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Erfahrungsbericht Hannah Henneberg ein Semester an der Universidad Complutense de Madrid Vorbereitung und Planung Im Rahmen meines Psychologiebachelors konnte ich dank des Auslandsstipendium ERASMUS ein Semester an der Universidad Conplutense de Madrid verbringen. Im Januar 2012 habe ich mich bei der WWU in Münster auf einen der vier Plätze an der UCM Madrid beworben. Bereits Mitte Februar erhielt ich die Zusage, worauf die der Gastuni in Madrid im März folgte. Da das Kursangebot der UCM für das Wintersemester 2012/2013 leider lange Zeit noch nicht festtanden, musste ich im Learning Agreement grob Kurse angeben, die mich interessieren ohne jedoch genau zu wissen, ob und zu welchen Zeiten sie tatsächlich angegeben wurden. Dies hat sich jedcoh in Madrid relativ schnell klären können, so dass ich 2 Wochen nach Beginn der Vorlesungszeit meine Kurse zusammen hatte. Für Erasmusstudierende gibt es meist noch einen Platz, sodass man sich eigtnlich keine Sorgen machen müsste, an einem Kurs nicht teilnehmen zu können. Kurse auf Englisch können von Erasmusstudierenden nicht ewählt werden, da diese ausschließlich für die Spanier sind, die ein Dualabschluss englisch-spanisch machen. In der ersten Septemberwoche fand der Einstufungstest für die von der UCM angebotenen kostenlosen Sprachkurse statt. Darauf folgte in der zweiten und dritten Septemberwoche der zweiwöchige Sprachkurs (4h täglich). Obwohl diesan sich ein tolles Angebot der UCM ist, habe ich aus diesen zwei Wochen leider nicht viel mitnehmen können. Dies mag an der Kursgröße (ca. 50 Studenten pro Kurs) gelegen haben. Abgesehen davon, ist dies die erste Möglichkeit Kontakte mit anderen Erasmusstudierenden zu knüpfen. Die eigentliche Vorlesungszeit beginnt – zumindest in der Psychologischen Fakultät – Ende September. Zuvor gibt es diverse Ankommens-, Begüßungs- und Einführungsveranstaltungen der ESN, Uni oder der eigenen Fakultät. Studieren an der Gastuni Ich habe waehrend meines Semesters in Madrid drei Kurse besucht. Zwei aus der psychologischen Fakultaet (Intervenciòn y tratamiento psicofarmacológico y neuropsicológico und Terapia de conducta con niños) um meine klinische Vertiefung in Muesnster abzudecken, sowie Antropologìa del género, welches ich mir als nichtpsychologisches Wahlfach anrechenen lassen moechte. Es gibt pro Kurs eine oder zwei Stunden clases prácticas sowie zwei Stunden clases teóricas pro Woche. Moechte man neben Uni noch einen Sprachkurs besuchen, wuerde ich zu einer aehnlichen Kursanzahl raten. Auch wenn es sich – vor allem im Vergeleich mit dem Studium an der WWU – ersteinmal nach wenig anhoert, steckt meist sehr viel mehr Arbeit dahinter als man denkt. Das spanische Unisystem st sehr viel veschulter (und meiner Erfahrung nach praxisnaher) als das unsere, was dazu fuehrt, dass die Studierenden mehr Referate, Hausarbeiten und Gruppenarbeiten abliefern muessen. Wichtig zu erwahnen ist, dass die Psychologische Fakultaet der WWU nur einen Vertrag mit der Politischen Fakultaet der UCM hat, was dazu fuehrt, dass Psychologiestudierende der WWU hier in der Politischen Fakultaet (ebenso wie die psychologische auf dem Campus Somosaguas) eingeschrieben sind. Das heist: Alles, was ihr organisatorisch zu regeln habt, muesst ihr ueber die Politische Fakultaet abwickeltn. Des weiteren fuehrt es dazu, dass Psychologiestudierende nur zwei psychologische Faecher belegen koennen, dafuer jedoch eine unbegrenzte Anzahl an Faechern aus der Politischen Fakultaet. Von vielen ehemaligen Erasmusstudenten, die ebenfalls ihr Auslandssemester in Spanien verbracht haben, hatte ich zuvor gehört, dass das Nievau der Lehre – im Vergleich zu Vorlesungen in Deutschland – niedriger sei. Dies kann ich nicht im geringsten bestätigen. Zwar hat mir die fehlende Organisation, sowie die mangelhafte Kommunikation zwischen den verschiedenen Fakultäten das eine oder andere Mal das Studieren etwas erschwert, inhaltlich

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Erfahrungsbericht Hannah Henneberg ein Semester an der Universidad Complutense de Madrid

Vorbereitung und PlanungIm Rahmen meines Psychologiebachelors konnte ich dank des Auslandsstipendium ERASMUS ein Semester an der Universidad Conplutense de Madrid verbringen. Im Januar 2012 habe ich mich bei der WWU in Münster auf einen der vier Plätze an der UCM Madrid beworben. Bereits Mitte Februar erhielt ich die Zusage, worauf die der Gastuni in Madrid im März folgte. Da das Kursangebot der UCM für das Wintersemester 2012/2013 leider lange Zeit noch nicht festtanden, musste ich im Learning Agreement grob Kurse angeben, die mich interessieren ohne jedoch genau zu wissen, ob und zu welchen Zeiten sie tatsächlich angegeben wurden. Dies hat sich jedcoh in Madrid relativ schnell klären können, so dass ich 2 Wochen nach Beginn der Vorlesungszeit meine Kurse zusammen hatte. Für Erasmusstudierende gibt es meist noch einen Platz, sodass man sich eigtnlich keine Sorgen machen müsste, an einem Kurs nicht teilnehmen zu können. Kurse auf Englisch können von Erasmusstudierenden nicht ewählt werden, da diese ausschließlich für die Spanier sind, die ein Dualabschluss englisch-spanisch machen. In der ersten Septemberwoche fand der Einstufungstest für die von der UCM angebotenen kostenlosen Sprachkurse statt. Darauf folgte in der zweiten und dritten Septemberwoche der zweiwöchige Sprachkurs (4h täglich). Obwohl diesan sich ein tolles Angebot der UCM ist, habe ich aus diesen zwei Wochen leider nicht viel mitnehmen können. Dies mag an der Kursgröße (ca. 50 Studenten pro Kurs) gelegen haben. Abgesehen davon, ist dies die erste Möglichkeit Kontakte mit anderen Erasmusstudierenden zu knüpfen. Die eigentliche Vorlesungszeit beginnt – zumindest in der Psychologischen Fakultät – Ende September. Zuvor gibt es diverse Ankommens-, Begüßungs- und Einführungsveranstaltungen der ESN, Uni oder der eigenen Fakultät. Studieren an der GastuniIch habe waehrend meines Semesters in Madrid drei Kurse besucht. Zwei aus der psychologischen Fakultaet (Intervenciòn y tratamiento psicofarmacológico y neuropsicológico und Terapia de conducta con niños) um meine klinische Vertiefung in Muesnster abzudecken, sowie Antropologìa del género, welches ich mir als nichtpsychologisches Wahlfach anrechenen lassen moechte. Es gibt pro Kurs eine oder zwei Stunden clases prácticas sowie zwei Stunden clases teóricas pro Woche. Moechte man neben Uni noch einen Sprachkurs besuchen, wuerde ich zu einer aehnlichen Kursanzahl raten. Auch wenn es sich – vor allem im Vergeleich mit dem Studium an der WWU – ersteinmal nach wenig anhoert, steckt meist sehr viel mehr Arbeit dahinter als man denkt. Das spanische Unisystem st sehr viel veschulter (und meiner Erfahrung nach praxisnaher) als das unsere, was dazu fuehrt, dass die Studierenden mehr Referate, Hausarbeiten und Gruppenarbeiten abliefern muessen.Wichtig zu erwahnen ist, dass die Psychologische Fakultaet der WWU nur einen Vertrag mit der Politischen Fakultaet der UCM hat, was dazu fuehrt, dass Psychologiestudierende der WWU hier in der Politischen Fakultaet (ebenso wie die psychologische auf dem Campus Somosaguas) eingeschrieben sind. Das heist: Alles, was ihr organisatorisch zu regeln habt, muesst ihr ueber die Politische Fakultaet abwickeltn. Des weiteren fuehrt es dazu, dass Psychologiestudierende nur zwei psychologische Faecher belegen koennen, dafuer jedoch eine unbegrenzte Anzahl an Faechern aus der Politischen Fakultaet. Von vielen ehemaligen Erasmusstudenten, die ebenfalls ihr Auslandssemester in Spanien verbracht haben, hatte ich zuvor gehört, dass das Nievau der Lehre – im Vergleich zu Vorlesungen in Deutschland – niedriger sei. Dies kann ich nicht im geringsten bestätigen. Zwar hat mir die fehlende Organisation, sowie die mangelhafte Kommunikation zwischen den verschiedenen Fakultäten das eine oder andere Mal das Studieren etwas erschwert, inhaltlich

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jedoch war ich sehr positiv überrascht von der Lehre an der UCM. In zwei meiner drei Fächer wurde komplett auf Powerpointfolien verzichtet, was mich anfangs aufgrund meiner eher mangelhaften Spanischkenntnisse etwas störte, jedoch hatte ich gerade in diesen beiden Fächern (terapia de conducta con ninos; antropologìa del género) das Glück, zwei überaus charismatische Lehrende gehabt zu haben, die sowohl durch ihre Art als auch durch den hohen Praxisanteil und das Einbringen eigener Berufserfahrung des Unterrichts zu einer Kursatmosphäre beigeatregn haben, wie ich sie in Münster leider noch nie erlebt habe, sowie die Lehre eben um dieses Praxisanteil sehr bereichert haben. In den Klausuren wird sowohl der Inhalt der clases prácticas abgefragt (so zB auch Referatsinhalte etc) als auch der theoretische Teil, der in diesen beiden Fällen aus sehr viel Lektüre bestand. Empfehlen kann ich Vorlesungen von Amado Benito an der psychologischen Fakultät (zB besagtes Terapia de Conducta con Ninos); sehr erfrischender sympatischer Profesor, sehr interessanter Inhalt und faire Klausur ohne Multiple Choice. Am Anfang der Vorlesungszeit haben ausländische Studenten den Vorteil, dass sie zwei Wochen lang verschiedenen Kurse ausprobieren können und im Anschluss erst das Learning Agreement abgeben müssen. Ich würde jedem Erasmusstudenten empfehlen, diese zwei Wochen intensivst zu nutzen, da es einem die Möglichkeit gibt, selbst zu schauen, welches Kurskonzept einem am meisten zusagt und wie gut das jeweilige Spanisch des Lehrenden zu verstehen ist. Für jeden, der in Madrid seine Vertiefung machen möchte, sei des weiteren zu empfehlen, die Kurswahl frühzeitig mit Sabine Fischer abzuklären, damit es im Nachhinein keine Probleme gibt. Wer wie ich zusätzlich Kurse an der Politischen Fakultät der UCM wählt, kann sich auf eine hohe Anzahl von Hausarbeiten freuen. Obwohl dies natürlich für einen Nichtmuttersprachler eine Herausforderung darstellen kann, bin ich im Nachhinein sehr froh den Kurs belegt zu haben, da gerade das Lesen und schreiben vieler Texte mein Spanisch weiter vorangebracht hat.

WohnungssucheDa ich meine Wg ueber Ecken gefunden habe, kann ich nichts konkretes zu der Wohnungssuche sagen, geschweigedenn zu Hostels, in denen man bis zum erfolgreichen Wohnungsfund unterkommen kann. Nur ein paar grobe Angaben: Achtet darauf, ob es Heizung und Fenster gibt, fragt nach Nebenkosten (kann uU sehr viel sein und ist selten in warm angegeben). Homepages: www.idealista.es, www.easypiso.es (wenn man hier jedoch nicht Usario Premio ist, ist die Suche leicht beschwerlich), www.pisocompartido.es. Aushaenge gibt es an vielen Orten: Bars, Bushaltestellen, Uni, Bibliotheken. Desweiteren haengen an vielen Gebauden Banner mit Telefonnummern, hier lohnt es sich anzurufen, da dies oft Vermieter sind, die viele Wohnungen in bestimmten Bezirken haben. Ich selbst habe 5 Monate lang im Barrio den Pilar (Nord, Metro: Avenida de la Ilustraciòn, Herrera Oria) in einer WG mit einem Bolivianer und einer Italienerin gewohnt – von dort aus dauerts ca eine halbe Stunde zur Metrostation Sol, zur Uni ebenfalls. Die meisten Studenten suchen Wohnungen in den Gegenden: La Latina, Malasana, Lavapies und Co. Die Vorteile liegen auf der Hand: schoene Viertel, viele Kneipen und Bars, viel Leben auf der Strasse im Sommer. In den Vierteln, die weiter ausserhalb liegen gibt den Vorteil, dass die Wohnanlagen dort sich oft

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weiter ausserhalb oft Swimmingpools teilen. Alltag & FreizeitIch habe neben der Uni einen Sprachkurs in der Sprachschule Eureka besucht (Metrostation Sol/Opera), der zweimal wöchentlich stattfand. Da sowohl Sprachkurs als auch Unikurse abends stattfanden, hatte ich leider keine Zeit für weitere reguläre Aktivitäten unter der Woche. Stattdessen habe ich mich sehr an Madrids großem Kulturangebot erfreut, so zB an den vielen (Laien)theatern und Konzerten, die fast jeden Tag der Woche in irgendeiner Bar, Kneipe etc stattfinden. Zudem gibt es in Madrid viele ehemals oder immernoch besetzte Häuser, von denen viele täglich kostenlose Kurse, Workshops, Vorträge etc anbieten, zu denen es sich lohnt zu gehen (so zB Tangokurse, Swingkurse, Chor, Fußball, Lesungen). Neben den besetzten Häusern gibt es noch einige öffentliche Gebäude wie die Casa Encendida der Caja Madrid, welche von den Banken Madrids gesponsert sind und ebenfalls eine Vielzahl an Kultur- und Kursangeboten haben. Aufgrund der Krise wurden jedoch bereits viele dieser Institute geschlossen. ESN (die offizielle Erasmusorganisation) bietet für jede/n Interessierte/n ebenfalls Salsakurse und Co an, an denen ich selbst jedoch nie teilgenommen habe. Des weiteren gibt es Ausflugsziele (Toledo, Avila, Salamca zB) sowie Ski- und Wandergeboete (La Pedriza) in der Umgebung von Madrid, die sich einen Besuch lohnen. Vor allem La Pedriza kann ich jedem nur wärmstens empfehlen, es gibt dort ein kleines Refugio in den Bergen, in dem man übernachten und frühstücken kann. Das Wandergebiet ist wunderschön, mit einen Fluss mit vielen kleinen Badestellen. Von Madrid erreicht man es am besten mit dem Bus über Manzanares de Real.

Bestes und schlechtestes ErlebnisEins meiner schönesten Erlebnisse war ein Wanderwochenende in La Pedriza, da ich es sehr genossen habe, nach einem Monat Großstadttrubel und enormer Hitze ein Wochenende nur in der Natur zu verbringen. Abgesehen davon die Erfahrung, wie sich das eigene Spanisch Woche für Woche verbessert. Mein schlechtestes Erlebnis, aus meiner alten WG ausziehen zu müssen, da sich dort Bettwanzen eingenistet hatten. Dies kommt leider nicht allzu selten in Madrider Wohnungen vor, da es hier vor ca. sechs Jahren eine Bettwanzenplage gab. Abschließend kann ich sagen, dass ich mein letztes halbes Jahr in Madrid sehr genossen habe und ich jetzt – einige Tage vor Abreise – sehr traurig bin, dass die Zeit so schnell vorüber ging. So viel wie die Stadt einem biete, wäre ich sicherlich selbst in einem weiteren halbes Jahr damit beschäftigt alles zu sehen, zu machen, zu erkunden was ich mir vorgenommen habe. Und jedem der nun vor der Entscheidung steht, sich für oder gegen ein Erasmussemester zu enstcheiden bzw. zwischen den verschienenen spanischen Städten die die WWU anbietet, kann ich Madrid nur empfehlen!