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Erbbiologische Begutachtung bei umstrittener Vaterschaft yore Standpunkt der Juristen. Von Oberstaatsanwalt Riicker, I-I~mburg. Naeh der programmgBigen Stelhmg hinter dem leider nieht geh6rten Referat VatersehaftsaussehluG dureh Untersuehung der Papillarlinien- muster kSnnten Sie annehmen, ich wolle Ihnen nun mit weiteren erb- lichen Merkmalen aufwarten, etwa Farb- und FormmerkmMe des Kopfes oder Merkmale der 0hren, auf Grund deren erbbiologisehe Untersuchung geeignet ist, Vaterseh~ft auszusehlieBen oder zu beweisen. Wie interessant und beachtlich derartiges ist, sehen Sic in dem yon Ma]3]eller (Dtsch. J. 35, 1008) besprochenen K6nigsberger Schwurge- riehtsurteil, in dem Blutgruppenuntersuchung plus erbbiologiseher Untersuehung mit an Sieherheit grenzender Wahrseheinlichkeit ]iir die Vaterschaft sprachen, so dag ein Gestindnis der beiden AngeMagten die Folge war. Ich aber mug Sic entt~uschen. Ich will nieht vor so vielen berufenen Fachleuten erbbiologische Ausffihrungen maehen. Mir seheint, die thematische Formulierung ein Schachzug des Herrn Sehriftffihrers zu sein, um nieht vorweg zu hoch gespannte ,,Erwar- tungen" zu erzeugen, wenn es geheigen h~tte: die bereits erw~hnte Blut- gruppenuntersuehung Ms Beweismittel in Gefahr. Ich will Ihnen n~m- lich vielmehr Ms Jurist fiber zwei unlgngst ergangene Beschlfisse des Hamburger Sehwurgeriehts beriehten, die anseheinen& bei Vatersehafts- ausschlug dureh Blutgruppenuntersuehung als alleinigem Beweismittel eine erg/~nzende erbbiologisehe Untersuehung als stets erforderlieh er- kl~tren woilen. Ich hatte vor, die beiden Fille in einiger Breite vor- zutragen, da das Tats~ehlich-Menschliehe, Allzu-Mensehliche nun ein- mal nnsere Urteilsgrundlage bflde~, mug mieh aber der Kfirze der Zeit halber zu einer Zusammendr/tngung entschliegen. Die Kindesmtitter Be. (Fall 1) und Be. (Fall 2) hatten im Zivil- verfahren beschworen, in der Emlof/tngniszeit mit keinem anderen Manne als mit dem in Anspruch genommenen Erzeuger, Fall 1: Lo., Fall 2: B., verkehrt zu haben. Die Blutgruppenuntersuehung dureh den be- kannten Serologen Lauer land im ersten Falle bei Mutter und Kind Gruppe M, ffir Lo. Gruppe N. Im Falle 2 schlog der Saehverst/~ndige die Vaterschaft des M~nnes naeh A B Null -- und nach dem M N- System aus (Mutter O M, Kind O MN, Vater A 1B M. Im Falle 1 war schon im Beschlugwege erbbiologische Untersuehung seitens eines Sachverst/~ndigen des I~assenbiologischen Instituts der Hamburgischen

Erbbiologische Begutachtung bei umstrittener Vaterschaft vom Standpunkt der Juristen

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Erbbiologische Begutachtung bei umstrittener Vaterschaft yore Standpunkt der Juristen.

Von Oberstaatsanwalt Riicker, I-I~mburg.

Naeh der programmgBigen Stelhmg hinter dem leider nieht geh6rten Referat VatersehaftsaussehluG dureh Untersuehung der Papillarlinien- muster kSnnten Sie annehmen, ich wolle Ihnen nun mit weiteren erb- lichen Merkmalen aufwarten, etwa Farb- und FormmerkmMe des Kopfes oder Merkmale der 0hren, auf Grund deren erbbiologisehe Untersuchung geeignet ist, Vaterseh~ft auszusehlieBen oder zu beweisen. Wie interessant und beachtlich derartiges ist, sehen Sic in dem yon Ma]3]eller (Dtsch. J. 35, 1008) besprochenen K6nigsberger Schwurge- riehtsurteil, in dem Blutgruppenuntersuchung plus erbbiologiseher Untersuehung mit an Sieherheit grenzender Wahrseheinlichkeit ]iir die Vaterschaft sprachen, so dag ein Gestindnis der beiden AngeMagten die Folge war. Ich aber mug Sic entt~uschen. Ich will nieht vor so vielen berufenen Fachleuten erbbiologische Ausffihrungen maehen. Mir seheint, die thematische Formulierung ein Schachzug des Herrn Sehriftffihrers zu sein, um nieht vorweg zu hoch gespannte ,,Erwar- tungen" zu erzeugen, wenn es geheigen h~tte: die bereits erw~hnte Blut- gruppenuntersuehung Ms Beweismittel in Gefahr. Ich will Ihnen n~m- lich vielmehr Ms Jurist fiber zwei unlgngst ergangene Beschlfisse des Hamburger Sehwurgeriehts beriehten, die anseheinen& bei Vatersehafts- ausschlug dureh Blutgruppenuntersuehung als alleinigem Beweismittel eine erg/~nzende erbbiologisehe Untersuehung als stets erforderlieh er- kl~tren woilen. Ich hat te vor, die beiden Fil le in einiger Breite vor- zutragen, da das Tats~ehlich-Menschliehe, Allzu-Mensehliche nun ein- mal nnsere Urteilsgrundlage bflde~, mug mieh aber der Kfirze der Zeit halber zu einer Zusammendr/tngung entschliegen.

Die Kindesmtitter Be. (Fall 1) und Be. (Fall 2) hat ten im Zivil- verfahren beschworen, in der Emlof/tngniszeit mit keinem anderen Manne als mit dem in Anspruch genommenen Erzeuger, Fall 1: Lo., Fall 2: B., verkehrt zu haben. Die Blutgruppenuntersuehung dureh den be- kannten Serologen Lauer land im ersten Falle bei Mutter und Kind Gruppe M, ffir Lo. Gruppe N. Im Falle 2 schlog der Saehverst/~ndige die Vaterschaft des M~nnes naeh A B Null - - und nach dem M N- System aus (Mutter O M, Kind O MN, Vater A 1B M. Im Falle 1 war schon im Beschlugwege erbbiologische Untersuehung seitens eines Sachverst/~ndigen des I~assenbiologischen Instituts der Hamburgischen

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Universit/it angeordnet, die Ausfiihrung dieses Beschlusses aber dann in die I-I~uptverh~ndlung verwiesen und zu ihr als Saehverst~ndige Lauer, der Physikus des Gesundheitsamtes Rautenberg und Prof. Scheidt geladen. An die Verhandlung dieser Sache wurde der Fall 2, den das Sohwurgericht in der Woche zuvor unterbrochen hatte, angeh~ngt. Die Verhandlung der beiden anschlieBenden Strafsachen - - ich war am Vormittag beim Fall 1 als Zuh6rer zugegen - - verlief dann so, dab im Falle 1 Lauer sein Gutachten vertrat nnd heftig - - gelegentlich wohl etwas zu schroff - - den Zweifelsfragen des Verteidigers gegeniiber, die sich in der Hauptsache auf M6glichkeit technischer Fehler, aber auch ~uf in der Literatur angeregte Zweifel am Werte des Blutgruppen- beweises bezogen, rechtfertigte. Er nahm fiir sein Untersuohungsergeb- his 100proz. Sicherheit in Anspruch. Dann kam Scheidt zu Worte. Er iiberreichte einen Vordruck, der sozusagen Anleitung, Richtlinien und Grenzziehung ffir vom Gericht anzufordernde Untersuchungen enth/~lt. Gegenstgndlich und dem miindlichen Vorbringen yon Scheidt entsprechend sind davon die Abss 1 und 3, sie lauten:

,,Erbbiologische Untersuchungen k6nnen die Annahme einer bestimmten Vatersehaft bzw. Verwandtschaft wahrseheinlich oder unwahrseheinlich machen. Es ist in der Regel m6glioh, den Grad der Wahrseheinliehkeit zahlenm~Big abzu- sehi~zen. Es ist aber nieht mSglich, jemals zu einer ,sicheren' Aussage (zu einer Wahrscheinlichkeit yon 100%) zu gelangen. Dies gilt ausnahmslos yon jeder Art wissensehaftlieher Untersuehung. Es gilt allerdings auch ]iir #de andere J%- weis]i~hrung, mul~ aber deshalb besonders betont werden, weil irrtfimliche An- sichten dariiber welt verbreitet sind."

,,Die Untersuehung nur eines erbliohen Merkma]es (z. B. der sog. Blutgruppen) leistet unter allen Umstinden weniger als die vollstgndige Untersuchung aller bzw. mSglichst vieler zuginglieher Erbeigenschaften. Es ist nicht mSglieh, mit bes~immten Blutgruppenbefunden eine Vaterschaft ,mit Sieherheit' auszuschliel~en, weft der Riiekschlul~ yon einem Erscheinungsbild auf ein Erbbild niemals vOllig sicher ist nnd weft auch fiber den Erbgang der sog. Blutgruppen verschiedene Meinungen mOglich sind. Dies wird veto Serologen in der Regel nicht beaehtet. Der Serologe ist aber zwar ffir die Vornahme der techniseh sehr empfindlichen Blutgruppenbestimmung, jedoch nieht fiir die erbbiologisehe Deutung des Blut- gruppenbefundes zusti~ndig. Fiir den l~assenbiologen, in dessen Arbeitsbereich die erbbiologische Deutung der Blutgruppenbefunde geh6rt, ist die Blutgruppe nieht mehr als irgendein anderes erb]iehes Merkmal, und immer weniger als mehrere versehiedene erbliehe Merkmale."

Von Interesse ist schliefllich noch der ]etzte Absatz: ,,Die Feststellung der Personalien sowie die Ladung der oben genannten Per-

sonen muB dureh das Gericht erfolgen. Falls MaBnahmen zur Identifizierung der geladenen Personen notwendig erseheinen, sind diese Mai~n~hmen seitens des Gerichts zu ~reffen. Das Rassenbiologische Institut ist nicht in der Gage, die Personengleiehheit der ersehienenen mit den geladenen Bersonen festzustellen."

Ftir die Staatsanwaltsohaft eine schwer tragbare Crux. Dazu kommt noch, dal~ die Kosten 50--100 I~M. pro Kopf, abgesehen yon der Ent- sch/~digung der zu Untersuchenden, betragen.

178 Eiicker :

Der am Naehmittag angeh~ngte Fall 2, den ich selber wahrnahm, ver]ief entsprechend. An Stelle Lauers, der ja sehon in der unterbroche. hen Verhandlung geh5rt war, vertrat Stoeckenius, Altona, den Stand- punkt des auf Blutgruppen untersuehenden Serologen. Er hatte auf Geriehtsbeschlul~ ws der Unterbreehung eine abermalige Unter- suehung yon Kindmutter , Kind und Erzeuger vorgenommen. Er war zu genau demselben Ergebnis gekommen wie Lauer. Bei ihm lagen, obwohl er yon Hause aus nieht Serologe, sondern pathologiseher Anatom war, der aber fiir die Altonaer Gerichte schon lange und h~ufig der- artige Untersuchungen machte, zwar Fehlerquellenpunkt 1, aber nicht, wie ausdrficklich festgestellt, die beiden weiteren FehlerqueUenpunkte vor (vgl. Lauer, IVied. Welt yore 7. VII. 193r Nr 27), denn Stoeckenius arbeitete nicht mit ks Testserum, und wenn schon einmal, so prfifte er nach, u n d e r maehte auch in jedem Fall die Gegenprobe. Stoeckenius fiihrte in sehr verst/~ndiger und ruhiger Weise aus: 100 proz. Sieherheit kSnne immer nut an Sicherheit grenzende Wahrscheinliehkeit bedeuten. Dies mfisse er ffir die unter Beachtung aller Kautelen vor- genommene Blutgruppenuntersuchung in Ansprueh nehmen. Der Erb- biologe mSge ffir seinen weiteren Befund sein Gutaehten abgeben und der Richter entscheiden, ob das Ergebnis beider ibm, dem Richter, lange fiir seine 100proz., gleich an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Es konnte noch eine Zeugin beigebracht werden, die fiir einen Verkehr tier Be. gegen Ende der Empf/ingniszeit in einem Auto die allergr6$te Wahrscheinlichkeit bekundete. Das Kind konnte aus dieser Beiwohnung mit einem unbekannten WehrmachtsangehSrigen allerdings nicht stammen, es h~tte denn ein Seehsmonatskind sein miissen. Es war abet (Gutaehten Stroeder yon der Staatlichen Entbindungsanstalt) ein Siebenmonatskind. Es konnte also auch nicht vor Beginn tier gesetz- lichen Empfi~ngniszeit gezeugt sein. Trotzdem somit ein erheblicher, das Blutgruppenergebnis st~itzender Anhalt ffir Mehrverkehr vor- lag, ging der Antrag auf Verurteilung nicht dutch, sondern es wurde, entsprechend dem Beschlul~ im Falle 1, erbbiologisehe Untersuchung der Ascendenten, Descenten und Gesehwister angeordnet und Scheidt zum Sachverstandigen bestellt. Die Uberwaehung der Identit~t der zu Untersuchenden wurde tier Staatsanwaltsehaft Hamburg anvertraut.

Es ergeben sich meiner Meinnng nach nun folgende Fragen: 1. Waren diese Beschlfisse n6tig ? 2. Sind wit auf dem Wege zu oder sehon mitten in einer neuen

Vertrauenskrise gegenfiber dem Beweiswert der Blutgruppenunter- suchung ?

3. Was kann gesehehen, um eine Entwertung eines wiehtigen Be- weismittels, das sich miihsam seine Geltung in den letzten 10 Jahren eroberte, vorzubeugen :!

Erbbiologische Begutachtung bei umstrittener Vatersehaft. 179

Die Beantwortung wiinsehen die guristen yon Ihnen als den F~eh- leuten, doch muB ich als Referent fiir die Juristen wohl auch Farbe bekennen.

Um mit dem Werdegang zu beginnen - - ein kurzer historischer Riickblick wird n6tig sein, under zeigt meiner Meinung nach zugleich die Bewghrung auf --~ Nachdem seit 1926 die ersten gerichtliehen Entscheidungen auf Grund Bhtgruppenbeweises gef~llt worden waren (damals handelte es sigh bekanntlich um die viGr sogenannten klassi- sehen Gruppen A, B, AB, 0) entstand sehr bald Zweifel und Streit um die Beweissieherheit. Es erfolgten widersprechende Urteile der Geriehte sogar eines und desselben Landes. Den Kernpunkt bildeten die ab- ]ehnenden Entscheidungen des VIII. Senats des Kammergerichts. Sein President, Leonhard, trat in der Dtseh. Jur.-Z. 29, 135 mit ein- gehender Begriindung dafiir ein, dab durch die sp/~tere Forschung die Lehre yon den Blutgruppen sigh als nicht genfigend erprobt, wenig- stens dureh jetzt noeh unbekarmte Ausnahmen als durchbroehen er- weisen kSnnte. Auf den Blutgruppenbeweis allein solle ein Strafurteil nie gegriindet werden, aueh die erziehliche Wirkung auf die Wahrheits- liebe der Kindesmiitter lehnte Leonhard ab, da die Untrtiglichkeit des Beweismittels, die allein einen solehen Druek rechtfertigen k~nne, erst zu beweisen w/~re. Ihm erwiderte Sachs ib. Nr. 8, S. 542 eingehend ,,in dem BewuBtsein der Undankbarkeit der Aufgabe vor einem Leser- kreis yon Juristen einer yon iiberm~l~iger verantwortungsbewuBter Skepsis getragenen Auffassung entgegenzutreten". Meiner Meinung nach gelang ihm dies aber erfolgreich, ausgehend yon der auch von Leonhard angenommenen Voraussetzung, da6

1. jeder Mensch die ZugehSrigkeit zur Blutgruppe, derer angehSrt, beh/~lt, solange er lebt;

2. jeder Menseh bestimmte Blutgruppenmerkmale (die sogenannten dominanten Merkmale A und B) nur besitzt, wenn sie einer seiner Eltern besitzt.

Sachs rechnet natiirlich mit den 2 Fehlerquellen: mit M/~ngeln der Technik und Methodik einschlieBlich Verwechslungen, und mit Illegi- timit/s Darauf zuriickzufiihrende Irrttimer seien verschwindende Ausnahmen und ks bei der Beriicksichtigung aller erdenkliehen Kautelen night vor. Mit Fehlerquellen mfiBten die Geriehte auch bei anderen Beweismethoden rechnen. Das, was die Blutgruppenunter- suehung biete, gehe fiber die an Sieherheit grenzende Wahrseheinlich- keit hinaus. Sie zeitige Ergebnisse, deren Deutung sieh auf ein so breites Erfahrungsmaterial stiitzen kann, dal~ ihre Nichtberiicksiehtigung dem verntinftigen Denken widerspreehen wiirde.

Ich h/~tte gern Sachs, wenn die Zeit es erlaubte, etwas ansfiihrlicher zitiert, well sein Artikel eine der Grundlagen in der Tagung des Reichs-

Z. f. d, ges. Gerichtl. Medizln. 29, Bd. 13

180 Riieker :

gesundheitsratcs yore 6. V. 1929 bildete, die zur ]3eseitigung der Un- stimmigkeiten stattfand. Auf ihr berichSete Schi// yon sehr hoher Warte fiber die bisherigen Erfahrungen mit der Blutgruppenbestim- mung in der geriehtlichen Praxis. Sachs referierte entsprechend den Grundzfigen seines Artikels in eingehender Weise fiber den sero]ogischen Standpunkt. Poll, der yore erbbiologisehen Standpunkt sprach, schlo] sich ausdrficklich dem yon Sachs in seinem Artikel und in der Beratung vertretenen Standpunkt an. Er interpretierte, dal~ ,,offenbar unm5g- lieh" der w167 1591 nnd 1717 BGB. direkt als eine ,,an die UnmSglichkeit grenzende Unwahrscheinlichkeit", also als dasselbe, was wir gewShn- lieh vom Gegentefl her ,,eine an Sieherheit grenzende Wahrscheinlieh- keit" nennen. Poll berfihrte die in Hamburg schon seit Jahren venti- lierte Frage der Untergruppen. Die allgemeine Vererbungslehre mahne zur Vorsicht. Wenn es sieh auch (naeh Lauer) darum handele, dab die Blutgruppengene, wohlgemerkt nicht die Merkmale, einem Verfeinerungs- prozel] entgegengehen, so kSnne man sieh nicht ohne weiteres mit der allgemeinen Tatsaehe beruhigen, dab feinere Unterteilung an der ]~ber- tragnng der groben Blutgruppen niehts ~ndere. Das kSnne der Fall sein, kSnne aber auch eines Tages sich/tndern. Znr Frage der Konstanz dcr Blutgruppeneigenschaften erkl~rte Poll, dab die Erbbiologie davon die Konstanz der Gene trenne. Die heutige Erbbiologie bezweifle auch deren Konstanz im allgemeinen nicht. Sie reehne dagegen mit einem hohen Grad yon quantenhaf~ gestufter geniseher Variabilit~it, letztere nieht im serologisehen, sondern ira erbbiologischen Sinne (Johannsen) genommen.

Wenn auch der anf der Tagung besehlossene Ausschul~ zur Auf- stellung von Richtlinien sehieksalsms nicht zum Zuge kam, so zeigte sieh doeh ein Erfo]g. Leonhard und sein VIII. Senat gaben am 4~. IV. 1930 ihre bisherige Stellungnahme auf und erkannten die Beweismittel- sicherhei~ nach dem damaHgen Stande der Wissensehaft an. Lauer (Med. Welt vom 7. VII. 1934) konnte feststellen, dal~ wir endlieh eine einheitliehe Reehtsprechung h/ttten. Im Strafprozel] geniige der Aus- fall der Blutuntersuehung, um gegebenenfalls eine Verurteilung wegen Meineides auszuspreehen. Aber zur Ruhe kam der Streit dennoeh nieht. Eine bei aller Krialopheit griindliche Ubersieht findet sieh bei Robert Weber (Die Blutgruppenbestimmnng ftir die gerichtliehe Praxis, Arehiv ftir Beitr/~ge usw., I-Ieransgeber Prof. Dr. Ha//). Weber stfi~zt sich auf Strafimann, Schi//, Mueller, Mafl/eller, Helbig, Li~decke, Ha//, Nibbe, Merkel u. a. Mediziner und Juristen, abet auch auf Rassenbiologen, ins- besondere Scheidt, auch auf Rothenberger, Rofi (in Rassenbiologie und Reehtspflege). Er s~ell~ ffir 1935 mit Merkel - - Jur. Wschr. 1935, 2120 - - lest: ,,Die Naehweisungsmethoden fiir die Blutgruppenbestimmung sind in den letzten Jahren durch Kontro]le derartig gesichert, dab das

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Vertrauen der l~ichter zu dieser Untersuchung vollauf bereehtigt ist. DaB das ffir die frfiheren Untersuchungen nich~ immer galt, beweisen ja mehrfache Mitteilungen fiber Unstimmigkeiten und fiber Fehl- ergebnisse."

Pannen solcher Art kamen weiter vor, yon denen aber keine das Wesen des Beweismittels traf. Sic ffihrten 1936 zur Beseitigung der neubelebten Zweifelsueht zu der bekannten A.V. (D. J. 36, 1221) des Reichs]ustizministers, die den Blutgruppenbeweis auf Grund Gut- achtens des Pr/~sidenten des Reichagesundheitsamts (Institut ffir In- fektionskrankheiten ,,Robert Koch") ffir zuverl~ssig erklgrte, verbis: Im Hinblick auf diese loraktisch gewonnenen Erfahrungen, insbesondere auch in Anbetracht der unz/~hligen gerichtlichen Fi~lle, in denen die Bestimmung der Blutgruppeneigenschaft A und B und auch der Blut- k6rloerchenmerkmale M und N sieh als wertvolles, viel/ach einziges Be- wei,mittel durchaus bewiihrt und ihre Zuverliissigkeit erwiesen hat, be- steht meines Erachtens his jetzt keine Veranlassung, die EntschlieBung, welche der yore frfiheren Gesundheitsrat ffir die Blutgruppenfragen ein- gesetzte UnterausschuB in seiner am 6. V. 1929 abgehaltenen Sitzung ein- stimmig gefaBt hat und damit den Blutgruppenwert auf Grund irgend- welcher theoretischer Erwggungen irgendwie einzuschrgnken. Vorbe- dingung ist dabei allerdings, worauf ieh in meinen Beriehten bereits hin- gewiesen habe, dab Blutgruppenuntersuchungen nur von solchen Unter- suchern ausgeffihrt werden, welche fiber ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen auf diesem Gebiete verffigen. ,,Ira AnschluB daran wird auch noch w6rtlieh die EntschlieBung yore 9. V. 1929 angeffihrt.

Sehr bald nach der A.V. habe ieh yon Ihrer letzten September- Tagung in Dresden schwarz auf weiB, doeh aueh im Kopfe, nach den Referaten yon Holzer und Ponsold getrost nach Hause getragen: ,,Die bei uns untersehiedenen Untergruppen A 1 und A 2 (die Japaner unter- scheiden auch schon B 1 und B2) beeintr~chtigen jedenfalls nicht die bisher angenommene sichere Grundlage ffir die Rechtsprechung nach der negativen Seite, d .h . es besteht bei Blutgruppenverschiedenheit zweier Personen die Unm6gliehkeit, dal~ eine v o n d e r anderen ab- stammt.~

Die seither bis in die allerjtingste Zeit verSffentlichten Entsehei- dungen und sonstigen Ausffihrungen gehen teils Fro, teils neuerdings immer heftiger contra. Letztere stfitzen sich si~mtlich auf schwache Untergruppen (neuerdings auch N 2 ?), auf technische Fehler oder zu vermutende Illegitimit~tt. Ieh verweise insbesondere auf die I~undbriefe des Deutschen Jugendarchivs yon Webler, vor allem auf die Sonder- nummer Blutprobe vom 27. II . 1937. Ich mug es den in den gebraehten Fi~llen in Frage kommenden Fachleuten fiberlassen, sich mit Webler fiber die einzelnen besonderen Fi~lle auseinanderzusetzen. Die Beweis-

13"

182 Rfieker :

wertung im inneren Wesen erschi~ttern sie nicht. Die Altonaer Sache gegen das Dienstm~dchen Kn. ~us dem Jahre 1934 zeigt, wie sich auf diesem Gebiet aueh Legende bilden kann. Hier sollte Lauer sich bei der Blutgruppenbestimmung geirrt haben. Der Auszug aus den Urteils- griinden ergibt das Gegenteil. Uberdies hat Lauer diesen Fall unter 7 der ,,Medizinisehen Welt" vom 7. VII. 1934 bereits kurz darge- stellt. Wohl ist zuzugeben, dal~ in besonderen F~illen erbbiologisehe Untersuehung versucht werden soll und in ganz besonderen F/~llen aueh zu einem Erfolg ffihren kann. Zu dem eingangs bereits erw~hnten KSnigsberger Fall sagt Mafifeller mit Reeht: ,,Man wiirde zu welt gehen, wenn man aus dem Urteil des Sehwurgerichts KSnigsberg folgern wollte, da$ Blutgruppenbestimmung und erbbiologische Untersuehung in ]edem Fall einen positiven Vatersehaftsnachweis ermSglichen. Es scheint mir aus den grundss Ausffihrungen des Gutachters hervorzugehen, dab in der Mehrzahl der F~lle nur eine mehr oder min- der groBe Wahrscheinliehkeit f fir die Abstammung begriindet werden kann. So wertvoll die erbbiologische Begutaehtung fiir die Entscheidung der Gerichte aueh sein mag und tats~chlieh ist, so wird man den KSnigs- berger Fall doeh nicht verallgemeinern dfirfen."

Ich meine, da/~ ein Ausschlu[3 dutch erbbiologisehe Begutachtung nur in ganz besonderen Fallen erfolgen kann und da$ bei Ausschlu]3 dutch die Blutgru~pe ein vollwertiger Gegenbeweis erbbiologisch nicht als ge]i~hrt angesehen werden kann. Ein non liquet wiirde im Strafprozel~ ja allerdings zur Freispreehung genfigen.

Ieh babe damit, glaube ieh, zu den yon mir zu 1 und 2 aufgewor- fenen l~ragen Stellung genommen: Der Beweiswert der Blutgruppen ist unerschi~ttert. Die Beseh]fisse auf erbbiologisehe Untersuchung in den beiden referierten F~llen waren, ganz besonders im zweiten Falle, nieh~ n6tig. ])as Staatliche Gesundheitsamt Hamburg, das eine eigene erbbiologische Abteilung besitzt, bei der keine oder unerheb- liehe Kosten entstehen, hat zu ihnen dahin Stellung genommen, ,,dal~ die Blutgruppenmerkmale unter den Erbmerkmalen eine durch lang- js Erfahrungen absotut gesicherte Sonderstellung einnehmen. Nach diesen Erfahrungen lassen sich die in riehtiger Teehnik dutch Blut- gruppenuntersuehung gewonnenen Ergebnisse (Ausschliel~ungsf/~l]e) mit 100proz. Sicherheit forensiseh auswerten. Scheidt steht mit seiner Auffa~sung isolie#. Er hat die Riehtigkeit seiner Auffassung nicht bewiesen, w/~hrend die l~ichtigkeit der bisherigen Auffassung yon dem forensisehen Wert der Blutgruppenmerkmale bewiesen ist.

Zur dritten Fr~ge weise ieh hin auf d~s, was Sachs sehon 1929 fiber die Schulung gesagt hat, die der Serologe haben muG, wenn er seiner Aufgabe gewaehsen sein will. Sie erfordert nicht nur die technische Be- herrsehung der Methodik, sondern ~bersehau fiber das Wesen der sero-

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logischen Wissenschaft und fiber die Ziele, die diese zu erreichen sucht. ,,Das Problem, um das es sieh hier vom St~ndpunkt der Blutgruppen- forschung aus handelt, ist die Analyse der biologisahen Struktur yon Zellen und Geweben, ist serologische Physiologie." Der so ~uf dar HShe seiner Aufgabe stehende Serologe wird aueh die besonderen Ge- fahrklippen, die z .B. in der mSgliehen Auswaschung der Merkm~le mensehlicher BlutkSrperchen mit physiologiseher Kochsalzl6sung, in Krankheitsgebundenheit und gesteigerter Kolloidlubilit~t liegen kSnnen, kennen und durch Prfifung des Serums ohne weiteres aufdecken. Er wird auch nieht starrsinnig festhalten, wo Zweifel mSglich sind. Zur Frage 3 geh5rt aueh die Bitte, die ieh aus der Erfahrung der Praxis heraus an die Herren Gut~chter richte, die hier in Betracht kommenden Fragen so verstiindlich wie m6glich zu machen, d~nn wlrd ein al]gemeines Mil~- trauen der Richter und Laienrichter ebenso schwinden, wie es meiner Meinung nach jedem sehwinden mu•, der sieh eingehend mit der Materie und ihrer Literatur, vor allem auch mit dam Bericht des l~eiehsgesund- heitsrates fiber die Tagung vom 8. V. 1929 besch~ftigt. Die Basis der naturwissenschaftliehen Erfahrung, auf der die Annahme der Konstanz der Blutgruppen beruht, kann nieht, wie Scheidt as will, dadureh in Zweifel gezogen werden, dab ibm gerade die Ubereinstim- mung des Blutas yon Eltern und Kindern verds ist wegen eines zu vermutenden hohen Prozentsatzes yon Illegitimiti~t. DaB ganz exzeptionelle F~lle aber real Fehlurteile varanlassen kSnnen, wird sich nie und nirgends vermeiden lassen. In diesem Punkte untersehreibe ich die treffenden Worte yon Scheidt in der m. V. : ,,Was kSnnen wir yore Richter verlangen ? Dai3 er m6glichst viele richtige und mSg- lichst wenige falsche Urteile f~llt. Wollten wir verlangen, dab er nur riehtige Urteile f~llen soll, so diirfte er, weil es das nicht gibt, gar nicht urteflen." Wenn Scheidt abet den Blutgruppanbeweis, wie er es rut, herabwertet, so verwirft damit der Erbbiologe meiner Meinung naeh den festesten Stein, wenn nicht den Grundstein seines eigenen Geb~iudes.

De lage ferenda: 1. Die verlangte Qualit~t des Serologen weist schon darauf bin,

da$ die Untersuchungen bestimmten hSchstwerbig und in geniigender Zahl besetzten Stellen zuzuwaisen sein werden, so dal3 keine Uber- belastung der Untersucher, die alles selbst machen mfissen~ um es ver- antworten zu kSnnen, eintritt.

2. Ob mehr/ache Blutuntersuchung, yon der man gesagt hat, sie wiirde yon vornherein den Glauben an den Wert mindern, am Platze ist, mug Tatfrage im Einzelfalle bleiben. Wo Gefahr von Verwechslungen besteht - - wir hat ten unl~ngst einan solehen Fall, bei dem die Blut- proben zwischen Misdroy, Hamburg, L6rrach, Freiburg und Heidelberg hin und hergesandt waren - - wird die Uberprfifung immer nfitzlich sein.

184 Riieker :

3. En tsprechend dem w 81 a Abs. 2 StPO. wiire auch ftir das Zivil- verfahren eine Bes t immung am Platze, welehe die Erzwingung der Blu tgruppenuntersuchung erm6glieht (siehe insbesondere Schmidt- Klewenow in D t sch . Reeht, Hef t 7 - - 8 vom 15. IV. 1937, S. 161/162).

4. Eine Verl/ingerung der gesetzlichen Empfimgniszeit naeh oben hin miigte erfolgen (Goroncy in Dtseh.J . 36, H. 25).

5. Eine Vereidigung der Kindesmut te r diirfte immer erst - - wenn dann fiberhaupt noch n6tig - - nach der Blu tgruppenuntersuehung erfolgen (Goroncy 1. c.). Eine Besorgnis fiir die Wahrhei~sermitt lung (Schi//, Ber. S. 24/25) liegt, seitdem wir den Naeheid haben, nicht mehr vor.

Zum Schlug m6chte ieh der Hoffnung, ja dem Glauben Ausdruek geben, dab die Blutgruppenforsehung auf das zwar noch sehr ferne, aber erreiehbare Ziel hinmarsehiert , aus der Gruppenbes t immung heraus und zur Ind iv idua lbes t immung zu kommen. Das seheint Mueller in einem vor der Staatsmedizinisehen Akademie Miinehen gehaltenen Vort rag anzunehmen, der mir allerdings nur in einem Referat der F rankfur te r Zeitung vom 7. I I . 1936 zug~nglich war. Wenn - - was ich mi t an Sicherheit greidzender Wahrscheinlichkeit a n n e h m e - auch die Einlei tung des Artikels die Gedanken Muellers riehtig wiedergibt, wiirden am Ende der Entwicklung die Blu tgruppen ungef/~hr einen umgekehr ten Weg, wie die Papillarlinien, an die ieh anschloB (yon Daktyloskopie gleich Ind iv idua lbes t immung - - zum Nachweis yon Erbmerkmalgruppen) gegangen sein.

Aussprache zum Vortrag Ri~cl~er: a) Papillarlinienmuster. Herr Mueller- GSttingen berichtet fiber an seinem Institut dutch v. Wehren ausgeftihrte Unter- suchungen. Sie wurden an 32 Familien mit 42 Kindern durchgefiihrt und be- schr~nkten sich auf die Vererbung des quantitativen Wertes. Bei Anwendung der alteren Methode (nach Bonnevie) fanden sich keinerlei Ausnahmen yon der Erwartung. Bei Anwendung der neueren Methode (nach Bonnevie, mit der haupt- s~ehlich Geipel gearbeitet hat) entsprachen dagegen 7 Kinder aus 6 Familien in keiner Weise der Erwartung; dabei handelte es sieh aueh nicht etwa um Grenz- fi~lle. Ftir Illegitimitat waren keine Anhaltspunkte da. Demnach ist die Papillar- linienuntersuchung allein noch nieht zum AusschluB der Vatersehaft geeignet.

Herr Werkgartner-Wien halt die zur Zeit geltende Gentheorie yen Christine Bonnevie nieht Itir geeignet als Grundlage ffir einen VaterschaftsausschluB zu dienen. Die Papillarlinien sind anatomiseh Ms Answirkung der Lederhautzapfen und nicht der Oberhautdicke zu betrachten. Die Beobaehtung von weitgehender Ubereinstimmung der Papill~rlinienzeichnung mehrerer Finger bei Mutter und Kind sind ein ttinweis auf eigenartige erbliehe Ubergragungen yon Formen. Solche Ubereinstimmungen zwisehen Kind und angeblichem Vater k6nnen als Beweis der Vatersehaft zu werten sein.

Herr Meixner-Innsbruck empfiehlt fiir die nieht serologisehen Abstammungs- beweise den Ausdruck ,,morphologischer J/Aanlichkeitsbeweis" im Verkehr mit den Geriehten zu gebrauehen, weft die Bezeiehnung ,,erbbiologische Untersuchung"

Erbbiologische Begutachtung bei umstrittener Vatersehaft. 185

zu MiBverstandnissen Iiihrt. Diese morphologisehe Beweisffihrung erh~It dort ihre Bedeutung, wo die serologisehen Beweise versagen. Ffir die Zukunft wird davon n~mentlich zur Erkennung der Vaterscbaft vie] erwartet. Allerdings leistet diese Beweisffihrung fiir die siehere Ausscbliel~ung der Vatersehaft unvergleiehlich weniger als die serologische, die deshMb immer vorangeben sollte. Bei der Unter- suchung der Papillarlinien nach den neueren Regeln Bonnevies, die yon Herrn J~ritz an 52 sorgfaltig ~usgew~hlten Famflien mit 211 Mitgliedern durchgeffihrt wurden, fanden sich reichlieh Ausnahmen. Dagegen kann das fibereinstimmende Vor- kommen seltener Musterformen zur Erkennung des Vaters wesentlich beitragen. Welter wird auf ein bisher unbekanntes Merkmal, das sich dominant zu vererben seheint, aufmerksam gemacht, die sog. Zwisehenlinien. Bei einem Drittel der unter- suehten Personen fanden sich zwischen den sog. Tastlinien und mit einer Anzahl der Hauptlinien regelmi~i~ig abwechselnd hier und da mehrere, vielfaeh unter- brochene Linien, die meist nur mit ihren starkeren Erhebungen in den Abdrfieken zum Vorschein kommen. Auch auI ihnen mfinden SchweiBdrfisen. Sie finden sich am haufigsten an Daumen, k6nnen sich aber auf alle Finger erstrecken. Bei geringer Ausbildung sind sie auf den Kern der Muster beschrankt.

b) Blutgruppen. Herr Werkgartner-Wien betont, dal~ auf Grund einer ganzen Reihe yon Naehpriifungen die Fehlbestimmungen anderer Untersucher often- kundig auf ganz unzulassige Untersuehungsveffahren zurfickzuffihren sind. Die h~ufigste Ursache war die sog. einfache ,,Mosssche Probe".

Herr Buhtz-Jena berichtet fiber eine Gerichtsentscheidung, wo trotz Vater- sehaftsaussehlul~ gemaI~ klassisehen Blutgruppen durch 3 verschiedene Institute der Kindesmutter geglaubt and der Beklagte verurteilt wurde. In 2. und 3. In- stanz wurde jedoeh dieses Urteil aufgehoben.

Herr Olbrich-Frankfurt a.M. verlangt m6glichst hochwertige absorbierte Immunseren, die einen AbguBtiter yon wenigstens 1:32 haben mfissen; damit

werden aueh alle schwachen Faktoren (N2-Faktoren) bestimmt erfaBt.

Herr Meixner-Innsbruek hatte mit seinem Assistent Holzer bisher bei der Einengung der Serf zum Naehweis eines sehwaehen N kein Gliiek. Er halt es fiir wfinschenswert, weiteres fiber die Herstellung solcher Serf zu erfahren. Bei Mutter-Kind-Paaren ist ihm bisher kein einziger Fall begegnet, der zu seiner Erldarung die Annahme eines schwachen, beim gewShnlichen Untersuchungsgang nicht erfM~baren, N-Faktors notwendig machte.

Herr Deutseh-I-Iamburg: Die Wichtigkeit der Blutgruppenuntersuehung fiir den Richter ergibt sieh u.a . aueb daraus, da$ selbst ein Gestandnis keineswegs 100proz. Sieherheit far die ~berftihrung eines Taters bietet. Far die Auslegung des Begriffes ,,offenbar unmOglich" ist zu beachten, da$ davor noch die Worte ,,den Umstanden nach" stehen.

Herr R~teker-Hamburg betont in seinem SchluSwort, da$ der Begriff ,,den Umst~nden nach offenbar unmSglich" nicht strenger genommen werden sollte, als die an Sieherheit grenzende Wahrscheinlichkeit fiberhaupt. Daffir spricht die Entstehungsgeschiehte dieses Paragraphen, der auf Grund folgenden Vor- kommnisses geschaffen wurde: Reichsunmittelbarer Graf, der einen Neger als Kammerdiener hatte, muSte seine Vatersehaft an einem Kinde mit deutlichen NegermerkmMen (insbesondere Schwarzfarbung) anerkennen, well er weder Impotenz noeh Abwesenheit als einzige AussehlieSungsgrfinde naeh dem friiheren l~echt behaupten konnte.