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Innovationsbegleitung Nachhaltigkeit Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft Hartmut Schug, Carsten Krück, Christiane Ploetz, Axel Zweck (Hrsg.) 2010 2015 2020 Zukünftige Technologien Consulting

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Innovationsbegleitung Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

Hartmut Schug, Carsten Krück, Christiane Ploetz, Axel Zweck (Hrsg.)

2010

2015

2020

Zukünftige Technologien Consulting (ZTC) VDI Technologiezentrum GmbHGraf-Recke-Straße 8440239 DüsseldorfTelefon: +49 (0) 211 62 14-5 72Telefax: +49 (0) 211 62 14-1 39Email: [email protected]

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Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

Aktuelle Problemstellungen und Lösungs-ansätze aus Theorie und Praxis

Hartmut Schug Carsten Krück Christiane Ploetz undAxel Zweck

(Hrsg.)

Herausgeber:Zukünftige Technologien Consulting (ZTC) der VDI Technologiezentrum GmbH Graf-Recke-Str. 84 40239 Düsseldorf

mit Unterstützung des

Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF)

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Diese Publikation der Abteilung Zukünftige Technologien Consulting (ZTC) der VDI Technologiezentrum GmbH entstand im Rahmen des Forschungsprojektes „KIDA – Kooperation in der Abfallwirtschaft“ (Förderkennzeichen 07VPS04) mit Un-terstützung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), Referat 624 – Wissenschaft und Gesellschaft.

Projektleitung: Dr. Dr. Axel Zweck

Durchführung: Hartmut Schug, Dr. Carsten Krück, Christiane Ploetz

Redaktion: Hartmut Schug, Anja Ditfeld

Besonderer Dank gilt den Praxispartnern sowie den Referenten und Teilnehmern des Workshops.

Zukünftige Technologien Nr. 68 Düsseldorf, im Januar 2007 ISSN 1436-5928

Für den Inhalt zeichnen die Autoren verantwortlich. Die geäußerten Auffassungen stimmen nicht unbedingt mit der Meinung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung überein.

Außerhalb der mit dem Auftraggeber vertraglich vereinbarten Nutzungsrechte sind alle Rechte vorbehalten, auch die des auszugsweisen Nachdruckes, der auszugsweisen oder vollständigen photomechanischen Wiedergabe (Photokopie, Mikrokopie) und das der Übersetzung.

Quellennachweis Titelbild: o. l.: BMU / Christoph Edelhoff, o. r.: Duales System Deutschland AG, u. l.: REMONDIS, u. r.: RWE Umwelt

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Zukünftige Technologien Consulting (ZTC) der VDI Technologiezentrum GmbH

Graf-Recke-Straße 84 40239 Düsseldorf

Die VDI Technologiezentrum GmbH ist im Auftrag und mit Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) tätig.

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Vorwort

Sich ändernde rechtliche Rahmenbedingungen, eine dynamische Akteursstruktur sowie Forderungen für mehr Umweltschutz und für Maßnahmen zur Vorbeugung gesundheitlicher Gefahren sind nur einige der wichtigsten aktuellen Herausforderun-gen der Abfallwirtschaft.

Hierbei können sämtliche Aufgaben entlang der Wertschöpfungskette kaum allein von nur einem einzigen Akteur bewältigt werden. Zu vielfältig und zu komplex ist die Abfallwirtschaft geworden, die sich langsam aber stetig zur Kreislaufwirtschaft weiterentwickelt. Die Zusammenarbeit der einzelnen Akteure untereinander, z. B. im Rahmen von Kooperationen oder Netzwerken, bietet hierbei eine Möglichkeit, die Aufgaben der gesamten Wertschöpfungskette gemeinsam abzudecken. Neben den ökonomischen Zielen kommen dabei immer auch ökologische und soziale Aspekte zum Tragen, sodass das Ziel des nachhaltigen Handels die Abfallwirtschaft stets in all ihren Dimensionen betrifft. Und um in diesem von zahlreichen wechselwirkenden Umfeldfaktoren beeinflussten Bereich Entscheidungen für Strategien und Maßnah-men vorzubereiten, wäre zudem ein Blick in die Zukunft hilfreich.

Diese drei Aspekte Nachhaltigkeit, Kooperationen und Zukünfte der Abfall-wirtschaft werden in dem Forschungsprojekt „KIDA – Kooperation in der Abfall-wirtschaft“ – das durch das BMBF im Rahmen der sozial-ökologischen Forschung gefördert wird – an ausgewählten Fallbeispielen untersucht und schließlich zusam-mengeführt.

Der vorliegende ZTC-Band Nr. 68 dokumentiert die Ergebnisse des KIDA-Stakeholder-Workshops „Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Ab-fallwirtschaft“ vom 18. Oktober 2006 und bietet darüber hinaus – gemeinsam mit den weiteren KIDA-Veröffentlichungen – eine Übersicht der aktuellen Problemstel-lungen und unterschiedlichen Lösungsansätze aus Theorie und Praxis zu Nachhal-tigkeit und Kooperationen, verbunden mit einer Annäherung sowie Konkretisierung des Zukunftsraumes der Abfallwirtschaft.

Dr. Dr. Axel Zweck

Abteilungsleiter Zukünftige Technologien Consulting (ZTC)

der VDI Technologiezentrum GmbH

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Inhaltsverzeichnis

1 VON DER DASEINSVORSORGE ZUR NACHHALTIGKEIT IN DER ABFALLWIRTSCHAFT– RAINER LUCAS – 11

1.1 Das 6. Umweltaktionsprogramm der EU und die mit ihr verbundenen thematischen Strategien 11

1.2 Nachhaltigkeitsstrategien in der Abfallwirtschaft 161.3 Daseinsvorsorge und Nachhaltigkeit – Integration der

Zielkonzepte für die kommunale Ebene 231.4 Literatur 25

2 INTEGRATION VON NACHHALTIGKEIT IN DIE ABFALLWIRTSCHAFTSPRAXIS – HARTMUT SCHUG – 29

2.1 Einleitung 292.2 Nachhaltigkeit 292.3 Darstellung von Nachhaltigkeit 322.4 Nachhaltige Abfallwirtschaft 342.5 Nachhaltige Unternehmen der Abfallwirtschaft 362.6 Von Indikatoren zum Controlling 392.7 Der Mehrwert von Nachhaltigkeit für Unternehmen 412.8 Zusammenfassung und Ausblick 42

3 NACHHALTIGKEIT IN DER ABFALLWIRTSCHAFTSPRAXIS AM BEISPIEL ABFALLWIRTSCHAFTSBETRIEB LANDKREIS AMMERLAND – JÖRG SCHELLING – 45

3.1 Allgemeine Informationen zum Landkreis Ammerland und seiner Abfallwirtschaft 45

3.2 Die Rahmenbedingungen – Das Konzept der Abfallwirtschaft und das Zusammenwirken der Beteiligten 46

3.3 (Nachhaltige) Orientierungen, Aktivitäten und Entwicklungen 483.4 Abbildungen 52

4 KOOPERATIONEN IN DER ABFALLWIRTSCHAFT AUS DER SICHTVON KLEINEN UND MITTLEREN UNTERNEHMEN – THOMAS PROBST – 53

4.1 Rahmenbedingungen 534.2 Arten der Kooperation 544.3 Mehrwert und Nutzen 554.4 Hürden und Hindernisse 554.5 Zukünftige Entwicklungen 56

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5 KOMPETENZZENTRUM FÜR ENTSORGUNGSTECHNIK UND KREISLAUFWIRTSCHAFT – EINE KREISLAUFWIRTSCHAFTLICHE KOOPERATION ENTLANG DER WERTSCHÖPFUNGSKETTE – HARALD WIRTZ – 57

5.1 Vorbemerkung 575.2 Nachhaltige Kreislaufwirtschaft 585.3 Das Ruhrgebiet 585.4 Die Mitglieder des WFZ Ruhr 595.5 Die satzungsgemäßen Ziele des WFZ Ruhr 615.6 Vernetzung zur Wissenschaft 615.7 Aktuelles Arbeitsprogramm 625.8 Chancen und Risiken des Netzwerkes 665.9 Schlussbemerkungen 67

6 KOMMUNALE KOOPERATIONEN IN DER ABFALLWIRTSCHAFT AM BEISPIEL DES KREISES METTMANN – HERMANN-JOSEF WALDAPFEL – 69

6.1 Einführung und Vorbemerkung 696.2 Öffentlich-rechtliche Kooperationsformen 706.3 Privat-rechtliche Kooperationsformen 706.4 Kooperationen unter Beteiligung des Kreises Mettmann 716.5 Abfallwirtschaftliche Zweckverbände in Deutschland 776.6 Fazit 78

7 DIE ZUKÜNFTE DER ABFALLWIRTSCHAFT – KIDA-SZENARIO-ANALYSE– HARTMUT SCHUG – 79

7.1 Szenarien dienen der prospektiven Analyse komplexer Sachverhalte 79

7.2 Die zukünftige Abfallwirtschaft ist ein Untersuchungsschwerpunkt des Forschungsprojektes KIDA 79

7.3 Die KIDA-Szenarien der zukünftigen Abfallwirtschaft 817.4 Die drei möglichen Szenarien 827.5 Diskussion der möglichen Szenarien 897.6 Nutzung der Ergebnisse in der Abfallwirtschaftspraxis 907.7 Fazit 90

8 DIE KIDA-SZENARIO-ANALYSE AUS DER SICHT DER DEUTSCHEN UMWELTHILFE– EVA LEONHARDT – 91

8.1 Zu den Schlüsselfaktoren 948.2 Zum Prozess der Szenarienentwicklung 94

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9 WEITERENTWICKLUNG DES ABFALLWIRTSCHAFTSVEREINS REGION RHEIN-WUPPER E. V. (AWRW) – OLAF SCHMIDT – 97

9.1 Geschichte des Vereins 979.2 Organisation 989.3 Tätigkeiten 1009.4 Aktuelle Situation 1009.5 Zukünftige Entwicklung 101

10 OPTIMIERUNG ABFALLWIRTSCHAFTLICHER AUFGABEN DURCH KOOPERATIONEN AM BEISPIEL DES KREISES METTMANN – HANS-JÜRGEN SERWE – 109

10.1 Triebkräfte zur Bildung von Kooperationen 10910.2 Anlässe und Formen von Kooperationen 11010.3 Erfolgsfaktoren und potenzielle Nachteile von Kooperationen 11110.4 Der Zweckverband Entsorgungsregion West (ZEW) im Raum

Aachen/Düren 11210.5 Der Zweckverband EKOCity im Ruhrgebiet/Bergisches Land 11310.6 Der Beitritt des Kreises Mettmann zu EKOCity 11410.7 Schlussfolgerungen für Kooperationen 11710.8 Literatur/Quellen 11810.9 Abbildungen 119

11 VERBRAUCHERFREUNDLICHE GESTALTUNG DERABFALLWIRTSCHAFT– BJÖRN RICKERT – 125

11.1 Vorbemerkungen 12511.2 Rahmenbedingungen 12511.3 Kommunale Abfallwirtschaft – Eckpunkte für eine

verbraucherfreundliche Gestaltung 12711.4 Verbraucheraspekte zum Thema „Eintonnen-Sammlung“ 135

12 ANHANG 13912.1 KIDA-Workshop „Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte

der Abfallwirtschaft“ 13912.2 KIDA – Kooperation in der Abfallwirtschaft 146

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1 VON DER DASEINSVORSORGE ZUR NACHHALTIG-KEIT IN DER ABFALLWIRTSCHAFT

Rainer Lucas

Wuppertal Institut

Die Zielkonzepte in der Abfallwirtschaft waren im letzten Jahrzehnt durch den im Kreislaufwirtschaftgesetz gesteckten Rahmen bestimmt: Vermeiden, Verwerten und schadlose Ablagerung war die Leitlinie. In der Praxis der Siedlungsabfallwirtschaft hat dies zu einer weitgehenden Ausdifferenzierung der verschiedenen stofflichen Verwertungspfade in Kombination mit der Verbrennung geführt. Hierbei wurde deutlich, dass es aufgrund der niedrigen Rohstoff- und Energiepreise nicht möglich war (bis auf wenige Ausnahmen), stabile Sekundärrohstoffmärkte aufzubau-en. Der Rohstoffhunger der Schwellenländer wie China, Indien und Bra-silien hat hier nun zu einer neuen Situation geführt. Der Rohölpreis hat sich auf einem sehr hohen Niveau eingependelt, bei NE-Metallen sind zum Teil Preissteigerungen von bis zu 300 % zu verzeichnen, Stahl-schrott wird zur begehrten Handelsware. Somit steht die Abfallwirtschaft vor einer neuen Herausforderung. Sie muss lernen, die in den Produkten der Gesellschaft inkorporierten Rohstofflager zu erschliessen und für neue Nutzungen zugänglich zu machen. Damit wird die Schonung der Ressourcen zu einem gewichtigen Ziel, welches in die bestehenden Ziel-konzepte der Daseinsvorsorge integriert werden muss.

Der nachfolgende Beitrag setzt sich zunächst mit der politischen Rah-mensetzung durch die EU-Kommission auseinander. Allerdings bleibt offen, wie eine Integration der Ressourcenstrategie in die Ziele der kom-munalen Daseinsvorsorge erfolgen kann. Um diese Lücke zu schliessen, werden erste Bausteine für eine „nachhaltige Daseinsvorsorge“ ent-wickelt.

1.1 Das 6. Umweltaktionsprogramm der EU und die mit ihr verbundenen thematischen Strategien

Das 6. Umweltaktionsprogramm der Europäischen Union (6. EG-UAP) stellt einen wichtigen Rahmen für die Abfallwirtschaft dar und enthält wesentliche Markierungspunkte für die weitere Entwicklung in den nächsten Jahren. Zentrale Ziele sind:

- Entkopplung des Wirtschaftswachstums vom Wachstum der Abfall-mengen,

- nachhaltige Ressourcenbewirtschaftung (Recyclingstrategie), - integrierte Produkt (und Abfall-)politik, - ortsnahe Abfallentsorgung,

Diskussion der Zielkonzepte

Ziele des 6. Um-weltaktionspro-gramms der EU

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12 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

- erhöhte Produktverantwortung, - finanzielle Anreize zur Ressourcenschonung, - Beitrag der Abfallwirtschaft zum Klimaschutz (biogene Stoffe).

Zur weiteren Umsetzung dieser Ziele verfolgt die EU-Kommission mit vier aufeinander abgestimmten Strategien den Aufbau einer integrierten Ressourcen- und Abfallpolitik. Im Einzelnen betrifft dies folgende Poli-tikfelder: die Entwicklung einer thematischen Strategie für die nachhalti-ge Nutzung der natürlichen Ressourcen (KOM 2005, 670), die Integrierte Produktpolitik, welche auf den ökologischen Lebenszyklus-Ansatz auf-baut (KOM 2003, 302), eine thematische Strategie für Abfallvermeidung und -recycling (KOM 2003, 301) sowie die Chemikalienpolitik (KOM 2001, 88). Auf die Strategie zur Abfallvermeidung und -recycling sowie die Strategie für die nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen soll nachfolgend ausführlicher eingegangen werden.

1.1.1 Thematische Strategie für Abfallvermeidung und-recycling

Besondere Bedeutung für die Entwicklung der Siedlungsabfallwirtschaft hat die Novellierung der EU-Abfallrahmenrichtlinie als Teil der „Thema-tischen Strategie für Abfallvermeidung und -recycling“. Diese soll vor allem zur Harmonisierung der Umweltstandards beitragen. Die Bundes-vereinigung der Kommunalen Spitzenverbände merkt hierzu kritisch an: „Allgemeine Hinweise auf die Notwendigkeit einer stärkeren Harmoni-sierung der Umweltstandards reichen aus Sicht der kommunalen Spit-zenverbände nicht aus, um die weitere Marktöffnung aus Gründen der Industrie-, Abfall- und Wettbewerbspolitik gemeinwohlverträglich zu flankieren.“ Auch die EU-Abfallverbringungs-VO wurde überarbeitet; dabei soll durch einheitliche europäische Regelungen z. B. der Export von Müll in andere Mitgliedsstaaten mit niedrigeren Standards verhindert werden.

Die Kommission formuliert vier Maßnahmenfelder für ihre künftige thematische Strategie:

- Instrumente zur Förderung der Abfallvermeidung: z. B. Informati-onsaustausch bezüglich nationaler Anreizsysteme für Verbraucher, Abfallvermeidungspläne;

- Instrumente zur Förderung des Abfallrecycling: z. B. Mülldeponie-Steuern, Produzentenverantwortung, handelbare Zertifikate (wie in Großbritannien), Anreizsysteme, ‚pay-as-you-throw‘-Systeme; ob die in diesem Zusammenhang geforderte Einführung einer Deponiesteuer und ein Handel mit Recycling-Zertifikaten europaweit realisiert wer-den kann, wird allerdings unterschiedlich beurteilt (vgl. Kessler 2004);

- Maßnahmen zur Schließung der Lücke bei den Standards für das Ab-fallrecycling: z. B. die Ausweitung der IPPC-Richtlinie auf den ge-

Strategie des6. Umweltaktions-programms der EU

EU-Gesetzgebung

Die vier Maßnahmen-felder der Europä-ischen Kommission

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1. Von der Daseinsvorsorge zur Nachhaltigkeit in der Abfallwirtschaft 13

samten Abfallsektor oder die Bestimmung von Qualitätsstandards für Recycling;

- Begleitende Maßnahmen zur Förderung von Abfallvermeidung und -recycling: Verbesserung des Rechtsrahmens, Förderung von For-schung und Entwicklung, Förderung der Nachfrage nach verwerteten Materialien.

Der Erfolg in diesen Maßnahmefeldern hängt wiederum davon ab, wie folgende Rahmenbedingungen gestaltet werden, respektive ob sich die Mitgliedstaaten auf eine gemeinsame Sichtsweise beim Handlungsbedarf zur Gestaltung des Rahmens verständigen können. Dies umfasst u. a. folgende Punkte:

- die vollständige Umsetzung bestehender Rechtsvorschriften durch die Mitgliedsstaaten;

- eine „solidere wissenschaftliche Analyse“, die als Grundlage für eine erfolgreiche Politik zur Abfallvermeidung dienen soll, scheint erfor-derlich (derzeit herrscht ein Mangel an zuverlässigen statistischen Daten);

- Recycling: Eine Verlagerung des Schwerpunkts von ‚end-of-life-Produkten‘ zu Materialien;

- Festlegung harmonisierter Standards für Wiederverwertungsvorgänge; - die Eröffnung einer neuen Debatte über die Definition von Abfall und

allgemeine Recyclingziele auf der EU-Ebene.

Die in Deutschland formulierte Strategie 2020 ist mit dieser Strategie weitgehend im Einklang. Folgende Ziele und Maßnahmen wurden 1999 entwickelt und inzwischen weiter konkretisiert:

- Beendigung der oberirdischen Deponierung von Siedlungsabfällen in Deutschland, um nachfolgenden Generationen keine Altlasten zu hin-terlassen (Vollzug seit dem 01.06.2005).

- Vollständige Verwertung von Abfällen, wobei der Schwerpunkt auf einer hochwertigen stofflichen bzw. energetischen Verwertung der Bestandteile des Siedlungsabfalls liegt.

- Reststoffe, die einer hochwertigen stofflichen bzw. energetischen Verwertung nicht mehr zugänglich sind, müssen so aufbereitet wer-den, dass sie unabhängig von baulichen Maßnahmen umweltneutral weggelegt werden können.

- Reduzierung von relevanten Treibhausgasen und damit einhergehend ein positiver Beitrag zum Klimaschutz.

Mit der Strategie 2020 kann nach Hahn (2004) die Kreislaufwirtschaft des KrW-/AbfG im Wortsinn realisiert werden. Durch diese Maßnahmen können nach Berechnungen des Umweltbundesamtes knapp 30 Mio. t CO2-Äquivalente an Klimaschadgasemissionen pro Jahr vermieden wer-den. Bis 2020 könne durch eine Kombination von mechanischer Sortie-rung, biologischer Entfeuchtung und thermischer Endbehandlung ohne großen finanziellen Aufwand eine vollständige Verwertung des Haus-

AktuellerHandlungsbedarf

Strategie 2020 der Bundesregierung

Realisierung der Kreislaufwirt-schaft

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14 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

Sperrmülls und hausmüllähnlicher Gewerbeabfälle erreicht werden. Die technische Infrastruktur hierfür ist nach Keßler (2004) in Deutschland großtechnisch machbar und zu vertretbaren Preisen realisierbar. Insbe-sondere würden durch die verbesserten elektronischen Sortiertechniken der MBAs Optionen zu einer höherwertigen und weiter gehenden Recyc-lingstrategie eröffnet.

1.1.2 Thematische Strategie zur nachhaltigen Ressourcen-nutzung

Die rohstoffliche Orientierung der Abfallwirtschaft wurde auch durch die im Dezember 2005 durch die EU-Kommission (KOM 2005; 670) veröf-fentlichte thematische Strategie zur nachhaltigen Ressourcennutzung gestärkt. Diese Strategie soll als Orientierungsrahmen für andere Politik-felder (Wirtschafts- und Strukturpolitik, Umweltpolitik, etc.) dienen und enthält daher keine detaillierten Vorschläge hinsichtlich einer Instrumen-tierung. Folgende Ziele sollen durch die Strategie in einem Zeitraum von 25 Jahren erreicht werden (ebd.: 9 ff.):

- Aufbau der Wissensbasis – Datenzentrum für politische Entschei-dungsträger zur Verbesserung der Wissensbasis im Bereich der Res-sourcennutzung und ihrer Umweltauswirkungen.

- Fortschrittsmessung – Entwicklung von Indikatoren. Handlungsbe-darf wird hier für drei Bereiche gesehen: (1) Indikatoren zur Messung der Fortschritte bei der Effizienz und Produktivität der Verwendung natürlicher Ressourcen, einschließlich Energie, (2) ressourcenspezifi-sche Indikatoren, um zu bewerten, wie negative Umweltfolgen von der Ressourcennutzung abgekoppelt wurden, und (3) einen Gesamt-indikator zur Messung der Fortschritte bei der Verringerung der durch die Verwendung natürlicher Ressourcen entstehenden ökologi-schen Belastung (Ökoeffizienz-Indikator).

- Anwendung strategischer Ansätze und Verfahren sowohl in den Wirtschaftssektoren als auch in den Mitgliedstaaten. Zur Begleitung entsprechender Pläne und Programme soll ein High-Level-Forum auf EU Ebene eingerichtet werden.

- Sensibilisierung der Interessengruppen und Bürger für die erhebli-chen negativen Umweltfolgen der Ressourcennutzung.

- Schaffung eines internationalen Gremiums für die nachhaltige Nut-zung natürlicher Ressourcen.

Für raumbezogene Fragestellungen ist besonders der Hinweis relevant, dass eine nachhaltige Ressourcennutzung in Europa die damit verbunde-nen Auswirkungen in anderen Teilen der Welt berücksichtigen sollte und eine Problemverlagerung vermieden werden muss. Nachhaltige Ressour-cennutzung zielt auf der gesamtgesellschaftlichen Ebene auf eine Verrin-gerung der Entnahme erneuerbarer und nicht-erneuerbarer Rohstoffe und bezieht den Aufwand für Erschließung und Nutzbarmachung (also Berg-

ThematischeStrategie derEU-Kommission

Auswirkungender nachhaltigen

Ressourcennutzung

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1. Von der Daseinsvorsorge zur Nachhaltigkeit in der Abfallwirtschaft 15

bau und Entsorgungswirtschaft, auch „ökologische Rucksäcke“) mit ein. Ressourcenpolitik ist input-orientierte Politik; von daher müssen auch input-bezogene Instrumente und Kennzahlen entwickelt werden, um den Ansatz zu realisieren. Bezogen auf die Abfallwirtschaft ist zu fragen, welchen spezifischen Beitrag sie zu einer Dematerialisierung von Pro-duktion und Konsum leisten kann.

1.1.3 Konsequenzen für die strategische Orientierung in der Abfallwirtschaft

Insgesamt implizieren die neueren abfall- und ressourcenwirtschaftlichen Initiativen der EU-Kommission, den Ansatz der Verwertungspfadsteue-rung weiter auszudifferenzieren und auf weitere Abfallgruppen auszu-weiten. Allerdings ist eine Umorientierung von einem eher produktspezi-fischen Ansatz zu einem stärker materialoptimierenden Ansatz zu beo-bachten. Dieser Wechsel impliziert auch einen mentalen Wandel: Durch die Vielzahl der getrennt gehaltenen und verwerteten Abfallteilströmen (Verpackungen, Altauto, Bleiglas, Batterien, Bioabfall, Altholz, Gewer-beabfälle, usw.) sollen die Akteure nach und nach lernen, dass am Ende des Produktlebenszyklus eine neue Rohstoffressource existiert, die es zu nutzen gilt (vgl. Hahn 2004).

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das 6. Umweltakti-onsprogramm der EU für den Zeitraum 2002 bis 2012 und die Umset-zung der IVU-/UVP-Richtlinie in nationales Recht auf eine weitgehende oder vollständige Verwertung der Siedlungsabfälle zielen. Hierdurch wird ein Paradigmenwechsel eingeleitet, da mit der vollständigen, hoch-wertigen und ressourcenschonenden Abfallverwertung die Abfälle grundsätzlich einen Rohstoffstatus erhalten und nicht mehr nur als Sache behandelt werden, der man sich schnellst möglich entledigen will. So-wohl im BMU-Eckpunktepapier zur Siedlungsabfallwirtschaft (2020) als auch im 6. Umweltaktionsprogramm der EG sowie im Artikelgesetz zur Umsetzung der IVU-Richtlinie wird deutlich, dass der gesamte Restab-fall als Rohstoffressource angesehen wird.

Diese veränderte Wahrnehmung könne nach Hahn (2004) dazu führen, dass Abfälle in der Gesellschaft eine neue Wertschätzung erfahren und ihr Beitrag zur gesamtgesellschaftlichen Produktivität und Wertschöp-fung stärker als bisher gewürdigt wird.

Vom produktspezi-fischen zum mate-rialoptimierendenAnsatz

Restabfall als Rohstoffressource

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16 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

1.2 Nachhaltigkeitsstrategien in der Abfallwirt-schaft

1.2.1 Programmatische Grundlagen der nachhaltigen Entwick-lung

Die Grundidee der Nachhaltigkeit ist vom Ziel des Substanzerhalts ge-prägt, um dauerhafte Erträge zu ermöglichen. Dieses Prinzip, welches zuerst in der deutschen Forstwirtschaft des 18. Jahrhunderts formuliert wurde (Grober 1999), hat seit Mitte der achtziger Jahre Eingang in die internationale entwicklungstheoretische Debatte gefunden. Zentrales Do-kument dieser Debatte ist der Bericht der Brundtland-Kommission (Hauff 1987) „Unsere gemeinsame Zukunft“, der die zwei Problem-Kontexte „Umwelt“ und „Entwicklung“ zum zentralen Gegenstand hat.

- Zum einen wird die auf naturwissenschaftliche Erkenntnisse gestützte These vertreten, dass die Fortsetzung des ressourcenintensiven indus-triellen Entwicklungspfades an die Grenzen der Aufnahmefähigkeiten natürlicher Systeme gestoßen ist und die natürlichen Lebensgrundla-gen gefährdet. Aufgrund der bereits erreichten Ausdehnung des öko-nomischen Systems (Globalisierung) stößt eine Verlagerung der Probleme (Externalisierung) nicht nur an natürliche, sondern auch an systemische Grenzen. Wo die Systemgrenzen überschritten sind, werden grundlegende, lebenserhaltende Funktionen der Ökosysteme irreversibel gestört und damit die Entwicklungschancen zukünftiger Generationen vermindert (intergernerative Gerechtigkeit).

- Zum zweiten wird davon ausgegangen, dass die in den Industrielän-dern erreichten Verbrauchsniveaus natürlicher Ressourcen nicht auf die gesamte Erdbevölkerung übertragbar sind. Gleichzeitig signalisie-ren die sozialen und wirtschaftichen Verhältnisse in den Ländern des Südens weiteren Entwicklungsbedarf. Aus dieser Grundkonstellation ergeben sich Fragen nach der Entwicklungsgerechtigkeit zwischen den entwickelten Ländern des Nordens und den gering entwickelten Ländern des Südens1 (Intragenerative Gerechtigkeit).

Aus dieser Problemsicht wird die Notwendigkeit eines gemeinsamen, abgestimmten Vorgehens der internationalen Staatengemeinschaft abge-leitet. Umwelt- und Entwicklungsaspekte werden zusammengeführt. Konstitutive Elemente dieses Nachhaltigkeitsverständnisses sind damit: die globale Problemsicht, eine langfristige Sicherung der Entwicklungs-möglichkeiten durch eine schonende Nutzung der natürlichen Ressourcen sowie eine inter- und intragenerative Entwicklungsgerechtigkeit (siehe hierzu auch Wuppertal Institut 2006).

1 Eine erste Positionierung in diesem Themenfeld wird in einem Memorandum zum Weltgipfel für Nachhaltige Entwicklung durch eine internationale Autorengruppe vorgenommen (siehe Heinrich-Böll-Stiftung 2002).

Substanzerhalt als Grundidee

von Nachhaltigkeit

Zusammenführung von Umwelt- und

Entwicklungsaspekten

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1. Von der Daseinsvorsorge zur Nachhaltigkeit in der Abfallwirtschaft 17

Das im Brundtland-Bericht angelegte Zielsystem bildete eine wesentliche Basis für die UNCED-Konferenz in Rio 1992. Auf der Basis verschiede-ner Dokumente entstand hier das Leitbild „Nachhaltige Entwicklung“ und ein Aktionsprogramm zur Umsetzung, die „Agenda 21“. Die globa-len Vereinbarungen wurden zehn Jahre später in Johannesburg mit einer Agenda zu nachhaltigen Konsum- und Produktionsmustern weiter kon-kretisiert. Dabei werden die Beseitigung der Armut, die Veränderung nichtnachhaltiger Konsum- und Produktionsweisen sowie der Schutz der natürlichen Ressourcen als übergeordnete Ziele und wesentliche Voraus-setzungen einer nachhaltigen Entwicklung anerkannt. Die Ergebnisse von Rio 1992, insbesondere die Rio-Deklaration, das Aktionsprogramm Agenda 21 sowie die globalen Abkommen zu Klima und Artenvielfalt haben die politische Agenda auf globaler, regionaler und lokaler Ebene verändert.

Der Diskussionsprozess in Deutschland war zunächst durch ökologische Fragestellungen geprägt. So wurden in der vom Deutschen Bundestag eingesetzten Enquete-Kommission ‚Schutz des Menschen und der Um-welt‘ (Enquete-Kommission 1994) ökologische Grundregeln für die Res-sourcennutzung definiert:

- Die Abbaurate erneuerbarer Ressourcen soll ihre Regenerationsrate nicht überschreiten.

- Nicht erneuerbare Ressourcen sollen nur in dem Umfang genutzt werden, wie ein physisch und funktionell gleichwertiger Ersatz in Form erneuerbarer Ressourcen oder höherer Produktivität der Res-sourcen geschaffen wird.

- Stoffeinträge in die Umwelt sollen sich an der Belastbarkeit der Um-weltmedien orientieren, wobei alle Funktionen zu berücksichtigen sind, nicht zuletzt auch die stille und empfindliche Regelungsfunktion.

- Das Zeitmaß anthropogener Einträge bzw. Eingriffe in die Umwelt muss im ausgewogenen Verhältnis zum Zeitmaß der für das Reakti-onsvermögen der Umwelt relevanten natürlichen Prozesse stehen.

Die Umsetzung dieser Ziele in den entwickelten Industrieländern ist mit erheblichen Auswirkungen auf die sozialen und ökonomischen Struktu-ren der Gesellschaft verbunden. Um diese Wechselwirkungen zu berück-sichtigen, wurde mit dem sogenannten Drei-Säulen-Modell ein politi-sches Konzept entworfen, das es erlauben sollte, die sozialen, ökologi-schen und ökonomischen Aspekte der nachhaltigen Entwicklung integ-riert zu behandeln. Damit wurde in der Praxis aber der stringente Ziel-charakter der ökologischen Grundregeln abgeschwächt. Gleichzeitig wurde mit dem Begriff der „regulativen Idee“2 auf die Notwendigkeit

2 Dies geht auf Arbeiten von Karl Homann zurück. Nachhaltigkeit als regulative Idee soll deutlich machen, dass es sich nicht um ein fixes, ein für alle Mal feststehendes Ziel handelt. Nachhaltigkeit ist somit am ehesten vergleichbar mit Grundwerten wie „Freiheit“, „Gerechtigkeit“ und „Demokratie“.

Leitbild „Nachhal-tige Entwicklung “

Grundregelnfür dieRessourcennutzung

Auswirkungen auf die sozialen und ökonomischen Strukturen

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18 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

gesellschaftlicher Aushandlungsprozesse verwiesen (Minsch et al. 1998). Dies führte aber dazu, dass auch die Gewichtung zwischen den einzelnen Dimensionen als Verhandlungssache angesehen wurde. Hierdurch hat sich entsprechend der gesellschaftlichen Machtverhältnisse ein Überge-wicht ökonomischer Kriterien im Nachhaltigkeitsdiskurs eingestellt.3

Die Verbreiterung des Nachhaltigkeitskonzeptes in Richtung einer all-gemeinen, nationalen Reform-Agenda durch die rot-grüne Bundesregie-rung (Bundesregierung 2002) blieb nicht ohne Kritik. Der Rat von Sach-verständigen für Umweltfragen (SRU) merkt in seinem Umweltgutachten 2002 an: „Das in Deutschland politisch einflussreiche Drei-Säulen-Konzept hat zunächst zu einer Aufwertung der Umweltbelange geführt, da es die Gleichrangigkeit von ökonomischer, ökologischer und sozialer Entwicklung postuliert. Ergebnisse von Forschungsprojekten, die mit diesem Konzept arbeiten, wie auch der politische Umgang mit diesem Konzept machen allerdings deutlich, dass das Drei-Säulen-Konzept zu einer Art Wunschzettel verkommt, in den jeder Akteur einträgt, was ihm wichtig erscheint. Das Konzept begünstigt damit zunehmend willkürliche Festlegungen.“4 In der Praxis ist aber eher ein Zielpluralismus anzutref-fen. Auch nimmt das Nebeneinander zahlreicher sektoraler Nachhaltig-keitsansätze zu (vgl. Kopfmüller et al. 2001).

Für Politikstrategien der nachhaltigen Entwicklung ist die Verbindung zwischen der globalen Problemsicht und den lokalen Verhältnissen es-sentiell. Die Umsetzung der Agenda 21 beinhaltet die Erarbeitung von Strategien zur Förderung einer zukunftsfähigen Entwicklung im lokalen und regionalen Maßstab. Dies umfasst die mittel- bis langfristige politi-sche Absicherung der vereinbarten Ziele, die gezielte Zusammenarbeit mit Bürgern und lokalen Institutionen, die Stärkung der lokalen und regi-onalen Ökonomie sowie ein verantwortungsvoller Umgang mit natürli-chen Ressourcen auch im regionalen Kontext. Vor dem Hintergrund tra-ditioneller Politik und mit der Unterstützung vieler sozialer und ökologi-scher Bewegungen haben sich daraus zahlreiche lokale Agenda 21-Aktivitäten entwickelt.

Welche Normen in die lokalspezifischen Anforderungen übersetzt wer-den (Jörissen 2005) muss als offen gelten, da die Selektion bottom-up erfolgt. Insofern ist auch im Politikfeld der Abfallwirtschaft nicht per se gewährleistet, dass substantielle Ziele der Nachhaltigkeit, tatsächlich die lokale oder regionale Strategie, wie sie in den Abfallwirtschaftskonzep-ten festgelegt wird, bestimmen.

3 Ein Beleg hierfür ist auch die Studie „Momentaufnahme“ des Nachhaltigkeitsrates (2004).

4 Punkt 2 der Zusammenfassung 2002, www.umweltrat.de/gut02kf1.htm

Verbreiterung des Nachhaltigkeits-

konzeptes

Globale Problemsicht und

lokale Verhältnisse

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1. Von der Daseinsvorsorge zur Nachhaltigkeit in der Abfallwirtschaft 19

1.2.2 Ressourcenschonung und Verbesserung der Ressourcen-produktivität: Was kann die Abfallwirtschaft leisten?

Um ein Zielsystem „nachhaltige Entwicklung“ für die Abfallwirtschaft zu entwerfen, müssen in konzeptioneller Hinsicht zunächst der Rohstoff-verbrauch einer Gesellschaft und das Stoffstrommanagement in der Ab-fallwirtschaft als ein gemeinsames System verstanden werden. Ziele des gesamtgesellschaftlichen Ressourcenmanagements wie die Schonung der Primärressourcen müssen mit bestehenden Ansätzen des Umwelt- und Emissionsschutzes verbunden werden. Hierbei sind die neuen Problem-dimensionen der Nachhaltigkeit zu beachten: Entwicklungsgerechtigkeit im globalen Maßstab bei gleichzeitiger Wahrung der natürlichen Lebens-grundlagen.

Konkret stellt sich die Frage, welchen Beitrag die Abfallwirtschaft zu einer verbesserten gesellschaftlichen Ressourcenproduktivität (Entwick-lungsperspektive) und zum Potenzialerhalt der natürlichen Lebensgrund-lagen (Schutzperspektive) leisten kann. Um diese Frage näherungsweise zu beantworten, soll zunächst ein Orientierungsraster entwickelt werden, in dem zwischen der Innovations- und Schutzperspektive als mögliche Handlungskorridore unterschieden wird.

Huber (1995) unterscheidet für die ökologische Perspektive drei Teilstra-tegien: Effizienz, Konsistenz und Suffizienz. Mit Effizienz ist verbunden, den Einsatz von Stoffen und Ressourcen pro Ware und Dienstleistung zu verringern. Die Konsistenz zielt auf die Integration der Stoffströme in natürliche Kreisläufe, die Suffizienz wiederum fragt aus der Perspektive des Wohlergehens des Einzelnen und der Gemeinschaft: Was ist genug? (Wuppertal Institut 2006: 165 f.) Die Umsetzung dieser Strategien zielt auf eine grundlegende Veränderung bestehender Produktions- und Kon-summuster. In Tabelle 1-1 werden die Strategien der Effizienz, Konsis-tenz und Suffizienz mit den möglichen Handlungsoptionen in der Ab-fallwirtschaft verbunden.

Tabelle 1-1: Nachhaltigkeitsstrategien in der Abfallwirtschaft.

Innovationsstrategien in der Abfallwirtschaft

Schutzstrategien in der Abfallwirtschaft

Effizienz Anlagenauslastung, logistische Optimierung, differenziertes Stoffstrommanagement, Nut-zung der Abwärme

Reduzierung des Rohstoff-verbrauchs Klimaneutrale Abfallwirtschaft

Konsistenz Aufbau und Nutzung regenera-tiver Energiequellen Erhalt von Ordnungsniveaus von Materialien

Schadstoffentfrachtung, umweltkon-forme Ablagerung von Schlacken u. Filterstäuben Stärkung biologischer Kreisläufe Hygiene

Suffizienz Wieder- und Weiterverwendung Produktdauerverlängerung

Abfallvermeidung, Abfallarmes Einkaufsverhalten, Stadtsauberkeit

Zielsystem„NachhaltigeEntwicklung“

Beitrag der Abfallwirtschaft zur Ressourcen-produktivität

Strategien für die ökologischePerspektive

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20 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

In den genannten Zielbereichen sind Maßnahmen mit einer unterschiedli-chen Reichweite möglich. Effizienzziele können z. B. sowohl bei der Optimierung von bestehenden Entsorgungsanlagen als auch in Bezug auf die Verringerung des Ressourceneinsatzes in der gesamten Wertschöp-fungskette verfolgt werden.5 Ein solcher Ansatz führt konsequenterweise zur Einbeziehung von Produzenten und Konsumenten. Diese akteurspoli-tische Erweiterung erfordert von der Abfallwirtschaft eine strategische Neuorientierung. Stand bisher die Entsorgungssicherheit am Ende der Wertschöpfungskette im Mittelpunkt, so orientiert sich ein nachhaltiges Abfallmanagement mehr auf die Reduzierung des Ressourceninputs, die Erhöhung der Ressourcenproduktivität sowie auf eine grundsätzliche Nutzendauerverlängerung der Materialströme auf gleichem Komplexi-tätsniveau (Wiederverwendung, Weiterverwendung) in der Technosphäre (vgl. v. Gleich 1999). Nachhaltige Recyclingstrategien zielen darauf, die Entnahme von Primärrohstoffen zu verringern, in dem das funktionale Ordnungsniveau der Materialien möglichst lange erhalten bleibt.

Weitere Anstöße für eine verbesserte Material- und Energieeffizienz sind vor allem durch die Verknappung und Verteuerung der Rohstoffe zu er-warten (Bleischwitz 2005). Aufgrund der Gesamtsituation auf den inter-nationalen Rohstoffmärkten ist es als eine dauernde Herausforderung anzusehen, Instrumente und Maßnahmen zur Verbesserung der Material-effizienz zu entwickeln (Liedtke/Busch 2005). Bei der Umsetzung dieser Strategien muss sich die Abfallwirtschaft mit ihrem spezifischen, entsor-gungsorientierten Stoffstrommanagement in Beziehung setzen zu den Managementansätzen in Industrie und Handel. Hierbei sollten die unter-schiedliche Materialintensität und die technische Substitutionsflexibilität der verschiedenen Branchen berücksichtigt werden. Hierdurch können Kosten eingespart, aber auch die Abhängigkeit von einzelnen Stoffströ-men vermindert werden.

Die hiermit verbundenen Einsparpotenziale wurden durch ein gemeinsa-mes Forschungsprojekt von Arthur D. Little (ADL) und dem Wuppertal

Tabelle 1-2).

Die Steigerung der Ressourcenproduktivität bei der Nutzung von Mate-

men, eröffnet neue Marktchancen und trägt zur Sicherung von Arbeits-plätzen bei (ADL et al. 2005, Hennicke 2005).

5 Die Zuordnung erfolgt idealtypisch, d. h. in der Praxis wird es zwischen den Ziel-ebenen immer Überlappungen und Schnittmengen geben, die bei der Gestaltung des Politikfeldes „Hausmüllentsorgung“ zu beachten sind.

Maßnahmen mitunterschiedlicher

Reichweite

Verbesserte Material- und

Energieeffizienz

Institut für einzelne ressourcenintensive Branchen abgeschätzt (siehe

rial, Energie und Wasser schafft Wettbewerbsvorteile für die Unterneh-

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1. Von der Daseinsvorsorge zur Nachhaltigkeit in der Abfallwirtschaft 21

Tabelle 1-2: Materialeinsatz und Einsparpotenziale der nächsten 7–10 Jahre in vier ausgewählten Branchen.

Branche Materialeinsatz (Mrd. €)

Geschätztes Einsparpotenzial

(Mrd. €)Herstellung von Metallerzeugnissen 18,6 0,8–1,5 Herstellung von Anlagen zur Elektrizi-tätserzeugung, -verteilung, u. ä.

10,2 1,5–3,0

Chemische Industrie (ohne Grundstoffin-dustrie)

11,1 1,8–3,4

Herstellung von Kunststoffwaren 10,8 1,0–2,0 Quelle: ADL et al. 2005, 7.

Aufgrund ihres spezifischen Know-hows (Blings/Spöttl 2003) kann die Abfallwirtschaft bestehende Effizienzstrategien der Unternehmen durch Beratung und spezielle Dienstleistungen unterstützen: z. B. Verminde-rung von Ausschuss, Qualitätsverbesserung, Optimierung der Produkti-onsprozesse, ressourcenschonendes Produktdesign, recyclingorientiertesProduktdesign, Werkstoffrecycling, bessere Auslastung von Geräten und Anlagen sowie die Koordination des Stoffstrommanagements in Wert-schöpfungsketten. Im regionalen Umfeld sind auch stoffliche und ener-giebezogene Vernetzungen in Industrieparks und in ökologischen Sied-lungs- und Gewerbegebieten möglich.

Das Zielkonzept einer nachhaltigen Ressourcennutzung kann bei der Umsetzung auf verschiedene Hemmnisse stoßen (vgl. Schink 2000). Eine nachhaltige Ressourcennutzung ist auf Rückführung der in der Abfall-wirtschaft gewonnenen Stoffe in die ursprünglichen Produktionsprozesse angewiesen. Voraussetzung hierfür ist die Recyclingfähigkeit, über die bereits beim Design der Produkte entschieden wird. Die Entscheidungen der Produzenten und Hersteller über die Zusammensetzung und Trennfä-higkeit der Produkte beeinflussen damit entscheidend die Möglichkeit der Abfallwirtschaft zur Abfallvermeidung und zur Verwertung. Die Möglichkeiten der Abfallwirtschaft mit ihrem bestehenden Instrumenta-rium hierauf Einfluss zu nehmen, sind begrenzt.

Hinzu kommt, dass sich in der Entsorgungswirtschaft ein Selbstverständ-nis verfestigt hat, welches die Aufgaben nachsorgend am Ende der Ver-ursacherkette definiert (Bleischwitz 2003). Der Investitionsschwerpunkt liegt im Bereich der Entsorgungs- und Recyclinganlagen (einschl. Logis-tik). Vor diesem Hintergrund steht auf der einzelwirtschaftlichen Ebene das Ziel im Vordergrund, diese Anlagen optimal auszulasten. Eine sys-tematische Strategie zur Verringerung des Restabfallaufkommens könnte auf der Entsorgungsseite zu Umsatzeinbußen führen und damit die Ren-dite getätigter Investitionen gefährden.

Unterstützung der Effizienzstrategiender Unternehmen

Hemmnisse zur nachhaltigen Res-sourcennutzung

,

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22 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

Gesamtgesellschaftliche RessourcenproduktivitätWas kann die Abfallwirtschaft leisten?

Produktion

Produkt-gestaltung

Rohstoff-gewinnung

Nutzung

DemontageTrennung

VerwertungReststoff-behandlung

Wertschöpfungs-partnerschaft

Märkte, Wettbewerb

Gesetze und Verordnungen

Konsumniveau, demograph. Wandel

Daseinsvorsorge, Gemeinwohl

Vor diesem Hintergrund ist zu erwarten, dass die Abfallwirtschaft sich nur schrittweise und vorsichtig dem neuen Ziel der Ressourcenschonung nähern wird. Zunächst müssen neue Geschäftsmodelle entwickelt wer-den, die es der Abfallwirtschaft ermöglichen, in der Kooperation mit ver-schiedenen Akteuren aus der Wirtschaft an den Vorteilen einer erhöhten Ressourcenproduktivität zu partizipieren (z. B. BIFFA 2003, BVSE 2004). In einem solchen Modell wandelt sich der Abfallwirtschaftsbe-trieb sukzessive vom Entsorger zum Stoffstrom- und Material-Dienstleister (Wemhoff 2002).

In dem Maße, wie die Abfallwirtschaft die Materialströme in den vorge-lagerten Bereichen der Produktion und des Konsums ins Auge fasst, kann sie einen Beitrag zur Verbesserung der Ressourcenproduktivität und zur integrierten Produktpolitik leisten. Die gegenwärtigen Veränderungen auf den Rohstoffmärkten zeigen die Dringlichkeit eines derartigen Ansatzes auch aus volkswirtschaftlicher Sicht auf. Die Abfallwirtschaft bewegt sich damit in einem Spannungsfeld von neuen marktlichen, gesetzlichen und gesellschaftlichen Anforderungen, der sie nur gerecht werden kann, wenn sie sich im Rahmen der Wertschöpfungsketten als aktiver Partner von Industrie und privaten Haushalten definiert.

Abbildung 1-1: Abfallwirtschaft als Wertschöpfungspartner.

Entwicklung neuer Geschäftsmodelle

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1. Von der Daseinsvorsorge zur Nachhaltigkeit in der Abfallwirtschaft 23

1.3 Daseinsvorsorge und Nachhaltigkeit – Integra-tion der Zielkonzepte für die kommunale Ebene

Der Begriff der Daseinsvorsorge geht auf den Verwaltungsrechtler Ernst Forsthoff zurück (Blümel 2003) und zielt auf eine umfassende Gemein-wohlverpflichtung des Staates zur Sicherung der Grundversorgung mit sozi-alen, kulturellen und technischen Infrastrukturleistungen (Bocklet 2001: 12). Heute wird dieser Begriff von den Kommunen benutzt, um „ihr Verständnis von einer durch die Stadt- oder Kommunalwirtschaft zu gewährleistenden Grundversorgung ihrer Bewohner auszudrücken, die auch gerade sozial schwächeren Bevölkerungsgruppen den Zugang zu öffentlichen Dienstleis-tungen und Angeboten ermöglicht“ (Osthorst 2002: 48).

Die Diskussion um die Ausgestaltung der Daseinsvorsorge weist in der Abfallwirtschaft einige Besonderheiten auf. Zunächst ist zu beachten, dass nur noch ein Teil des abfallwirtschaftlichen Geschehens im Verant-wortungsbereich der Kommunen liegt. Mit der Novellierung des Kreis-laufwirtschaftsgesetzes 1996 wurde den Kommunen bereits durch den Gesetzgeber die Zuständigkeit für die Gewerbeabfälle genommen. Gleichzeitig existieren im Konsumgüterbereich zahlreiche Verordnun-gen, die auf eine Verantwortung der Hersteller abstellen (Elektronik, Alt-autos, Batterien). Auch für Verpackungen wurde mit dem Grünen Punkt und der Linzenzvergabe für die Entsorgung an das Duale System Deutschland (DSD) ein gesonderter Verwertungspfad geschaffen. Letzt-lich unterliegt damit nur noch die Restmüllentsorgung der Haushalte dem unmittelbaren kommunalpolitischen Einfluss. Diese wird nach der euro-päischen Rechtssprechung als Dienstleistung von allgemeinem wirt-schaftlichen Interesse angesehen (Cronauge 2003; Thärichen 2004).

Daseinsvorsorge in der Abfallwirtschaft und nachhaltige Entwicklung sind Zielkonzepte auf der kommunalen Ebene, die durch ihre unter-schiedlichen institutionellen Anbindungen und Bezüge eher schwach verknüpft sind. Da in der Nachhaltigkeitsdebatte zunehmend aber auch soziale und ökonomische Fragen diskutiert werden (Rat für nachhaltige Entwicklung 2004), eröffnen sich vielfältige Möglichkeiten, die beiden Zielkonzepte miteinander zu verbinden. Hierbei ist es notwendig, die zum Teil sehr abstrakten Ziele aus den übergeordneten Bereichen (EU-Ressourcenstrategie, Ziel 2020 von UBA und BMU, siehe hierzu auch Keßler 2004) für das Handlungsfeld der kommunalen Abfallwirtschaft zu konkretisieren und mit Leben zu füllen. Tabelle 1-3 verdeutlicht entlang gemeinsamer Gestaltungsdimensionen, wie die einzelnen Inhalte der Strategien aufeinander bezogen werden können.

Für die weitere Umsetzung dieser Ziele können je nach Ausgangs- und Problemlagen in den Kommunen unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden (Hartmuth/Rink 2003). Auch ist zu prüfen, welchen Einfluss die verschiedenen Organisationsmodelle in der Abfallwirtschaft auf die Fä-higkeiten haben, diese Ziele zu verfolgen.

Daseinsvorsorge

Besonderheitenin derAbfallwirtschaft

Zielkonzepte auf kommunaler Ebene

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24 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

Tabelle 1-3: Integration der Zielkonzepte auf der kommunalen und regionalen Ebene.

Gestaltungs-dimension

Nachhaltigkeit Daseinsvorsorge Kommunale und regio-nale Konkretisierung

Ökologisch Ressourcenscho-nungErhalt der Rege-nerationsfähig-keit natürlicher Systeme Artenvielfalt Biodiversität Minimierung schädlicher Treibhausgase

Abfallvermeidung Hochwertige Ver-wertung Vollständige Ver-wertung Reduzierung schäd-licher Wirkungspo-tenziale Nutzung des ener-getischen Poten-zials Abfallwirtschaft als Rohstoffwirtschaft Erhöhung des Selbstversorgungs-grades

Beitrag zur Umwelt- und Lebensqualität in der Region Regionales Stoffstromma-nagement Verbindung von Entsor-gungs- und Versorgungs-funktion (z. B. Fernwär-menetze, dezentrale Ener-gieerzeugung, Biogas-erzeugung)Verringerung der örtlichen Umweltbelastung Beitrag zur lokalen Agen-da 21 (z. B. klimapoliti-sche Ziele)

Sozial Ausbildung und Qualifizierung in neuen Geschäfts-feldernMinimierung von Gesundheitsrisi-ken

Beschäftigungssi-cherung, Tariftreue Sozialverträgliche Gebührengestaltung Minimierung der Gesundheitsrisiken am Arbeitsplatz

Kommunale Unternehmen als sozialverantwortlicher ArbeitgeberQualifizierung über den eigenen Bedarf hinaus Verbindliche Gestaltung der Sozialleistungen

Ökonomisch Eigenkapital, Investitionssi-cherheitEffizienz

Entsorgungssicher-heit Investitionen in umweltsichere und ressourceneffiziente Anlagen

Wertzuwachs des Unter-nehmens, Abführung des Unternehmensgewinns an die Kommune Beitrag zur regionalen Wertschöpfung Stärkung der lokalen Kaufkraft

Räumlich Keine Problem-verlagerung von Risiken

Beachtung des Nähe- und Autar-kieprinzips Kein Mülltourismus Minimierung des Transportaufwan-des

Anpassung der Logistik an raumstrukturelle und städtebauliche Besonder-heiten

Partizipativ Nachhaltigkeit als regulative Idee, die durch gesellschaftliche Diskurse weiter konkretisiert wird

Aktive kommunal-politische Steue-rung der Abfall-wirtschaft Stakeholderdialoge mit Verbraucher- und Umweltver-bänden

Transparenz der Planun-gen und Entscheidungen Kundenfreundliches Beschwerdemagement Kooperation mit Schulen und sozialen Einrichtun-gen

Institutionell Bereitstellung ausreichenderKapazitäten zur Problembearbei-tung

Vorausschauende Abfallplanung Ausbau der inter-kommunale Koope-ration

Kontinuierliche und flä-chendeckende Bereitstel-lung der Leistungen Synergien mit anderen kommunalen Unterneh-men nutzen (z. B. Stadt-werke)

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1. Von der Daseinsvorsorge zur Nachhaltigkeit in der Abfallwirtschaft 25

Die Kommunalpolitik steht hierbei vor der Herausforderung, durch poli-tische Vorgaben diesen Prozess zu steuern. Hierbei sollten die bestehen-den Abfallwirtschaftskonzepte einer Prüfung unterzogen werden. Fol-gende Fragen sind hier zu stellen:

- Wie kann die Abfallwirtschaft zur regionalen Rohstoffwirtschaft wer-den? Welchen Beitrag kann die Abfallwirtschaft zur Schonung von Primärrohstoffen leisten?

- Wird in den Abfallwirtschaftskonzepten eine kommunale oder regio-nale Eigenerzeugungsquote festgelegt? Z. B. bezogen auf die Bereit-stellung von Energie und Wärme.

- Gibt es Erkenntnisse über den Ressourcenverbrauch in der Abfall-wirtschaft? Z. B. Ökobilanzen für einzelne Prozesse und Verwer-tungsverfahren.

- Gibt es Vorgaben für ein regionales Stoffstrommanagement im Be-reich der biogenen Fraktion? Z. B. Klärung des Verwertungspfades: Kompostierung oder Vergärung.

- Wurden in Zusammenarbeit mit der örtlichen Industrie Verwertungs-kaskaden aufgebaut? Hierbei sollten die unterschiedlichen regionalen Schwerpunkte und Spezialisierungen entsprechend der Wirtschafts-struktur berücksichtigt werden.

- Welche Möglichkeiten bestehen, recycelte Baumaterialien und Baustof-fen auch wieder in örtlichen Bauvorhaben einzusetzen? Gibt es hierzu zumindest für den öffentlichen Bereich Beschaffungsrichtlinien?

1.4 Literatur

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Prüfung bestehen-der Abfallwirt-schaftskonzepte

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26 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

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Blümel, W. (Hrsg.) (2003): Ernst Forsthoff. Kolloquium aus Anlass des 100. Geburtstags von Prof. Dr. Dr. h. c. Ernst Forsthoff. Berlin.

Bocklet, R. (2001): Leistungen der Daseinsvorsorge im Konflikt mit EU-Wettbewerbsrecht. In: Schader-Stiftung (Hrsg.) (2001): Die Zukunft der Daseinsvorsorge – Öffentliche Unternehmen im Wettbewerb. Schader-Kolloquium Darmstadt, S. 27f.

Bringezu, S. (2002): Towards Sustainable Resource Management in the EU. Wuppertal Paper 121, Wuppertal.

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Enquête-Komission „Schutz des Menschen und der Umwelt“ des Deut-schen Bundestages (1994): Die Industriegesellschaft gestalten. Per-spektiven für einen nachhaltigen Umgang mit Stoff- und Material-strömen. Bonn.

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Grober, H. (1999): Der Erfinder der Nachhaltigkeit. In: Die Zeit, Nr. 48, 25.11.1999.

Hahn, J. (2004): Vollständige Verwertung ist machbar. In: Umwelt-magazin 06/2004, S. 10–12 ff.

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28 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

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Schug, H., Krück, C., Ploetz, C., Schmidt, O., Serwe, H.-J., Werner, T., Zweck, A. (2005b): Die Zukünfte der Abfallwirtschaft – Eine Szenario-Analyse auf der Grundlage von Schlüsselfaktoren kann die Strategie- und Maßnahmenplanung in der Abfallwirtschaft unter-stützen. MüllMagazin, 4/2005, S. 31–33.

Schug, H., Krück, C., Ploetz, Ch., Zweck, A. (Hrsg.) (2005a): Nachhal-tigkeit in der Abfallwirtschaft. VDI Band 56. Düsseldorf.

SRU (Der Rat von Sachverständigen für Umweltfragen) (2002): Um-weltgutachten 2002, Für eine neue Vorreiterrolle. Berlin.

Thärichen, H. (2004): Öffentliche Interessen im Abfallrecht – Zum Rechtsbegriff der „überwiegenden öffentlichen Interessen“ im Kreis-laufwirtschafts- und Abfallgesetz.- Abfallwirtschaft in Forschung und Praxis, Band 130. Berlin.

VKS im VKU: Verband Kommunale Abfallwirtschaft und Stadtreini-gung im VKU (2003): Zukunft der kommunalen Entsorgungswirtschaft auf dem europäischen und nationalen Prüfstand. Köln.

Wemhoff, H. (2002): Ökologieorientierte und marktbezogene Kon-zeption einer Reduktionswirtschaft in einer Kreislaufwirtschaft, Hei-delberg.

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2 INTEGRATION VON NACHHALTIGKEIT IN DIEABFALLWIRTSCHAFTSPRAXIS

Hartmut Schug

Zukünftige Technologien Consulting (ZTC) der VDI Technologiezentrum GmbH, Düsseldorf

2.1 Einleitung

Nachhaltigkeit wird von zahlreichen Interessengruppen eingefordert; dabei sind nachhaltige Elemente bereits in Planungen der Abfallwirt-schaft integriert – auch wenn sie nicht immer explizit so benannt werden. Nicht immer ist es einfach, den Begriff der Nachhaltigkeit zu verstehen, denn Nachhaltigkeit wird vielfach und vielfältig gebraucht und besitzt je nach Kontext unterschiedliche Bedeutungen. Eine Konkretisierung und Präzisierung sowie eine branchenorientierte Aufbereitung – auch für die Abfallwirtschaft – scheinen daher geboten.

Dieser Artikel soll dazu beitragen, die vorliegenden Konzepte für eine nachhaltige Entwicklung branchenspezifisch für die Abfallwirtschaft zu operationalisieren und für die Praxis – also für das Alltagshandeln – nutzbar zu machen.6 Handlungsoptionen sollen erkannt werden, damit Schwerpunkte im eigenen Handeln gesetzt werden können, die als Grundlage für eine nachhaltige Entwicklung dienen, die ökonomische, ökologische und soziale Belange gleichermaßen einbezieht.

2.2 Nachhaltigkeit

Das Ziel einer nachhaltigen Entwicklung findet breite Zustimmung. Da Nachhaltigkeit werteorientiert ist, liegen unterschiedliche Zielvorstellun-gen vor, die je nach Akteurs- oder Interessengruppe unterschiedlich beur-teilt werden.

2.2.1 Definition

Nachhaltigkeit ist, den Bedürfnissen der heutigen Generation zu entspre-chen, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen7. Seit dem Rio-Gipfel von 1992 wer-den nicht mehr nur vorrangig der langfristige Schutz von Umwelt und Ressourcen verfolgt, sondern gleichermaßen auch auf die Verwirkli-

6 Dieses Ziel verfolgt auch das Forschungsprojekt „KIDA – Kooperation in der Ab-fallwirtschaft“. KIDA ist BMBF-gefördert im Rahmen der sozial-ökologischen For-schung und wird durch Zukünftige Technologien Consulting (ZTC) der VDI TZ GmbH durchgeführt, www.nachhaltige-abfallwirtschaft.de.

7 Abschlussbericht der Brundtland-Kommission, 1987.

Konkretisierung von Nachhaltigkeit

Drei-Säulen-Modell

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30 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

chung sozialer und ökonomischer Ziele gesetzt. Das hieraus abgeleitete Drei-Säulen-Modell mit Ökonomie, Ökologie und Sozialem hat aus Praktikabilitätsgründen eine weite Verbreitung erlangt und dient in die-sem Beitrag als Grundlage zur Strukturierung von Nachhaltigkeit.

Der Begriff der Nachhaltigkeit wird derzeit in zahlreichen Kontexten – z. T. missbräuchlich und inflationär8 – benutzt; daher wird auch empfoh-len, den Begriff Nachhaltigkeit nicht zu wichtig zu nehmen9.

Hinsichtlich der o. g. Definition von Nachhaltigkeit und den daraus un-mittelbar abgeleiteten Zielen herrscht breiter Konsens, da sie allgemein-gültig sowie konsensorientiert formuliert sind. Kontrovers ist jedoch die Diskussion um die Praxisrelevanz von Nachhaltigkeit und wie Nachhal-tigkeit im Alltagshandeln umgesetzt werden kann. Der vorliegende Bei-trag bietet hierfür keine fertigen Lösungen, sondern möchte Anstöße für die weiteren Diskussionen geben.

2.2.2 Eigenschaften

Nachfolgend werden einige der hier relevanten Eigenschaften von Nach-haltigkeit kurz beschrieben.

Nachhaltigkeit ... ... ist prinzipiell nichts Neues, bietet jedoch einen neuen Mehrwert. Ökonomische, ökologische sowie soziale Aspekte standen seit jeher im Fokus unternehmerischen Handelns. Während bei der ökologischen Be-wegung insbesondere die Aspekte des Umweltschutzes und der Ressour-cen im Vordergrund standen, stehen bei der Nachhaltigkeit die Ökono-mie, Ökologie sowie das Soziale prinzipiell gleichrangig nebeneinander. Obwohl diese Aspekte nicht neu sind, kann Nachhaltigkeit einen NEUEN MEHRWERT bieten, der mehr ist als die bloße Summe der drei Aspekte Ökonomie, Ökologie und Soziales (siehe Kap. 2.7).

... ist werteorientiert. Werte sind „Vorstellungen über Eigenschaften (Qualitäten), die Dingen, Ideen, Beziehungen u. a. m. von Einzelnen (sozialen Akteuren) oder von sozialen Gruppen von Menschen oder von einer Gesellschaft beigelegt werden und die den Wertenden wichtig und wünschenswert sind“10.

8 „Wenn einem nichts anderes mehr einfällt, spricht man von einer ‚nachhaltigen Ent-wicklung‘ ...“, Zitat Klaus Töpfer, Direktor des UN-Umweltprogramms, ehem. deut-scher Umweltminister, www.learn-line.nrw.de/angebote/agenda21/info/nachhalt.htm.

9 Clausen, J. u. a. (2001): Der Nachhaltigkeitsbericht – Ein Leitfaden zur Praxis glaub-würdiger Kommunikation für zukunftsfähige Unternehmen, Hrsg.: Institut für ökologi-sche Wirtschaftsforschung + imug Institut für Markt – Umwelt – Gesellschaft, 2001.

10 „Wertvorstellung“, http://de.wikipedia.org/wiki/Wertvorstellung.

Konsens undKontroversen

Mehrwert von Nachhaltigkeit

Umsetzungvon Werten

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2. Integration von Nachhaltigkeit in die Abfallwirtschaftspraxis 31

Nachhaltigkeit ist werteorientiert, d. h. mit nachhaltigem Handeln wird immer die Umsetzung von Werten verfolgt. Werte unterliegen dem menschlichen Gefühl, dem Geschmack, aber auch der Erziehung und Sozialisation. Nachhaltigkeit besitzt daher immer subjektive Komponen-ten. Somit ist bei der Frage, wie Nachhaltigkeit denn nun konkret ausse-hen soll, zu Recht zu erwarten, dass es zahlreiche Antworten geben wird.

Nachhaltigkeit erhält durch diese Werte normativen Charakter, d. h. Nachhaltigkeit ist immer mit einer bestimmten Zielvorstellung verbun-den, wie diese Nachhaltigkeit aussehen sollte. Diese Zielvorstellung kann jedoch je nach Akteurs- oder Interessengruppe unterschiedlich sein.

Bei der Diskussion um Nachhaltigkeit stehen sich diese unterschiedli-chen Wert- und Zielvorstellungen gegenüber, die objektiven Entschei-dungskriterien nur bedingt zugänglich sind. Bei Nachhaltigkeitsdiskursen geht es daher vor allem auch um den Austausch von Meinungen und Standpunkten, also dieser verschiedenen Wert- und Zielvorstellungen der Akteure und Interessengruppen. Aus den Werten und Zielen lassen sich schließlich Handlungsoptionen ableiten.

... ist kontextbezogen. Die aus Nachhaltigkeitsstrategien heraus formulierten Leitbilder und Zie-le gelten jeweils nur für einen ganz bestimmten Anwendungszusammen-hang und sind an konkrete räumliche, zeitliche, soziale und politische Gegebenheiten angepasst. Daher fokussieren die Nachhaltigkeitsleitbil-der und -ziele sowie die daraus entwickelten Nachhaltigkeits-Indikatoren-Sets immer auf einen bestimmten Analyseraum (siehe Kap.2.3.1.2). Auch die Branchenorientierung, z. B. die gezielte Aufbereitung für die Abfallwirtschaft, gehört zu dieser Kontextualisierung.

... hat übergreifende Auswirkungen. Nachhaltigkeit wirkt sich – obwohl immer kontextbezogen ausgerichtet – räumlich, zeitlich, sozial sowie politisch übergreifend aus und beschränkt sich daher nie nur auf den Analyseraum.

... ist ein kontinuierlicher Prozess. Je allgemeiner die Leitbilder einer nachhaltigen Entwicklung formuliert sind, desto dauerhafter sind sie, desto ferner sind sie jedoch i. d. R. dem Tagesgeschäft. Aber je näher sich die Nachhaltigkeitsstrategien am Ta-gesgeschäft orientieren, aber desto häufiger bedürfen sie – vergleichbar mit den Unternehmensstrategien – einer kritischen Überprüfung sowie einer Anpassung. Die Integration von Nachhaltigkeit in die Praxis ist daher keine einmalige Aktion, sondern ein kontinuierlicher Prozess.

... lässt sich nicht messen. Nachhaltigkeit lässt sich nicht unmittelbar messen, sondern kann ledig-lich durch qualitative und quantitative Methoden darstellt werden (siehe Kap. 2.3).

Anpassung an vorhandeneGegebenheiten

Auswirkung auch außerhalb desAnalyseraums

Überprüfung und Anpassung von Nachhaltigkeits-strategien

Darstellung von Nachhaltigkeit

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32 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

2.2.3 Umsetzung von Nachhaltigkeit

Um das allgemeine Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung umzusetzen, muss es kontextbezogen aufbereitet und operationalisiert werden.11 Nur diejenigen Akteure, die einen unmittelbaren Einfluss auf die Gestaltung von Prozessen und Produkten besitzen, können die Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung bewirken.

Die Umsetzung kann durch selbstbestimmte Ziele bottom-up-orientiert erfolgen; die Setzung von Randbedingungen erfolgt top-down, wie z. B. die Sicherheit am Arbeitsplatz oder Emissionsbeschränkungen durch die Gesetzgebung. Beide Möglichkeiten stehen nicht zwingend im Wider-spruch, sondern können sich gegenseitig ergänzen.

Sofern mit den Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit gleichzeitig auch die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen erhöht wird, ist die bottom-up-Umsetzung sehr wahrscheinlich. Um Nachhaltigkeit in der Praxis dauerhaft über einen bottom-up-Prozess zu platzieren, sollten daher ak-teursspezifische Handlungsoptionen für nachhaltiges Handeln aufge-zeigt sowie deren Wettbewerbsvorteile dargelegt werden.

2.3 Darstellung von Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit kann nicht unmittelbar gemessen werden, aber mit qualita-tiven und quantitativen Methoden lässt sich Nachhaltigkeit darstellen. Nachhaltigkeit kann z. B. durch Indikatoren dargestellt werden, die im Hinblick auf das Zielsystem „Nachhaltigkeit“ interpretiert werden müssen.

Nachhaltigkeit als komplexes Phänomen kann nicht unmittelbar gemes-sen werden. Nachhaltigkeit lässt sich aber mit quantitativen und qualita-tiven Methoden darstellen, aus denen Aussagen zur Nachhaltigkeit abge-leitet werden können.

Die Darstellung von Nachhaltigkeit kann beispielsweise folgenden Zielen dienen:

- Bestandsaufnahme und Berichterstattung, - Bestimmung von Handlungsbedarf, - Unterstützung von Entscheidungen, - Erfolgskontrolle der Zielumsetzung sowie - Öffentlichkeitsarbeit.

11 Siehe z. B.: Kommunale Problemfelder als Nachhaltigkeits-Kontext, Vortrag von Gerhard Hartmuth auf der Tagung „Raum für Nachhaltigkeit. Zur Kontextualisierung des Leitbildes“, 17.–18.06.2004, Leipzig, zitiert in Rink, D.: Raum für Nachhaltig-keit. Zur Kontextualisierung des Leitbildes. Tagungsbericht, Technikfolgenabschät-zung. Theorie und Praxis. Nr. 3, 13. Jahrgang – Dezember 2004, S. 135–142.

Kontextbezogene Aufbereitung von

Nachhaltigkeit

Quantitative und qualitative Darstel-

lungsoptionen

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2. Integration von Nachhaltigkeit in die Abfallwirtschaftspraxis 33

2.3.1 Quantitative Darstellung von Nachhaltigkeit

2.3.1.1 Indikatoren

Nachhaltigkeitsindikatoren sind geeignete12, quantifizierbare Messgrö-ßen, die einen Gradmesser darstellen, deren Höhe oder Veränderung den Schluss zulassen, ob sich ein System in Richtung nachhaltiger Entwick-lung bewegt.13

Die Messgrößen der Indikatoren allein bieten jedoch noch keine Aussa-gen über Nachhaltigkeit, sie müssen im Hinblick auf vergleichbare Werte des Zielsystems Nachhaltigkeit interpretiert werden; erst dann erhalten diese Messwerte eine entsprechende Aussagekraft.

Die Messwerte können insbesondere interpretiert werden im Hinblick auf

- die Entwicklung der Vorjahre, - Zielgrößen, die selbst gesetzt sind (z. B. im Rahmen von strategischer

Planung unter Einbindung der Balanced Scorecard) oder die in Nach-haltigkeits-Leitfäden vorgeschlagen wurden,

- Messwerte anderer Akteure aus gleicher oder anderer Branche (benchmarking).

2.3.1.2 Nachhaltigkeits-Indikatoren-Sets

Ein Nachhaltigkeits-Indikatoren-Set deckt durch repräsentativ ausge-wählte Indikatoren das gesamte Spektrum der ökonomischen, ökologi-schen und sozialen Aspekte von Nachhaltigkeit ab und kann daher eine umfassende Aussage zu Nachhaltigkeit liefern.14

Da die verschiedenen Nachhaltigkeits-Indikatoren-Sets jeweils für einen ganz bestimmten Anwendungszusammenhang erstellt sind, lassen sie sich nicht in jedem Kontext uneingeschränkt einsetzen. Eine gezielte Auswahl ist daher für den spezifischen Kontext notwendig.

12 Anforderungen an Indikatoren siehe z. B.: Kriterien und Indikatoren einer nachhalti-gen Jagd, Anforderungsprofil, www.biodiv.at/chm/jagd, 2004.

13 Keßler, H.: Ist Nachhaltigkeit messbar?, in: Schug, H. u. a. (Hrsg.): Nachhaltigkeit in der Abfallwirtschaft, Zukünftige Technologien Consulting der VDI TZ GmbH, ZTC-Band Nr. 56, S. 37–46, 2005.

14 Exemplarisch ausgewählte Nachhaltigkeits-Indikatoren-Sets: Diefenbacher, H. u. a.: Indikatoren nachhaltiger Entwicklung in Deutschland – Ein alternatives Indikatoren-system zur nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Reihe B, Nr. 30, Texte und Materia-lien der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft, Heidelberg, Juni 2004; Gemeinsam empfohlene Indikatoren zur kommunalen Nachhaltigkeit. Agenda-Transfer, Agentur für Nachhaltigkeit GmbH, Bonn, 2003; Perspektiven für Deutsch-land. Unsere Strategie für nachhaltige Entwicklung, Nachhaltigkeitsbericht der Bun-desregierung, 2002; Indikatoren für eine nachhaltige Entwicklung in NRW. Energie-agentur NRW, im Auftrag des Ministeriums für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport sowie des Ministeriums für Verkehr, Energie und Landesplanung des Landes NRW, 2003, www.indikatoren-nrw.de.

Quantifizierbare Meßgrößen als Gradmesser

UmfassendeAussagen zu Nachhaltigkeit

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34 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

Der Einsatz der Nachhaltigkeits-Indikatoren-Sets wird häufig durch Leit-fäden beschrieben. Für die betriebliche Ebene liegen bereits sowohl branchenübergreifende15 als auch branchenspezifische16 Leitfäden vor. Je branchennäher die Ziele einer nachhaltigen Entwicklung aufbereitet sind, desto praxisnäher ist ein Indikatoren-Set. Die Abfallwirtschaft kann sich bislang nur an brachenübergreifend ausgerichteten Nachhaltigkeits-Leitfäden sowie an good-practice branchengleicher Akteure orientieren; ein branchenspezifisch speziell für die Abfallwirtschaft aufbereiteter Leitfaden konnte bislang noch nicht ausfindig gemacht werden.

2.3.2 Qualitative Darstellung von Nachhaltigkeit

Die qualitative Darstellung von Nachhaltigkeit kann über exemplarisch ausgewählte good-practice-Beispiele erfolgen. Hierbei wird Nachhaltig-keit z. B. im Rahmen einer Geschichte (story) redaktionell aufbereitet, die eng an konkrete Personen oder ein konkretes Projekt geknüpft ist. Die Aufbereitung erfolgt i. d. R. emotional mit illustrierenden Fotos.

2.4 Nachhaltige Abfallwirtschaft

Die Zieldimensionen einer nachhaltigen Abfallwirtschaft sowie die dar-aus abgeleiteten Nachhaltigkeits-Indikatorensets sind bislang zu wenig zielgruppenspezifisch für die Abfallwirtschaftspraxis ausgerichtet. Eine unmittelbare Integration der vorliegenden Ergebnisse aus der Nachhal-tigkeitsforschung in die Abfallwirtschaftspraxis ist daher bislang nur punktuell bzw. erst nach Anpassung möglich.

2.4.1 Definition und Zieldimensionen

Eine nachhaltige Abfallwirtschaft steht vor den Aufgaben17

1. die Quantität der anfallenden Abfälle soweit wie ökonomisch ver-tretbar zur verringern und

2. die Qualität der verbleibenden Abfälle so zu gestalten, dass die in den Abfällen enthaltene Energie und enthaltenen Rohstoffe wie-derverwertet werden können und die in der Biosphäre verbleiben-den Reststoffe möglichst wenig klima- und naturschädlich sind.

15 Z. B. Global Reporting Initiative (GRI): Sustainability Reporting Guidelines 2002, Deutsche Übersetzung; Zukunftsfähiges Wirtschaften: ein Leitfaden zur Nachhaltig keitsberichterstattung von Unternehmen, Ministerium für Umwelt und Verkehr, Ba-den-Württemberg, 2003.

16 Z. B. GRI Sector Supplements: Automotive, Financial Services, Mining and Metals, Public Agency, Tour Operators, Telecommunications, In development: Apparel and Footwear, Logistics and Transportation; Indikatoren für die Entwicklung von nachhal-tigem Tourismus im Ostseeraum, Forschungsbericht 312 01 129, UBA-FB 000242.

17 Fritz, P. u. a.: Der Beitrag zur Abfallwirtschaft zu einer nachhaltigen Entwicklung in Baden-Württemberg, Sondergutachten, Nachhaltigkeitsbeirat der Landesregierung Baden-Württemberg (NBBW), 2005.

Leitfäden

Good-practice-Beispiele

Quantität und Qualität verblei-

bender Abfälle

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2. Integration von Nachhaltigkeit in die Abfallwirtschaftspraxis 35

In dieser Definition – in der wertebehaftete, normative Zielvorgaben in-tegriert sind – werden die Aufgaben zur Umsetzung einer nachhaltigen Abfallwirtschaft beschrieben. Auf der Grundlage dieser Definition wur-den Zieldimensionen für die Aspekte Ökonomie, Ökologie und Soziales abgeleitet (siehe Tabelle 2-1).

Tabelle 2-1: Zieldimensionen von Nachhaltigkeit in der Abfallwirtschaft (nach Fritz, P. u. a.: Der Beitrag zur Abfallwirtschaft zu einer nachhaltigen Entwicklung in Baden-Württemberg, 2005).

Ökonomie Ökologie Soziales

oWirtschaftlichkeitim weiten Sinn: Das Abfallwirtschaftssys-tem ist zu vertretba-ren gesamtwirtschaft-lichen Kosten (d. h. betriebswirtschaftli-che plus externe Kos-ten) zu gestalten.

oSchonung der nicht erneuerbaren Res-sourcen in erster Linie durch Vermeidung von Abfällen, in zwei-ter Linie durch Ver-wertung (z. B. Über-führung in einen ge-schlossenen Nut-zungskreislauf).

oVerstärkung des Ein-satzes erneuerbarer Ressourcen.

oVermeidung von Überlastungen der Aufnahme- und Re-generationskapazitä-ten der natürlichen Systeme.

oMinimierung der bei der Entsorgung und Verwertung von Ab-fällen entstehenden Umwelt- und Ge-sundheitsbeeinträch-tigungen.

oEntsorgungssicherheit: Für anfallende Abfälle muss die Vorhaltung ausreichender und geeigneter Behandlungskapazi-täten gewährleistet sein.

oEntsorgungsgerechtigkeit:Abfälle sollen möglichst ent-stehungsnah („Nähe-/Autar-kieprinzip“) und mit vergleich-baren Standards behandelt wer-den.

oPartizipation: Bei der Gestal-tung des Abfallwirtschaftssys-tems ist die Teilhabe der Be-troffenen an den Entschei-dungsprozessen zu gewährleis-ten.

oDie Resonanzfähigkeit der Gesellschaft gegenüber abfall-bezogenen Problemen ist zu sichern bzw. zu stärken.

oInternationale Verantwor-tung: Die ärmsten Staaten sind bei der Gestaltung geeigneter Abfallwirtschaftssysteme zu unterstützen, Abfälle sollten nicht „zur Verwertung“ in Län-der mit niedrigeren Umwelt-standards exportiert werden.

Schaut man sich die Definition und diese Zieldimensionen näher an, so stellt man fest, dass nicht alle Zieldimensionen gleichermaßen mit dem aktuellen Leistungsprofil der Abfallwirtschaftspraxis umgesetzt werden können, z. B. die Verstärkung des Einsatzes erneuerbarer Ressourcen.

Eine nachhaltige Abfallwirtschaft geht somit weit über die umweltgerechte Entsorgung von Abfällen hinaus. Aber nur diejenigen dieser Ziele können Akteure der Abfallwirtschaft realisieren, die das Leistungsspektrum der Abfallwirtschaft betreffen. Hinsichtlich der Zieldimension „Verstärkung

Zieldimensionen

Leistungsprofil der Abfallwirtschaft

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36 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

des Einsatzes erneuerbarer Ressourcen“ kann die Abfallwirtschaft zwar die Abfälle aufbereiten und anschließend als Ressourcen bereitstellen, die Verstärkung des Einsatzes erneuerbarer Ressourcen kann sie im Rahmen ihres aktuellen Leistungsspektrums jedoch nur bedingt leisten.

Dieser Umstand verdeutlicht, dass die Zieldimensionen sowie die daraus abgeleiteten Nachhaltigkeits-Indikatorensets bislang zu wenig zielgrup-penspezifisch für die Akteure der Abfallwirtschaft ausgerichtet sind. Eine unmittelbare Integration in die Planungen der Abfallwirtschaft ist daher nur punktuell bzw. erst nach Anpassung möglich.

Für die Abfallwirtschaft scheint daher die Erarbeitung spezifischer Ziel-dimensionen und der sich daraus ergebenden Nachhaltigkeits-Indikatoren notwendig, die unmittelbar auf die Akteursebene der Abfallwirtschafts-praxis fokussieren.

2.5 Nachhaltige Unternehmen der Abfallwirtschaft

Insbesondere die branchenspezifischen Kenngrößen zur Darstellung von Nachhaltigkeit in der Abfallwirtschaftspraxis sollten weiter diskutiert, präzisiert und ergänzt werden. Denn nur hierdurch kann die Abfallwirt-schaftspraxis erkennen, welche Aspekte im Hinblick auf eine nachhaltige Entwicklung dieser Branche relevant sind.

2.5.1 Branchenspezifische und branchenübergreifende Potenziale

Das branchenspezifische Potenzial der Abfallwirtschaft zur Unterstüt-zung einer nachhaltigen Entwicklung betrifft derzeit in erster Linie die Gestaltung der Qualität der verbleibenden Abfälle (siehe Definition „Nachhaltige Abfallwirtschaft“, Kap. 2.4.1), denn die Abfallwirtschaft beschäftigt sich als Branche spezifisch u. a. mit der Aufbereitung und Bereitstellung der in den Abfällen enthaltenen Energie und Rohstoffe und kann auch maßgeblich dazu beitragen, dass die letztlich in der Biosphäre verbleibenden Reststoffe möglichst wenig klima- und naturschädlich sind. Dies betrifft ihr aktuelles Leistungsspektrum, das keine andere Branche besitzt – es sind ihre Alleinstellungsmerkmale. Daher können diese spezifischen nachhaltigen Entwicklungen nur erreicht werden, wenn die Abfallwirtschaftspraxis aktiv wird.

Auf der Suche nach spezifischen Nachhaltigkeitsindikatoren hilft ein Blick in verfügbare Nachhaltigkeits-Indikatoren-Sets allerdings auch nicht viel weiter, da sich hier die Indikatoren mit Bezug zur Abfallwirt-schaft vor allem auf

- die Menge des Abfalls, sowie auf - die Verwertungsrate

beschränken.

Spezifische Zieldimensionen

Gestaltung derQualität der

verbleibenden Abfälle

Branchenspezifische Nachhaltigkeits-

potenziale

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2. Integration von Nachhaltigkeit in die Abfallwirtschaftspraxis 37

Nachhaltigkeitspotenziale und Handlungsoptionen hierfür lassen sich z. B. über ein brancheninternes, internationales Benchmarking fest-stellen.

Neben diesen branchenspezifischen Aspekten liegen zahlreiche weitere branchenunabhängige Nachhaltigkeitspotenziale vor. Bei der Verringe-rung von Abfall tritt die Abfallwirtschaft vor allem selbst als Verbraucher auf und unterscheidet sich hier nur graduell von anderen Branchen. Um diese Nachhaltigkeitspotenziale zu erkennen, kann z. B. ein branchen-unabhängiges Benchmarking durchgeführt werden. Für das Einsam-meln des Abfalls kann z. B. auf Erfahrungen in der Logistikbranche zu-rückgegriffen werden.

2.5.2 Darstellung von Nachhaltigkeit der Abfallwirtschaftspraxis

Die nachfolgend präsentierten Indikatoren erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern sind vielmehr als Diskussionsgrundlage zu ver-stehen.

2.5.2.1 Branchenunabhängige Indikatoren

Für branchenübergreifende Aspekte von Nachhaltigkeit kann die Abfall-wirtschaft auf häufig genutzte Kenngrößen anderer Branchen zurückgrei-fen (siehe Tabelle 2-2).

Tabelle 2-2: Häufig genutzte, branchenunabhängige Kenngrößen.18

Ökonomie Ökologie Soziales

- Umsatz - Operativer Gewinn - Produktionsmengen

- Energiebedarf- Wasserverbrauch - Emissionen (klima- und

CO2-relevant)- Abfallaufkommen und

-verwertung- Umweltinvestitionen, Um-

weltmanagementsysteme - Umwelt- oder Qualitätszer-

tifizierungen, wie z. B. EMAS, DIN EN ISO 14001 bzw. 9001

- Produktnutzen

- Mitarbeiterzahl- Anteil der Mitarbeiter

in Ausbildung- Anteil an Frauen im

mittleren und oberen Management

- Fluktuationsrate - Maßnahmen der Wei-

terbildung- Arbeitsunfälle- Krankheitsquote

18 Analyse von Nachhaltigkeitsberichten, z. B. von Allianz Group, Beyer, coop, Daim-lerCrysler, Henkel, Heidelberg, MAN, MetroGroup, Miele, Stadtwerke Düsseldorf, Volkswagen. Stand: 2005.

Branchenunabhän-gige Nachhaltig-keitspotenziale

Branchenübergrei-fende Aspekte

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38 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

2.5.2.2 Spezifische Indikatoren für die Abfallwirtschaftspraxis

Spezifische Indikatoren für die Abfallwirtschaftspraxis sollten sich auf-grund des aktuellen Leistungsspektrums vor allem mit der Gestaltungder Qualität der anfallenden Abfälle befassen (vgl. Kap. 2.4.1), also mit der Wiederverwertung der in den Abfällen enthaltenen Energie und Roh-stoffe sowie dem Zustand der letztlich in der Biosphäre verbleibenden Reststoffe. Nachfolgende Indikatoren eignen sich daher prinzipiell für eine spezifische Darstellung von Nachhaltigkeit der Abfallwirtschafts-praxis (siehe Tabelle 2-3).

Tabelle 2-3: Spezifische Kenngrößen für die Abfallwirtschaftspraxis.

Ökonomische Aspekte Ökologische Aspekte19

- Umgesetzte Abfallmengen, unterteilt in:

- Restmüll („Graue Tonne“) - Verpackungen („Grüner

Punkt“)- Grün- und Bioabfälle - Glas- Papier / Pappe / Kartona-

gen- gefährliche Abfälle

- Gebühren / Kosten je Haus-halt

- Anzahl der Haushalte bzw. Einwohner im Einzugsgebiet

- Spezifische Emission klima- und CO2-relevanter Gase, die mit der Verwertung und Beseitigung von Abfällen verbunden sind.

- Verwertungsraten von Abfällen aus privaten Haushalten.

- Anzahl und Verbrennungskapazitäten von MVAs mit einer Gesamtenergieausbeute von 60 Prozent (Altanlagen) bzw. 70 Prozent (Neuanlagen) abzüglich des Energieauf-wands „Inside“ durch Rauchgaswäsche oder Schlackenaufbereitung.

- Anzahl der DKII-Deponien und deren Verfüllvo-lumen bzw. Menge der abgelagerten Abfälle.

- Anteil der energetischen Abfallverwertung unter Nutzung des biogenen Kohlenstoffanteils an der Energiegewinnung mittels erneuerbarer Ener-gien oder an der Gesamtenergiegewinnung.

- Ablagerung von behandelten bzw. unbehan-delten Hausmüll auf Deponien.

2.5.3 Nachhaltigkeitsberichterstattung

Anlagen und Prozesse der Abfallwirtschaft können sich erheblich belas-tend auf die natürliche Umgebung sowie die Gesundheit der im unmittel-baren Umkreis lebenden Menschen auswirken; die Abfallwirtschaft gerät hierdurch mitunter in die Kritik des regionalen Umfeldes, der Presse so-wie der Umwelt- und Verbraucherschutzverbände. Daher wächst das öffentliche Interesse, mehr über die ökologischen und sozialen Dimensi-onen der Unternehmenstätigkeit zu erfahren.

19 Keßler, H.: Ist Nachhaltigkeit messbar? in: Schug, H. u. a. (Hrsg.): Nachhaltigkeit in der Abfallwirtschaft, Zukünftige Technologien Consulting der VDI TZ GmbH, 2005.

Gestaltung derQualität der

anfallenden Abfälle

Öffentliches Inte-

nehmenstätigkeitresse an der Unter-

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2. Integration von Nachhaltigkeit in die Abfallwirtschaftspraxis 39

Im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung können die vielfältigen Wechselwirkungen und Zielkonflikte verdeutlicht sowie die Interessen-gruppen für die spezielle Problematik sensibilisiert werden. Das kann schließlich auch zu Verständnis und erhöhter Kompromissbereitschaft gegenüber Unternehmensentscheidungen führen.20 Einige Akteure der Abfallwirtschaft nutzen bereits die Nachhaltigkeitsberichterstattung zur Information und Imagebildung im Außenfeld.21

2.6 Von Indikatoren zum Controlling

Durch Indikatoren wird Nachhaltigkeit konkretisiert. Aber nur wenn nachhaltige Aspekte unmittelbar in praxisrelevante Prozesse und Ent-scheidungen integriert sind, kann Nachhaltigkeit in der Praxis umgesetzt werden. Erst dies ermöglicht die konsequente Umsetzung des Leitbildes der nachhaltigen Entwicklung.

2.6.1 Integration in das Tagesgeschäft

Nur wenn nachhaltige Aspekte dauerhaft in das Tagesgeschäft integriert werden, kann nachhaltiges Handeln seine Wirkung zeigen. Nachhaltig-keitsaspekte können in die verfügbaren betriebswirtschaftlichen Pla-nungs- und Managementinstrumente (siehe Abbildung 2-1) eingebunden und somit unmittelbar in die Arbeitsabläufe und Entscheidungsprozesse integriert werden. Erst dadurch erhalten sie Handlungsrelevanz.22

Leitbild (Mission / Vision / Werte) strategische Ziele / operative Ziele

Produktplanung Vorhabenplanung Organisations- / Personalmanagement

Finanzmanagement / Zielvereinbarungen Kosten- / Leistungs- / Wirkungsrechnung

Kostenarten- / -stellen- / -trägerrechnung

Erlöse, Leistungs-mengen, Qualität

objektive / subjektive Wirkungen = Outcome

TQM / Kennzahlensystem / BSC

Con

trolli

ng

Abbildung 2-1: Management-Instrumente im Überblick (nach Krems, olev.de, 2005).

20 Clausen, J. u. a.: Der Nachhaltigkeitsbericht – Ein Leitfaden zur Praxis glaubwürdi-ger Kommunikation für zukunftsfähige Unternehmen, Hrsg.: Institut für ökologische Wirtschaftsforschung + imug Institut für Markt – Umwelt – Gesellschaft, 2001.

21 Z. B. Verantwortung im Wettbewerb – Nachhaltigkeitsbericht und Umwelterklärung 2004, HVV – Heidelberger Versorgungs- und Verkehrsbetriebe; Nachhaltigkeitsbe-richt 2005/2006, Stadtwerke Düsseldorf AG.

22 Vortrag von Ulrich Gehrlein auf der Tagung „Raum für Nachhaltigkeit. Zur Kontex-tualisierung des Leitbildes“, 17.-18.06.2004, Leipzig, zitiert in Rink, D.: Raum für Nachhaltigkeit. Zur Kontextualisierung des Leitbildes. Tagungsbericht, Technikfol-genabschätzung. Theorie und Praxis. Nr. 3, 13. Jg., S. 135–142, 2004.

Integration in Pla-nungs- und Mana-gementinstrumente

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40 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

2.6.1.1 Nachhaltigkeits-Indikatoren und Kennzahlen

Nachhaltigkeits-Indikatoren und die betriebswirtschaftlich-orientierten Kennzahlen besitzen eine Schlüsselfunktion bei der Planung, Steuerung und Kontrolle von Prozessen und teilen zahlreiche gemeinsame Eigen-schaften (siehe Tabelle 2-4). Der Unterschied zwischen den Nachhaltig-keits-Indikatoren und den betriebswirtschaftlichen Kennzahlen liegt im Zielsystem für die Interpretation der Messgrößen, die vor dem Hinter-grund einerseits der Nachhaltigkeit und andererseits der betriebswirt-schaftlichen Erfordernisse erfolgen. Tabelle 2-4: Gemeinsame Eigenschaften von Nachhaltigkeits-Indikatoren und

Kennzahlen.23

Gemeinsame Eigenschaften von Nachhaltigkeits-Indikatoren und Kennzahlen −werden aus ‚Rohdaten‘ gewonnen −Komplexität reduzierend, handhabbar −Quantifizierungen von Objekt- oder Prozesseigenschaften oder -ergebnissen

(größer / kleiner) −numerisch exakt; es sollen jedoch keine Quantitäten aufgezeigt werden, son-

dern Qualitäten −die Nutzung setzt Interpretationswissen voraus; theoretische Modellannah-

men sowie Werte stehen bei der Interpretation im Hintergrund −besitzen durch die Notwendigkeit einer Bewertung die Illusion einer Exaktheit −besitzen evaluatorische Komponenten (besser / schlechter) −geeignet für strategische Planungen (z. B. Benchmarking, Balanced Scorecard)

Abbildung 2-2 stellt den Zusammenhang zwischen Nachhaltigkeits-Indikatoren und Kennzahlen her. Die modular und hierarchisch aufge-bauten Nachhaltigkeits-Indikatorensysteme finden hierdurch Anschluss an die Kennzahlensysteme und somit an das Alltagshandeln.

Der Messwert für „Abfallaufkommen“ kann betriebswirtschaftlich z. B. zur Rechnungsstellung oder zur Planung von Personal und Fuhrpark ge-nutzt werden; im Kontext mit Nachhaltigkeit kann dieser Wert Aussagen über Quantität oder Qualität der Produktion von Konsumgütern bzw. über das Verhalten beim Verbraucher zulassen. Dieser Messwert eignet sich somit sowohl als Kennzahl für betriebswirtschaftliche Erfordernisse als auch zur Darstellung von Nachhaltigkeit.

23 Siehe z. B. Hornbostel, S.: Kennzahlen als Informations- und Steuerungsinstrumente – ein Methodenvergleich. Vortrag im Rahmen der Kanzler-Fortbildung ‚Einsatzmög-lichkeiten und Grenzen von Kennzahlen als Informations- und Steuerungsinstrumen-te‘, Universität Bern, 26.–28.02.2004.

Zielsystem für die Interpretation

Anschluss von Nach-haltigkeitsindikatoren an Kennzahlensysteme

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2. Integration von Nachhaltigkeit in die Abfallwirtschaftspraxis 41

Abbildung 2-2: Nachhaltigkeitsaspekte sowie Indikatoren und Kennzahlen aus der Abfallwirtschaft [aus: Schug u. a. (2005): Von Indikatoren zum Cont-rolling für eine nachhaltige Abfallwirtschaft. Müll und Abfall, Nr. 9/37. Jg., S. 466–471].

Daher sollten Nachhaltigkeits-Indikatoren auf ihre Praxisrelevanz über-prüft werden, ob sie auch als Kennzahlen für die betriebliche Planung, Steuerung und Kontrolle eingesetzt werden können. Und die eher be-triebswirtschaftlich orientierten Kennzahlen sollten auf eine Eignung zur Darstellung von Nachhaltigkeit untersucht werden. Auf der Grundlage von Nachhaltigkeitszielen können weitere Kennzahlen entwickelt wer-den, die gleichzeitig als Indikatoren für eine nachhaltige Abfallwirtschaft dienen. Dies ermöglicht sowohl die Ergänzung der Kennzahlensysteme um nachhaltige Aspekte als auch der Nachhaltigkeits-Indikatorensets um praxisrelevante Indikatoren.

2.7 Der Mehrwert von Nachhaltigkeit für Unternehmen

Maßnahmen zur Unterstützung einer nachhaltigen Entwicklung können Risiken minimieren und Chancen erhöhen, sodass hiermit gleichzeitig auch die individuelle Wettbewerbs- und Leistungsfähigkeit gesteigert werden kann.

Wie bereits zu Beginn postuliert, sollte der Begriff der Nachhaltigkeit nicht zu wichtig genommen werden. Vielmehr sollte geprüft werden, wie der ökonomische Erfolg durch vermehrte Integration von nachhaltigen Aspekten erhöht und der Unternehmenswert gesteigert werden kann, da-mit Nachhaltigkeit vor allem über einen bottom-up-Prozess integriert werden kann.

Ergänzung der Kennzahlen- und Indikatorensysteme

Erhöhung des öko-nomischen Erfolges

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42 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

Mögliche Ansatzpunkte für strategische Überlegungen sind z. B.24

- die Reduktion sozialer und ökologischer Risiken durch Vermeidung von Nicht-Nachhaltigkeit (risk assessment),

- das frühzeitige Erkennen und Umsetzen sozialer und ökologischer Chancen, z. B.

o Steigerung der Ökoeffizienz durch Maßnahmen, die gleichzei-tig Kosten reduzieren bzw. die Erlöse erhöhen,

o Erhöhung der Motivation und Innovationsfreudigkeit der Be-schäftigten sowie die effizientere Gestaltung interner Prozesse,

o Erfolg durch ökologisch oder sozial innovative Produkte oder Prozesse (Innovatoren).

Diese Ansatzpunkte verfolgen nicht nur den ökonomischen Erfolg, son-dern adressieren gleichzeitig auch ökologische und soziale Ziele. Aus der scheinbaren Konkurrenz zwischen Ökonomie, Ökologie und Sozialementsteht eine win-win-win-Beziehung, bei der eine nachhaltige Entwick-lung unterstützt wird, die gleichzeitig mit einem Wettbewerbsvorteil ein-hergehen kann. Diese Kombination beschleunigt die Integration von Nachhaltigkeit in die Praxis.

Bei der Integration von partizipativen Elementen, z. B. der Beteiligung von Mitarbeitern oder Kunden bei Entscheidungsprozessen, wird das Management nicht aus der Verantwortung genommen, denn Nachhaltig-keitsdiskurse können und sollen keine Entscheidungen kollektiv treffen; sie können jedoch die Entscheidungsgrundlage deutlich verbessern. Durch Nachhaltigkeitsdiskurse wie durch weitere Methoden zur Integra-tion von Nachhaltigkeit können alle relevanten Einflussfaktoren offen gelegt werden, die sich positiv wie negativ auf den Erfolg auswirken können.

2.8 Zusammenfassung und Ausblick

Der Beitrag setzt sich mit der Bedeutung von Nachhaltigkeit auseinander, stellt ausgewählte Möglichkeiten für die Integration von Nachhaltigkeit in die Abfallwirtschaftspraxis sowie einen Ansatz für die branchenspezi-fische Konkretisierung von Nachhaltigkeit in der Abfallwirtschaft vor und dient als Grundlage für weitere Diskussionen.

Nachhaltigkeitsziele sollten instrumentell und institutionell bei der Pla-nung, Steuerung und Kontrolle von Prozessen unmittelbar bei den Akteu-ren eingebunden werden, damit diese Aspekte geschäftsrelevant werden können und nicht nur nebenbei ohne wirkliche Relevanz betrieben wer-den. Denn nur wenn nachhaltige Aspekte unmittelbar in unternehmeri-

24 Transparenzstudie zur Beschreibung ausgewählter international verbreiteter Rating-Systeme zur Erfassung von Corporate Social Responsibility – Executive Summary, Bertelsmann-Stiftung, 2004.

Reduktion von Risiken und

Erkennen von Chancen

Branchenspezifische Konkretisierung

von Nachhaltigkeit

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2. Integration von Nachhaltigkeit in die Abfallwirtschaftspraxis 43

sche Prozesse integriert sind, kann Nachhaltigkeit in der Praxis umge-setzt werden. Erst dies ermöglicht die konsequente Umsetzung des Leit-bildes der nachhaltigen Entwicklung.

Solange Nachhaltigkeit jedoch nur als Feigenblatt zur nachträglichen Begründung für schlechtes Wirtschaften bzw. als leere Worthülse herhal-ten muss, ist die Skepsis auf Seiten der Interessengruppen sowie die Be-reitschaft der Akteure, Nachhaltigkeit in die Unternehmensprozesse ernsthaft zu integrieren, durchaus berechtigt.

Insbesondere folgende weiteren Maßnahmen scheinen notwendig, um eine für alle Akteure und Interessengruppen sinnvolle Integration von Nachhaltigkeit in die Abfallwirtschaftspraxis zu ermöglichen:

1. Die weitere Konkretisierung und Präzisierung von Nachhaltigkeit durch eine branchenorientierte Aufbereitung speziell für die Ab-fallwirtschaftspraxis, z. B. durch die Erstellung eines Leitfadens einschließlich eines spezifischen Indikatoren-Sets.

2. Die Initiierung und Beschleunigung des Bottom-up Prozesses der Integration von Nachhaltigkeit in die Abfallwirtschaftspraxis durch o Erarbeitung und Bereitstellung der für die Abfallwirtschafts-

praxis spezifischen ökonomischen Vorteile bei der Integration von Nachhaltigkeit.

o Entwicklung neuer, ökonomisch attraktiver Geschäftsfelder der Abfallwirtschaft auf der Grundlage bzw. zur Unterstützung einer nachhaltigen Entwicklung (z. B. zur Etablierung einer Kreislaufwirtschaft).

3. Schöpfung zusätzlicher Nachhaltigkeitspotenziale durch Initiie-rung und Durchführung branchenübergreifender Dialoge, insbe-sondere mit Akteuren des produzierenden Gewerbes sowie den Verbrauchern.

Diese Maßnahmen können die dauerhafte Integration von Nachhaltigkeit in die unternehmerische Praxis unterstützen, da sie aufzeigen, wie durch Integration von Umwelt- und Sozialgesichtspunkten die Wettbewerbs- und Leistungsfähigkeit eines Unternehmens – und somit der ökonomi-sche Erfolg – erhöht werden kann.

Um das Eigentliche von Nachhaltigkeit herauszustellen, sollte Nachhal-tigkeit außerdem dekonstruiert25 werden, damit der Fußabdruck von Nachhaltigkeit deutlich wird. Denn hierdurch werden auch die Grenzen und die Werte von Nachhaltigkeit klarer, sodass der Begriff Nachhaltig-keit vielleicht nicht mehr so häufig in der Beliebigkeit genutzt wird, wie es derzeit zuweilen üblich ist.

25 „Dekonstruktion“, http://de.wikipedia.org/wiki/Dekonstruktion.

Weiterer Hand-lungsbedarf

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45

3 NACHHALTIGKEIT IN DER ABFALLWIRTSCHAFTS-PRAXIS AM BEISPIEL ABFALLWIRTSCHAFTSBE-TRIEB LANDKREIS AMMERLAND

Jörg Schelling

Abfallwirtschaftsbetrieb Landkreis Ammerland, Westerstede

Aufgezeigt werden nachfolgend Informationen, Aktivitäten und Erfah-rungen zur im Entsorgungsgebiet allseits akzeptierten Abfallwirtschaft des Landkreises Ammerland. Vorgestellt wird hierbei, mit einem selbst-bewussten Maß lokaler Subjektivität, ein funktionierendes Beispiel von Nachhaltigkeit in der Abfallwirtschaft.

3.1 Allgemeine Informationen zum Landkreis Ammer-land und seiner Abfallwirtschaft

Der Landkreis Ammerland liegt im früheren Regierungsbezirk Weser-Ems am Westrand des Oldenburger Landes. Südöstlich grenzt die Stadt Oldenburg an; angrenzende Landkreise sind die Wesermarsch, Friesland, Leer, Cloppenburg und Oldenburg. Kreisstadt des Landkreises Ammer-land ist Westerstede; daneben gibt es die fünf Gemeinden Apen, Bad Zwischenahn, Edewecht, Rastede und Wiefelstede.

Die Einwohnerzahl beträgt im Jahr 2006 rd. 116.000, mit steigender Ten-denz: In den letzten fünf Jahren stieg die Einwohnerzahl um rd. 1 % pro Jahr. Die mittlere Haushaltsgröße beträgt knapp 2,2 Einwohner, sodass sich eine Zahl von rd. 53.000 Haushalten ergibt. Die Flächengröße be-trägt ca. 728 km².

Der Landkreis Ammerland als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger nimmt die Aufgaben der Abfallwirtschaft seit dem Jahr 1997 in der Rechts-form eines Eigenbetriebes wahr. Rechtliche Grundlage ist die Satzung des Landkreises Ammerland über die Regelung des Anschluss- und Benut-zungszwangs bei der Abfallentsorgung sowie die Abfallgebührensatzung.26

Der Eigenbetrieb verfügt über neun Mitarbeiter. Die Gebührenerhebung erfolgt durch die fünf kreisangehörigen Gemeinden und die Stadt Wester-stede.

Neben diversen Altablagerungen befinden sich im Landkreis Ammerland drei Deponien für Siedlungsabfälle. In der Ablagerungsphase befindet sich inzwischen nur noch die Deponie Mansie II. Erbaut wurde diese Deponie bis zum Jahre 1992. Die Deponie Mansie II erfüllt die Anforde-rungen des § 3 Abs. 1 AbfAblV, die nach Nr. 10 der TASi definiert sind, und kann unbefristet betrieben werden. Eine Ausnahmezulassung für den Weiterbetrieb nach § 6 Abs. 2 AbfAblV, mit den dort gesetzten Fristen,

26 www.awb-ammerland.de/ueber_uns/formalien.html

Struktur und Kennzahlen des LandkreisesAmmerland

Abfallwirtschaft im Landkreis Ammerland

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46 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

war für diese Deponie nicht erforderlich. Die beiden weiteren Deponien wurden frühzeitig gesichert und rekultiviert. Beide Deponien wurden inzwischen in den Jahren 1999 und 2005 schlussabgenommen und ge-mäß § 36 KrW-/AbfG in die Nachsorgephase überführt.

Zur Auslastung der Deponie Mansie II hat der Landkreis Ammerland Kooperationsvereinbarungen mit den benachbarten Gebietskörperschaf-ten Stadt Oldenburg, Landkreis Oldenburg und Landkreis Aurich ge-schlossen. Als Folge werden seit Januar 2004 sowie seit Juni 2005 nun-mehr die ablagerungsfähigen Abfälle von rd. 580.000 Einwohnern auf der Deponie Mansie II abgelagert. Vor der Ablagerung dieser Abfälle erfolgt deren biologische Behandlung in entsprechenden Anlagen in den Landkreisen Aurich und Friesland/Wittmund. Erwartet wird langfristig die Ablagerung von jährlich rd. 32.000 Mg Abfällen aus MBA und rd. 2.000 Mg Inertabfällen zur direkten Ablagerung. Eine Verfüllung der Restkapazität der Deponie Mansie II bis zum Jahr 2020 soll hiermit na-hezu erreicht werden.

Bereits ab dem Jahr 1998 wurde der Hausmüll des Landkreises Ammer-land auf der Deponie Mansie II nach dem sogenannten Kaminzugverfah-ren mechanisch-biologisch vorbehandelt. Die Genehmigung für den ent-sprechenden Anlagenbetrieb (bis 2020) wurde dem Abfallwirtschaftsbe-trieb im Jahr 1999 erteilt. Leider wurde diese Genehmigung mit Inkraft-treten der 30. BimSchV im Jahr 2001 hinfällig. Hierdurch wurde kurz-fristig eine wesentliche Änderung des bereits umgesetzten Konzeptes erforderlich. Heute kann man sich mit einer recht wertlosen Leistung rühmen: Innerhalb der Übergangsfrist der TASi ist es dem Abfallwirt-schaftsbetrieb Landkreis Ammerland zweimal gelungen die Anforderun-gen der TASi und ihrer Folgeverordnungen umzusetzen.

Über Kooperationsvereinbarungen gebündelt wurde in der Region ferner die Behandlung der heizwertreichen Abfälle von drei MBA- und einem MA-Standort. Hierbei handelt es sich um eine Menge von jährlich rd. 100.000 Mg aus zehn Gebietskörperschaften mit rd. 1,2 Mio Einwoh-nern. Die Zuständigkeit für die Behandlung der heizwertreichen Abfälle wurde per Zweckvereinbarung auf den Landkreis Ammerland übertra-gen.

3.2 Die Rahmenbedingungen – Das Konzept der Abfall-wirtschaft und das Zusammenwirken der Beteiligten

Dem Abfallwirtschaftsbetrieb ist es beständig gelungen, seinen Bürgern eine kostengünstige, benutzerfreundliche und umwelttechnisch einwand-freie Abfallwirtschaft zu bieten.

Die inzwischen erreichten Ziele des Abfallwirtschaftskonzeptes lassen sich wie folgt zusammenfassen:

- Restabfälle aus Haushaltungen werden in 2- oder 4-wöchentlicher Ab-fuhr in Behältern zwischen 60 und 1100 l abgefahren; die Benutzer

Kooperations-vereinbarungen

Übergangsfrist der TASi

Benutzer- und umweltfreundliche Abfallwirtschaft

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3. Nachhaltigkeit im Abfallwirtschaftsbetrieb Landkreis Ammerland 47

nehmen alle Größen in Anspruch, ohne dass ein Bedarf an weiterer Diversifizierung erkennbar wäre.

- Der Landkreis bietet eine Verwertung von Bioabfällen (alle 2 Wo-chen, Behälter von 60 bis 240 l), Altpapier (alle 4 Wochen, 240 l Be-hälter) und Ast- und Strauchschnitt (3x jährlich) im Holsystem.

- Weitere Abfälle können quasi jederzeit auf den Recyclinghöfen und am Deponievorplatz abgegeben werden; diese Angebote nehmen die Bürger vor allem für organische Abfälle sowie für Rest-müll/Sperrmüll-Kleinmengen in Anspruch. Zudem werden 3x jähr-lich Problemstoffe eingesammelt.

- Die Abfallberatung „funktioniert“. Ein hoher Prozentsatz der Abfälle wird der Verwertung zugeführt. Die Zielhierarchie „Vermeidung – Verwertung – schadlose Beseitigung“ wird erfüllt.

- Die Verwertung der Organik und der übrigen Abfälle erfolgt ord-nungsgemäß und schadlos auf marktgerechten Wegen.

- Die Restabfälle werden in einem Verbund mit den kommunalen Nachbarn entsorgt, in einem ausgewogenen Verhältnis von Nehmen und Geben.

- Der Landkreis führt die Leistung als Eigenbetrieb und damit in einer vernünftigen Form der Verselbstständigung durch.

- Generell werden überall dort, wo es sinnvoll ist, private Unternehmen in die Durchführung einbezogen; die betreffenden Verträge werden regelmäßig ausgeschrieben.

- Die Gebühren sind sehr moderat; der Landkreis Ammerland hat in der aktuellen Studie des Steuerzahlerbundes 2005 als bester Land-kreis abgeschnitten.

Mit Blick auf diese erreichten Ziele ist derzeit ein weiterer Handlungsbe-darf nicht erkennbar. Die Abfallwirtschaft des Landkreises Ammerland basiert nunmehr auf einer unspektakulären (ruhigen), offenen und ver-trauensvollen Zusammenarbeit zwischen dem Abfallwirtschaftsbetrieb und den übergeordneten Behörden, Kooperationspartnern, verwandten Einrichtungen, beauftragten Dienstleistern und ggf. Beratern. Die Bürger des Landkreises schätzen die sehr niedrigen Gebühren, die einwandfreie Leistungserbringung und die Überschaubarkeit (Einfachheit) der angebo-tenen Systeme. Von den Volksvertretern, der Öffentlichkeit und den Verwaltungen wird ferner die Zufriedenheit der Bürger geschätzt. Der Abfallwirtschaftsbetrieb selbst betrachtet dieses unspektakulär funktio-nierende System als praktiziertes Beispiel einer (lokal) nachhaltigen Ab-fallwirtschaft.

Das Abfallwirtschaftskonzept der Jahre 2006 bis 2011 kann auf der In-ternetpräsenz27 eingesehen werden.

27 www.awb-ammerland.de/ueber_uns/konzept06-11.pdf

WeitererHandlungsbedarf

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48 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

3.3 (Nachhaltige) Orientierungen, Aktivitäten und Entwicklungen

3.3.1 Anforderungen

Wie andernorts auch, hatte der Abfallwirtschaftsbetrieb die allgemeinen und rechtlichen (Neu-)Regelungen der Themenbereiche Behandlungsver-fahren, Verwaltungsaufwand, allgemeine Preissteigerungen, etc. umzu-setzen bzw. zu berücksichtigen. Hierbei konnten die Kostenoptimierun-gen der technischen Entwicklungen (z. B. Seitenladertechnik mit einsei-tiger Bereitstellung, Doppelkammschüttung, etc.) und der wirtschaftli-chen Entwicklungen (sinkende Dienstleistungskosten, z. T. Bau- und Betriebskosten sowie steigende Rohstoffkosten) als geldwerte Vorteile „mitgenommen“ werden. Erforderlich waren hierzu die regelmäßige Neuvergabe der Dienstleistungs- und die Anpassung der Betreiberverträge.

Da der Abfallwirtschaftsbetrieb in erster Linie administrativ tätig ist, kommt man mit einer sehr geringen Personalstärke aus.

3.3.2 Abfallmengen

Durch die umgesetzten Maßnahmen des Abfallwirtschaftsbetriebes zur getrennten Erfassung und Verwertung von Wertstoffen, wie z. B. der flächendeckenden Einführung der Biotonne, der getrennten Sammlung von Leichtverpackungen und Altglas über das Duale System, der Altme-tall- und auch der Altpapiersammlung, hat sich das Verhältnis von Wert-stoffen zu abgelagerten Resten aus dem Landkreis Ammerland im Be-trachtungszeitraum umgekehrt. Standen 2000 noch rd. 36.000 t Wertstof-fe einer Ablagerungsmenge von rd. 45.000 t gegenüber, so ist die Menge der gesammelten Wertstoffe bis zum Jahr 2005 auf 37.000 t angestiegen, während die Menge der abgelagerten Reste deutlich zurückgegangen ist.

Beständig ansteigend ist seit vielen Jahren die Menge der über Behälter erfassten Haus- und Bioabfälle. Die Hausmüllmenge wie auch das Be-reitstellungsvolumen steigen analog der Bevölkerungsentwicklung (1–1,5 %). Selbst umfassende Systemwechsel führten nicht zu bedeutenden Störungen. Die erfasste Biomüllmenge steigt seit Jahren überproportional an. Insbesondere ist eine Zunahme des Bereitstellungsvolumens gegeben; aufgrund des preiswerten Komforts wechseln viele Haushalte auf größere Behälter. Der Anschlussgrad liegt bei 66 %.

3.3.3 Gebührenentwicklung und Gebührensystem

Die konsequente Nutzung von Einsparpotenzialen im Bereich der Abfall-wirtschaft, z. B. durch regelmäßige Ausschreibungen aller erforderlichen Dienstleistungen, und auch die interkommunalen Kooperationen bei der Behandlung und Deponierung des Hausmülls sowie die Beibehaltung bzw. Umsetzung einfacher Systeme bei der Gebührenerhebung und der Abfall-behandlung haben zu einem anhaltend niedrigen Gebührenniveau geführt.

Allgemeine und rechtliche

(Neu-)Regelungen

Getrennte Erfassung und Verwertung von Wertstoffen

Anhaltend niederiges Gebührenniveau

,

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3. Nachhaltigkeit im Abfallwirtschaftsbetrieb Landkreis Ammerland 49

Der Abfallwirtschaftsbetrieb hält weiterhin an der einfachen linearen Leis-tungsgebühr als Einheitsgebühr fest und verzichtet auf die Einführung komplizierter Gebührensysteme, wie z. B. Sondergebühren, Grundgebüh-ren, Mindestgebühren/-vorgaben, etc. Auch auf Formen der elektronischen Erfassung an Sammelfahrzeugen wird verzichtet. Für die Anschlusspflich-tigen sind die Gebühren daher sehr einfach nachzuvollziehen.

Bewährt hat sich dieses einfache Gebührensystem selbst bei umfangreichen Änderungen der Abfallsammlung. Die Abschaffung der Ringtonnen und auch die Einführung der Behältergestellung durch den Abfallwirtschaftsbetrieb führten zu keinen nennenswerten Mengenverlusten der Bereitstellungsvolu-mina. Auf die Systemträgheit wird seither um so mehr vertraut.

Die Gebührenentwicklung von 1992 bis 2006 (ohne Inflationsabgleich) ist Abbildung 3-1 dargestellt. Ursächlich für die Gebührenerhöhungen in den Jahren 1994 und 1996 waren die aus der TASi resultierenden Unsi-cherheiten und Ängste. Die im Jahr 1993 in Kraft getretene TASi ließ Kostensteigerungen für die Maßnahmen zur Sicherung und Rekultivie-rung von Deponien erwarten. Ferner wurde vermutet, dass die Deponie mit eigenen vorbehandelten Abfällen des Landkreises Ammerland inner-halb wirtschaftlich erträglicher Zeiträume nicht verfüllt werden könne. Erst Kooperationen über die gemeinsame Nutzung der Deponiekapazität führten hier in den Folgejahren zu Entspannungen. Das kurzzeitige Ge-bührentief des Jahres 2004 beruhte auf einer notwendigen Einbringung der Gebührenüberschüsse aus Vorjahren.

3.3.4 Kooperationen

Das Geflecht der Kooperationen des Landkreises Ammerland ist in Abbildung - dargestellt. Gemeinsam genutzt werden hierdurch Be-handlungsanlagen bzw. deren Kapazitäten. Die Abrechnung der Leistun-gen erfolgt auf der Grundlage von Mengenprognosen und Gebührener-mittlungen. Im ersten Quartal des Folgejahres erfolgt der Kostenabgleich auf der Grundlage der tatsächlichen Leistungsmengen und der Nachkal-kulationen. Die Kooperationen basieren auf Zweckvereinbarungen.

Die Zweckvereinbarung über die gemeinsame Behandlung der heizwert-reichen Abfälle beinhaltet eine Transportkostensoldarisierung. Die Ko-operationspartner zahlen folglich, unabhängig vom jeweiligen Standort ihrer Vorbehandlungsanlagen, alle den gleichen Behandlungspreis. Be-auftragter Kooperationspartner und somit Auftraggeber der mit der Be-handlung beauftragten Unternehmen ist der Abfallwirtschaftsbetrieb Landkreis Ammerland.

LineareLeistungsgebühr

Gebühren-entwicklung

Kooperierende Gebietskörper-schaften

Zweckverein-barungen

3 2

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50 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

3.3.5 Deponienachsorge

Im Landkreis Ammerland und somit im Zuständigkeitsbereich des Ab-fallwirtschaftsbetriebes befinden sich zwei Altdeponien. Hierbei handelt es sich um die Deponien Hahn-Lehmden und Mansie I. Beide Deponien wurden inzwischen gesichert, rekultiviert, schlussabgenommen und so-mit gemäß § 36 KrW-/AbfG von der Betriebsphase über die Stillle-gungsphase in die Nachsorgephase überführt. Bei der Deponie Hahn-Lehmden handelte es sich im Jahr 1999 dabei um die erste Deponie in Niedersachsen, die sich in der Nachsorgephase befand. Die Schlussab-nahme der Deponie Mansie I erfolgte dagegen im Jahr 2005. Bis zum Jahr 1997 wurde diese Deponie noch mit Siedlungsabfällen verfüllt. Die Sicherung und Rekultivierung erfolgte in den Jahren von 1993 bis 1998. Diese Maßnahme wurde somit noch vor Inkrafttreten der TASi begonnen und erfolgte weitgehend parallel zur Restverfüllung.

Der Landkreis Ammerland ist nunmehr frei von Altdeponien, die sich in der Stilllegungsphase befinden und von daher noch einer Sicherung bzw. Rekultivierung bedürfen. Dass die TASi und die DepV mit ihren Stan-dardisierungen bei der Sicherung und Rekultivierung der Deponien Hahn-Lehmden und Mansie I nicht (umfassend) zur Anwendung kamen, ist positiv zu bewerten. Es bestand hier noch die Möglichkeit, die Gefähr-dung und somit die Beeinträchtigung des Allgemeinwohls einzelfallbezo-gen zu bewerten, um hieraus die notwendigen und angemessenen Siche-rungsmaßnahmen abzuleiten. Die mit den Schlussabnahmen der Deponien verbundene Anerkennung der Sicherungssysteme brachte dem Abfallwirt-schaftsbetrieb eine nachhaltige Erhöhung der Gebührensicherheit.

3.3.6 Benchmarking, Transparenz und Öffentlichkeitsarbeit

Auf Benchmarking (Kennzahlenvergleiche) wurde und wird beim Ab-fallwirtschaftsbetrieb verzichtet. Für die Ammerländer Abfallwirtschaft wird in dieser Managementmethode kein Nutzen gesehen, da Bench-marking in der Regel nur bereits realisierte Lösungen recherchiert und für Neuerungen keinen Raum lässt.

Man vertraut lieber darauf, dass die eigenen erfahrenen Mitarbeiter sach-gerecht (mit gesundem Menschenverstand) die für die eigene Einrichtung besten Lösungen herbeiführen bzw. vorschlagen. Die Beschäftigten des Abfallwirtschaftsbetriebes werden in der Folge nicht in die Lage versetzt, sich das Sehen, Hören und Denken von externen Beratern abnehmen las-sen zu müssen. Eigeninitiative wird zugelassen – experimentelles Vorge-hen wird angestrebt – Fehler werden akzeptiert – Lösungen werden mit Ruhe und Gelassenheit herbeigeführt. In der Folge werden Probleme frühzeitig erkannt, behandelt und gelöst; ggf. bevor diese bei externen Beratern angekommen sind. Aufrechterhalten wird hierdurch die aner-kannte spezifische Betriebskultur des Abfallwirtschaftsbetriebes.

Altdeponien

Sicherung und Rekultivierung

Kein Benchmarking

Frühzeitiges Erken-nen von Problemen

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3. Nachhaltigkeit im Abfallwirtschaftsbetrieb Landkreis Ammerland 51

Öffentlichkeitsarbeit wird inzwischen nur noch eingeschränkt betrieben und beschränkt sich im Wesentlichen auf Gewerbebetriebe und Groß-wohneinheiten. Vertraut wird dabei – unterstützt durch die eigene Ab-fallberatung – auf eine gute Arbeit der Schulen und Kindergärten. Natür-lich informiert der Abfallwirtschaftsbetrieb mit der gebotenen Transpa-renz über wesentliche Änderungen und Termine; die in diesem Bericht ausgezeigten Besonderheiten werden den Bürgern jedoch kaum aufge-zeigt. Man verzichtet darauf Marketing zu betreiben und vertraut auf die Zufriedenheit der Bürger, die sich als nachhaltige Wertschätzung aus-drückt und bei vielen Bürgern inzwischen sogar in Desinteresse (auf der Grundlage von Akzeptanz und Vertrauen) übergegangen ist.

3.3.7 Zusammenfassung der Aktivitäten und Besonderheiten („Lokale Nachhaltigkeitsfaktoren“)

Der Abfallwirtschaftsbetrieb Landkreis Ammerland betreibt in der Praxis nach eigener Auffassung in wesentlichen Teilen eine nachhaltige Ab-fallwirtschaft. Kostengünstige, benutzerfreundliche und umwelt-technisch akzeptierte Leistungen sowie der hohe Freiheitsgrad bei der Systemauswahl (Behälterwahl) führten zu einer umfassend wertgeschätz-ten Abfallwirtschaft und in der Folge zu sehr angenehmen Rahmen- und Arbeitsbedingungen. Der Anerkennung folgte Beständigkeit, Sicherheit und Einfachheit – von außen einbringbaren Ängsten und Unsicherheiten wurde die Grundlage entzogen.

Wesentliche Aktivitäten und Besonderheiten:

- Der Abfallwirtschaftsbetrieb führt mit seinen Mitarbeitern nur die wesentlichen administrativen Leistungen aus; der Aufbau ist einfach, die Ausstattung bescheiden.

- Dienstleistungsunternehmen werden bei weitgehender Einbehaltung von Verantwortlichkeiten umfassend in Anspruch genommen; Neu-vergaben werden unter Ausnutzung von Kostensenkungspotenzialen regelmäßig vorgenommen.

- Kommunale Kooperationsmöglichkeiten werden sinnvoll genutzt. - Bei der Abfallbehandlung werden nur einfachste bewährte Techniken

angewandt; weitergehende Aufbereitungsschritte werden Dritten überlassen.

- Altdeponien wurden frühzeitig gesichert, stillgelegt und in die Nach-sorgephase überführt.

- Auf Benchmarking und andere Managementmethoden wird verzichtet.

In der Gesamtbetrachtung betreibt der Abfallwirtschaftsbetrieb einfachste pure Abfallwirtschaft im Sinne der Gebührenzahler und des Wohls der Allgemeinheit. Basiswerte sind Beständigkeit, Orientierung und Gelas-senheit. Die Ammerländer Bürger begegnen ihrer Abfallwirtschaft mit Akzeptanz, Wertschätzung (und Desinteresse) und empfinden auf dieser Grundlage „gefühlte Transparenz“.

Akzeptanz und Vertrauen

UmfassendeWertschätzung

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52 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

1,04

1,04

1,15

1,15

1,25

1,25

1,19

1,06

0,98

0,98

0,93

0,93

0,77

0,9 0,9

0,34

0,34

0,31

0,31

0,31

0,39

0,39

0,33

0,33

0,33

0,33

0,33

0,33 0,3

80,3

8

0

0,2

0,4

0,6

0,8

1

1,2

1,4

1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006

Wirtschaftsjahr

Gebü

hren

[€ je

Lite

r Beh

älter

volu

men

und

Jahr

]

Restmüllgebühr

Biomüllgebühr

Gebühren 2006

Restmüll inkl. sonstigerLeistungen60 Liter 14-tägig:0,9 €/l x 60 l~ 54 € im Jahr

Biomüll60 Liter 14-tägig:0,38 €/l x 60 l~ 23 € im Jahr

Abfallgebühren - Entwicklung 1992 bis 2006Private Haushalte

ABFALLWIRTSCHAFTSBETRIEBLANDKREIS AMMERLAND

ABFALLWIRTSCHAFTSBETRIEBLANDKREIS AMMERLAND

Lk Gra fscha ft Be n the im La ndkre is Aurich La ndkre is Am m e rla nd ZV Frie sla nd-W ittm und W e ite re Be ha ndlunge n

M e cha nische Be ha nd lung M e cha n ische Be ha ndlung M e cha n ische Be ha ndlung M e cha nische Be ha ndlung M e cha nische Be ha ndlungM BA W ilsum M BA Große fe hn M A M a nsie M BA W ie fe ls M A Ne ue nw e ge

A bfälle der Landk reis e: A bfälle des Landk reises : A bfälle der Landk reis e: A bfälle der Landkreise: Abfälle der S tadt :Gra fscha ft Be n the im , Le e r Aurich Am m e rla nd , O lde nburg Frie sla nd , W ittm und , Olde nburg

Cloppe nburgA bfälle der S tädte:De lm e nhorst,W ilhe lm sha ve n

Biolog ische Be ha ndlung Biologische Be ha ndlung HW R-Abfa ll -Be ha ndlung Biologische Be ha ndlung HW R-Abfa ll -Be ha ndlungM BA W ilsum M BA Große fe hn in e x te rne n Anla ge n M BA W ie fe ls m it a nde re n P a rtne rn

A bfälle wie oben genannt A bfälle wie oben genannt A bfälle der Landk reis e: A bfälle wie oben genannt Abfälle der S tadt :und A bfälle der Landkreise: Gra fsch . Be nthe im , Le e r, und A bfälle der S tadt: Olde nburgAm m e rla nd , O lde nburg Aurich, Am m e rla nd, Olde nburg

Olde nburg, Frie sla nd ,W ittm und , Cloppe nburgA bfälle der S tädte:De lm e nhorst,W ilhe lm sha ve n

De pon ie rung De ponie rung De ponie rung De ponie rungW ilsum M a nsie II W ie fe ls Se de lsbe rg

A bfälle wie oben genannt A bfälle der Landk reis e: A bfälle der Landkreise: Abfälle des Landkreises :Am m e rla nd , O lde nburg, Frie sla nd , W ittm und Cloppe nburgAurich A bfälle der S tädte:A bfälle der S tadt : De lm e nhorst,O lde nburg W ilhe lm sha ve n

Restabfallbehandlung zahlreicher kooperierender Gebietskörperschaften in der Region Weser-Ems

3.4 Abbildungen

Abbildung 3-1: Abfallgebühren der privaten Haushalte Entwicklung 1992–2006.

Abbildung 3-2: Restabfallbehandlung koopererierender Gebietskörperschaften in der Region Weser-Ems.

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53

4 KOOPERATIONEN IN DER ABFALLWIRTSCHAFT AUS DER SICHT VON KLEINEN UND MITTLEREN UNTER-NEHMEN

Dr. Thomas Probst

Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e. V., Bonn

4.1 Rahmenbedingungen

Der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e. V. (bvse) ver-tritt bundesweit mehr als 600 überwiegend mittelständische Mitglieds-firmen aus der Entsorgungswirtschaft mit 50.000 Beschäftigten und ei-nem Gesamtumsatz von 10 Milliarden Euro pro Jahr.

Fachvereinigungen im bvse: - Papierrecycling- Kunststoffrecycling - Stahl-, Metall-, Kfz- und Elektronikschrottrecycling- Glasrecycling - Altholz und Ersatzbrennstoffe - Sonderabfallwirtschaft

Tiefgreifende Umbrüche bei Entsorgung & Recycling durch: - Gesetzliche Änderungen:

o TASi/AbfAblV o ElektroGo Novelle der VerpackV

- Strukturelle Änderungen: o Oligiopolisierungo Neue Technologien o Neue Materialien o Neue Marktstrukturen, z. B. sechs Duale Systeme

- Wirtschaftliche Änderungen: o Energiepreise (Strom, Erdöl, Erdgas)

Chancen für Veränderungen durch: - veränderte Stoffströme, z. B. Elektr(on)ik-Schrott; - veränderte Materialströme hinsichtlich Quantität und Qualität; - verändertes Preisgefüge bei Input und Output; - veränderte Prozesskosten bei Aufbereitung und Verwertung; - wirtschaftliche Rahmenbedingungen.

Überwiegendmittelständische Mitgliedsfirmen

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54 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

Limitationen:

- Bürokratie, Genehmigungen, gesetzliches Regelwerk - Ungleichgewichte bezüglich Wirtschaftskraft - Einfluss auf Bürokratie und Politik

Kooperationen des Mittelstands mit anderen Partnern sind auf rund der gesetzlichen, strukturellen und wirtschaftlichen Veränderungen in vielen Fällen unabdingbar.

Der Zwang und die Notwendigkeit zu Kooperationen des Mittelstands mit Partnern auf gleicher oder unterschiedlicher Ebene sind sehr groß.

4.2 Arten der Kooperation

Gleiche Partnerschaften – Mittelstandskooperation

Kooperationen bei Aufgabenteilung und Spezialisierung:

- DSD GmbH: Sammeln – Sortieren – Verwerten - Elektr(on)ik-Schrott: Transport – Verwertung - Bau- und Abbruchschutt: Transport – Verwertung

Nischen – Spezialisierungen – Schnittstellen: - Biomasse: Entsorgung & Landwirtschaft - Biogene Abfälle: Sammeln, Aufbereiten und Entsorgen

o Stoffströme: Klärschlamm, Wirtschaftsdünger, Speisereste o Anlagen (Verdieselung, Biogasanlage, BHKW, MBA)

- Sonderabfall: Sammlung – Beseitigung - Alttextilien: gemeinnützig und prE - Altöl: Sammlung & Verwertung

Netzwerke:- Elektro- und Elektronikgeräte - Mittelstandskooperation:

o M.E.N., LOGEX, ZENTEK o RELO, e-back

- Kompetenzzentren, z. B. Kraftstoffe der Zukunft - Kooperationen mit Forschungseinrichtungen

Qualitätsgemeinschaften: - Efb, EMAS, Efb plus - QVKE e. V.: Verwertung Elektr(on)ikgeräte - GRS e. V.: Gütezeichen Recyclate Standardpolymere

Partnerschaftliche Kooperationen und Netzwerke

g

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4. Kooperationen in der Abfallwirtschaft aus der Sicht von KMU 55

Ungleiche Partnerschaften

Systemabhängigkeiten: - Duale Systeme - Selbstentsorgersysteme - Ersatz- und Sekundärbrennstoff-Herstellung (Zementwerke) - Altölverwertung (Raffination, Zementwerke) - Sonderabfallgesellschaften

Dominanz eines Partners: - öffentlich-rechtliche Entsorger mit privatrechtlichen Entsorgern als

PPP- privatrechtliche Entsorger-Kooperationen, d. h. Shareholder mit Mit-

telstand - privatrechtliche Entsorger mit Gemeinnützigkeit

4.3 Mehrwert und Nutzen

Kooperationen, Netzwerke, Qualitätsgemeinschaften: 1. Erweiterung der Tätigkeit; weiteres Geschäfts- und Betätigungsfeld 2. Bündelung des Inputs 3. Auslasten der Anlagenkapazität 4. Kette: Sammeln – Aufbereiten – Verwerten 5. Standortoptimierung 6. Erschließen neuer Marktpotenziale (Kunststoff und EBS) 7. Ausweiten des Kundenkreises 8. Ausweiten der Wirtschaftskraft 9. Kette: Sammeln – Aufbereiten – Verwerten – Beseitigen 10. Bonität im Zeichen von Basel II 11. Erweitern der Anlagenkapazität

4.4 Hürden und Hindernisse

Kooperationen, Netzwerke, Qualitätsgemeinschaften: - Ungleichgewichte der Partner, v. a. Mittel mit Groß, führt zur Domi-

nanz- Negative Erfahrungen bei Mittelstandskooperationen

o Vertragsgestaltungen bzgl. Pflichten & Rechte (Knebelungen, Aufgabenverteilung, Zeitdauer, Ausstiegsmöglichkeiten, Ne-ben- und Zusatzverpflichtungen)

o Know-how-Abfluss o Zusammenarbeit und Koordination

Assymmetrische Partnerschaften und Kooperationen

Mehrwert und Nutzen von Kooperationen

Hürden und Hin-dernisse vonKooperationen

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56 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

Kooperationen, Netzwerke, Qualitätsgemeinschaften:

- Negative Erfahrungen bei PPP o Größenbündelungo mangelnde Flexibilität o Einfluss von Politik o fehlender Wille zur Einigung o fehlende Wirtschaftlichkeit

Die Forderungen sind daher: Moderation, Runder Tisch.

4.5 Zukünftige Entwicklungen

- Die Notwendigkeiten, durch Einsatz von Sekundärrohstoffen, Ener-gieeinsparung und Ressourcenschonung zu realisieren, ermöglichen eine vielfältige und bunte Entsorgungs- und Kreislaufwirtschaft. Dies würde den Wettbewerb um die wirtschaftliche und ökologisch vor-teilhafte Entsorgung fördern.

- Der Zusammenschluss der großen privaten Entsorger (Oligopole) er-zwingt den Zusammenschluss und die Kooperationen der mittelstän-dischen Entsorger mit ihren jeweiligen Partnern.

- Kooperationen in der Abfallwirtschaft von mittelständischen Entsor-gern mit ihren Partnern haben sich bewährt. Offene Netzwerke spie-len hierbei eine zunehmend wichtige Rolle.

- Der Mittelstand bringt in Kooperationen seine Stärken, nämlich Fle-xibilität, flache Hierarchien, Ortskenntnis und Wirtschaftlichkeit, be-sonders zur Geltung.

Mittelständische Kooperationen

haben sich bewährt

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57

5 KOMPETENZZENTRUM FÜR ENTSORGUNGSTECHNIK UND KREISLAUFWIRTSCHAFT – EINE KREISLAUF-WIRTSCHAFTLICHE KOOPERATION ENTLANG DER WERTSCHÖPFUNGSKETTE

Harald Wirtz

Wirtschaftsförderungszentrum Ruhr für Entsorgungs- undVerwertungstechnik e. V., Lünen

5.1 Vorbemerkung

Aufstrebende Schwellenländer, insbesondere auch in Asien (z. B. China), benötigen für ihre Wirtschaft immer größere Rohstoffmengen. Die Be-schaffung erfolgt auf dem Weltmarkt mit der Folge steigender Welt-marktpreise.

Wie einem Artikel der „Financial Times Deutschland“ im September 2006 zu entnehmen war, sind zwischen 2000 und 2005 die Rohstoffe auf dem Weltmarkt um 80 % teuerer geworden. Die Preise für Eisenerz, Stahlschrott und Erdöl haben sich sogar verdoppelt.

Von dieser globalen Entwicklung ist auch die Kreislaufwirtschaft betroffen.

Die Kreislaufwirtschaft weist, wie kaum eine andere Branche, eine dichte Vernetzung zwischen der „klassischen Entsorgungswirtschaft“ und der weiterverarbeitenden Industrie sowie den Gewerbebetrieben auf und ist wie viele andere Branchen geprägt durch:

- einen wachsenden Bedarf an Rohstoffen und Energieträgern, - steigende Preise bei Rohstoffen und Energieträgern, - eine Vielzahl von gesetzgeberischen Regelungen und Verordnungen

(KrW/AbfG, TASi, VerpackV, ElektroG, freiwillige Selbstverpflich-tungen der Hersteller und Vertreiber, usw.)

- eine Verantwortung gegenüber Schadstoffbelastungen und Umwelt-einflüssen.

Der wirtschaftliche Aufschwung von sich entwickelnden Staaten wird zu einer zunehmenden Verknappung von Ressourcen (Rohstoffen und Ener-gie) führen. Daher kommt der Entsorgungs- und Kreislaufwirtschaft künftig eine wesentliche Bedeutung bezüglich des Ressourcenschutzes zu.

Ein weiterer Aspekt ist die Klimaveränderung. Hier kann ein wesentli-cher Beitrag zur Vermeidung klimarelevanter Gase bei der Behandlung und Beseitigung, bei gleichzeitiger Nutzung der in den Abfällen enthal-tenen Energie, erfolgen.

GlobaleUmfeldbedingungen

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58 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

5.2 Nachhaltige Kreislaufwirtschaft

Mit dem Ziel zur Förderung einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft im Ruhrgebiet wurde das Wirtschaftsförderungszentrum Ruhr für Entsor-gungs- und Verwertungstechnik e. V. (kurz: WFZ Ruhr) im Februar 2005 mit finanzieller Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen – über die Projekt Ruhr GmbH – gegründet.

Ziele der nachhaltigen Kreislaufwirtschaft sind

- die Verringerung des absoluten Aufkommens an Abfällen (Ressour-censchonung),

- die Vermeidung negativer Einflüsse auf Umwelt und Gesundheit, durch ökologische und ökonomische Entsorgungs- und Verwertungstechniken.

Dabei beschäftigt sich die nachhaltige Kreislaufwirtschaft mit

- der wirtschaftlich orientierten Wiedergewinnung von Wertstoffen und Energieträgern,

- deren Weiterverarbeitung sowie - der Rückführung in Prozesse der Industrie und des produzierenden

Gewerbes- und der Substitution von Primärrohstoffen.

Hieraus erwächst sowohl eine betriebswirtschaftliche als auch volkswirt-schaftliche Forderung einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft.

5.3 Das Ruhrgebiet

Das Ruhrgebiet ist geprägt durch eine hohe Industrie- und Siedlungsdich-te und somit der größte Verdichtungsraum Deutschlands und – nach Pa-ris und London – der drittgrößte innerhalb der Europäischen Union.

Als statistische und räumliche Grundlage wird allgemein das Verbands-gebiet des Regionalverbandes Ruhr (RVR) angesehen.

Im Regionalverband sind die elf kreisfreien Städte Bochum, Bottrop, Dortmund, Duisburg, Essen, Gelsenkirchen, Hagen, Hamm, Herne, Mül-heim an der Ruhr und Oberhausen sowie die vier Kreise Ennepe-Ruhr, Recklinghausen, Unna und Wesel zusammengefasst.

Insgesamt umfasst das Gebiet 53 selbstständige Gemeinden mit ca. 5,3 Mio. Einwohnern (ca. 30 % der Landesbevölkerung Nordrhein-Westfalens).

Im Ruhrgebiet entwickelte sich bereits frühzeitig eine Kreislaufwirt-schaftskompetenz zur Verminderung von Ressourcenverbrauch und Ab-fallaufkommen sowie technischen Konzepten im Bereich der Entsorgung und Verwertung von Abfällen und Wertstoffen.

Somit hat nicht zuletzt die Entwicklung der Kreislaufwirtschaft einen maßgeblichen Beitrag zum Strukturwandel im Ruhrgebiet geleistet.

Ziele des WFZ Ruhr

RegionaleUmfeldbedingungen

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5. Kompetenzzentrum für Entsorgungstechnik und Kreislaufwirtschaft 59

Im Vergleich zu anderen Branchen weist die Entsorgungswirtschaft im Zeitraum 2000–2004 einen Beschäftigungszuwachs um ca. 6,4 % aus.

Durch eine Stärkung und Weiterentwicklung der Kreislaufwirtschaft als wichtige Wachstumsbranche im Ruhrgebiet können Impulse auf andere Wirtschaftszweige ausgehen.

5.4 Die Mitglieder des WFZ Ruhr

Das WFZ Ruhr – mit Sitz in Lünen – ist ein einzigartiger, freiwilliger Zusammenschluss bzw. ein Netzwerk von öffentlichen und privaten Un-ternehmen der Kreislaufwirtschaft im Ruhrgebiet (siehe Abbildung 5-1und ).

An der Gründung des Netzwerkes beteiligten sich im Februar 2005 sie-ben Unternehmen der Kreislaufwirtschaft. Mit Stand Oktober 2006 zählte das Netzwerk bereits 35 Mitglieder.

Durch die Zusammenarbeit der öffentlichen und privaten Unternehmen, bei der gemeinsame, übergeordnete und konkrete Aufgabenstellungen verfolgt werden, soll die Kreislaufwirtschaft im Ruhrgebiet nachhaltig gestärkt werden.

Die Mitgliedsunternehmen decken das gesamte Leistungsspektrum der Kreislaufwirtschaft entlang der Wertschöpfungskette ab:

- Erfassung, Sammlung und Umschlag von Abfällen/Reststoffen - Sortierung und Aufbereitung - Herstellung von Sekundärrohstoffen und Energieträgern - Industrielle Verarbeitung von wiedergewonnenen Wertstoffen zu

Grundstoffen und Produkten - Energetische Verwertung auf industriellem Niveau - Thermische Beseitigung und Endlagerung - Anlagenbau, Anlagentechnik - Handel mit Abfall-/Wertstoffen - Begleitende Dienstleistungen (z. B. EDV)

Die Mitglieder verstehen sich als Technologie- und Systemführer und unterscheiden sich zwischen ordentlichen Mitgliedern, die über einen Unternehmenssitz bzw. eine Betriebsstätte im Ruhrgebiet verfügen sowie fördernden Mitgliedern, die ein besonderes Interesse im Bereich der Kreislaufwirtschaft aufweisen.

Netzwerk von öf-fentlichen und pri-vaten Unternehmen

Ordentlicheund förderndeMitglieder

Abbildung 5-2

,

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60 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

Wirtschaftsförderungszentrum Ruhr für Entsorgungs- u. Verwertungstechnik e.V. 12

• Mitglieder

Die öffentlich-rechtliche Unternehmen (inkl. PPP´s) und Fördermitglieder:

Stadtwerke Lünen

Wirtschaftsförderungszentrum Ruhr für Entsorgungs- u. Verwertungstechnik e.V. 13

• Mitglieder

Die privaten Unternehmen:

CC Umwelt AG

Gündüz Bau & Abbruchunter-

nehmen

Abbildung 5-1: Öffentlich-rechtliche Unternehmen (inkl. PPPs) sowie Fördermitglieder.

Abbildung 5-2: Privatwirtschaftliche Unternehmen.

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5. Kompetenzzentrum für Entsorgungstechnik und Kreislaufwirtschaft 61

5.5 Die satzungsgemäßen Ziele des WFZ Ruhr

Ziel des WFZ Ruhr ist die Förderung der Entsorgungs- und Kreislauf-wirtschaft durch:

- Bündelung regionaler Kreislaufwirtschaftskompetenz - Entwicklung neuer Geschäftsfelder und Geschäftsmodelle - Erschließung von Auslandsmärkten - Förderung der Forschung und Entwicklung - Weiterentwicklung der nachhaltigen Kreislaufwirtschaft - Imageverbesserung der Kreislauf- und Entsorgungswirtschaft im

Ruhrgebiet- Aus-, Fort- und Weiterbildung der Mitglieder und ihrer Mitarbeiter - Erfahrungsaustausch auf technischer und wirtschaftlicher Basis - Interessenvertretung gegenüber politischen, staatlichen und sonstigen

Organisationen

Das WFZ Ruhr bietet eine Plattform für die am Netzwerk beteiligten Unternehmen. In einem breiten Dialog zwischen „klassischer Entsor-gungswirtschaft“ und „aufnehmender Industrie sowie Gewerbe“ sollen Szenarien zu nachhaltigen Ansatzpunkten diskutiert und initiiert werden. Hieraus entwickelte sich im Jahre 2006 ein Arbeitsprogramm, das lau-fend ergänzt und fortgeschrieben wird. Die sich hieraus entwickelten Projekte werden dann in einem öffentlichen Ausschreibungsverfahren vergeben.

5.6 Vernetzung zur Wissenschaft

Die Arbeit des WFZ Ruhr soll von einem wissenschaftlichen Beirat be-gleitet und unterstützt werden. Der wissenschaftliche Beirat – dessen konstituierende Sitzung derzeit noch aussteht – setzt sich aus Wissen-schaftlern des Ruhrgebietes zusammen.

Neben der fachlichen und organisatorischen Unterstützung und Beratung des WFZ Ruhr besteht die Aufgabe des wissenschaftlichen Beirates im Wesentlichen in

- der wissenschaftlichen Begleitung und Bewertung des Arbeitspro-gramms bzw. Projekten hinsichtlich methodischer und theoretischer Fragestellungen,

- der Überprüfung, Weiterentwicklung und Ergänzung der wissen-schaftlichen Grundlagen und Methoden,

- der beratenden Mitwirkung bei der Entwicklung mittel- und langfris-tiger Zukunftsvisionen für die Kreislaufwirtschaft,

- der Initiierung zu weiteren Arbeitsprogrammen und Forschungsfeldern.

Nicht zuletzt soll mit dem Beirat die Zusammenarbeit zwischen dem WFZ Ruhr und deren Mitgliedsunternehmen, der Wissenschaft und For-

Ziele undStrategien

WissenschaftlicherBeirat

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62 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

schungs- und Entwicklungseinrichtungen sowie der Praxis gefördert werden.

5.7 Aktuelles Arbeitsprogramm

Anfang 2006 hat sich das WFZ Ruhr ein umfangreiches Arbeitspro-gramm auferlegt, das laufend ergänzt und fortgeschrieben wird.

5.7.1 Kompetenzatlas der Kreislaufwirtschaft im Ruhrgebiet

AusgangslageGegenüber der restlichen Bundesrepublik befindet sich im Ruhrgebiet eine sehr hohe Konzentration an Entsorgungs- und Verwertungskapazitä-ten. Die traditionelle Schwerindustrie und die hohe Siedlungsdichte ha-ben hier bereits früh zu einer Umsetzung der Kreislaufwirtschaft geführt, um den Ressourcenverbrauch und das Abfallaufkommen zur Endbeseiti-gung zu vermindern.

Zielsetzung Eine Bündelung und Vernetzung der bestehenden Kompetenzen erfordert eine systematische Erfassung der privatwirtschaftlichen und öffentlichen Unternehmen, die Entsorgung und Verwertung zum Inhalt haben, sowie der F&E-Einrichtungen und der spezialisierten Dienstleister und Tech-nikanbieter. Die folgenden Bereiche sollen unterschieden werden:

- Betriebe, die sich nur mit der Logistik befassen (Fassung, Sammlung und Umschlag),

- Unternehmen, die Logistik und Verwertungs- und Endbeseitigungs-anlagen betreiben,

- Unternehmen, die Logistik, Verwertungsanlagen, Endbeseitigungs-anlagen und zusätzlich noch Produktionsanlagen betreiben,

- Unternehmen, die ausschließlich Anlagenbetreiber sind, - Industrie- und Gewerbeunternehmen, die Abfallströme oder wieder

gewonnene Wertstoffströme weiterverarbeiten (z. B. Papierfabriken im Bereich Altpapier, Schrottverwertungen, Lösemittel, etc.),

- Unternehmen, die Anlagentechnik für den Bereich Kreislaufwirt-schaft erstellen,

- F&E-Einrichtungen mit ihren Schwerpunkten.

5.7.2 Darstellung der Stoffströme in Bezug auf Im- und Export

AusgangslageNach dem starken Wachstum der Vergangenheit wird für die Entsor-gungs- und Verwertungswirtschaft für die kommenden Jahre im Inland nur noch wenig quantitatives Wachstum erwartet. Chancen für eine Er-höhung bestehen auf den Märkten außerhalb des Ruhrgebietes und im Ausland.

Hohe Konzentration an Entsorgungs- und

Verwertungs-kapazitäten

Erfassung und Analyse der Abfall- und

Wertstoffströme

-

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5. Kompetenzzentrum für Entsorgungstechnik und Kreislaufwirtschaft 63

Zielsetzung Erfassung und Analyse der Abfall- bzw. Wertstoffströme, die in das Ruhrgebiet importiert werden (aus anderen Bundesländern oder dem Ausland) und die aus dem Ruhrgebiet in andere Bundesländer oder in das Ausland exportiert werden.

5.7.3 Zusammensetzung und Mengen der Stoffströme ausGewerbeabfällen

AusgangslageDer anfallende Gewerbeabfall im Ruhrgebiet ist bisher weder in seiner Größenordnung noch in seiner Zusammensetzung systematisch erfasst worden. Diese Fragestellung gewinnt nach Inkrafttreten der TA Sied-lungsabfall zunehmend an Bedeutung.

Zielsetzung Es geht um die Fragestellung, welche Wertstoffe im Gewerbeabfall an-fallen, welche Inhalte für die weiterverarbeitende Industrie zur Verwer-tung als Sekundärroh- und -brennstoffe zur Verfügung gestellt werden können. Hieraus können mögliche Sortier- und Qualitätskriterien erarbei-tet werden.

Gewerbeabfälle mit folgenden Inhalten wären zu erfassen: - Altholz- Schrotte (z. B. Metallschrott, Elektronikschrott) - Mineralische Abfälle (Baustellenmischabfälle, Bauschutte) - Gemischte Gewerbeabfälle aus produzierendem Gewerbe und Indust-

rie (Folien, Kartonagen, Textilien, Leder, usw.) - Papier, Pappe, Kartonagen - Kunststoffe

Diese Daten sollen eine Beurteilung notwendiger Kapazitäten ermögli-chen, um Entscheidungshilfen für zukünftige Investitionen zu erhalten.

5.7.4 Dokumentation der Wirtschaftsdaten aus der Kreislauf-wirtschaft im Ruhrgebiet

AusgangslageDie amtliche Statistik weist für das Ruhrgebiet rund 16.000 Beschäftigte allein in der Recycling-, Entsorgungs- und Verwertungswirtschaft aus; in den Jahren 2000–2004 gab es einen Beschäftigtenzuwachs um 6,4 %. Der Zuwachs steht positiv entgegen allen anderen Entwicklungen in Deutschland und diesen gilt es beizubehalten.

Zielsetzung Die Ermittlung der Wirtschaftsdaten wie Umsatzvolumen, Investitions-volumen, Mitarbeiterzahl, Wachstumsraten, etc. sollen zum einen den

Sortier- und Qua-litätskriterien

Dokumentation und Aufdeckung von Nischen

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64 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

Status quo der Kreislaufwirtschaft im Ruhrgebiet dokumentieren. Zum anderen sollen diese Daten Marktverschiebungen, freie Kapazitäten und bisher unbeachtete Nischen aufdecken. Für das WFZ Ruhr bilden diese Daten die Basis für ein erfolgreiches Kompetenzzentrum.

5.7.5 Branchenspezifische Ausbildung/Qualifikation/ Masterstudiengang

AusgangslageDie Thematik „Versorgung und Entsorgung“ ist in der Ausbildung hin-reichend abgedeckt. Zu fördern wäre eine unternehmensübergreifende Zusatzausbildung, um branchenspezifische Kenntnisse vermitteln zu können. Hierbei besteht u. a. die Zielsetzung, das Image der Entsor-gungs- und Kreislaufwirtschaft zu verbessern.

Zielsetzung Entwicklung und Etablierung einer angepassten und nachhaltigen Perso-nalentwicklung für die Kreislaufwirtschaft. Sie betrifft den mittleren und gehobenen Managementbereich und soll Ausbildungsverbünde zwischen den Mitgliedsunternehmen fördern. Hierbei ist die Einführung eines Mas-terstudiengangs „Ressourcenmanagement“ im Ruhrgebiet vorgesehen.

5.7.6 Logistik im Ruhrgebiet

AusgangslageDie logistischen Anforderungen in der Kreislaufwirtschaft werden immer komplexer durch steigende Kosten, national und international agierender Wertstoffmärkte sowie grenzüberschreitender Verbringung von Abfällen.

Zielsetzung Untersuchung der Logistikketten von der Erfassung bis zur Beseitigung bzw. Verwertung von Abfällen. Auf Basis dieser Ergebnisse sollen neue Modelle zur Optimierung der Logistik entwickelt werden. Für die Mit-glieder des WFZ Ruhr wird eine Übersichtskarte mit den wesentlichen Abfallverkehrsströmen erstellt.

5.7.7 Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

AusgangslageDas WFZ Ruhr ist im Februar 2005 gegründet worden und die organisa-torische sowie strategische Arbeit wurde aufgenommen. Der Förde-rungszeitraum beträgt 2 Jahre; dieser Zeitraum muss optimal genutzt werden, um das WFZ Ruhr als Kompetenzzentrum zu etablieren.

Vermittlungbranchenspezifischer

Kenntnisse

Logistikketten und deren Optimierung

Etablierungdurch Präsenz

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5. Kompetenzzentrum für Entsorgungstechnik und Kreislaufwirtschaft 65

Zielsetzung Konsequenter Aufbau der Öffentlichkeitsarbeit über die Marketingin-strumente

- Presse,- Internet (Leistungsspektrum der Mitglieder, Verlinkung zu den Mit-

gliedern, Veranstaltungskalender, usw.), - Folder, Imagebroschüre, - Veranstaltungen.

Ziel ist, das WFZ Ruhr über den Förderungszeitraum hinaus als kompe-tenten Ansprechpartner der Kreislaufwirtschaft zu etablieren und durch die Mitgliedergewinnung die Finanzierung sicherzustellen.

5.7.8 Kontaktpflege mit der Landesregierung

AusgangslageNeue Gesetze und Verordnungen verlangen in der Planungsphase die Einbindung von „interessierten Kreisen“. Ebenso ist das Thema der „Entbürokratisierung“ in der Kreislaufwirtschaft bis zum heutigen Zeit-punkt nicht zufriedenstellend umgesetzt worden.

Zielsetzung - Initiierung von Gesprächskreisen- Vorschläge zu Verwaltungsvereinfachungen

5.7.9 Förderung der Zusammenarbeit der Mitgliedsunternehmen

AusgangslageBeim WFZ Ruhr handelt es sich um ein „Public-Private-Partnership“ – ein freiwilliger Zusammenschluss aus öffentlichen und privaten Unter-nehmen (z. Zt. 35 Unternehmen). Dies bietet die einmalige Chance, neue Plattformen der Zusammenarbeit zu finden und zu initiieren.

Zielsetzung - Mitgliederprofile erstellen und kommunizieren - Bildung von Kooperationen für technischen Erfahrungsaustausch und

technische Weiterentwicklung

5.7.10 Chlorstudie

AusgangslageDas in abfallstämmigen Brennstoffen enthaltene Chlor führt in thermi-schen Prozessen zu einer Reihe von Problemen wie z. B. Emissionen, Korrosion und verändertem Ascheschmelzverhalten. Für den Bereich der Emissionen wurden durch entsprechende Rauchgasreinigungsanlagen bereits Lösungen gefunden.

Gesprächskreise

Neue Plattformen der Zusammen-arbeit

Ursachen undFormen des Chloreintrages

,

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66 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

Forschungsbedarf besteht hierbei insbesondere noch für den Bereich der chlorinduzierten Korrosionsvorgänge. Dies gilt beispielsweise unter an-derem auch vor dem Hintergrund eines vermehrten Einsatzes von Ersatz- bzw. Substitutbrennstoffen in industriellen Feuerungen.

Zielsetzung Das WFZ Ruhr möchte mit dieser Studie die Ursachen und Formen des Chloreintrages in den Abfällen und Wertstoffen sowie die Hauptchlorträ-ger identifizieren. Ferner soll eine quantifizierende Aussage getroffen werden, wie viel Chlor als PVC gebunden, wie viel Chlor in Verbund-stoffen oder als Additiv (Klebstoff) oder als Begleitstoff in diversen Wertstofffraktionen (z. B. Papier) und wie viel Chlor sich in anorgani-scher Form (z. B. Salz) im Abfall befindet.

In diesem Zusammenhang sollen orientierte Aussagen zu Möglichkeiten bzw. zur Effektivität der Chlorabtrennung in Aufbereitungsanlagen eru-iert werden. Mit Hilfe der umfassenden Kenntnisse der Input-Materialien sowie deren Chlorgehalt sollen mögliche Potenziale eines effizienten Aufbereitungskonzeptes abgeleitet werden.

5.8 Chancen und Risiken des Netzwerkes

Wie in jedem anderen Netzwerk auch, ergeben sich für das Netzwerk selbst, aber auch für die daran teilnehmenden Unternehmen Chancen und Risiken. Durch eine entsprechende Betreuung der Unternehmen gilt es, die Chancen zu heben und die Risiken zu minimieren, damit der Nutzen des Netzwerkes für die Unternehmen optimiert werden kann.

Die möglichen Nachteile bei Teilnahme an dem Netzwerk, wie z. B. kei-ne alleinige Nutzung von Projekt- und Prozessinnovationen, der Res-sourcenbindung (zeit- und personalaufwendig) insbesondere bei KMUs sowie Berührungsängsten zwischen den beteiligten Unternehmen – ins-besondere auf horizontaler Ebene (da Wettbewerber) – werden hierbei in Kauf genommen.

Tabelle 5-1: Chancen und Risiken des Netzwerkes.

Chancen Risiken • Fokussierung auf eigene Kern-

kompetenzen • Informations- und Kontaktbörse • Erfahrungsaustausch/Best practise • Nutzung von Know-how • Gemeinsame Präsentation auf Messen • Erschließung neuer Geschäftsfelder

bzw. -modelle • Technologie-/Ressourcenzugang (ins-

besondere für KMUs)

• Ungewollter Know-how-Abfluss • Einseitige Interessendurchset-

zung/Einflussversuche, damit Ge-fahr einseitiger Abhängigkeiten

• Divergenzen zwischen Partnern infolge unterschiedlicher Ziel- und Arbeitsauffassung

• Integrationsprobleme (Zeitverlust; Unzufriedenheit)

Nutzenoptimierung

,

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5. Kompetenzzentrum für Entsorgungstechnik und Kreislaufwirtschaft 67

• Erschließung neuer Märkte (z. B. Ausland)

• Verteilung von Risiken • Das Denken über eigene Betriebs-

grenzen hinaus fördert die Erkenntnis über Effizienzpotenziale besonders mit nachgelagerten Prozessen

• Kapazitätsauslastung, -entlastung • Kosteneinsparung bei:

F&E, gemeinsamen Projekten, bei Aus- und Weiterbildung

• Gefahr der abnehmenden Verbind-lichkeit im Netzwerk/Zuverlässig-keit der Partner

5.9 Schlussbemerkungen

Begleitet durch die vielfältigen gesetzlichen Regelungen und Selbstver-pflichtungen der produzierenden Industrie hat sich die Abfallwirtschaft seit Beginn der 90er Jahre erheblich gewandelt.

Seit dieser Zeit hat die Abfallwirtschaft bereits einen maßgeblichen Bei-trag zu einer nachhaltigen Entwicklung in Deutschland geleistet:28

- Die Abfallmengen sind trotz eines Wirtschaftswachstums (1990–2004) von 15 % im langjährigen Vergleich konstant geblieben (Ent-kopplung des Abfallaufkommens vom Wirtschaftswachstum). Inner-halb des Gesamtaufkommens ist zunehmend eine deutliche Verschie-bung von Abfällen zur Beseitigung hin zu Abfällen zur Verwertung zu beobachten.

- Der Ausstoß der Klimagase wurde deutlich reduziert. Durch die voll-ständige Umsetzung der Ablagerungsverordnung im Jahre 2005 konnte voraussichtlich eine Einsparung von 30 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent bei Abfällen aus Haushalten (1990–2005) erzielt werden.

- Auch die Ressourceneinsparung der fossilen Energieträger ist beacht-lich.

- Umweltentlastungen konnten auch im Hinblick auf die Versauerung, die Überdüngung der Gewässer und die Belastungen der menschli-chen Gesundheit durch Feinstaub erzielt werden.

- Die Emissionen krebserzeugender Stoffe aus Müllverbrennungsanla-gen (z. B. Furane, Dioxine) wurden durch die strengen Grenzwerte der 17. Bundesimmissionsschutzverordnung erheblich verringert.

28 Quelle: Bundesumweltministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Umwelt Nr. 10/2004; Sonderteil: Beitrag der Abfallwirtschaft zur nachhaltigen Ent-wicklung in Deutschland.

Beitrag der Abfallwirtschaft zur nachhaltigen Entwicklung

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68 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

Es gilt nunmehr diesen Trend fortzusetzen, d. h. auch weiterhin unter nachhaltigen Gesichtpunkten die Entsorgungs- und Kreislaufwirtschaft zu entwickeln.

Die Entsorgungswirtschaft wird sich im Zuge der knapper werdenden Rohstoffe zu einer Rohstoff- bzw. Ressourcenwirtschaft weiter-entwickeln. Die Aufbereitung, Verwertung und Vermarktung von Abfäl-len/Wertstoffen wird zunehmen.

Dies impliziert auch die Weiterentwicklung von ökonomischen und ökolo-gischen Technologien, nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund des Ziels 2020, das eine vollständige Verwertung von Siedlungsabfällen vorsieht.

Die Bevölkerungsabnahme in der Bundesrepublik Deutschland wird zu weiterhin sinkenden Abfallmengen führen.

Hinzu kommen die derzeit in der öffentlichen Diskussion stehenden Än-derungen des europäischen Abfallrahmenplans sowie der deutschen Ver-packungsverordnung.

Hierbei ist die Politik in der Pflicht, geeignete Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft festzulegen.

Dazu bedarf es jedoch klarer und verbindlicher Aussagen, damit die Ent-sorgungs- und Kreislaufwirtschaft auch weiterhin zukunftsfähige Investi-tionen tätigen wird.

Weiterentwicklungzur Rohstoff- bzw.

Ressourcenwirtschaft

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69

6 KOMMUNALE KOOPERATIONEN IN DER ABFALLWIRT-SCHAFT AM BEISPIEL DES KREISES METTMANN

Dr. Hermann-Josef Waldapfel

Umweltamt, Kreis Mettmann

6.1 Einführung und Vorbemerkung

Ziel dieses Beitrags ist die Darstellung der kommunalen Kooperationen, die der Kreis Mettmann im Bereich der Abfallwirtschaft in der Vergan-genheit eingegangen ist. Hierbei wird im Wesentlichen auf den Untersu-chungszeitraum von 1994 bis 2004 abgestellt. Darüber hinaus werden die wesentlichen Kooperationen des Kreises Mettmann vorgestellt, soweit es sich um aktuelle Verträge handelt, die bis heute eine prägende Bedeutung für die Abfallwirtschaft des Kreises Mettmann besitzen.

Ohne eine vertiefte theoretische Diskussion des Begriffes „Kooperation“ an dieser Stelle führen zu wollen, ist im Vorfeld der Kooperationsbegriff in seiner grundlegenden Bedeutung näher zu beleuchten, um die Auswahl und die Art der gewählten Kooperationen auf eine gemeinsame Grundla-ge zu stellen.

Die hier dargestellten Kooperationen erfüllen insbesondere die folgenden grundlegenden und wesentlichen Mindestanforderungen an eine Koope-ration:

1. Die Kooperationspartner, die ihre Zusammenarbeit in Teilbereichen ihrer Geschäftsfelder/Zuständigkeiten vereinbaren, müssen sowohl wirtschaftlich als auch rechtlich voneinander unabhängig bleiben (keine Fusionen).

2. Die vereinbarte gemeinsame Aufgabenerledigung bedarf der regel-mäßigen Absprache und Koordination. Zu diesem Zweck können z. B. gemeinsame Gremien gebildet werden.

3. Eine Kooperation ist von einer reinen Auftragsvergabe grundsätzlich abzugrenzen. Hierunter fallen insbesondere interkommunale Aufga-benübertragungen, die nach heutiger Rechtslage dem Vergaberecht unterliegen würden, selbst wenn diese Aufgabenübertragungen in der Vergangenheit durch öffentlich-rechtliche Vereinbarungen gere-gelt wurden.

Da die wirtschaftliche und rechtliche Unabhängigkeit des Kreises Mett-mann durch vertragliche Verpflichtungen mit seinen Vertragspartnern grundsätzlich unangetastet bleibt (z. B. keine Fusion denkbar), waren bei der Auswahl der vom Kreis Mettmann eingegangenen vertraglichen Ver-pflichtungen diese Verträge insbesondere auf die Punkte 2) und 3) hin abzuklopfen und so auf mögliche und tatsächliche Kooperationsverhält-nisse zu überprüfen.

Begriffsklärung „Kooperation“

Kooperationsver-hältnisse Kreis Mettmann

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70 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

Zunächst soll auf die theoretisch möglichen kommunalen Kooperations-formen eingegangen werden. Hierzu werden zunächst die Bereiche der öffentlich-rechtlichen-Kooperationsformen sowie die privat-rechtlichen Kooperationsformen dargestellt. Anschließend folgt eine chronologische Aufzählung der abfallwirtschaftlichen Kooperationen des Kreises Mett-mann. Zum Schluss soll ein Blick „über den Tellerrand hinaus“ und da-mit über den Kreis Mettmann hinaus gewagt werden.

6.2 Öffentlich-rechtliche Kooperationsformen

Das Land NRW kennt für die interkommunale Zusammenarbeit im We-sentlichen drei Kooperationsformen, die im Landesgesetz über die kom-munale Zusammenarbeit (GKG) beschrieben werden. Zum einen können Kommunen die Form der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung (ÖRV) wählen. Hier unterscheidet man die rein „vertragliche Form“ ohne Ein-satz von gemeinsamen finanziellen Mitteln von einer institutionalisiertenForm der Kooperation, die zur gemeinsamen Aufgabenerledigung zusätz-liche finanzielle Mittel vorsieht. In diesem Fall ist die Bildung eines ge-meinsamen finanziellen Kapitalstocks aus gemischtem Kapital üblich.

Als zweite wesentliche Form der interkommunalen Zusammenarbeit sieht das GKG die Gründung eines Zweckverbandes vor. Im Vergleich zum ÖRV, der in der Regel eine bilaterale Beziehung (z. B. zweier Ge-bietskörperschaften) regelt, erfolgt die Zusammenarbeit im Zweckver-band überwiegend multilateral, d. h. mehrere Gebietskörperschaften beteiligen sich an einem Zweckverband.

Darüber hinaus sieht das GKG auch die Möglichkeit vor, die interkom-munale Zusammenarbeit innerhalb einer gemeinsamen Arbeitsgemein-schaft (AG) zu bewerkstelligen.

6.3 Privat-rechtliche Kooperationsformen

Als wesentliche Kooperationsform im privat-rechtlichen Bereich ist zu-nächst die Möglichkeit der Gründung einer gemeinsamen privatrechtli-chen Kapitalgesellschaft als gemeinsames Tochterunternehmen (keine Fusion) der beteiligten Partner, oft in Form einer GmbH bzw. AG, zu nennen.

Soweit an der Gesellschaft ausschließlich kommunale Partner beteiligt sind, spricht man hier von gemischt-öffentlichen Beteiligungsgesellschaf-ten. Gemischt-wirtschaftliche Beteiligungsgesellschaften hingegen bin-den neben kommunalen Gesellschaftern auch private Gesellschafter ein, die neben privatem Know-how insbesondere privates Kapital für die er-folgreiche Durchführung des gemeinsamen Unternehmenszweckes bei-steuern bzw. die Durchführung der gemeinsamen Aufgabe erst wirt-schaftlich ermöglichen.

Überblick

Vertragliche vs.institutionalisierte

Kooperation

Kapitalgesellschaft

Gemischt-öffentliche& gemischt-wirt-

schaftliche Beteili-gungsgesellschaft

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6. Kommunale Kooperationen im Kreis Mettmann 71

Darüber hinaus ist die Gründung eines Idealvereins eine weitere Mög-lichkeit, eine Kooperation im Bereich der Abfallwirtschaft zu generieren. Der Idealverein ist die typische und häufigste Form eines Vereins. Man versteht darunter einen nichtwirtschaftlichen Verein, also einen Verein, der nicht auf die Erzielung von Gewinnen ausgerichtet ist. Er verfolgt statt materieller vorwiegend ideelle Zwecke.

Neben der Gründung einer Kapitalgesellschaft kann die Zusammenarbeit grundsätzlich auch durch jede Form eines privatrechtlichen Vertrages vereinbart werden. Hier bietet sich allerdings grundsätzlich die schriftli-che Vertragsform an.

Darüber hinaus können auch auf privatrechtlicher Grundlage Arbeitsge-meinschaften gebildet werden, die i. d. R. der Abstimmung und Koordi-nation von Aufgaben zwischen den Kooperationspartnern dienen.

6.4 Kooperationen unter Beteiligung des Kreises Mettmann

6.4.1 1980: Idealverein

Im Jahr 1980 kam es zur Gründung eines Idealvereins, dem Verein zur Förderung der Abfallwirtschaft Region Rhein-Wupper, an dem sich der Kreis Mettmann als Gründungsmitglied von Beginn an beteiligt hat. Der Verein besteht zurzeit aus 20 Mitgliedern, darunter 16 Städte und Kreise, 3 Handelskammern sowie der Bezirksregierung Düsseldorf als beraten-des Mitglied. Zu den Aufgaben des Vereins zählen u. a. die Wahrneh-mung gemeinsamer, regionaler abfallwirtschaftlicher Interessen, die Un-terstützung der Mitglieder im Bereich der Abfallvermeidung, welcher als wichtiger Bestandteil der abfallrechtlichen Entsorgungshierarchie eine nicht zu vernachlässigende Rolle auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft spielt. Darüber hinaus gehört die Koordinierung und Förderung von Ent-sorgungsanlagen mit regionaler Bedeutung, die Umsetzung des aktuell gültigen Abfallwirtschaftsplans für den Regierungsbezirk Düsseldorf, die Erstellung eines regionalen Abfallkatasters, die Beratung der eigenen Mitglieder und noch viele weitere Aufgaben zu dem breiten Aufgaben-spektrum des Vereins, auf d hier nicht weiter eingegangen werden soll. An dieser Stelle sei auf Kap. 9 verwiesen, das die Aufgaben und die Weiterentwicklung dieses Vereins explizit zum Gegenstand hat.

6.4.2 1992: Gemischt-wirtschaftliche Beteiligungsgesellschaft

Im Jahr 1992 kam es zur Gründung der „Kompostierungs- und Vermark-tungsgesellschaft für Stadt Düsseldorf/Kreis Mettmann“ (KDM), an der sich neben der IDR EG (mit 50 % Stammkapitalanteil) auch der Kreis Mettmann (mit 33 %) und die Firma ATG & Rosendahl (mit 17 %) betei-ligt haben. Diese gemischt-wirtschaftliche Beteiligungsgesellschaft be-treibt seit Anfang 1996 in Ratingen-Breitscheid eine Kompostierungsan-lage (KDM-Anlage), in der die aus dem Hausmüll abgetrennte kompos-

Idealverein

PrivatrechtlicherVertrag

Arbeitsgemeinschaft

Verein zur Förde-rung der Abfall-wirtschaft Region Rhein-Wupper e. V.

Kompostierungs-und Vermark-tungsgesellschaft

as

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72 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

tierbare Abfallfraktion (Bio- und Grünabfälle) aus den Gebietskörper-schaften der Stadt Düsseldorf und des Kreises Mettmann mittels Zeilen-kompostierung verwertet werden. Zwischenzeitlich hat die Fa. AWISTA die Anteile der Fa. IDR EG an der Beteiligungsgesellschaft übernommen.

Neben der Behandlung der biogenen Abfallfraktion liegen die Vermark-tung und der Vertrieb des Fertigkompostes als Hauptaufgaben im Ver-antwortungsbereich der Gesellschaft. Zeitgleich mit der Errichtung der KDM-Anlage wurden im Kreis Mettmann nach und nach die Haushalte über die Biotonne an die KDM-Anlage angeschlossen. Die Einführung der Biotonne wurde vornehmlich von den kreisangehörigen Städten durchgeführt. Der Kreis Mettmann unterstützte die kreisangehörigen Städte bei dieser Aufgabe durch die Übernahme der notwendigen kreis-weiten Koordination.

Der Kreis Mettmann verfolgte mit dieser Kooperation das Ziel, eine möglichst weitgehende Trennung der biogenen Abfallfraktion aus dem Hausmüll zu erreichen und damit die vom Land NRW vorgegebene poli-tische Zielvorgabe einer nachhaltigen Reduzierung der Abfallmengen durch eine 30%ige Verwertung bis zum Jahr 2000 nachzukommen. Gleichzeitig sollte mit dieser Verwertung der biogenen Abfälle eine mög-lichst kostengünstige Verwertung erreicht werden, um die Abfallgebüh-ren langfristig zu stabilisieren. Das Verwertungsziel ist mit mehr als 50 % verwerteter Hausabfälle inzwischen im ositiven übererfüllt.

Mitte bis Ende der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts waren die Entsor-gungskosten für die von den Kommunen eingesammelten Haushalts-schadstoffe außergewöhnlich stark angestiegen. Diese Entwicklung nähr-te die Sorge, dass hierdurch die Entsorgungsgebühren für die Privathaus-halte aus dem Ruder laufen, wenn nicht von Seiten der Kommunen durch geeignete Maßnahmen eine Gegensteuerung erfolgt. Aus diesem Grund suchte der Kreis Mettmann zusammen mit anderen Gebietskörperschaf-ten nach einer Lösung des Problems. Ziel war es, möglichst als entsor-gungspflichtige Körperschaft Einfluss auf die Wahl der Entsorgungswege für die Schadstoffe und damit auf die Höhe der Entsorgungsentgeltenehmen zu können. Als Lösung bot sich hierfür die Errichtung einer An-nahmestelle/Zwischenlager für Schadstoffe an, welches grundsätzlich die Annahme und die weitere Entsorgung der Schadstoffe aus den Haushal-tungen und dem Kleingewerbe sicherstellen soll.

6.4.3 Mai 1994: Öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen der Stadt Düsseldorf und dem Kreis Mettmann

Die Stadt Düsseldorf beauftragte schließlich die Fa. IDR EG mit der Er-richtung und dem Betrieb eines Zwischenlagers in Düsseldorf-Reisholz. Zur Sicherstellung der Auslastung des Zwischenlagers wurde im Mai 1994 ein Kooperationsvertrag zwischen dem Kreis Mettmann und der Stadt Düsseldorf geschlossen. Diese öffentlich-rechtliche Vereinbarung

Aufgaben

Ziele

Errichtung und Betrieb eines

Zwischenlagers

P

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6. Kommunale Kooperationen im Kreis Mettmann 73

regelt für den Zeitraum von 20 Jahren die Mitbenutzung des Zwischenla-gers der Stadt Düsseldorf durch den Kreis Mettmann. Der Kooperations-vertrag zwischen der Stadt Düsseldorf und dem Kreis Mettmann berück-sichtigt u. a. den im Kreislaufwirtschaftsgesetz formulierten Verwer-tungsvorrang. Die zu entsorgenden Schadstoffe aus beiden Gebietskör-perschaften sollen demnach grundsätzlich einer ordnungsgemäßen Ver-wertung zugeführt werden, selbst wenn die Verwertung im Vergleich zum jeweiligen Beseitigungsverfahren etwas höhere Entsorgungskosten zur Folge haben sollte. Wichtig bleibt jedoch die stete Kontrollmöglich-keit über die gewählten Entsorgungswege und die damit einhergehende Einflussnahme auf die Entsorgungskosten.

Aufgrund von Nachbarschaftsbeschwerden und weiterer Verzögerungen bei der Übernahme des Betriebsgrundstücks konnte das Zwischenlager schließlich 1997 den Betrieb aufnehmen.

Die mit dem Kooperationsvertrag verbundene lange Laufzeit über 20 Jahre führt durch die Einrichtung einer zentralen Annahmestelle für alle Schadstoffe für beide Kooperationspartner zu einer langfristig ange-legten Entsorgungssicherheit im Bereich der Schadstoffentsorgung aus den angeschlossenen Haushaltungen und dem Kleingewerbe bei gleich-zeitiger Kostenreduzierung.

6.4.4 Dezember 1995: Öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen dem Kreis Mettmann und der Stadt Wuppertal

Ende 1995 schloss der Kreis Mettmann mit der angrenzenden Gebiets-körperschaft Stadt Wuppertal einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit der übergeordneten Zielsetzung, eine wirtschaftliche und leistungsfähige Abfallwirtschaft, die auf eine vorrangige Abfallvermeidung, weitestge-hende Abfallverwertung und umweltgerechte Behandlung und Entsor-gung von Abfällen beruht, zu implementieren. Der Vertrag mit der Stadt Wuppertal dient zudem einer Angleichung abfallwirtschaftlicher Maß-stäbe der beiden Gebietskörperschaften sowie der Abstimmung in der Planung und dem Betrieb von Abfallentsorgungsanlagen. Gleichzeitig wurde mit dem Vertrag die gegenseitige Kompensation der Abfallströme vereinbart. Darüber hinaus verständigten sich beide Vertragspartner dar-auf, bei zukünftigen Anlagenzulassungen die Abfälle aus beiden Ge-bietskörperschaften in die Genehmigungen mit einzubeziehen.

Der Kreis Mettmann kann die Müllverbrennungsanlage weiterhin nutzen und erklärt sich im Gegenzug bereit, im Rahmen seiner Möglichkeiten MV-Schlacken in anteiligen Mengen zurückzunehmen. Die MV-Schlacken sollen vorrangig im Zuge von abfallwirtschaftlich zu bevorzu-gendem Einbau von Recyclingbaustoffen bei kommunalen Baumaßnah-men verwertet werden.

Der Vertrag hat eine Mindestlaufzeit bis zum 31.12.2015 und gewährleis-tet somit für den Kreis Mettmann die gewünschte Entsorgungssicherheit.

Angleichung undAbstimmung der Abfallwirtschaft

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74 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

6.4.5 Dezember 1995: Öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen dem Kreis Mettmann und der AWG mbH Wupertal

Zur konkreten Umsetzung des Kooperationsvertrages mit der Stadt Wup-pertal in Bezug auf die weitere Nutzung der MVA-Wuppertal wurde mit der Abfallwirtschaftsgesellschaft mbH Wuppertal (AWG) als Betreiber-gesellschaft der MVA ein weiterer öffentlich-rechtlicher Vertrag ge-schlossen, der durch den Abschluss über eine Laufzeit von 20 Jahren die Entsorgungssicherheit für Hausmüll und hausmüllähnliche Gewerbeab-fälle für den Kreis Mettmann gewährleistet. Zur Eindämmung der Belas-tungen durch den mit dem Mülltransport verbundenen MVA-Anlieferungsverkehr erklärte sich der Kreis Mettmann bereit, eigene Müllumschlagstationen bzw. eine Vorschaltanlage einzurichten. Darüber hinaus regelt der Vertrag die Höhe der Verbrennungsentgelte sowie die Vorlage von statistischen Auswertungen durch die AWG.

6.4.6 Januar 1996: Gemischtwirtschaftliche Beteiligungsgesellschaft

Im Januar 1996 kooperierte der Kreis Mettmann mit der Fa. Trienekens und gründete die gemischtwirtschaftliche Abfallwirtschaftsgesellschaft Kreis Mettmann (AKM). An dieser Gesellschaft beteiligte sich die Fa. Trienekens zu 74,9 %, der Kreis Mettmann entsprechend mit 25,1 %. Nach dem Verkauf der Fa. Trienekens im Rahmen der Korruptionsaffäre gingen die Gesellschaftsanteile zunächst an die Fa. RWE Umwelt AG und später an die EGN (Entsorgungsgesellschaft Niederrhein, Krefeld) über. Die EGN hat ihre Anteile an der AKM zwischenzeitlich ebenfalls an die Fa. REMONDIS verkauft. Der abermalige Wechsel des privaten Gesellschafters steht allerdings noch unter dem Vorbehalt der Zustim-mung durch den Kreis Mettmann.

Die AKM wurde mit dem Betrieb der Abfalldeponie des Kreises Mett-mann beauftragt. Die Laufzeit des Vertrages beträgt 10 Jahre und steht somit im laufenden Jahr 2006 zur möglichen Verlängerung an. Nach der temporären Stilllegung der Kreisdeponie oblag der AKM die Planung, die Errichtung und der Betrieb von zwei kreiseigenen Müllumschlagsta-tionen für Haus- und Sperrmüll. Diese wurden schließlich auf dem De-poniegelände in Langenfeld-Immigrath sowie auf dem Betriebsgelände der Recyclinganlage R&R GmbH in Mettmann eingerichtet. Die Abfall-ströme an brennbaren Siedlungsabfällen werden über diese Müllum-schlagstationen der MVA in Wuppertal zugeführt. Der Südkreis wird vollständig über die Müllumschlagstation in Langenfeld, die Städte Erk-rath und Mettmann über die Anlage in Mettmann abgewickelt. Der brennbare Hausmüll aus dem nördlichen Kreis Mettmann wird hingegen unmittelbar der MVA in Wuppertal zugeführt.

Im Jahr 2000 gab die AKM eine Machbarkeitsstudie für eine Mecha-nisch-Biologische Restabfallbehandlungsanlage (MBA-Anlage) im Kreis Mettmann in Auftrag. Auf die Errichtung einer kreiseigenen MBA wurde

Nutzung derMVA-Wuppertal

Gemischtwirtschaftli-che Abfallwirt-

schaftsgesellschaftKreis Mettmann

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6. Kommunale Kooperationen im Kreis Mettmann 75

schließlich aus Kostengründen und aufgrund bestehender Unsicherheiten beim Absatz der erzeugten Sekundärbrennstoffe verzichtet.

Die AKM wurde mit dem Ziel gegründet, eine gesicherte Abfallentsor-gung im Kreis Mettmann zu gewährleisten.

6.4.7 Januar 2006: Mitgliedschaft im Zweckverband EKOCITY

Am 01.01.2004 kam es zur Gründung des Entsorgungszweckverbands EKOCity. Dieser nahm seine operative Tätigkeit 2005 auf. Zum 01.01.2006 trat der Kreis Mettmann dem Zweckverband bei.

Neben einer Auslastung der Entsorgungsanlagen des Verbundes konnten und können durch die Kooperation die Abfallgebühren auf einem sozial-verträglichen Niveau gehalten werden.

Gründungsmitglieder des Zweckverbands EKOCity sind der Kreis Reck-linghausen, der Ennepe-Ruhr-Kreis, die Städte Remscheid, Wuppertal, Bochum, Herne sowie der Regionalverband Ruhr (RVR).

An dieser Stelle soll nicht weiter auf den Entsorgungszweckverband EKOCity und den mit dem Beitritt des Kreises Mettmann verbundenen Vorteilen eingegangen werden, da dies explizit in Kap. 10 behandelt wird.

In Abbildung 6-1 wird der Entsorgungszweckverband EKOCity nach der Erweiterung durch den Kreis Mettmann dargestellt. An den Zweck-verband EKOCity grenzen unmittelbar zwei weitere Entsorgungszweck-verbände an: Im Süden grenzt unmittelbar der BAV (Bergischer Abfall-zweckverband) und im Nord-Westen der Abfallwirtschaftsverband Bor-ken-Wesel an den Zweckverband EKOCity. Im Südwesten erstreckt sich der Zweckverband ZEW (Zweckverband Entsorgungsregion West), den die Landkreise Aachen und Düren zusammen mit der Stadt Aachen ge-gründet haben. Der ZEW in wird in Kap. 10 eingehend vorgestellt.

Entsorgungszweck-verband EKOCity

Räumliche Lage von EKOCity

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76 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

Bei diesen vier Zweckverbänden handelt es sich um noch sehr junge Ko-operationen, die teilweise erst seit wenigen Jahren operativ tätig sind. Als „ältester“ Zweckverband nimmt der ZEW von den hier dargestellten Zweckverbänden seine Entsorgungsaufgaben immerhin seit Anfang 2003, EKOCity hingegen seit Anfang 2005 wahr. Anfang 2006 ist der Abfallwirtschaftsverband Borken-Wesel zu seiner konstituierenden Sit-zung zusammengetreten. Mit der Aufnahme seiner operativen Tätigkeit wird der Abfallwirtschaftsverband Borken-Wesel voraussichtlich Anfang 2007 beginnen.

Zweckverbände der Region

Abbildung 6-1: Zweckverbände in der Abfallwirtschaft.

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6. Kommunale Kooperationen im Kreis Mettmann 77

6.5 Abfallwirtschaftliche Zweckverbände in Deutschland

Wenn man „über den Tellerrand“ hinausschaut und die heute über die gesamte Bundesrepublik verteilten Zweckverbände in der Abfallwirt-schaft betrachtet, so erkennt man die teilweise starke Konzentrierung von Zweckverbänden im östlichen Mitteldeutschland von Hessen, Südnieder-sachsen über Thüringen und Sachsen bis Süd-Brandenburg. Aber auch entlang der gesamten Bayrischen Ostgrenze bis in den Südosten Bayerns erstrecken sich entlang der tschechischen Grenze große zusammenhän-gende Gebiete, die sich im Bereich der Abfallwirtschaft in Zweckver-bänden organisiert haben. Hierbei handelt es sich im Vergleich zu NRW um teilweise recht alte, gewachsene Zweckverbandsstrukturen.

Bundesweite Ver-teilung abfall-wirtschaftlicher Zweckverbände

Abbildung 6-2: Zweckverbände in der Abfallwirtschaft (BRD).

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78 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

Je weiter der Blick in Richtung Westen verlagert wird, umso seltener schließen sich entsorgungspflichtige Gebietskörperschaften zur koopera-tiven und effizienten Zusammenarbeit in Abfallzweckverbänden zusam-men. Ein Grund hierfür könnte in der Bevorzugung anderer Kooperati-onsmodelle liegen.

Im Gegensatz zur Entwicklung in Mittel- und Südwestdeutschland spielt, von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen, die Bildung von Zweckver-bänden in Norddeutschland fast keine Rolle. Hier ist die Kooperations-landschaft augenscheinlich bei weitem nicht so stark ausgeprägt wie im übrigen Deutschland. (vgl. Kap. 3.).

6.6 Fazit

Die aktuelle Entwicklung in NRW – mit den in Abbildung 6-1 gezeigten jüngsten Zweckverbänden EKOCity, ZEW, etc. – fügt sich komplettie-rend in die dargestellte bundesweite Verteilung der Zweckverbände ein. Sie verdeutlicht, dass die interkommunale Zusammenarbeit in der Ab-fallwirtschaft unter dem gemeinsamen Dach eines Zweckverbandes un-verändert ein probates und zeitgemäßes Mittel sein kann, um den ge-wachsenen Herausforderungen in der Abfallwirtschaft nachhaltig ge-wachsen zu sein.

Zweckverband als geeigneter Lö-

sungsansatz für aktuelle Heraus-

forderungen

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79

7 DIE ZUKÜNFTE DER ABFALLWIRTSCHAFT – KIDA-SZENARIO-ANALYSE

Hartmut Schug

Zukünftige Technologien Consulting (ZTC) der VDI Technologiezentrum GmbH, Düsseldorf

7.1 Szenarien dienen der prospektiven Analyse kom-plexer Sachverhalte

Einige der wichtigsten Aspekte der aktuell herrschenden Dynamik in der Abfallwirtschaft sind sich ändernde rechtliche Rahmenbedingungen, eine dynamische Akteursstruktur, Forderungen für mehr Umweltschutz und für Maßnahmen zur Vorbeugung gesundheitlicher Gefahren, die fort-schreitende Weiterentwicklung innovativer Technologien, Verfahren und Dienstleistungen, der Transformationsprozess hin zur Kreislaufwirtschaft sowie die demographischen Änderungen und die Internationalisierung.

Um erfolgreich Strategieentscheidungen in diesem von zahlreichen, wechselwirkenden Umfeldfaktoren beeinflussten Bereich vorzubereiten, wäre ein Blick in die Zukunft hilfreich. Doch die Zukunft lässt sich nicht vorhersagen; allerdings können mit einer Szenario-Analyse Zukunftsbilder erarbeitet werden, die den Zukunftsraum der Abfallwirtschaft darstellen.

Für kommunale wie private Unternehmen – aber auch für Politik und Verwaltung – wird die gezielte Auseinandersetzung mit der zukünftigen Entwicklung eine immer wichtigere Aufgabe, um in einer Welt steigen-der Komplexität und Dynamik Zusammenhänge zu verstehen und ange-messen handeln zu können. Die Szenario-Entwicklung stellt einen be-währten Ansatz dar, um komplexe, wirtschaftliche wie gesellschaftliche Sachverhalte prospektiv zu analysieren und die Handlungsoptionen mit deren Erfolgspotenzialen systematisch zu ermitteln.

7.2 Die zukünftige Abfallwirtschaft ist ein Untersu-chungsschwerpunkt des Forschungsprojektes KIDA

Ein Schwerpunkt des Forschungsprojektes KIDA beschäftigt sich mit der zukünftigen Entwicklung der Abfallwirtschaft sowie den sich daraus er-gebenden Optionen und Handlungsspielräumen. Als Methode kommt die Szenario-Analyse zum Einsatz, bei der unterschiedliche Zukunftsbilder erarbeitet werden.

Bei der Szenario-Analyse, die im Kontext der Zukunftsforschung einge-setzt wird, wird ein bestimmter Themenbereich ausgehend von einer zu-kunftsorientierten Fragestellung intensiv reflektiert. Auf der Grundlage von Einfluss- und Schlüsselfaktoren sowie deren Vernetzung werden

Vorbereitung von Strategieentschei-dungen

Gezielte Auseinan-dersetzung mitder zukünftigen Entwicklung

Optionen und Hand-lungsspielräume

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80 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

unterschiedliche alternative Zukunftsbilder ermittelt, die als voraus-schauende Vorbereitung auf verschiedene mögliche Entwicklungen die-nen („Denken auf Vorrat“). Darauf aufbauend können exemplarische, akteursspezifische Entwicklungspfade einschließlich der jeweiligen Chancen und Risiken erarbeitet werden. Dieses Orientierungswissen er-möglicht, frühzeitig zu agieren sowie die Entwicklungsfortschritte an-hand von ausgewählten Indikatoren zu dokumentieren und zu steuern.

Im Rahmen des Forschungsprojektes KIDA wurden auf drei Experten-workshops die Grundlagen für die Szenarien erarbeitet sowie ausgewähl-te Aspekte der Siedlungsabfallwirtschaft diskutiert:

• Auf dem Kick-off-Workshop wurden exemplarische Wege für eine nachhaltige Abfallwirtschaft anhand von Good-practice-Beispielen präsentiert und über die Ziele einer nachhaltigen Abfallwirtschaft dis-kutiert. Durch wissenschaftliche Beiträge wurden darüber hinaus die Messbarkeit sowie der Nutzen von Nachhaltigkeit in der Abfallwirt-schaft thematisiert.29

• Auf dem Szenario-Workshop wurden die für die Entwicklung der Ab-fallwirtschaft relevanten Faktoren (Schlüsselfaktoren) (siehe Abbildung 7-1) sowie ausgewählte mögliche Entwicklungsrichtungen auf der Basis der Fragestellung „Wie sieht die Abfallwirtschaft im Hinblick auf Siedlungsabfälle in 10 15 Jahren vor dem Hintergrund einer nachhaltigen Entwicklung aus?“ erarbeitet. Die Teilnehmer des Workshops haben in einem moderierten Prozess die Grundlagen für die Szenarien geschaffen. Durch die Teilnahme von Vertretern aus privaten und kommunalen Unternehmen, abfallwirtschaftlichen Ver-bänden, der Gewerkschaft, von Umwelt- und Verbraucherschutz so-wie der kommunalen Verwaltung und aus Landesministerien an die-sem Workshop wurde die Integration aller für die Fragestellung we-sentlichen Aspekte gewährleistet, auch über die unmittelbare Abfall-wirtschaft hinaus. Die Ergebnisse des Szenario-Workshops sind in ei-nem Materialband publiziert.30

• Auf dem Stakeholder-Workshop wurden die aktuellen Projektergeb-nisse der Themenfelder Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zu-künfte der Abfallwirtschaft vorgestellt, durch Praxisbeispiele ergänzt sowie anschließend diskutiert.

29 Schug, H. u. a. (Hrsg.): Innovationsbegleitung Nachhaltigkeit – Nachhaltigkeit in der Abfallwirtschaft. Zukünftige Technologien Consulting (ZTC), 2005.

30 Schug, H. u. a.: Die Zukünfte der Siedlungsabfallwirtschaft – KIDA-Szenario-analyse, ZTC Working Paper Nr. 5/2006, Zukünftige Technologien Consulting (ZTC), 2006.

Expertenworkshops

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7. Die Zukünfte der Abfallwirtschaft – KIDA-Szenario-Analyse 81

Abfall als Ressource – Abfallmenge – Akzeptanz der Verbraucher – Anlagenin-frastruktur – Bevölkerungsrückgang – Definition Abfallbegriff – Energieeffizienz – Energieverfügbarkeit – Entsorgungskosten – EU-Abfallstrategien – Globalisie-rung – Internationalisierung der Stoffströme – Öffentliche Verantwortung, Da-seinsvorsorge – Örtlichkeitsprinzip – Produktdesign – Produktverantwortung – Rechtsauslegung – Recyclingmärkte – Regionale Wertschöpfung – Rohstoffver-knappung – Sammel- und Erfassungssystem – Soziale Struktur – Technologie-entwicklung – Umweltpolitik – Wettbewerb – Wirtschaftswachstum

Abbildung 7-1: Schlüsselfaktoren.

7.3 Die KIDA-Szenarien der zukünftigen Abfallwirt-schaft

In dem Forschungsprojekt KIDA werden insgesamt vier unterschiedliche Ansätze zur Erstellung von Szenarien verfolgt: Szenarioprognose, Ideal-szenarien, mögliche Szenarien sowie Nachhaltigkeitsszenario.

Szenarioprognose Die Szenarioprognose ist das Ergebnis einer Umfrage unter ausgewähl-ten Experten, wie nach deren Meinung die Abfallwirtschaft in 10 – 15 Jah-ren wahrscheinlich aussehen wird. Die Experten benennen für jeden Schlüsselfaktor eine bestimmte Entwicklungsrichtung, die deren Mei-nung nach wahrscheinlich eintreten wird. Die einzelnen Expertenprog-nosen werden anschließend zur Szenarioprognose zusammengeführt.

Idealszenarien Die Idealszenarien sind die Wunschszenarien aus der individuellen Sicht einzelner Akteure. In KIDA wurde jeweils das gewünschte Zu-kunftsbild der am Projekt beteiligten Praxispartner Abfallwirtschafts-verein Region Rhein-Wupper e. V. und Kreis Mettmann in einem mo-derierten Prozess erarbeitet. Das jeweilige Zukunftsbild stellt somit die individuellen Ziele dar, auf deren Grundlage anschließend eine Strate-gieplanung erfolgen kann. Da nicht alle Schlüsselfaktoren für jeden Akteur gleich relevant sind, wurde eine individuelle, akteursspezifische Priorisierung der Schlüsselfaktoren vorgenommen.

Mögliche Szenarien Die möglichen Szenarien wurden mit der eigens für den Szenario-Prozess entwickelten Software ZTC-Future-Scenes erstellt. Diese mög-lichen Szenarien werden kombinatorisch hergeleitet.31 Als Grundlage dient eine Konsistenzanalyse, bei der die einzelnen Entwicklungsrich-

31 Der Einsatz der Szenario-Software ZTC-Future-Scenes ist notwendig, da die Anzahl der möglichen Kombinationen (= Zukunftsbilder) sehr hoch werden kann: Bei nur 20 Einflussfaktoren mit jeweils drei Entwicklungsrichtungen können insgesamt 3^20 (= über 3 Mrd.) Kombinationen erfolgen.

Expertenbefragung

Individuelle Sicht

KombinatorischeHerleitung

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82 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

tungen wechselseitig auf Widerspruchsfreiheit geprüft werden. ZTC-Future-Scenes erstellt anhand der Schlüsselfaktoren, deren möglichen Entwicklungsrichtungen sowie unter Integration der Ergebnisse der Konsistenzanalyse systematisch verschiedene Zukunftsbilder. Für die weitere Diskussion wurden drei mögliche Szenarien generiert, die ex-emplarisch den potenziellen Zukunftsraum der Abfallwirtschaft abbil-den. Sie werden in Kap. 7.4 näher vorgestellt.

Nachhaltigkeitsszenario Bei der Erstellung des Nachhaltigkeitsszenarios werden die einzelnen Entwicklungsrichtungen unter Nachhaltigkeitsaspekten bewertet: Für jeden Schlüsselfaktor wird diejenige Entwicklungsrichtung erarbeitet, die eine nachhaltige Ausrichtung der Abfallwirtschaft am meisten be-günstigt. Für diese Bewertung werden quantitative und qualitative Dar-stellungsoptionen von Nachhaltigkeit herangezogen, die in KIDA zu-sammengetragen bzw. erarbeitet werden.32 Für die Kriterienentwick-lung der Bewertung von Nachhaltigkeit in der Abfallwirtschaft werden insbesondere abfallwirtschaftliche Kennzahlen, verfügbare Nachhaltig-keits-Indikatorensets sowie Good-practice-Beispiele aus der Nachhal-tigkeitsberichterstattung anderer Branchen herangezogen.

7.4 Die drei möglichen Szenarien

Die möglichen Szenarien sind exemplarische Abbildungen von drei Mög-lichkeiten des Zukunftsraumes (siehe Abbildung 7-2). Der Algorithmus von ZTC-Future-Scenes wurde so gewählt, dasssich Szenario 1 und Szenario 2 maximal voneinander unterscheiden,und dass Szenario 3 möglichst weit von den Szenarien 1 und 2 ent- fernt liegt. Die drei möglichen Szenarien sind widerspruchsfrei auf der Grundlage der durchgeführten Konsistenzanalyse. Tabelle 7-1 bis Tabelle 7-3 bieten die kombinatorisch ausgewählten Entwicklungsrichtungen der drei möglichen Szenarien für jeden einzel-nen Schlüsselfaktor. Eine Kondensierung der Ergebnisse findet statt durch

1. einen Szenario-Titel (kurz und prägnant),

2. eine Zusammenfassung sowie

3. die Hervorhebung und Verknüpfung ausgewählter Entwicklungs-richtungen.

32 Siehe z. B.: Schug, H. u. a. (2005): Von Indikatoren zum Controlling für eine nach-haltige Abfallwirtschaft. Müll und Abfall, Nr. 9 / 37. Jg., S.: 466–471; Schug, H. u. a. (2006): Integration von Nachhaltigkeit in die Abfallwirtschaftspraxis, in Haase, H. (Hrsg.): Abfallwirtschaft in neuer Qualität, Tagungsband der 11. Tagung Siedlungs-abfallwirtschaft Magdeburg (TASIMA), 6. und 7. September 2006, Magdeburg, S. 39–53, 2006.

Bewertung unter Nachhaltigkeits-

aspekten

Exemplarische Möglichkeiten des

Zukunftsraumes

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7. Die Zukünfte der Abfallwirtschaft – KIDA-Szenario-Analyse 83

Abbildung 7-2: Exemplarische Platzierung der drei möglichen Szenarien im Zu-kunftstrichter.

Nachfolgend werden die drei möglichen Szenarien einzeln vorgestellt.

Szenario 1: Globale Kreislaufwirtschaft

Ökologisch orientierte Ressourcenwirtschaft unter Energiegesichtspunk-ten bei kommunaler Verantwortung mit gleichzeitiger internationaler Ausrichtung sowie Konzentration der Akteure:

• Kommunen: übernehmen mehr abfallwirtschaftliche Aufgaben; Verbraucher: bringen sich aktiv ein und gestalten die Abfallwirtschaft mit; Hersteller: volle Produkt- und Kostenverantwortung; Handel: wird zum Erfasser

• Konzentration der Akteure – zentrale Großanlagen – Internationali-sierung im Sinne einer regulierten Globalisierung

• Rohstoffknappheit in Deutschland – Abfälle werden bis zum letzten Gramm genutzt – es gibt keine Abfälle mehr – der Recyclingmarkt boomt

• Optimale Sortiertrenntechnik – Abfall wird in energetischer Kaska-dennutzung fester Bestandteil der Energieversorgung – Müllverbren-nung ist Teil der Verwertung

• Abfallentsorgung wird vor dem Hintergrund eines umweltpolitisch regulierten Stoffstrommarktes gesteuert

• Absolute Wiederverwertbarkeit von Konsumgütern – aktive Umges-taltung und Auseinandersetzung mit dem demographischen Wandel – die Abfallmenge wird deutlich reduziert

• Bei der Preisgestaltung werden Umweltgüter in die Kalkulation mit einbezogen – Umweltkosten werden internalisiert

• Umweltpolitik fokussiert stärker auf Produktpolitik – mit Schwer-punkt bei „vom Abfall zum Produkt“

Szenario 1: Globale Kreislauf-wirtschaft

2

3

1

Zeitachse in 10-15 Jahren Gegenwart

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84 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

Tabelle 7-1: Szenario 1 „Globale Kreislaufwirtschaft“

1. Abfall als Ressource a) Verwendung bis zum letzten Gramm 2. Abfallmenge a) Deutliche Reduzierung 3. Akzeptanz der Bürger c) Bürger bringen sich aktiv ein und gestal-

ten die Abfallwirtschaft mit 4. Anlageninfrastruktur a) Zentrale Großanlagen 5. Bevölkerungsrückgang c) Aktive Umgestaltung und Auseinander-

setzung mit dem demografischen Wandel in der mittelfristigen Planung

6. Definition Abfallbegriff c) Es gibt keine Abfälle 7. Energieeffizienz a) Ressourcen/Abfall in energetischer Kas-

kadennutzung 8. Energieverfügbarkeit c) Abfall wird fester Bestandteil der Ener-

gieversorgung 9. Entsorgungskosten b) Internalisierung externer Effekte auf EU-

Ebene, Umweltgüter werden in die Kos-tenkalkulation miteinbezogen

10. EU-Abfallstrategien c) Vom Abfall zum Produkt 11. Globalisierung c) Regulierte Globalisierung 12. Internationalisierung der Stoffströme b) Umweltpolitisch regulierter Stoffstrom-

markt 13. Öffentliche Verantwortung, Da-

seinsvorsorgeb) Rekommunalisierung

14. Örtlichkeitsprinzip b) Abfallentsorgung wird gesteuert 15. Produktdesign a) Absolute Wiederverwertbarkeit von

Konsumgütern 16. Produktverantwortung a) Volle Produkt- und Kostenverantwortung

des Herstellers 17. Rechtsauslegung a) Müllverbrennung ist Verwertung 18. Recyclingmärkte c) Boom 19. Regionale Wertschöpfung b) (Inter)nationalisierung der Abfallentsor-

gung 20. Rohstoffverknappung a) Rohstoffarmes Deutschland wird von den

Rohstoffmärkten getrennt 21. Sammel- und Erfassungssystem c) Handel wird zum Erfasser 22. Soziale Struktur c) Steigender Wohlstand für Alle 23. Technologieentwicklung a) Optimale Sortiertrenntechnik 24. Umweltpolitik b) Umweltpolitik fokussiert stärker auf

Produktpolitik 25. Wettbewerb a) Konzentration der Abfallwirtschaft 26. Wirtschaftswachstum b) Nationale Stagnation – globale Konjunk-

turerholung

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7. Die Zukünfte der Abfallwirtschaft – KIDA-Szenario-Analyse 85

Szenario 2: Müll bleibt Müll, und der gehört uns

Regionale Orientierung der Abfallströme ohne Einbindung von Umwelt-gesichtspunkten bei hohen Kosten:

• Nationale Märkte werden gegen die internationale Konkurrenz abge-schottet – Abfälle werden lokal mit einer „1-Kübel-Lösung“ entsorgt – die Stoffströme bleiben auf den regionalen Markt begrenzt – die Entsor-gung bzw. Verwertung findet vor allem im Binnenmarkt statt – regiona-ler Anlagenmix – die Kosten sind intransparent und auf hohem Niveau

• Produkte aus „Abfall“ finden keine große Wertschätzung – Konsum-güter sind langlebig – durch Innovationen wird eine Rohstoffknapp-heit verhindert

• Öffentliche Verantwortung beschränkt sich auf das Ordnungsrecht – geteilte Produktverantwortung zwischen Hersteller und Verbraucher

• Energie steht ausreichend zur Verfügung – es besteht weiterhin eine Priorität bei der Energieeffizienz in der Abfallentsorgung – durch neue Verbrennungs- und Reinigungstechniken wird die thermische Entsorgung revolutioniert – Abfall bleibt Abfall – Müllverbrennung ist Beseitigung

• Wettbewerbsorientierte Regelsetzungen werden individuell und fle-xibel gestaltet – Umweltgesichtspunkte spielen dabei eine unterge-ordnete Rolle

• Bevölkerung driftet in arm und reich auseinander – die Akzeptanz in der Bevölkerung klafft auseinander – Rückgang der Bevölkerung – die Abfallmenge bleibt konstant

Tabelle 7-2: Szenario 2 „Müll bleibt Müll, und der gehört uns“

1. Abfall als Ressource b) Den Dreck dürft ihr selber nehmen! 2. Abfallmenge b) Konstanz 3. Akzeptanz der Bürger b) Auseinanderklaffende Akzeptanz in der

Bevölkerung 4. Anlageninfrastruktur b) Regionaler Anlagenmix 5. Bevölkerungsrückgang a) Abfallentwicklung ignoriert den Rückgang

der Bevölkerung und die gesellschaftliche Veränderung

6. Definition Abfallbegriff a) Abfall bleibt Abfall 7. Energieeffizienz b) Priorität: Energieeffizienz in der Abfallent-

sorgung 8. Energieverfügbarkeit a) Energie steht ausreichend zur Verfügung 9. Entsorgungskosten a) Intransparente Kosten auf hohem Niveau 10. EU-Abfallstrategien b) Individuelle, flexible Regelsetzungen 11. Globalisierung b) Abschottung nationaler Märkte 12. Internationalisierung der Stoffströme c) Verstärkt regionalisierter Markt

Szenario 2: Müll bleibt Müll, und der gehört uns

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86 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

13. Öffentliche Verantwortung, Daseinsvorsorge

c) Beschränkung auf Ordnungsrecht

14. Örtlichkeitsprinzip a) Abfälle werden lokal entsorgt 15. Produktdesign b) Langlebigkeit von Konsumgütern 16. Produktverantwortung b) Geteilte Produktverantwortung zwischen

Hersteller und Verbraucher 17. Rechtsauslegung b) Müllverbrennung ist Beseitigung 18. Recyclingmärkte b) Verwertung nur im Binnenmarkt 19. Regionale Wertschöpfung a) Geteilte Produktverantwortung 20. Rohstoffverknappung c) Innovationen verhindern Rohstoffknappheit 21. Sammel- und Erfassungssystem a) „1-Kübel-Lösung“ 22. Soziale Struktur a) Soziale Disparität – arm und reich driftet

auseinander 23. Technologieentwicklung c) Neue Verbrennungs- und Reinigungstech-

nik revolutioniert die thermische Entsor-gung

24. Umweltpolitik a) Umweltgesichtspunkte spielen im abfall-wirtschaftlichen Bereich eine untergeordne-te Rolle

25. Wettbewerb b) Wettbewerbsorientierte Regelsetzungen 26. Wirtschaftswachstum c) Globale Depression – Weltwirtschaftskrise

Szenario 3: Uns geht es doch eigentlich noch ganz gut

Vollständige Verwertung der geringer werdenden Abfallmengen in Großanlagen bei gleichzeitig ausreichender Energie- und Rohstoffver-fügbarkeit, auch durch die energetische Verwertung von Abfällen:

• Deutlich reduzierte Menge an Abfall – Verwertung bis zum letzten Gramm – zentrale Großanlagen – Innovationen verhindern eine Roh-stoffknappheit

• Verbraucher bringen sich aktiv ein und gestalten die Abfallwirtschaft mit – in der Bevölkerung tritt ein Polarisierungsprozess ein

• Kommunen übernehmen vermehrt Aufgaben, insbesondere bei der Steuerung der Abfallentsorgung

• Geteilte Produktverantwortung – Handel wird zum Erfasser – Her-steller behält die volle Produkt- und Kostenverantwortung

• Wettbewerbsorientierte Regelsetzungen bewirken, dass die Abfall-wirtschaft zu einem Teil der integrierten Stoffstromwirtschaft wird

• Energie steht ausreichend zur Verfügung – Müllverbrennung ist Be-seitigung – neue Verbrennungs- und Reinigungstechniken revolutio-nieren die thermische Entsorgung – Abfallverwertung erfolgt in ener-getischer Kaskadennutzung

• Der Abfallbegriff ist dynamisch und wird kontinuierlich angepasst

Szenario 3: Uns geht es doch ei-

gentlich noch ganz gut

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7. Die Zukünfte der Abfallwirtschaft – KIDA-Szenario-Analyse 87

• Individuelle, flexible Regelsetzungen auf EU-Ebene – regulierte Glo-balisierung – umweltpolitisch regulierter Stoffstrommarkt – Verwer-tung erfolgt ausschließlich im Binnenmarkt

Tabelle 7-3: Szenario 3 „Uns geht es doch eigentlich noch ganz gut“

1. Abfall als Ressource a) Verwendung bis zum letzten Gramm 2. Abfallmenge a) Deutliche Reduzierung 3. Akzeptanz der Bürger c) Bürger bringen sich aktiv ein und gestalten

die Abfallwirtschaft mit 4. Anlageninfrastruktur a) Zentrale Großanlagen 5. Bevölkerungsrückgang b) Polarisierungsprozess 6. Definition Abfallbegriff b) Dynamischer Abfallbegriff – kontinuierli-

che Anpassung 7. Energieeffizienz a) Ressourcen/Abfall in energetischer Kaska-

dennutzung 8. Energieverfügbarkeit a) Energie steht ausreichend zur Verfügung 9. Entsorgungskosten b) Internalisierung externer Effekte auf EU-

Ebene, Umweltgüter werden in die Kosten-kalkulation miteinbezogen

10. EU-Abfallstrategien b) Individuelle, flexible Regelsetzungen 11. Globalisierung c) Regulierte Globalisierung 12. Internationalisierung der Stoff-

ströme b) Umweltpolitisch regulierter Stoffstrom-

markt 13. Öffentliche Verantwortung, Da-

seinsvorsorgeb) Rekommunalisierung

14. Örtlichkeitsprinzip b) Abfallentsorgung wird gesteuert 15. Produktdesign b) Langlebigkeit von Konsumgütern 16. Produktverantwortung a) Volle Produkt- und Kostenverantwortung

des Herstellers 17. Rechtsauslegung b) Müllverbrennung ist Beseitigung 18. Recyclingmärkte b) Verwertung nur im Binnenmarkt 19. Regionale Wertschöpfung a) Geteilte Produktverantwortung 20. Rohstoffverknappung c) Innovationen verhindern Rohstoffknappheit 21. Sammel- und Erfassungssystem c) Handel wird zum Erfasser 22. Soziale Struktur c) Steigender Wohlstand für Alle 23. Technologieentwicklung c) Neue Verbrennungs- und Reinigungstech-

nik revolutioniert die thermische Entsor-gung

24. Umweltpolitik c) Abfallwirtschaft ist Teil einer integrierten Stoffstromwirtschaft

25. Wettbewerb b) Wettbewerbsorientierte Regelsetzungen 26. Wirtschaftswachstum c) Globale Depression – Weltwirtschaftskrise

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88 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

Deskriptive Statistik

Für die 26 Schlüsselfaktoren wurden insgesamt 78 Entwicklungsrichtun-gen erarbeitet (2 bis 4 je Schlüsselfaktor). Davon sind insgesamt 24 Ent-wicklungsrichtungen nicht in die drei hier vorgestellten möglichen Sze-narien eingeflossen.

Die Verteilung der restlichen 54 Entwicklungsrichtungen zeigt Abbildung 7-3. Hier fällt auf, dass Szenario 1 und Szenario 2 keine ge-meinsamen Entwicklungsrichtungen besitzen – sie sind maximal weit voneinander entfernt. Szenario 3 besitzt nur drei Entwicklungsrichtun-gen, die ausschließlich in diesem Szenario vorkommen. Die restlichen Entwicklungsrichtungen werden mit Szenario 1 und Szenario 2 geteilt. Die Verteilung der Ausprägungen präsentiert Tabelle 7-4.

05

1015202530

1 2 3

Sze narie n

Anz

ahl

2+31+31+2321

Abbildung 7-3: Verteilung der Entwicklungsrichtungen auf die drei möglichen Sze-narien.

Tabelle 7-4: Verteilung der Ausprägungen.

a b c d 1. Abfall als Ressource 1/3 2 - - 2. Abfallmenge 1/3 2 - 3. Akzeptanz der Bürger - 2 1/3 4. Anlageninfrastruktur 1/3 2 - 5. Bevölkerungsrückgang 2 3 1 6. Definition Abfallbegriff 2 3 1 7. Energieeffizienz 1/3 2 - 8. Energieverfügbarkeit 2/3 - 1 9. Entsorgungskosten 2 1/3 - 10. EU-Abfallstrategien - 2/3 1

26 Schlüsselfaktoren bei 78 Entwicklungs-

richtungen

Verteilung derEntwicklungs-

richtungen

Verteilung derAusprägungen

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7. Die Zukünfte der Abfallwirtschaft – KIDA-Szenario-Analyse 89

11. Globalisierung - 2 1/3 12. Internationalisierung der Stoffströme - 1/3 2 13. Öffentliche Verantwortung, Daseinsvorsorge - 1/3 2 14. Örtlichkeitsprinzip 2 1/3 - 15. Produktdesign 1 2/3 - 16. Produktverantwortung 1/3 2 - 17. Rechtsauslegung 1 2/3 - 18. Recyclingmärkte - 2/3 1 19. Regionale Wertschöpfung 2/3 1 - 20. Rohstoffverknappung 1 - 2/3 21. Sammel- und Erfassungssystem 2 - 1/3 22. Soziale Struktur 2 - 1/3 23. Technologieentwicklung 1 - 2/3 24. Umweltpolitik 2 1 3 25. Wettbewerb 1 2/3 - 26. Wirtschaftswachstum - 1 2/3

1: Ausprägung ist in Szenario 1 vorhanden. 2: Ausprägung ist in Szenario 2 vorhanden. 3: Ausprägung ist in Szenario 3 vorhanden.

7.5 Diskussion der möglichen Szenarien

Eine notwendige, sich anschließende Diskussion der hier vorgestellten möglichen Szenarien kann auf der Grundlage z. B. folgender Kernaspek-te erfolgen:

• Rollenverteilung: Produzenten – Handel – Verbraucher – Abfall-/ Kreislaufwirtschaft

• Aufgabenteilung der Abfall-/Kreislaufwirtschaft: öffentliche Verwal-tung – Markt

• Regionalisierung vs. Internationalisierung

• (Weiter-)Entwicklung der Abfall-/Kreislaufwirtschaft

Durch die Konsistenzanalyse sollen widersprüchliche Entwicklungsrich-tungen ausgeschlossen werden. Bei der Betrachtung der einzelnen Szena-rien treten teilweise Kombinationen auf, die auf den ersten Blick wider-sprüchlich erscheinen, z. B. die Kombination der Rekommunalisierungmit Internationalisierung / Globalisierung / Großanlagen / Konzentrati-on (siehe Szenario 1). Gerade solchen Kombinationen bieten die Mög-lichkeit, über die aktuellen Strukturen hinaus zu denken und Wege zu ermitteln, bei denen dies nicht zwingend einen Widerspruch darstellt.

Diskussion von Kernaspekten

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90 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

7.6 Nutzung der Ergebnisse in der Abfallwirt-schaftspraxis

Die konkrete Nutzung der Ergebnisse der Szenario-Analyse für die Ab-fallwirtschaftspraxis sieht aus unserer Sicht folgendermaßen aus:

1. Die Schlüsselfaktoren bieten die wichtigsten Einflussfaktoren auf die Abfallwirtschaft. Eine individuelle Priorisierung erlaubt dabei auch eine gezielte Schwerpunktsetzung.

2. Die möglichen Entwicklungsrichtungen zeigen, wie sich die Schlüsselfaktoren entwickeln können und bieten somit einen An-halt über den „Umfang“ des Zukunftsraumes.

3. Die Szenarien (Szenarioprognose, Idealszenarien, mögliche Sze-narien sowie Nachhaltigkeitsszenario) bieten Ansatzpunkte und Reibungsflächen um strategische Entscheidungen vorzubereiten.

7.7 Fazit

Bislang kann niemand die Situation der Abfallwirtschaft in 10 – 15 Jahren vorhersagen. Vielleicht tritt ja eine, zum jetzigen Zeitpunkt für eher un-wahrscheinlich gehaltene, aber doch mögliche Entwicklung ein? Wer hätte wohl vor 10 15 Jahren den heutigen Stand der Abfallwirtschaft für wahrscheinlich gehalten?

Die in KIDA zu erstellenden Szenarien bieten die Bandbreite vom Wün-schenswerten (jeweils aus individueller Akteurssicht) über das Wahr-scheinliche (durch Experten-Prognosen) und das Mögliche (durch die Kombination widerspruchsfreier Entwicklungsrichtungen) bis hin zum Nachhaltigen (Bewertung der Entwicklungsrichtungen unter Nachhaltig-keitsaspekten) ab.

Eine sich an die Erstellung der Szenarien anschließende Diskussion kann Klarheit bringen, wie z. B. der scheinbare Widerspruch in Szenario 1 – die kommunale Verantwortung bei gleichzeitiger internationaler Ausrich-tung sowie Konzentration der Akteure – vielleicht doch im Rahmen des Wahrscheinlichen liegen kann. Gerade bei solchen scheinbaren Gegen-sätzen bietet die Szenario-Analyse hier Reibungspunkte, um sich mit alternativen Entwicklungsmöglichkeiten zu beschäftigen.

Um die hier entwickelten Szenarien schließlich für den einzelnen Akteur nutzbar werden zu lassen, müssen sie aus individueller, akteursspezifi-scher Sicht diskutiert und bewertet werden, um zu entscheiden, welche Entwicklungen unterstützt werden sollen. Darauf aufbauend kann eine individuelle Strategie- und Maßnahmenplanung erfolgen, die es ermög-licht, die Zukunft aktiv mitzugestalten, bei der sich die Szenario-Analyse als eine geeignete Methode anbietet.

Nutzung derSzenario-Ergebnisse

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91

8 DIE KIDA-SZENARIO-ANALYSE AUS DER SICHT DER DEUTSCHEN UMWELTHILFE

Eva Leonhardt

Deutsche Umwelthilfe (DUH), Berlin

Die Kommentierung der Szenarioanalyse hat für mich zwei Aspekte: einerseits die Betrachtung der Szenarioanalyse als Instrument, anderer-seits die Kommentierung der Ergebnisse. Neben diesen beiden Aspekten möchte ich zuerst die grundsätzliche Herangehensweise diskutieren.

Im Dialogprozess zur nachhaltigen Abfallwirtschaft wurde sehr viel über Schlüssel- und Einflussfaktoren diskutiert, einige Gedanken dazu an spä-terer Stelle. Der wesentlichste Faktor ist jedoch die Zielausrichtung – das wurde bei der Erläuterung der Szenario-Methodik vom VDI auch bereits erwähnt. Der Begriff „Nachhaltigkeit“ lässt unendlich viel Raum für Missverständnisse. Was ist also mein Verständnis von Nachhaltigkeit?

Nachhaltigkeit heißt für mich, langfristig überlebensfähige und möglichst „gesunde“ Systeme zu schaffen bzw. zu gestalten.

Gewöhnlich wird im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit über die drei Säulen Wirtschaft, Soziales und Umwelt gesprochen. Auf der übergeord-neten Ebene z. B. volkswirtschaftlich gedacht, sind alle drei Säulen gleichwertiger Teil eines Ganzen. Wird dem Rechnung getragen, entsteht der von den Projekt-Initiatoren formulierte „Mehrwert“ – ein Benefit für das Gesamtsystem. Aus Sicht eines Umwelt- und Verbraucherschutzver-bandes ist das ein anzustrebender Zustand. Solange die Verursacher öko-logischer oder sozialer Schäden jedoch nicht für diese zur Verantwortung gezogen werden, stehen die drei Säulen im Konflikt zueinander. Wenn wir also unter den jetzigen Gegebenheiten von Mehrwert sprechen, ist die Frage: für wen? Denn davon ist die Unterstützung oder Ablehnung der Akteure abhängig.

Das Gesamtwohl als Argument hat leider bisher wenig Schlagkraft. Viel mehr als von Fakten wird das Gesamtsystem von Interessen gesteuert – schließlich liegt es in der Natur des Menschen, zunächst einmal die eige-nen Interessen wahr zu nehmen. Aus Sicht der Wissenschaft geht es um eine sachorientierte Entscheidung – das ist eben die Interessenssicht der Wissenschaft. Die Natur kann ihr Interesse schlecht ausdrücken, dafür gibt es Umweltverbände, die ihr Bestes tun, um diese Interessen zu ver-treten. Ein „objektiv“ wichtigstes Interesse ist schwer zu definieren, höchstens die Ausrichtung „für ein gesundes Gesamtsystem“. Wenn wir vom Ist-Zustand ausgehen, steht trotz der vielen Diskussionen über Nachhaltigkeit immer noch der ökonomische Nutzen im Vordergrund. Das ist vor allem damit zu begründen, dass Ökologie und Soziales in den meisten Fällen sehr viel schwerer zu quantifizieren sind. Aus der Sicht eines Umweltverbandes sind gerade diese nicht quantifizierbaren Größen

Instrument undErgebnisse

Die drei Säulen der Nachhaltigkeit

Der Nutzen von Nachhaltigkeit

,

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92 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

die, die es zu berücksichtigen gilt. Die wirtschaftliche Bilanz ist einfach: positiv oder negativ, gering oder extrem. Ökologische Aspekte werden leider häufig erst bei einem bereits eingetretenen Schaden messbar. Oder wenn die Kontrollen gesetzlicher Vorgaben Mängel vorweisen. Oder wenn Umweltverbände, Bürger oder die Presse meckern.

Soziale Aspekte zu quantifizieren ist nicht viel einfacher. Auch hier ge-hen die betriebswirtschaftlichen und die volkswirtschaftlichen Betrach-tungen stark auseinander.

Wenn die Szenarienanalyse eine Hilfe sein kann, diese schwer quantifi-zierbaren Größen besser greifbar bzw. bilanzierbar zu machen, dann ist das aus Umweltsicht zu begrüßen. Das Verständnis von Nachhaltigkeit definiert sich, wie bereits dargestellt, in erster Linie durch den Initiator des Szenarios, also den jeweiligen Akteur und sein Interesse. Dieses wieder-um wird möglicherweise wieder im Konflikt stehen zu dem Interesse des Gesamtsystems. Sobald jedoch das Gesamtsystem durch sehr eigennützi-ge Einzelinteressen zu sehr geschwächt ist, trifft der Schaden wieder alle. Meist ist dann der Schaden bereits schwerwiegend und teuer zu beheben. Sofern diese verschiedenen Betrachtungsebenen durch die Szenarioana-lyse zusammengeführt werden können und damit eine Art „Früherken-nung“ erleichtert wird, ist das ein fortschrittliches Instrument.

Wenn wir uns die Ziele des mittlerweile 10-jährigen Kreislaufwirt-schafts- und Abfallgesetzes anschauen, dann gehören auch andere Akteu-re jenseits der Abfallwirtschaft mit in den Betrachtungsrahmen für ein „gesundes“ Gesamtsystem. Insbesondere in den Bereichen der Verpa-ckungen und Elektrogeräte sind mit der Umsetzung der Herstellerverant-wortung die nachhaltige Abfallwirtschaft und das Agieren der Hersteller sehr eng miteinander verknüpft. In meiner Wahrnehmung begrenzen sich die Aktivitäten der Hersteller jedoch häufig auf das Aushandeln des günstigsten Entsorgungspreises. Hier sind aus Sicht eines Umweltver-bandes noch viele Schritte zu gehen bis das formulierte Ziel der Kreis-laufwirtschaft im eigentlichen Sinne wirklich praktisch umgesetzt wird.

Erneut stellt sich die Zielfrage: was ist das Hauptinteresse? Bleibt der Betrachtungsrahmen die Abfallwirtschaft oder ist das Fernziel verstärkt eingebundene Wirtschaftskreisläufe zu schaffen. Von Herstellern wird geäußert: Die Verbraucher wollen die Produktvielfalt, wir können hier gar nichts tun, um die Material- und Produktvielfalt zu vereinfachen. Aus Umweltsicht sind Rahmenbedingungen hilfreich, die Anreize in die „richtige“ Richtung weisen, d. h. dass Produktpreise zunehmend ökologi-sche Auswirkungen mit beinhalten. Solange das nicht gegeben ist, wer-den strenge Auflagen und entsprechende Kontrollen nötig. In letztem Fall ist das Handeln häufig durch den Wunsch der Schadensbegrenzung moti-viert – also durch eine reaktive Haltung. Die Kreativität wird dann viel-fach dazu verwendet, bestehende Gesetzesvorgaben zu umgehen. Eine elementare Veränderung scheint eher möglich, wenn aktiv gestaltet wird – auf diese Weise wird die Kreativität der einzelnen positiv genutzt. So-

Schwer quantifizier-bare Größen

Ziele derKreislaufwirtschaft

Was ist das Hauptinteresse?

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8. KIDA-Szenario-Analyse aus der Sicht der Deutschen Umwelthilfe 93

fern hier die Szenarienanalyse Anregungen zum aktiven Gestalten geben kann, ist auch das eine Unterstützung. Aber da sind wir leider noch nicht.

Als einen wichtigen Aspekt erweisen sich damit die Kapazitäten bzw. die fehlenden Kapazitäten beim Vollzug. Derzeit geht Abfall den Weg des geringsten Preises. Die Vollzugsbehörden scheinen zumeist mit den viel-fältigen Kontroll-Aufgaben überlastet. So können wir gut über Nachhal-tigkeit sprechen, aber wer kümmert sich darum in der Praxis? Gehen auch diese Dynamiken in das Szenario mit ein?

Die bisherige Betrachtung war überwiegend abstrakt und damit weit weg vom alltäglichen Geschehen der Beteiligten in der Abfallwirtschaft. Den-noch ist es sinnvoll, die Ebenen klar zu sortieren: In den Praxisbeispielen zur Szenarienanalyse zeigten sich sehr deutlich die verschiedenen Blick-winkel: Aus dem Landkreis Ammerland wurde berichtet, dass alles am besten in Ruhe läuft und negative Einflüsse in der Regel von außen kä-men. „Nachhaltig“ heißt hier „man lässt uns in Ruhe“. Für den bvse ist nachhaltig, wenn alle Mitgliedsunternehmen gut im Markt vertreten sind (interessant dabei die Formulierung „wir wurden zur Kooperation ge-zwungen….“). Für einen Großentsorger wäre wahrscheinlich nachhaltig, wenn er den Markt allein beherrscht. Nachhaltig aus Umweltsicht heißt zum Wohle des Gesamtsystems. Aus Sicht der DUH ist das zentrale Element, zunächst Systeme zu schaffen, in denen möglichst keine oder wenige Abfälle entstehen, dazu gehört auch die hochwertige Verwertung und damit die möglichst weitgehende Kreislaufführung.

Eine weitere Dynamik, die einer Zielsetzung bedarf: Seit der Deponie-schließung geht ein Trend derzeit hin zur Stoffstromwirtschaft unter dem Motto „brennt gut und spart fossile Energie“. Zunehmende Abfallströme gehen damit den Weg zur Verbrennung oder Mitverbrennung. Wir ver-heizen damit zunehmend unsere Ressourcen – seien es fossile in Form von Kunststoffen oder seien es natürliche Ressourcen wie Humus oder auch Elemente wie Phosphor, die, einmal verbrannt, zumeist nicht mehr zurück zu gewinnen sind. In dem Bericht werden Ersatzbrennstoffe als „erneuerbare Energie“ eingestuft, das halte ich für Euphemismus. Wie gesagt, ein Teil der Stoffe ist fossilen Ursprungs, ein weiterer nur be-grenzt erneuerbar.

Für die Akteure in der Branche ist für eine nachhaltige Abfallwirtschaft konkret die Frage zu stellen, wie sich Qualitäten in einer Ausschreibung formulieren lassen, sodass nicht zwangsläufig das billigste Angebot den Zuschlag erhält. Diese Entscheidungen haben nicht nur Einfluss auf die Verwertung oder Behandlung der Abfälle, sondern auch auf die Entwick-lung in Richtung Regionalisierung oder Internationalisierung. Aus Sicht der DUH ist die möglichst regionale Verwertung/Behandlung auf hohem Niveau das Ziel; derzeit erleben wir leider eine gegensätzliche Entwick-lung. Z. B. werden die LVP-Abfälle der Stadt Bonn in Trier sortiert (Ent-fernung hin und zurück 320 km) obwohl eine Sortieranlage auch in

Der Weg des ge-ringsten Preises

VerschiedeneBlickwinkel

Abfall als Brennstoff

Regionale Verwer-tung und Behand-lung

15 km Entfernung steht). In Trier wird nach unserem Kenntnisstand derzeit

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94 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

doppelt so viel Müll sortiert, wie die Anlage eigentlich verkraften kann. Mit Nachhaltigkeit hat das nichts zu tun, auch wenn die Verpackungen gemäß Verpackungsverordnung behandelt werden.

Eine sehr präsente Dauerfrage in der Abfallwirtschaft ist in diesem Zu-sammenhang auch die Rolle der Kommunen im freien Markt. Grundsätz-lich ist es anzustreben, die Entsorgung möglichst regional und situations-spezifisch zu gestalten. Dafür benötigen die Kommunen den entsprechen-den Gestaltungsfreiraum. Die derzeitigen Rahmenbedingungen bieten die-sen nur eingeschränkt. Es stellt sich in diesem Zusammenhang auch die Frage nach Umweltzielen und Instrumenten zur Umsetzung. Wettbewerb ist nur ein Instrument, Umweltschutz ein Ziel. In der Praxis jedoch scheint der Wettbewerb vielfach schon als Ziel betrachtet zu werden.

Für die Gestaltung der Nachhaltigkeit bedarf es also einer Art „Werteab-gleichs“ der Akteure. Wenn die Szenarioanalyse dazu beiträgt, nicht-monetäre Werte besser darzustellen, dann ist dieses ein unterstützendes Instrument.

8.1 Zu den Schlüsselfaktoren

Im Prozess der Entwicklung der Schlüsselfaktoren wurde aus einer Viel-zahl von Begriffen eine reduzierte Anzahl herausdestilliert. Ob diese Se-lektion die relevantesten Faktoren getroffen hat, ist diskussionswürdig.

Folgende Aspekte sind aus meiner Sicht außer den genannten unbedingt mit einzubeziehen, auch wenn sie vielleicht nicht ganz spezifisch auf die Abfallwirtschaft bezogen sind: Qualität/Qualitätssicherung, Werte, Voll-zug der Gesetzgebung, Verteilung der Verantwortlichkeiten, Vollzieh-barkeit des Ordnungsrechtes, Anlagendimensionierung/Anlagenaus-lastung, Logistik, Motivation, Personalsituation und Kommunikation.

Es stellt sich hier die Frage, wie viele Schlüsselfaktoren bei der Szena-rienanalyse miteinbezogen werden können und ob diese Anzahl aus-reicht, um belastbare Ergebnisse zu produzieren, da die Entwicklungen eben sehr multidimensional sind.

8.2 Zum Prozess der Szenarienentwicklung

Bei der Erarbeitung der Grundlagen für die Szenarien im Dezember 2005 erschien mir die Blickrichtung wenig visionär und sehr linear von heute aus gedacht. Als ich dann die fertigen Szenarien vor mir hatte, konnte ich mich überhaupt nicht damit anfreunden, dass das in irgendeiner Weise aus den zusammengeführten Ideen entwickelt sein sollte – meine interne Plausibilitätsprüfung scheiterte. Ein Beispiel dafür: die zunehmende kommunale Verantwortung bei gleichzeitiger internationaler Ausrichtung und Konzentration der Akteure. Oder auch der Ansatz bei allen drei Sze-narien, sich auf die Entwicklung technischer Lösungen für bestehende Probleme zu verlassen.

Die Rolle der Kommu-nen im freien Markt

Werteabgleich

Weitere wichtige Aspekte

LineareFortschreibung

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8. KIDA-Szenario-Analyse aus der Sicht der Deutschen Umwelthilfe 95

Der Entstehungsprozess der Szenarien aus der ersten Ideen-Sammelphase hat sich mir nicht ganz erschlossen. Der ganze Prozess ist wenig fassbar. Entsprechend ist schwer zu beurteilen, wie anwendbar das Instrument ist. Für diese Betrachtung erscheint es hilfreich, die Ergebnisse der geplanten „Szenarioprognose“ (s. Kap. 7.4) abzuwarten. Auf jeden Fall hat der Prozess zur Szenarien-Entwicklung dazu verholfen, verschiedene Sicht-weisen bei der eigenen Betrachtung mit zu beachten.

Beachtung ver-schiedener Sicht-weisen

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9 WEITERENTWICKLUNG DES ABFALLWIRTSCHAFTS-VEREINS REGION RHEIN-WUPPER E. V. (AWRW)

Olaf Schmidt

Abfallwirtschaftsverein Region Rhein-Wupper e. V. (AWRW), Düsseldorf

Der nun folgende Themenblock beschäftigt sich mit den Fallbeispielen des KIDA-Projektes. Der Verein zur Förderung der Abfallwirtschaft Re-gion Rhein-Wupper e. V., kurz AWRW, den ich hier heute vertreten darf, ist eines dieser Fallbeispiele.

Themen aus dem Bereich der sozial-ökologischen Forschung gehören nicht zwingend zu den Kernkompetenzen von Ingenieuren, ein Beitrag mit einem abfallwirtschaftlichen Schwerpunkt wäre zweifellos leichter zu halten. Aber – indem die sozial-ökologische Forschung sich der Abfall-wirtschaft angenommen hat, wurde auch unser Fokus hin und wieder auf Einflüsse gelenkt, die uns in der Zukunft möglicherweise stärker beschäf-tigen werden, als wir es bisher angenommen haben.

Der folgende Beitrag ist in die Hauptabschnitte gegliedert:

- Geschichte des Vereins - Organisation- Tätigkeiten - Aktuelle Situation - Zukünftige Entwicklung

9.1 Geschichte des Vereins

Die Geschichte des Vereins beginnt 1980, zu einer Zeit, als die Behand-lungskapazitäten für Sonderabfälle knapp wurden und man dringend nach Lösungen suchte. Der Verein ging aus dem „Arbeitskreis Sonderab-fall“ der Gründungsmitglieder hervor und nannte sich bei seiner Grün-dung am 23.04.1980 (Gründungsversammlung) durch die Städte Düssel-dorf, Krefeld, Mönchengladbach, Neuss, Remscheid und Solingen wie die Kreise Kleve, Mettmann, Neuss und Viersen dementsprechend auch „Verein zur Förderung der Sonderabfallwirtschaft Region Rhein- Wupper e. V.“.

Ziel der Vereinsarbeit war u. a. die Mitwirkung an „einer lückenlosen, krisenfesten und langfristigen Sonderabfallentsorgung für den gesamten Raum des Regierungsbezirkes“ (Zitat: Herr Dr. Landwers, Gründungs-vorsitzender). So waren die ersten Tätigkeiten auch auf die Erfassung der Sonderabfallströme und ihrer lokalen Behandlungsmöglichkeiten ausge-

Überblick

Die Behandlungs-kapazitäten wur-den knapp

Lückenlose, kri-senfeste und lang-fristige Sonderab-fallentsorgung

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98 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

richtet (Stichworte: Deponie Muscheid und Annahmemöglichkeiten für Sonderabfallkleinmengen).

Da sich die Aufgaben des Vereins sukzessive veränderten und erweiter-ten, z. B. durch die Mitwirkung bei der Erstellung des Abfallbeseiti-gungsplanes im Regierungsbezirk, beschloss die Mitgliederversammlung auf Vorschlag des Vorstandes 1988 die Umbenennung in die noch heute geltende Bezeichnung „Verein zur Förderung der Abfallwirtschaft Regi-on Rhein-Wupper e. V.“.

Die Anzahl der Vereinsmitglieder ist von 10 im Gründungsjahr auf heute 19 gewachsen; das sind die Städte Düsseldorf, Duisburg, Essen, Krefeld, Mönchengladbach, Mülheim a. d. Ruhr, Neuss, Remscheid, Solingen, Velbert, Wuppertal sowie die Kreise Kleve, Mettmann, Neuss, Viersen,

Wuppertal-Solingen-Remscheid.

9.2 Organisation

Wie jeder Verein hat auch der AWRW e. V. seine satzungsgemäßen Gremien. Das sind die Mitgliederversammlung, der Vorstand, der Beirat und die Geschäftsführung.

In die Mitgliederversammlung delegieren die Räte der Mitgliedskommu-nen gewählte Abgeordnete und Fachleute. Sie tritt einmal im Jahr, in der Regel im Januar jeden Jahres, zusammen und beschließt über die wich-tigsten Vereinsbelange, u. a. über Mitgliedschaftsbegehren, Änderungen der Satzung und den Haushalt. Der Mitgliederversammlung wird auch über das abgelaufene Geschäftsjahr sowie über die Vorhaben des laufen-den Jahres berichtet. Die Anzahl der Delegierten zur Mitgliederversamm-lung und somit die Stimmenzahl je Mitglied richtet sich nach der Ein-wohnerstärke bzw. der Anzahl der vertretenen Unternehmen. Je angefan-gene 100.000 Einwohner bzw. Unternehmen steht den Mitgliedern eine Stimme in der Mitgliederversammlung zu.

Die Mitglieder entsenden die jeweils zuständigen Hauptverwaltungsbe-amten bzw. die zuständigen Geschäftsführer aus den IHKs in den Vor-stand des Vereins. Aus diesem Kreis wird dann ein geschäftsführender Vorstand gewählt, der aus dem Vereinsvorsitzenden und seinen drei Stellvertretern besteht. Die Wahlperiode für dieses Ehrenamt beträgt ent-sprechend der Satzung drei Jahre, eine Wiederwahl ist möglich. Das „dienstälteste“ Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes übt diese Tätigkeit seit über 13 Jahren aus. Der Vorstand berät sich regelmäßig mindestens acht Mal im Jahr, wobei zwischen den „großen“ Vorstands-sitzungen der geschäftsführende Vorstand zusammenkommt.

Mitglieder des AWRW

Mitglieder-versammlung

Wesel sowie die IHKs Düsseldorf, Mittlerer Niederrhein (NE-MG-VIE) und

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9. Fallbeispiel Abfallwirtschaftsverein Region Rhein-Wupper e. V. 99

Das operative Geschäft des Vereins wird durch einen Geschäftsführer geleitet, der für einen Zeitraum von fünf Jahren durch den Vorstand ge-wählt wird. Bis 1995 gab es zwei Geschäftsführer, seit 1996 wird diese Tätigkeit durch einen Geschäftsführer allein wahrgenommen.

Der Verein kann zur Beratung in abfallwirtschaftlichen und organisatori-schen Fragen einen Beirat bestellen. Dieser soll sich aus sachkundigen Vertretern der Wirtschaft, von Verbänden oder sonstigen Betroffenen zusammensetzen. Derzeit ist ein solcher Beirat nicht bestellt.

Die Ziele des Vereins sind in der Satzung festgelegt und lassen sich zu-sammenfassen in den Schlagworten: Zusammenarbeit der Vereinsmit-glieder (örE33 und IHKs) auf den verschiedenen Gebieten der Abfallwirt-schaft sowie die Durchsetzung gemeinsamer abfallwirtschaftlicher Inte-ressen. Dabei dient der Verein hauptsächlich, aber nicht ausschließlich, als Plattform zum umfassenden Austausch und zur Aufbereitung von Informationen zur Abfallwirtschaft und aus tangierenden Gebieten. Dies betrifft sowohl die Verteilung von relevanten Informationen, die man aus den übergeordneten Behörden, aus Arbeitskreisen, aus Industrie und Handel, usw. erhält, als auch Erfahrungen aus der kommunalen Entsor-gungswirtschaft.

Die Bezirksregierung nimmt an den Sitzungen des Vorstandes teil und ist somit über die abfallwirtschaftlichen Aktivitäten und Probleme der Ver-einsmitglieder umfassend und frühzeitig informiert. Zugleich können über diesen Kanal Informationen der Bezirksregierung verteilt und not-wendige Abstimmungsprozesse frühzeitig in Gang gesetzt werden.

Durch die regelmäßigen Gespräche wird u. a. auch sichergestellt, dass die betroffene Wirtschaft frühzeitig und umfassend über geplante abfallwirt-schaftliche Maßnahmen der örE und der übergeordneten Behörden in-formiert ist. Negative Folgewirkungen lassen sich so früh einschätzen und können durch geeignete begleitende Maßnahmen gemindert oder vermieden werden. Umgekehrt kann die Wirtschaft auf kurzem Weg die abfallwirtschaftlichen Probleme von Industrie, Handel und Gewerbe im Verein thematisieren.

Daneben erfolgt in verschiedenen Arbeitsgruppen und Arbeitskreisen auch die konzeptionelle Bearbeitung spezifischer Fachthemen, die im Interesse der Mitglieder liegen (s. u.).

Freiwilligkeit, Vertrauen und Kontinuität – mit diesen drei Worten lässt sich die Stärke und die Effizienz des Vereins vermutlich am besten be-schreiben.

Jedes Mitglied ist freiwillig dem Verein beigetreten, weil es für sich Vor-teile in der Zusammenarbeit mit den anderen Mitgliedern gesehen hat.

33 örE: öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger

Operatives Geschäft

Beirat

Ziele

Integration der Bezirksregierung

Arbeitsgruppen und Arbeitskreise

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100 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

Eine freiwillige Zusammenarbeit setzt Vertrauen voraus, das durch Transparenz und Offenheit gefördert wird.

Die Finanzierung der Vereinsarbeit erfolgt über Mitgliedsbeiträge, die entgegen der allgemeinen Tendenz seit 1990 kontinuierlich um 42 % (numerisch, Inflation nicht berücksichtigt) gesunken sind.

9.3 Tätigkeiten

Die Tätigkeit des Vereins richtet sich seit jeher nach den Erfordernissen seiner Mitglieder. Das bedeutet, dass der Verein neben seiner Funktion als Plattform zum Informationsaustausch auch dafür da ist, die Mitglieder bei ihrer operativen Arbeit zu unterstützen. Das heißt auch, dass die Be-nennung von Themen, mit denen sich der Verein befasst, zu einem sehr großen Anteil durch die Mitglieder erfolgt. Durch eine stetige Beobach-tung des Marktes, die zugegeben etwas losgelöst von den Alltagsproble-men der Entsorgung erfolgt, greift auch die Geschäftsstelle Themen auf, von denen sie meint, das sie für die Mitglieder interessant sind. Hierbei ist jedoch immer die Balance zwischen öffentlichen und privatwirtschaft-lichen Interessen zu wahren. Auch die unterschiedlichen Interessen der Mitglieder, die sich aus der spezifischen Entsorgungsinfrastruktur erge-ben, müssen Berücksichtigung finden.

9.4 Aktuelle Situation

Aktuell ist der Verein mit folgenden Themen befasst:

- Bewertung der Folgen der novellierten Abfallverbringungsverord-nung sowie der Novellierungsvorhaben der Abfallrahmenrichtlinie und der Thematischen Strategie für Abfallvermeidung und Recycling auf EU-Ebene,

- Verpackungsentsorgung – Folgen des Zutritts neuer Systembetreiber, Abstimmungsbedarf, Novellierung der Verpackungsverordnung, PPK-Entsorgung,

- ElektroG – Vollzug und Problemlösungen, - Energetisches Nutzungspotenzial von Bioabfällen, - Wettbewerb in der Abfallwirtschaft.

Der Verein koordiniert auch die Arbeit mehrerer Arbeitskreise. Diese befassen sich z. B. mit der Gewerbeabfallberatung und -entsorgung. In einem anderen Arbeitskreis haben sich die Betreiber von neun thermi-schen Behandlungsanlagen organisiert, um über einen Ausfallverbund die ordnungsgemäße Abfallbehandlung bei Anlagenstillständen (geplant und ungeplant) zu sichern (Verbundvertrag seit 1996).

Erfordernisseder Mitglieder

Aktuelle Themen

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9. Fallbeispiel Abfallwirtschaftsverein Region Rhein-Wupper e. V. 101

In der Vergangenheit waren mehrere solcher Arbeitskreise tätig, die sich jeweils mit spezifischen Aufgabenstellungen befassten und nach der Lö-sung dieser Aufgaben aufgelöst wurden. Als Beispiele seien an dieser Stelle die Arbeitskreise „Kompostierung“ und „Abfallmengen“ genannt.

9.5 Zukünftige Entwicklung

Die zukünftige Entwicklung des Vereins erfolgt nicht im leeren Raum, sondern wird, wie bisher auch, von den jeweils geltenden internen und externen Rahmenbedingungen bestimmt. Seit seiner Gründung entwi-ckelt sich der Verein mit wechselnder Dynamik fort, immer nach vorn orientiert. Das werden Vorstand und Geschäftsführung auch in der Zu-kunft sicherstellen (Stichwort: Kontinuität).

Zu den internen Rahmenbedingungen zählen insbesondere die Mitglieds- und Organisationsstruktur des Vereins sowie die finanziellen und perso-nellen Ressourcen. Die limitierte Verfügbarkeit von Zeit und Geld setzt natürlich auch der Entwicklung bestimmte Grenzen. Diese Grenzen zu erweitern, gelingt vor allem durch eine höhere Effizienz, insbesondere durch Arbeitsteilung und bei der Informationsbeschaffung.

Die externen Bedingungen werden geprägt sowohl von den Vorgaben des europäischen Rechts, insbesondere des Abfall- und Wettbewerbsrechts, als auch von den rechtlichen und organisatorischen Entwicklungen im Bund, z. B. unter dem Stichwort: Förderalismusreform. Es ist aus heuti-ger Perspektive zwar noch nicht zweifelsfrei zu sagen, ob und wie die Arbeit des Vereins dadurch beeinflusst wird, aber man sollte einen Blick darauf haben, um vorbereitet zu sein.

In jedem Fall aber wird die Vereinsarbeit durch die Gesetzgebung des Bundes im Bereich Kreislaufwirtschaft betroffen sein, unabhängig davon, ob es sich um die Umsetzung der Vorgaben aus Brüssel handelt oder nationale „Alleinstellungsmerkmale“.

Auch die Verwaltungsreformvorhaben der Landesregierung in Nord-rhein-Westfalen werden den Verein mit hoher Wahrscheinlichkeit beein-flussen. Die Eingliederung der staatlichen Sonderbehörden in die Be-zirksregierungen und Aufgabenverschiebungen zwischen diesen Behör-den und den Kreisen bzw. Städten wirken zwar nur mittelbar auf den Verein, stehen aber unter Beobachtung. Viel wesentlicher ist u. E. das Vorhaben der Landesregierung, in der nächsten Legislaturperiode die bisher fünf Regierungsbezirke zu nur noch drei zusammenzufassen. Im Gespräch ist dabei u. a. die Fusion der Regierungsbezirke Düsseldorf und Köln im Jahr 2011. Da der Verein sich bisher in seinem Wirken auf den Regierungsbezirk Düsseldorf beschränkt, dürfte sich spätestens dann die Frage nach den räumlichen Vereinsgrenzen neu stellen.

Kontinuität in seiner Arbeit

Beeinflusst durch die Gesetzgebung

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102 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

Last but not least ist für Bestand und Wirken des Vereins auch entschei-dend, welche Entwicklungen bei den öffentlich-rechtlichen Entsorgungs-trägern ablaufen, insbesondere welche Aufgaben noch von den Städten und Kreisen wahrgenommen werden dürfen.

Es ist zweckmäßig, an dieser Stelle eine Unterteilung in Optionen zur fachlichen Weiterentwicklung des Vereins und Optionen zur organisato-rischen Weiterentwicklung vorzunehmen, wobei das eine das andere nicht ausschließt, es jedoch auf den ersten Blick auch keine gegenseitigen Abhängigkeiten gibt.

Die fachliche Entwicklung des Vereins wird auf das ohnehin weite Feld der Abfallwirtschaft fokussiert sein. Hier liegen die Kernkompetenzen, hier hat der Verein lange Erfahrungen und gute Kontakte. Diese Erfolgs-faktoren in einem anderen, wenn auch möglicherweise fachlich nahe ste-henden Bereich aufzubauen, ist langwierig, kostet Geld und bindet die ohnehin knappen Ressourcen des Vereins.

Statt einer fachlichen „Extensivierung“ richten sich die Überlegungen daher auch in erster Linie auf eine weitere „Intensivierung“ der fachli-chen Tätigkeit, die in den letzten Jahren bereits begonnen hat.

Damit ist nichts anderes gemeint, als dass wir auf den bewährten Funda-menten des Vereins aufbauen und die Arbeit an die veränderten Bedin-gungen so anpassen, dass den Mitgliedern durch die gemeinsame Nut-zung fachlicher Kapazitäten ein höherer Nutzwert entsteht. Trotz der unterschiedlichen abfallwirtschaftlichen Strukturen bei den einzelnen Mitgliedern gibt es verschiedene Probleme, die alle betreffen. Hier ist es sinnvoll, die Aufgabe zur Problemlösung in den Verein zu verlagern, der in Arbeitsgruppen – auch unter Einbeziehung externer Fachleute – die Probleme analysiert und Lösungsvorschläge unterbreiten kann. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Grenzen des Wettbewerbsrechts nicht über-schritten werden.

Möglich sind beispielsweise juristische und ingenieurtechnische Konsul-tationen zu verschiedenen Problemstellungen der abfallwirtschaftlichen Praxis. Dies wurde in der Vergangenheit bereits praktiziert und wird u. E. durch die zunehmende Verkomplizierung der rechtlichen Rahmenbedin-gungen verstärkt Anwendung finden. Derzeit beschäftigt sich beispiels-weise eine Arbeitsgruppe intensiv mit den Möglichkeiten der rechtssiche-ren Ausschreibung der PPK-Fraktion. Wer sich mit der Thematik be-schäftigt, weiß, dass hier viele Schwierigkeiten lauern, insbesondere bei der Beantwortung der Frage „Wer ist für welche Mengen verantwort-lich?“. Die Arbeitsgruppe des Vereins soll bei der Beantwortung dieser Frage außerhalb der Verwaltungsgerichte helfen.

Dieses sehr aktuelle Arbeitsthema wird ergänzt durch ein eher strategi-sches Projekt, das sich mit der energetisch optimierten Nutzung von Ab-fällen, die im Vereinsgebiet anfallen, befasst. Nicht nur wir sind der

FachlicheWeiterentwicklung

Energetische Nutzung von Abfällen

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9. Fallbeispiel Abfallwirtschaftsverein Region Rhein-Wupper e. V. 103

Meinung, dass Abfall- und Energiewirtschaft zusammen betrachtet wer-den müssen.

Trotz dieser Ansätze der fachlichen Intensivierung müssen die Ingeni-eurbüros im Regierungsbezirk keine Konkurrenz befürchten. Der Verein kann aus wettbewerbsrechtlichen und nicht zuletzt auch aus Gründen der Ressourcenverfügbarkeit nicht die Funktion eines „Ingenieurbüros der Mitglieder“ übernehmen. Er kann zwar Aufgabenstellungen bündeln, aber nicht vollständig allein bearbeiten. Wir werden jedoch dafür sorgen, dass die Ergebnisse unserer Arbeit stärker wahrgenommen werden.

Das führt uns auch gleich zu dem Thema „Organisatorische Weiterent-wicklung“.

Ein Blick auf die Karte des Regierungsbezirkes verrät, dass im Verein alle Städte und Kreise Mitglied sind – bis auf die Stadt Oberhausen. An der Schließung dieser Lücke arbeiten wir – und hoffen auf den Erfolg der Bemühungen zum Anfang des nächsten Jahres. Da die Mitgliedschaft im Verein, wie bereits erwähnt, auf vollständig freiwilliger Basis erfolgt, ist es Sache der Kommunalpolitik, über die Mitgliedschaft zu beschließen. Wir würden uns über einen für uns positiven Ratsbeschluss sehr freuen, sind wir doch von den Vorteilen einer Mitgliedschaft für die Kommunen sehr überzeugt.

Eine Vervollständigung der Mitgliedschaften aller im Regierungsbezirk ansässigen IHKs streben wir an, sind dabei jedoch von den internen or-ganisatorischen Festlegungen der Kammern abhängig. Gleiches trifft auch auf die Handwerkskammer zu.

Eine Ausdehnung der Vereins in Form von Mitgliedschaften über die Grenzen des Regierungsbezirkes hinaus, ist derzeit weder geplant, noch wird sie im Vereinsvorstand ernsthaft diskutiert. Eine solche Erweiterung bringt für die Arbeit des Vereins derzeit keine Vorteile. Gleichwohl muss man sich mit der Problematik befassen, um bei künftigen Entwicklungen den Bestand des Vereins zu sichern.

Für die Vereinsmitglieder ist auch der regelmäßige, intensive Kontakt zur jeweils zuständigen Bezirksregierung sehr wichtig. Im Falle einer Zu-sammenlegung der heutigen Regierungsbezirke Düsseldorf und Köln zu einem Regierungsbezirk, der dann möglicherweise „Rheinland“ heißt, muss sichergestellt werden, die Bezirksregierung weiterhin umfassend in die Arbeit des Vereins einzubinden. Diese Einbindung wird für die Be-zirksregierung vor allem dann von Interesse sein, wenn der Verein ein möglichst großes Gebiet des möglichen neuen Regierungsbezirks abbildet.

Der Verein hat natürlich Interesse an Kooperationen und am Informati-onsaustausch mit Organisationen, die im Bereich Abfallwirtschaft tätig sind. Aus der Erfahrung unserer Arbeit schließen wir, dass solche Koope-rationen immer nur dann erfolgreich sein können, wenn man:

Organisatorische Weiterentwicklung

Vervollständigungder Mitgliedschaf-ten

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104 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

- etwa dieselbe Größenordnung (Organisationsebene, Mitgliederzahl, usw.) und

- etwa dieselbe Mitgliederstruktur hat, - auf „Augenhöhe“ miteinander arbeitet und man - ein konkretes Thema zusammen bearbeitet.

Offenheit, Transparenz und Gegenseitigkeit sind so selbstverständlich,dass ich dies nur der Vollständigkeit halber erwähnen möchte.

Was heißt das in der Praxis?

Der Verein sucht Kooperationen mit Organisationen und Strukturen, die mit ihm „in der gleichen Liga“ spielen. Insofern ist unsere Definition von „Kooperation“ nicht unendlich weit, sondern umfasst die „Zusammenar-beit“ im engeren Sinne. Derzeit besteht keine engere Kooperation mit anderen Organisationen. Einige lockere Kontakte zu verschiedenen Insti-tutionen und Organisationen bestehen jedoch.

Für die Vereinsarbeit unverzichtbar sind auch vielfältige informelle Kon-takte in den Behörden, in Verbänden, Kammern und anderen fachlich relevanten Organisationsstrukturen. Anders ist die Sammlung und Be-wertung der frei verfügbaren Informationen zu abfallwirtschaftlichen Themen wegen der Masse kaum noch zu beherrschen. Dazu gehört sicher auch, dass man über neue Entwicklungen frühzeitig informiert ist und nicht erst aus dem Bundesgesetzblatt von einer neuen Verordnung er-fährt. Dann nämlich kann ein Ziel des Vereins, nämlich die Vertretung regionaler Interessen, nicht mehr erreicht werden. Wir müssen also mög-lichst schon in der Phase des ersten Arbeitsentwurfes, spätestens aber beim Referentenentwurf Stellung beziehen.

Die Positionen anderer Beteiligter zu abfallwirtschaftlichen Vorhaben vor der Veröffentlichung lassen sich ebenfalls nur über informelle Kon-takte ermitteln. Das ist insbesondere dann von Interesse, wenn man die gleichen Auffassungen hat und durch einen „gebündelten“ Auftritt den Positionen mehr Gewicht verleihen kann.

Auch die informellen Kontakte erfordern beim Aufbau und bei der Pflege von beiden Seiten Zeit, wenn sie dauerhaft und erfolgreich sein sollen. Dass das nicht immer einfach ist, gehört vermutlich zu den allgemeinen Lebenserfahrungen. Trotzdem gilt es, hier dran zu bleiben.

Ein Weg zur Verbreiterung unserer informellen Basis führt über die fachli-che Tätigkeit des Vereins, womit ich den Kreis zwischen der fachlichen und der organisatorischen Weiterentwicklung des Vereins schließen möchte.

Ich verrate keine Geheimnisse, wenn ich hier sage, dass wir vorhaben, die Ergebnisse unserer Projekte stärker als bisher üblich in der Fachpres-se zu publizieren und die Mitarbeit bzw. Co-Autorenschaft zu Beiträgen zu intensivieren. Wir versprechen uns dadurch eine bessere Wahrneh-mung über die Grenzen des Regierungsbezirkes hinaus und somit auch einen besseren Zugang zu den o. g. Stellen.

Vielfältige informelle Kontakte

Bessere Wahrnehmung auch über die Ver-einsgrenzen hinaus

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9. Fallbeispiel Abfallwirtschaftsverein Region Rhein-Wupper e. V. 105

Der Verein war seit seiner Gründung ein Beispiel dafür, dass Kooperati-onen in der Abfallwirtschaft zwischen Kommunen sowie zwischen Kommunen und Wirtschaft machbar sind und erfolgreich sein können. Das soll auch in der Zukunft so sein. Eine Zukunft kann der Verein aber nur haben, wenn er in seiner Entwicklung wie bisher nicht stehen bleibt.

Die innerhalb des KIDA-Prozesses erarbeiteten Schlüsselfaktoren mit ihren möglichen Entwicklungsrichtungen werden wir bei der Erarbeitung von Handlungsoptionen dort berücksichtigen, wo es uns angemessen erscheint. Dies vor allem deshalb, weil eine Vielzahl der möglichen Sze-narien, die auf den Schlüsselfaktoren aufbauen, in der Praxis kaum eine Rolle spielen werden. Auch werden nicht alle Schlüsselfaktoren Einfluss auf unsere Arbeit in der Abfallwirtschaft haben und die Auswahl der Entwicklungsmöglichkeiten der Faktoren ist nicht immer so erfolgt, dass man überall ohne Einschränkungen zustimmen könnte.

Insofern verwundert es auch nicht, dass in unserem Idealszenario, das der Verein zusammen mit der VDI Technologiezentrum GmbH erarbeitet hat, bei drei Schlüsselfaktoren (SF) keine Entwicklungsrichtung eindeu-tig bestimmt wurde.34

Beim SF Energieverfügbarkeit (8) sind wir der Meinung, dass sich die Entwicklungsrichtungen b und c nicht ausschließen. Durch die Verknap-pung und Verteuerung fossiler Energieträger besteht ein ökonomischer Zwang zur Substitution. Daher ist es nach unserer Meinung sehr wahr-scheinlich, dass Abfälle zukünftig ein fester Bestandteil der Energiever-sorgung werden. Auch beim SF Sammel- und Erfassungssysteme (21), meinen wir, dass keine der dort vorgegebenen Entwicklungsrichtungen wünschenswert ist und eintreten wird. Wir gehen vielmehr davon aus, dass auch in Zukunft Hol- und Bringsysteme für unterschiedliche Abfall-arten bestehen werden, schon um die Stoffe in hoher Reinheit zu gewin-nen, die eine stoffliche Verwertung ermöglicht.

Beim SF Technologieentwicklung (23) schließen sich die drei Entwick-lungsmöglichkeiten nicht aus. Sie sind alle wünschenswert und aus öko-nomischen Zwängen heraus auch sehr wahrscheinlich.

Der Verein hat intern eine Rangfolge der für ihn wichtigen Schlüsselfak-toren erstellt.

Zu den wichtigsten Schlüsselfaktoren gehören für uns demnach:

- EU-Abfallstrategien (SF 10) - Öffentliche Verantwortung / Daseinsvorsorge (SF 13) - Örtlichkeitsprinzip (SF 14) - Rechtsauslegung (SF 17)

34 Siehe Kap. 7; vgl. Schug, H. u. a. (2006): Die Zukünfte der Abfallwirtschaft – KIDA-Szenarioanalyse, ZTC Working Paper Nr.5/2006, Hrsg. Zukünftige Technolo-gien Consulting (ZTC).

Schlüsselfaktorendes Szenario-Prozesses

Bewertung einzel-ner Schlüsselfak-toren

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106 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

- Definition des Abfallbegriffs (SF 6) - Akzeptanz des Bürgers (SF 3) - Entsorgungskosten (SF 9) - Abfallmenge (SF 2) - Recyclingmärkte (SF 18).

Betrachten wir kurz die Entwicklungsrichtungen, die wir bei diesen Schlüsselfaktoren aus unserer Position heraus für „ideal“ halten.

Ganz wichtig und entscheidend für uns ist die Vereinheitlichung des EU-Rechtsrahmens in allen Mitgliedsstaaten. Es kann und darf nicht sein, dass die europäischen Vorgaben in 25 unterschiedlichen Versionen in nationales Recht umgesetzt werden und es in einigen Staaten noch dazu schwere Vollzugsdefizite gibt. Die jetzige Situation ist weder im Sinne der ökologischen Ziele der EU, noch im Sinne gleicher Wettbewerbsbe-dingungen in der Gemeinschaft. Die Vereinheitlichung soll im Rahmen des „best practice“ erreicht werden.

Das Thema „Öffentliche Verantwortung/Daseinsvorsorge“ wird auch im Verein kontrovers diskutiert. Wir halten es daher für wünschenswert, wenn der Gesetzgeber die Verantwortlichkeiten im Rahmen der Gesetz-gebung klären würde, um sowohl den öffentlich-rechtlichen Entsor-gungsträgern als auch den privaten Entsorgungsunternehmen endlich die Planungs- und Investitionssicherheit zu gewähren, die benötigt wird.

Beim Örtlichkeitsprinzip gehen wir davon aus, dass bei einer gesteuerten Abfallentsorgung die Abfallfraktionen gezielt den Anlagen zugeführt wer-den, die unter ökonomischen und ökologischen Aspekten optimal sind. Ein umfassender Abfalltourismus für Massenabfälle ist nicht wünschenswerthier sollten ortsnahe Entsorgungsmöglichkeiten bestehen. Das schließt jedoch nicht aus, dass insbesondere Abfälle, die in relativ geringen Men-gen anfallen, in speziellen, zentralen Anlagen entsorgt werden.

Beim SF Rechtsauslegung (17) ist aus unserer Sicht die Einstufung der Müllverbrennung als Verwertung zu wünschen. Dadurch können die Verbrennungsanlagen Abfälle auf dem Markt akquirieren und energe-tisch verwerten. Um eine optimale Verwertung zu erreichen, kann der Gesetzgeber den Rechtsrahmen entsprechend gestalten.

Für sehr wichtig halten wir, dass die Definition des Abfallbegriffs (SF 6) festgeschrieben wird. Eine dynamische Auslegung des Begriffs gefährdet u. E. die Planungssicherheit der privaten und kommunalen Entsorger und trägt nicht dazu bei, Umweltschutzziele zu erreichen.

Die Akzeptanz der Abfallentsorgung durch die Bürger (SF 3) beeinflusst die Qualität der Sammlung entscheidend. Werden Sammelsysteme abge-lehnt, ist eine sortenreine Erfassung von Abfallfraktionen in der Regel nicht möglich. In unserem Idealszenario bevorzugen wir daher eine Ent-wicklung, in der die Bürger sich aktiv in die Abfallwirtschaft einbringen und diese mitgestalten. Durch die Optimierung der Erfassung und Ver-

Vereinheitlichung des EU-Rechtsrahmens

Öffentliche Verant-wortung/Daseins-

vorsorge

Örtlichkeitsprinzip

Rechtsauslegung

Definition desAbfallbegriffes

Akzeptanz der Ab-fallentsorgung durch

die Bürger

;

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9. Fallbeispiel Abfallwirtschaftsverein Region Rhein-Wupper e. V. 107

wertung unterschiedlicher Abfallfraktionen kommen wir dann dem Ziel einer Kreislaufwirtschaft näher.

Eine umfassende Akzeptanz wird u. E. aber nur zu erreichen sein, wenn die Kosten für die Abfallentsorgung (SF 9) transparent sind und die Ge-bühren den Bürger nicht überfordern. Durch die Internalisierung externer Effekte auf EU-Ebene sollen gemeinschaftsweit gleiche Wettbewerbsbe-dingungen erreicht werden. Die Einbeziehung der Einflüsse auf Umwelt-güter bei der Kostenkalkulation von Produkten und Dienstleistungenführt zu effizienter Rohstoffnutzung und optimierten Systemen innerhalb eines Produktlebenszyklus.

Die erwartete Abfallmenge (SF 2) ist die Grundlage für die abfallwirt-schaftliche Planung. Ausgehend von der demografischen Entwicklung in Deutschland sowie unter Berücksichtigung der Rohstoffmärkte (Verfüg-barkeit und Preise) erwarten wir einen deutlichen Rückgang der Abfall-mengen. Einen Rückgang erwarten wir auch unabhängig davon, ob die Wirtschaft wie im vorgegebenen Szenario stagniert oder wieder wächst. Wirtschaftswachstum und zurückgehende Abfallmengen schließen sich u. E. nicht mehr aus.

Damit kommen wir auch schon zum nächsten wichtigen Schlüsselfaktor, der Entwicklung der Recyclingmärkte (SF 18). Durch die enormen Preis-steigerungen auf den Rohstoffmärkten, sowohl für Industrie- und Edel-metalle als auch für fossile Brennstoffe, sowie die wirtschaftliche Ent-wicklung in den Schwellenländern mit z. T. zweistelligen Zuwachsraten pro Jahr, werden die Recyclingmärkte weiter boomen. Aufgrund der stärkeren globalen Nachfrage nach Recyclingmaterialien lohnen sich auch die Erweiterung der Sortiertiefe von Abfällen und eine bessere Auf-bereitung der Materialien. Die aufbereiteten Sekundärrohstoffe werden zu einem bedeutenden Anteil auch in ausländischen Märkten abgesetzt.

Abschließend bleibt festzustellen, dass unser Idealszenario nicht zwin-gend die wahrscheinlichste Entwicklung darstellen wird. Dort, wo wir Erfolgschancen sehen, werden wir jedoch darauf hinarbeiten. Bei den anderen Punkten werden wir die Entwicklungen sehr genau beobachten, um uns auf die wahrscheinlichste Option vorzubereiten.

Kosten für dieAbfallentsorgung

Abfallmenge

Erfolgschancen und Optionen

Recyclingmärkte

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109

10 OPTIMIERUNG ABFALLWIRTSCHAFTLICHER AUFGABEN DURCH KOOPERATIONEN AM BEISPIEL DES KREISES METTMANN

Hans-Jürgen Serwe

Umweltdezernat, Kreis Mettmann

10.1 Triebkräfte zur Bildung von Kooperationen

Hinter der zunehmenden Tendenz zur Bildung kommunaler Kooperatio-nen in der Abfallwirtschaft und in anderen kommunalen Aufgabenberei-chen stehen verschiedene Triebkräfte, die im Folgenden kurz charakteri-siert werden sollen.

Die Globalisierung der Wirtschaft führt durch die Verlagerung von Ar-beitsplätzen zum Druck auf regionale Wirtschaftskreisläufe. Durch Steu-ersenkungen und -ausfälle sowie durch Kürzungen staatlicher Schlüssel-zuweisungen an die Gemeinden, Städte und Kreise entsteht infolgedessen Druck auf die kommunalen Haushalte. Die allgemeine Notlage der Haushalte wirkt sich direkt auf die Handlungsfähigkeit der Kommunen im investiven Bereich aus – z. B. zur Finanzierung von Infrastruktur im Rahmen der Daseinsvorsorge – und führt auch in den Gebührenhaushal-ten zu einem verstärkten Zwang zu sparen. Der politische Druck zur Mo-bilisierung von Rationalisierungspotenzialen nimmt deshalb insgesamt spürbar zu.

Schon in den letzten Jahren hat – insbesondere im abfallwirtschaftlichen Bereich unter den durch das Kreislaufwirtschaftsgesetz ausgelösten Marktverwerfungen – der Druck auf die kommunalen Einrichtungen zu einer Optimierung des Ressourceneinsatzes im operativen und dabei vor allem im personellen Bereich geführt. Zum Teil wurden auch kommunale Aufgabenbereiche ganz in die freie Wirtschaft verlagert oder in Form von public-private-partnership-Modellen erledigt. Die Resultate entspra-chen nicht immer den kommunalen Hoffnungen und wurden zum Teil – bei abnehmendem kommunalem Einfluss - sogar mit Kostensteigerungen erkauft. Durch die wettbewerblichen Interventionen der Europäischen Union haben PPP-Modelle zusätzlich an Charme verloren.

Insofern verwundert es nicht, dass eine in der kommunalen Sphäre schon lange erprobte Praxis, Aufgaben nämlich in Kooperation besser und effi-zienter zu erledigen, erneut an Zuspruch und Interesse gewinnt. Dabei steht die Bildung größerer Einheiten, analog den Konzentrationsprozes-sen in der privaten Abfallwirtschaft, im Vordergrund, um die Wettbe-werbsfähigkeit kommunaler Strukturen zu gewährleisten.

Charakterisierung der Triebkräfte für Kooperationen

Optimierungdes Ressourcen-einsatzes

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110 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

10.2 Anlässe und Formen von Kooperationen

Nach einer Umfrage des Deutschen Instituts für Urbanistik aus dem Jahre 2005 wurden als Anlässe für kooperative Aufgabenerledigung von Kommunen im Planungsbereich hauptsächlich drei angeführt:

1. Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, 2. Aufgabe kann alleine nicht wahrgenommen werden, 3. Wirtschaftlichkeitsüberlegungen.

Dabei rangierte die Wettbewerbsfähigkeit mit Abstand vorne. Bei einer gleichgearteten Umfrage über das abfallwirtschaftliche Betätigungsfeld der Kommunen wäre das Ergebnis vermutlich ähnlich bzw. würde even-tuell die Wirtschaftlichkeit im Vordergrund stehen. Je nach örtlicher Ge-gebenheit sind die lokalen und regionalen Anlässe für Kooperationen jedoch sehr spezifisch von eben diesen regionalen Randbedingungen bestimmt. In Kap 10.4 und 10.5 werden deshalb zwei Beispiele regio-naler Kooperationen in der Abfallwirtschaft bezüglich ihrer Entstehungs-geschichte und ihres Aufgabenbereichs näher charakterisiert.

Nach Klemme (2002) können Kooperationen im öffentlich-rechtlichen Bereich nach aufgabenspezifischen bzw. nach territorialen Gesichtspunk-ten kategorisiert werden (Tabelle 10-1).

Tabelle 10-1: Öffentlich-rechtliche Kooperationsformen.

Nach Aufgabe/Organisationsform Nach territorialen Gesichtspunkten

- Zweckverband - Zweckvereinbarung - Zweckarbeitsgemeinschaft

- Nachbarschaftsverbände- Regionalverbände- Mehrzweckpflichtverbände/Umland-

verbände- Einrichtung neuer Gebietskörper-

schaften

In der Abfallwirtschaft sind insbesondere der Zweckverband bzw. die Zweckvereinbarung probate Organisationsformen. Gebietskörperschaften werden kaum wegen abfallwirtschaftlicher Fragestellungen fusioniert oder neue deswegen ins Leben gerufen. Jedoch lässt sich an verschiede-nen Fällen zeigen, dass aus der gelebten Erfahrung abfallwirtschaftlicher Kooperationsformen verschiedener Gebietskörperschaften der Wille zu vermehrter Kooperation durch gute Erfahrungen aus der abfallwirtschaft-lichen Zusammenarbeit gestützt wird.

Beispielsweise betreiben die Stadt und der Kreis Aachen seit Mitte der 90er Jahre eine gemeinsame Abfallwirtschaftsgesellschaft, die sich auch in Krisensituationen bewährt hat. Aus der dauerhaften Finanzmisere er-wuchs die Notwendigkeit, in beiden Gebietskörperschaften schlankere

Wettbewerbsfähigkeitals wichtiger Faktor

Zweckverband und Zweckverein-

barungen

. Kap.

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10. Fallbeispiel Kreis Mettmann 111

Verwaltungsstrukturen zu etablieren und Leistungen gemeinsam und rationeller auch in anderen kommunalen Tätigkeitsfeldern zu erbringen. Die Suche nach einem neuen Organisationsmodell war eröffnet. Aktuelle Beschlusslage Mitte November 2006 ist eine Fusion von Kreis und Stadt zur Städteregion Aachen ab 2009. Damit entstünde – so der Landesge-setzgeber zustimmt – eine neue kommunale Einheit von 557 qkm Fläche mit insgesamt 550.000 Einwohnern.

10.3 Erfolgsfaktoren und potenzielle Nachteile von Kooperationen

Kooperationen sind dann erfolgreich, wenn sie für beide Kooperations-partner nachweisbare Vorteile bringen:

- Ökonomische Vorteile bestehen z. B. in Effizienzsteigerung, Kosten-reduktion und in der Vermeidung von Doppelarbeit.

- Kooperationen können zur Risikominimierung und Langzeitsicherheit beitragen, indem der Fokus auf langfristige Lösungen, auf Modelle des Ausgleichs und des Risikosharings gelegt wird.

- Ökologische und Service-Vorteile, die realisiert werden können, be-stehen beispielsweise in einer höheren Qualität der Leistungserbrin-gung oder in einer Verminderung des Ressourcenverbrauchs. Damit einher geht in der Regel eine Steigerung des Umwelt- und Energie-nutzens und damit verbunden ergeben sich zumeist erhebliche mone-täre Vorteile.

- Prozess- und Verfahrensvorteile erwachsen aus der erweiterten Mög-lichkeit politischer Einflusswahrung auf abfallwirtschaftliche Ent-scheidungen oder der Verkürzung und Vereinfachung von Verfahren. Dabei hat ein gemeinsames Auftreten in größeren Einheiten auch ein größeres Gewicht gegenüber übergeordneten Instanzen, was zur Durchsetzung eigener Interessen bedeutsam sein kann.

- Nicht zuletzt spielen atmosphärische Vorteile in der Kommunikation zwischen Gebietskörperschaften eine nicht zu unterschätzende Rolle. Die Vertrauensbildung durch erfolgreiche Kooperation in einem – z. B. dem abfallwirtschaftlichen Bereich – führt zum Abbau von poli-tischen Vorbehalten auch in anderen Feldern.

Soll die Kooperation von Dauer sein, darf auch der Blick auf potenzielle Schattenseiten nicht verschlossen bleiben. Nach verschiedenen Autoren, zusammengefasst in difu (2005), kommen als Nachteile von Kooperatio-nen in Frage:

- Angst vor Übervorteilung, - erhöhter Abstimmungsaufwand, - Zweifel am Nutzen der Kooperation („im Alleingang ist mehr zu er-

reichen“), - Verteilungskonflikte,

Mehrwert von Kooperationen

Hemmnisse

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112 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

- Unklarheit und Unsicherheit über die tatsächlichen Kosten der Kooperation.

In der Gesamtabwägung zwischen Vor- und Nachteilen von Kooperatio-nen kommen die Autoren zu folgender – durch die Praxis und die unter Kap 10.4 und 0.5 dargestellten Beispiele von Kooperationen bestä-tigte – Einschätzung: „Die Initiierung und erfolgreiche Durchführung der meisten Kooperationsprojekte setzt eine transparente und umfassende Regelung von Vorteils- und Nachteilsausgleichen voraus, in die eine rea-listische Risikoabschätzung einbezogen ist. Damit wird versucht, die erkennbaren Risiken und Nachteile, aber auch die durch die Kooperation entstehenden Vorteile auf alle beteiligten Partner gerecht zu verteilen.“

10.4 Der Zweckverband Entsorgungsregion West (ZEW) im Raum Aachen/Düren

Der Zweckverband Entsorgungsregion West (ZEW) wurde im Jahre 2003 als interkommunaler Zusammenschluss dreier Gebietskörperschaf-ten zur Sicherung der Restmüllentsorgung im Verbandsgebiet gegründet. Gründungsmitglieder waren die Kreise Aachen und Düren sowie die Stadt Aachen. Das Verbandsgebiet erstreckt sich über Teile der von der Bezirksregierung Köln festgelegten Entsorgungsregion West rund um die MVA Weisweiler. Ca. 840.000 Einwohner leben im Verbandsgebiet. Die Abbildung 10-1 zeigt die Lage des Zweckverbandsgebiets rund um die MVA Weisweiler, die in den Jahren 1994 bis 1996 innerhalb eines -Modells mit der Fa. Trienekens bzw. RWE-Umwelt errichtet wurde und in drei Verbrennungslinien eine Verbrennungskapazität von ca. 360.000 t/a aufweist.

Der ZEW deckt verschiedene abfallwirtschaftliche Bereiche ab, die sich allerdings bei den drei Gebietskörperschaften unterscheiden. Für den Kreis Düren wird die Restabfallentsorgung mittels Müllverbrennung ab-gedeckt. Für die Stadt Aachen gehören die Müllverbrennung sowie die Betriebsführung einer Inertstoffdeponie dazu. Für den Kreis Aachen wird der gesamte abfallwirtschaftliche Bereich abgedeckt:

- Müllverbrennung,- Rostascheaufbereitung,- Biomüllverarbeitung, - Betriebsführung Inertstoffdeponie, - Schadstoffsammlung,- Abfallberatung,- Nachsorge Altdeponien.

Für die jeweils genannten Tätigkeitsfelder haben die Gebietskörperschaf-ten ihre Aufgaben als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger auf den ZEW übertragen. Damit ist die Zuständigkeit für diese Aufgaben erlo-schen und auf den ZEW übergegangen. Bei den Kreisen bzw. der Stadt verbleibt jedoch die Zuständigkeit als untere Abfallwirtschaftsbehörde.

Regelung von Vorteils- und

Nachteilsausgleich

InterkommunalerZusammenschluss

Abdeckung verschie-dener abfallwirt-

schaftlicher Bereiche

Übertragung von Aufgaben

. Kap. 1

PPP

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10. Fallbeispiel Kreis Mettmann 113

Die Stadt Aachen ist zudem weiter zuständig für die Sammlung und den Transport des Restmülls in ihrem Hoheitsgebiet.

Der ZEW stellte sich unter das Motto: „Regional entsorgen“, das mit den Attributen „ökologisch – ökonomisch – ortsnah“ näher spezifiziert wird.

Das Beteiligungsschema des ZEW im Verbund mit anderen Gesellschaf-ten sowie der privaten Entsorgungswirtschaft als Miteigentümer der MVA Weisweiler ist in Abbildung 10-2 wiedergegeben. Die Verbands-versammlung als oberstes Entscheidungsgremium des ZEW setzt sich aus je 7 Vertretern der beteiligten Gebietskörperschaften zusammen. Be-ratend wirken zudem Mitglieder der Umweltverwaltung der Stadt und der beiden Kreise. Die Verbandsversammlung wählt aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden. Als zweites Organ des ZEW ist der Verbandsvorsteher zu nennen, der aus dem Kreis der Hauptverwaltungsbeamten für je 2 Jahre gewählt wird. Der Verbandsvorsteher vertritt den ZEW nach außen und leitet die Verwaltung, die die Beschlüsse der Verbandsversammlung um-setzt. Zum Vollzug bedient sich der ZEW der Abfallwirtschaftsgesell-schaft Stadt und Kreis Aachen (AWA). Da er diese zu über 90 % be-herrscht, ist zusammen mit der direkten Beteiligung der Gebietskörper-schaften eine Steuerung nach kommunalen Interessen gegeben.

Die Ziele werden vom ZEW wie folgt beschrieben: - Bessere Auslastung der vorhandenen Anlagen, - Grenzüberschreitende Kooperation, - Optimierung der Kostenstruktur, - Wiedergewinnung der Unabhängigkeit von privater Entsorgungswirtschaft, - Vermeidung von Müllnotstand.

Die Abbildung 10-3 zeigt, dass eines der Hauptziele des ZEW erreicht werden konnte. Im Jahre 2005 stellte sich nach Jahren – auch im Landes-vergleich NRW – sehr hoher Verbrennungsentgelte eine Konvergenz der Gebühren auf niedrigerem Niveau ein, das sich 2006 noch verbesserte und – wie unlängst angekündigt wurde – auch 2007 nochmals nach unten korrigiert werden könnte.

10.5 Der Zweckverband EKOCity im Ruhrgebiet/ Bergisches Land

Der Zweckverband EKOCity nahm einen ähnlichen Ausgang wie der ZEW, jedoch sind ungleich mehr Gebietskörperschaften beteiligt. 2002 gegründet, trat er 2004 in Funktion. Die Gründungsmitglieder sind die Kreise Ennepe-Ruhr und Recklinghausen sowie die Städte Bochum, Her-ne, Remscheid, Wuppertal und als kommunale Besonderheit der Regio-nalverband des Ruhrgebiets (RVR). Der Kreis Mettmann wurde zum 01.01.2006 als Mitglied aufgenommen. Der interkommunale Zusammen-schluss von sieben Gebietskörperschaften dient der Sicherung der Rest-müllentsorgung.

Organisatorische Struktur

Ziele

Sicherung der Restmüllent-sorgung

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114 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

Das Verbandsgebiet (Abbildung 10-4) rund um die Müllverbrennungs-anlagen Wuppertal und Herne reicht vom Norden des Ruhrgebiets bis ins bergische Land und umfasst ca. 2,5 Mio. Einwohner.

EKOCity deckt verschiedene abfallwirtschaftliche Bereiche ab: - Müllverbrennung,- Sperrmüllaufbereitung, - Mechanische Aufbereitung haushaltsähnlichen Gewerbemülls.

Die Ziele des Zweckverbands EKOCity waren und sind: - Vollauslastung vorhandener kommunaler Entsorgungsanlagen, - „Sozialverträgliche“ Gebühren, - Politischer Einfluss auf die Strukturen der Abfallwirtschaft, - Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit kommunaler Unternehmen, - Konsensprinzip bei Entscheidungen angestrebt. Keine Dominanz der

großen über die kleinen Gebietskörperschaften, der Anlagenbetreiber über die Abfallanlieferer und umgekehrt.

EKOCity hat eine ähnliche Organisationsstruktur wie der ZEW. Als Orga-ne hat er jedoch neben der Verbandsversammlung und dem Verbandsvor-steher noch einen Verbandsrat. Der Verbandsrat berät die in die Zustän-digkeit der Verbandsversammlung fallenden Aufgaben vor und spricht Empfehlungen aus. Er entscheidet nach § 10, Nr. 3 der Satzung über

- das jährliche Stoffstromkonzept und seine wesentliche Änderungen, - die Geschäftsbesorgungs- und sonstige wesentliche Dienstleistungsverträge, - die Stimmabgabe in der Gesellschafterversammlung von Beteili-

gungsunternehmen.

Die Verbandsversammlung besteht aus je einem Mitglied pro 80.000 Einwohner der entsendenden Gebietskörperschaften sowie fünf Mitglie-dern des Regionalverbands Ruhr. Die Zusammensetzung des Beschluss-organs spiegelt den politischen Proporz in den Gebietskörperschaften wieder. Die Verbandsversammlung tagt in der Regel zweimal jährlich.

Der EKOCity Zweckverband fungiert als abfallwirtschaftlicher Aufga-benträger. Zur Aufgabendurchführung bedient er sich der eigens zu die-sem Zweck gegründeten EKOCity GmbH. Das Zusammenspiel der Or-gane zeigt die Abbildung 10-5. Die EKOCity GmbH wiederum bedient sich der MVA Wuppertal der AWG, der RZR-Verbrennungsanlage der AGR sowie der Aufbereitungsanlagen des EKOCityCenters Bochum. Das Stoffstrommanagement ist in Abbildung 10-6 schematisch darge-stellt.

10.6 Der Beitritt des Kreises Mettmann zu EKOCity

Der Kreis Mettmann konnte sich in den 90er Jahren gegen eine überzo-gene Ausbauplanung von Müllverbrennungsanlagen durch die Landesre-gierung erfolgreich zur Wehr setzen. Im Ergebnis errichtete er keine ei-

Abfallwirtschaftliche Bereiche

Aufgaben

Organisations-struktur

Verschiedene Ver-wertungschienen für

häuslichen Abfall

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10. Fallbeispiel Kreis Mettmann 115

gene MVA, sondern realisierte und optimierte mit gutem Erfolg die ver-schiedenen Verwertungsschienen für häuslichen Abfall. Zudem bewahrte der Kreis seine abfallwirtschaftliche Unabhängigkeit, da er mit mehreren MVAs im Umland vertragliche Beziehungen über den – jenseits der Verwertung – noch zu entsorgenden Restabfall einging. Der Nachteil dieser Strategie in einem hart umkämpften Sektor lag jedoch in einer gewissen Unsicherheit bezüglich der Langzeitperspektive und der Markt-abhängigkeit der Verbrennungspreise. Diese hatten sich nach Inkrafttre-ten des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes 1996 unablässig nach oben geschraubt. Kommunale Gegenstrategien ließen auf sich warten, so- dass viele Gebietskörperschaften den einzigen Ausweg aus der Gebüh-renfalle in Privatisierungsstrategien sahen und verfolgten. Kooperationen als Chance wurden lange Zeit nicht gesehen bzw. nur von den Kommu-nen in Not ins Spiel gebracht. Erst durch staatsanwaltschaftliche Ermitt-lungen bei einem marktbestimmenden rheinischen Entsorgungsunter-nehmens im Rahmen verschiedener Korruptionsaffären änderte sich diese Perspektive und die kommunale Abfallwirtschaft wurde wieder als Chance wahrgenommen.

Auch im Kreis Mettmann wurden verschiedene Erwägungen bezüglich der künftigen Organisationsstruktur der Abfallwirtschaft angestellt. Un-terschiedliche Organisationsmodelle und weitere Verwertungsverfahren (MBA-Technologien zur Erzeugung von Sekundärbrennstoffen) in mög-licher Kooperation mit der privaten Entsorgungswirtschaft wurden unter-sucht und bewertet. Im Endeffekt ergaben sich aber so große Unsicher-heiten über mögliche gebührensenkende Auswirkungen dieser Verfahren, dass eine Entscheidung zu riskant erschien, zudem eine mittelfristige Entsorgungssicherheit des Kreises gegeben war. Sieht man die derzeiti-gen Verwerfungen am Markt für Sekundärbrennstoffe, die zum Teil nur unter exorbitanten Zuzahlungen einer energetischen Verwertung zuge-führt werden können, so kann man die Skepsis des Kreises Mettmann im Nachhinein als allzu berechtigt bezeichnen.

Als 2002 der Abfallwirtschaftszweckverband EKOCity in unmittelbarer Nachbarschaft des Kreises Mettmann auf den Weg gebracht wurde, wur-de diese Entwicklung naturgemäß seitens der Verwaltung und Politik mit großem Interesse verfolgt. Im Bereich der privaten Entsorgungsunter-nehmen wurden in dieser Zeit weitreichende Veränderungen sichtbar. Die in der Entsorgungsregion marktbestimmende Fa. Trienekens wurde durch die Fa. RWE-Umwelt AG übernommen. Diverse Umfirmierungen und Neuorganisationen des Abfallmarkts waren die Folge und führten zu großen Unsicherheiten bei einigen Gebietskörperschaften, die über Jahre hinweg sich sehr weitgehend mit diesen Unternehmen assoziiert hatten, was ihre weitere abfallwirtschaftliche Zukunft anging.

Organisations-struktur

UmfirmierungenundNeuorganisationen

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116 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

Im Kreis Mettmann wurden unter Berücksichtigung all dieser Vorgänge im Umfeld mehrere Optionen konkreter untersucht, was die eigene ab-fallwirtschaftliche Zukunft anbetraf. Dabei kristallisierte sich klar heraus, dass ein Beitritt zu EKOCity die wirtschaftlichste Lösung darstellte und gleichzeitig auch der kommunale Einfluss auf die weitere Entwicklung der eigenen Abfallwirtschaft – allerdings in Abstimmung mit anderen, kommunalen Partnern – gewährleistet bleiben würde. Neben der Wirt-schaftlichkeit eines möglichen Beitritts zu EKOCity – insbesondere hin-sichtlich des Einflusses auf die Abfallgebühren des Kreises – wurden auch die logistischen und ökologischen Aspekte untersucht.

Die Logistik des Abfalltransports von den kreisangehörigen Städten hin zu den Müllverbrennungsanlagen hat sowohl für die kreisangehörigen Städte wie auch für den Kreis Konsequenzen. Die kreisangehörigen Städ-te sind nach dem Landesabfallgesetz NRW für Sammlung und Transport des Hausmülls zuständig und fahren zum Teil die MVAen direkt an. Der Kreis betreibt zwei Umladestationen und ist für die Umladung und den weiteren Transport zuständig. Im Ergebnis konnte festgestellt werden, dass sich ca. 18.000 t des Restabfallstroms verändern würden. Die durch Verlagerung von Abfallmengen von der MVA Düsseldorf auf die MVA Wuppertal entstehenden zusätzlichen Transportkilometer bleiben jedoch in einem akzeptablen Rahmen, die die ökonomischen Vorteile eines Bei-tritts zu EKOCity nicht aufwiegen. Zudem haben sich die Anlieferungs-bedingungen an die MVA Wuppertal zwischenzeitlich durch Inbetrieb-nahme einer neuen Zuwegung, die umständliche Anfahrten durch die Innenstadt Wuppertals überflüssig macht, maßgeblich verbessert.

Ein weiterer Gesichtspunkt der Prüfung war, in wieweit sich ein Beitritt des Kreises auf eine weitere Steigerung der ökologisch wünschenswerten Verwertung von Abfällen auswirken würde. Betrachtet man die langfris-tige Entwicklung (1979 bis 2005) der Restabfallmengen des Kreises Mettmann, so zeigt sich, dass 1992 das Maximum mit über 160.000 t/a erreicht wurde (Abbildung 10-7). Die in den 90er Jahren zunehmende Einführung von Verwertungsverfahren und die Akzeptanz der häuslichen Vorsortierung und Getrennterfassung durch die Bürger, ließen die Rest-abfallmenge bis auf ca. 110.000 t/a im Jahre 2003 zurückgehen und seit-her nicht mehr nennenswert ansteigen. Eine Restmüllsortieranalyse im Jahre 1999 kam jedoch zu dem überraschenden Ergebnis, dass immer noch ca. 48 % Organik im Restmüll enthalten war. Das zeigt, dass noch Verwertungspotenziale im Restmüll enthalten sind. Nach heutiger Er-kenntnislage sind jedoch andere Strategien notwendig, um diese Poten-ziale zu mobilisieren.

Für den Beitritt zu EKOCity spielte diese Frage keine Rolle, da kein nume-risch bezifferbares Kontingent an Restmüll, sondern die Gesamtmenge des Kreises in den Abfallwirtschaftsverband eingebracht wurde. Optimierun-gen der Wertstofferfassung sind für den Kreis weiterhin möglich, soweit sie sich auf die bisher eingeführten Systeme beschränken. Lediglich eine

Wirtschaftlichste Lösung und

GewährleistungkommunalenEinflusses

Logistik

Verwertungvon Abfällen

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10. Fallbeispiel Kreis Mettmann 117

unabgestimmte Einführung von Verfahren der Sekundärbrennstoffaus-schleusung durch den Kreis Mettmann – beispielsweise in einer mechani-schen Aufbereitungsanlage – wäre mit dem Beitritt zu EKOCity nicht ver-einbar. Eine solche Entscheidung könnte nur mit den Verbandsmitgliedern zusammen innerhalb des von der Verbandsversammlung zu beschließen-den abgestimmten Stoffstromkonzepts getroffen werden.

Als Damoklesschwert hing im Entscheidungsjahr 2005 allerdings ein drohendes EU-Vertragsverletzungsverfahren über dem Zweckverband EKOCity. Trotz dieses Risikos entschied sich der Kreistag einstimmig in seiner Sitzung vom 22. September 2005, einen Aufnahmeantrag zu stel-len. Diesem wurde seitens des Zweckverbands kurz vor Weihnachten stattgegeben, so dass der Kreis ab 1. 1.2006 mit allen Rechten und Pflich-ten Mitglied des Zweckverbands werden konnte. Das Auskunftsersuchen der EU wurde inzwischen ohne Einleitung eines Vertragsverletzungsver-fahrens eingestellt.

Im Ergebnis konnte durch den Beitritt des Kreises zu EKOCity eine auf-summierte Gebührenreduktion bei der Kreismischgebühr von ca. 5,4 Mil-lionen Euro für den Zeitraum 2006 bis 2010 gegenüber der bisherigen Situation in Aussicht gestellt werden. Eine inflationsbereinigt in 2006 um ca. 25 % gegenüber 1993 günstigere Kreismischgebühr kann somit bis ins Jahr 2010 fortgeschrieben werden (Abbildung 10-8). Auch für das Jahr 2007 wäre mit einem ähnlichen Einsparbetrag zu rechnen, wenn die Bundesregierung die Mehrwertsteuer nicht um 3 % erhöhen würde. Der von der Zweckverbandsversammlung EKOCity für 2007 festgesetzte Nettobetrag lag mit 116,76 Euro/t zu entsorgendem Restabfall sogar knapp unter dem Betrag von 2006.

10.7 Schlussfolgerungen für Kooperationen

Eine Prüfung der künftigen abfallwirtschaftlichen Aufgaben und Ziele des Kreises Mettmann und der Einfluss des Beitritts zum Zweckverband EKOCity ergab keine erkennbaren negativen Auswirkungen (Abbildung 10-9). Hinsichtlich der allgemeinen Schlussfolgerungen aus den eigenen bisher nur positiven Erfahrungen als Mitglied einer Kooperation kann dem Resumée der Fachliteratur (nach difu, modifiziert) gefolgt werden:

- Ziele und Inhalte der Kooperation müssen klar definiert sein. - Kooperation sollte das eigene Profil der Gebietskörperschaft stärken. - Positive Effekte der Zusammenarbeit sollten möglichst konkret her-

ausgestellt werden. - Kooperationsprojekte sollten so gestaltet sein, dass sie auf Verände-

rungen flexibel reagieren können. - Zu Beginn der Zusammenarbeit sollte die Finanzierung der Koopera-

tion geklärt sein. - Ein Verfahren für den Vorteils-/Nachteilsausgleich sollte frühzeitig

erarbeitet werden.

EU-Vertragsver-letzungsverfahren

Gebührenreduktion

Schlussfolgerungen

0 0

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118 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

- Der Kooperationsaufwand sollte bekannt sein und klar begrenzt werden. - Prozessmonitoring und Erfolgskontrollen sollten grundlegende Be-

standteile der Kooperation sein.

10.8 Literatur/Quellen

Aachener Zeitung (2006): Sinken die Müllgebühren? Aachener Zeitung, 18.11.06.

AWA/ZEW (2006): Zweckverband Entsorgungsregion West. Ausdruck eines Powerpoint-Vortrag. Typoscript. Eschweiler.

difu/ Hollbach-Grömig, B. et al. (2005): Interkommunale Kooperation in der Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik. Difu-Materialien Bd. 3/2005, 178 S., Berlin. Internet: www.difu.de/forschung.

EKOCity Abfallwirtschaftsverband (2005): Satzung über die Abfallent-sorgung des EKOCity Abfallwirtschaftsverbands. Bochum. www.ekocity.de

EKOCity Abfallwirtschaftsverband (2005): 2. Änderungssatzung zur Satzung des Abfallwirtschaftsverbandes EKOCity vom 21.Dezember 2005. Bochum. www.ekocity.de

EKOCity Abfallwirtschaftsverband (2006): Entsorgungssicherheit im Verbund. Kommunal, leistungsstark und bürgernah. Broschüre. Selbst-verlag. Bochum.

Kals, U. (2006): Die Städteregion kommt, der Sexappeal fehlt noch. Aachener Zeitung, 22.11.06.

Klemme, K. (2002): Interkommunale Kooperation und nachhaltige Ent-wicklung. Dortmunder Beiträge zur Raumplanung, Bd. 110, Blaue Reihe, IRPUD, Dortmund.

Kreis Mettmann (2003): Abfallwirtschaftskonzept des Kreises Mettmann. Selbstverlag. Mettmann.

RegioEntsorgung (2006): Entsorgungszweckverband RegioEntsorgung. Ausdruck eines Powerpoint-Vortrag. Typoscript. Weisweiler.

Serwe, H.-J. (2006): Consumption patterns and relation to the waste ma-nagement – Case study from municipality in Germany. Vortrag auf dem „Baltic Environmental Forum: International conference on in-volvement of society in municipal waste management“, Valmiera/ Latvia, September 13-14, 2006. Typoscript.

ZEW (2005): Verbandssatzung des Zweckverbandes Entsorgungsregion West. Eschweiler. www.zew-entsorgung.de

ZEW (2006): Gebührensatzung des Zweckverbandes Entsorgungsregion West für die Abfallentsorgung vom 10.03.2006. Eschweiler. www.zew-entsorgung.de

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10. Fallbeispiel Kreis Mettmann 119

10.9 Abbildungen

Abbildung 10-1: Eckdaten und Lage des Zweckverbands Entsorgungsregion West (ZEW) rund um die MVA Weisweiler.

Abbildung 10-2: Beteiligungsschema des Zweckverbands Entsorgungsregion West (ZEW) zum Zeitpunkt der Gründung.

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120 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

Abbildung 10-3: Konvergenz der Verbrennungsgebühren in den drei Gebietskörper-schaften nach Gründung des ZEWs.

Abbildung 10-4: Das Verbandsgebiet des Abfallzweckverbands EKOCity an Rhein, Ruhr und dem bergischen Land.

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10. Fallbeispiel Kreis Mettmann 121

Abbildung 10-5: Die Organe des Abfallzweckverbands EKOCity.

Abbildung 10-6: Das Stoffstromkonzept des Abfallzweckverbands EKOCity.

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122 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

Abbildung 10-7: Die Entwicklung des Restabfallaufkommens im Kreis Mettmann von 1979 bis 2005.

Abbildung 10-8: Die Entwicklung der Kreismischgebühr im Kreis Mettmann von 1993 bis 2010 – nominal und inflationsbereinigt und Darstellung prägender Einflussfaktoren.

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10. Fallbeispiel Kreis Mettmann 123

Abbildung 10-9: Prüfung künftiger abfallwirtschaftlicher Aufgaben und Ziele des Kreises Mettmann hinsichtlich des Einflusses durch die Mitglied-schaft im Abfallzweckverband EKOCity.

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125

11 VERBRAUCHERFREUNDLICHE GESTALTUNG DER ABFALLWIRTSCHAFT

Björn Rickert

Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e. V., Düsseldorf

11.1 Vorbemerkungen

Die Abfallwirtschaft erbringt einerseits wichtige Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger und ist andererseits – wenn sie abfallwirtschaft-liche Ziele effizient erreichen will – zentral auf deren Mitwirkung ange-wiesen. Dabei wird das Verhältnis zwischen Abfallwirtschaft und Bür-gern wesentlich von Gestaltung der kommunalen Abfallwirtschaftskon-zepte und Abfallsatzungen auf der kommunalen Ebene bestimmt.

Entscheidend für eine verbraucherfreundliche Gestaltung der Abfallwirt-schaft sind aus Verbrauchersicht nicht nur die klassischen Aspekte wie Dienstleistungstiefe, Servicequalität und Gebührengerechtigkeit. Abfall-wirtschaft sollte bei der konkreten Umsetzung z. B. auf der kommunalen Ebene – gerade bei z. T. widersprüchlichen Rahmenbedingungen und Zielansprüchen – auch einem zukunftsfähigen Leitbild folgen.

Für die Verbraucherzentrale NRW ist die (kommunale) Abfallwirtschaft unverzichtbare Kernaufgabe staatlicher Daseinsvorsorge für Gesund-heits-, Umwelt- und Ressourcenschutz, die in ihren Zielen auf ein nach-haltiges Wirtschaften ausgerichtet sein muss. Die unabweisbar notwendi-gen Kosten dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgaben sind von allen ge-sellschaftlichen Gruppen – Industrie, Gewerbe, Handel und Endverbrau-chern – entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit anteilig zu tragen.

Bei gebührenwirksamen Investitionen im Bereich der Abfallwirtschaft sind sowohl die künftige demographische Entwicklung als auch die Auswirkungen einer zu erwartenden zunehmenden Ressourcenverknap-pung zu berücksichtigen: bfallwirtschaftliche Infrastrukturen müssen anpassungsfähig, klimaschonend und ressourceneffizient geplant, gebaut und betrieben werden.

Um Abfallwirtschaft auf der Umsetzungsebene der Kommunen bzw. öffentlich rechtlichen Entsorgungsträger und Entsorgungsunternehmen für die Handlungsebene der Bürger/innen entsprechend verbraucher-freundlich und nachhaltig zu gestalten, müssen auf übergeordneten Ebe-nen (EU- und Bundesrecht) die Rahmenbedingungen und Zielvorgaben richtig gesetzt werden.

11.2 Rahmenbedingungen

Nachfolgend sollen hier nur einige Aspekte notwendiger Rahmenbedin-gungen für eine verbraucherfreundliche Gestaltung der Abfallwirtschaft

Abfallwirtschaft erbringt wichtige Dienstleistung

Kernaufgabe staatlicher Da-seinsvorsorge

A

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126 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

benannt werden, die (überwiegend) auf nationaler oder EU-Ebene gere-gelt werden müssen:

Abfallwirtschaft ist Stoffstrom-Management: Abfallwirtschaft muss als nachhaltiges Stoffstrom-Management in der Kreislaufwirtschaft verstanden und gestaltet werden. Dazu bedarf es u. a. klarer Abfall- und Stoffdefinitionen, quantitativer und qualitativer Zielgrößen, eines trans-parenten Monitorings und wirksamer Lenkungsinstrumente.

Entsorgungshierarchie ernst nehmen: Grundsätzlich auf Nachhaltig-keit ausgerichtete Rahmenbedingungen müssen ein Beachten der ab-fallwirtschaftlichen Entsorgungshierarchie (Vermeiden vor Verwerten vor Beseitigen) widerspruchsfrei ermöglichen. Dabei müssen (auch) die Ziele Klima- und Ressourcenschutz fokussiert werden.

Ressourceneffizienz steigern: Strategien der Nutzungsdauer –Verlängerung und Nutzungsintensivierung für Produkte und Module (u. a. durch Mieten, Sharing, Secondhand, Reparieren) sind nicht nur im Rahmen der Abfallwirtschaft zu fördern, sondern müssen z. B. auch durch fiskalische Maßnahmen – wie z. B. eine Mehrwertsteuerbefrei-ung – gefördert werden.

Sozial verträgliche Abfallwirtschaft: Die unabweisbaren Kosten einer zukunftsfähigen Abfallwirtschaft als Baustein einer nachhaltigen Stoff-flusswirtschaft müssen gesellschaftlich gerecht – je nach Leistungsfä-higkeit – verteilt werden. Abfallwirtschaftliche Maßnahmen müssen nicht nur betriebswirtschaftlich effizient umgesetzt werden, sondern müssen auch volkswirtschaftlich Sinn machen.

Generationsgerechtigkeit sicherstellen: Bei der Kostenverteilung für abfallwirtschaftliche Maßnahmen (z. B. Nachsorge für Anlagen und Deponien) muss auf eine generationsübergreifend gerechte Gestaltung geachtet werden.

Ökologisch wahre Preise: Um die Zielkonflikte einer auf die drei Di-mensionen der Nachhaltigkeit (Umwelt, Wirtschaft und Soziales) aus-gerichteten Politik – auch über den Bereich Abfallwirtschaft hinaus – zu minimieren, bedarf es einer Internalisierung der Umwelt- und Nach-sorgekosten in die Produkt- bzw. Rohstoffpreise (z. B. für PCV und ge-fährliche Stoffe).

Produktverantwortung als Innovationsanreiz: Die Produktverantwor-tung von Herstellern und Vertreibern (§§ 22–26 KrW-/AbfG) kann ein wirksames Lenkungsinstrument einer auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Umwelt- und Produktpolitik sein, da Anbieter die (Umwelt- und) Nachsorgekosten ihrer Produkte in ihre Preiskalkulation mit einbezie-hen müssen. Dabei sollte die Produktverantwortung auch die volle Kostenverantwortung (auch für die Redistribution der Altprodukte) umfassen, damit das Instrument auch Anreiz für Systeminnovationen

Stoffstrom-Management

Entsorgungs-hierarchie

Ressourceneffizienz

Gerechte Verteilung

Generationenüber-greifende Gestaltung

Internalisierung von Umwelt- und Nach-

sorgekosten

Produktverant-wortung

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11. Verbraucherfreundliche Gestaltung der Abfallwirtschaft 127

sein kann – z. B. beim Übergang vom Produkt- zum Nutzen- und Dienstleistungsverkauf.

11.3 Kommunale Abfallwirtschaft – Eckpunkte füre verbraucherfreundliche Gestaltung

Bei der Ausgestaltung der kommunalen Abfallwirtschaft sollten die Handlungsspielräume, die die Landesabfallgesetze für eine gerechtere Verteilung der Kosten einer zukunftsorientierten Abfallwirtschaft (Stichworte: Fixkostenanteile der Beseitigungsanlagen, Deponie-Nachsorgekosten) bietet, im Sinne einer Gebührenentlastung der Bürger und Bürgerinnen genutzt werden. Im Folgenden wird hierbei Bezug auf das Landesabfallgesetz NRW (Stand: Januar 2001) genommen. Dabei sind aus Sicht der Verbraucherzentrale NRW folgende Eckpunkte für eine verbraucherfreundliche Gestaltung der kommunalen Abfallwirt-schaft von besonderer Bedeutung:

1. Abfallwirtschaftskonzept, Abfallsatzung und Abfallgebühren verbraucherfreundlich gestalten.

2. Sammlungen für Abfälle, Wertstoffe und Altprodukte einheitlich abstimmen.

3. Rücknahme- und Kundeninformationspflichten bei Altprodukten durchsetzen.

4. Gesetzlich vorgegebene Kostenverantwortlichkeiten bei der Ent-sorgung von Altprodukten wahren.

5. Kostenentlastungen infolge der Produktverantwortung der Anbieter an die Bürger/innen weitergeben.

6. Durch Kooperationen, kostengünstige Lösungen und Einsatz der Instrumente nach Landesabfallgesetz Gebühren begrenzen.

7. Eigenkompostierung zum Vermeiden und Verwerten von Bioabfall sowie als umweltpädagogische Maßnahme in Kindergärten/Schulen fördern.

8. Vorbildfunktion der öffentlichen Hand und Dritter im öffentlichen Raum konsequent umsetzen.

9. Anbieterunabhängige Abfall- und Umweltberatung für Verbraucher nach § 3 Landesabfallgesetz NRW sichern.

Diese Eckpunkte werden nachfolgend näher erläutert.

1. Abfallwirtschaftskonzept, Abfallsatzung und Abfallgebühren verbraucherfreundlich gestalten

Bei der Gestaltung des Abfallwirtskonzeptskonzepts und den kommuna-len Abfallsatzungen sollten folgende allgemeine Anforderungen aus Sicht der Verbraucherzentrale NRW berücksichtigt werden:

Handlungsspielräume

Abfallwirtschafts-konzept undAbfallsatzung

ein

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128 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

1. Verständlichkeit in der Ausformulierung der Satzungstexte sowie der Gebührenbescheide

2. Transparenz über - Gebührenmaßstab- Gebührensätze- Fälligkeit der Gebührenzahlung - Fixe und variable Kosten in der Gebührenberechnung - Möglichkeiten, die eigene Gebührenbelastung zu beeinflussen

3. Möglichst hohe Gebührengerechtigkeit im Rahmen der durch die Finanzierungsnotwendigkeit für die Gemeinschaftsaufgabe Abfall-entsorgung gesteckten Grenzen.

4. Wahlmöglichkeiten für Größe und Abfuhrhythmus der Abfallbe-hälter sowie – soweit die öffentlichen Interessen dies zulassen – bei der Inanspruchnahme von Teilentsorgungsleistungen.

5. Kein Anschluss- und Benutzungszwang an die Biotonnensamm-lung für Eigenkompostierer.

6. Möglichkeit zur Bildung nachbarschaftlicher Entsorgungsge-meinschaften.

7. Möglichkeiten der Direktabrechnung mit dem Entsorgungsträ-ger für Abfallgemeinschaften innerhalb von Mehrfamilien-Mietshäusern.

8. Wirksame Anreize zur Vermeidung und Verwertung: bfallar-mes, zukunftsverträgliches Konsumverhalten sollte auch über Ge-bührenentlastung honoriert werden (vgl. LAbfG § 9 Abs. 2, Satz 3).

9. Wirtschaftlichkeit des Gebührenmodells/Abfallwirtschafts-konzepts: Auch verursachergerechte Gebührenmodelle müssen be-zahlbar/kostengünstig bleiben (vgl. LAbfG § 1 Abs. 3, Satz 2).

10. Akzeptanz bei den Bürger/innen: Um die Mitwirkung der Bür-ger/innen beim täglichen Konsum- und Entsorgungsverhalten im Sinn des Abfallwirtschaftskonzepts sicherzustellen, müssen Ab-fallwirtschaftskonzept, Abfallsatzung und Abfallgebührensatzung für die Bürger/innen transparent und akzeptabel sein. Hierzu kann eine bürgernahe Abfallberatung wichtige Beiträge leisten.

2. Sammlungen für Abfälle, Wertstoffe und Altprodukte einheitlich abstimmen

Die möglichst haushaltsnahe Erfassung von Abfällen (Restmüll, Schad-stoffe), Wertstoffen (Bioabfälle, Altpapier) und den nach Pro-duktrücknahmeverordungen (§§ 22 bis 24 KrW-/AbfG) geregelten Alt-produkten (Verpackungen, Elektro- und Elektronikgeräten, usw.) sollte einheitlich abgestimmt unter kommunaler Regie gestaltet werden.

Haushaltsnahe Sammlung

A

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11. Verbraucherfreundliche Gestaltung der Abfallwirtschaft 129

Begründung:Zunehmend werden auch den Endverbrauchern Rückgabepflichen über separate Erfassungssysteme für bestimmte Altprodukte gesetzlich aufer-legt. Um eine bürgerfreundlich übersichtliche und vom Kostenaufwand vertretbare Gestaltung der verschiedenen (haushaltsnahen) Erfassungs-systeme zu gewährleisten, muss diese unter kommunaler Regie erfolgen. Nur so können einerseits die Bürger ihre Interessen und Erfahrungen über die demokratische Willensbildung in der Kommune in die Gestal-tungsprozesse einbringen und andererseits Logistikaufwand und Ver-kehrsbelastung für die Sammlungen möglichst gering gehalten werden.

3. Rücknahme- und Kundeninformationspflichten bei Altprodukten durchsetzen

Die in den Produktverordnungen nach §§ 22 bis 24 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz dem Handel auferlegten Pflichten werden nach den Erkenntnissen der Verbraucherzentrale NRW aus MarktChecks35 und Marktbeobachtungen von vielen Geschäften nur unzureichend erfüllt oder gänzlich ignoriert. Hiervon sind insbesondere die Rücknahme36 von Altprodukten sowie die vorgeschriebene Kundeninformation37 in den Geschäften über Rückgabemöglichkeiten und entsprechende Rückgabe-pflichten der Verbraucher betroffen. Diese, in den Rechtsverordnungen mit Ordnungswidrigkeitstatbeständen bewehrten Pflichten des Handels sollten auch – mit den Mitteln des Ordnungsrechts – durchgesetzt werden.

Begründung:Wenn Handelsgeschäfte ihren Pflichten zur Altprodukte-Rücknahme und Kundeninformation nicht oder nur unzureichend nachkommen, ist damit zu rechnen, dass die Verbraucher entsprechende Alt-Produkte nicht ord-nungsgemäß an den Handel zurückgeben, sondern weiterhin über den Restmüll entsorgen. Infolgedessen verbleiben die nach Gesetz im Rah-men ihrer Produktverantwortung von den Anbietern zu tragenden Ent-sorgungskosten über die Abfallgebühren bei den Bürgern. Diese bezahlen dann allerdings doppelt, da davon auszugehen ist, dass Handel und Her-

35 Bericht „Batterieverordnung im Handel (März 2002), Ergebnisse einer Untersuchung der Verbraucherzentrale NRW, wie der Handel die Verordnung drei Jahre nach In-krafttreten umsetzt.

36 Z. Zt. bestehende Rücknahmepflichten des Handels: für Batterien und Akkussowie Geräte mit fest eingebauten schadstoffhaltigen Batterien oder Akkus nach §§ 5 sowie 14 Batterieverordnung, für Umverpackungen nach § 5 Abs.1 Verpackungs-verordnung und für Altöl nach § 8 Altölverordnung.

37 Z. Zt. bestehende Informationspflichten des Handels über Rückgabemöglichkeiten und -pflichten auf „deutlich erkennbaren und lesbaren Schrifttafeln“ in den Geschäf-ten: über Batterien und Akkus nach § 12 Batterieverordnung, über Umverpackun-gen nach § 5 Abs.2 Verpackungsverordnung und über Altöl nach § 8 Altölverord-nung.

Rücknahme undKundeninformation

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130 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

steller die Nachsorgekosten für die betroffenen Produkte in ihre Ver-kaufspreise einkalkuliert haben.

Darüber hinaus stellt die Nichtbefolgung der Produktverantwortungs-pflichten durch bestimmte Händler und Handelsketten nach Einschätzung der sich rechtskonform verhaltenden Handelsunternehmen eine grobe Wettgewerbsverzerrung dar. Auch von dieser Seite wird Rechtsvollzug durch die Ordnungsbehörden erwartet.

4. Gesetzlich vorgegebene Kostenverantwortlichkeiten bei der Ent-sorgung von Altprodukten wahren

Insbesondere bei den Altprodukten, für die die Produktverantwortung von Herstellern und Handel gesetzlich auf Grundlage des Kreislaufwirt-schafts- und Abfallgesetzes konkretisiert wurde, sollte strikt auf die Wah-rung einer ggf. geregelten Kostenverantwortung der Hersteller für Erfas-sung, Sortierung, Verwertung und Beseitigung entsprechender Altpro-dukte geachtet werden. Eine – auch nur teilweise – Kostenüberwälzung auf die Abfallgebühren darf nicht stattfinden. Dies gilt z. B. bei der Er-fassung der Verpackungen im Rahmen dualer Systeme einschließlich aller Nebenkosten (z. B. Standplatzreinigung, Abfallberatung, Beseiti-gung der Verpackungsfehlwürfe in Restmülltonnen, Annahme und Besei-tigung von Sortierresten).

Begründung:Eine Verschiebung entsprechender Kosten bei der Entsorgung der Alt-produkte auf die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger birgt die Ge-fahr einer Doppelbelastung der Verbraucher über Abfallgebühren und erhöhte Produktpreise. Außerdem würden sich entsprechende Kostenan-teile der nachsorgenden Produktverantwortung ggf. nicht im Produktpreis widerspiegeln und verlören somit einen im Sinne des Verursacherprin-zips wünschenswerten Lenkungseffekt.

5. Kostenentlastungen infolge der Produktverantwortung der Anbie-ter an die Bürger/innen weitergeben

Aufgrund der Übertragung der Produktverantwortung nach §§ 22 bis 24 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz an Hersteller und Vertreiber wer-den die Kommunen nach Maßgabe entsprechender gesetzlicher Regelun-gen von der Abfallbeseitigungspflicht für diese Produktgruppen befreit. Als Beispiele seien Reglungsbereiche genannt:

- Batterieverordnung (BattV): Handel hat Rücknahme- und Kunden-Informationspflicht, nur noch beschränkte Erfassung durch Kommu-ne, Verwertung und Beseitigung durch Hersteller.

Kostenverantwort-lichkeiten

Kostenent-lastungen

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11. Verbraucherfreundliche Gestaltung der Abfallwirtschaft 131

- Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG, „geteilte Produktver-antwortung“): Kommune bzw. der Gebührenzahler trägt die Kosten für Sammlung und Vorsortierung, Hersteller die Kosten des Abtrans-ports und der Verwertung bzw. Beseitigung. Hier sollten Kommunen auch die Ausnahmeoption des ElektroG zur Eigenverwertung speziel-ler Gerätekategorien (insbesondere bei Haushaltsgroßgeräten) ge-winnbringend nutzen.

Die sich insgesamt ergebenden Kostenentlastungen sollten an die Bür-ger/innen weitergegeben werden.

Begründung:Eine Doppelbelastung der Bürger/innen muss vermieden werden. Es ist davon auszugehen, dass Verbraucher/innen schon beim Kauf an der La-denkasse mit den Kosten der den Anbietern übertragenen Pflichten zur Verwertung bzw. Beseitigung entsprechender Altprodukte belastet werden.

6. Durch Kooperationen, kostengünstige Lösungen und Einsatz der Instrumente nach Landesabfallgesetz die Gebühren begrenzen

Das Landesabfallgesetz NRW enthält eine Reihe von Vorgaben und Rechtsgrundlagen für kommunale abfallwirtschaftliche Instrumente und Entscheidungen, die zu einer gesellschaftlich gerechteren Verteilung und insgesamt zu einen Verminderung der Kostenbelastung der Verbraucher für die notwendige Entsorgungsinfrastruktur führen können. Im Einzel-nen sollte die Umsetzung folgender Maßnahmen bzw. Vorgaben geprüft werden:

- § 1, Abs. 3 Satz 2 :„Kostengünstige Lösungen sind anzusteben“. - § 4a, Abs. 1: Getrennthaltungspflicht von Abfällen zur Verwertung

und Abfällen zur Beseitigung an der Anfallstelle auch für Gewerbe und Industrie.

- § 4a, Abs. 2: Anordnung der umweltverträglicheren Beseitigungvon Abfällen zur „Scheinverwertung“.

- § 5, Abs. 5: Andienungspflicht von Abfällen zur Beseitigung aus In-dustrie und Gewerbe, soweit überwiegende öffentliche Interessen an Bestand und Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsor-gungseinrichtungen dies erfordern.

- § 5a, Abs. 2, Nr. 6: Kooperationen unter den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern.

- § 9, Abs. 2, Sätze 4 und 5: Berücksichtigung öffentlicher Belangebei der Gebührenbemessung: Querfinanzierungsmöglichkeiten sowie Grund- und Mindestgebühren, zu denen auch Gewerbe und Industrie nach Leistungsfähigkeit und (ggf. zurückliegendem) Nutznießen he-rangezogen werden sollten (z. B. für Deponienachsorgekosten und Fixkostenanteile für vorzuhaltende Entsorgungsanlagen).

Kostengünstige Lösungen

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132 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

Allerdings muss bei der Anwendung o. g. gebührenrechtlicher Instrumen-te streng darauf geachtet werden, dass § 9, Abs. 2, Satz 3 LAbfG („Mitdem Gebührenmaßstab sollen wirksame Anreize zur Vermeidung und Verwertung geschaffen werden.“) nicht konterkariert wird. Abfallver-meidung muss sich lohnen! Ansonsten wäre die Motivation der Bür-ger/innen zur Mitwirkung gefährdet. Insbesondere das Verwertungs- und Vermeidungsengagement der Eigenkompostierer sollte durch spürbare Gebührenabschläge gefördert werden. Allgemeine Anforderungen der Verbraucherzentrale NRW an Abfallgebühren-Modelle wurden unter Eckpunkt 1 vorgestellt.

Begründung:Ohne wirksame Maßnahmen für eine gesellschaftlich gerechtere Vertei-lung der Abfallentsorgungskosten und einer damit verbundenen Entlas-tung der Verbraucher, wird die Akzeptanz für das gesamte Abfallentsor-gungssystem mittelfristig gefährdet. Infolgedessen wäre ein Einbrechen der bis dato i. d. R. hohen Mitwirkungsbereitschaft der Bürger/innen an den Maßnahmen einer geregelten Abfallentsorgung zu erwarten und so-mit der Bestand und die Funktionstüchtigkeit der Abfallentsorgung ins-gesamt in Frage gestellt.

7. Eigenkompostierung zum Vermeiden und Verwerten von Bioab-fall sowie als umweltpädagogische Maßnahme in Kindergär-ten/Schulen fördern

Eigenkompostierung sollte als kostengünstigste und für die beteiligten Bürger/innen mit konkreten Naturerfahrungen und Erfolgserlebnissen verbundene Vermeidungs- und Verwertungsmaßnahme von Bioabfällen gefördert werden. Information, Beratung und entsprechende umweltpä-dagogische Angebote hierzu bieten die Abfall- und Umweltberater/innen der Verbraucherzentrale NRW an. Abfallvermeidung durch Eigenkom-postierung muss sich auch lohnen.

Begründung:Als besonders kostengünstige und umweltpädagogisch wertvolle Ver-meidungs- bzw. Verwertungsmaßnahme sollten die Potenziale der Ei-genkompostierung ausgeschöpft werden. Der Anschluss- und Benut-zungszwang für die Biotonne wird durch das Landesabfallgesetz nicht vorgeschrieben und sollte zurückhaltend eingesetzt werden – auch um möglichst hochwertige Kompostqualitäten zu erhalten. Eigenkompostie-rer sollten für Ihre Verwertungsbemühungen daher finanzielle Anreize erhalten.

In § 9 Abs. 2, Satz 3 LAbfG werden Anreize zur Vermeidung und Ver-wertung für die kommunalen Gebührensatzungen vorgeschrieben. Die Entlastung der Eigenkompostierer kann aber nicht bis zu einer völligen Befreiung von der Mitfinanzierung der Infrastruktur für eine Verwertung

Eigenkom-postierung

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11. Verbraucherfreundliche Gestaltung der Abfallwirtschaft 133

der Organikfraktion gehen, da auch sie meist nicht alle Biomüllbestand-teile auf dem Komposthaufen verwerten (z. B. Speisereste, Wildkräuter mit Samen, Rasen- und Baumschnitt in größeren Mengen). Zudem wären anderenfalls soziale Ungerechtigkeiten nicht zu vermeiden, da die verbleibenden Nicht-Kompostierer alle Kosten alleine zu tragen hätten.

8. Vorbildfunktion der öffentlichen Hand und Dritter im öffentlichen Raum konsequent umsetzen

Nach LAbfG § 2, Abs. 1 sollen auch die Kommunen durch ihr Verhalten bei der Beschaffung oder Verwendung von Arbeitsmaterialien, Ge- und Verbrauchsgütern sowie Bauvorhaben zur Erfüllung der Ziele des Lan-desabfallgesetzes beitragen. Auch sollen Kommunen Dritte bei Benut-zung öffentlicher Einrichtungen oder Grundstücke durch Benutzungssat-zungen oder Benutzungsverträge auf entsprechendes Vorbildverhalten verpflichten. So sollte z. B. der Gebrauch von Mehrweggeschirr in öf-fentlichen Einrichtungen und auf öffentlichen Grundstücken in den Nut-zungsverträgen vorgeschrieben werden.

Begründung:Die Verbraucherzentrale NRW begrüßt eine konsequente Umsetzung der Vorbildfunktion der öffentlichen Hand u. a. aus umweltpädagogischen Gründen. Die Bürger/innen würden kaum zu eigenem abfallvermeiden-dem und ressourcenschonendem Verhalten im Sinne des § 1, Abs. 1, Satz 3 motiviert, wenn beispielsweise beim Stadtfest auf dem Marktplatz Ge-tränke in Dosen ausgegeben würden.

9. Anbieterunabhängige Abfall- und Umweltberatung für Verbrau-cher nach § 3 Landesabfallgesetz NRW sichern

Das kommunale Abfallwirtschaftskonzept soll unter Beachtung der Ziele des Landesabfallgesetzes erstellt werden (LAbfG § 5a, Abs. 1). Diese werden wie folgt definiert: „...Förderung einer möglichst abfallarmen Kreislaufwirtschaft zur Schonung der natütlichen Ressourcen und die Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen.“ (LAbfG § 1, Abs. 1, Satz 1) „Alle Bürgerinnen und Bürger sollen durch ihr Verhal-ten zur Verwirklichung der Ziele dieses Gesetzes beitragen.“( LAbfG § 1, Abs. 1, Satz 3) Die Verbraucherzentrale NRW begrüßt den Appell an alle Bürger/innen, an der Verwirklichung der Ziele des Gesetzes mitzu-wirken. Allerdings müssen die Bürger/innen auch auf einen stets aktuel-len entsprechenden Informationsstand gebracht und zu dem erwarteten umsichtigen Konsum- und Entsorgungsverhalten motiviert werden. Hier-zu sieht das Landesabfallgesetz die „ortsnahe(n) Information und Bera-tung über die Möglichkeiten der Vermeidung und der Verwertung von Abfällen“ vor (LAbfG § 3) das auf KrW/AbfG § 38 Abfallberatungs-pflicht basiert.

Vorbildfunktion

Abfall- und Umweltberatung

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134 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

Im Rahmen ihres Angebots Abfall- und Umweltberatung für Verbrau-cher/innen trägt die Verbraucherzentrale NRW die Ziele des kommuna-len Abfallwirtschaftskonzeptes an die Bürger/innen heran und fördert zukunftsfähiges Konsum- und korrektes Entsorgungsverhalten mit kon-kreter, handlungsorientierter Informationen und Beratung. Besondere Schwerpunkte der Abfall- und Umweltberatung – unterstützt durch die zentrale Gruppe Umwelt in der Geschäftsstelle der Verbraucherzentrale NRW – liegen dabei u. a. bei der Umsetzung folgender konkreter Zielbe-stimmungen des Landesabfallgesetzes (§ 1, Abs. 1, Satz 2) durch die beispielhaft dahinter genannten Maßnahmen:

- „Abfallarme Produktion und Produktgestaltung“: Anreiz zum Angebot abfallarmer Produkte und Dienstleistungen durch gezielte Unterstützung der Nachfrage nach entsprechenden Produkten.

- „Schadstoffarme Produkte“: Unterstützung von Nachfrage und Angebot, z. B. durch die Schaffung von Markttransparenz mittels Durchführung von MarktChecks.

- „Langlebige und reparaturfreundliche Produkte“: Unterstützung von Nachfrage und Angebot, z. B. durch Erstellung und Verbreitung von Reperaturführern.

- „Vermeidung und Verringerung von Schadstoffen in Abfällen“:Unterstützung der Schadstoffvermeidung schon beim Einkauf sowie der Sondermüll-Sammlung.

- „Ordungsgemäße, schadlose und möglichst hochwertige Verwer-tung nicht vermeidbarer Abfälle“: Information über Rückgabe-pflichten und -rechte bei Altprodukten, Förderung des richtigen Ent-sorgungsverhaltens, Aktionen gegen „wilden Müll“.

- „Flächendeckende, getrennte Erfassung und Verwertung der bi-ogenen Abfälle“: Förderung der Eigenkompostierung sowie Förde-rung des Einsatzes von Kompostprodukten, ggf. Begleitung der Bio-tonneneinführung.

- „Wiederverwendung von Stoffen und Produkten“: Information über in der Region abgefüllte Mehrweg-verpackte Getränke (Ein-kaufslisten Mehrweg aus der Region), Förderung von ressourcen-schonendem Konsum (z. B. regionale Branchenführer: Mieten, Lei-hen, Teilen, Tauschen, Secondhand, Reparieren).

Im Bereich umweltpädagogischer Maßnahmen (Schulen, Kindergärten) und außerschulischer Erwachsenenbildung (Volkshochschule, Familie-bildungsstätte, Kirchengemeinden, Vereine, Verbände) bieten die Abfall- und Umweltberatern/innen der Verbraucherzentrale NRW Unterrichtsbe-suche, Demonstrationen, Vorträge und Ausstellungen z. B. zu folgenden abfallbezogenen Themen an: Abfälle richtig sortieren und sicher entsor-gen, abfallarm einkaufen, Mehrweggetränke aus der Region, Nutzen statt verbrauchen (Mieten, Tauschen, Secondhand, Reparieren), Kompostie-ren, umweltverträglich Gärtnern mit Kompost statt Torf, Recyclingpa-pier, Batterierückgabe und richtige Akku-Nutzung, Altkleiderverwer-

Umweltpädagogische Maßnahmen undaußerschulische

Erwachsenenbildung

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11. Verbraucherfreundliche Gestaltung der Abfallwirtschaft 135

tung/Textilien, umweltverträgliche Schulmaterialien, gesund und um-weltverträglich Heimwerken ohne Sondermüll.

Begründung:Gerade in Zeiten rasanter Veränderungsprozesse in der Abfallwirtschaft ist zur Umsetzung abfallpolitischer Ziele – die auch auf effektive Abfall-sammlung und -verwertung sowie Ressourcenschutz abheben – eine von Anbietern und Entsorgungswirtschaft unabhängige Abfall- und Umwelt-beratung wichtig. Eine solche Organisationsform der Abfallberatung nach § 3 LAbfG kann abfallpolitische Ziele glaubwürdig, d. h. anbieteru-nabhängig und handlungsorientiert an die Bürger/innen herantragen. Eine besondere Zielgruppe sind dabei Kinder und Jugendliche. Für sie ist ein frühzeitiges Heranführen an abfallbezogene Themen erfolgversprechend, von denen sie direkt betroffen sind (u. a. umweltverträgliche Schulmate-rialien, Batterien/Akkus, Recyclingpapier).

Diese Aufgaben wird die Abfall- und Umweltberatung der Verbraucher-zentrale NRW – immer in enger Kooperation mit Verwaltung und Ent-sorgungsbetrieben – auch in den kommenden Jahren mit Engagement für die Bürger/innen übernehmen. Die Einbeziehung der Verbraucherzentra-le NRW in die Abfallberatung nach § 3 LAbfG für die Verbraucher/innen stellt im Übrigen eine Entsprechung zur analogen Einbeziehung der Handwerkskammern und Industrie- und Handelskammern in die Abfall-beratung für die Wirtschaftsbetriebe dar.

11.4 Verbraucheraspekte zum Thema „Eintonnen-Sammlung“

Aus Sicht der Verbraucherzentrale NRW sind bei Überlegungen zur Ein-führung einer Eintonnen-Sammlung („Zebra-Tonne“) folgende Punkte zu berücksichtigen bzw. zu diskutieren:

11.4.1 Übergreifende Aspekte

Trennleistung der Haushalte: Die Bürger und Bürgerinnen erbringen heute – in der überwiegenden Anzahl – mit der in den privaten Haus-halten praktizierten Abfalltrennung beachtliche Beiträge zu einer um-weltverträglichen Abfallentsorgung. Dieses – zunehmend auch gesetz-lich verordnete – Engagement ist die Basis für hochwertige Verwer-tungswege im Rahmen der politisch gewollten Kreislaufwirtschaft. In-sofern ist das Abfalltrennen der Bürger als – gesellschaftlich geforderte und geförderte – Wirtschaftsdienstleistung der privaten Haushalte zu verstehen. Abfalltrennen macht Arbeit, ggf. Umstände und kostet Zeit und Geld (z. B. für geeignete Sammelbehältnisse).

Outsourcing der Abfalltrennung: Mit Einführung einer Eintonnen-Sammlung würde die – bisher durch die Bürgerinnen und Bürger er-brachte – Trenndienstleistung aus den privaten Haushalten „outgesour-ced“ werden: Die für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft erforder-

Übergreifende Aspekte der Eintonnen-Sammlung

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136 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

liche und politisch gewollte Abtrennung der verwertbaren Abfallfrakti-onen würde von den Haushalten als High-Tech-Dienstleistung einge-kauft werden.

Verunsicherung: Die z. T. öffentlich geführte Diskussion sowie ent-sprechende Presseberichte über eine machbare Eintonnen-Sammlung und High-Tech-Sortierung können die Bürger verunsichern, wie sinn-voll die – heute praktizierte – Abfalltrennung ist. Darunter kann die er-reichte Trennqualität effektiv leiden, auch bei der Sortenreinheit der Altpapiererfassung.

Klare Signale: Den Bürgern muss klar kommuniziert werden, dass gute Abfalltrennung im Haushalt sinnvoll und erwünscht ist, solange die ge-trennte Sammlung von Haushaltsabfällen das praktizierte Entsorgungs-system ist.

Trennqualität steigern: Die Abfall- und Umweltberatung der Verbrau-cherzentrale NRW führt in Kooperation und Absprache mit Entsorgern, Wohnungsbaugesellschaften und anderen Akteuren spezielle Aktionen zur Steigerung der Abfalltrennqualität in problematischen Wohngebie-ten mit für diese Zielgruppen entwickelten Medien und Methoden durch (u. a. mehrsprachige visuelle Info-Folder und multimediale Aus-stellungen).

11.4.2 Positive Aspekte

Vereinfachung: Vereinfachung der Hausmüllentsorgung durch Wegfal-len der Sortier-Erfordernis für die separate Verpackungsmüll-Entsorgung.

Entlastung: Durch Wegfallen der (teilweise in gelben Säcken erforderli-chen) Zwischenlagerung der Verpackungsabfälle werden die Haushalte entlastet.

Platzersparnis: Durch Wegfallen des ggf. für die Verpackungsabfall-Tonne erforderlichen Standplatzes wird ein Tonnen-Stellplatz einge-spart (wird durch entsprechend erforderliches größeres Eintonnen-Volumen z. T. wieder aufgehoben).

11.4.3 Kritische Aspekte

Akzeptanzfrage: Da der „Grüne Punkt“ und die Mitwirkung der Haus-halte bei der separaten Sammlung von Verpackungsabfällen von Seiten der DSD AG und der Umweltpolitik als erfolgreiches Beispiel für Re-cycling und Ressourcenschonung eingeführt und dargestellt werden, erwarten wir bei Einführung einer Eintonnen-Sammlung erhebliche Irritationen und Akzeptanzprobleme.

Trennung weiterhin erforderlich: Auch nach Einführung einer „Ein-tonnen-Sammlung“ wäre voraussichtlich weiterhin die Trennung und separate Sammlung von Altpapier mit Papier- und Papp-Verpackungen

Positive Aspekte der Eintonnensammlung

Kritische Aspekte der Eintonnen-

sammlung

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11. Verbraucherfreundliche Gestaltung der Abfallwirtschaft 137

sowie Altglas für eine möglichst hochwertige, sortenreine Verwertung erforderlich.

Biogene Abfälle: Da die bisher durchgeführten erfolgreichen Versuche mit hochtechnisierten Trennanlagen u. W. mit Hausmüll ohne biogene Stoffen durchgeführt wurden, müsste diese Abfallfaktion – vor einer Umstellung auf Eintonnen-Sammlung – möglichst vollständig z. B. über eine zusätzlich einzuführende Biotonne abgetrennt werden. Hier-durch würden die o. g. Vorteile einer Eintonnen-Sammlung z. T. wie-der aufgehoben werden.

11.4.4 Offene Fragen

Investitionsbedarf und -risiko: Gerade die privaten Haushalte haben in den vergangenen Jahren erhebliche Investitionen in den erforderlichen Ausbau der Abfallentsorgungsinfrastruktur über Abfallgebühren finan-ziert. Daher muss hier die Grenze der Belastbarkeit gewahrt werden. Vor diesem Hintergrund wäre aus Verbrauchersicht nicht akzeptabel, wenn durch Einführung einer Eintonnen-Sammlung erforderliche In-vestitionen oder Investitionsrisiken zusätzlich über Abfallgebühren von den privaten Haushalten zu tragen wären. Da in diesem Fall aber die – im Vergleich zur Verpackungsfraktion – erheblich größere Restmüll-fraktion in geeigneten hoch technisierten (und entsprechend teuren) Sortieranlagen mit behandelt werden müsste, sind entsprechende zu-sätzliche Kosten für die Restmüllentsorgung zu erwarten. Nach dem in der Verpackungsverordnung definierten Verursacherprinzip sind nur die verpackungsspezifischen Sammel- und Sortierkosten über DSD von den Herstellern zu tragen.

Offene Fragen bei der Eintonnen-sammlung

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139

12 ANHANG

12.1 KIDA-Workshop „Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft“

18. Oktober 2006, VDI-Haus, Graf-Recke-Str. 84, Düsseldorf

12.1.1 Programm

09.30 Beginn der Veranstaltung, Einführung

09.40 Nachhaltigkeit in der Abfallwirtschaft Von der Daseinsvorsorge zur Nachhaltigkeit in der Abfallwirtschaft

Rainer Lucas, Wuppertal Institut, Wuppertal Integration von Nachhaltigkeit in die Abfallwirtschaftspraxis

Hartmut Schug, Zukünftige Technologien Consulting (ZTC), Düsseldorf Nachhaltigkeit in der Abfallwirtschaftspraxis am Beispiel Abfallwirtschaftsbetrieb

Landkreis Ammerland Jörg Schelling, Abfallwirtschaftsbetrieb Landkreis Ammerland, Westerstede

11.00 Kooperation in der Abfallwirtschaft Kooperationen in der Abfallwirtschaft aus der Sicht von kleinen und mittleren Unter-

nehmen Dr. Thomas Probst, Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e. V., Bonn

Kompetenzzentrum für Entsorgungstechnik und Kreislaufwirtschaft – eine kreislauf-wirtschaftliche Kooperation entlang der Wertschöpfungskette Harald Wirtz, Wirtschaftsförderungszentrum Ruhr für Entsorgungs- und Verwer-tungstechnik e. V., Lünen

Kommunale Kooperationen in der Abfallwirtschaft am Beispiel des Kreises Mettmann Dr. Hermann-Josef Waldapfel, Umweltamt, Kreis Mettmann

12.30 Mittagspause

13.15 Zukünftige Entwicklung der Abfallwirtschaft Potenziale und Grenzen der Szenario-Analyse

Dr. Carsten Krück, Zukünftige Technologien Consulting (ZTC), Düsseldorf Die Zukünfte der Abfallwirtschaft – KIDA-Szenario-Analyse

Hartmut Schug, Zukünftige Technologien Consulting (ZTC), Düsseldorf Die KIDA-Szenario-Analyse aus der Sicht der Deutschen Umwelthilfe

Eva Leonhardt, Deutsche Umwelthilfe, Berlin

14.15 Kaffeepause

14.45 Organisation und Durchführung abfallwirtschaftlicher Aufgaben: Fallbeispiele AWRW und Kreis Mettmann

Weiterentwicklung des Abfallwirtschaftsvereins Region Rhein-Wupper e. V. Olaf Schmidt, AWRW, Düsseldorf

Optimierung abfallwirtschaftlicher Aufgaben durch Kooperationen am Beispiel des Kreises Mettmann Hans-Jürgen Serwe, Kreis Mettmann

Verbraucherfreundliche Gestaltung der Abfallwirtschaft Björn Rickert, Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e. V., Düsseldorf

16.15 Abschlussdiskussion

16.30 Ende der Veranstaltung

Moderation: Hartmut Schug, Zukünftige Technologien Consulting (ZTC)

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140 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

12.1.2 Referentenprofile

Dr. Carsten Krück

Politikberater, Zukünftige Technologien Consulting (ZTC) der VDI Technologiezentrum GmbH

ZTC bietet integriertes Strategie-, Technologie- und Innovationsmana-gement. Das Leistungsangebot umfasst insbesondere technologiepoliti-sche Beratungserfahrung und technologische Kompetenz mit einer The-menbreite von Akzeptanzuntersuchungen bis hin zu Zukunftsfragen, pro-jektbegleitende Evaluation, Koordination internationaler Netzwerke so-wie die Umsetzung integrativer technikbegleitender Maßnahmen.

Zukünftige Technologien Consulting der VDI Technologiezentrum GmbH Graf-Recke-Str. 84, 40239 Düsseldorf www.zt-consulting.de

Eva Leonhardt

Projektleiterin Kreislaufwirtschaft, Deutsche Umwelthilfe e. V.

Die Deutsche Umwelthilfe e. V. ist ein gemeinnütziger, unabhängiger Natur- und Umweltschutzverband. Ziel ist die Förderung von Natur- und Umweltschutz sowie die aufklärende Verbraucherberatung. Die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) versteht sich als Dienstleistungsverband und verfolgt einen kooperativen Ansatz. Umweltprojekte werden im Rahmen von Projektnetzwerken in Zusammenarbeit mit anderen Verbänden, Wirtschaftsunternehmen und Kommunen durchgeführt. Zentraler Be-standteil der Arbeit ist die Vermittlung von Informationen und die Um-setzung von Modellprojekten. Die Deutsche Umwelthilfe ist einer der führenden Umweltverbände Deutschlands.

Deutsche Umwelthilfe e. V., Hackescher Markt 4, 10178 Berlin www.duh.de

Rainer Lucas

Projektleiter in der Forschungsgruppe „Stoffströme und Ressourcenma-nagement“, Wuppertal Institut

Die Forschungsgruppe „Stoffströme und Ressourcenmanagement“ unter-sucht Stoffströme vom Rohstoffabbau bis zur Abfallentsorgung unter Einbeziehung des globalen „Ökologischen Rucksacks“ und der Flächen-nutzung. Sie entwickelt Konzepte, Strategien und Instrumente zur Erhö-hung der Ressourcenproduktivität und eines nachhaltigen Ressourcen-managements. Die Arbeitsschwerpunkte von Rainer Lucas sind Nachhal-tigkeitsstrategien in der Veranstaltungswirtschaft, Innovation und Kom-munikation in regionalen und lokalen Netzwerken, nachhaltige Infra-

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12. Anhang 141

strukturentwicklung mit dem Schwerpunkt Abfallwirtschaft. Seine ab-fallwirtschaftlichen Veröffentlichungen sind als Download unter www.daseinsvorsorge.com verfügbar.

Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie GmbH Döppersberg 19, 42103 Wuppertal www.wupperinst.org

Dr. rer. nat. habil. Thomas Probst

Fachreferent beim Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse) für die Themen Kunststoffrecycling, Sonderabfallwirtschaft, bio-gene Abfallstoffe sowie Deponierung. Geschäftsführer der RAL-Gütegemeinschaft Recyclate aus Standardpolymeren e. V. (GRS/RAL)

Der bvse steht für die Erhaltung der Umwelt und die Schonung von Roh-stoff-Reserven. Er setzt sich ein für die Erhaltung funktionsfähiger Stoff-kreisläufe, für die Schaffung und Beibehaltung offener Märkte, für ver-lässliche Partner bei der Erfassung, Aufbereitung und Vermarktung von Sekundärrohstoffen, für einen hohen Qualitäts- und Qualifikationsstan-dard in der Entsorgungsbranche, für einen einheitlichen Gesetzesvollzug sowie für harmonisierte internationale Umweltstandards. Der Verband versteht sich als „Sprachrohr des Mittelstandes“: Im bvse sind über 600 vorwiegend mittelständisch strukturierte Unternehmen der Recycling-wirtschaft organisiert.

Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e. V. (bvse) Hohe Str. 73, 53119 Bonn www.bvse.de

Björn Rickert

Umweltreferent, Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e. V.

Die Verbraucherzentrale NRW ist eine anbieterunabhängige, überwie-gend öffentlich finanzierte, gemeinnützige Organisation. Ziel ihrer Arbeit ist es, Verbraucherinnen und Verbraucher in Fragen des privaten Kon-sums zu informieren, zu beraten und zu unterstützen, z. B. durch Schaf-fung eines Überblicks bei unübersichtlichen Angebotsmärkten oder kom-plexen Marktbedingungen sowie durch Benennung von Gesundheits- oder Umweltaspekten, die Kaufentscheidungen beeinflussen können. Im Bereich Abfallwirtschaft führt die Verbraucherzentrale NRW die Abfall-beratung für die Bürger im Auftrag der jeweiligen Kommunen in 17 Städten und zwei Kreisen mit spezialisierten Beratungskräften im Rah-men des Angebots Abfall- und Umweltberatung für Verbraucher durch.

Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e. V., Mintropstr. 27, 40215 Düsseldorf www.verbraucherzentrale-nrw.de

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142 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

Jörg Schelling

Stellvertrendender Werksleiter, Abfallwirtschaftsbetrieb Landkreis Ammerland

Der Abfallwirtschaftsbetrieb (AWB) ist als Eigenbetrieb des Landkreises Ammerland umfassend für die Aufgaben der Abfallwirtschaft zuständig. Wesentlicher Leistungsinhalt ist hier die Sammlung und Behandlung der Abfälle von 116.000 Einwohnern. Am Standort der Zentraldeponie Mansie verfügt der AWB über eine TASi-konforme Deponie, eine mechanische Abfallvorbehandlungsanlage und ein Kompostwerk. Der Betrieb dieser An-lagen erfolgt auf der Grundlage von Dienstleistungs- und Betreiberverträ-gen. Im Rahmen von Zweckvereinbarungen wurden dem Landkreis Am-merland die Behandlung der Restabfälle des Landkreises Oldenburg sowie die Deponierung der mechanisch-biologisch vorbehandelten Restabfälle der Stadt Oldenburg und des Landkreises Aurich übertragen. Als Auftraggeber zuständig ist der AWB ferner per Zweckvereinbarung für die Behandlung der heizwertreichen Abfälle dreier mechanisch-biologischer Abfallbehand-lungsanlagen (MBA) bzw. insgesamt zehn entsorgungspflichtiger Gebiets-körperschaften mit rd. 1,2 Mio. Einwohnern.

Abfallwirtschaftsbetrieb Landkreis Ammerland, Ammerlandallee 12, 26655 Westerstede www.awb-ammerland.de

Olaf Schmidt

Geschäftsführer, Abfallwirtschaft Region Rhein-Wupper e. V. (AWRW)

Der AWRW ist ein Zusammenschluss der Städte und Kreise sowie von drei Industrie- und Handelskammern des Regierungsbezirks Düsseldorf. Ziel ist die Zusammenarbeit und die Förderung der regionalen Abfall-wirtschaft. Das Vereinsgebiet umfasst den Regierungsbezirk Düsseldorf, in dem über 5 Millionen Einwohner leben.

Abfallwirtschaft Region Rhein-Wupper e. V., Henkelstr. 164, 40589 Düsseldorf www.awrw.de

Hartmut Schug

Technologieberater, Zukünftige Technologien Consulting (ZTC) der VDI Technologiezentrum GmbH

ZTC bietet integriertes Strategie-, Technologie- und Innovationsmana-gement. Das Leistungsangebot umfasst insbesondere technologiepoliti-sche Beratungserfahrung und technologische Kompetenz mit einer The-menbreite von Akzeptanzuntersuchungen bis hin zu Zukunftsfragen, pro-jektbegleitende Evaluation, Koordination internationaler Netzwerke so-wie die Umsetzung integrativer technikbegleitender Maßnahmen.

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12. Anhang 143

Zukünftige Technologien Consulting der VDI Technologiezentrum GmbH Graf-Recke-Str. 84, 40239 Düsseldorf www.zt-consulting.de

Hans-Jürgen Serwe

Umweltdezernent, Kreis Mettmann

Der Kreis Mettmann umfasst seit Abschluss der kommunalen Neugliede-rung in den Jahren 1975/1976 die zehn Städte Erkrath, Haan, Heiligen-haus, Hilden, Langenfeld, Mettmann, Monheim am Rhein, Ratingen, Velbert und Wülfrath. Der Kreis Mettmann ist für die Entsorgung des Abfalls von über 500.000 Einwohnern zuständig; das Einsammeln und Transportieren des Abfalls liegt im Zuständigkeitsbereich der kreisange-hörigen Städte. Der Kreis ist seit Anfang 2006 Mitglied des abfallwirt-schaftlichen Zweckverbandes EKOCity. Er ist außerdem an einer Kom-postierungsanlage zusammen mit der Stadt Düsseldorf und einem priva-ten Dritten beteiligt.

Kreis Mettmann – Dezernat V: Umwelt, Planung, Wirtschaftsförderung, Vermessungs- und Katasteramt, Düsseldorfer Str. 26, 40822 Mettmann www.kreis-mettmann.de

Dr. Hermann-Josef Waldapfel

Mitarbeiter im Sachgebiet Abfallwirtschaft des Umweltamtes des Kreises Mettmann

Als Untere Abfallwirtschaftsbehörde ist der Kreis Mettmann für die Be-ratung und die Überwachung der ordnungsgemäßen Abfallentsorgung von Gewerbebetrieben zuständig. Darüber hinaus fällt die Zulassung von kleineren Boden- und Bauschuttdeponien sowie die Erteilung von Aus-nahmegenehmigungen zur Entsorgung von Abfällen außerhalb zugelas-sener Anlagen in den Zuständigkeitsbereich des Kreises Mettmann. Im Rahmen von bau- und immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsver-fahren überwacht der Kreis Mettmann die Einhaltung der abfallrechtli-chen Vorschriften.

Kreis Mettmann – Umweltamt Düsseldorfer Str. 26, 40822 Mettmann www.kreis-mettmann.de

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144 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

Harald Wirtz

Projektmanager des Wirtschaftsförderungszentrum Ruhr für Entsor-gungs- und Verwertungstechnik e. V.

Der Wirtschaftsförderungszentrum Ruhr für Entsorgungs- und Verwer-tungstechnik e. V. wurde gegründet zur Förderung der Kreislauf- und Entsorgungswirtschaft im Ruhrgebiet insbesondere durch Erschließung von Auslandsmärkten, Bündelung regionaler Kreislaufwirtschaftskompe-tenz, Entwicklung neuer Geschäftsfelder und Geschäftsmodelle, Förde-rung von Forschung und Entwicklung, Weiterentwicklung der nachhalti-gen Kreislaufwirtschaft, Imageverbesserung der Kreislauf- und Entsor-gungswirtschaft im Ruhrgebiet, Aus-, Fort- und Weiterbildung der Mit-glieder und ihrer Mitarbeiter, Erfahrungsaustausch auf technischer und wirtschaftlicher Basis unter den Mitgliedern sowie der Interessenvertre-tung gegenüber politischen, staatlichen und sonstigen Organisationen.

Wirtschaftsförderungszentrum Ruhr für Entsorgungs- und Verwertungs-technik e. V., Heinrichstrasse 51, 44536 Lünen www.wfz-ruhr.de

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12. Anhang 145

12.1.3 Teilnehmer

Rudolf Alsdorf Schönmackers Umweltdienste GmbH & Co. KG, Kempen

Christiane Köth ITB – Institut Technik und Bildung, Universität Bremen

Dr. Horst Bröhl-Kerner Recyclingzentrum Frankfurt

Rosemarie Christian-Bickelhaupt Hessisches Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucher-schutz, Wiesbaden

Bernd Dillbohner AWG Abfallwirtschaftsgesellschaft mbH Wuppertal, Wuppertal

Dr. Ernst-Joachim GroscheWirtschaftsbetriebe Lünen GmbH

Dr. Hildebrand von HundtWirtschaftsförderungszentrum Ruhr für Entsorgungs- und Verwertungs-technik e. V., Lünen

Siegfried Kalmbach Umweltbundesamt, Dessau

Dr. Carsten Krück Zukünftige Technologien Consulting (ZTC) der VDI Technologiezentrum GmbH, Düsseldorf

Eva Leonhardt Deutsche Umwelthilfe e. V., Berlin

Hans-Werner Leonhardt Abfallwirtschaft Region Rhein-Wupper e. V., Düsseldorf

Rainer Lucas Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie GmbH, Wuppertal

Dr. Ralph Jürgen PetersVDI Technologiezentrum GmbH, Düsseldorf

Dr. Thomas Probst Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e. V. (bvse), Bonn

Petra Heckel Bahn Umwelt Zentrum – Deutsche Bahn AG, Frankfurt/Main

Björn Rickert Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e. V., Düsseldorf

Jörg SchellingAbfallwirtschaftsbetrieb Landkreis Ammerland, Westerstede

Olaf Schmidt Abfallwirtschaft Region Rhein-Wupper e. V., Düsseldorf

Werner Schmidt Bezirksregierung Düsseldorf, Düsseldorf

Dr. Achim W. Schröter VKS im VKU, Köln

Hartmut Schug Zukünftige Technologien Consulting (ZTC) der VDI Technologiezentrum GmbH, Düsseldorf

Hans-Jürgen Serwe Kreis Mettmann, Mettmann

Dr. Karl-Heinz Striegel Landesumweltamt NRW, Düsseldorf

Dr. Hermann-Josef WaldapfelUmweltamt Kreis Mettmann, Mettmann

Thomas WernerZukünftige Technologien Consulting (ZTC) der VDI Technologiezentrum GmbH, Düsseldorf

Harald Wirtz Wirtschaftsförderungszentrum Ruhr für Entsorgungs- und Verwertungs-technik e. V., Lünen

Dr. Dr. Axel ZweckZukünftige Technologien Consulting (ZTC) der VDI Technologiezentrum GmbH, Düsseldorf

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146 Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

12.2 KIDA – Kooperation in der Abfallwirtschaft

AusgangslageDie Abfallwirtschaft in Deutschland befindet in einer großen Dynamik. Unterschiedliche Ausgangsbedingungen führten je nach Region zu ver-schiedenen abfallwirtschaftlichen (Kooperations-) Modellen.

Inwieweit sich bei den aktuellen Entwicklungen abfallwirtschaftliche Strukturen etablieren werden, die dem Leitbild der Nachhaltigkeit ent-sprechen und dabei ökonomische, ökologische sowie soziale Aspekte integrieren, hat in der Debatte häufig nur eine untergeordnete Bedeutung.

Problemlösungsansatz In einem transdisziplinären und praxisbezogenen Ansatz sollen Experten aus der abfallwirtschaftlichen und -politischen Praxis sowie der For-schung gemeinsam praktisch anwendbares Orientierungs- und Hand-lungswissen zur Nachhaltigkeit in der Abfallwirtschaft erarbeiten.

Wesentliche Aspekte bei der Erfassung der zugrunde liegenden sozial-ökologischen Zusammenhänge sind die sich verändernden Beziehungen zwischen technisch-materiellen Strukturen, Stoffströmen, ökonomischen Aspekten sowie Handlungsspielräumen der beteiligten Akteure. Die rele-vanten Faktoren, die in den Bereichen Ökonomie, Ökologie, Gesellschaft und Partizipation auf eine nachhaltige Entwicklung fördernd wirken, sind zu identifizieren und zu bewerten.

Die abfallwirtschaftlichen Entwicklungen und Optionen werden in den Untersuchungsregionen in ihrer Genese dargestellt und bezüglich ihrer künftigen Konsequenzen bewertet. Durch die Identifikation von Trends und die Erstellung von Szenarien sollen die Chancen und Risiken für eine innovative, nachhaltige abfallwirtschaftliche Entwicklung benannt werden.

Die Praxispartner werden in den transdisziplinären Forschungsprozess bereits in der Phase der Entwicklung von Forschungsfragen, Problemstel-lungen und des Untersuchungsdesigns aktiv eingebunden. Der Wissen-schaft-Praxis-Transfer wird unterstützt, bei dem insbesondere die Partizi-pation und der Dialog mit Praktikern einen hohen Stellenwert besitzen.

Mit dieser unmittelbar an einer Modellregion ausgerichteten praxisnahen Forschung wird eine höchstmögliche allgemeine Verwertbarkeit der Er-gebnisse angestrebt: KIDA zielt über das analytische Systemwissen hin-aus auf die Generierung von operativem Gestaltungswissen.

Weitere Informationen sind im Internet verfügbar unter www.nachhaltige-abfallwirtschaft.de.

KIDA wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der sozial-ökologischen Forschung gefördert. Lauf-zeit: Juni 2004 – Dezember 2006.

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Innovationsbegleitung Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit, Kooperationen und die Zukünfte der Abfallwirtschaft

Hartmut Schug, Carsten Krück, Christiane Ploetz, Axel Zweck (Hrsg.)

2010

2015

2020

Zukünftige Technologien Consulting (ZTC) VDI Technologiezentrum GmbHGraf-Recke-Straße 8440239 DüsseldorfTelefon: +49 (0) 211 62 14-5 72Telefax: +49 (0) 211 62 14-1 39Email: [email protected]

www.zt-consulting.de

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