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Entwicklung einer Wirbelstromtechnik zur Nullspaltfindung und Prozessführung von Hochleistungs-Strahl-Schweißverfahren S. ZWOCH, M. DIEBEL, W. REIMCHE, F.-W. BACH Institut für Werkstoffkunde, Bereich Zerstörungsfreie Prüfverfahren, Leibniz Universität Hannover Kurzfassung. Im Trend zur Energieeinsparung und Ressourcenschonung werden in der Halbzeugfertigung, im Maschinenbau und der Fahrzeugtechnik zunehmend Hochleistungsbauteile beanspruchungsgerecht aus verschiedenen Werkstoffen und Einzelteilen gefügt. Aufgrund ihrer Flexibilität und einer hohen Schweißnahtgüte finden Hochleistungs-Strahlverfahren, wie das Laserschweißen oder das Elektronenstrahlschweißen mit einer nur schmalen Ausbildung der Schweißnaht und Wärmeeinflusszone zunehmend an Bedeutung. Dabei werden die Fügepartner in Anlage oder Presssitz meist ohne Zusatzwerkstoff gefügt. Die Erreichung einer hohen Nahtqualität und Vermeidung von Bindefehlern erfordert eine exakte Positionierung der Strahlmitte zum Spalt. Wegen fehlender geometrischer Unregelmäßigkeiten im Bereich von Nullspalten sind optische oder taktile Verfahren zur Spaltfindung nur begrenzt oder nicht einsetzbar. Ein geeignetes Verfahren zur Erkennung von Fügespalten, ähnlich einem Oberflächenriss im Bauteil, ist die Wirbelstromtechnik. Basierend auf der Wirbelstromtechnik wurde eine Sensor- und Handhabungstechnik entwickelt, mit der im Schmelzbadvorlauf die Nullspaltposition ermittelt und der Schweißkopf im Nachlauf exakt zum Spalt geführt wird. Das System arbeitet bei einem Sensorabstand von 1 bis 3 mm und ermöglicht bei artgleichen Werkstoffen eine schnelle und exakte Positionierung mit einer Genauigkeit von ± 50μm zum Nullspalt. Dabei sind Störeffekte durch Kantenversatz, Kantenverrundung, Blechdickenunterschiede und der Einfluss der Materialkennwerte durch eine geeignete problemorientierte Sensorauslegung und Analysentechnik weitgehend eliminiert. Die entwickelte Wirbelstromtechnik zur Spaltfindung und Prozessführung von Strahl-Schweißköpfen, wird eingesetzt beim Bahnkurvenschweißen von Tailored Blanks, dem Längsnahtschweißen von Profilen und Rohren, wie auch zur Positionsfindung von Stumpfnähten bei Rohren und Behältern sowie beim Fügen von rotationssymmetrischen Hochleistungsbauteilen. 1. Einführung In der Fertigung von Blechhalbzeugen und Bauteilen aus hochfesten Werkstoffen wird häufig ein Nullspalt in der Fügezone bevorzugt. Dieser Nullspalt hat den Vorteil, dass er keines Zusatzwerkstoffes bedarf, um eine kerbfreie artgleiche Fügeverbindung ohne Nahteinfall zu erzeugen. Kerben können beim Überbrücken von Spalten entstehen und stellen eine Schwächung der Naht dar, die an dieser Stelle einen reduzierten tragfähigen Querschnitt hat. Ein weiteres klassisches Anwendungsfeld stellt das Rohrlängsnahtschweißen dar, wobei nach der Umformung eines Bleches zu einem Rohr die DGZfP-Jahrestagung 2009 - Poster 24 1

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Entwicklung einer Wirbelstromtechnik zur Nullspaltfindung und Prozessführung von Hochleistungs-Strahl-Schweißverfahren

S. ZWOCH, M. DIEBEL, W. REIMCHE, F.-W. BACH Institut für Werkstoffkunde, Bereich Zerstörungsfreie Prüfverfahren,

Leibniz Universität Hannover

Kurzfassung. Im Trend zur Energieeinsparung und Ressourcenschonung werden in der Halbzeugfertigung, im Maschinenbau und der Fahrzeugtechnik zunehmend Hochleistungsbauteile beanspruchungsgerecht aus verschiedenen Werkstoffen und Einzelteilen gefügt. Aufgrund ihrer Flexibilität und einer hohen Schweißnahtgüte finden Hochleistungs-Strahlverfahren, wie das Laserschweißen oder das Elektronenstrahlschweißen mit einer nur schmalen Ausbildung der Schweißnaht und Wärmeeinflusszone zunehmend an Bedeutung. Dabei werden die Fügepartner in Anlage oder Presssitz meist ohne Zusatzwerkstoff gefügt.

Die Erreichung einer hohen Nahtqualität und Vermeidung von Bindefehlern erfordert eine exakte Positionierung der Strahlmitte zum Spalt. Wegen fehlender geometrischer Unregelmäßigkeiten im Bereich von Nullspalten sind optische oder taktile Verfahren zur Spaltfindung nur begrenzt oder nicht einsetzbar.

Ein geeignetes Verfahren zur Erkennung von Fügespalten, ähnlich einem Oberflächenriss im Bauteil, ist die Wirbelstromtechnik. Basierend auf der Wirbelstromtechnik wurde eine Sensor- und Handhabungstechnik entwickelt, mit der im Schmelzbadvorlauf die Nullspaltposition ermittelt und der Schweißkopf im Nachlauf exakt zum Spalt geführt wird. Das System arbeitet bei einem Sensorabstand von 1 bis 3 mm und ermöglicht bei artgleichen Werkstoffen eine schnelle und exakte Positionierung mit einer Genauigkeit von ± 50µm zum Nullspalt. Dabei sind Störeffekte durch Kantenversatz, Kantenverrundung, Blechdickenunterschiede und der Einfluss der Materialkennwerte durch eine geeignete problemorientierte Sensorauslegung und Analysentechnik weitgehend eliminiert.

Die entwickelte Wirbelstromtechnik zur Spaltfindung und Prozessführung von Strahl-Schweißköpfen, wird eingesetzt beim Bahnkurvenschweißen von Tailored Blanks, dem Längsnahtschweißen von Profilen und Rohren, wie auch zur Positionsfindung von Stumpfnähten bei Rohren und Behältern sowie beim Fügen von rotationssymmetrischen Hochleistungsbauteilen.

1. Einführung

In der Fertigung von Blechhalbzeugen und Bauteilen aus hochfesten Werkstoffen wird häufig ein Nullspalt in der Fügezone bevorzugt. Dieser Nullspalt hat den Vorteil, dass er keines Zusatzwerkstoffes bedarf, um eine kerbfreie artgleiche Fügeverbindung ohne Nahteinfall zu erzeugen. Kerben können beim Überbrücken von Spalten entstehen und stellen eine Schwächung der Naht dar, die an dieser Stelle einen reduzierten tragfähigen Querschnitt hat. Ein weiteres klassisches Anwendungsfeld stellt das Rohrlängsnahtschweißen dar, wobei nach der Umformung eines Bleches zu einem Rohr die

DGZfP-Jahrestagung 2009 - Poster 24

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Blechenden in Längsrichtung geschweißt werden. Hierbei kann sinngemäß auch nur ein Nullspalt die Fügeaufgabe darstellen.

Ziel der Entwicklungsarbeiten im Rahmen dieses Forschungsprojektes ist die Realisierung von Wirbelstromsensoren zur hochgenauen Ermittlung der Schweißspaltposition sowie zur Nahtverfolgung und Bahnkorrektur beim Hochleistungs-Strahl-Schweißen im Vorlauf. Dementsprechend haben die Sensoren die folgenden Eigenschaften aufzuweisen:

• Hohe Messempfindlichkeit gegenüber dem Schweißspalt

• Hohes Signal- zu Rauschverhältnis

• Unempfindlichkeit gegenüber Störgrößen, wie z.B. Abstandseffekt, Kantenversatz

oder Oberflächenbeschichtung

Basierend auf den Ergebnissen von Voruntersuchungen wurden im Rahmen eines Forschungsprojektes empfindliche Wirbelstrom-Differenzsensoren in T-Anordnung favorisiert. Diese Art von Wirbelstromsensoren zeichnen sich aufgrund ihrer Bauform insbesondere durch ihre hohe Nachweisempfindlichkeit von Oberflächenrissen, Schweiß- bzw. Nullspalten bei vergleichsweise geringer Empfindlichkeit gegenüber Abstandsänderungen aus. Der Messeffekt basiert maßgeblich auf der durch die Spaltposition verursachten Verzerrung des Magnetfeldes orthogonal zur Spaltausrichtung. Durch eine geeignete Auslegung des Wirbelstromsensors, insbesondere durch eine senkrechte Anordnung der Messspule zur Erregerspule, sowie durch Anwendung des Phasenseparationsverfahren und einer differenzierten Signalanalyse sind Unsymmetrien im resultierenden Magnetfeld, wie in Abbildung 1 schematisch dargestellt, empfindlich nachweisbar.

Abbildung 1: Verlauf des Wirbelstromsignals über dem Schweißspalt

2. Entwicklung von Wirbelstromsensoren

Um die Eigenschaften der zur Auswahl herangezogenen Sensortypen eingehend untersuchen zu können, wurden Wirbelstrom-Differenzsensoren in T-Anordnung unterschiedlicher geometrischer Dimension entwickelt und erprobt (Abbildung 2).

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D = 5 mm D = 10 mm D = 23 mm D = 35 mm

Abbildung 2: Entwickelte Wirbelstrom-Differenzsensoren in T-Anordnung

2.1 Variation der Sensorgeometrie

Um den Einfluss der Sensorgeometrie auf die Ausbildung der Messeigenschaften in quantitativer Form nachweisen zu können, wurden definierte Schweißspalte mit den entwickelten Wirbelstromsensoren verschiedener Größe vermessen, die Wirbelstromsignale messtechnisch erfasst und für weiterführende Analysen abgespeichert. Zum quantitativen Vergleich der Ergebnisse wurden die verschiedenen Sensoren bei konstanter Prüffrequenz sowie ADC-Level (Analog-to-Digital-Converter) betrieben. Dieses wird über die Anpassung der Wirbelstrom-Prüfparameter, der Erregersignal-Aussteuerung und der Messsignal-Vorverstärkung realisiert. Die Untersuchungsergebnisse sind bei einer Prüffrequenz von 100kHz dargestellt (Abbildung 3). Aufgetragen sind die wegabhängigen Y-Komponenten der Wirbelstromsignale bei Positionierung der Sensoren orthogonal zur Schweißspaltausrichtung. Zur Minimierung noch vorhandener Abstandseffekte sind diese in die X-Komponente gedreht.

Abbildung 3: Signal - Wegverlauf in Abhängigkeit der Sensorgeometrie bei der Prüffrequenz 100kHz

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Mit der Vergrößerung der Sensorgeometrie geht ein nahezu proportionaler Anstieg der Signalaussteuerung und damit der Höhe oder Intensität des Messeffektes einher. Der Einfluss der Sensorgeometrie auf die Messempfindlichkeit, d.h. die Ausbildung des Signalgradienten ist im Bereich des Schweißspaltes weitestgehend unabhängig von der Sensorbauform.

2.2 Variation der Prüffrequenz

Zur Realisierung einer hohen Messempfindlichkeit bei gleichzeitig geringer Störempfindlichkeit wurde die Möglichkeit zur Anwendung des Phasenselektions-verfahrens untersucht. Diese Technik ermöglicht die Separation von Nutz- und Störsignalanteilen in komplexen Wirbelstromsignalen [1]. Entsprechende Parameterstudien wurden bei konstanter Sensorgeometrie unter Variation der Prüffrequenz durchgeführt. Unabhängig von der Prüffrequenz wird hierbei die Wirbelstrom-Signalphase über einen Phasensteller der Art justiert, dass störende Signalanteile maßgeblich in der X-Komponente auftreten. Nutzsignalanteile mit Informationen über den Schweiß- bzw. Nullspalt können so der Y-Komponente des Wirbelstromsignals zugeordnet werden. Exemplarisch sind die Ergebnisse für einen Wirbelstrom-Differenzsensor in T-Anordnung mit einem Außendurchmesser von 23mm in komplexer Form dargestellt (Abbildung 4).

Abbildung 4: Trennung von Nutz- und Störsignalanteilen unter Variation der Prüffrequenz (Impedanzebene)

Die messtechnisch erfassten Differenzsignale bilden charakteristische, zum Ursprung der Impedanzebene punktsymmetrische Doppelschleifen aus. Der Betrag der Hauptkomponente der Wirbelstromsignale entspricht der maximalen Signalamplitude Amax. Der eingeschlossene Winkel zwischen der Signal-Hauptkomponentenrichtung und dem Abstandseffekt in der positiven x-Achse wird als Signalphase α definiert [2]. Mit zunehmender Prüffrequenz ist ein kontinuierlicher Anstieg der Signalphase bei nahezu konstanter Ausbildung der Signalamplitude zu verzeichnen. Für den vorliegenden Sensor ergibt sich eine optimale Prüffrequenz bei ca. 50kHz. Charakteristisches Merkmal hierfür ist die Signalphase von nahezu 90° zwischen dem Messeffekt in der Y-Komponente und den Störeffekten in der X-Komponente des Wirbelstromsignals. Der Wert der

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Hauptkomponente, d.h. der Nutzsignalanteil des Wirbelstromsignals in y-Richtung stimmt mit der Signalamplitude nahezu überein.

3. Untersuchung von Störgrößen

Die Bewertung der Störanfälligkeit der zum Einsatz kommenden Wirbelstrom-Differenzsensoren in T-Anordnung erfolgte durch eine gezielte Untersuchung und Bewertung möglicher Störeinflüsse. Bei der Wirbelstromsignalerfassung in der Nähe eines Schweißspaltes als relevante Störgrößen anzusehende Einflüsse ergeben sich durch:

Einfluss des Abstandes zwischen Sensor und Bauteiloberfläche (Abstandseffekt) Einfluss des Versatzes zwischen den zu verschweißenden Bauteilkanten (Kanteneffekt ) Einfluss von Magnetfeldern (Spannelemente)

3.1 Untersuchung und Einfluss des Abstandseffektes

Der Einfluss des Abstandseffektes auf die Signalausbildung und die daraus resultierende Ungenauigkeit bei der Bestimmung der Spaltposition wurde durch eine gezielte Erfassung von Wirbelstromsignalverläufen bei definierter Variation des Abstandes zwischen Sensor und Bauteiloberfläche untersucht. Die aus der Abstandsvariation im Bereich von 1,5mm bis 6,5mm resultierenden Ergebnisse der Y-Komponente eines Wirbelstromsensors mit einem Außendurchmesser von 23mm bei Verwendung einer optimalen Prüffrequenz von 50kHz sind in wegabhängiger Form dargestellt (Abbildung 5).

Abbildung 5: Signal – Wegverlauf unter Variation des Sensorabstandes zur Bauteiloberfläche

Es wird deutlich, dass mit zunehmendem Abstand die Signalamplitude abnimmt, womit ein Abfall des Signalgradienten einhergeht. Hieraus folgt, dass mit zunehmendem Sensorabstand und damit einhergehend bei geringerem Gradienten im Signalverlauf über dem Spalt auch die Positioniergenauigkeit des Sensors zum Spalt abnimmt. Dieser Einfluss ist insbesondere in einer Strategie zur Positionierung des Sensors zum Bauteil sowie in der Konzeption und Auslegung der Signalanalysetechnik zu berücksichtigen.

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Zur quantitativen Beurteilung des Störeinflusses sind die Signalverläufe der Y-Komponente des Wirbelstromsignals im Bereich des Nulldurchgangs gezoomt in Abhängigkeit der Sensorposition zum Spalt aufgetragen (Abbildung 6).

Änderungen des Sensorabstandes im Bereich von 1,5mm bis 6,5mm zum Blech führen zu einer Bewertung der Spaltmittenposition (Wert der Y-Komponente gleich Null) mit Abweichungen von ±20µm.

Ein für den untersuchten Wirbelstromsensor als optimal anzusehender Arbeitsbereich, definiert als Abstand des Sensors zur Bauteiloberfläche, ergibt sich bei einem Grundabstand von 2,5mm mit tolerierbaren Abweichungen von ±1,0mm in einem Sensor-Abstandsbereich zum Blech von 1,5 bis 3,5mm.

Abbildung 6: Signal – Nulldurchgang bei Variation des Sensorabstandes (gezoomt)

3.2 Untersuchung und Einfluss des Kantenversatzes

Beim Verschweißen von Blechen mit ungleichen Wandstärken sowie durch Spannungs- oder Temperaturverzug bei unzureichender Spanntechnik kann es zu Kantenversatz im Schweißstoß kommen. Der Einfluss des Kantenversatzes auf die Signalausbildung und die daraus resultierende Ungenauigkeit bei der Bestimmung der Spaltposition ist von wesentlicher Bedeutung und wird durch eine gezielte Erfassung von Wirbelstromsignalverläufen bei definierter Variation des Kantenversatzes der zu fügenden Bauteile (Blechstärke 1mm) untersucht. Die aus der Kantenversatzvariation im Bereich von 0,0mm bis 0,8mm resultierenden Ergebnisse der komplexen Wirbelstromsignalausbildung eines WS-Sensors mit einem Außendurchmesser von 23mm bei Verwendung einer optimalen Prüffrequenz von 50kHz sind in Abbildung 7 dargestellt.

Es wird deutlich, dass mit zunehmendem Kantenversatz der messbare Differenzeffekt stark verzerrt wird, was zu einer Unsymmetrie der Signalschleifen in der komplexen Ebene führt.

Auch der Kantenversatz ist ein Abstandseffekt. Um diesen Störeffekt bei der Spaltpositionsermittelung weitgehend zu kompensieren, wird er durch Anpassung der Prüfparameter (Frequenz und Phase) überwiegend in die Wirbelstrom-X-Komponente

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gedreht. Bereinigt von diesem Störanteil, erfolgt die Spaltpositionsbestimmung ausschließlich über die Y-Komponente des Wirbelstromsignals.

Zur quantitativen Beurteilung des möglichen Störeinflusses werden die Signalverläufe der WS-Y-Komponente in stark vergrößerter Form in Abhängigkeit der Sensorposition zum Spalt aufgetragen (Abbildung 8). Bei Karosserieblechen mit einer Blechstärke von 1,0mm sind Lageänderungen mit einem Kantenversatz im Bereich von 0,0mm bis maximal 0,8mm nur von geringem Einfluss auf die Ermittlung der Spaltmittenposition. Diese ist mit geringen Positionsabweichungen von ±0,015mm über die Y-Komponente im Nulldurchgang behaftet.

Abbildung 7: Variation des Kantenversatzes (komplexe Ebene)

Abbildung 8: Variation des Kantenversatzes (wegabhängige Darstellung)

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3.3 Untersuchung und Einfluss von Magnetfeldern

Der Einfluss von Magnetfeldern, beispielhaft verursacht durch einen zuschaltbaren starken Haftmagnet mit den Abmaßen 50x60x60mm, auf die Signalausbildung und die daraus resultierende Ungenauigkeit bei der Bestimmung der Spaltposition wird durch eine gezielte Erfassung von Wirbelstromsignalverläufen bei definierter Variation des Abstandes Haftmagnet zu Spaltposition untersucht. Die aus der Abstandsvariation im Bereich von 30,0mm bis 50,0mm resultierenden Ergebnisse der Y-Komponente eines Wirbelstromsensors mit einem Außendurchmesser von 23mm bei Verwendung einer optimalen Prüffrequenz von 50kHz sind in Abbildung 9 dargestellt.

Es wird deutlich, dass durch die Abstandsverringerung des Haftmagneten zum Spalt eine starke Verzerrung des Wirbelstromsignals in der Y-Komponente auftritt, das aus der unsymmetrischen Ausbildung der minimalen und maximalen WS-Signalamplitude hervorgeht. Daraus resultiert, dass magnetische Störeffekte durch die prüfparameterabhängige, phasenselektive Signalauswertung nicht kompensiert werden können.

Zur quantitativen Beurteilung des Störeinflusses werden die Signalverläufe der WS-Y-Komponente in stark vergrößerter Form in Abhängigkeit der Sensorposition zum Spalt aufgetragen (Abbildung 10).

Abstandsänderungen eines Haftmagneten zum Spalt der zu fügenden Bauteile führen zu einer Bewertung der Spaltmittenposition (Wert der Y-Komponente gleich Null) mit Positionsabweichungen von -0,3mm, was außerhalb der geforderten Toleranzgrenzen von ±0,1mm liegt.

Abbildung 9: Einfluss des Haftmagneten (wegabhängige Darstellung)

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Abbildung 10: Einfluss des Haftmagneten (gezoomt)

4. Aufbau Prüfsystem

Die im Messrechner installierte Prüfsoftware wurde im Rahmen der Arbeit konzipiert und programmiert. Sie steuert die hardwareseitigen Systemkomponenten und ermöglicht den Prüfablauf ausgehend von der Prüfparametervorgabe über die eigentliche Messdatenerfassung bis hin zur Signalaufbereitung und -ausgabe (Abbildung 11a/b).

Abbildung 11a: Systemkomponenten und Signal- und Datenfluss (Schematisch)

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Abbildung 11b: Rechnerbasierte Prüfsystem und inline Strahlpositionierung

Der im Messrechner integrierten, programmierbaren Wirbelstromeinsteckkarte werden die Prüfparameter zur Generierung eines sinusförmigen Sendersignals mit diskreter Prüffrequenz fP vorgegeben. Ausgangsseitig wird das digital-analog gewandelte Sendersignal usend(t) leistungsverstärkt auf die Erregerwicklung der T-Sonde gegeben. Der maßgeblich auf der durch die Spaltposition verursachten Verzerrung des Magnetfeldes orthogonal zur Spaltausrichtung basierende Messeffekt, induziert in der Empfängerwicklung der T-Sonde die Messspannung uind(t), die von der Wirbelstromeinsteckkarte tiefpassgefiltert, eingangsverstärkt und analog-digital gewandelt wird. Die Eingangsverstärkung ist an die maximale Aussteuerung des A/D-Wandlers gekoppelt.

Im Rahmen der Datenvorverarbeitung werden die Messspannungen demoduliert und bezüglich ihrer Signalphase so gedreht, dass die Nutzsignalanteile in der Y-Komponente und die Störsignalanteile in der X-Komponente enthalten sind. Zur Ausgabe des für die Positionierung erforderlichen Analogsignals wird die analysierte, und skalierte Y-Komponente des Wirbelstromsignals über eine digital-analog Wandlerkarte an eine SPS (speicherprogrammierbare Steuerung) übergeben. Diese Achssteuerung ist für die Bestimmung und Regelung der Sensor- und Strahlposition bis zum Ende des Schweißvorgangs verantwortlich. Während des gesamten Fügevorgangs wird kontinuierlich die Spaltposition durch den Wirbelstromsensor mit einer hohen Abtastrate von 2000 Sample/s ermittelt und die Position der Sensorachse fortlaufend als Information für die im Nachlauf befindliche Strahlachse zur Schweißspaltmittenpositionierung heran-gezogen.

5. Zusammenfassung

Im Rahmen dieses Forschungsprojektes zum Thema „Entwicklung einer Wirbelstromtechnik zur Nullspaltfindung und Prozessführung von Hochleistungs-Strahl-Schweißverfahren“ wurde der Aufbau eines Prüfsystems zur Verfolgung und Verschweißung von Nullspaltfugen durchgeführt.

Zunächst wurde unter Variation des Sensortyps und der Bauform ein geeignetes Sensorsystem (Differenzsensor in T-Anordnung) entwickelt und optimiert, deren Ansteuerung über eine Wirbelstromeinheit erfolgt. Diese Art von Wirbelstromsensoren wurde ausgewählt, da sie sich aufgrund ihres physikalischen Wirkprinzips und der gerichteten und differenzierten Feldbetrachtung zur ausschließlichen Betrachtung der Sekundärfeldausbildung im Prüfkörper eignet, die sich bedingt durch die Schweißspaltlage, die Wirbelstromverteilung und durch die Magnetisierungsvorgänge einstellt. Weiterhin erlaubt diese Bauform des Sensors eine Anpassung an die Prüfaufgabe sowie eine

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Separierung von Nutz- und Störsignalanteil und damit eine störgrößenkompensierte hohe Nachweisempfindlichkeit gegenüber Schweiß- und Nullspalt.

Zur Festlegung sensorspezifischer Eigenschaften wurden grundlegende Untersuchungen bezüglich des Einflusses der Variation der Sensorgeometrie und der Prüffrequenz hinsichtlich der Messempfindlichkeit gegenüber dem Schweißspalt durchgeführt. Ferner wurde die Unempfindlichkeit gegenüber Störgrößen, wie z.B. Abstandseffekt, Kantenversatz oder Magnetfelder untersucht.

Die durchgeführten Untersuchungen zeigten auf, dass durch das so genannte Phasenselektionsverfahren, d.h. durch Trennung des vom Sensorsystem erfassten Wirbelstromsignals in Mess- und Störeffekte, eine hochgenaue Positionierung des Sensors zur Spaltmitte erreicht werden kann. Einzig magnetische Störeinflusse, wie sie durch einen Haftmagneten verursacht wurden und die Verwendung von magnetischen Spannelementen simulieren sollten, konnten nicht kompensiert werden.

Des Weiteren wurde ein Konzept für ein rechnerbasiertes Prototyp-Analyse-System gemäß den gestellten Anforderungen erarbeitet, technisch realisiert und in die Anlagensteuerung integriert.

Die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchungen können wie folgt zusammengefasst werden: • Die Messempfindlichkeit gegenüber dem Schweißspalt ist entsprechend der

Sensorauslegung und den Prüfparametern größer 500 Skt./mm • Das Rauschniveau liegt im Bereich von ± 2Skt. unterhalb von ± 0,4% der

Messempfindlichkeit. Die Ungenauigkeit aufgrund von Signalrauschen liegt somit unterhalb von ± 4µm

• Abstandsänderungen zwischen Sensor und Blechoberfläche bei einem Normalabstand von 2,5mm führen im Bereich von 1 bis 4mm zur Bedämpfung bzw. Verstärkung der Nutzsignalkomponente; unterhalb von 1mm bewirken sie eine vernachlässigbare Verschiebung des Signals in Nutzsignalrichtung

• Beidseitiger Kantenversatz der zu fügenden Bauteile im Bereich von ± 0,5mm wird kompensiert

• Schaltschwelle ± 20 Skt. entspricht einer Messempfindlichkeit von 4% sowie einer Positioniergenauigkeit von ± 40µm zur Spaltmittenposition.

Referenzen

[1] Weber, Wolfram: Zerstörungsfreie Prüfung dickwandiger austenitischer Rohre und Rohrbögen mit fortschrittlicher Wirbelstromtechnik. Dissertation, Universität Hannover, 2002, urn:nbn:de:gbv:089-3614448343

[2] DIN 54152 Teil 2: Wirbelstromprüfung mit Tastspulen – Kontrollverfahren zur Bestimmung allgemeiner Eigenschaften von Tastspulen. Hrsg. Deutsches Institut für Normung. Berlin, Köln: Beuth-Verlag 1990

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