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Entwicklungshilfe dargestellt von Ilse Runge im Anschluss an zwei Touristenreisen 1998 und 1999 1. Reise in das goldene Land (nicht nur für Touristen – auch für Thandar) Von Yangon nach Mandalay – und von dort nach Mingun (mit der größten intakten Glocke der Welt, der größten unvollendeten Pagode u.s.w.). Dort führen die Kinder die Touristen zu den Sehenswürdigkeiten und verkaufen ihnen anschließend Ansichtskarten. Auch Thandar war eine solche „Postkartenverkäuferin“. Um ihr und drei anderen Mädchen zu helfen, haben wir einen Verein gegründet. Das ist jetzt 16 Jahre her: Ilse: „Ich habe inzwischen circa 700 Patenkinder vermittelt.“ Thandar ist wie unsere Tochter. Ihr fehlten damals noch 6 Jahre bis zum Abitur und drei Jahre war sie nicht mehr in der Schule gewesen. Mit viel Nachhilfeunterricht (von morgens 6.00 bis abends 22.00 Uhr und mit Unterstützung von Abt Nayaka, dem Leiter der PDO- Klosterschule in Mandalay, gelang es, dass sie schon nach 2 ½ das Abitur machte und anschließend an der Universität drei Jahre International Relations studiert hat. Das war alles nicht so einfach. Zuerst musste sie unser Alphabet lernen; denn die burmesische Schrift ist völlig anders. Jetzt spricht sie fließend englisch und wir unterhalten uns mit ihr immer nur in Deutsch. Ilse Runge: „Sie ist für die Patenkinder meine wichtigste Mitarbeiterin. Sie schlägt mir vor, welche Kinder in besonderem Maß Unterstützung brauchen und sie kontrolliert auch, was mit dem Geld gemacht wird und ob die Kinder in der Schule gute Leistungen erbringen. Sie hat auch gute Kontakte direkt zu den Pateneltern. Eine ganze Reihe von Pateneltern kommen bereits alle 2 / 3 Jahre nach Mandalay, um ihre Patenkinder und deren Familien zu besuchen.“ Oft geben Pateneltern oder Besuchergruppen zusätzliche Spenden, so dass dann Thandar mit ihren Freundinnen für die Kinder im Waisenhaus ein zusätzliches Essen kochen oder große Mengen von Obst auf dem Großmarkt einkaufen und an die Kinder verteilen kann. In Mingun ist Thandar zu einem Vorbild geworden. Man erkennt, was man mit besonderer Leistung erreichen kann. Besonders deutlich wurde dies bei ihrer Hochzeit, zu der – nach

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Entwicklungshilfe dargestellt von Ilse Runge

im Anschluss an zwei Touristenreisen 1998 und 1999

1. Reise in das goldene Land (nicht nur für Touristen – auch für Thandar)

Von Yangon nach Mandalay – und von dort nach Mingun (mit der größten intakten Glocke der Welt, der größten unvollendeten Pagode u.s.w.). Dort führen die Kinder die Touristen zu den Sehenswürdigkeiten und verkaufen ihnen anschließend Ans ich tskar ten . Auch Thandar war e ine so lche „Postkartenverkäuferin“.

Um ihr und drei anderen Mädchen zu helfen, haben wir einen Verein gegründet. Das ist jetzt 16 Jahre her: Ilse: „Ich habe inzwischen circa 700 Patenkinder vermittelt.“

Thandar ist wie unsere Tochter. Ihr fehlten damals noch 6 Jahre bis zum Abitur und drei Jahre war

s ie n ich t mehr in der Schule gewesen . Mi t v ie l Nachhilfeunterricht (von morgens 6.00 bis abends 22.00 Uhr und mit Unterstützung von Abt Nayaka, dem Leiter der PDO-Klosterschule in Mandalay, gelang es, dass sie schon nach 2 ½ das Abitur machte und anschließend an der Universität drei Jahre International Relations studiert hat.

Das war alles nicht so einfach. Zuerst musste sie unser Alphabet lernen; denn die burmesische Schrift ist völlig anders. Jetzt spricht sie fließend englisch und wir unterhalten uns mit ihr immer nur in Deutsch.

Ilse Runge: „Sie ist für die Patenkinder meine wichtigste Mitarbeiterin. Sie schlägt mir vor, welche Kinder in besonderem Maß Unterstützung brauchen und sie kontrolliert auch, was mit dem Geld gemacht wird und ob die Kinder in der Schule gute

Leistungen erbringen. Sie hat auch gute Kontakte direkt zu den Pateneltern. Eine ganze Reihe von Pateneltern kommen bereits alle 2 / 3 Jahre nach Mandalay, um ihre Patenkinder und deren Familien zu besuchen.“ Oft geben Pateneltern oder Besuchergruppen zusätzliche Spenden, so dass dann Thandar mit ihren Freundinnen für die Kinder im Waisenhaus ein zusätzliches Essen

kochen oder große Mengen von Obst auf dem Großmarkt einkaufen und an die Kinder verteilen kann.

In Mingun ist Thandar zu einem Vorbild geworden. Man erkennt, was man mit besonderer Leistung erreichen kann. Besonders deutlich wurde dies bei ihrer Hochzeit, zu der – nach

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dortigem Brauch –300 Personen gekommen waren – allein aus dem Dorf, woher ihr Mann Nay Zaw stammt, war es ein ganzer Bus voll.

Entwicklungshilfe – auch von kleinen V e r e i n e n begonnen – kann also den M e n s c h e n h e l f e n u n d ze igen , wie eine positive Entwicklung möglich ist.

2.Patenkinder – H i l f e i n

Einzelfällen

Private, kleinere NGOs können sich oft intensiver um die Entwicklung ihrer Patenkinder kümmern. Aber dazu man braucht auch gute Mitarbeiter vor Ort. Für uns ist es ein großer Vorteil, dass der Leiter der Phaung Daw Oo Schule in Mandalay, Abt U Nayaka, ein großes Vorbild ist. Er wurde vom Staatspräsidenten mit dem Excellence Award ausgezeichnet.

Mit seiner Unterstützung konnten wir anfangs für das Übernachten der ersten vier Patenkinder auf dem Schulgelände e i n e B a r a c k e a u f b a u e n ( m i t gebrauchtem Material), wo dann von U Nayaka auch gleich die Lehrerin für den

Nachhilfeunterricht einquartiert wurde. So konnten wir von Anfang an mit viel Elan, aber wenig Geld einiges erreichen. Wir hatten den Vorteil, dass wir zu Beginn 100 gebrauchte Computer geschenkt bekommen hatten, die wir mit einem Container nach Myanmar befördert und dort an verschiedene Stellen (wie zum Beispiel die Hotelfachschule in Yangon) verteilt hatten. Den Container hatten wir vom Bundesministerium (über die GIZ in Eschborn) erhalten, wobei wir die 25% Selbstbeteiligung sparen konnten, weil wir das Verpacken auf Paletten und das Beladen der Container selbst übernahmen.

Anfangs, als wir noch sehr wenig Spenden bekamen, stellte U Nayaka uns drei seiner Abiturienten vor, die so gute Examen gemacht hatten, dass sie (was sehr selten ist) nach dortigen System Medizin studieren durften. Denn natürlich braucht ein Universitätsstudent mehr Geld, als ein einfacher Schüler. Ilse musste in dieser Anfangszeit lange suchen, bis sie hierfür Pateneltern gefunden hatte. Aber das „Danke schön“ kam: Als es durch die große Sturmflut im Deltagebiet des Ayeyarvadi 140.000 Tote gab, waren es diese drei Medizinstudenten – inzwischen fertig ausgebildete Ärzte -, die sich sofort freiwillig und unentgeltlich zum Einsatz in diesem Notstandsgebiet bereit erklärten.

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Durch die Containertransporte konnten wir auch alte gusseiserne Schreinereimaschinen nach Mandalay bringen – zusammen mit Horst Philippi, dem pensionierte Schreinermeister aus Ottweiler im Saarland. Er hat dort die jungen Leute so gut ausgebildet, dass alle Fenster, Türen und Einrichtungsgegenstände der zukünftigen Gebäude kostengünstig in der eigenen

Werkstat t hergestel l t werden konnten – und die jungen Leu te se lbs t Arbeitsstellen finden konn ten . D ie F i rma H ö r m a n n h a t t e d e n großen Betrag für den B a u d e r Schreinerwerkstatt (10 m x 40 m) gespendet.

3. Neben dem Bau von Schulgebäuden Verbesserung des Schulsystems

Es ist von großem Vorteil, dass U Nayaka auf dem Schulgelände eine Architektin und einen Bauleiter beschäftigt hat. So können einzelne Arbeitsgruppen direkt eingestellt und die Gewinn-Margen der Bauunternehmer eingespart werden.

In Myanmar benötigen die Klöster keine staatliche

Genehmigung, wenn sie eine Pagode bauen. Diese Regelung galt auch für uns, wenn wir auf dem Gelände der Klosterschule Schulgebäude errichten. Deswegen waren wir froh, in Zürich mit Jakob Schilling einen Architekten gefunden zu haben, der unsere Bau-Entwürfe fachmännisch überprüfte und oft mit uns zusammen vor Ort die größeren Planungen durchführte.

Jetzt gibt es noch eine Reihe weiterer Gebäude (2-stöckige Küche, 4-stöckiges Übernachtungsheim für Jungen; Erweiterung des Waisenhauses; Schulklinik). Diese Gebäude wurden zum Teil aber erst errichtet, als Christian Runge in Hinblick auf seinen damaligen 75.

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Geburtstag nur noch Ehrenpräsident des von ihm und seiner Frau 2001 gegründeten Förderverein Myanmar e.V. und nicht mehr aktiv in der Vereinsführung tätig war.

Mitunter noch schwieriger als der Bau von Gebäuden ist die Planung und Durchführung von Lehrgängen und von Änderungen des Ausbildungssystems. Auf dem Schulgelände in Mandalay war nicht mehr genügend Platz und U Nayaka bekam 40 km von Mandalay entfernt in einem abgelegenen, aber sehr schönen Tal ein großes Grundstück geschenkt von jemand, der auf diese Weise sein Karma verbessern wollte. Deshalb beauftragte U Nayaka uns, mit unserem neuen Verein Myanmar Partner e.V. für ihn dort ein Zentrum für Aus- und Fortbildung zu errichten.

Neben dem Unterricht mussten hier also noch die Gebäude für Unterkunft und Unterricht errichtet werden. Mit 8 Häusern ist das Ausbildungszentrum fertig. Aber der Bedarf nach Lehrgängen ist so groß, dass noch weitere Gebäude errichtet werden sollten. Hier haben wir einstöckig gebaut mit festem Untergrund und mit Steinwänden an den Seiten, wobei die Seitenwände bei den Aufenthalts- und Unterrichtsräumen zum Teil offen bleiben, um ein angenehmeres Klima zu erreichen. Bei den übrigen Räumen geht die warme Luft nach oben durch die Dächer ab.

Inzwischen haben wir (mit erheblichem Finanzaufwand erreicht, gemeinsam mit dem Nachbardorf Magyi Inn an das elektrische Leitungsnetz angeschlossen zu werden. Die Computerklasse ist in Betrieb und in Sichtweite gibt es den Mast mit den digitalen Kontakten, so dass Auslands-Telefongespräche und sogar Fernsehen möglich sind. Die Gebäude stehen jetzt offen für Auslandspraktikanten, als Ausbilder und die nächsten Lehrgangsteilnehmer.