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KULTUR DK Nr. 181, Samstag/Sonntag, 8./9. August 2015 19 Nur Gewinner Hochkarätige internationale Ensembles beim Biagio-Marini-Wettbewerb in Neuburg Von Regina Greck Neuburg (DK) Nachdem man am Donnerstagabend die Trep- pen zum Kongregationssaal in Neuburg bei tropischen Tem- peraturen hinaufgeschwitzt war, freuten sich die Gäste des öffentlichen Vorspiels des XVI. Biagio-Marini-Wettbewerbs über das Programmheft am Einlass: Informationen und kühlender Fächer zugleich. Über den mitgelieferten Blei- stift schienen diejenigen, die die Veranstaltung der Neuburger Sommerakademie zum ersten Mal besuchten, etwas ver- wundert. Das langjährige Pub- likum half auf die Sprünge: Beim einzigen permanent ausge- tragenen Wettbewerb für Alte Musik in Bayern vergibt nicht nur hochkarätige Jury Preise, sondern auch das Publikum darf seinen persönlichen Fa- voriten wählen. Mit spitzem Stift lauschte der gut besuchte Kongregations- saal also den sechs Ensemb- les, deren Musiker aus den un- terschiedlichsten Ländern stammten. Nicht nur Musiker aus Deutschland, sondern auch Israel, Japan, Australien, Chi- na und Russland waren ver- treten. So unterschiedlich die Herkunftsländer der Wettbe- werbsteilnehmer waren, so ähnlich war ihre Besetzung: Ba- rockviolinen und -celli waren in Kombination mit Flöten, meist begleitet von einem Cembalo, zu hören. Mit einer solchen für die Ba- rockzeit fast typischen Beset- zung eröffnete das Quartett In- terrogatio den Abend. Sie bo- ten ein dynamisch und tech- nisch perfektes Frage- und Ant- wortspiel. Ebenso versiert in der Technik zeigte sich das Zoom Quartet. Besonders beeindru- ckend gestalteten sie die auf- bäumenden Melodien auf ih- ren barocken Instrumenten. Schon während der Beiträ- ge kamen die Stifte beim Pub- likum für kurze Schlagworte zum Einsatz. Ausführlichere Notizen machten sich die Ju- ry-Mitglieder, die sich im Kon- gregationssaal verstreut hat- ten. Unter ihnen renom- mierte Musiker wie Barock- oboisten und Blockflötistin Xe- nia Löffler oder der Freibur- ger Musikwissenschafts-Pro- fessor Georg Brunner, der gleichzeitig die künstlerische Leitung Alte Musik der Neu- burger Sommerakademie in- nehat. Quirliger wurde es auf der Bühne mit dem Quintetto Quinqueliando. Cembalo und Cello erdeten die hohen, zwit- schernden Motive beider Tra- versflöten und der Blockflöte, die ihr Stück sehr präzise und energisch interpretierten. Asi- an furniture design und In- domptable – Trios aus Cem- balo, Violine und Block- bzw. Traversflöte waren die Youngsters des Wettbewerbs. Sie stecken zum Teil noch im Studium, konnten in der mu- sikalischen Qualität mit den Vorträgen ihrer etwas erfah- reneren Konkurrenz durchaus mithalten. Cembaless brachen aus dem bekannten Besetzungsschema aus. Zwei Blockflöten, kom- biniert mit einer Viola da Gam- ba, einer Laute und einer mit ihr verwandten Theorbe als Bassinstrument, begleiteten ei- ne Sängerin. Der leichte, aber doch zupackende Vortrag der sechs Musiker entlockte dem Publikum tosenden Applaus. Damit war bereits beschlos- sen: Cembaless erhält den Pub- likumspreis. An diesem Abend ging aber keiner leer aus. Die Notizen der Jury ergaben: Alle Ensembles bekommen ein Preisgeld. „Wir waren uns einig, dass alle in ih- rer Leistung sehr nahe beiei- nanderlagen“, erklärt Jury-Vor- sitzender Prof. Brunner. Ei- nen ersten Platz gab es nicht, doch kürte die Jury zwei Ge- winner neben den weiteren drei dritten Plätzen zum Ende des Abends: „Zwei zweite Preise ge- hen mit je 1500 Euro an In- terrogatio und das Zoom Quar- tet. Publikumslieblinge: Die Gruppe Cembaless überzeugte wie die anderen Vortragenden auch mit ihrem mu- sikalischen Können. Ihr sympathischer Vortrag brachte ihnen den Publikumspreis ein. Foto: Jörg Mattick Traumhaft gut gespielt Theaterprojekt der Stiftung Jugend fragt: „Grand Café Europa“ in Ingolstadts Partnerstadt Carrara Von Isabella Kreim Carrara (DK) Eine stim- mungsvolle Kulisse und eine entspannte Freilichtatmo- sphäre an einem warmen Juli- abend in Carrara: Vor dem Pa- lazzo aus dem 18. Jahrhundert auf der Piazza Gramsci spielen 80 Jugendliche aus Ingolstadt und den Partnerstädten Murska Sobota, Györ und Carrara zum letzten Mal „Grand Café Euro- pa“, eine Zeitreise durch die letzten hundert Jahre. Beim Warmup mit dem Künstlerteam David Williams und Ruth Messing herrscht eine aufgekratzt ausgelassene Stim- mung. Doch nach sechs Mona- ten harter Arbeit, nach vier Schülervorstellungen im Kul- turzentrum neun und zwei Vorstellungen im Großen Haus des Stadttheaters Ingolstadt agieren die jungen Menschen bei der Aufführung auch im fremden Ambiente diszipliniert, traumhaft sicher und voller Spielfreude. Der Theatersog hat sie erfasst. Theater mache süchtig, formu- liert die Gymnasiastin. Und der Junge von der Förderschule, der nach eigener Aussage früher bereits wortlos zusammenge- zuckt ist, wenn ihn nur jemand nach der Uhrzeit gefragt habe, geht aus eigenem Antrieb auf all die fremdsprachigen Zuschauer zu und drückt ihnen ein Pro- grammheft in die Hand. Nach dem großen Applaus gibt es viele herzliche Umarmungen und auch ein paar Tränen. Sie sind ein starkes Team und Freunde geworden! Die Übertragung auf den neuen, weitläufigeren Spielort ohne Bühnenpodest ist hervor- ragend gelungen. Bernd Wege- ners vielfältiges Perkussion- Instrumentarium und Stefano DiBuduos Projektionen auf die Hausfassade entfalten eine wunderbare Raumwirkung. Die Graffiti-Schrift „Wir sind das Volk“ erscheint auch auf Italie- nisch, und die Darstellerinnen aus Carrara haben für das Gast- spiel in ihrer Heimatstadt noch einige italienische Zeitereignis- se der 1990er Jahre eingefügt. Als Zugabe trägt Darius von der August-Horch-Schule erstmals seinen Rap vor und skandiert mutig, wie schrecklich Krieg sei, und wie schön dagegen, ge- meinsam Theater zu spielen. Seit vier Jahren gelingt es der Stiftung Jugend fragt, nicht nur dieses Theaterprojekt mit neun Schulen und Auszubildenden der Audi AG (heuer zum 10. Mal) zu stemmen, sondern dank des EU-Förderprogramms „Jugend in Aktion / Jugend für Europa“ auch ein Gastspiel in Heimat- städten der Mitwirkenden zu ermöglichen. Für die Jugendli- chen bedeutet das als Beloh- nung neben dem Applaus auch eine Woche kostenloser ge- meinsamer Auslandserfahrung, dieses Mal direkt am Meer und mit einem Ausflug zu den Steinbrüchen von Carrara. Und auch dieses Gemeinschaftser- lebnis hat sie erwachsener ge- macht. Begeisternde Vorstellung: Die 80 Jugendlichen des Theaterprojekts der Stiftung Jugend fragt in Carrara. Foto: Stefano DiBuduo Der letzte Garten – Bauwerke des Abschieds Gesellschaft für christliche Kunst zeigt Beispiele moderner Friedhofsgestaltung Von Annette Krauß München (DK) Jede Gesell- schaft entwickelt eine Kultur des Abschieds – und diese ist durch die Zeit hindurch Wandlungs- prozessen unterworfen. Sicht- bar wird dies auch auf Fried- höfen und in Aussegnungshal- len. Sieben herausragende Bei- spiele für moderne Orte der letzten Ruhe in Österreich, der Schweiz, Schweden und Deutschland stellt jetzt die Deutsche Gesellschaft für christliche Kunst in einer Aus- stellung vor. Titel der Schau, die sogar einen interreligiösen Blick auf die Bestattungskultur wagt: „Der letzte Garten – Bauwerke des Abschieds.“ Gestorben wird heutzutage vielfach nicht mehr zu Hause – die Aufbahrung des Toten im Haus gehört der Vergangenheit an. In Graubünden hat man deshalb den Architekten Gion A. Caminada gebeten, eine To- tenstube zu errichten. Inmitten des Dorfes, gleich neben der Kirche, strahlt das kleine Haus durch seine traditionelle Holz- bauweise Ruhe und Wärme aus. Andere Bauwerke wie die neuen Krematorien in Stock- holm oder Duisburg sind nüch- tern und klar in ihrer Gestal- tung, der Moderne verpflichtet. Auffällig ist an beiden Orten die Inszenierung von lichtüberflu- teten Wänden, die einen Kont- rast bilden zu Bereichen im Dämmerlicht: Hier finden trau- ernde Menschen schützende Räume vor, und zugleich wird ihr Blick geweitet, auf den Him- mel und in die Natur hinein. Farbenfroh ist dagegen die Gestaltung einer Friedhofs- mauer, die sich harmonisch in das traditionelle Ambiente ei- nes österreichischen Dorfes einfügt. Bernardo Bader und Rene Bechter entwarfen im ös- terreichischen Krumbach eine Wand, in der viele farbige Fens- ter das Mittagslicht einfangen. Der Ort, an dem Urnen beige- setzt werden, ist somit gut von ferne sichtbar, und zugleich wurden die Fensternischen von Angehörigen mit Kerzen und Fotografien der Verstorbenen „eingerichtet“. Die jüdische Erinnerungs- kultur repräsentiert eine Um- friedungsmauer auf dem Fried- hof Börneplatz in Frankfurt am Main: Hier wurden kleine Stei- ne mit den Namen ermordeter jüdischer Bürger in den Ver- putz eingelassen. Auf dem islamischen Fried- hof in Vorarlberg fällt eine Wand ins Auge, wo Bernardo Bader traditionelle islamische Muster zitiert, um einen Abschieds- raum zu gestalten. Die Durch- dringung von Dreiecken aus Holz, die in ihrem Zentrum ei- nen achteckigen Stern bilden, erinnert in ihrer Kunstfertigkeit an die spanischen Holzdecken im Mudéjar-Stil. Die Ausstel- lung zeigt Farbfotografien, ein Architekturmodell sowie aus- gewählte Materialien wie Stein, Keramik und Holz. Und sie führt vor Augen, wie eindringlich, wohltuend und heilsam Bau- kunst und Landschaftsarchi- tektur wirken können, wenn Traditionen aufgenommen werden und zugleich nach ei- ner zeitgenössischen Architek- tursprache gesucht wird. Denn es gilt, den „letzten Garten“ und seine gebauten Räume für Trauerrituale behutsam und sensibel zu gestalten. Wer je ei- ne Trauerfeier in einem Kre- matorium erlebt hat, wo der Sarg auf einer Theaterbühne thront und die Angehörigen im wörtlichen Sinn dem letzten Vorhang beiwohnen, der er- ahnt, wie dringend manche Trauerorte auf eine Überarbei- tung warten. Bis zum 29. August in der Deut- schen Gesellschaft für christliche Kunst, Türkenstraße 16 in Mün- chen, dienstags bis freitags von 12 bis 19 Uhr sowie nach Vereinba- rung. Einen farbigen Urnenbereich erhielt der Friedhof im österreichischen Krumbach bei seiner Neugestaltung. Foto: Bernardo Bader Architekten Erfolg für deutsche Kinofilme Locarno (dpa) Der neue Spielfilm von Regisseur Lars Kraume, „Der Staat gegen Fritz Bauer“, markiert bereits jetzt einen der Höhepunkte beim 68. Filmfestival im schweizerischen Locarno: Der Film überzeugt sowohl als publikumswirksa- mer Thriller wie auch als kriti- sches Panorama vor allem des geistigen Zustands der Bundes- republik Deutschland Ende der 1950er Jahre. Auf Tatsachen beruhend, verfolgt das Drama die Bemü- hungen des Frankfurter Gene- ralstaatsanwalts Fritz Bauer (1903–1968) zur juristischen Auseinandersetzung mit den Verbrechen der Nazizeit. Im Zentrum steht die Suche nach dem in Argentinien unterge- tauchten Adolf Eichmann, ei- nem der hauptverantwortlichen Organisatoren des Holocausts. Bauer trug wesentlich dazu bei, dass der israelische Geheim- dienst Eichmann aufgreifen und ihm in Israel der Prozess ge- macht werden konnte. „Der Staat gegen Fritz Bauer“ packt mit einer intelligenten Inszenierung, mit deutlichen kritischen Verweisen auf die Macht von Altnazis in der noch jungen BRD und mit exzellenten Schauspielern. Burghart Klaußner („Das weiße Band“) in der Titelrolle und prominente Partner wie Ronald Zehrfeld und Sebastian Blomberg ziehen die Zuschauer in ihren Bann. Der Film läuft außerhalb des internationalen Wettbewerbs. Er gilt jedoch als Anwärter auf den begehrten Publikumspreis. Um den Hauptpreis, den Goldenen Leoparden, bewer- ben sich 19 Spiel- und Doku- mentarfilme. Darunter sind drei internationale Produktionen, die mit finanzieller Beteiligung deutscher Produzenten reali- siert wurden. Der erste war be- reits zu sehen: „Paradise“, eine iranisch-deutsche Ko-Produk- tion von Regisseur Sina Ataeian Dena, der erste Film einer ge- planten Teheran-Trilogie. Ge- dreht ohne offizielle Erlaubnis der iranischen Regierung, gibt der Film ein facettenreiches Bild des Alltags in Teheran. Ermög- licht wird das durch die Ge- schichte einer jungen Lehrerin, die im Dschungel der Bürokratie um ihre Versetzung an eine an- dere Schule kämpft. Hochgelobt: Burghart Klaußner als Generalstaatsanwalt Fritz Bauer (l.) und Ronald Zehrfeld in dem Film „Der Staat gegen Fritz Bauer“. Foto: Menke/zero one film

Erfolg für Nur Gewinner Kinofilme - annette-krauss.de · biniert mit einer Viola da Gam-ba, einer Lauteund einer mit ihr verwandten Theorbe als Bassinstrument, begleiteten ei-ne

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Page 1: Erfolg für Nur Gewinner Kinofilme - annette-krauss.de · biniert mit einer Viola da Gam-ba, einer Lauteund einer mit ihr verwandten Theorbe als Bassinstrument, begleiteten ei-ne

KULTUR DK Nr. 181, Samstag/Sonntag, 8./9. August 2015 19

Nur GewinnerHochkarätige internationale Ensembles beim Biagio-Marini-Wettbewerb in Neuburg

Von Regina Greck

Neuburg (DK) Nachdem manam Donnerstagabend die Trep-pen zum Kongregationssaal inNeuburg bei tropischen Tem-peraturen hinaufgeschwitztwar, freuten sich die Gäste desöffentlichen Vorspiels des XVI.Biagio-Marini-Wettbewerbsüber das Programmheft amEinlass: Informationen undkühlender Fächer zugleich.Über den mitgelieferten Blei-stift schienendiejenigen, die dieVeranstaltung der NeuburgerSommerakademie zum erstenMal besuchten, etwas ver-wundert. Das langjährige Pub-likumhalf aufdieSprünge:Beimeinzigen permanent ausge-tragenen Wettbewerb für AlteMusik in Bayern vergibt nichtnur hochkarätige Jury Preise,sondern auch das Publikumdarf seinen persönlichen Fa-voriten wählen.Mit spitzem Stift lauschte der

gut besuchte Kongregations-saal also den sechs Ensemb-les, deren Musiker aus den un-terschiedlichsten Ländernstammten. Nicht nur Musikeraus Deutschland, sondern auchIsrael, Japan, Australien, Chi-na und Russland waren ver-treten. So unterschiedlich dieHerkunftsländer der Wettbe-werbsteilnehmer waren, soähnlich war ihre Besetzung: Ba-rockviolinen und -celli warenin Kombination mit Flöten,meist begleitet von einemCembalo, zu hören.Mit einer solchen für die Ba-

rockzeit fast typischen Beset-zung eröffnete das Quartett In-terrogatio den Abend. Sie bo-ten ein dynamisch und tech-nisch perfektes Frage- und Ant-wortspiel. Ebenso versiert in derTechnik zeigte sich das Zoom

Quartet. Besonders beeindru-ckend gestalteten sie die auf-bäumenden Melodien auf ih-ren barocken Instrumenten.Schon während der Beiträ-

ge kamen die Stifte beim Pub-

likum für kurze Schlagwortezum Einsatz. AusführlichereNotizen machten sich die Ju-ry-Mitglieder, die sich im Kon-gregationssaal verstreut hat-ten. Unter ihnen renom-

mierte Musiker wie Barock-oboisten und Blockflötistin Xe-nia Löffler oder der Freibur-ger Musikwissenschafts-Pro-fessor Georg Brunner, dergleichzeitig die künstlerische

Leitung Alte Musik der Neu-burger Sommerakademie in-nehat.Quirliger wurde es auf der

Bühne mit dem QuintettoQuinqueliando. Cembalo undCello erdeten die hohen, zwit-schernden Motive beider Tra-versflöten und der Blockflöte,die ihr Stück sehr präzise undenergisch interpretierten. Asi-an furniture design und In-domptable – Trios aus Cem-balo, Violine und Block- bzw.Traversflöte – waren dieYoungsters des Wettbewerbs.Sie stecken zum Teil noch imStudium, konnten in der mu-sikalischen Qualität mit denVorträgen ihrer etwas erfah-reneren Konkurrenz durchausmithalten.Cembaless brachen aus dem

bekannten Besetzungsschemaaus. Zwei Blockflöten, kom-biniert mit einer Viola da Gam-ba, einer Laute und einer mitihr verwandten Theorbe alsBassinstrument, begleiteten ei-ne Sängerin. Der leichte, aberdoch zupackende Vortrag dersechs Musiker entlockte demPublikum tosenden Applaus.Damit war bereits beschlos-sen: Cembaless erhält den Pub-likumspreis.An diesem Abend ging aber

keiner leer aus. Die Notizen derJury ergaben: Alle Ensemblesbekommen ein Preisgeld. „Wirwaren uns einig, dass alle in ih-rer Leistung sehr nahe beiei-nanderlagen“, erklärt Jury-Vor-sitzender Prof. Brunner. Ei-nen ersten Platz gab es nicht,doch kürte die Jury zwei Ge-winner neben denweiteren dreidritten Plätzen zum Ende desAbends: „Zwei zweite Preise ge-hen mit je 1500 Euro an In-terrogatio und das Zoom Quar-tet.

Publikumslieblinge: Die Gruppe Cembaless überzeugte wie die anderen Vortragenden auch mit ihrem mu-sikalischen Können. Ihr sympathischer Vortrag brachte ihnen den Publikumspreis ein. Foto: Jörg Mattick

Traumhaft gut gespieltTheaterprojekt der Stiftung Jugend fragt: „Grand Café Europa“ in Ingolstadts Partnerstadt Carrara

Von Isabella Kreim

Carrara (DK) Eine stim-mungsvolle Kulisse und eineentspannte Freilichtatmo-sphäre an einem warmen Juli-abend in Carrara: Vor dem Pa-lazzo aus dem 18. Jahrhundertauf der Piazza Gramsci spielen80 Jugendliche aus Ingolstadtund den PartnerstädtenMurskaSobota, Györ und Carrara zumletzten Mal „Grand Café Euro-pa“, eine Zeitreise durch dieletztenhundert Jahre.Beim Warmup mit dem

Künstlerteam David Williamsund RuthMessing herrscht eineaufgekratzt ausgelassene Stim-mung. Doch nach sechs Mona-ten harter Arbeit, nach vierSchülervorstellungen im Kul-turzentrum neun und zweiVorstellungen im Großen Hausdes Stadttheaters Ingolstadtagieren die jungen Menschen

bei der Aufführung auch imfremdenAmbiente diszipliniert,traumhaft sicher und vollerSpielfreude.Der Theatersog hat sie erfasst.

Theater mache süchtig, formu-liert die Gymnasiastin. Und derJunge von der Förderschule, dernach eigener Aussage früherbereits wortlos zusammenge-zuckt ist, wenn ihn nur jemandnach der Uhrzeit gefragt habe,geht aus eigenemAntrieb auf alldie fremdsprachigen Zuschauerzu und drückt ihnen ein Pro-grammheft in die Hand. Nachdem großen Applaus gibt esviele herzliche Umarmungenund auch ein paar Tränen. Siesind ein starkes Team undFreundegeworden!Die Übertragung auf den

neuen, weitläufigeren Spielortohne Bühnenpodest ist hervor-ragend gelungen. Bernd Wege-ners vielfältiges Perkussion-

Instrumentarium und StefanoDiBuduos Projektionen auf dieHausfassade entfalten einewunderbare Raumwirkung. DieGraffiti-Schrift „Wir sind dasVolk“ erscheint auch auf Italie-

nisch, und die Darstellerinnenaus Carrara haben für das Gast-spiel in ihrer Heimatstadt nocheinige italienische Zeitereignis-se der 1990er Jahre eingefügt.Als Zugabe trägt Darius von der

August-Horch-Schule erstmalsseinen Rap vor und skandiertmutig, wie schrecklich Krieg sei,und wie schön dagegen, ge-meinsamTheaterzuspielen.Seit vier Jahren gelingt es der

Stiftung Jugend fragt, nicht nurdieses Theaterprojekt mit neunSchulen und AuszubildendenderAudiAG (heuer zum10.Mal)zu stemmen, sondern dank desEU-Förderprogramms „Jugendin Aktion / Jugend für Europa“auch ein Gastspiel in Heimat-städten der Mitwirkenden zuermöglichen. Für die Jugendli-chen bedeutet das als Beloh-nung neben dem Applaus aucheine Woche kostenloser ge-meinsamer Auslandserfahrung,dieses Mal direkt am Meer undmit einem Ausflug zu denSteinbrüchen von Carrara. Undauch dieses Gemeinschaftser-lebnis hat sie erwachsener ge-macht.

Begeisternde Vorstellung: Die 80 Jugendlichen des Theaterprojektsder Stiftung Jugend fragt in Carrara. Foto: Stefano DiBuduo

Der letzte Garten – Bauwerke des AbschiedsGesellschaft für christliche Kunst zeigt Beispiele moderner Friedhofsgestaltung

Von Annette Krauß

München (DK) Jede Gesell-schaft entwickelt eineKulturdesAbschieds – und diese ist durchdie Zeit hindurch Wandlungs-prozessen unterworfen. Sicht-bar wird dies auch auf Fried-höfen und in Aussegnungshal-len. Sieben herausragende Bei-spiele für moderne Orte derletzten Ruhe in Österreich, derSchweiz, Schweden undDeutschland stellt jetzt dieDeutsche Gesellschaft fürchristliche Kunst in einer Aus-stellung vor. Titel der Schau, diesogar einen interreligiösenBlickauf die Bestattungskultur wagt:„Der letzte Garten – Bauwerkedes Abschieds.“Gestorben wird heutzutage

vielfach nicht mehr zu Hause –die Aufbahrung des Toten imHaus gehört der Vergangenheit

an. In Graubünden hat mandeshalb den Architekten GionA. Caminada gebeten, eine To-tenstube zu errichten. Inmittendes Dorfes, gleich neben derKirche, strahlt das kleine Hausdurch seine traditionelle Holz-bauweise Ruhe undWärme aus.Andere Bauwerke wie die

neuen Krematorien in Stock-holm oder Duisburg sind nüch-tern und klar in ihrer Gestal-tung, der Moderne verpflichtet.Auffällig ist an beiden Orten dieInszenierung von lichtüberflu-teten Wänden, die einen Kont-rast bilden zu Bereichen imDämmerlicht: Hier finden trau-ernde Menschen schützendeRäume vor, und zugleich wirdihr Blick geweitet, auf den Him-mel und in die Natur hinein.Farbenfroh ist dagegen die

Gestaltung einer Friedhofs-mauer, die sich harmonisch in

das traditionelle Ambiente ei-nes österreichischen Dorfeseinfügt. Bernardo Bader undRene Bechter entwarfen im ös-terreichischen Krumbach eineWand, in der viele farbige Fens-ter das Mittagslicht einfangen.Der Ort, an dem Urnen beige-setzt werden, ist somit gut vonferne sichtbar, und zugleichwurden die Fensternischen vonAngehörigen mit Kerzen undFotografien der Verstorbenen„eingerichtet“.Die jüdische Erinnerungs-

kultur repräsentiert eine Um-friedungsmauer auf dem Fried-hof Börneplatz in Frankfurt amMain: Hier wurden kleine Stei-ne mit den Namen ermordeterjüdischer Bürger in den Ver-putz eingelassen.Auf dem islamischen Fried-

hof inVorarlberg fällt eineWandins Auge, wo Bernardo Bader

traditionelle islamische Musterzitiert, um einen Abschieds-raum zu gestalten. Die Durch-dringung von Dreiecken ausHolz, die in ihrem Zentrum ei-nen achteckigen Stern bilden,erinnert in ihrer Kunstfertigkeitan die spanischen Holzdecken

im Mudéjar-Stil. Die Ausstel-lung zeigt Farbfotografien, einArchitekturmodell sowie aus-gewählte Materialien wie Stein,KeramikundHolz.Und sie führtvor Augen, wie eindringlich,wohltuend und heilsam Bau-kunst und Landschaftsarchi-

tektur wirken können, wennTraditionen aufgenommenwerden und zugleich nach ei-ner zeitgenössischen Architek-tursprache gesucht wird. Dennes gilt, den „letzten Garten“ undseine gebauten Räume fürTrauerrituale behutsam undsensibel zu gestalten. Wer je ei-ne Trauerfeier in einem Kre-matorium erlebt hat, wo derSarg auf einer Theaterbühnethront und die Angehörigen imwörtlichen Sinn dem letztenVorhang beiwohnen, der er-ahnt, wie dringend mancheTrauerorte auf eine Überarbei-tung warten.

Bis zum 29. August in der Deut-schen Gesellschaft für christlicheKunst, Türkenstraße 16 in Mün-chen, dienstags bis freitags von 12bis 19 Uhr sowie nach Vereinba-rung.

Einen farbigen Urnenbereich erhielt der Friedhof im österreichischenKrumbach bei seiner Neugestaltung. Foto: Bernardo Bader Architekten

Erfolg fürdeutsche

KinofilmeLocarno (dpa) Der neue

Spielfilm von Regisseur LarsKraume, „Der Staat gegen FritzBauer“, markiert bereits jetzteinen der Höhepunkte beim 68.Filmfestival im schweizerischenLocarno: Der Film überzeugtsowohl als publikumswirksa-mer Thriller wie auch als kriti-sches Panorama vor allem desgeistigen Zustands der Bundes-republik Deutschland Ende der1950er Jahre.Auf Tatsachen beruhend,

verfolgt das Drama die Bemü-hungen des Frankfurter Gene-ralstaatsanwalts Fritz Bauer(1903–1968) zur juristischenAuseinandersetzung mit denVerbrechen der Nazizeit. ImZentrum steht die Suche nachdem in Argentinien unterge-tauchten Adolf Eichmann, ei-nemder hauptverantwortlichenOrganisatoren des Holocausts.Bauer trug wesentlich dazu bei,dass der israelische Geheim-dienstEichmannaufgreifenundihm in Israel der Prozess ge-machtwerdenkonnte.

„Der Staat gegen Fritz Bauer“packt mit einer intelligentenInszenierung, mit deutlichenkritischen Verweisen auf dieMacht von Altnazis in der nochjungenBRDundmit exzellentenSchauspielern. BurghartKlaußner („Das weiße Band“) inder Titelrolle und prominentePartner wie Ronald Zehrfeldund Sebastian Blomberg ziehendie Zuschauer in ihren Bann.Der Film läuft außerhalb desinternationalen Wettbewerbs.Er gilt jedoch als Anwärter aufdenbegehrtenPublikumspreis.Um den Hauptpreis, den

Goldenen Leoparden, bewer-ben sich 19 Spiel- und Doku-mentarfilme. Darunter sind dreiinternationale Produktionen,die mit finanzieller Beteiligungdeutscher Produzenten reali-siert wurden. Der erste war be-reits zu sehen: „Paradise“, eineiranisch-deutsche Ko-Produk-tion von Regisseur Sina AtaeianDena, der erste Film einer ge-planten Teheran-Trilogie. Ge-dreht ohne offizielle Erlaubnisder iranischen Regierung, gibtderFilmein facettenreichesBilddes Alltags in Teheran. Ermög-licht wird das durch die Ge-schichte einer jungen Lehrerin,die imDschungelderBürokratieum ihre Versetzung an eine an-dereSchulekämpft.

Hochgelobt: Burghart Klaußnerals Generalstaatsanwalt FritzBauer (l.) und Ronald Zehrfeld indem Film „Der Staat gegen FritzBauer“. Foto: Menke/zero one film