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22 Zett 3–12 / Musik erfolgreiche filmmusik geht direkt ins herz Der Studienbereich Komposition für Film, Theater und Medien richtet den Fokus im Herbstsemester 2012/13 auf Filmkomponistinnen aus dem In- und Ausland. Schon in den eigenen Reihen gibt es bemerkenswerte Persönlichkeiten. Mit der Studentin Fatima Dunn sprachen Iris Eggenschwiler und Daniela Lehmann* Als Filmkomponistin musst du ein breites Spektrum an verschiedenen Musikstilen beherrschen. Kannst du in jeder gewünschten Stilrichtung komponieren? Theoretisch müsste man sowohl ein Renaissancestück als auch einen Popsong komponieren können. Natürlich findet auch eine Spezialisierung statt. Aber je mehr sich stilistisch wie- dergeben, ansatzweise kopieren lässt, umso besser. Bringst du trotzdem deine persönliche Note ein? Das ist das Ziel, auch für meine eigene Zufriedenheit. Ich muss mich selbst einbringen können, damit es dann doch auch mein Werk ist. Wenn es gelingt, sich eine eigenständige Sprache zu schaffen, hilft dies, sich als FilmkomponistIn zu etablieren. Dann ist in deinen Filmmusiken ein Fatima-Dunn-Stil he- rauszuhören? Wer mich kennt, kann bestimmt etwas rausspüren. Bei «Hard Stop» ist es klar, weil ich singe. Ausserdem arbeite ich immer mit demselben Gitarristen zu sammen, das ist sicher ein roter Faden durch alle meine Kompositionen. Man müsste noch jemand anderen fragen (lacht). Gibt es Stile, die dir persönlich näherliegen, und andere weniger? Ich bin mit klassischem Cello-Unterricht aufgewachsen, was mich sicher bis heute prägt, und habe mit 16 Jahren begonnen, in Pop-Rock-Bands zu singen. In meiner Arbeit als Sängerin und Komponistin fiel darum bisher das Songwriting stark ins Gewicht. Ich mag aber Musik aus verschiedensten Stilrich- tungen. Wer mich momentan interessiert – gerade in Bezug auf Filmmusik – sind zeitgenössische Komponisten wie Giya Kancheli, Arvo Pärt, Philip Glass und aus dem Elektro-Rock- Bereich The Chemical Brothers und Trent Reznor. Natürlich gibt es Musikstile, die ich nicht authentisch imitieren könnte – dafür engagiere ich dann Leute aus diesen Bereichen. Was macht eine gelungene Filmmusik aus? Wirklich gute Filmmusik schafft es, den Film perfekt zu un- terstützen und das Publikum in den Film reinzuziehen, ohne dass dies bewusst wahrgenommen wird. Zudem würde ich sagen, dass erfolgreiche Filmmusik Melodien hat, die man einmal hört und die direkt ins Herz gehen. Wann bist du als Filmkomponistin ausgelastet? Eine schwierige Frage. Drei Filmkompositionen im Jahr wären für mich toll. Als Musikerin muss ich aber verschiedene Stand- beine haben. Ich mache Theatermusik, Filmmusik, habe meine Band Coldeve, mit der ich oft auftrete, und ich bin pädagogisch tätig als Chorleiterin und Gesangscoach. Bei deinen Arbeiten nimmst du vieles selber in die Hand. Ist das nur eine Budgetfrage oder auch ästhetische Position? Das hat zwei Gründe: Zum einen komme ich aus der Perfor- mance und bin es gewohnt, selbst zu spielen, zu singen und zu produzieren. Das macht mir Spass und ich lerne viel dabei. So bin ich auch gerne Herrin über meinen Soundtrack. Zum anderen spielen Budget und Zeit eine Rolle. Wenn ich wie bei «Hard Stop» innerhalb von fünf Wochen 50 Minuten Musik komponieren, dann noch ein ganzes Orchester zusammen- trommeln und dies extern mischen lassen muss – das liegt einfach nicht drin, finanziell wie zeitlich. Was rätst du angehenden FilmkomponistInnen? Ein wirkliches Interesse am Film ist Voraussetzung; sie sollten also täglich mindestens einen Film anschauen. Ferner alles selber machen: Mischpult, Aufnahme, Computertechnik, auch wenn es in Bands meistens jemanden gibt, der das bes- ser kann. Dann sich auch vermarkten – zum Beispiel mittels einer Homepage. Und schliesslich: Filme vertonen, wo sie nur können. * Iris Eggenschwiler und Daniela Lehmann studieren Musikwissenschaft an der Universität Zürich ([email protected], [email protected]). Fatima Dunn studierte Gesang am Winterthurer Institut für aktuelle Musik (WIAM). Über ihre Band Coldeve bekam sie den Auftrag, den Kino-Dokumen- tarfilm «Barfuss nach Timbuktu» (2009, Regie Martina Egi) zu vertonen. Es folgten u. a. die Soundtracks zu «Little Fighters» (2010, Regie Ivana Lalovic) und «Hard Stop» (2011, Regie Sascha Weibel). Seit 2009 studiert sie Kompositi- on für Film, Theater und Medien an der ZHdK. www.fatimadunn.com Fatima Dunn. Foto: Nico Contesse

Erfolgreiche Filmmusik geht direkt ins Herz

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Der Studienbereich Komposition für Film,Theater und Medien richtet den Fokus im Herbstsemester 2012/13 auf Filmkomponistinnen aus dem In- und Ausland. Schon in den eigenen Reihen gibt es bemerkenswerte Persönlichkeiten. Mit der Studentin Fatima Dunn sprachenIris Eggenschwiler und Daniela Lehmann*

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Page 1: Erfolgreiche Filmmusik geht direkt ins Herz

22 Zett 3–12 / Musik

erfolgreiche filmmusik geht direkt ins herz

Der Studienbereich Komposition für Film, Theater und Medien richtet den Fokus im

Herbstsemester 2012/13 auf Filmkomponistinnen aus dem In- und Ausland. Schon in den eigenen

Reihen gibt es bemerkenswerte Persönlichkeiten. Mit der Studentin Fatima Dunn sprachen Iris Eggenschwiler und Daniela Lehmann*

Als Filmkomponistin musst du ein breites Spektrum an verschiedenen Musikstilen beherrschen. Kannst du in jeder gewünschten Stilrichtung komponieren?

Theoretisch müsste man sowohl ein Renaissancestück als auch einen Popsong komponieren können. Natürlich findet auch eine Spezialisierung statt. Aber je mehr sich stilistisch wie-dergeben, ansatzweise kopieren lässt, umso besser.

Bringst du trotzdem deine persönliche Note ein?

Das ist das Ziel, auch für meine eigene Zufriedenheit. Ich muss mich selbst einbringen können, damit es dann doch auch mein Werk ist. Wenn es gelingt, sich eine eigenständige Sprache zu schaffen, hilft dies, sich als FilmkomponistIn zu etablieren.

Dann ist in deinen Filmmusiken ein Fatima-Dunn-Stil he-rauszuhören?

Wer mich kennt, kann bestimmt etwas rausspüren. Bei «Hard Stop» ist es klar, weil ich singe. Ausserdem arbeite ich immer mit demselben Gitarristen zu sammen, das ist sicher ein roter Faden durch alle meine Kompositionen. Man müsste noch jemand anderen fragen (lacht).

Gibt es Stile, die dir persönlich näherliegen, und andere weniger?

Ich bin mit klassischem Cello-Unterricht aufgewachsen, was mich sicher bis heute prägt, und habe mit 16 Jahren begonnen, in Pop-Rock-Bands zu singen. In meiner Arbeit als Sängerin und Komponistin fiel darum bisher das Songwriting stark ins Gewicht. Ich mag aber Musik aus verschiedensten Stilrich-tungen. Wer mich momentan interessiert – gerade in Bezug auf Filmmusik – sind zeitgenössische Komponisten wie Giya Kancheli, Arvo Pärt, Philip Glass und aus dem Elektro-Rock-Bereich The Chemical Brothers und Trent Reznor. Natürlich gibt es Musikstile, die ich nicht authentisch imitieren könnte – dafür engagiere ich dann Leute aus diesen Bereichen.

Was macht eine gelungene Filmmusik aus?

Wirklich gute Filmmusik schafft es, den Film perfekt zu un-terstützen und das Publikum in den Film reinzuziehen, ohne dass dies bewusst wahrgenommen wird. Zudem würde ich sagen, dass erfolgreiche Filmmusik Melodien hat, die man einmal hört und die direkt ins Herz gehen.

Wann bist du als Filmkomponistin ausgelastet?

Eine schwierige Frage. Drei Filmkompositionen im Jahr wären für mich toll. Als Musikerin muss ich aber verschiedene Stand-beine haben. Ich mache Theatermusik, Filmmusik, habe meine Band Coldeve, mit der ich oft auftrete, und ich bin pädagogisch tätig als Chorleiterin und Gesangscoach.

Bei deinen Arbeiten nimmst du vieles selber in die Hand. Ist das nur eine Budgetfrage oder auch ästhetische Position?

Das hat zwei Gründe: Zum einen komme ich aus der Perfor-mance und bin es gewohnt, selbst zu spielen, zu singen und zu produzieren. Das macht mir Spass und ich lerne viel dabei. So bin ich auch gerne Herrin über meinen Soundtrack. Zum anderen spielen Budget und Zeit eine Rolle. Wenn ich wie bei «Hard Stop» innerhalb von fünf Wochen 50 Minuten Musik komponieren, dann noch ein ganzes Orchester zusammen-trommeln und dies extern mischen lassen muss – das liegt einfach nicht drin, finanziell wie zeitlich.

Was rätst du angehenden FilmkomponistInnen?

Ein wirkliches Interesse am Film ist Voraussetzung; sie sollten also täglich mindestens einen Film anschauen. Ferner alles selber machen: Mischpult, Aufnahme, Computertechnik, auch wenn es in Bands meistens jemanden gibt, der das bes-ser kann. Dann sich auch vermarkten – zum Beispiel mittels einer Homepage. Und schliesslich: Filme vertonen, wo sie nur können.

* Iris Eggenschwiler und Daniela Lehmann studieren Musikwissenschaft an der Universität Zürich ([email protected], [email protected]).

Fatima Dunn studierte Gesang am Winterthurer Institut für aktuelle Musik (WIAM). Über ihre Band Coldeve bekam sie den Auftrag, den Kino-Dokumen-tarfilm «Barfuss nach Timbuktu» (2009, Regie Martina Egi) zu vertonen. Es folgten u. a. die Soundtracks zu «Little Fighters» (2010, Regie Ivana Lalovic) und «Hard Stop» (2011, Regie Sascha Weibel). Seit 2009 studiert sie Kompositi-on für Film, Theater und Medien an der ZHdK. www.fatimadunn.com

Fatima Dunn. Foto: Nico Contesse