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Forschungszentrum Karlsruhe in der Helmholtz-Gemeinschaft Wissenschaftliche Berichte FZKA 7125 Entwicklung und Herstellung einer chemisch inerten Mikropumpe Yue Cheng, R. Truckenmüller, R. Ahrens, T. Rogge Institut für Mikrostrukturtechnik August 2005

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Forschungszentrum Karlsruhe

in der Helmholtz-Gemeinschaft

Wissenschaftliche Berichte

Forschungszentrum Karlsruhe GmbH, Karlsruhe

2005

FZKA 7125

Entwicklung und Herstellung einer

chemisch inerten Mikropumpe

Yue Cheng*, R. Truckenmüller, R. Ahrens, T. Rogge

Institut für Mikrostrukturtechnik

*von der Fakultät für Maschinenbau der Universität Karlsruhe (TH) genehmigte Dissertation

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Impressum der Print-Ausgabe:

Als Manuskript gedruckt Für diesen Bericht behalten wir uns alle Rechte vor

Forschungszentrum Karlsruhe GmbH

Postfach 3640, 76021 Karlsruhe

Mitglied der Hermann von Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren (HGF)

ISSN 0947-8620

urn:nbn:de:0005-071251

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Entwicklung und Herstellung einer chemisch inerten Mikropumpe

Zur Erlangung des akademischen Grads eines

Doktors der Ingenieurwissenschaften

von der Fakultät für Maschinenbau der

Universität Karlsruhe (TH)

genehmigte

Dissertation

von

Dipl.-Ing. Yue Cheng

aus China

Tag der mündlichen Prüfung: 04.05.2005

Hauptreferent: Prof. Dr. V. Saile

Korreferent: Prof. Dr. W. K. Schomburg

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Kurzfassung

Entwicklung und Herstellung einer chemisch inerten Mikropumpe

In dieser Arbeit wird Entwicklung und Herstellung einer chemisch inerten Mikropumpe mit einem Piezobiegeaktor als Antrieb vorgestellt.

Das Ultraschallschweißen wird als ein fremdstofffreies Verbindungsverfahren erstmalig für mikrostrukturierte Bauteile aus Polymeren eingesetzt. Somit wird die Mikropumpe in einzel-nen Funktionskomponenten, nämlich einer Aktor- und einer Ventileinheit, entwickelt. Zwei Aufbauarten des Piezobiegeaktors, mit Metallscheibe oder Polymerscheibe als passivem Element, werden nach ihrer Auslenkung untersucht. Ein Dauertest zeigt, dass Polymere als Material des passiven Elements im Biegeaktor wegen ihres Kriechverhaltens nicht im Dauer-betrieb einsetzbar sind. Aus den unterschiedlichen thermischen Ausdehnungskoeffizienten der verwendeten Materialien (Piezokeramik, Stahl und Polymere) resultiert eine Verformung des Aktors bei einer Änderung der Temperatur. Die Versuche mit verschiedenen Aufbauar-ten des Ventils zeigten, dass das Ventil mit frei eingelegter Membran ohne Vorspannung am besten funktioniert. Um eine ergonomische Handhabung und eine kostengünstige Herstel-lung zu ermöglichen, werden zwei entgegen-gerichtet geschaltete Ventile zu einer Ventilein-heit integriert.

Die Ventilkammerhöhe, der Abstand zwischen der Sperrfläche und den Distanzhaltern, wird experimentell als kritisch für die Pumpenleistung erkannt. Mit einer Ventilkammerhöhe von 30 µm erzielt die Mikropumpe eine maximale Förderrate von 3 ml/min und einen maximalen Arbeitsdruck von 750 hPa. In einem noch andauernden Dauertest der Mikropumpe zeigt die-se bei mittlerweile über 1800 Stunden, was 320 Mio. Pumpenzyklen entspricht, eine nach wie vor stabile Förderung. Der Klimatest zeigte, dass die Pumpenleistung der Mikropumpe in der Form der Förderrate nicht von der relativen Feuchtigkeit (gemessen von 10 bis 90%) beeinträchtigt wird. Beim Temperaturtest zeigt eine Mikropumpe bei einer Temperatur bis 30 °C eine stabile Pumpenleistung. Mit zunehmender Temperatur vermindert sich die Pum-penleistung. Mit einem größeren Abstand zwischen Aktordeckel und Ventileinheit kann der Bereich, in dem die Pumpenleistung nicht von der Temperatur beeinträchtigt wird, vergrößert werden.

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Abstract

Development and fabrication of a chemically inert micro pump

A chemical inert, polymeric and piezo-driven micro pump was developed and fabricated.

The ultrasonic welding, as a monolithic bonding method, was applied to the micro polymeric components of the pump. The main components of the pump, including an actuator unit and a valve unit with two valves, were separately developed and welded using ultrasonic welding.

The pump is driven by a disc-shaped, piezoelectric bending actuator, which consists of a piezo disc and a passive disc. Two types of the passive disc, a metal disc and a polymeric disc, were investigated with regard to the deflection of the bending actuator. Endurance tests revealed that, polymer was not suitable material for the passive disc of the bending actuator because of creepage phenomena. Different thermal-expansion coefficients of materials (piezo ceramic, steel and polymer) resulted a deformation of the actuator under different temperatures. Among various structures of valves, a valve with a free-moving membrane was chosen for the pump. To be handled more ergonomically as well as to reduce the amount of pieces, two valves required in the pump were integrated into one valve unit.

The valve stroke, which was determined by the height of the valve chamber, is regarded as critical parameter for the pump performance. With an optimal valve stroke of 30 µm, a pump performance, a maximal flow rate of 3 ml/min and a maximal back pressure of 750 hPa have been achieved. The pump was tested for over 1800 hours, with a continuous operation of over 320 million pump cycles, without fatigue appearance. A climatic test showed that, the performance of the pump was not influenced by the relative humidity (measured from 10 to 90%), and the performance remained stable up to 30°C, and deteriorated with higher tem-perature because of the deformation of the actuator. A higher glue temperature for the actua-tor or other material for passive element of the actuator with similar thermal expansion coeffi-cient as piezo ceramic could enlarge the operational temperature range, in which the pump performance is stable.

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INHALTSVERZEICHNIS

1 Einleitung...........................................................................................................................1

2 Herstellungsverfahren für die Entwicklung einer polymeren Mikropumpe.........................5 2.1 Zielsetzung der Herstellungsverfahren in der Entwicklung...........................................5 2.2 Materialauswahl für eine chemisch inerte Mikropumpe aus Polymer...........................6 2.3 Fertigungsverfahren......................................................................................................7

2.3.1 Rapid Prototyping ..................................................................................................8 2.3.2 Spanende Verfahren..............................................................................................8 2.3.3 Heißprägen ............................................................................................................9

2.4 Verbindungsverfahren ..................................................................................................9 2.4.1 Kleben..................................................................................................................10 2.4.2 Polymerschweißen ..............................................................................................11

2.4.2.1 Laserschweißen ..............................................................................................12 2.4.2.2 Mikrowellenschweißen ....................................................................................14 2.4.2.3 Ultraschallschweißen ......................................................................................15

2.5 Auswahl der Herstellungsverfahren und Verfahrensbeschreibung.............................17 2.5.1 Verfahrensbeschreibung Fräsen .........................................................................17 2.5.2 Verfahrensbeschreibung Ultraschallschweißen...................................................19

2.5.2.1 Maschine und Betriebsart ...............................................................................19 2.5.2.2 Energierichtungsgeber (ERG).........................................................................22

3 Konstruktion der Mikropumpe .........................................................................................26 3.1 Funktionaler Aufbau einer Mikropumpe......................................................................26 3.2 Arbeitszyklus der Mikromembranpumpe ....................................................................27 3.3 Zielsetzung für die einzelnen funktionalen Komponenten ..........................................29 3.4 Aktor ...........................................................................................................................29

3.4.1 Umsetzungsmechanismen ..................................................................................30 3.4.2 Thermische Verformung des Aktors ....................................................................33

3.5 Ventile.........................................................................................................................35 3.5.1 Mikroventiltypen...................................................................................................35 3.5.2 Konstruktion des passiven Ventils .......................................................................36

3.5.2.1 Passives Ventil mit eingeschweißter Membran...............................................37 3.5.2.2 Passives Ventil mit frei eingelegter Membran .................................................38

3.6 Integration und Optimierung der Ventile zu einer Ventileinheit...................................41 3.6.1 Größe des Ventils ................................................................................................41 3.6.2 Distanzhalter (Spacer) .........................................................................................41 3.6.3 Schweißgeometrie ...............................................................................................44 3.6.4 Ventilkammerhöhe...............................................................................................47 3.6.5 Dicke und Material der Membran.........................................................................48 3.6.6 Schweißparameter für die Ventileinheit aus PEEK..............................................49

3.7 Gesamter Aufbau der Mikropumpe.............................................................................50 3.8 Fluidische Integrationsplatte (FLIP) ............................................................................51

4 Charakterisierung der Mikropumpe .................................................................................52 4.1 Förderleistung der Mikropumpe..................................................................................52

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4.2 Selbstansaugung und Empfindlichkeit gegenüber Luftblasen ....................................57 4.3 Dauer- und Klimatest ..................................................................................................58

5 Fazit.................................................................................................................................61 5.1 Zusammenfassung .....................................................................................................61 5.2 Ausblick ......................................................................................................................64

6 Literatur ...........................................................................................................................65

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TABELLENVERZEICHNIS

Tabelle 2-1: Übersicht über die Eigenschaften der gewählten Polymere 7 Tabelle 3-1: Die thermischen Ausdehnungskoeffizienten der Materialien des Aktors 33 Tabelle 5-1: kurze Zusammenfassung der Leistung der Mikropumpen 62 Tabelle 5-2: Vergleich der polymeren Mikropumpen für Flüssigkeiten 63

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildung 1-1: Mikropumpe der Firma ThinXXS, Mainz 3 Abbildung 1-2: Mikropumpe der Firma Bartels, Dortmund, [Bar04] 3 Abbildung 1-3: Mikropumpe des IMT / Forschungszentrum Karlsruhe 4 Abbildung 2-1: Vergleich der Fertigungsverfahren für polymere Mikrosysteme 9 Abbildung 2-2: Klassifizierung der Polymerschweißverfahren nach Art der Energiezufuhr 11 Abbildung 2-3: Laserdurchstrahlschweißen von Polymeren 12 Abbildung 2-4: Clearweld [Cle04] 12 Abbildung 2-5: Mikrorisse beim Laserschweißen (PSU mit IRA) 13 Abbildung 2-6: Transmission des Infrarotabsorbers bei verschiedenen Temperaturen 13 Abbildung 2-7: Versuchsaufbau für das Mikrowellenschweißen 14 Abbildung 2-8: Ultraschallschweißmaschine und deren Resonanzeinheit 15 Abbildung 2-9: Energierichtungsgeber ERG 15 Abbildung 2-10: Vier Phasen des Ultraschallschweißvorgangs 16 Abbildung 2-11: Grate eines Polycarbonat-Werkstücks (8x8 mm2) direkt nach dem Fräsen 18 Abbildung 2-12: Das Werkstück wird in einer Wanne unter Wasser gefräst 18 Abbildung 2-13: Aufbau einer Ultraschallschweißmaschine 20 Abbildung 2-14: Betriebsart ‚Leistung’ 21 Abbildung 2-15: Leistungs- und Wegkurven bei ERGs mit unterschiedlichen Spitzenformen22 Abbildung 2-16: Schweißergebnis ERG Model 1 23 Abbildung 2-17: Schweißergebnis ERG Model 2 24 Abbildung 2-18: Schweißergebnis ERG Model 3 24 Abbildung 3-1: Prinzipieller Aufbau einer Membranpumpe 26 Abbildung 3-2: Schematische Darstellung des Arbeitszyklus der Mikro-Membranpumpe 27 Abbildung 3-3: Klassischer Bimorph-Piezobiegeaktor 31 Abbildung 3-4: Piezo-Polymer-Biegeaktor 31 Abbildung 3-5: Dauertest der Piezoaktoren 32 Abbildung 3-6: FEM-Simulation der thermischen Auslenkung des auf dem Pumpengehäuse

aufgeklebten Piezobiegeaktors 34 Abbildung 3-7: Mikropumpe mit Ventilen ohne bewegliche Teile 36 Abbildung 3-8: Möglichkeiten, Membranen mit den Gehäusen zu verschweißen 37 Abbildung 3-9: Zerschnittene und gewellte Membrane 37 Abbildung 3-10: Mit niederhaltenden Strukturen eingeschweißte Membran 38 Abbildung 3-11: Ventil mit einer mit Vorspannung eingelegter Membran 39 Abbildung 3-12: Durchlass- und Sperrkennlinie (Durchfluss über Druck) des Ventils mit frei

eingelegter Membran mit Vorspannung 39

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Abbildung 3-13: Ventil mit frei eingelegter Membran ohne Vorspannung 40 Abbildung 3-14: Charakterisierung Ventil mit frei eingelegter Membran ohne Vorspannung 40 Abbildung 3-15: Ventilscheibe mit 4 mm Durchmesser aus PEEK 41 Abbildung 3-16: Zylindrische und quadratische Distanzhalterstrukturen 42 Abbildung 3-17: Vergleich Distanzhalter 42 Abbildung 3-18: Abgerundete Distanzhalter und die Strömungsgeschwindigkeitsverteilung 43 Abbildung 3-19: Quadratische Distanzhalter und die Strömungsgeschwindigkeitsverteilung 43 Abbildung 3-20: Druckverteilung mit den rechteckigen und den abgerundeten Distanzhaltern44 Abbildung 3-21: Konstruktion der Schweißgeometrie und Ventilscheiben 45 Abbildung 3-22: Eine geschweißte Ventileinheit mit 10 µm Kammerhöhe 46 Abbildung 3-23: Am Rand geschmolzene Führungsstifte nach dem Schweißen 46 Abbildung 3-24: Simulation der Strömung bei 10 µm bzw. 30 µm Ventilkammerhöhe 47 Abbildung 3-25: Simulation der Druckverteilung bei 10 µm bzw. 30 µm Ventilkammerhöhe 47 Abbildung 3-26: Zugeschnittene 4 µm dicke PP-Membran mit gewelltem Rand 48 Abbildung 3-27: Vergleich der Sperrwirkung verschiedener Membrane 48 Abbildung 3-28: Eine verschweißte Ventileinheit aus PEEK 49 Abbildung 3-29: Gesamter Aufbau der Mikropumpe 50 Abbildung 3-30: Fluidische Integrationsplatte 51 Abbildung 4-1: Versuchsaufbau zur Messung der Pumpenleistung 52 Abbildung 4-2: Kennlinien der Mikropumpen mit verschiedenen Ventilkammerhöhen 53 Abbildung 4-3: Förderrate der Mikropumpen mit 30 µm VKH bei 50 Hz 54 Abbildung 4-4: Frequenzabhängigkeit der Förderrate 55 Abbildung 4-5: Abhängigkeit der Förderrate von den Signalformen 56 Abbildung 4-6: Versuchsaufbau für den Dauertest 58 Abbildung 4-7: Ergebnis des Dauertests 58 Abbildung 4-8: Förderrate der Mikropumpe bei unterschiedlichen relativen Feuchtigkeiten 59 Abbildung 4-9: Förderrate der Mikropumpe bei unterschiedlichen Temperaturen 60 Abbildung 5-1: Geschweißte Mikropumpe und Ventilscheiben neben einer Stechmücke 63

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Einleitung

1 Einleitung

Seit über 40 Jahren erlebt die Menschheit die schnellste Technologieentwicklung in ihrer Geschichte – die Miniaturisierung der Elektronik. Aus der dabei entstandenen Siliziumtechnik entwickelte sich in den 70er Jahren die Technologie der ‚Microelectromechanical Systems’ (MEMS). Diese Technologie nutzt die ausgereiften Fertigungsmethoden der Mikroelektronik, um in Mikrosystemen aus Silizium nicht nur elektronische, sondern auch mechanische Funk-tionen zu realisieren. Der Begriff ‚Mikrosystemtechnik’ passt jedoch aufgrund von Weiterent-wicklungen in der Mikrooptik und Mikrofluidik bzw. in den Mikrobearbeitungs-technologien und der Anwendung von zum Silizium alternativen Materialien, wie z. B. Polymeren, Metal-len, Quarz und Keramik, besser zum Stand dieser Technik [Ngu02a].

Auch Mikrosysteme erfüllen die Aufgaben allgemeiner technischer Systeme Materie, Infor-mation und Energie umzuformen und zu transportieren (nach DIN 66201). Während mikroop-tische und mikroelektronische Teilsysteme Informationen und Energien umformen und trans-portieren können, sind mikrofluidische Teilsysteme nach heutigem Stand der Mikrosystem-technik das einzige Mittel, welches Materie transportieren kann. In dieser Hinsicht weist die Mikrofluidik Ähnlichkeiten mit biologischen Systemen auf, in denen ein Materietransport im Wesentlichen fluidisch erfolgt, wie z. B. die Nährstoff- und Gasversorgung über das Blut.

Die Mikrofluidik umfasst die Technologien zur Manipulation von Fluidvolumina in den Grö-ßenordnungen von Mikro-, Nano- und Picolitern. In der Biotechnik, Medizintechnik, Mikro-analytik, Mikroverfahrenstechnik und Pharmazeutik wird die Mikrofluidik häufig eingesetzt, um die ‚Baustoffe’ für den Zusammenbau der Materie in Nano-Skalen (wie Zellwachstum, chemische Reaktionen usw.) zu transportieren. Es ist daher auch vorstellbar, dass die Mikrofluidik als eine Materialübertragungstechnik in der Weiterentwicklung der Nanotechno-logie eine wichtige Rolle spielt. Außerdem findet die Mikrofluidik auch in vielen anderen Be-reichen, z. B. bei Druckköpfen, ihren etablierten Einsatz. Ein weiteres interessantes Anwen-dungsbeispiel der mikrofluidischen Systeme ist die miniaturisierte Brennstoffzelle.

In vielen mikrofluidischen Systemen werden Mikropumpen als antreibende Komponenten benötigt. Nach mehr als 20 Jahren Entwicklung der zugrunde liegenden Technologien wird die Mikropumpenentwicklung immer weniger vom technologisch Machbaren bestimmt (Tech-nology Push); sie orientiert sich stärker an den Bedürfnissen des Marktes (Market Pull). Eine stärkere Interaktion der Entwicklung mit dem Markt wird damit zu einem entscheidenden Er-folgsfaktor.

Eine marktorientierte Zielsetzung der Mikropumpenentwicklung kann mit den Antworten auf drei einfache Fragen beginnen:

1. Was sind die Anwendungen?

2. Was wird von den Anwendungen gefordert?

3. Wie gut sind die etablierten Produkte angesichts der Anwendungsanforderungen?

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Einleitung

Zu 1.: Anwendungsgebiete

Das wachsende Interesse an Mikropumpen dokumentiert sich auch in der Anzahl der Studien, die sich mit deren kommerziellen Nutzung beschäftigen ([Ngu02a] [Mey04] [Duc04] [Las04] [NEX03a] [NEX03b]). Übereinstimmend sehen diese Forschungsstu-dien die potentiellen Haupteinsatzgebiete von mikrofluidischen Komponenten aus Poly-meren in den Bereichen:

• Life Sciences (als Zusammenfassung von Medizin-, Bio- und Umwelttechnik, Pharmazeutik usw. [Duc04]) und

• Chemische Analytik (repräsentiert durch Micro Total Analysis Systems, Lab-On-a-Chip usw.).

Zu 2.: Anforderungen der Anwendungen

Die Anforderungen, die sich aus diesen Einsatzgebieten an die Mikropumpen ableiten lassen, sind im Folgenden aufgeführt:

Kosten: Die meisten Anwendungen in diesen beiden Gebieten erfordern wegen der Gefahr der Verunreinigung und Verstopfung der mikrofluidischen Kompo-nenten Einweg-Produkte, weshalb dem geringen Preis der Komponenten eine bedeu-tende Rolle zukommt. Diese Anforderung kann durch die polymere Mikrotechnik, die besonders bei der Entwicklung und Kleinserienfertigung gegenüber anderen Mikro-strukturtechniken, wie z. B. der Siliziumtechnik, deutliche Kostenvorteile besitzt, be-sonders gut erfüllt werden.

Chemische Inertheit: Aus Gründen der Kontaminationsgefahr des Mediums ist auch ein möglichst chemisch inerter fluidischer Weg der Mikrokomponenten von Bedeutung. Da die Wirkstoffe sich bei der Anwendung überwiegend in Lösungsmitteln befinden und manche Wirkstoffe auch selbst chemisch aggressiv sind, müssen die fluidischen Systeme dagegen entsprechend chemisch inert sein.

Pumpenleistung: Die Anforderungen an die Pumpenleistung (Förderrate und Ar-beitsdruck) hängen sehr stark von der jeweiligen Anwendung ab. Daher ist ein breites Spektrum der Förderrate und des Arbeitsdrucks erforderlich. Es wird auch oft ge-wünscht, dass die Pumpe bei der Inbetriebnahme das Medium selbst ansaugen kann und unempfindlich gegen Luftblasen ist.

Zu 3.: Produktumfeld

Während die Pumpen im makroskopischen Bereich häufig auf dem Rotationsprinzip basieren, arbeitet die Mikrotechnik meist mit planar strukturierten Pumpen nach dem Verdrängungsprinzip und mit passiven Rückschlagventilen. Im Folgenden werden die derzeit am weitesten entwickelten polymeren Mikropumpen vorgestellt.

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Einleitung

Eine polymere, piezogetriebene (siehe Kapitel 3.4) Mikropumpe wurde von der Firma ThinXXS, Mainz (Abbildung 1-1) entwickelt. Die polymeren Gehäuse aus einem cyclo-olefinischem Copolymer (COC) werden mittels Laserdurchstrahlschweißens verbunden (Laserdurchstrahlschweißen wird im Kapitel 2.4.2.1 beschrieben). Die passiven Rück-schlagventile zur Fluidgleichrichtung werden separat gefertigt und anschließend ins Gehäuse eingelegt. Die meisten chemisch inerten Polymere sind aber nicht lasertrans-parent und daher nicht mit Laserdurchstrahlschweißen verbindbar. Ein weiterer Nach-teil derart verbundener Systeme besteht in einer möglichen Kontamination durch sich aus dem Polymer herauslösenden laserabsorbierenden Pigmenten (siehe Kapitel 2.4.2.1).

Abbildung 1-1: Mikropumpe der Firma ThinXXS, Mainz

Die Mikropumpe der Firma Bartels, Dortmund (Abbildung 1-2) wird ebenfalls von ei-nem aufgeklebten Piezobiegeaktor angetrieben. Die Gehäuse aus Polyphenylensulfid (PPS) oder Polycarbonat (PC) werden durch Kleben verbunden. Die Ventile sind zum Beispiel in Form zweier passiver fluidischer Dioden ohne bewegliche Teile ausgeführt. Die geklebten Gehäuse sind nicht chemisch inert und nicht fremdstofffrei.

Fluidische Dioden

Abbildung 1-2: Mikropumpe der Firma Bartels, Dortmund, [Bar04]

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Einleitung

Die Mikromembranpumpe des Instituts für Mikrostrukturtechnik (IMT) / For-schungszentrum Karlsruhe (Abbildung 1-3) [Büs96] wird von einer Dünnschicht-Heizwendel auf einer Polyimidmembran thermopneumatisch angetrieben und mit Hilfe des AMANDA-Verfahrens [Sch98] [Sch99] hergestellt. Die Gehäuseteile bestehen aus Polysulfon (PSU), die passiven Rückschlagventile werden von der Polyimidmembran und entsprechenden Strukturen innerhalb des Gehäuses gebildet. Da der thermo-pneumatische Antrieb nur mit Gasen funktioniert, kann die Mikropumpe Flüssigkeiten nur indirekt fördern.

Abbildung 1-3: Mikropumpe des IMT / Forschungszentrum Karlsruhe

Sowohl bei diesen drei Beispielen als auch bei allen anderen bisher entwickelten polymeren Mikropumpen wird die Marktanforderung nach chemischer Inertheit und Fremdstofffreiheit nicht richtig erfüllt ([Las04]). Das zu lösende Problem ist ein geeignetes und fremdstofffreies Verbindungsverfahren für chemisch inerte Polymere zu entwickeln. Als Ziel dieser Arbeit wird nach der Analyse festgelegt, eine Mikropumpe für den Transport von Flüssigkeiten mit fol-genden Eigenschaften zu entwickeln:

• chemisch inert und

• kostengünstig.

Wie oben ausgeführt, muss eine marktgerechte polymere Mikropumpe eine hohe chemische Inertheit aufweisen, die bisherige Herstellungsverfahren in einem angemessenen Kosten-rahmen nicht erfüllen können. Daher werden im folgenden Kapitel die dafür geeigneten Her-stellungsverfahren ausgewählt und beschrieben. Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der Konstruktion einer piezogetriebenen Mikropumpe, die auf dem Verdrängungsprinzip funktio-niert und sich mit Ultraschallschweißen aufbauen lässt. Die Charakterisierung dieser Mikro-pumpe wird im vierten Kapitel dargestellt. Abschließend findet sich im fünften Kapitel eine Zusammenfassung der Arbeit sowie ein Ausblick.

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Herstellungsverfahren für die Entwicklung einer polymeren Mikropumpe

2 Herstellungsverfahren für die Entwicklung einer polymeren Mikropumpe

Gegenstand dieses Kapitels ist die Auswahl geeigneter Herstellungsverfahren für die Ent-wicklung einer polymeren Mikropumpe. Im Folgenden werden zuerst die Ziele für die Herstel-lung unter Berücksichtung der Ziele für die gesamte Arbeit und vor dem Hintergrund disku-tiert, dass die Entwicklung eine der vier Phasen des gesamten Produktlebenszyklus ist und viele Kosten für die anderen Phasen festlegt. Nach der Festlegung des Materials werden die Herstellungsverfahren, aufgeteilt in die Fertigungsverfahren und die Verbindungsverfahren, diskutiert und entsprechend ausgewählt. Zuletzt werden die vorgesehenen Verfahren aus-führlich beschrieben.

2.1 Zielsetzung der Herstellungsverfahren in der Entwicklung

Der gesamte Produktlebenszyklus wird in der Literatur meistens in vier Phasen gegliedert [Eve89]:

• Entwicklung

• Entstehung / Produktion

• Nutzung

• Recycling / Entsorgung

Betrachtet man den gesamten Produktlebenszyklus, so bezieht sich die Forderung nach niedrigen Kosten nicht nur auf ihre günstige Herstellbarkeit in der Entwicklung, vielmehr soll-ten auch andere Aspekte beachtet werden.

In der modernen Industrie verursacht die Entwicklung nicht nur selbst viele Kosten (10-25%), sie legt auch die meisten Kosten in den weiteren Phasen des Produktlebenszyklus fest (75-90%) [Alt94] [Pfe01] [Eve89]. Vor diesem Hintergrund ist die Entwicklungsqualität für die Kostengünstigkeit im gesamten Produktlebenszyklus noch wichtiger als allein die niedrigen Herstellungskosten in der Entwicklungsphase. Die Entwicklungsqualität wird unter anderem durch die Flexibilität der Herstellungsverfahren in der Entwicklung gewährleistet.

Außerdem ist die Entwicklungszeit, nämlich die „Time to Market“, ein Schlüsselfaktor für den Unternehmenserfolg [Rei83] [Day00]. Die dadurch entstehende Schutzwirkung für das Know-how ist nach verschiedenen Studien noch besser als die durch Patentierung [Col97] [Day00].

Die Recycling-/Entsorgungskosten betreffen nicht nur die ausgelaufenen Produkte, sondern auch die Produktionshilfsmittel. Die Kosten für die Entsorgung von umweltbelastenden Mate-

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Herstellungsverfahren für die Entwicklung einer polymeren Mikropumpe

rialien sind heutzutage nicht mehr zu vernachlässigen. Die Produkte und deren Herstel-lungsprozesse sollen im ganzen Lebenszyklus die Umwelt möglichst gering belasten.

Zusammenfassend ist die Kostengünstigkeit in der Entwicklungsphase so zu interpretieren, dass die Produkte

• flexibel,

• kostengünstig und

• umweltbewusst

entwickelt werden sollen.

Das Ziel ‚chemische Inertheit’ wird damit gewährleistet, dass die Mikropumpe aus chemisch inerten Polymeren hergestellt und möglichst fremdstofffrei verbunden wird. Dazu muss das Fertigungsverfahren

• die chemisch inerten Polymere bearbeiten können

und das Verbindungsverfahren die Polymere mindestens entlang des fluidischen Wegs

• fremdstofffrei verbinden können.

2.2 Materialauswahl für eine chemisch inerte Mikropumpe aus Polymer

Im Folgenden werden vier Polymere, die zur Herstellung einer chemisch inerten Mikropumpe in Frage kommen können, hinsichtlich der Arbeitsziele kurz vorgestellt.

Der Thermoplast Polyetheretherketon (PEEK) ist ein chemisch sehr beständiges Material und kann nur von konzentrierter Schwefelsäure angegriffen werden. Als ein teilkristallines Material hat PEEK relativ gute mechanische Eigenschaften. PEEK ist zerspanbar, aber we-gen der Gratbildung aufgrund der hohen Zähigkeit ist eine aufwendige Nachbearbeitung notwendig. Spritzgießen und Heißprägen von PEEK ist wegen der hohen Bearbeitungstem-peratur (350-400°C) schwierig. PEEK ist nicht transparent. PEEK wird aufgrund der chemi-schen Inertheit und seinen mechanischen Eigenschaften als Werkstoff der Mikropumpenge-häuse ausgewählt.

Der Thermoplast Polymethylmethacrylat (PMMA) ist ein transparentes Polymer. PMMA ist sehr gut zerspanbar und schweißbar. Er hat ein ähnliches E-Modul wie PEEK. Da PEEK nicht einfach mechanisch zu bearbeiten und nicht transparent ist, wird PMMA nach seiner Verarbeitbarkeit, seinen optischen und mechanischen Eigenschaften als Werkstoff des Pro-totyps der Mikropumpe ausgewählt.

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Herstellungsverfahren für die Entwicklung einer polymeren Mikropumpe

Die Thermoplaste Polypropylen (PP) und Polytetrafluorethylen (PTFE) sind wegen der Grat-bildung schwer zu zerspanen. Die beiden Polymere sind sehr weich. PTFE ist chemisch sehr beständig, es ist nur von elementarem Fluor und geschmolzenen Alkalimetallen angreifbar. PTFE ist mit Spritzgießen und Heißprägen nicht bearbeitbar und nicht schweißbar. Die bei-den Polymere können in der Mikropumpe als Membran einsetzbar sein.

Die Eigenschaften der gewählten Polymere sind in der Tabelle 2-1 kurz zusammengefasst (nach [Sch02]).

PEEK PMMA PP PTFE

Ordnungszustand teilkristallin amorph teilkristallin teilkristallin

Chemische Beständigkeit sehr gut schlecht gut sehr gut

Gebrauchstemperatur [°C] bis 250 bis 90 bis110 bis 300

Optische Eigenschaften/Farbe braun transparent weiß weiß

Verarbeitbarkeit

- Heißprägen / Spritzgießen schwierig gut gut unmöglich

- Zerspanbarkeit schwierig gut schwierig schwierig

Mechanische Eigenschaften

- Zugfestigkeit [MPa] 70 - 100 80 25 - 40 10 - 40

- Reißdehnung [%] 100 - 150 2,5 - 4 150 - 300 400

- E-Modul [GPa] 3,7 - 4,0 2,4 - 3,3 0,9 - 1,5 0,3 - 0,8

Tabelle 2-1: Übersicht über die Eigenschaften der gewählten Polymere

2.3 Fertigungsverfahren

Für die Fertigung polymerer Mikrosysteme werden in der Entwicklungsphase meistens fol-gende Verfahren eingesetzt [Geb00] [VDI02] [Wol03]:

• Rapid Prototyping

• Spanende Verfahren

• Heißprägen.

Im Folgenden werden die Verfahren kurz beschrieben und nach den Zielen für die Herstel-lungsprozesse beurteilt.

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Herstellungsverfahren für die Entwicklung einer polymeren Mikropumpe

2.3.1 Rapid Prototyping

Der Begriff ‚Rapid Prototyping’ ist der kommerzielle Name von verschiedenen generativen (oder additiven) Fertigungsverfahren, die zur schnellen und flexiblen Produktentwicklung oder direkt in der Produktion1 eingesetzt werden [Geb00]. Die meisten Rapid-Prototyping-Verfahren können nur bestimmte Materialien bearbeiten. Die am häufigsten für polymere Produkte eingesetzte Stereolithographie kann nur UV-härtbare Polymerlacke bearbeiten. Dadurch wird der Einsatz der Rapid-Prototyping-Verfahren oft auf sehr frühe Produktentste-hungsphasen bis vor den Funktionsprototypen beschränkt [Geb00].

Die Vorbereitungszeit der Rapid-Prototyping-Verfahren ist dank der Rechnerunterstützung relativ kurz. Die Fertigung erfolgt auch relativ schnell. So kann z. B. eine normale Stereoli-thographieanlage ca. 1 mm3/min mit 100 µm Fokusgröße bearbeiten [Geb00]. Die Beschaf-fungskosten von Rapid-Prototyping-Anlagen sind jedoch relativ hoch. Die Materialkosten sind von den Verfahren abhängig. Die Maschine muss von speziell ausgebildeten Techni-kern bedient werden [Geb00].

2.3.2 Spanende Verfahren

Die spanenden Verfahren sind in der Industrie schon seit langem etabliert. Die Verfahren wurden durch neueste Entwicklungen bei den Werkzeugen und Antriebsystemen immer mehr in der Mikrotechnik eingesetzt [Geb00]. Dazu gehören z. B.:

• Bohren

• Drehen

• Fräsen

• Schleifen und Polieren

Die meisten Maschinen für diese Verfahren lassen sich mit CAD/CAM-Programmen ansteu-ern und sind damit sehr flexibel. Die meisten Anlagen sind als Standardmaschinen und Standardwerkzeuge auf dem Markt zu erwerben, wodurch die Beschaffungs- und Bearbei-tungskosten entsprechend günstig sind [Geb00].

Unter den verschiedenen Verfahren hat das Fräsen wegen seiner Flexibilität, Kosteneffizienz und seines breiteren Spektrums von bearbeitbaren Materialien immer mehr Bedeutung in der Entwicklung polymerer Mikrosysteme gewonnen [Geb00]. Der Nachteil vom Fräsen liegt al-lerdings in der niedrigen Produktivität.

1 Wenn die Verfahren in der Produktion eingesetzt sind, werden sie auch Rapid Manufacturing ge-nannt, z.B. die Rapid Micro Product Development (RMPD)-Verfahren. Wenn sie im Werkzeugbau eingesetzt sind, werden sie auch als Rapid Tooling bezeichnet, z.B. das Selective Laser Sintern.

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Herstellungsverfahren für die Entwicklung einer polymeren Mikropumpe

2.3.3 Heißprägen

Für das Heißprägen sind mikrostrukturierte Formwerkzeuge erforderlich. Daher ist die Flexi-bilität des Verfahrens stark beschränkt. Die Beschaffungskosten der Heißprägeanlage bzw. der Werkzeuge sind meist hoch. Durch die neueste Entwicklung der Rapid-Tooling-Verfahren, wie z. B. das rechnerunterstützte Laserabtragen von PEEK [Ras04], können die Werkzeuge auch relativ flexibel gefertigt werden. Die Arbeitsvorbereitungszeit ist im Ver-gleich zum Rapid Prototyping oder Fräsen relativ lang und hängt vom zu bearbeitenden Po-lymer ab. Die Genauigkeit und Oberflächenqualität des Heißprägens sind gut.

Ein schematischer Vergleich der oben beschriebenen Verfahren nach Kosten und Flexibilität wird in Abbildung 2-1 dargestellt.

kosten-günstig Fräsen

Rapid Proto-typing Heißprägenkosten-

intensiv

flexibel unflexibel

Abbildung 2-1: Vergleich der Fertigungsverfahren für polymere Mikrosysteme

2.4 Verbindungsverfahren

Verbindungstechnik wird da eingesetzt, wo Teile so kompliziert oder groß sind, dass sie mit den herkömmlichen Verfahren nicht in einem Stück oder nur unwirtschaftlich herstellbar sind, oder wo aus konstruktiven Gründen Teile aus unterschiedlichen Materialien verwendet wer-den müssen.

Die am meisten in der polymeren Mikrofluidik eingesetzten Verbindungsverfahren sind:

• Kleben und

• Schweißen.

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Herstellungsverfahren für die Entwicklung einer polymeren Mikropumpe

Die beiden Verfahren werden im Folgenden kurz vorgestellt.

2.4.1 Kleben

Kleben spielt neben den konventionellen Verbindungstechniken, wie Schweißen und mecha-nischen Verbindungen, in der modernen Kunststoffverbindungstechnik eine sehr wichtige Rolle. Hochwertige Klebstoffe lösen nicht nur anspruchsvolle Verbindungsprobleme, sie er-öffnen dem Konstrukteur auch neue Wege in der Konstruktion und Fertigung [Sim88].

Die in der Mikrotechnik am häufigsten angewandten Klebstoffe sind:

• Epoxidharz- und

• Acrylat-Klebstoffe.

Die Epoxidharz-Klebstoffe bestehen stets aus einer Epoxidharzkomponente, die mit ver-schiedenartigen Härtern eine Polyadditionsreaktion eingehen kann. Epoxidharzklebstoffe werden als kalt bis heiß härtende 2-Komponentenkleber und als heiß härtende 1-Komponentenkleber eingesetzt [Sim88].

Die Epoxidharz-Klebstoffe zeichnen sich aus durch [Sim88]:

• hohe Festigkeit

• relativ gute Langzeitbeständigkeit unter Umweltbedingungen und gegenüber korrosi-ven Medien

• Wärmebeständigkeit

• gute Adhäsion auf sehr verschiedenartigen Oberflächen wie Metall, Glas, Keramik, duroplastischen Kunststoffen, etc.

Der Nachteil der Epoxidharz-Klebstoffe ist die lange Aushärtezeit.

Eine weitere Klasse an Klebstoffen erhält man durch die Polymerisation von Acrylaten. Be-sondere Vorteile der Acrylat-Klebstoffe sind [Sim88]:

• sehr hohe Reaktionsgeschwindigkeit

• hervorragende Eignung als raumtemperaturhärtender 1-Komponentenklebstoff

• UV-strahlungshärtend

• gute Adhäsion auf diversen Kunststoffen, Metallen, Glas, Keramik, etc.

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Herstellungsverfahren für die Entwicklung einer polymeren Mikropumpe

Der Nachteil der Acrylat-Klebstoffe ist die niedrige Festigkeit.

Ein genereller Nachteil des Klebens besteht darin, dass die Klebstoffe von Lösungsmitteln angegriffen werden können. Daher kann in der Mikrofluidik das Kleben nur im Aufbau des Prototyps oder außerhalb des fluidischen Weges eingesetzt werden.

2.4.2 Polymerschweißen

Im Vergleich zu anderen Verbindungstechniken haben die Schweißverfahren für die Polyme-re folgende Vorteile [PDL97] [Ueb03]:

• relativ hohe Festigkeit

• fremdstofffreie Verbindung, oder die fremden Materialien werden von innerer und äu-ßerer Umgebung durch die Schmelze von Grundmaterial isoliert,

• Eignung für die Massenproduktion

• kostengünstig

Klassifizierung der Schweißverfahren nach den Formen der zugeführten Energie

elektro-magnetisch mechanischthermisch

Abbildung 2-2: Klassifizierung der Polymerschweißverfahren nach Art der Energiezufuhr

Die für polymere Mikrosysteme geeignetsten Verfahren Mikrowellen-, Laser- und Ultraschall-schweißen werden im Folgenden kurz vorgestellt.

Heizelement-S. Vibrations-S. Mikrowellen-S.

Extrusions-S. Rotations-S. Radiofreq.-S.

Laser-S. Diffussions-S. Ultraschall-S.

(Heißsiegeln)

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Herstellungsverfahren für die Entwicklung einer polymeren Mikropumpe

2.4.2.1 Laserschweißen

Das am häufigsten in der polymeren Mikrosystemtechnik eingesetzte Laserschweißverfahren ist das Laserdurchstrahlschweißen. Dabei muss eines der beiden Fügeteile für den Laser transparent sein, während das andere Teil die Energie des Lasers gut absorbiert. Die Laser-energie wird vom absorbierenden Teil nahe der Oberfläche in Wärme umgewandelt. Die Wärme wird an das transparente Teil weitergeleitet. Wenn die beiden Teile die Schmelztem-peratur erreichen und die Schmelze sich mischt, bildet sich die Schweißzone. Nach dem Erstarren ist die Verbindung hergestellt (Abbildung 2-3).

Abbildung 2-3: Laserdurchstrahlschweißen von Polymeren

Die Fügeteile aus gleichem Material lassen sich am besten schweißen, und durch Verwen-dung einer Pigmentierung des transparenten Materials kann die Laserenergie relativ einfach und gut absorbiert werden. Daher bestehen die meisten Fügeteile für Laserdurch-strahlschweißen aus gleichem und für den Laser transparentem Grundmaterial, wobei eines der beiden Fügeteile mit laserabsorbierendem Material (z. B. Ruß) pigmentiert wird.

Da sich Pigmentierungspartikel aus dem Grundmaterial herauslösen könnten, ist die Pig-mentierung in der Analytik unerwünscht. Im Rahmen eines Vorversuchs konnte die Eignung einer Variante des Laserdurchstrahlschweißens, das so genannte Clearweld-Verfahren, un-tersucht werden.

Laser

Abbildung 2-4: Clearweld [Cle04]

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Herstellungsverfahren für die Entwicklung einer polymeren Mikropumpe

Beim Clearweld-Verfahren (Abbildung 2-4) wird eine dünne Schicht eines Infrarotabsorbers (IRA) zwischen zwei lasertransparenten Fügeteilen aufgetragen. Der Infrarotabsorber wan-delt die Laser-Energie in Wärme um, die Fügeteile verschmelzen und sind nach der Abküh-lung zusammengeschweißt [Cle04].

Bei dem Vorversuch wurden Teile aus Polysulfon (PSU) bzw. PMMA mit einem Diodenlaser (λ=940 nm) verschweißt. Nach einigen Stunden bis hin zu einigen Tagen sind bei allen ge-schweißten Teilen in der Schweißzone viele Mikrorisse entstanden (Abbildung 2-5). Mögliche Ursache könnten zu hohe innere Spannungen in der zu dünnen Schweißzone der spröden Materialien sein.

Mikrorisse

Abbildung 2-5: Mikrorisse beim Laserschweißen (PSU mit IRA)

50

55

60

65

70

75

80

85

90

95

0 50 100 150 200 250 300

Temperature °C

Tran

smis

sion

% bei 808nmbei 940nm

Abbildung 2-6: Transmission des Infrarotabsorbers bei verschiedenen Temperaturen

Die Spektren des Infrarotabsorbers wurden bei verschiedenen Temperaturen gemessen (Abbildung 2-6). Die Transmission bei 808 nm und 940 nm Wellenlänge (die typischen Wel-lenlängen der am häufigsten eingesetzten Diodenlaser) zeigt eine starke Verringerung der Absorption im Bereich oberhalb der Schmelztemperatur von PSU (>190°C). Eine zu geringe

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Herstellungsverfahren für die Entwicklung einer polymeren Mikropumpe

Absorption führt zu einer zu dünnen Schweißzone und könnte damit ein wichtiger Grund für die Rissbildung sein.

Das Polymer PEEK kann wegen seiner optischen Eigenschaften nicht mit Laserdurchstrahl-schweißen bearbeitet werden. Andere Arten des Laserschweißens, z. B. das Laser-Stumpf-Schweißen [Kle01], sind zu aufwendig und beschränken die Flexibilität der Konstruktion. Dieses Verfahren wurde deshalb im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht weiter verfolgt.

2.4.2.2 Mikrowellenschweißen

Beim Mikrowellenschweißen werden die polaren Moleküle oder freie Elektronen, z. B. von Metallen an der Grenzschicht, durch die Mikrowellen zu Schwingungen angeregt und da-durch das Material im Bereich der Grenzschicht erwärmt und plastifiziert [Sio95].

Im Rahmen eines Vorversuchs wurden verschiedene polymere Fügeteile (PSU-, PP- und PMMA-Scheiben) mit metallischen Strukturen an der Grenzschicht oder modifizierten Ober-flächen (Sauerstoff-Plasma-Behandlung für die PSU- und PP-Proben, UV-Belichtung für die PMMA-Proben) im Mikrowellenofen (Senderfrequenz 2,45 GHz) mit homogener Feldstärke-verteilung erwärmt (Abbildung 2-7).

Mikrowellenkammer

Schweißpartner mit Absorberschicht dazwischen

Abbildung 2-7: Versuchsaufbau für das Mikrowellenschweißen

Die Absorption der Mikrowellenenergie ist bei den modifizierten Oberflächen nicht ausrei-chend, um die Teile richtig zu schweißen. Die Metallschicht (z. B. Kupferpulver) absorbiert die Mikrowellen gut, so dass das Polymer plastifiziert, allerdings verhindert die Metallschicht die Mischung der Schmelze, so dass keine richtige Verbindung hergestellt werden kann. Ein wichtiger Nachteil des Mikrowellenschweißens besteht darin, dass die in vielen mikrofluidi-schen Komponenten befindlichen Metallstrukturen während des Schweißvorgangs auch er-hitzt werden. Dieses Verfahren wurde deshalb im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht wei-ter verfolgt.

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Herstellungsverfahren für die Entwicklung einer polymeren Mikropumpe

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2.4.2.3 Ultraschallschweißen

Beim Ultraschallschweißen wird die von einem Piezoaktor (Konverter) erzeugte mechani-sche Schwingung (Ultraschall) nach zwei Stufen mechanischer Amplituden-vergrößerung mit dem Booster und der Sonotrode (Abbildung 2-8) in die zu verbindenden Teile geleitet. Mit dem so genannten Energierichtungsgeber (ERG) (Abbildung 2-9), einer spitzen Struktur auf einem der beiden zu fügenden Teile, wird die Schwingungsenergie im Fügespalt fokussiert. Durch die molekulare und Grenzflächen-Reibung der ERG-Spitze mit der Oberfläche des anderen Fügeteiles wird das Material erwärmt und plastifiziert.

Abbildung 2-8: Ultraschallschweißmaschine und deren Resonanzeinheit

Fügeteil

ERG

Fügeteil

Ultraschall/Sonotrode

Konverter

Sonotrode

Booster

Abbildung 2-9: Energierichtungsgeber ERG

Ein typischer makroskopischer Ultraschallschweißvorgang kann in vier Phasen unter-gegliedert werden [Her04] (Abbildung 2-10):

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Herstellungsverfahren für die Entwicklung einer polymeren Mikropumpe

1) Ankoppeln der Schwingungsenergie: In den ersten 10 bis 100 ms des Schweißvor-gangs wird das Fügeteil unter dem Schweißdruck zur Schwingung angeregt, die Schmelz- oder Glasübergangstemperatur des Polymers wird noch nicht erreicht, so dass der Schweißweg Null bleibt.

2) Erweichung / Anschmelzen: Die Temperatur steigt weiter und erreicht die Schmelz- oder Glasübergangstemperatur des Materials, der ERG beginnt zu schmelzen.

3) Schmelzebildung: In der Grenzschicht bildet sich eine richtige Schmelze. Bei Mikro-bauteilen ist der Übergang von Phase 2 zu Phase 3 allerdings nicht deutlich zu beo-bachten.

4) Haltephase / Abkühlung: Nach dem Abschalten des Ultraschalls wechselt der Schweißdruck zum Haltedruck, die noch nicht erstarrte Schmelze steht weiter unter Druck und kühlt sich ab. Bei Mikrobauteilen beträgt der Halteweg meistens mehr als 50% des Schweißwegs und darf daher für die Genauigkeit des Fügewegs nicht ver-nachlässigt werden.

Abbildung 2-10: Vier Phasen des Ultraschallschweißvorgangs

Die typische Schweißzeit des Ultraschallschweißens ist kürzer als 0,2 Sekunden, zusammen mit der maschinenbedingten Nebenzeit (Auffahren, Halten und Zurückfahren des Werk-zeugs, außer der Beladungszeit des Werkstücks) dauert der gesamte Schweißzyklus weni-

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Herstellungsverfahren für die Entwicklung einer polymeren Mikropumpe

ger als 5 Sekunden. Da die ERGs in den Teilen integriert sind, kann eine Standardmaschine für verschiedene Aufgaben flexibel eingesetzt werden. Die Arbeitsfrequenz des Ultraschalls für kleine Teile beträgt 35 kHz und liegt damit außerhalb des menschlichen Hörbereiches (20 - 20 000 Hz). Beim Ultraschallschweißen wird kein Zusatzmaterial eingesetzt, die Verbin-dung ist somit fremdstofffrei.

2.5 Auswahl der Herstellungsverfahren und Verfahrensbeschreibung

Aufgrund der Voruntersuchungen wurde das Fräsen als kostengünstiges und flexibles Ferti-gungsverfahren in der Entwicklung ausgewählt. Für eine spätere Produktion kann es durch ein entsprechendes Abformverfahren ersetzt werden.

Als Verbindungsverfahren, das sowohl in der Entwicklung als auch in der späteren Produkti-on kostengünstig eingesetzt werden kann, wurde das Ultraschallschweißen ausgewählt, da es zudem eine fremdstofffreie Verbindung gewährleistet.

2.5.1 Verfahrensbeschreibung Fräsen

Das Fräsen erfolgt auf der NC-Tischfräsmaschine KOSY der Firma Max-Computer, Schöm-berg [MAX04a]. Mit einem entsprechenden CAD/CAM-Programm (nccad, Version 6) können die Konstruktionsideen schnell und flexibel umgesetzt werden.

Die wichtigsten Maschinendaten sind:

Verfahrbereich: 280 mm x 280 mm x 108 mm

Auflösung: 5 µm in allen 3 Achsen

Rundlauftoleranz: 5 µm

Drehzahl: 5.000 bis 50.000 U/min

Positionierungsgenauigkeit: ±33 µm auf 100 mm langer Strecke [Bah04]

Aufgrund seiner langen Standzeit im Vergleich zu den HSS-Werkzeugen (Schnellarbeits-stahl) und relativ niedrigen Kosten im Vergleich zu den Diamant-Werkzeugen wurden in die-ser Arbeit nur Hartmetallfräser (von der Firma Rexim, Maulbronn) für das Fräsen der Poly-mere eingesetzt. Die typische Standzeit sind z. B. einige Stunden. Bei längeren Bearbei-tungszeiten pro Stück sind die Kontur- und die Geometriegenauigkeit wegen des Werkzeug-verschleißes zu berücksichtigen.

Bei der spanenden Bearbeitung von Polymeren mit Hartmetallwerkzeugen ist der Einsatz eines Kühlmittels notwendig, da sonst Grate entstehen, die mit dem Werkstück und dem

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Herstellungsverfahren für die Entwicklung einer polymeren Mikropumpe

Werkzeug verschmelzen und nicht leicht und sauber zu entfernen sind (Abbildung 2-11). Gängige Kühl-Schmiermittel sind Schneidöl und Emulsion (z. B. Bohrwasser). Aufgrund des geringeren Entsorgungsproblems und fast gleich guter Kühlwirkung wie Bohrwasser (beur-teilt nach der Gratentstehung) wurde Wasser als Kühlmittel eingesetzt. Die Maschine ist ge-gen Spritzwasser geschützt, es besteht daher keine Rostgefahr. Die Werkstücke wurden in einer Wanne unter Wasser gefräst (Abbildung 2-12), um eine bessere Zugänglichkeit des Kühlmittels an der Bearbeitungsstelle zu haben und die Späne mit Hilfe der Wasserströmung besser zu entfernen.

Grate

Abbildung 2-11: Grate eines Polycarbonat-Werkstücks (8x8 mm2) direkt nach dem Fräsen

Wanne

Abbildung 2-12: Das Werkstück wird in einer Wanne unter Wasser gefräst

Die Entstehung von Graten lässt sich aber nicht ganz vermeiden. Die Grate müssen durch Nachbearbeitung wie Polieren entfernt werden. Um eine bessere Ebenheit zu erhalten, wur-den die Teile mit Schleif- und Polierpapieren auf einer planen Glasscheibe poliert. Die polier-ten Teile wurden unter einem Mikroskop optisch kontrolliert.

Die Teile aus PMMA und PEEK wurden meistens mit einer Drehzahl im Bereich zwischen 15 000 und 30 000 U/min (je nach Werkzeugdurchmesser und Material) gefräst. Eine niedri-gere Drehzahl führt zu einer relativ hohen Schnittkraft und daher zu einer erhöhten Bruchge-fahr des Werkzeugs. Bei einer hohen Drehzahl (nach Angabe der Hersteller ab 35 000

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Herstellungsverfahren für die Entwicklung einer polymeren Mikropumpe

U/min) wird das Wasser so stark ausgeschleudert, dass es die Bearbeitungsstelle nicht mehr erreichen kann. Mit dem so abgeschwächten Kühleffekt entstehen mehr Grate.

PMMA weist nach der Bearbeitung wegen niedriger Reißdehnung (siehe Kapitel 2.2, Materi-aleigenschaften) geringe Grate auf, die sich durch die Nachbearbeitung leicht entfernen las-sen. Bei der Herstellung von stegförmigen Strukturen zeigen sich unterhalb einer Breite von 150 bis 100 µm Ausbrüche.

PEEK ist mit einer nominellen Reißdehnung von 60% deutlich duktiler als PMMA und lässt sich deshalb schwieriger bearbeiten. Im Vergleich zu PMMA sollten die Werkstücke aus PEEK mit geringeren Vorschüben und höheren Drehzahlen gefräst werden. Die fertigen Tei-le haben an den Kanten deutliche Grate, die jedoch mit der Nachbearbeitung entfernt wer-den können.

Die Frästiefe lässt sich nach einer Daumenregel 1:1 zum Werkzeugdurchmesser berechnen. Mit einer angemessenen kleineren Zustellung wird die Bearbeitungsdauer länger, aber die Oberflächenqualität wird besser, da weniger Grate entstehen.

Es wurden eine maximale Profilhöhe Ry der gefrästen Teile von 2 µm und eine Ebenheit der gefrästen Rundflächen mit Durchmesser 10 mm von 5 µm gemessen.

2.5.2 Verfahrensbeschreibung Ultraschallschweißen

2.5.2.1 Maschine und Betriebsart

Die Ultraschallschweißmaschine Herrmann PS Dialog digital control mit einer Arbeitsfre-quenz von 35 kHz und einer Leistung von 1 kW von der Firma Herrmann Ultraschall, Karls-bad, übernimmt die Schweißaufgabe (Abbildung 2-13). Mit einer Ausgangsamplitude des Konverters (Abbildung 2-8) von 6,5 µm, zwei Boostern (Abbildung 2-8) mit einer Amplituden-vergrößerung um den Faktor 1 und 2 und einer Sonotrode mit Amplitudenvergrößerung 2,8 bzw. der Amplitudeneinstellung der Steuerung von 70% bis 100% ist eine Amplitude von 12,7 µm bis 36,4 µm einstellbar. Mit der Pneumatik ist ein Schweiß- bzw. Haltedruck von 50 bis 1030 N möglich.

Nach Herstellerangabe werden im Makrobereich die Amplituden

• für amorphe Polymere (z. B. PMMA): 10 bis 35 µm

• für teilkristalline Polymere (z. B. PEEK): 25 bis 50 µm

und die Schweißkraft

• für amorphe Polymere: 1 bis 2 N pro Zentimeter ERG

• für teilkristalline Polymere: 3 bis 4 N pro Zentimeter ERG

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Herstellungsverfahren für die Entwicklung einer polymeren Mikropumpe

vorgeschlagen. Die Mikrobauteile aus PMMA wurden mit 12,7 µm Amplitude und 10 bis 20 N Schweißkraft pro Zentimeter ERG und die Teile aus PEEK mit Amplituden ab 30 µm und 30 bis 40 N Schweißkraft pro Zentimeter ERG gut verschweißt.

Abbildung 2-13: Aufbau einer Ultraschallschweißmaschine

Die Maschine bietet verschiedene Betriebsarten an, welche im Wesentlichen die jeweiligen Abschaltkriterien des Schweißvorgangs darstellen:

• Zeit

• Energie

• Leistung (siehe Abbildung 2-14)

• Schweißweg Referenzpunktnullung (RPN)

• Schweißweg absolut (ABS).

Gegenüber dem Makrobereich, in dem die Verbindungsfestigkeit die größte Anforderung ist, ist für die meisten Anwendungen im Mikrobereich ein genauer Fügeweg (Schweißweg und Halteweg, Kapitel 2.4.2.3) erforderlich, um die Geometriegenauigkeit der geschweißten Teile zu halten und die Schmelze gezielt zu verteilen. Diese Anforderung wird von der Betriebsart

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Herstellungsverfahren für die Entwicklung einer polymeren Mikropumpe

‚Leistung’ am besten erfüllt. Die Betriebsart ‚Schweißweg RPN (Referenzpunktnullung)’ kann auch bei den ersten Schweißversuchen eingesetzt werden, bei denen die Geometrie der Teile bekannt ist, die Schweißparameter jedoch noch unbekannt sind. Die anderen Betriebsarten sind für den Mikrobereich nicht geeignet.

Referenzpunktnullung bedeutet, dass die Sonotrode auf das Fügeteil gefahren wird, um bei Erreichen einer vorgegebenen Anpresskraft den Nullpunkt für dieses Teil festzulegen. Im Gegensatz zur absoluten Wegangabe können so Unregelmäßigkeiten in der Fügeteilgeo-metrie ausgeglichen werden. Nach dem Erreichen des vorgegebenen Schweißwegs wird der Schweißvorgang abgebrochen, bei der anschließenden Haltezeit werden die Teile nachge-setzt (Nachsetzen und Halteweg siehe bitte Kapitel 2.4.2.3).

Abbildung 2-14: Betriebsart ‚Leistung’

Da der Halteweg im Mikrobereich nicht vernachlässigt werden darf (mehr als 50% des Schweißwegs, Kapitel 2.4.2.3), kann die Genauigkeit des Fügewegs mit der Betriebsart ‚Leistung’ erreicht werden. Das Abschaltkriterium ‚Leistung’ beruht darauf, dass die Maschi-nensteuerung so viel Leistung in den Piezoaktor (Konverter) einspeist, dass der Piezoaktor immer mit der gleichen Amplitude (z. B. 6,5 µm) schwingt. Wenn die zu schweißende Fläche größer wird, und daher der Widerstand gegen die Schwingung ansteigt, muss die Leistung entsprechend erhöht werden. Die Leistung ist daher entsprechend zur Größe der zu schwei-ßenden Fläche. Ist eine Anschlagfläche für den Soll-Endpunkt des Schweißens vorgesehen, wird der Schweißvorgang beim Erreichen des Endpunkts mit der Erkennung einer deutlichen Leistungserhöhung sehr genau abgebrochen. Nach Angabe des Herstellers wird eine Ge-nauigkeit des Fügewegs von besser als 4 µm erreicht, mit einer richtig ausgelegten An-schlagfläche wurde in dieser Arbeit eine Genauigkeit des Fügewegs von besser als 2 µm erreicht (Kapitel 3.6.3).

Leistung

Weg

Leistung/ Weg

Zeit

1 2 Anschlag-flächeERG

Leistungs-erhöhung

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Herstellungsverfahren für die Entwicklung einer polymeren Mikropumpe

2.5.2.2 Energierichtungsgeber (ERG)

Wie in Kapitel 2.4.2.3 beschrieben, hat der Energierichtungsgeber (ERG) die Funktion, die Schwingungsenergie auf die Grenzfläche zu fokussieren. Diese Funktion wird im Makrobe-reich meistens mit einer Spitze auf den Fügeteilen oder Werkzeugen realisiert, wobei die Stege im Mikrobereich mit einer typischen Breite von einigen zig µm bis hin zu einigen Hun-dert µm auch ‚spitz’ genug sind, um die Energie zu fokussieren. Die Winkel der Spitzen ha-ben einen starken Einfluss auf den Schweißvorgang, wie die Abbildung 2-15 zeigt.

Leistungs- und Wegkurve der ERG 60°, 90°, 180°

0

50

100

150

200

250

0 25 50 75 100 125 150 175 200 225

Schweißzeit [ms]

Leis

tung

[W]

0,00

0,05

0,10

0,15

0,20

0,25

0,30

0,35

0,40

Sch

wei

ßweg

[mm

]

60°, Leistung 90°, Leistung 180°, Leistung

60°, Weg 90°, Weg 180°, Weg

180°90°60°

Abbildung 2-15: Leistungs- und Wegkurven bei ERGs mit unterschiedlichen Spitzenformen

Der Vergleich der Wegkurven zeigt, dass der Schweißvorgang des 60°- und 90°-ERG sofort beginnt, wenn die Leistung ihr lokales Maximum von 100 bis 110 W zum Aufbauen der Amp-litude erreicht hat. Der 60°-ERG schmilzt schneller auf, da weniger Material plastifiziert wer-den muss. Beim Verschweißen des 180°-ERG steigt die Leistung zuerst auf einen Wert von ca. 125 W an. Da die Leistung auf eine Fläche und nicht auf eine Linie fokussiert wird, be-ginnt der Schmelzvorgang erst nach ca. 140 ms, die Leistung schwankt stark.

In Vorversuchen, die im Rahmen einer Diplomarbeit ([Bah04]) durchgeführt wurden, wurden verschiedene Arten von ERGs zum Schweißen eines Deckels auf einem 500 µm breiten Ka-nal aus PMMA, eingesetzt, um die Verteilung der Schmelze, die Positionierungs-genauigkeit und die Stabilität des Prozesses zu untersuchen.

22

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Herstellungsverfahren für die Entwicklung einer polymeren Mikropumpe

Im Modell 1 (Abbildung 2-16) wird das Prinzip der Dünnwandnaht [Her04] angewandt, es werden also eine dreieckige Nut und ein rechtwinkliger Steg zusammen geschweißt. Der Vorteil dieser Nahtgestaltung wäre die Selbstzentrierung während des Schweißens. Es soll geprüft werden, ob mit Hilfe der Parameter der US-Schweißmaschine die beiden Platten so zusammengefügt werden können, dass die aus der Nut austretende Schmelze möglichst exakt bis zur Oberkante des Kanals fließt und so einen rechteckigen Querschnitt ohne Hin-terschneidungen oder Schmelzeeintritt bildet.

Im Modell 2 (Abbildung 2-17) wird ein rechteckiger ERG eingesetzt. Die Positionierungsfunk-tion übernimmt eine rechteckige Erhöhung, die zum Kanal genau passt und in den Kanal führt. Im Modell 3 (Abbildung 2-18) sind die ERGs und Positionierungsstrukturen weiter ge-trennt. Der Deckel soll durch seine Keilform die Fügeteile nach der Schweißphase während der Haltezeit zueinander zentrieren.

Kanalstrukturen, Modell 1Materialschliff Querschnitt

Abbildung 2-16: Schweißergebnis ERG Model 1

Die Selbstzentrierung der Fügeteile zueinander funktioniert jedoch nur mit unzulänglicher Genauigkeit. Die Zentrierung darf nicht ausschließlich durch den ERG erfolgen, da dieser im Laufe des Schweißvorgangs aufschmilzt und die positionierende Wirkung verliert.

Teile beim Einlegen

Schmelze

Teile nach dem Ver-schweißen

500µm500µm

Ergebnis:

→ Selbstzentrierung ungenau

→ Verteilung der Schmelze schwer kontrollierbar

Draufsicht

23

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Herstellungsverfahren für die Entwicklung einer polymeren Mikropumpe

Kanalstrukturen, Modell 2

Abbildung 2-17: Schweißergebnis ERG Model 2

Abbildung 2-18: Schweißergebnis ERG Model 3

Kanalstrukturen, Modell 3

Teile beim Einlegen Teile nach dem Verschweißen

Schmelze

Ergebnis:

→ Deckel dichtet ausreichend ab

→ gute Zentrierung

Schliffbild Querschnitt

Dichtigkeitstest nach Schweißung

Zentrierung durch Bohrung/Bolzen im Fügeteil

500µm500µm

Teile beim Einlegen Teile nach dem Verschweißen

Schmelze

Dichtigkeitstest nach Schweißung

500µm500µm

Ergebnis:

→ Kanalstruktur liegt innerhalb der Schweißzone → Deformie-rung

→ Einführen von passgenauen Teilen nicht ohne Verschwei-ßen/Verformen möglich Materialschliff Querschnitt

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Herstellungsverfahren für die Entwicklung einer polymeren Mikropumpe

Aus diesen Versuchen mit verschiedenen Schweißgeometrien, welche die Kanalstrukturen aus zwei Teilen miteinander verbinden und abdichten sollen, lassen sich einige wichtige Schlussfolgerungen zusammenfassen:

Die Verteilung der Schmelze durch offene Spalte ist schwer kontrollierbar (Abbildung 2-16).

Die Schweißzone der Fügeteile darf sich nicht über die zu erhaltende Funktionsstruk-tur bzw. den Kanalquerschnitt erstrecken. Durch die Erwärmung des Materials und den anliegenden Fügedruck kommt es zu Verformungen (Abbildung 2-17).

Die Fügeteile dürfen während des Schweißvorgangs keine passend ineinander ge-führten Strukturelemente haben, die nicht verbunden werden sollen. Durch die Quer-schwingungen und die Oberflächenreibung werden die Teile deformiert oder ver-schweißt (Abbildung 2-17).

Die Genauigkeit – besonders die des Fügeweges – soll nicht von der Schweiß-maschine abhängig gemacht werden. Besser definiert man eine gewünschte Einsink-tiefe über das Bauteil selbst, also z.B. durch Abstandshalter o. ä. Die Prozess-sicherheit wird hierdurch erhöht (Abbildung 2-18).

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Konstruktion der Mikropumpe

3 Konstruktion der Mikropumpe

Gegenstand dieses Kapitels ist die Konstruktion der Mikropumpe. Zunächst werden die funk-tionalen Komponenten der Mikropumpe beschrieben. Nach der Analyse des Pumpenzyklus werden die Anforderungen an die einzelnen Komponenten definiert. Anschließend wird die Entwicklung der funktionalen Elemente der Pumpe im Einzelnen diskutiert. Zuletzt wird ge-zeigt, wie die Komponenten zusammengebaut werden.

3.1 Funktionaler Aufbau einer Mikropumpe

Die am häufigsten zu findende Aufbauart von Mikropumpen aus Polymeren ist die Memb-ranpumpe mit passiven Ventilen [Las04], deren Aufbau im weiteren Verlauf der Arbeit erläu-tet wird. Der vergleichsweise einfache Aufbau ist für das Ultraschallschweißen geeignet und erlaubt die Herstellungskosten zu reduzieren.

Grundlegend für die Funktion einer Membranpumpe sind zwei Vorgänge [Bec98]:

• die Volumenänderung und

• die Fluidgleichrichtung.

Diese Vorgänge werden wie in Abbildung 3-1 dargestellt mit den folgenden funktionalen Elementen realisiert:

• Membranantrieb (Aktorik) und

• Ventile

Einlassventil Auslassventil Pumpenkammer

Abbildung 3-1: Prinzipieller Aufbau einer Membranpumpe

Die vom Antrieb ausgelenkte Membran erzeugt eine Volumenänderung in der Pumpen-kammer und saugt das Medium in die Kammer ein bzw. stößt es aus. Gleichgerichtet wird

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Konstruktion der Mikropumpe

die Strömung des Mediums durch zwei Ventile, welche entgegengerichtet geschaltet Ein- und Auslassöffnung der Pumpenkammer bilden.

3.2 Arbeitszyklus der Mikromembranpumpe

Die deutlich kompressiblen Gase sind mit Membranpumpen schwerer zu fördern als die na-hezu inkompressiblen Flüssigkeiten. Obwohl das Ziel dieser Arbeit die Realisierung einer Mikropumpe für die Förderung von Flüssigkeiten ist, erfordert es die Fähigkeit zur Selbstan-saugung und die Toleranz gegenüber Gasblasen auch Gase fördern zu können.

Anhand von Abbildung 3-2 wird ein Arbeitszyklus einer Membranpumpe beim Fördern eines kompressiblen Mediums dargestellt. Die Bewegung des Aktors wird vereinfacht, so dass der entsprechende Druckverlauf als linear betrachtet werden kann. Der Druck bei geschlossener Pumpenkammer wechselt regelmäßig zwischen Über- und Unterdruck um die Nulllage (den Normaldruck).

Druckverlauf bei geschlossener Pumpenkammer

Zeit

ZeitNormaldruck

Druck

1 2 3 4 5 6

Fördermenge bei ideal. statischem Verhalt

Fluss

tU tF

Max. Aus-lenkung des Aktors

Öff./Schl.-druck der Ventile

Pumpen-leistung

Dynam. Verhalten der Ventile

en

Fördermenge bei dynamischem Verhalten

Druckverlauf in Pumpenkammer mit eingebauten Ventilen

Abbildung 3-2: Schematische Darstellung des Arbeitszyklus der Mikro-Membranpumpe

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Konstruktion der Mikropumpe

Der Arbeitszyklus der Mikromembranpumpe kann wie folgende beschrieben werden:

• Am Anfang des Zyklus wird das Kammervolumen durch die Bewegung des Aktors vergrößert. Das Auslassventil wird geschlossen, und das Einlassventil wird geöffnet (die Druckdifferenz zum Öffnen bzw. Schließen der Ventile wird als Öffnungs- bzw. Schließdruck des Ventils bezeichnet). Das Medium strömt über das Einlassventil in die Pumpenkammer ein, bis der Zustand der Vollauslenkung (1) erreicht ist. Die Be-wegung der Ventilmembran vom geschlossenen Zustand zum Vollausschlag oder umgekehrt wird als dynamisches Verhalten des Ventils bezeichnet.

• Während der Entspannung der Membran nimmt das Kammervolumen ab. Das ange-saugte Medium wird durch das noch geöffnete Einlassventil ausgestoßen, durch die Strömung und den Überdruck in der Kammer wird das Einlassventil geschlossen und das Auslassventil geöffnet. Dieser Vorgang erfordert eine kurze Zeit, was der Spanne von (1) nach (2) entspricht.

• Nach der vollständigen Öffnung des Auslassventils (2) wird in der restlichen Zeit der Volumenverkleinerung von (2) nach (3) das Medium aus der Pumpenkammer geför-dert, wobei der Druck in der Kammer konstant bleibt.

• Nach dem Erreichen des Zustands des kleinsten Volumens (3) fällt der Druck durch das erneute Wölben der Kammeroberseite ab. Die Ventile schalten von (3) nach (4) jeweils um, ab (4) wird das Medium wieder durch das Einlassventil bis zum Vollaus-schlag (5) angesaugt. Ab (6) beginnt sich der Zyklus zu wiederholen.

Die Volumenänderung hängt von der maximalen Auslenkung der Membran ab. Je höher die maximale Auslenkung der Membran ist, desto höher ist der Volumenstrom des Mediums während der Förderzeit.

Als Totvolumen wird das von den beiden Ventilen und der Membran in Ruhestand einge-schlossene Volumen V0 bezeichnet. Der durch die Volumenänderung ∆V erzeugte Differenz-druck ∆p ist:

00

pVVp ∆

=∆

Dabei ist p0 der Normaldruck, z.B. Umgebungsdruck. Je kleiner das Totvolumen V0 ist, desto größer wird der Differenzdruck ∆p.

Wegen des schnellen Druckaufbaus mit einem inkompressiblen Medium fallen Öffnungs- und der Schließdruck für die Pumpenleistung nicht ins Gewicht. Die maximale Aktor-auslenkung und das dynamische Verhalten des Ventils tragen mehr zur Pumpenleistung bei.

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Konstruktion der Mikropumpe

3.3 Zielsetzung für die einzelnen funktionalen Komponenten

Neben den Zielen der Arbeit

• Kostengünstigkeit und

• chemische Inertheit

sollen die gewünschten Anforderungen an die Mikropumpe

• hohe maximale Förderrate und hoher maximaler Arbeitsdruck,

• Selbstansaugung und

• Unempfindlichkeit gegenüber Luftblasen beim Pumpen von Flüssigkeiten

auch berücksichtigt werden.

Für die Kostengünstigkeit und chemische Inertheit sollen die Komponenten

• möglichst einfach und

• durch Ultraschallschweißen verbindbar

sein.

Durch die Analyse in Kapitel 3.2 werden die Ziele für die einzelnen Komponenten abgeleitet:

• Aktor:

o möglichst große Auslenkung und Kraft

• Ventil:

o kurze Ansprechzeit

o niedriger Öffnungs- bzw. Schließdruck

o kleines Totvolumen.

3.4 Aktor

Die Aufgabe des Aktors einer Membranpumpe ist die Realisierung der Volumenänderung in der Pumpenkammer über eine Formänderung (Verwölbung) der Membran. Die am häufig-sten in den Mikromembranpumpen eingesetzten Aktoren bzw. -prinzipien sind [Mey04]:

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Konstruktion der Mikropumpe

• Piezokeramikaktor

• Bimetallaktor

• Aktor aus Formgedächtnislegierung

• pneumatischer Aktor

• thermopneumatischer Aktor

• elektrostatischer Aktor

• elektro-magnetischer Aktor.

Die Piezokeramik hat gegenüber den anderen Aktorprinzipien folgende Vorteile:

• schnelle Bewegung und große Kraft

• geringer Einfluss vom Aktor auf das geförderte Medium und umgekehrt

• hohe Energieumwandlungseffizienz.

Um die planare Verformung des Piezoelements in eine ausreichende Volumenänderung um-zuwandeln, wird ein Umsetzungsmechanismus benötigt. Zwei Umsetzungsmechanismen werden im Folgenden dargestellt und untersucht.

3.4.1 Umsetzungsmechanismen

a. Klassischer Bimorph-Piezobiegeaktor

Ein häufig eingesetzter Umsetzungsmechanismus des Piezoaktors in Mikromembranpumpen ist der so genannte Bimorph-Piezobiegeaktor. Er besteht aus einem Verbund je einer Schei-be piezoaktiven und piezoinaktiven Materials (Abbildung 3-3). Wird ein elektrisches Feld an-gelegt, führt das unterschiedliche Materialverhalten zu einer Verformung, die als Antrieb ge-nutzt werden kann [Rog01]. Als piezoinaktives Element wird aufgrund der guten Leitfähigkeit und des hohen E-Moduls oft eine Metallscheibe, z. B. eine Stahlscheibe, eingesetzt. Es wird das Piezoelement PIC 151 in Form einer Scheibe mit 10 mm Durchmesser von der Firma PI im Rahmen dieser Arbeit eingesetzt. Nach [Rog01] sind die Dicke der Piezoscheibe von 0,2 mm und der Stahlscheibe von 0,1 mm optimal für eine möglichst große Verformung.

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Konstruktion der Mikropumpe

Piezoscheibe

Metallscheibe

Abbildung 3-3: Klassischer Bimorph-Piezobiegeaktor

b. Piezoscheibe in Kunststoffgehäuse

Wird eine Piezoscheibe am Rand in ein Gehäuse eingeklebt und durch das Anlegen eines elektrischen Feldes planar zusammengezogen, wölbt sich das Gehäuse (Abbildung 3-4). Dieser Effekt kann benutzt werden, um einen Biegeaktor aufzubauen.

Polymer-Piezositz Klebekanal

Piezoscheibe

Verformungsrichtung

Abbildung 3-4: Piezo-Polymer-Biegeaktor

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Konstruktion der Mikropumpe

Jeweils 8 Aktoren der beiden Typen wurden hergestellt und im Dauertest untersucht. Die Versuchsergebnisse werden in Abbildung 3-5 dargestellt.

0

2

4

6

8

10

12

0 10 20 30 40 50 60 70 8

Betriebsdauer (Std) bei 50 Hz

Aus

lenk

ung

(µm

)

Piezoele. mit Stahlscheibe, Rechtecksignal

Piezoele. mit PEEK-Gehäuse, Sinussignal

Piezoele. mit PEEK-Gehäuse, Rechtecksignal

0

Abbildung 3-5: Dauertest der Piezoaktoren

Die Piezoaktoren mit aufgeklebten Stahlscheiben wurden mit einer Spannung in Form eines Rechtecksignals mit 200 V Hub bei 50 Hz beaufschlagt. Nach 70 Stunden kann noch keine Verringerung der Auslenkung (durchschnittlich 10,5 µm) beobachtet werden.

Vier Piezoaktoren mit PEEK-Gehäuse wurden mit Rechtecksignal, die vier anderen Piezoak-toren mit sinusförmigem Signal betrieben. Die durchschnittliche Auslenkung der mit Recht-ecksignal betriebenen Aktoren nahm nach 36 Stunden Betrieb um ca. 50% ab (von 9,5 µm auf 5,5 µm). Die Auslenkung der mit sinusförmigem Signal betriebenen Aktoren nahm nach 70 Stunden Betrieb um 30% ab (von 10 µm auf 7 µm).

Als Grund für die starke Abnahme der Auslenkung darf polymeres Kriechen angenommen werden. Die Polymergehäuse und der Klebstoff kriechen unter der starken (Wechsel-)Last im Laufe der Zeit. Polymere können deswegen nicht als Material des passiven, piezoinaktiven Elements in solchen Aktoren im Dauerbetrieb eingesetzt werden.

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Konstruktion der Mikropumpe

3.4.2 Thermische Verformung des Aktors

Die unterschiedlichen thermischen Ausdehnungskoeffizienten der Materialien der Piezobie-geaktoren (Tabelle 3-1) führen auch zu einer Verwölbung des Aktors bei Temperaturände-rung. Dadurch vergrößert sich das Totvolumen der Pumpe. Im Folgenden wird die thermisch induzierte Auslenkung untersucht.

Material thermischer Ausdehnungskoeffizient (ppm / K)

Piezokeramik 5 (senkrecht zur Polungsrichtung)

Stahl 10

Polymer (PEEK, PMMA) 50–80

Tabelle 3-1: Die thermischen Ausdehnungskoeffizienten der Materialien des Aktors

Nach [Rog01] und [Pie82] ist die (maximale) thermische Auslenkung stherm (in der Aktormitte):

[ ]222

22

1

2

thermtherm )ca1()a1(ac4)ac1()a1(ca3

hRTT'ss

−++++

∆α∆=∆=

mit

R: Radius des Aktors

h1: Dicke der Piezoscheibe

∆α: Differenz der thermischen Ausdehnungskoeffizienten

∆T: Temperaturänderung

bendickePiezoscheibendickeStahlscheia =a: Dickenverhältnis,

bePiezoschei

beStahlschei

EE

c =c: Verhältnis der E-Module,

s’therm : spezifische thermische Auslenkung

Mit den Werten

R = 5 mm

h1 = 0,2 mm

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Konstruktion der Mikropumpe

∆α = 5 ppm / K (siehe Tabelle 3-1)

a = 0,5

85,2GPa6,66GPa190c ==

ergibt sich eine spezifische thermische Auslenkung s´therm= 0,4 µm / K.

Werden die Aktoren aus Stahl- und Piezoscheiben bei 80°C (gewählte Härtungstemperatur des Klebstoffes) verklebt und auf Raumtemperatur, 20°C, abgekühlt, ergibt sich rechnerisch eine Auslenkung von 24 µm. Dies korreliert gut mit einer (mit einem Höhentaster der Firma Heidenhain) gemessenen Auslenkung der Aktoren von 15–30 µm.

Um die thermische Auslenkung des auf dem Pumpengehäuse aufgeklebten Piezobiegeak-tors zu ermitteln, wurde die Verformung mit FEM simuliert (der gesamte Aufbau der Mikro-pumpe wird in Kapitel 3.7 gezeigt). Für die Auslenkung der Piezoscheibe, die später experi-mentell nachgewiesen werden kann, ergibt sich 60 µm bei 80 °C Temperaturdifferenz und 45 µm bei 60 °C Temperaturdifferenz. Für die mit 60 °C Temperaturdifferenz verklebten Pie-zoscheiben wurde eine Verformung von 20 bis 40 µm gemessen, während die Auslenkung durch den Piezoeffekt mit einer typischen Betriebsspannung von 200 V bei 10 bis 15 µm liegt.

Abbildung 3-6: FEM-Simulation der thermischen Auslenkung des auf dem Pumpengehäuse aufgeklebten Piezobiegeaktors

Wegen der thermischen Auslenkung des Aktors muss die Pumpenkammerhöhe der Mikro-pumpe auf die Betriebstemperatur abgestimmt werden, so dass genügend Abstand für die Aktorauslenkung zur Verfügung steht.

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Konstruktion der Mikropumpe

3.5 Ventile

Die Ventile der Membranpumpen gewährleisten die Flussrichtung der geförderten Medien. Nach der Analyse in Kapitel 3.3 sollen die Ventile

• möglichst einfach aufgebaut und

• ultraschallschweißbar sein; bzw.

• eine kurze Ansprechzeit,

• einen niedrigen Öffnungs- bzw. Schließdruck und

• ein kleines Totvolumen haben.

Im Folgenden wird nach einem kurzen Überblick über Ventiltypen die Konstruktion des reali-sierten Ventils und dessen Charakterisierung vorgestellt.

3.5.1 Mikroventiltypen

In Mikromembranpumpen sind die folgenden Typen von Ventilen zu finden [Woi01] [Ngu02b]:

• Aktives Ventil

Das aktive Ventil hat einen Aktor, der die Flussrichtung steuert. Das aktive Ventil hat ein bes-seres dynamisches Verhalten und eine bessere Gleichrichtungswirkung gegenüber dem passiven Ventil und dem Ventil ohne bewegliche Teile. Aber für die meisten Anwendungen im Mikrobereich ist ein aktives Ventil zu kompliziert.

• Passives Rückschlagventil

Das passive Rückschlagventil ist das am häufigsten in Mikropumpen eingesetzte Mikroventil [Ngu02b]. Ein bewegliches Sperrelement mit entsprechender Struktur im Rückschlagventil kann das Medium in eine Flussrichtung durchlassen und in die andere Richtung sperren. Ein bevorzugter Aufbau des Rückschlagventils in polymeren Mikropumpen ist eine Membran als Sperrelement in Verbindung mit einem Ventilsitz. Ein kleineres Eigengewicht der Membran erlaubt ein besseres dynamisches Verhalten des Ventils.

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Konstruktion der Mikropumpe

• Mikroventil ohne bewegliche Teilen

Spezielle Strukturen, die in unterschiedlichen Flussrichtungen unterschiedliche Strömungs-widerstände haben, können als Ventile eingesetzt werden. Die einfachste Form eines passi-ven Ventils ist ein Diffuser. Die Gleichrichtungswirkung eines Diffusers hängt von seiner Ge-ometrie (Öffnungswinkel, Strukturhöhe, laterale Größe der Öffnung) und dem Zustand des geförderten Mediums (laminar oder turbulent) ab [Ger98].

In den vergangenen Jahren wurde über viele Strukturen in unterschiedlichen Formen berich-tet, die eine solche Wirkung haben, z. B. die Ventilstrukturen der Mikropumpe der University of Washington in Abbildung 3-7 [For95]. Die Strukturen sind einfach herzustellen und unemp-findlich gegen Partikel im Medium. Aber die Gleichrichtungswirkung ist im Vergleich zum Rückschlagventil sehr schwach. Die Folge davon ist, dass die Mikropumpe nur mit sehr klei-nem Gegendruck funktioniert oder sie bei einer sehr hohen Frequenz, z. B. 1000-4000 Hz, arbeiten muss [Ngu02b].

Abbildung 3-7: Mikropumpe mit Ventilen ohne bewegliche Teile

3.5.2 Konstruktion des passiven Ventils

Wegen seines einfachen Aufbaus und der guten Gleichrichtungswirkung wurde für die Mik-ropumpe das passive Rückschlagventil gewählt. Dabei soll eine polymere Membran als Sperrelement eingesetzt werden. Um eine aufwändige Verarbeitung der dünnen und kleinen Polymermembran zu vermeiden, wird die Durchlassstruktur (z.B. ein Durchloch) nicht auf der Membran, sondern auf dem Ventilsitz angebracht. Damit kann eine einfach geschnittene oder gestanzte polymere Membran mit der bevorzugten Form eines Quadrats oder Vierecks eingesetzt werden.

Die Membran kann entweder im Gehäuse eingeschweißt, oder in diesem eingeklemmt bzw. frei in die Ventilkammer eingelegt werden. Im Folgenden werden die beiden Varianten disku-tiert.

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Konstruktion der Mikropumpe

3.5.2.1 Passives Ventil mit eingeschweißter Membran

Wird eine Membran gespannt über den Ventilsitz verschweißt, hätte das Ventil wegen der beschränkten Beweglichkeit der Membran eine kurze Ansprechzeit und einen kleineren Schließdruck. Membranen aus PP mit einer Dicke von 8 µm bzw. 4 µm und 15 µm dicke Membranen aus PEEK wurden in Form von Streifen auf den Ventilsitz aufgelegt und zwi-schen die beiden Gehäuse mit Schweißen gesiegelt. Zwei Typen von Schweißgeometrien wurden untersucht (Abbildung 3-8).

Schweiß-zone

Membran

Abbildung 3-8: Möglichkeiten, Membranen mit den Gehäusen zu verschweißen

Beim Schweißen mit den beiden Schweißgeometrien wurden die Membranen oftmals durch die Gehäuse zerschnitten oder durch die entstandene Schmelze gedehnt. Dadurch wellt sich die Membran auf dem Ventilsitz (Abbildung 3-9) und kann nicht ausreichend abdichten.

Membran gewellt Schmelze

Membran zerschnitten

Abbildung 3-9: Zerschnittene und gewellte Membrane

Des Weiteren wurde versucht, mit Hilfe von punktförmigen niederhaltenden Strukturen auf dem Ventilgehäuse die Membran leicht auf die Sperrfläche zu drücken. Auch hierbei wurde die Membran durch die thermische Spannung und die Verteilung der Schmelze gewellt. Das Ergebnis wird in Abbildung 3-10 gezeigt.

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Konstruktion der Mikropumpe

Schweißzone

Membran

Abbildung 3-10: Mit niederhaltenden Strukturen eingeschweißte Membran

3.5.2.2 Passives Ventil mit frei eingelegter Membran

Eine frei eingelegte Membran hat folgende Vorteile:

• einfache Herstellbarkeit

• Materialauswahl der Membrane unabhängig vom Material des Gehäuses

• Entkopplung von Spannungen, die durch Temperaturschwankungen oder andere äu-ßere Einflüssen verursacht werden

• kleiner Schließ- und Öffnungsdruck.

Nachteile einer frei eingelegten Membran sind:

• die größere Beweglichkeit der Membran in der Ventilkammer verursacht ein schlech-teres dynamisches Verhalten des Ventils.

• die Membran besitzt keine eingebaute Rückstellkraft, so dass die Rückstellung nur durch die Strömung möglich ist. Die Ventile können daher bei geringem Druck nicht gut abdichten.

• die für den Durchlass des Mediums benötigten Distanzhalterstrukturen begünstigen evtl. die Entstehung von Luftblasen oder verhindern deren Durchfluss.

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Konstruktion der Mikropumpe

Um die Beweglichkeit der Membran zu beschränken und dadurch das dynamische Verhalten des Ventils zu verbessern, wurde versucht, die Membran mit Vorspannung einzulegen (Abbildung 3-11). Abbildung 3-12 zeigt die Kennlinie dieses Ventils in Durchlass- und Sperr-richtung.

Membran

Oberteil Durchlassseite

Membran

Sperrseite

Unterteil

Abbildung 3-11: Ventil mit einer mit Vorspannung eingelegter Membran

N2-Durchgang / WasserdurchflussVentil 1, 8µm PP-Membran

0

100

200

300

400

500

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2

Druck [bar]

Durc

hgan

g N2

[scc

m]

0

2

4

6

8

10

12

14

Durc

hflu

ss [g

/min

]

N2 Durchlassrichtung

N2 Sperrrichtung

H2O Durchlassrichtung

H2O Sperrrichtung

Abbildung 3-12: Durchlass- und Sperrkennlinie (Durchfluss über Druck) des Ventils mit frei eingelegter Membran mit Vorspannung

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Konstruktion der Mikropumpe

Die Kennlinie des Ventils zeigt, dass das Ventil im niedrigen Druckbereich (von 0 bis 0,3 bar) für Gase (gemessen mit Stickstoff) keine Sperrwirkung hat. Auch mit Flüssigkeiten (hier mit Wasser gemessen) ist die Sperrwirkung nicht ausreichend.

Weiter wurde versucht, die Membran ohne Vorverformung frei einzulegen (Abbildung 3-13). Das Ventil zeigt von 20 mbar bis 1 bar mit Stickstoff und Wasser eine sehr gute Sperrwir-kung. Die Kennlinie in Durchlassrichtung ist nahe zu linear (Abbildung 3-14).

Oberteil (Durchlassseite)

Membran

Abbildung 3-13: Ventil mit frei eingelegter Membran ohne Vorspannung

Abbildung 3-14: Charakterisierung Ventil mit frei eingelegter Membran ohne Vorspannung

N2-DurchgangVentile im Gehäuse, 8µm PP-Membran

0

100

200

300

400

500

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2

Druck [bar]

Dur

chga

ng N

2 [s

ccm

]

1 Durchlassrichtung

1 Sperrrichtung

2 Durchlassrichtung

2 Sperrrichtung

Unterteil

Durchlass-

Sperrseite

Membran

(Sperrseite)

40

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Konstruktion der Mikropumpe

3.6 Integration und Optimierung der Ventile zu einer Ventileinheit

Um den Schweißprozess zu vereinfachen, die Anzahl der Teile zu reduzieren, die Ventile ergonomisch zu gestalten und gleichzeitig die Baugröße des Ventils zu reduzieren, wird eine Ventileinheit konstruiert. Darin werden zwei gegeneinander geschaltete Ventile und die Schnittstellen zu den anderen Bauteilen der Mikropumpe, der Aktoreinheit und dem fluidi-schen Anschluss, integriert. Die Einzelheiten werden im Folgenden dargestellt.

3.6.1 Größe des Ventils

Um die Ventilgröße zu optimieren, wurden Ventilscheiben in 4 mm Durchmesser und mit einer Ventilgröße von 1x1 mm2 aus PEEK gefräst und verschweißt (siehe Abbildung 3-15). Die Handhabung von dazu passenden kleinen Membranen ist jedoch sehr schwierig. Außer-dem ist die Sperrfläche (die Fläche auf der Sperrseite) so klein, dass das Ventil in Sperrrich-tung nicht ausreichend dicht ist. Daher wird eine Ventilgröße von 1,8 x 1,8 mm2 verwendet, da hier eine gute Dichtheit und Handhabbarkeit sowie gleichzeitig ein noch relativ kleines Totvolumen erzielt werden kann.

Abbildung 3-15: Ventilscheibe mit 4 mm Durchmesser aus PEEK

3.6.2 Distanzhalter (Spacer)

Wie im Kapitel 3.5.2.2 erläutert, sind auf der Durchlassseite der Ventilkammer Distanzhalter vorgesehen, um den Durchfluss des Mediums zu ermöglichen.

Die Anforderungen an den Distanzhalter sind:

• einfache Herstellbarkeit

41

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Konstruktion der Mikropumpe

• möglichst kleiner Strömungswiderstand und

• möglichst kleines Totvolumen.

Zwei Distanzhalterstrukturen wurden hergestellt und auf ihre Strömungswiderstände unter-sucht (Abbildung 3-16).

Abbildung 3-16: Zylindrische und quadratische Distanzhalterstrukturen

Vergleich Distanzhalter

0

50

100

150

200

250

0 0,5 1 1

Druck (bar)

Dur

chga

ng N

2 (sc

cm)

,5

Abbildung 3-17: Vergleich Distanzhalter

Die Zylinderform hat einen günstigeren Strömungswiderstand als das Quadrat ([Boe01] [Oer01]). Im Betrieb wird die Membran (z.B. 5 µm PTFE- oder 4 µm PP-Membran) von der

42

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Konstruktion der Mikropumpe

zylindrischen Struktur aber weniger gestützt als von der quadratischen Struktur, somit wird die Ventilmembran mit den zylindrischen Distanzhaltern stärker vom Medium in die Kanäle eingedrückt, der Strömungswiderstand ist daher größer. Abbildung 3-17 zeigt zwei typische Durchflusskennlinien (Durchfluss über Druck) von Ventilen mit zylindrischem und quadrati-schem Distanzhalter. Im Bereich kleiner Drücke bis zu 0,2 bar zeigt der zylindrische Distanz-halter den Vorteil des günstigen Strömungswiderstands, im Druckbereich von 0,2 bar bis 1 bar ergibt sich eine immer stärkere Wirkung der Biegung der Membran.

Eine abgerundete Form des quadratischen Distanzhalters wird im Weiteren eingesetzt, um die Vorteile der zylindrischen und quadratischen Distanzhalter zu kombinieren. Dabei sind ein kleinerer fluidischer Widerstand im turbulenten Bereich und ein günstiges Durchfließen von Luftblasen zu erwarten. Die Strömungs- und Druckverteilung bei den quadratischen und abgerundeten Formen wurden mit dem FEM-Programm Fluent simuliert, um die Unterschie-de der Formen zu veranschaulichen. Abbildung 3-18 und Abbildung 3-19 zeigen die Simula-tionsergebnisse der Strömungsgeschwindigkeit, in Abbildung 3-20 sind die Simulationser-gebnisse der Druckverteilung in den Ventilen dargestellt.

Abbildung 3-18: Abgerundete Distanzhalter und die Strömungsgeschwindigkeitsverteilung

Abbildung 3-19: Quadratische Distanzhalter und die Strömungsgeschwindigkeitsverteilung

43

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Konstruktion der Mikropumpe

Abbildung 3-20: Druckverteilung mit den rechteckigen und den abgerundeten Distanzhaltern

3.6.3 Schweißgeometrie

Über die Schweißgeometrie werden zwei Ventilscheiben zur Ventileinheit verschweißt. Die Anforderungen an die Schweißgeometrie sind:

• einfache Konstruktion und Herstellbarkeit

• vollständige Dichtigkeit der Ventilkammer

• kein Zulauf der Schmelze in die Ventilkammer

• möglichst geringes Totvolumen

• eine hohe Genauigkeit des Fügewegs (Kapitel 2.4.2.3) für eine genaue Höhe der Ventilkammer (beschrieben in Kapitel 3.6.4).

Die Erfahrung aus den Schweißversuchen zeigt, dass Positionierungsstrukturen zusätzlich zu den Schweißstrukturen, z. B. Führungsstifte in -löchern (Abbildung 3-21), die Schweiß-qualität verbessern. Die Genauigkeit des Schweißwegs bestimmt die Genauigkeit der Ventil-kammerhöhe. Eine große und gut bearbeitete Anschlagfläche hilft den Schweißvorgang ge-nau zu stoppen. Die Schweißfläche des ERGs und die Dichtfläche des Ventils sollten mög-lichst in gleicher Höhe mit der Anschlagfläche sein, damit bezüglich der Ventilkammerhöhe durch die Nachbearbeitung, z. B. durch Polieren, kein Genauigkeitsverlust eintritt.

Es wurden zwei Geometrien für das Schweißen der Ventileinheit untersucht. Die Schweiß-geometrien und -ergebnisse werden in Abbildung 3-21 gezeigt. Die Schweißgeometrie 1 ist sehr empfindlich gegenüber Fertigungs- oder Lagerungsfehlern beim Schweißen. Dadurch sind die Teile oft beim Schweißen versetzt und haben häufig viele Blasen in der Schweiß-

44

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Konstruktion der Mikropumpe

naht. Dagegen ist die Schweißgeometrie 2 sehr fehlertolerant, der Schweißprozess ist da-durch sehr robust und stabil.

Membran

Schweiß-zone

Ventil

Führungsstifte/ -löcher

Anschlagfläche

Schweißnähte

Luftblasen

Schweißgeometrie 2 Schweißgeometrie 1

Abbildung 3-21: Konstruktion der Schweißgeometrie und Ventilscheiben

Wie in Abbildung 3-21 dargestellt, sind 50% der gesamten Anschlagfläche erhöht und liegen in gleicher Höhe mit den Schweißgeometrien. Damit sind die Flächen polierbar und werden beim Polieren gleichmäßig abgetragen. Ein kurviger Rand der Anschlagfläche ermöglicht eine bessere Vorpositionierung und bietet eine Stützfunktion für die Ventilstrukturen, die au-

45

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Konstruktion der Mikropumpe

ßerhalb der Anschlagfläche liegen. Damit wird vermieden, dass sie bei der Nachbearbeitung aufgrund der unterschiedlichen Druckverteilung ungleichmäßig abgetragen werden.

Mit einer solchen Konstruktion wurde eine kleinste Ventilkammerhöhe von 10 µm realisiert. Abbildung 3-22 zeigt eine geschweißte Ventileinheit. Ein leichtes Verschweißen der An-schlagflächen über deren Fräsrillen mit einer Höhe von ca. 2 µm zeigt, dass die Genauigkeit des Schweißens hauptsächlich durch die Fertigungsgenauigkeit bestimmt ist.

Verschweißen mit 2 µm hohen Fräsenrillen

Abbildung 3-22: Eine geschweißte Ventileinheit mit 10 µm Kammerhöhe

Die Führungsstifte werden beim Schweißen am Rand auch leicht verschmolzen, wodurch die Positionierungsgenauigkeit leicht beeinflusst ist. Mit einer größeren Geometrie lässt sich die-ser Effekt teilweise vermeiden, allerdings nehmen die Fertigungsfehler der Passung Stift / Loch zu. In der Ventileinheit wurden Führungsstifte mit einem Durchmesser von 1,2 mm ein-gesetzt.

Abbildung 3-23: Am Rand geschmolzene Führungsstifte nach dem Schweißen

46

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Konstruktion der Mikropumpe

3.6.4 Ventilkammerhöhe

Der Abstand zwischen den Distanzhaltern und der Sperrfläche des Ventils wird als Ventil-kammerhöhe bezeichnet. Die Ventilkammerhöhe entspricht der Beweglichkeit der Ventil-membran und hat daher einen großen Einfluss auf die dynamischen Eigenschaften der Pumpe.

Die Simulation der Strömungsgeschwindigkeit und Druckverteilung des Mediums in den Ven-tilen mit 10 µm und 30 µm Ventilkammerhöhe (Abbildung 3-24) verdeutlicht, dass die Strö-mungsgeschwindigkeit in der 10 µm hohen Kammer wesentlich größer ist und ein größerer Druckabfall in der Kammer verursacht wird als in der 30 µm hohen Kammer (mit Stickstoff und einem Durchfluss von 300 µl/min beträgt der Druckabfall 139 Pa mit 10 µm und 6 Pa mit 30 µm Ventilkammerhöhe). Der Zusammenhang zwischen den Pumpeneigenschaften und der Ventilkammerhöhe wird im Weiteren experimentell untersucht.

Abbildung 3-24: Simulation der Strömung bei 10 µm bzw. 30 µm Ventilkammerhöhe

Abbildung 3-25: Simulation der Druckverteilung bei 10 µm bzw. 30 µm Ventilkammerhöhe

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Konstruktion der Mikropumpe

3.6.5 Dicke und Material der Membran

Die Leckage des Ventils in Sperrrichtung hängt von der Qualität des Kontakts zwischen der Sperrfläche des Ventils und der Ventilmembran ab. Die Dicke und das Material der Membran werden angesichts des Kontakts untersucht, die Untersuchungsergebnisse sind im Folgen-den dargestellt.

Die Membran hat beim Einsatz eine Unebenheit, die entweder durch die in der Produktion (z.B. Extrusion) entstandenen inneren Spannungen oder durch den beim Zuschneiden ent-standenen gewellten Rand (Abbildung 3-26) verursacht wird. Da die Sperrfläche durch Polie-ren eine sehr gute Oberflächenqualität hat, hat die Unebenheit der Membran den größten Einfluss auf die Leckage in der Sperrrichtung.

Abbildung 3-26: Zugeschnittene 4 µm dicke PP-Membran mit gewelltem Rand

Leckage in Sperrrichtung mit verschiedenen Membranen

0

0,5

1

1,5

2

2,5

0,001 0,01 0,1 1Druck (bar)

Leck

age

(scc

m)

PP 8 µm

PP 4 µmTeflon 5 µm

Abbildung 3-27: Vergleich der Sperrwirkung verschiedener Membrane

48

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Konstruktion der Mikropumpe

Abbildung 3-27 zeigt einen Vergleich der Sperrwirkung von 3 Membranen (8 µm dicke und 4 µm dicke PP-Membran bzw. 5 µm dicke PTFE-Membran) anhand der Leckage des Ventils in Sperrrichtung (gemessen mit Stickstoff). Die Versuchsergebnisse zeigen, je weicher die Membran ist, desto besser ist die Sperrwirkung. PTFE ist weicher (E-Modul 0,3-0,8 GPa) als PP (E-Modul 0,9-1,5 GPa). Daher hat die 5 µm dicke PTFE-Membran eine bessere Sperr-wirkung.

In Abbildung 3-27 ist auch zu beobachten, dass die Ventile im Bereich kleiner Drücke von 0,005 bis zu 0,08 bar, je nach Membran, eine größere Leckage haben als im sich anschlie-ßenden Bereich größerer Drücke. Dies kann so erklärt werden: wenn der Druck auf der Membran nicht hoch genug ist, um die Unebenheiten der Membran zu unterdrücken, bleibt ein Spalt zwischen der Membran und Sperrfläche des Ventils, die Leckage wird dann durch den Spalt verursacht. Die PTFE-Membran ist die weichste unter den drei Membranen und hat daher die kleinste Leckage bei kleinem Druckbereich.

3.6.6 Schweißparameter für die Ventileinheit aus PEEK

Die Ventileinheit aus dem Material PEEK (Abbildung 3-28) lässt sich mit den identischen Schweißstrukturen wie aus PMMA verschweißen. Die folgenden Schweißparameter müssen jedoch entsprechend verändert werden:

• Schweißleistung: für PMMA ca. 200 Watt, für PEEK ca. 500 Watt,

• Amplitude der Sonotrode: für PMMA 13 µm, für PEEK 36 µm und

• Anpresskraft: für PMMA ca. 50 – 100 N, für PEEK ca. 100 – 150 N.

Abbildung 3-28: Eine verschweißte Ventileinheit aus PEEK

49

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Konstruktion der Mikropumpe

3.7 Gesamter Aufbau der Mikropumpe

Nach dem Fertigen der Teile durch Fräsen wird die Mikropumpe wie im Folgenden aufgebaut (Abbildung 3-29):

• Einlegen der PTFE-Membranen in die Ventilkammern

• Verschweißen der Ventilscheiben zur Ventileinheit

• Verschweißen der Ventileinheit mit dem Aktordeckel

• Aufkleben der Piezoscheibe, der Metallscheibe und der Metallröhrchen als fluidische Anschlüsse

• Elektrische Kontaktierung.

PiezoscheibeMetallscheibe

AktordeckelVentilscheibe oben

Ventil-Membran

Edelstahlröhrchen

Ventilscheibe unten

Abbildung 3-29: Gesamter Aufbau der Mikropumpe

Die Metallröhrchen sind zum Zweck der Charakterisierung der Mikropumpe aufgeklebt. In der Serienfertigung sollen die fluidischen Anschlüsse mit der Ventileinheit in einem Teil ge-fertigt werden, oder die Mikropumpe wird auf eine fluidische Integrationsplatte (siehe Kapitel 3.8) mit weiteren fluidischen Komponenten integriert.

Die Mikropumpe hat einen Durchmesser von 14 mm, eine Höhe von 2 mm (PEEK) bis 2,5 mm (PMMA) und ein Gewicht von 0,6 g (PEEK) bzw. 0,65 g (PMMA).

50

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Konstruktion der Mikropumpe

3.8 Fluidische Integrationsplatte (FLIP)

Die am häufigsten verwendete fluidische Verbindungsmethode zwischen verschiedenen flui-dischen Komponenten ist heutzutage die Schlauchverbindung. Sie benötigt einen Anschluss, z. B. Röhrchen, auf der jeweiligen Komponente. Dies ist im Mikrobereich schwer zu handha-ben und unzuverlässig. Er birgt Kontaminationsgefahr (z.B. durch Klebstoff, sofern der An-schluss, wie üblich, geklebt wird) bzw. verursacht hohe Kosten.

Die Verfügbarkeit mikrofluidischer Plattformen erlaubt den Aufbau applikationsspezifischer integrierter mikrofluidischer Systeme [Duc04]. Eine Integrationsstrategie mit dem Namen FLIP, als Abkürzung von fluidischer Integrationsplatte, wird am Beispiel einer typischen Kombination von mikrofluidischen Komponenten im Folgenden beschrieben (Abbildung 3-30).

Drucksensor

Überbrückungs-element

Pumpe

Eingang

Zusammen-geschweißte Platten

Flusssensor

Ausgang

Anschlussloch/ Schweißstruktur

Verbindungskanäle zwischen den beiden Platten

Abbildung 3-30: Fluidische Integrationsplatte

Die konzipierte fluidische Integrationsplatte besteht aus zwei zusammengeschweißten Plat-ten, auf welchen Anschlusslöcher, Schweißstrukturen und fluidische Kanäle vorgesehen sind. Die fluidischen Kanäle werden zwischen den verschweißten Platten gebildet, welche zusammen mit den integrierten Komponenten einen kompletten Strömungsweg bilden.

Mit passenden Verbindungsverfahren können die FLIP zuverlässig, fremdstofffrei und kos-tengünstig hergestellt werden. Mit formkraftschlüssigen Verbindungen können Komponenten aus verschiedenen Materialien (z. B. verschiedenen Polymeren, Metallen oder Silizium) e-benfalls auf die Platte integriert werden. Das Ultraschallschweißen ist für das Verschweißen der Platten gut geeignet, für das Verschweißen der Komponenten auf die Platte kommen auch andere Schweißtechniken wie z. B. das Heizelementschweißen in Frage.

51

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Charakterisierung der Mikropumpe

4 Charakterisierung der Mikropumpe

In diesem Kapitel wird zunächst die Pumpenleistung der Mikropumpe in Form der Förderrate bei verschiedenen Gegendrücken (Pumpenkennlinie) dargestellt. Anschließend werden die Selbstansaugung und die Empfindlichkeit gegenüber Luftblasen diskutiert. Das Langzeitver-halten und die Temperaturabhängigkeit der Pumpenleistung werden zuletzt mit einem Dau-ertest und einem Klimatest dargelegt.

4.1 Förderleistung der Mikropumpe

In diesem Kapitel wird die Abhängigkeit der Förderrate der Pumpe vom Gegendruck und von der Betriebsfrequenz dargestellt. Dabei werden Mikropumpen mit drei Ventilkammer-höhen (in den Abbildungen als VKH abgekürzt) untersucht, wobei die Kammerhöhe den größten Einfluss auf die Förderrate hat. Der Einfluss der Signalform der Betriebsspannung auf die Förderrate wird auch kurz dargestellt.

Die untersuchten Mikropumpen haben eine Aktorauslenkung von 10 bis 12 µm. Die Be-triebsspannung des Piezoaktors beträgt 250 V, falls sie nicht extra genannt wird. Das Puls-Pause-Verhältnis des rechteckigen Signals beträgt 1:1.

Die Förderraten wurden durch Messung der Steiggeschwindigkeit des Mediums in einem Steigrohr mit Hilfe einer Stoppuhr bestimmt (Abbildung 4-1) und in die Förderrate wurde um-gerechnet. Die niedrigen Förderraten der Mikropumpen mit 10 µm und 100 µm Ventilkam-merhöhe wurden mit einem Steigrohr mit 0,5 mm Innendurchmesser gemessen. Für die ho-hen Förderraten der Mikropumpen mit 30 µm Ventilkammerhöhe wurde ein Steigrohr mit 3 mm Innendurchmesser verwendet. Da die Stoppuhr nur in vollen Sekunden abgelesen werden konnte, ist bei einigen Kennlinien ein ‚Stufeneffekt’ aufgetreten.

Abbildung 4-1: Versuchsaufbau zur Messung der Pumpenleistung

Abbildung 4-2 zeigt die Förderraten der Mikropumpen mit 10 µm, 30 µm und 100 µm Ventil-kammerhöhe bei verschiedenen Gegendrücken und Arbeitsfrequenzen.

Pumpe

Wasser-behälter

Wasserleitung mit Flussrichtung

Steigrohr

52

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Charakterisierung der Mikropumpe

0

20

40

60

80

100

120

140

0 20 40 60 80 100 120 140

Gegendruck (hPa)

Förd

erra

te (µ

l/min

)

10 Hz

25 Hz

40 Hz

50 Hz

0

50

100

150

200

250

300

0 50 100 150 200 250 300

Gegendruck in hPa (cm Wassersäule)

Förd

erra

te (µ

l/min

)

40Hz

50Hz

60Hz

70Hz

80Hz

90Hz

100Hz

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

3500

0 20 40 60 80 100 120

Gegendruck (hPa)

Förd

erra

te (µ

l/min

)

40 Hz

50 Hz

60 Hz

70 Hz

80 Hz

VKH=30 µm

VKH=10 µm

VKH≅100 µm

Abbildung 4-2: Kennlinien der Mikropumpen mit verschiedenen Ventilkammerhöhen

53

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Charakterisierung der Mikropumpe

Die Förderrate der Mikropumpen mit ca. 100 µm Ventilkammerhöhe ist am geringsten. Wäh-rend des Betriebs im niedrigen Frequenzbereich lässt sich noch gut beobachten, dass das ausgepumpte Medium in der Saugphase der Pumpe zurück zur Pumpe gesaugt wird (bei 1 Hz mehr als 50% der vorangetriebenen Menge). Dies beruht auf der relativ langsamen Rückkehr der Membran zur Sperrposition.

Dieses Zurückziehen des Mediums ist bei den Mikropumpen mit einer Ventilkammerhöhe von 10 µm und 30 µm fast nicht zu beobachten. Die Mikropumpen mit 30 µm Ventilkammer-höhe fördern über zehnmal schneller als diejenigen mit 10 µm Ventilkammerhöhe. Dieser starke Unterschied könnte an den fluidischen Widerständen liegen, wobei der Unterschied der Beweglichkeit der Membrane nicht ins Gewicht fällt.

Um den maximalen Arbeitsdruck (auch Gegendruck genannt) der Mikropumpe mit 30 µm Ventilkammerhöhe bei 50 Hz zu ermitteln, wurde im Steigrohr Druckluft beaufschlagt, der Druck wurde in der Messung in von 0,1 bar-Schritten erhöht, die Förderraten wurden mit ei-nem Fließweg des Mediums von 10 bis 30 cm und der Dauer umgerechnet. Das Ergebnis wird in Abbildung 4-3 gezeigt.

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

3500

0 100 200 300 400 500 600 700 800

Gegendruck (hPa)

Förd

erra

te (µ

l/min

)

50 Hz

VKH=30 µm

Abbildung 4-3: Förderrate der Mikropumpen mit 30 µm VKH bei 50 Hz

Mit einer Betriebsspannung von 400 V (max. Spannung für eine 0,2 mm dicke Piezoscheibe nach Angabe des Piezomaterialherstellers) kann die Mikropumpe bis zu 1,2 bar pumpen.

Die Mikropumpen haben jeweils eine optimale Arbeitsfrequenz. Die optimale Arbeitsfrequenz der Mikropumpen mit 10 µm Ventilkammerhöhe liegt unabhängig von den Gegendrücken bei

54

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Charakterisierung der Mikropumpe

70–80 Hz, die der Pumpen mit 30 µm Kammerhöhe bei 50 Hz (Abbildung 4-4). Dieser Unterschied liegt an der unterschiedlichen Beweglichkeit der Membrane.

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

3500

40 45 50 55 60 65 70 75 80

Betriebsfrequenz (Hz)

Förd

erra

te (µ

l/min

)

5 hPa

40 hPa

90 hPa

0

100

200

300

400

500

600

700

40 50 60 70 80 90 100

Betriebsfrequenz (Hz)

Förd

erra

te (µ

l/min

)

10 hPa

50 hPa

220 hPa

VKH=30 µm

VKH=10 µm

Abbildung 4-4: Frequenzabhängigkeit der Förderrate

55

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Charakterisierung der Mikropumpe

Die Förderrate ist auch von der Signalform der Betriebsspannung abhängig. Als Beispiel wird die Förderrate der mit rechteckigem und sinusförmigem Signal angetriebenen Pumpe in Abbildung 4-5 gezeigt. Die Mikropumpe mit 10 µm Ventilkammerhöhe wird bei 80 Hz betrie-ben. Der Vorteil des Sinus-Signals ist, dass die Mikropumpen im Betrieb damit keine hörba-ren Geräusche und nur wenige Luftblasen (siehe nächstes Kapitel) erzeugen.

0

50

100

150

200

250

300

0 50 100 150 200 250

Gegendruck (hPa)

Förd

erra

te (µ

l/min

)

80Hz rechteckiges Signal

80Hz Sinus-Signal

Abbildung 4-5: Abhängigkeit der Förderrate von den Signalformen

56

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Charakterisierung der Mikropumpe

4.2 Selbstansaugung und Empfindlichkeit gegenüber Luftblasen

Die Themen Fähigkeit einer Mikropumpe zur Selbstansaugung und Empfindlichkeit gegen-über Luftblasen werden seit langem diskutiert und über die Kompressionsrate erklärt [Ric98] [Woi01] [Fag04]. Da der Fokus dieser Arbeit nicht auf der Selbstansaugung und der Luftbla-sentoleranz liegt, wurde keine quantitative Messung dazu durchgeführt.

Es gibt heutzutage jedoch noch keine genaue Definition für die Selbstansaugung. Im Fol-genden werden die Wassersäulenhöhen, die die mit Gasen befüllten Mikropumpen nach oben ansaugen können, bewertet. Sie entsprechen den Unterdrücken, die die Pumpen beim Fördern von Gasen erzeugen können. Die Mikropumpen mit 100 µm Ventilkammerhöhe können eine bis zu ca. 10 cm hohe Wassersäule ansaugen. Die Pumpen mit 30 µm Ventil-kammerhöhe können eine bis zu ca. 2 cm hohe Wassersäule ansaugen. Die Pumpen mit 10 µm Ventilkammerhöhe können nicht ansaugen, mit einem ab 1 cm höher liegenden Was-serspiegel können die Pumpen gefüllt werden und fangen nach der vollständigen Füllung an zu pumpen. Die rechteckige Signalform der Antriebsspannung ist hinsichtlich der Selbstan-saugung deutlich besser als die sinusförmige.

Ähnlich wie bei der Selbstansaugung gibt es auch keine klare Definition für die Empfindlich-keit gegenüber Luftblasen. Das Verhalten der Mikropumpen nach Eintritt der Luftblasen wird im Folgenden qualitativ beschrieben. Die Pumpen mit 100 µm Ventilkammerhöhe können eine bis zu 1 µl große Luftblase durchpumpen; die Pumpen mit 30 µm Ventilkammerhöhe können die Blasen nicht gleich auspumpen, die Förderrate wird nach dem Eintritt der Luft-blase vermindert, in manchen Fällen werden die Blasen nach einer gewissen Zeit teilweise oder zerkleinert ausgepumpt. Die Pumpen mit 10 µm Ventilkammerhöhe sind sehr empfind-lich gegenüber Luftblasen und stoppen sofort nach dem Eintritt der Luftblasen. Die recht-eckige Signalform der Antriebsspannung ist hinsichtlich der Empfindlichkeit gegenüber gro-ßen Luftblasen deutlich besser als die sinusförmige.

Außer den im Fluidkanal sichtbaren ‚großen’ Blasen gibt es auch Mikroblasen, die von den im Medium gelösten und durch starke Druckschwankungen in der Pumpenkammer rückge-lösten Gasen gebildet werden. Solche Mikroblasen können einen Durchmesser von ein paar Mikrometern bis zu unter 1 mm haben [Fag04]. Die Mikroblasen könnten aufgrund ihrer win-zigen Größen stark auf der Membran oder den Wänden der Fluidkanäle haften und von dort nur schwer von der Strömung wegzuspülen sein. Der Strömungswiderstand in den Fluidka-nälen würde dadurch erhöht. Haften die Mikroblasen auf der Ventilsperrfläche oder der ihr zugewandten Fläche der Membran, wird die Membran daran gehindert, zurück zur Sperrpo-sition zu kehren, die Ventilfunktion wird durch die erhöhte Leckage abgeschwächt. Die Pum-penleistung wird dadurch verringert.

Auch die Form der Antriebsspannung hat einen großen Einfluss auf die Entstehung der Mik-roblasen. Die stoßartige Druckschwankung mit der rechteckigen Betriebspannung begünstigt die Entstehung der Mikroblasen, somit ist oft eine Abnahme der Förderrate von mehr als 30% innerhalb von einigen Stunden zu messen. Mit der sanft verlaufenden sinusförmigen Antriebsspannung ist die Entstehung von Mikroblasen zu vermeiden.

57

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Charakterisierung der Mikropumpe

4.3 Dauer- und Klimatest

Um das langzeitige Verhalten der Pumpenleistung zu untersuchen, wurde eine Mikropumpe zum Fördern von Wasser dauergetestet. Mit dem Versuchsaufbau (Abbildung 4-6) kann ver-hindert werden, dass die Luftblasen in die Fluidkanäle einfließen. Die Mikropumpe wurde mit einer sinusförmigen Spannung zum Vermeiden der Entstehung von Mikroblasen (siehe Kapi-tel 4.2) mit einer Amplitude von 200 V betrieben. Die Arbeitsfrequenz betrug 50 Hz. Während des Dauerbetriebs pumpt die Mikropumpe das Wasser zurück in den Wasserbehälter, die Pumpenleistung wurde stichprobenmäßig mit dem Steigrohr gemessen. Das Versuchser-gebnis wird in Abbildung 4-7 gezeigt.

Abbildung 4-6: Versuchsaufbau für den Dauertest

Abbildung 4-7: Ergebnis des Dauertests

Pumpe

Steigrohr

Wasser-behälter

Wasserleitung mit Flussrichtung

0

0,2

0,4

0,6

0,8

1

1,2

0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 2000

Testdauer (Stunden)

Förd

erra

te (m

l/min

)

58

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Charakterisierung der Mikropumpe

Das Ergebnis des noch andauernden Versuchs zeigt eine Leistungsverminderung zwischen der 290. und 520. Betriebsstunde, danach kehrt die Pumpenleistung zurück zum Ausgangs-niveau. Der Grund für die Leistungsverminderung liegt vermutlich an einer Art Betriebsstö-rung, z. B. Luftblasen oder Positionsfehler der Ventilmembran. Abgesehen davon, arbeitet die Mikropumpe bereits über 1800 Stunden, das entspricht 320 Mio. Pumpenzyklen, ohne Ermüdungserscheinung.

In einem Test in einem Klimaschrank (Modell Hygros 15 der Firma Tira, Schalkau) wurde die Pumpenleistung einer Mikropumpe bei unterschiedlicher Luftfeuchtigkeit und Temperatur untersucht. Bei einer relativen Feuchtigkeit von 10 bis 90% zeigte die Mikropumpe keine Leistungsverminderung (Abbildung 4-8).

0

0,2

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1,4

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 10

relative Feuchtigkeit (%)

Förd

erra

te (m

l/min

)

0

Abbildung 4-8: Förderrate der Mikropumpe bei unterschiedlichen relativen Feuchtigkeiten

Der Temperaturtest zeigt, dass die Pumpenleistung bei Temperaturen zwischen 22°C und 30°C stabil ist. Bei höherer Temperatur nimmt die Pumpenleistung ab. Das Ergebnis ent-spricht der Analyse der thermischen Verformung des Aktors (siehe Kapitel 3.4.2). Die bei Raumtemperatur gemessene Verwölbung des Aktors erlaubt die piezoelektrische Verfor-mung des Aktors. Wenn die Verwölbung kleiner als die piezoelektrische Verformung wird, z. B. bei einer höheren Temperatur, stößt der Aktor zum Teil des Arbeitszyklus gegen den Bo-den der Pumpenkammer, die Pumpenleistung wird entsprechend vermindert. Mit einem grö-ßeren Abstand zwischen Aktordeckel und Ventileinheit kann der Bereich, in welchem die Pumpenleistung nicht von der Temperatur beeinträchtigt wird, vergrößert werden. Jedoch wird das Totvolumen dadurch erhöht. Ein Biegeaktor mit einer Verformung von der Pumpen-kammer weg kann dieses Problem lösen, aber ein solcher Aktor hat eine schwächere Leis-tung.

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Charakterisierung der Mikropumpe

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1

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20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70

Temperatur (°C)

Förd

erra

te (m

l/min

)

Abbildung 4-9: Förderrate der Mikropumpe bei unterschiedlichen Temperaturen

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Fazit

5 Fazit

5.1 Zusammenfassung

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde eine chemisch inerte Mikropumpe aus dem Hoch-leistungspolymer Polyetheretherketon mit einem Piezobiegeaktor als Antrieb entwickelt und hergestellt. Die Kosteneffizienz ist durch die Materialwahl, durch die Möglichkeit des Einsat-zes von flexiblen Mikrobearbeitungsverfahren wie dem Mikrofräsen in der Entwicklung oder Mikroreplikationstechniken wie dem Mikrospritzgießen für die Serienfertigung und durch die Wahl des Verbindungsverfahrens sichergestellt. Das Ultraschallschweißen wurde erstmalig als Verbindungsverfahren für mikrostrukturierte Bauteile eingesetzt. Neben der angespro-chenen Kosteneffizienz garantiert das Ultraschallschweißen die Möglichkeit der Herstellung einer einstofflichen, fremdstofffreien und chemisch inerten Mikrokomponente.

Um ein geeignetes Verbindungsverfahren auszuwählen, wurden zunächst das Mikrowellen-schweißen, das Laserdurchstrahlschweißen mittels Infrarotabsorber (das so genannte Clear-Welding-Verfahren) und das Ultraschallschweißen experimentell untersucht. Nach den posi-tiven Vorversuchsergebnissen des Ultraschallschweißens wurden dessen Schweißgeomet-rien (Energierichtungsgeber, ERG), die Schweißqualität und die Schmelzeverteilung weiter untersucht und den mikroskopischen Anwendungen mit neuen Designregeln angepasst.

Dank des Ultraschallschweißens konnte die Mikropumpe in einzelnen Funktionskomponen-ten, nämlich einer Aktor- und einer Ventileinheit, entwickelt werden. Zwei Aufbauarten des Piezobiegeaktors, mit Metallscheibe oder Polymerscheibe als passivem Element, wurden nach ihrer Auslenkung untersucht. Ein Dauertest zeigte, dass Polymere als Material des passiven Elements im Biegeaktor wegen ihres Kriechverhaltens nicht im Dauerbetrieb ein-setzbar sind. Aus den unterschiedlichen thermischen Ausdehnungskoeffizienten der verwen-deten Materialien (Piezokeramik, Stahl und Polymere) resultiert eine Verformung des Aktors bei einer Änderung der Temperatur. Die Verformung wurde mathematisch erfasst, mit FEM simuliert und experimentell untersucht, um die Information für die anwendungsspezifische Konstruktion bereitzustellen.

Die Versuche mit verschiedenen Aufbauarten des Ventils zeigten, dass das Ventil mit frei eingelegter Membran ohne Vorspannung am besten funktioniert. Die Sperrrichtung und Durchlassrichtung des Ventils werden in der Ventilkammer mit einer glatten Fläche und Dis-tanzhaltern auf der Gegenseite realisiert. Die Membran kann sich zwischen der Sperrfläche und den Distanzhaltern bewegen. Der Abstand zwischen der Sperrfläche und den Distanz-haltern, im Folgenden als Ventilkammerhöhe bezeichnet, wurde in der Charakterisierung für die Pumpenleistung als kritisch erkannt.

Um ergonomisch gehandhabt und kostengünstig hergestellt werden zu können, wurden zwei entgegengerichtet geschaltete Ventile zu einer Ventileinheit integriert und weiter optimiert. Die Größe der Ventile wurde auf 1,8x1,8 mm2 festgelegt, um das Totvolumen und die Bau-größe möglichst klein zu halten und gleichzeitig die Sperrfunktion des Ventils zu gewährleis-ten. Die Untersuchung der Formen des Distanzhalters zeigte, dass die unterschiedlichen Formen der Distanzhalter nicht nur Einfluss auf die Strömungswiderstände, sondern auch

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Fazit

auf die Stützfunktion für die Ventilmembran und damit auch wieder auf die Strömungswider-stände haben. Nach diesen beiden Aspekten wurde die Form des Distanzhalters im Hinblick auf einen günstigen Durchflusses optimiert.

Die Geometrien der Ventileinheit wurden derart konstruiert, dass die Teile robust und genau mit Ultraschallschweißen aufgebaut werden können. Damit wurde eine kleinste Ventilkam-merhöhe von 10 µm realisiert. Die Ventilkammerhöhe beschränkt den Bewegungsraum der Ventilmembran und beeinflusst das dynamische Verhalten des Ventils. Die Wechselwirkung der aus den Ventilkammerhöhen resultierenden Strömungswiderstände und des dynami-schen Ventilverhaltens wurde mit der experimentellen Charakterisierung der Pumpe darge-legt. Weiter wurden die Auswirkungen der Dicken und Materialien der Ventilmembran auf die Ventilfunktion untersucht. Bezüglich der Sperrwirkung in kleinen Druckbereichen funktionie-ren erwartungsgemäß weichere Membranen besser. Unter den verfügbaren Membranen wurde schließlich eine 5 µm dicke PTFE-Membran als Ventilmembran ausgewählt.

Nach dem Vorbild der Mikroelektronikindustrie wurde eine mikrofluidische Plattform (fluidi-sche Integrationsplatte, FLIP) zur Integration mikrofluidischer Komponenten konzipiert, so dass ein anwendungsspezifisches und integriertes Mikrofluidiksystem zuverlässig und kos-tengünstig auf einer Standardplattform integriert werden kann.

Die Mikropumpen wurden bezüglich ihrer Pumpenleistung in Form der Förderrate bei ver-schiedenen Gegendrücken (Pumpenkennlinie), Feuchtigkeiten und Temperaturen charakte-risiert. Die maximalen Förderraten und Gegendrücke von Mikropumpen mit Ventilkammer-höhen (VKH) von 100 µm, 30 µm und 10 µm und für eine Betriebsspannung von 250 V wer-den in Tabelle 5-1 zusammengefasst. Hieraus wird die Wechselwirkung von Strömungswi-derständen (kleiner mit größeren Ventilkammerhöhen) und dynamischem Verhalten des Ventils (besser mit kleineren Ventilkammerhöhen) ersichtlich. In einem noch andauernden Dauertest der Mikropumpe zeigt diese bei mittlerweile über 1800 Stunden, was 320 Mio. Pumpenzyklen entspricht, eine nach wie vor stabile Förderung. Beim Dauertest wurde eine sinusförmige Antriebsspannung eingesetzt, um die Entstehung der die Pumpenleistung ver-mindernden Luftblasen zu vermeiden.

VKH 100 µm VKH 30 µm VKH 10 µm

Max. Förderrate (µl/min)

135 3000 250

Max. Gegendruck (hPa)

110 750 300

Bei Arbeitsfre-quenz (Hz)

50 50 70

Tabelle 5-1: kurze Zusammenfassung der Leistung der Mikropumpen

Der Klimatest zeigte, dass die Förderrate nicht von der relativen Feuchtigkeit (gemessen von 10 bis 90%) beeinträchtigt wird. Beim Temperaturtest zeigt eine Mikropumpe bei einer Tem-

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Fazit

peratur von 22 °C bis 30 °C eine stabile Pumpenleistung. Mit zunehmender Temperatur ver-mindert sich die Förderrate. Dies beruht darauf, dass die thermische Vorverformung des Ak-tors durch die Aushärtungstemperatur des Klebstoffs bei zunehmender Betriebs-temperatur immer kleiner wird. Wenn die thermische Verformung des Aktors kleiner als seine piezoelekt-rische Verformung wird, stößt der Aktor zum Teil des Arbeitszyklus gegen den Boden der Pumpenkammer. Ab dann vermindert sich die Pumpenleistung zunehmend.

Mit einem größeren Abstand zwischen Aktordeckel und Ventileinheit kann der Bereich, in dem die Pumpenleistung nicht von der Temperatur beeinträchtigt wird, vergrößert werden. Das Totvolumen wird dadurch jedoch erhöht. Ein Biegeaktor mit einer Verformung weg von der Pumpenkammer kann dieses Problem lösen, aber ein solcher Aktor hat derzeit noch eine schwächere Leistung.

In Tabelle 5-2 werden die Daten der bekannten polymeren Mikropumpen für Flüssigkeiten mit Piezoantrieb (nach [Las04] und [Käm98]) zum Vergleich kurz zusammengefasst. Eine Mikropumpe und zwei Ventilscheiben werden in Abbildung 5-1 dargestellt.

Hersteller Material Verbin-

dungstech-nik

Spannung (V)

Frequenz (Hz)

Max. Druck (hPa)

Max. För-derrate (ml/min)

IMT PEEK / PTFE

Ultraschall-schweißen

250 50 750 3

Bartels PC / PI Kleben k. A. k. A. 500 5

ThinXXS COC Lasersch. 450 20 350 2,5

Carrozza (Polymer) k. A. 300 70 250 2,7

Bohm (Polymer) k. A. 350 50 120 1,9

Kämper PC Lasersch. k. A. 70 2100 0,4

Tabelle 5-2: Vergleich der polymeren Mikropumpen für Flüssigkeiten

Abbildung 5-1: Geschweißte Mikropumpe und Ventilscheiben neben einer Stechmücke

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5.2 Ausblick

Die Empfindlichkeit gegenüber Luftblasen sollte in der Weiterentwicklung der Mikropumpe verbessert werden. Nach den Analysen und Ergebnissen dieser Arbeit sollen unterschiedli-che Mechanismen zum Austreiben von großen und kleinen Luftblasen aus der Pumpe ein-gesetzt werden. Die Beeinträchtigung durch im Medium befindliche große Luftblasen könnte durch folgende Maßnahmen verhindert werden:

• Vergrößerung der Auslenkung des Aktors und Verringerung des Totvolumens der Pumpe zum Zweck der Erhöhung des Kompressionsgrades

• Einsatz eines Entgasers im Flusspfad vor der Pumpenkammer.

Die Mikroblasen, die sich entweder vor dem Eintritt in die Pumpe schon im Medium befinden oder sich durch Druckschwankungen in der Pumpe aus dem Medium herauslösen, verursa-chen eine langsame Abnahme der Pumpenleistung. Bei den hohen Oberflächen-zu-Volumen-Verhältnissen der Strukturen im Flusspfad der Pumpe lassen sich die Blasen schwer austreiben. In der weiteren Entwicklung soll untersucht werden, ob sich Ventilmemb-ranen mit anderen Eigenschaften, z. B. mikroporöse oder hydrophile Membranen, besser verhalten.

Die Temperaturschwankung verursacht wegen unterschiedlicher thermischer Ausdehnungs-koeffizienten der Materialien eine thermische Verformung des Aktors. Wenn in der Praxis gefordert würde diesen Effekt zu vermeiden, könnte ein anderes Material mit einem ähnli-chen thermischen Ausdehnungskoeffizient wie die Piezokeramik für das passive Element des Aktors eingesetzt werden, z. B. eine kurzgeschlossene Piezokeramikscheibe.

Die fluidische Integrationsplatte FLIP bietet eine Plattform zur Integration verschiedener mikrofluidischer Komponenten. Ein Bündel standardisierter, robuster und kostengünstiger Verbindungsverfahren würde bei der Durchsetzung der Integrationsstrategie sehr hilfreich sein.

Für das Verbinden von Mikroteilen sollte die Generatorfrequenz des Ultraschallschweißens weiter erhöht werden, damit bei gleicher Ausgangsleistung die Amplitude gesenkt werden kann. Eine kleinere Amplitude ermöglicht das Schweißen kleinerer Strukturen, eine günstige-re Verteilung der Schmelze und das Schweißen schwingungsempfindlicherer Teile.

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