelblichen, feinen, langen Nadeln, welche Krystall- Alkohol enthalten und daher an der Luft mit der Zeit triibe werden. Auch in Aether ist sie leicht loslich, mit violetter Fluorescenz. Sie schmiizt unter kochendem Wasser j einen einigermaassen scharfen Schmelzpunkt (70-74O) zeigt sie erst, wenn durch langeres Erhitzen auf 1 20° oder durch Kochen rnit Wasser der Krystall-Alkohol ausgetrieben ist. Letzterer wurde besonders nachgewiesen, indem man in einem Kolbchen, durch welches ein langsamer Luftstrom strich, auf 120' erhitzte und die abgehenden Dampfe in concentrirte Schwefelsaure leitete. In dieser konnte dann , nach einigem Erwarmen, Aethyl- schwefelsaure nach bekannten Methoden nacbgewiesen werden.

Die krystallisirte B a s e hat die Zusanimensetzung :

Im Luftstrom bei 120° bis zu convtantem Gewicht getrocknet, verliert sie 12.72 pet. Alkohol; ber. 12.8.

Im Exsiccator getrocknet (wobei der Alkohol nicht entweicht) gab sie bei der Verbrennung 73.88 C , 6.25 H; ber. 73.74 C, 6.14 H.

Zur Stickstoff bestimmung diente eine Probe, welche durch Kochen mit Wasser von Alkohol befreit und dann im Exsiccator getrocknet war.

Das C h l o r w a s s e r s t o f f s a l z , CzoH16N4, HCI, wurde bereits be- schrieben.

Das P l a t i n s a l z CzoHl~N4, HCl+ '/aPtCla + Ha0 wird er- halten, indem man die alkoholische Losung der Base in eine heisse alkoholische Platinchloridlosung giesst. Es fallen sofort schone roth- gelbe Krystallchen , die ihr Krystallwasser erst bei 150 0 verlieren. In dem exsiccatortrocknen Salz wurden gefunden 3.61 H2 0; ber. 3.36. Ferner 44.96 C, 3.57 H; ber. 44.90 C, 3.55 H. - Das bei 150° ge- trocknete Salz gab 46.54 C, 3.24 H, 19.11 Pt; ber. 46.47 C, 3.29 H, 18.79 Pt.

Das Schwefe l s i iu re -Sa lz C ~ O H ~ ~ N J , l/2 HaSOaHzO Wllt aus heisser alkoholischer Losung der Rase durch verdiinnte Schwefelsiiure

c20 Hi6 N4 + Ca Hs 0.

Gef. 17.88, ber. 17.95 N.

Bei looo getrocknet gab es 10.04 C, ber. 10.19.

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als krystallinisches Pulver. Zur Saure-Bestimrnung wurde es mit Alkohol und Amnioniak digerirt , bis Alles in Liisung gegangen war, nach Zusatz van Wasser abgedampft und in der filtrirten wassrigen Fliissigkeit die Schwefelsaure gefallt. Gef. 12.66 Hz SO1; ber. 12.06.

A n d e r e D a r s t e l l u n g d e s T r i p h e n y l d i c a r b i r n i d s . Diphe-

nylguanidin wurde im Oelbade eine Stunde lang auf 170-1800 er- hitzt, wobei Ammoniak und Anilin entweichen. Die Schmelze lost sich leicht in Alkohol. Nach 24 Stunden hat sich etwas Tetraphe- nylmelamin abgesetzt, welches ausserst schwerloslich ist. Die davon getrennte Fliissigkeit wird kochend mit Chlorwasserstoffsaure gefallt. Qder die Schmelze wird in Eisessig gelijst und mit heissem Wasser versetzt; das essigsaure Salz scheiciet sich in Nadelchen ab, leicht loslich in Alkohol. Die Basis zeigt alle Eigenschaften, welche fiir dieselbe oben angegeben wurden : dasselbe Aussehen, leichte Loslich- keit in Alkohol und Aether, Fluorescenz der atherischen Losung, Schmelzpunkt 70 - 74 O. Die pikrinsauren Sake haben den gleichen Schmelzpunkt 53 O. In dem sehr schwerliislichen Chlorwasserstoffsalz wurde gefunden 10.19 GI; ber. 10.19.

T r i p h e n y l b i g u a n i d . Wird die Entschwefelung van TG bei Gegenwart van Ammoniak ausgefiihrt, so nimmt die vorige Base (allerdings nur der geringere Theil derselben) im Moment der Ent- stehung Ammoniak auf und wird zii Triphenylbiguanid. Die Ent- schwefelung geschieht in diesem Falle vortheilhafter durch Silbersalz. TG wird mit klkohol iibergossen, die lquivalente Menge salpeter- saures Silber und reichlich Arnmoniak zngefugt und am Riickfluss- kiihler eine Stunde erhitzt, in welcher Zeit die Reaction sich voll- endet. Die Liisung wird vom Schwefelsilber getrennt , concentrirt und niit Wasser versetzt. Die harzig ausgeschiedenen Basen werden als Chlorwasserstoffsalze getrennt, van denen das des Triphenyl- bigaanids leicht, das andere schwer in Weingeist 16slich ist, und ersteres durch Urnkrystallisiren aus demselben Liisungsrnittel ge- reinigt. Die daraus dargestellte Base ist leicht liislich in Alkohol, aus dem sie in schijnen farblosen Prismen krystallisirt. Schmelzpunkt 137 *.

Die gleiche Base wurde in folgender Weise gewonnen.

Sie hat die Zusammensetzung Cao H19 Ng. Gefunden

C 72.49 H 5.95 N 21.33

Berechnet 72.95 5.77

21.28

Das C h l o r w a s s e r s t o f f s a l z , CzoH~sNj , HC1, schwer loslich in Wasser, leicht liislich in Alkohol, krystallisirt daraus in Drusen dunner wetzsteinfiirmiger Prismen. Darin gefunden 9.57 C1; ber. 9.7 1.

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Das Plat in salz scheidet sich in kijrnigen rothgelben Krystallen schwerlijslich aus, wenn warme alkoholische Lijsungen von Platin- chlcrid und dem Salzsauresalz vermischt werden. Es enthalt auch bei stark iiberschiissigem Platinchlorid auf ein Molekiil der Basis nur ein halbes Molekiil Platinchlorid. Das bei 1000 getrocknete Salz hinterliess nach dem Gliihen 18.63 Pt; ber. 18.24.

Das Salpetersauresalz ist schwer loslich in Wasser, leicht loslich in Alkohol; wir haben es nur in undeutlichen Krystallen erhalten konnen. Das Oxalsauresalz ist leicht loslich in Wasser, wie in Al- kohol. Das Essigsauresalz ist ziemlich leicht lijslich in heissem Wasser, massig schwer in kaltem.

A n d e r e D a r s t e l l ung d e s T r i p h e n y l b i g u a n i d s .

9 g Diphenylguanidin und 7 g Phenylcyanamid wurden in Aethei gelijst und in einer verstopften Flasche eine Woche stehen gelassen, wobei nur Spuren krystallinischer Ausscheidung auftraten. Nach Verdunstung des Aethers wurde der Riickstand rnit verdiinnter Salz- saure extrahirt , welche unverandertes Diphenylguanidin sowie das durch Polymerisirung des Phenylcyanamids entstandene Isotriphenyl- melamin aufnimmt, und zur Entfernung etwa unveranderten Phenyl- cyanamids mit etwas Aether gewaschen. So bleibt chlorwasserstoff- saures Triphenylbiguanid zuriick , welches aus Alkohol krystallisirt und dann in die Base verwandelt wurde. Diese zeigte den Schmelz- punkt 138O (das vorige Praparat 137O). Die Ausbeute lasst auch hier vie1 zu wiinschen.

Die Identitat der auf den zwei verschiedenen Wegen gewonnenen Korper konnte ferner durch folgende Reaction nachgewiesen werden, welche die geringsten Spuren von Triphenylbiguanid zu erkennen ge- stattet. Erhitzt man die Base rnit Schwefelkohlenstoff auf looo, SO

wird sie in T r i p h e n y l t h i a m m e l i n verwandelt: Czo Hi9 Ng + CSZ = H17 Ng S + Hz S,

welches sehr leicht identificirt werden kann. Ich stelle dessen Eigen- schaften hier nochmals zusammen. Es lost sich in Kalilauge und wird durch Kohlensaure gefallt. Liist man in Alkohol (worin es fur sich sehr wenig lijslich) unter Zusatz von etwas Kali und iiber- sattigt kochend rnit Salzsaure, so fallt das Salzsauresalz in schimmern- den quadratischen Blattchen. Lijst man i n Alkohol und Ammoniak und versetzt mit salpetersaurem Silber, so fallt ein eigelbes Silbersalz, loslich in Chloroform mit goldgelber Farbe.

Wird das Additions- product von Diphenylguanidin und Phenylsenfol mit Alkohol erhitzt und nicht Quecksilberoxyd, sondern Rhodanquecksilber eingetragen, so giebt es Schwefelwasserstoff ab und nimmt dafiir Sulfocyansaure

T r i p h e n y l t h i a m m e l i n a u s TG.

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auf - es entsteht Triphenylthiammelin. Es ist dieses sogar die beste Darstellung des letzteren; immerhin bleibt sie weit hinter der theoretischen zuriick, indem der griissere Theil von TG nur ein- fach entschwefelt wird. Aus 35 g TG und 40 g Rhodanqueck- silber wurden hijchstens 15 g des Thiammelins erhalten. Man ge- winnt es, indem man einen reichlichen Ueberschuss von Natronlauge zufiigt , von den Quecksilberverbindungen abfiltrirt, dann mit vielem Wasser versetzt (wodurch Triphenyldicarbimid als harzige Masse aus- geschieden wird) und nun Kohlensaure einleitet. Das niederfallende Thiammelin wird dann in bekannter Weise gereinigt. Es zeigte den richtigen Schmelzpunkt 238 0. In seinem Chlorwasserstoffsalz wurde gefunden 17.40 Stickstoff, 8.59 Chlor; berechnet 17.15 Stickstoff, 8.71 Chlor.

Wie im Eingange hervorgehoben, war von besonderer Wichtigkeit die Frage, ob das Triphenyldicarbimid, auch wenn fertig gebildet, in gleicher Weise wie im Entstehungszustande Ammoniak oder Sulfo- cyausaure aufzunehmen vermag. Es zeigte sich, dass dies nicht der Fall ist.

1) Die Base mit alkoholischem Ammoniak auf 1500 erhitzt blieb ganz unverandert. 2) I h r Chlorwasserstoffsalz setzt sich mit Rhodan- kalium in alkoholischer Losung um zu dem 'Rhodansalz: verfilzte seidenglanzende Nadelchen , farblos , schwerliislich in Alkohol. Wird dieses mit Alkohol, noeh anter Zusatz von Rhodankalium, auf 150' erhitzt, so findet keine weitere Veriinderung statt; das so leieht zu erkennende Phenylthiammelin wird nicht einmal spurenweise gebildet. (Es sei gelegentlich bemerkt, dass auch Schwefelkohlenstoff auf die Basis ohne alle Wirkung ist (etwaiger Austausch von Imidgruppe oder N R gegen Schwefel); es tritt weder Sulfocyansaure noch Phenyl- senfiil auf). 3) Auch die Elemente des Wassers einzufiigen (wie beim Dicyandiamid) gelang nicht; das Chlorwasserstoffsalz wurde vergeb- lich zu diesem Zweck mit Salzsaure und Alkohol mehrere Stunden auf 120 O erhitzt.

Dagegen sollte man erwarten, dass das Triphenyldicarbimid im E n t s t e h u n g s m o m e n t Wasser aufnimmt, wenn es solches v o r h d e t - also bei der Entschwefelung, besonders , wenn als Lijsungsmittel ein verdiinnterer Weingeist zur Anwendung kommt. Das scheint auch zuzutreffen. Die alkoholischen Mutterlaugen des chlorwasserstoffsauren Triphenyldicarbimids enthielten namlich noeh ein leichtl6sliches Salz, welches bei Verdunstung des Lasungsmittels in ziemlich grossen Kry- stallen zuriickbleibt. Leider war seine Menge doch zu gering, um es von anhaftenden, klebrigen Massen durch Umkrystallisiren zu be- freien. - Um die gesnchte verbindung, den Triphenylguanylhaimstoff i n anderer Weise aus T G zu erhalten (Ersetzung von Schwefel durch

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Sauerstoff) wurde noch der folgende, in ahnlichen Fallen bewahrte Weg versucht :

R . SH + CaH5 . Br = R . S C ~ H S + H B r R . SCaH5 + Na . 0 H = R . O H + Na . SCaHS.

TG rnit Bromathyl und Alkohol auf 1000 erhitzt lieferte das Bromwasserstoffsalz des entsprechenden Mercaptids in schonen Kry- stallen. Dieses mit alkoholischem Kali am Riickflusskiihler gekocht wurde jedoch vollstandig zeretort, man erhielt u. A. Diphenylguanidin und Diphenylharnstoff. Weniger heftig wirkt concentrirte Salzsaure. Nach einstiindigem Erhitzen rnit solcher im Einschmelzrohr im Wasser- bade trat starker Geruch nach Mercaptan auf; es blieb ein Salz, welches aus Alkohol krystallisirt dem durch Quecksilberoxyd erhaltenen anscheinend glich - aher es enthielt noch Schwefel und konnte nicht gereinigt werden. Jedenfalls hat es Schwierigkeiten, die Spaltung des Mercaptids zu vollenden, ohne dass weiterer Zerfall eintritt. Die Sache erschien nicht wichtig genug, um sie weiter zu verfolgen.

269. B. Rethke: Wachtragl iche Notisen iiber Melamine.

[Aus dem chem. Institut zu Marburg.] (Eiugegangen am 11. Juni.)

K l a s o n hat gezeigt, dass M e l a m rnit Natronlauge erhitzt in Ammelin verwandelt wird, Ersetzt man die Natronlauge durch Am- moniak, so geht es in das ihm noch naher stehende M e l a m i n iiber.

Daneben wird allerdings auch hier Ammelin in betrachtlicher Menge erzeugt, indem das Ammoniak als Alkali wirkt.

Dieser Versuch ist zwar mit r o h e m Melani schon von V o l h a r d ausgefiihrt worden, doch wissen wir jetzt , dass solches bereits vie1 Melamin als unliisliches Rhodansalz enthalt, was zu einer Tauschung hatte fiihren konnen. Reines Melam, nach K l a s o n aus der Rhodan- ammonium- Schmelze durch kochende verdiinnte Salzslure ausgezogen und durch Natronlauge kalt gefallt, wurde mit 30 procentigem Am- moniak auf 150° erhitzt, zur Trockne gedampft und mit Wasser auf- genommen, wobei das Ammelin zuriickbleibt. Die Liisung enthalt das Melamin, welches durch Ueberfiihrung in das schwerlosliche schwefel- saure Salz sofort rein erhalten wird.

CsNs(NHa)cNH + NH3 = 2C3Ns(NH2)3.

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