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Regionalstudie Nanotechnologie in Dresden/Sachsen C. Glauner, N. Malanowski, M. Werner, S. Henn, G. Bachmann, A. Zweck 2010 2015 2020 Zukünftige Technologien Consulting

Formate - VDI Technologiezentrum GmbH · Diese Publikation der Abteilung Zukünftige Technologien Consulting (ZTC) der VDI Technologiezentrum GmbH entstand im Rahmen des Projektes

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Regionalstudie

Nanotechnologie in Dresden/SachsenC. Glauner, N. Malanowski, M. Werner, S. Henn, G. Bachmann, A. Zweck

2010

2015

2020

Zukünftige Technologien Consulting

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Nanotechnologie in Dresden/Sachsen Regionalstudie Christoph Glauner Norbert Malanowski Matthias Werner Sebastian Henn Gerd Bachmann Wolfram Kohly Axel Zweck Herausgeber: Zukünftige Technologien Consulting der VDI Technologiezentrum GmbH Graf-Recke-Str. 84 40239 Düsseldorf

Diese Publikation der Abteilung Zukünftige Technologien Consulting (ZTC) der VDI Technologiezentrum GmbH entstand im Rahmen des Projektes „Nanotechnologie in Dresden – Status-quo und Handlungsbedarf für die Entwicklung der Potenziale der Na-notechnologie als Wachstumskern für die Region Dresden/Sachsen“ und im Auftrag des Amtes für Wirtschaftsförderung der Landeshauptstadt Dresden. Projektleitung: Dr. Dr. Axel Zweck

Durchführung: Christoph Glauner (VDI Technologiezentrum, Düsseldorf) Dr. Norbert Malanowski (VDI Technologiezentrum, Düsseldorf) Dr. Matthias Werner (NMTC, Berlin) Sebastian Henn (Institut für Geographie der Universität Halle) Dr. Gerd Bachmann (VDI Technologiezentrum, Düsseldorf) Wolfram Kohly (NMTC, Berlin)

Dank gilt einer Vielzahl von Experten, die wertvolle Beiträge und Anregungen geliefert haben. Zukünftige Technologien Nr. 60 Düsseldorf, im April 2006 ISSN 1436-5928 Für den Inhalt zeichnen die Autoren verantwortlich. Die geäußerten Auffassungen stimmen nicht unbedingt mit der Meinung des Amtes für Wirtschaftsförderung der Lan-deshauptstadt Dresden überein. Außerhalb der mit dem Auftraggeber vertraglich vereinbarten Nutzungsrechte sind alle Rechte vorbehalten, auch die des auszugsweisen Nachdruckes, der auszugsweisen oder vollständigen photomechanischen Wiedergabe (Photokopie, Mikrokopie) und das der Übersetzung.

Zukünftige Technologien Consulting (ZTC) der VDI Technologiezentrum GmbH

Graf-Recke-Straße 84 40239 Düsseldorf

Diese Studie wurde von der Europäischen Union und dem Freistaat Sachsen kofinanziert.

Inhaltsverzeichnis

ZUSAMMENFASSUNG 7

1 EINLEITUNG 13

2 METHODISCHES VORGEHEN 19

3 STATUS-QUO UND TRENDS IN DER NANOTECHNOLOGIE 25 3.1 Definition eines facettenreichen Begriffs 25 3.2 Bottom-up- und Top-down-Strategien 27 3.3 Neue Effekte durch Nanoskaligkeit 28 3.4 Thematische und strukturelle Interdisziplinarität 29 3.5 Wachstumsmarkt Nanotechnologie 36 3.6 Deutschland im internationalen Vergleich 40

4 EINFÜHRUNG REGIONALE CLUSTER 49 4.1 Das Cluster-Konzept 49 4.2 Cluster-Konzepte in der Raumordnungs- und Strukturpolitik 53 4.3 Möglichkeiten und Grenzen einer clusterorientierten Wirtschaftspolitik 54

5 DRESDEN – WIRTSCHAFTSMETROPOLE IN SACHSEN 57 5.1 Freistaat Sachsen 57 5.2 Landeshauptstadt Dresden 59

6 DARSTELLUNG DER VERGLEICHSREGIONEN 63 6.1 Hamburg und Schleswig-Holstein 63 6.2 Saarland 65 6.3 Berlin 70 6.4 Hessen 74

7 NANOTECHNOLOGIE IN DER REGION DRESDEN/SACHSEN 79 7.1 Status-quo-Analyse der Region Dresden/Sachsen 79 7.2 Standortfaktoren und -bedingungen in der Region Dresden/Sachsen 85 7.3 Finanzierung 90 7.4 Humankapital und Qualifikation 107 7.5 Kooperationen und Technologietransfer 111 7.6 Besonderheiten junger Nanotechnologie-Unternehmen 120 7.7 Wertschöpfungsketten in der Region 123 7.8 Nanotechnologie-Standort Dresden/Sachsen im nationalen Vergleich 126 7.9 Zukünftige Investitionen und geplante Veränderungen 128 7.10 Zusammenfassung: Nanotechnologie in Dresden 129

8 VERGLEICH DER NANOTECHNOLOGIE-CLUSTER UND BEST-PRACTICE 135 8.1 Vergleich der Nanotechnologie-Cluster 135 8.2 Best-Practice 138

9 AUSBLICK 145

LITERATUR 147

7

ZUSAMMENFASSUNG

In der Dresdner Forschungs- und Wirtschaftslandschaft spielt die Nano-technologie eine immer größer werdende Rolle. Aus diesem Grund hat die Wirtschaftsförderung der Landeshauptstadt Dresden in Abstimmung mit den sächsischen Ministerien für Wirtschaft und Arbeit, Wissenschaft und Kunst sowie weiteren Partnern beschlossen, eine umfangreiche Stu-die über den Status-Quo sowie über die Entwicklungsmöglichkeiten des Nanotechnologie-Standortes Dresden/Sachsen erstellen zu lassen. Die vorliegende Publikation ist das öffentliche Ergebnis dieser Studie. Das Ziel der Untersuchung war es erstens den Status-Quo der Nanotechnolo-gie in der Region Dresden/Sachsen detailliert zu analysieren und zwei-tens aufzuzeigen, welche Kräfte mobilisiert werden müssen, um das ent-stehende „Nanotechnologie-Cluster Dresden“ weiterzuentwickeln.

Im Rahmen der Studie wurde auf einen Methodenmix aus qualitativen und quantitativen Methoden zurückgegriffen. Es wurden – nach der Fest-legung einer (breiten) Definition von Nanotechnologie – zunächst inten-sive Recherchen im Internet und Analysen der relevanten Literatur durchgeführt. Hiernach wurde im Rahmen einer quantitativen Fragebo-genumfrage eine Vollbefragung der bereits in Nanotechnologie aktiven Unternehmen sowie von Unternehmen, die in nanotechnologierelevanten Branchen tätig sind, durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Befragung wur-den dann in einem Expertenworkshop und in drei Branchenworkshops in die Region zurückgespiegelt und mit den Workshopteilnehmern disku-tiert. Parallel hierzu wurden leitfadengestützte Experteninterviews ge-führt.

Nanotechnologie gilt als eine der wichtigsten Zukunftstechnologien. Da-bei stellt sie weniger eine Basistechnologie im klassischen Sinne dar, sondern sie beschreibt vielmehr eine neue interdisziplinäre und bran-chenübergreifende Herangehensweise für weitere Forschritte in der Elektronik, Optik, Biotechnologie und bei neuen Materialien. Nanotech-nologie beschreibt die Herstellung, Untersuchung und Anwendung von Strukturen, molekularen Materialien, inneren Grenz- und Oberflächen mit mindestens einer kritischen Dimension oder mit Fertigungstoleranzen (typischerweise) unterhalb 100 Nanometer. Entscheidend ist dabei, dass allein aus der Nanoskaligkeit der Systemkomponenten neue Funktionali-täten und Eigenschaften zur Verbesserung bestehender oder Entwicklung neuer Produkte und Anwendungsoptionen resultieren. Diese neuen Ef-fekte und Möglichkeiten sind überwiegend im Verhältnis von Oberflä-chen- zu Volumenatomen und im quantenmechanischen Verhalten der Materiebausteine begründet. Bereits heute beeinflusst die Nanotechnolo-gie eine Vielzahl von Produkten vor allem in den Bereichen Elektronik, Datenspeicherung, funktionelle Schichten oder Präzisionsoptiken. Im Jahr 2015 wird mit einem Marktvolumen der Nanotechnologie von ca. 1.000 Mrd. US$ gerechnet.

Studie über Nanotechnologie-Standort Dresden/Sachsen Qualitative und quantitative Methoden Nanotechnologie als eine der wichtigsten Zukunftstechnologien

8 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

High-tech-Unternehmen – wie z. B. Unternehmen, die sich mit Nano-technologie beschäftigen – finden sich nicht gleich verteilt über den Raum, sondern konzentrieren sich in räumlichen Clustern. Nach dem Harvard-Ökonom Michael Porter sind Cluster räumliche Konzentratio-nen von miteinander verbundenen Unternehmen, spezialisierten Zuliefe-rern und Dienstleistungsanbietern, Unternehmen in verwandten Branchen sowie institutionellen Einrichtungen (z. B. Universitäten, Standardisie-rungseinrichtungen, Handelsorganisationen). Räumliche Branchencluster sind dabei häufig selbstverstärkende Systeme, da sie einerseits durch ihre hohe Attraktivität Unternehmen von Außen anziehen und andererseits Unternehmen innerhalb des Clusters eine höhere Innovationskraft haben und es innerhalb eines Clusters zu häufigeren Aus- und Neugründungen kommt. Diese Erkenntnis führte dazu, dass eine clusterorientierte Wirt-schaftspolitik mittlerweile auf allen politischen Ebenen als Instrument der regionalen Wirtschaftsförderung Eingang gefunden hat. Es ist aller-dings zu betonen, dass allein durch politische Maßnahmen keine Cluster erzeugt werden können, sondern lediglich eine Clusterbildung unterstützt werden kann. Auch kann eine clusterorientierte Wirtschaftspolitik andere wirtschaftspolitische Maßnahmen nicht ersetzen, sondern muss diese sinnvoll ergänzen.

Die wirtschaftliche Ausgangslage des Freistaates Sachsen und der Lan-deshauptstadt Dresden sind im Vergleich zu den übrigen ostdeutschen Bundesländern überdurchschnittlich gut. Beispielsweise liegt der Anteil der FuE-Beschäftigten je 1.000 Erwerbstätigen in Sachsen mit 4,8 deut-lich über dem ostdeutschen Durchschnitt von 3,3. Die Wirtschaftsstruktur wird dabei von fünf Branchen bestimmt: die Elektronik/Elektrotech-nik/Feinmechanik (u. a. Infineon, AMD), den Maschinenbau, den Fahr-zeugbau (sowohl VW, BMW und Porsche als auch eine große Anzahl an Zulieferern), die Metallerzeugung und -verarbeitung sowie das traditio-nell starke Ernährungsgewerbe. Gerade die Landeshauptstadt Dresden zählt dabei zu den wichtigsten Wissenschafts- und Wirtschaftsstandorten in Ostdeutschland. Diese Leuchtturmfunktion innerhalb des Ostens spie-gelt sich u. a. im deutschen Städtetest der „WirtschaftsWoche“ (2005) wider, in dem Dresden auf dem 30. Gesamtplatz liegt und bei den Einzel-indikatoren Standortqualität bzw. Wirtschaftsstruktur auf den 13. bzw. 11. Rang kommt. Gerade im Bereich der Forschung und Entwicklung sind die Ausgangsbedingungen ideal, wie ein Blick auf die Vielzahl der Einrichtungen beweist (u. a. drei Max-Planck-Institute, fünf Institute der Wissensgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz sowie elf Einrichtungen bzw. Niederlassungen der Fraunhofer-Gesellschaft). Dies spiegelt sich auch in der Beschäftigtenquote der so genannten Hochqualifizierten wi-der, die mit 19,7 Prozent zusammen mit der von München die höchste in Deutschland ist.

Im Rahmen der Studie haben insgesamt 200 Unternehmen (Rücklaufquo-te: 29 Prozent) und 22 FuE-Einrichtungen (Rücklaufquote: 56 Prozent)

Clusterorientierte Politik als neues

Element der regionalen Wirt-schaftsförderung

Überdurchschnittlich gute wirtschaftliche

Ausgangslage des Freistaates Sachsen

und der Landes-hauptsstadt Dresden

Zusammenfassung 9

an der Fragebogenumfrage teilgenommen. Von den 200 Unternehmen gaben 54 an, sich bereits aktiv mit Nanotechnologie zu beschäftigen (bei geschätzten 80 Nanotechnologie-Unternehmen in der Region bedeutet dies eine Rücklaufquote von 68 Prozent). Weitere 65 Unternehmen ga-ben an, dass Nanotechnologie zukünftig von Interesse sein könnte.

Die Branchenschwerpunkte der in Nanotechnologie aktiven Unterneh-men liegen in den Bereichen Maschinen- und Gerätebau/Verfahrens-technik (27 Prozent), Mikroelektronik/IT (20 Prozent), Chemie/Werk-stoffe (17 Prozent) sowie Biotech/Medizintechnik/Gesundheit (11 Pro-zent). Strukturell dominieren KMU, haben doch 93 Prozent der Unter-nehmen unter 250 Mitarbeiter. Die Gründung der in Nanotechnologie aktiven Unternehmen verlief in den letzten Jahren sehr stetig, wobei dies für die einzelnen Branchen differenziert ausfällt.

Im Vergleich zur Struktur der Unternehmen sind die FuE-Einrichtungen in der Region Dresden/Sachsen relativ groß: 40 Prozent der Einrichtun-gen haben zwischen 50 und 250 Mitarbeiter, in 14 Prozent arbeiten sogar mehr als 250 Mitarbeiter. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Nanomaterialien (27 Prozent), Nanobiotechnologie (23 Pro-zent) sowie Nanoelektronik (18 Prozent). Die größten Anwendungsfelder ihrer nanotechnologischen Forschung1 sind die Mikroelektronik (80 Pro-zent), Chemie/Werkstoffe (55 Prozent), Biotechnologie/Medizintechnik (41 Prozent) sowie der Bereich Maschinen- und Gerätebau/Verfahrens-technik (18 Prozent).

Bei der Bewertung der Standortfaktoren und -bedingungen erfahren drei der sieben wichtigsten Standortfaktoren (von insgesamt 21 Faktoren) eine positive Bewertung: das sind die Nähe zu FuE-Einrichtungen, die Verkehrsanbindung sowie das Image der Landeshauptstadt Dresden als Technologiestandort. In Bezug auf vier dieser sieben wichtigsten Fakto-ren besteht nach Angaben der Unternehmen allerdings Handlungsbedarf: dies sind die Höhe der lokalen Abgaben/Kosten, die finanzielle staatliche Unterstützung, die Kosten von Gewerbeflächen sowie die branchenspezi-fischen Hochschulabsolventen. Bei weiterer Untersuchung u. a. in den Branchenworkshops ist aber sowohl die Kritik an den allgemein hohen lokalen Abgaben/Kosten sowie an den Kosten der Gewerbeflächen überwiegend nicht bestätigt worden. Zudem muss darauf hingewiesen werden, dass bei einigen Standortfaktoren zwischen den Branchen teils größere Unterschiede auftreten. Anzumerken ist aber dennoch, dass über die Hälfte der Unternehmen bei ihrer Gründung bzw. Ansiedlung mit finanziellen oder administrativen Schwierigkeiten zu kämpfen hatten.

1 Bei dieser Frage war eine Mehrfachnennung möglich, wobei dies – wie weiterge-

hende Analysen im Bereich Maschinen- und Gerätebau/Verfahrenstechnik gezeigt haben – nur zurückhaltend in Anspruch genommen wurde.

Geschätzte 80 Unter-nehmen, die sich ak-tiv mit Nanotechnolo-gie beschäftigen Branchen-schwerpunkte der Unternehmen FuE-Einrichtungen Bewertung der Standortfaktoren & -bedingungen

10 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

Bei der Unternehmensfinanzierung wird die hohe Abhängigkeit von öf-fentlichen Fördergeldern deutlich, die bei knapp 80 Prozent der in Nano-technologie aktiven Unternehmen eine Rolle spielen. Risikokapital spielt derzeit nur eine untergeordnete Rolle bei der Unternehmensfinanzierung (lediglich unter 10 Prozent der in Nanotechnologie aktiven Unternehmen erhalten VC-Kapital), was sich unter anderem auch im regionalen Ver-gleich der Private Equity-Investitionen widerspiegelt. Grundsätzlich be-stünde aber bei vielen Unternehmen Bereitschaft, VC-Kapital in An-spruch zu nehmen.

Obwohl es sich bei der Nanotechnologie noch um eine sehr junge Tech-nologie handelt, kann man von ca. 1.200 Beschäftigten in der Region Dresden/Sachsen ausgehen, deren zentrales Arbeitsfeld die Nanotechno-logie ist. Dabei sind weder die indirekten Beschäftigungswirkungen (z. B. weitere Mitarbeiter in den Unternehmen) noch die Beschäftigten der großen Chipfabriken (ca. 9.000 Mitarbeiter bei Infineon, AMD und ZMD) berücksichtigt. Für die Zukunft planen knapp 50 Prozent der Un-ternehmen und über 60 Prozent der FuE-Einrichtungen eine Steigerung ihrer Nanotechnologie-Beschäftigten.

Kontakte und Kooperationen werden von den Akteuren vor Ort als essen-tiell angesehen, wobei betont wird, dass räumliche Nähe diese zwar er-leichtern – sie aber nicht unbedingt zwingend ist. Dennoch lässt sich in den meisten Fällen eine starke Kooperation der Akteure vor Ort festhal-ten. Dies hängt auch damit zusammen, dass die Unternehmen den FuE-Einrichtungen eine gute bis sehr gute Kompetenz im Bereich der Grund-lagenforschung attestieren; allerdings werden im Bereich der anwen-dungsorientierten Forschung sowie des Wissenstransfers Handlungsbe-darfe gesehen.

Unter den aktiven Nanotechnologie-Unternehmen waren insgesamt 20 Unternehmen, die nach 1998 gegründet worden sind. Ihre Branchen-schwerpunkte wie auch ihre Anforderungen an den Standort und deren Bewertung unterscheidet sich aber nicht wesentlich von denen der älteren Nanotechnologie-Unternehmen.

Bezüglich der Spin-offs aus den FuE-Einrichtungen der Region Dres-den/Sachsen bleibt die hohe Standortbindung der Unternehmen festzuhal-ten: Von 14 Spin-offs haben sich knapp 80 Prozent in der Region nieder-gelassen. Dies zeigt deutlich, dass eine gute Möglichkeit zur Stärkung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit die Förderung von Ausgründun-gen aus FuE-Einrichtungen ist.

Der Großteil der befragten Unternehmen stellt nanotechnologische Kom-ponenten her (46 Prozent), weitere 37 Prozent produzieren Geräte zur Herstellung und Analyse von nanotechnologischen Komponenten. Die Anwendung nanotechnologischer Komponenten bzw. die Nutzung derar-tiger Komponenten in Endprodukten spielt mit 33 bzw. 29 Prozent eine etwas geringere Bedeutung.

Unternehmens-finanzierung

1.200 Nanotechnolo-giebeschäftigte

in der Region

Kooperation der Akteure vor Ort

Hohe Standortbin-dung der Spin-offs

Zusammenfassung 11

Das hohe Einkaufsvolumen in der Region zeigt eine starke Verflechtung der Branche mit seinem räumlichen Umfeld; der hohe europa- und welt-weite Absatz der Produkte verdeutlicht hingegen die starke globale Wett-bewerbsfähigkeit der Branche in der Region Dresden/Sachsen.

Im nationalen Vergleich wird die Region Dresden/Sachsen daher in einer überdurchschnittlichen Position gesehen. Die Länder Bayern und Baden-Württemberg sind die Hauptkonkurrenten, die von den Vertretern der FuE-Einrichtungen vor der eigenen Region gesehen werden, während die Vertreter der Unternehmen meist ihre Region als bedeutenderen Nano-technologie-Standort einschätzen.

Die meisten in der Region vertretenen Unternehmen und FuE-Einrichtungen planen zukünftig zusätzliche Investitionen in der Nano-technologie bzw. eine Verstärkung ihrer FuE-Arbeiten. Lediglich 15 Pro-zent der Unternehmen planen zukünftig keine Investitionen; von den FuE-Einrichtungen planen 23 Prozent eine gleich bleibende Aktivität – die restlichen 77 Prozent eine verstärkte bzw. sogar erheblich verstärkte Aktivität.

Die Region Dresden/Sachsen kann zu Recht als Nanotechnologie-Cluster bezeichnet werden, bei dem allerdings in bestimmten Berei-chen/Branchen noch Handlungsbedarf besteht. Deutliche Branchen-schwerpunkte bestehen in den Bereichen Mikroelektronik/IT, Maschi-nen- und Anlagenbau/Verfahrenstechnik, Chemie/Werkstoffe sowie Bio-technologie/Medizintechnik. Die Unternehmen der Region Dres-den/Sachsen sind untereinander nicht nur durch Kooperationen, sondern auch durch wirtschaftliche Verknüpfungen in Form von Zuliefer- und Abnehmerbeziehungen verbunden. Eine besondere Stärke der Region Dresden/Sachsen besteht in der Qualität der FuE-Einrichtungen, die in Teilbereichen eine internationale Spitzenstellung erreichen. Die wissen-schaftlichen und die wirtschaftlichen Kapazitäten sind in der Region zum Teil gut miteinander verbunden, wobei aber Verbesserungsbedarf gerade im Bereich des Technologietransfers festgestellt wurde. Mit dem Nano-technologie-Kompetenzzentrum „Ultradünne funktionale Schichten“ verfügt die Region Dresden jedoch über eine kompetente und engagierte Koordinierungsstelle, um interdisziplinäre Anwendungsmöglichkeiten der Nanotechnologie für Unternehmen zu zeigen und nutzbar zu machen.

Die Standortbedingungen werden als gut eingeschätzt. Handlungsbedarf besteht in erster Linie bei den finanziellen Kriterien, wie den Kosten am Standort oder besseren Finanzierungsmöglichkeiten, der Information und Kommunikation sowie im Bereich Aus- und Weiterbildung.

Die Mikroelektronik/IT ist die derzeit dominierende Branche im Nano-technologie-Cluster Dresden/Sachsen. Hier bestehen nicht nur sehr gute FuE-Einrichtungen, sondern auch eine Vielzahl an kleinen und mittleren Unternehmen sowie vor allem auch die zwei Großunternehmen AMD und Infineon. Die Akteure dieses Clusters sind sowohl auf wirtschaftli-

Region Dresden/ Sachsen überdurch-schnittlich im natio-nalen Vergleich Bezeichnung der Region als „Nanotechnologie-Cluster“ zutreffend Mikroelektronik ist die derzeit dominierende Branche

12 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

cher als auch auf wissenschaftlicher Ebene miteinander verbunden (u. a. über das Netzwerk Silicon Saxony oder die neue Fraunhofer-Einrichtung CNT – ein Musterbeispiel für Public Private Partnership zur Standort-entwicklung im Hochtechnologiesektor).

Im Vergleich zum Nanotechnologie-Cluster in der Mikroelektronik/IT ist der Cluster im Bereich Biotechnologie/Medizintechnik noch in der Ent-stehungsphase. Die wissenschaftliche Infrastruktur in der Region ist zwar bereits exzellent und genießt Weltruf; im Bereich der wirtschaftlichen Anwendungen besteht aber noch großer Handlungsbedarf – was aller-dings auch für Nanobio-Cluster in anderen Regionen der Welt gilt.

Die Ausgangslage im Bereich Maschinen- und Anlagenbau/Verfahrens-technik ist im Gegensatz zu den zuvor genannten Branchen eher diffe-renziert zu betrachten. Trotz der hohen unternehmerischen Aktivität bzw. des starken Interesses sind die Innovationspotenziale und die Anwen-dungsmöglichkeiten in diesem Bereich noch wenig bekannt, so dass dem Cluster in dieser Branche noch eine eindeutige Ausrichtung fehlt.

Nanotechnologie spielt auch in zwei anderen – in Dresden und Umge-bung traditionell angesiedelten – Branchen, dem Automobilbau sowie der Luft- und Raumfahrt, eine Rolle; in beiden Branchen konnte allerdings im Rahmen der Studie aufgrund der geringen Rücklaufquoten keine de-taillierte Analyse vorgenommen werden.

Aufbauend auf die gute Ausgangslage muss sich die Region Dres-den/Sachsen als Nanotechnologie-Cluster weiterentwickeln. Gerade in neuen Technologiefeldern können im Zuge der Globalisierung wenige Jahre darüber entscheiden, ob ein Standort für Unternehmen attraktiv ist und ob in der Folge die Region von wirtschaftlicher Prosperität profitie-ren kann.

Die im Rahmen des Projektes vorgeschlagenen – in dieser Publikation allerdings nicht näher ausgeführten – Handlungsempfehlungen unterstüt-zen die Verantwortlichen der Region dabei, das Nanotechnologie-Cluster in Dresden/Sachsen gegenüber seinen nationalen Konkurrenten deutlich zu positionieren und weltweit größere Bedeutung zu erlangen.

Exzellente wissen-schaftliche Infra-

struktur im Bereich Nanobiotechnologie

Aufbauend auf die gute Ausgangslage

ist Weiterentwicklung möglich und nötig

13

1 EINLEITUNG

Nanotechnologie gilt als Zukunftstechnologie, von der richtungweisende Veränderungen erwartet werden. Sie stellt dabei keine Basistechnologie im herkömmlichen Sinne mit klar abgrenzbaren Bereichen dar, sondern ist eine Querschnittstechnologie, die eine starke interdisziplinäre Heran-gehensweise erfordert. Sie fließt ein in Hochtechnologiebereiche wie Mikroelektronik und Biotechnologie und trägt dort zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen und zur Standortsi-cherung bei. Sie gibt ferner bedeutende Impulse für die klassischen ex-portstarken Bereiche wie den Maschinen- und Anlagenbau und die Ver-fahrenstechnik sowie den Fahrzeugbau.

Deutschland hat bei der Nanotechnologie durch eine zielgerichtete For-schungsförderung mittlerweile eine der weltweiten Spitzenpositionen in der Grundlagenforschung eingenommen. Im nächsten Schritt gilt es, die-se zielgerichtet in Innovationen umzusetzen und damit Investitionen und Unternehmensgründungen zu forcieren sowie Anwendungspotenziale für klassische Branchencluster zu erschließen. Dabei ist Deutschland einem dauernden weltweiten Wettbewerb ausgesetzt. Starke Konkurrenten sind die USA und Japan, aber auch Länder wie Taiwan, Korea und China, die intensiv in diese neue Technologie investieren.

Vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) wurden mehrere Studien zur Nanotechnologie in Auftrag gegeben. Inhalte waren international ausgerichtete Betrachtungen zur Nanotechnologie als wirt-schaftlichem Wachstumsmarkt sowie Anwendungen der Nanotechnolo-gie für einzelne Branchen, wie Nanobiotechnologie, Mikroelektronik oder Umwelttechnologien. Eine Status-quo-Analyse und Erarbeitung von Handlungsempfehlungen zur Entwicklung der Nanotechnologie für eine Region und zur wirtschaftlichen Stärkung der dort führenden Branchen – wie sie vom Amt für Wirtschaftsförderung der Stadt Dresden in Auftrag gegeben wurde – ist noch eine Seltenheit. Mit einer gezielten Umsetzung der Handlungsempfehlungen sind deutliche wirtschaftliche Wettbe-werbsvorteile und Investitionen für die Region zu erwarten.

Durch die Erweiterung des europäischen Marktes nach Osten und das Auftreten von Produzenten in Fernost nimmt der Wettbewerb nach im-mer kostengünstigeren Produkten und Technologien zu. Der Ausbau der Faktoren Technologie und Innovation ist deshalb von großer Bedeutung für die Sicherung und den weiteren Ausbau der Region Dresden/Sachsen als Wirtschaftsstandort und wird einen großen Einfluss auf den Arbeits-markt des 21. Jahrhunderts ausüben.

Nanotechnologie ist eine Querschnitts-technologie Weltweite Spitzenposition Deutschlands in der Grundlagenforschung Regionale Analysen zur Nanotechnologie noch selten Technologie und Innovation immer wichtiger für die Standortsicherung

14 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

1.1 Einführung in die Thematik

Unter dem Begriff „Nanotechnologie“ wird weltweit in der Regel eine Gruppe verschiedenster Technologien mit teilweise heterogenen Anwen-dungsfeldern zusammengefasst, was eine quantitative Analyse der ge-samten Nanotechnologie nahezu unmöglich macht. Allerdings ist die Anzahl der verwendeten Technologien und Produkte naturgemäß bei einer regionalen Beschränkung überschaubar, so dass sich hier die Chan-ce bietet, regionale Bedürfnisse, Stärken und Schwächen in der Nano-technologie adäquat zu bewerten.

Die Nanotechnologie hat weltweit sowohl in der Wissenschaft als auch in der Wirtschaft und im Finanzbereich massiv an Bedeutung gewonnen. Etwa 4 Mrd. US$ öffentlicher Mittel wurden allein im Jahr 2005 welt-weit für die Nanotechnologie-Forschung aufgebracht. Verschiedene Pub-likationen weisen darauf hin, dass nahezu jede Branche in der Zukunft durch Nanotechnologie beeinflusst sein wird (u. a. Luther/Malanowski et al. 2004). Derzeit sind jedoch nur sehr begrenzte Informationen über Märkte, Marktgrößen und Zeitspannen bis zur Kommerzialisierung nano-technologischer Produkte verfügbar. Weltweit gibt es auch keine einheit-liche Definition des Begriffes Nanotechnologie. Marktvoraussagen ver-schiedener Institutionen beruhen daher auf unterschiedlichen Vorausset-zungen.

Nanotechnologische Erkenntnisse beeinflussen schon seit Jahren ver-kaufbare Produkte in den Bereichen Elektronik, Datenspeicherung, funk-tionelle Schichten oder Präzisionsoptiken. Prozentual gesehen sind in den letzten Jahren nanotechnologische Erkenntnisse zunehmend stärker in die Bereiche Biologie, Chemie, Pharmazie und Medizin eingeflossen. Die Addition der einzelnen Marktvolumina zeigt bereits heute ein Marktvo-lumen von „Nanotechnologie-Produkten“ im knapp dreistelligen Milliar-denbereich.2 Die in Abbildung 1-1 dargestellten Marktvoraussagen aus verschiedenen Quellen weisen trotz unterschiedlicher Definitionen des Begriffs Nanotechnologie eine bemerkenswerte Übereinstimmung auf. Für das Jahr 2015 werden Marktvolumina von ca. 1.000 Mrd. US$ er-wartet, wobei hier die Validität der Aussage in Zweifel gezogen werden muss, da meist unklar bleibt, welche Produktklassen zugerechnet werden.

Abgesehen von den oben genannten Technologiefeldern zeigen verschie-dene Technologieindikatoren und Studien, dass zurzeit Nano-Chemie, Nano-Materialien, Nano-Elektronik und Nano-Biotechnologie zu den dynamischsten Entwicklungsfeldern gehören.

2 Die einfache Addition der Marktvolumina ist allerdings problematisch, da unter-

schiedliche Wertschöpfungsstufen der Produkte zugrunde gelegt werden müssen.

Nanotechnologie beeinflusst zukünftig nahezu jede Branche

Marktvolumen wird für das Jahr 2015

auf 1.000 Mrd. US$ geschätzt

Einleitung 15

Abbildung 1-1: Marktvolumen von Nanotechnologie-Produkten (Quelle: NMTC)

1.2 Ziel des Projektes

Das Ziel des Projektes war es, aufzuzeigen, welche Kräfte mobilisiert werden müssen, um ein „Nanotechnologie-Cluster Dresden“ zu entwi-ckeln/weiterzuentwickeln.

Das Gutachten mit Titel „Status-Quo und Handlungsbedarf für die Ent-wicklung der Potenziale der Nanotechnologie als Wachstumskern für die Region Dresden/Sachsen“ sollte dabei folgende Teilaufgaben erfüllen:

a) Zusammenfassung der wichtigsten internationalen Trends der Nanotechnologie,

b) Analyse der Potenziale der Nanotechnologie in der Region Dres-den/Sachsen,

c) Identifizierung von Defiziten und Handlungsbedarfen beim Tech-nologietransfer,

d) Analyse der Standortanforderungen junger Nanotechnologie-Unternehmen,

e) Herausarbeiten von Anforderungen und Trends bei der Ausbil-dung von Fachkräften,

f) Maßnahmen zur Verbesserung des Standortmarketings,

g) Erarbeiten von Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der Unternehmenssituation, der Standortbedingungen für Nanotech-nologie-Unternehmen sowie zur Vermarktung des Standortes und

h) Analyse von Chancen für die Akquisition von Ansiedlun-gen/Großansiedlungen.

Zur Erfüllung dieser Teilaufgaben bot sich eine Gliederung der Untersu-chung in eine Erhebungs-, Analyse- und eine Gestaltungsphase an. Die Erhebungs- und Analysephase trägt im Wesentlichen empirischen Cha-rakter, während die im Rahmen der Gestaltungsphase gewonnenen Er-

Weiterentwicklung des „Nanotechnolo-gie-Cluster Dresden“

1

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NSF

In Relais

NanoBusiness Alliance (USA)

Evolution Capital

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Expertenteam Mikrotechnolgie, Deutsche Bank AG

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Mitsubishi Research Institute

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16 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

kenntnisse in die Erarbeitung von Handlungsempfehlungen in Hinblick auf eine Implementierung innovationspolitischer Maßnahmen einfließen.

Diese Vorgehensweise spiegelt sich auch im Aufbau dieser Publikation wider, die im Folgenden dargestellt ist.

1.3 Aufbau der Publikation

Nach der Einleitung in diesem Kapitel, die in die Thematik eingeführt und das Ziel der Studie dargestellt hat, folgt in Kapitel 2 die Beschrei-bung des methodischen Vorgehens innerhalb des Projektes. Dabei wer-den die einzelnen Methoden – die Literatur- und Internetrecherche, die quantitative Fragebogenumfrage, die Workshops sowie die Expertenin-terviews – detailliert vorgestellt.

Kapitel 3 stellt den Status-Quo und die Trends in der Nanotechnologie dar. Dabei wird zuerst auf die Definition des Begriffes und die Entwick-lung dieser Technologie eingegangen. Im Weiteren werden kurz die neu-en Möglichkeiten durch nanotechnologische Effekte in verschiedenen Anwendungsbereichen vorgestellt. Abgerundet wird dies durch einen Überblick über die wirtschaftlichen Potenziale der Nanotechnologie so-wie durch die Einordnung der deutschen Situation in internationale Zu-sammenhänge.

In Kapitel 4 wird das Konzept des Wirtschaftsclusters vorgestellt. Dieses Konzept wurde wesentlich vom Harvard-Professor M. Porter entwickelt und bildet mittlerweile einerseits die Grundlage für die Ausgestaltung von Forschungsprogrammen in der Raumordnungs- und Strukturpolitik sowie andererseits als Ansatz für die regionale Wirtschaftsförderung.

Die allgemeinen wirtschaftlichen Ausgangsbedingungen des Freistaates Sachsens und der Landeshauptstadt Dresden werden in Kapitel 5 be-schrieben.

In Kapitel 6 folgen Kurzbeschreibungen über vier Nanotechnologie-Regionen, die im weiteren Verlauf der Studie als Vergleich bzw. in Teil-bereichen als Best-Practice herangezogen werden. Ausgewählt wurden dabei Hamburg/Schleswig-Holstein, das Saarland, Berlin und Hessen.

Das Kapitel 7 stellt den Hauptteil innerhalb dieser Studie dar. In ihm wird die Situation der Nanotechnologie in der Region Dresden/Sachsen beschrieben. Dabei wird neben grundlegenden Darstellungen zur Struktur der Unternehmen auf die Bewertung der Standortbedingungen, auf Fi-nanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen sowie auf den Status-Quo und die Entwicklungen im Bereich Humankapital und Qualifikation ein-gegangen. Ein Schwerpunkt ist die Analyse und Bewertung des Techno-logietransfers und der Kooperationen zwischen den Akteuren. Es folgt eine gesonderte Betrachtung der jungen Nanotechnologie-Unternehmen sowie der Wertschöpfungsketten in der Region. Abschließend wird Dres-

Methodisches Vorgehen

Status-Quo und Trends in der

Nanotechnologie

Konzept des räumlichen Clusters

Dresden & Sachsen

Konkurrenzregionen

Status-Quo der Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

Einleitung 17

den/Sachsen auf Basis der Selbsteinschätzung der regionalen Akteure mit anderen Nanotechnologie-Regionen verglichen, die zukünftigen Planun-gen der Unternehmen und FuE-Einrichtungen skizziert sowie das Nano-technologie-Cluster in Dresden zusammenfassend dargestellt.

In Kapitel 8 werden einerseits die Ergebnisse aus Kapitel 7 mit den Ver-gleichsregionen aus Kapitel 6 kurz in Beziehung gesetzt und anschlie-ßend drei konkrete Best-Practice-Beispiele – ein erfolgreicher VC-Fall in Deutschland, ein innovatives Konzept für eine FuE-Einrichtungen sowie eine Fallstudie für ein erfolgreiches Public-Private-Partnership-Modell – beschrieben.

Abschließend wird in Kapitel 9 ein kurzes Fazit gezogen.

Vergleich und Zusammenfassung

19

2 METHODISCHES VORGEHEN

Um das Ziel dieser Untersuchung – die Analyse des Status-Quo und des Handlungsbedarfes für den Bereich Nanotechnologie in der Region Dresden – zu erreichen, wurde ein Mix unterschiedlicher Methoden an-gewendet.

Für die Studie wurden – nach der Festlegung einer (breiten) Definition von Nanotechnologie – zunächst intensive Recherchen im Internet und Analysen der relevanten Literatur durchgeführt. Hiernach wurden im Rahmen einer quantitativen Fragebogenumfrage eine Vollbefragung der bereits in Nanotechnologie aktiven Unternehmen sowie von Unterneh-men, die in nanotechnologierelevanten Branchen tätig sind, durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Befragung wurden dann in einem Expertenwork-shop und in drei Branchenworkshops in die Region zurückgespiegelt und mit den Workshopteilnehmern diskutiert. Parallel hierzu wurden leitfa-dengestützte Experteninterviews geführt.

Dieser Methodenmix aus qualitativen und quantitativen Methoden bietet sich bei dem Fokus auf eine noch sehr neue Technologie – wie sie die Nanotechnologie darstellt – an, da durch die Kombination die Defizite der jeweiligen qualitativen und quantitativen Methoden ausgeglichen werden können. Nach Alemann (1995) sind qualitative (Experteninter-view und Literaturanalyse) und quantitative Methoden (standardisierte Umfrage) denn auch eher als komplementäre denn als konkurrierende Methoden der Erkenntnisgewinnung zu verstehen. In der empirischen Wirtschafts- und Sozialforschung hat sich mittlerweile immer stärker der Ansatz durchgesetzt, dass „es den einen methodischen Königsweg nicht gibt, sondern eine dem jeweiligen Gegenstandsbereich, der Fragestellung und den verfügbaren finanziellen, zeitlichen usw. Ressourcen Rechnung tragende Methodenkombination, insbesondere aus qualitativen und quan-titativen Methoden, anzuwenden ist“ (Wollmann 2001, S. 382).

Dieses Verfahren der Methodenkombination hat sich bei Auswertung des Datenmaterials zur Evaluation der Mikrosystemtechnik (Heimer/Werner 2004) und bei der Ermittlung des wirtschaftlichen Potenzials der Nano-technologie (Luther/Malanowski et al. 2004) bereits bewährt und konnte somit in dieser Studie zur Analyse des Status-Quo und des Handlungsbe-darfes für den Bereich Nanotechnologie in der Region Dresden problem-los angewendet werden.

Die genaue Definition der Untersuchungsregion stellte sich dagegen als schwieriger dar. Einerseits sollte der Fokus auf der Landeshauptstadt Dresden liegen, andererseits sollten aber erstens der Großraum Dresden (in der Regel abgegrenzt über die Raumordnungsregion, in diesem Fall Oberes Elbtal/Osterzgebirge) und zweitens auch weitere sächsische Standorte, die über Wirtschafts- bzw. Forschungskooperationen in er-

Methodenmix aus qualitativen und quantitativen Methoden Definition der Untersuchungsregion

20 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

wähnenswertem Umfang mit Dresden verbunden/vernetzt sind (Chem-nitz, Freiberg, Leipzig und Zittau) mit einbezogen werden.3 Um eine ar-beitsfähige Grundlage zu erhalten, ist in dieser Studie der gesamte Frei-staat als Basis für die quantitative Unternehmensbefragung gewählt und bei den weiteren Methoden ein stärkerer Fokus auf die Landeshauptstadt Dresden gelegt worden.

Im Folgenden werden nun die einzelnen Methoden und die jeweiligen Vorgehensweisen innerhalb des Projektes näher erläutert.

2.1 Literatur- und Internetrecherche

Die Literatur- und Internetrecherchen dienten der Sammlung, Aufberei-tung und Auswertung von Hintergrundinformationen. Fokus waren dabei erstens neueste Entwicklungen in der Nanotechnologie (besonders der wirtschaftlichen Anwendungspotenziale), zweitens spezifische Entwick-lungen in möglichen Konkurrenzregionen, in denen sich ebenfalls eine Konzentration von Nanotechnologie-Aktivitäten abzeichnet, drittens all-gemeine wirtschaftliche Ausprägungen am Untersuchungsstandort Dres-den/Sachsen sowie schließlich viertens Informationen über Aktivitäten im Bereich Nanotechnologie in der Region und über Branchen, in denen Nanotechnologie bereits eine Rolle spielt bzw. spielen kann (wie z. B. Mikroelektronik/IT, Biotechnologie, Werkstofftechnik, Maschinen- und Anlagenbau).

Obwohl gerade die Literatur zu regionalen Entwicklungen in der Nano-technologie oder auch zu Tendenzen in der Nanotechnologie allgemein nur schwer verfügbar und zudem noch mehr oder weniger mit deutlichen Schwächen behaftet ist, konnte sie als nutzbringende Ausgangsbasis für die Studie aufbereitet werden.

2.2 Fragebogen

Nach diesen eher vorbereitenden Arbeiten erfolgte eine Befragung mit-tels standardisierter Fragebögen der in der Region Dresden/Sachsen er-mittelten Unternehmen und FuE-Einrichtungen, die im Bereich Nano-technologie aktiv bzw. die an Nanotechnologie interessiert sind.

3 Generell erweist es sich als schwierig bis unmöglich, regionale Cluster anhand ad-

ministrativer Regionen abgrenzen zu wollen. Konstituierendes Merkmal von Clustern sind die funktionalen Beziehungen zwischen ihren Elementen, die auch zur Bestimmung der räumlichen Reichweite herangezogen werden müssten – die prakti-sche Arbeit (vor allem auch mit statistischem Material) erfordert aber in der Regel eine klare Abgrenzung über administrative Einheiten.

Sammlung, Aufberei-tung und Auswertung

von Hintergrund-informationen

Methodisches Vorgehen 21

Die Auswahl der Unternehmen und FuE-Einrichtungen erfolgte über mehrere Quellen: Zunächst wurden Unternehmen und FuE-Einrichtungen aus dem Umfeld des Nanotechnologie-Kompetenzzentrums „Ultradünne funktionale Schichten“ selektiert. Hierzu wurden Unternehmen und FuE-Einrichtungen ergänzt, die an öffentlichen Förderprogrammen zur Nano-technologie teilnehmen bzw. teilgenommen haben. Diese beiden Quellen wurden um Adressmaterial, das den beteiligten Partnern durch eine Viel-zahl an Projekten zur Verfügung steht oder öffentlich zugänglich ist (z. B. Nanoforum), erweitert. Potenziell interessierte Unternehmen wur-den mit Hilfe der RAIS-Datenbank des Freistaates Sachsens4 zu identifi-zieren versucht, indem ausgewählte Unternehmen aus den für Nanotech-nologie relevanten Technologiebereichen Neue Werkstoffe, Biotechno-logie, Mikroelektronik, Fertigungstechnik, Medizin, Umwelttechnik, Kraftfahrtzeugtechnik sowie Technologie- und Gründerzentrum ange-schrieben wurden.

Insgesamt ergab sich eine Ausgangsbasis von 725 Unternehmen und 42 Forschungseinrichtungen. Bereinigt um Rückläufer aufgrund falscher Adressen und Geschäftsaufgaben oder um vorher nicht zu identifizieren-de doppelte Unternehmensnennungen ergab sich eine Grundgesamtheit von 694 Unternehmen und 39 Forschungseinrichtungen. Von den Unter-nehmen haben 200 geantwortet (Rücklauf: 29 Prozent), von den For-schungseinrichtungen 22 (56 Prozent). Berücksichtigt man, dass sicher-lich für eine Vielzahl der Unternehmen, die über die RAIS-Datenbank identifiziert wurden, Nanotechnologie derzeit und auch zukünftig nicht von Interesse bzw. Relevanz ist, kann der Rücklauf – im Vergleich zu anderen Studien dieser Art – als ausgesprochen gut bezeichnet werden. Im Bereich der Nanotechnologie-Unternehmen, von denen 54 geantwor-tet haben (bei prognostizierten 80 Unternehmen in der Region), und der FuE-Einrichtungen ist die Rücklaufquote mit 68 bzw. 56 Prozent sehr gut.

Für die Unternehmen und für die FuE-Einrichtungen wurden aufgrund der Erfahrungen vorheriger Projekte zwei unterschiedliche Fragebögen entwickelt. Der Fragebogen für die Unternehmen hatte allgemeine Anga-ben zum Unternehmen, Aussagen zur Bedeutung der Nanotechnologie im Unternehmen, Fragen zu nanotechnologiespezifischen Mitarbeiterzahlen und Ausbildungsanforderungen sowie zu Standortfaktoren, Kooperatio-nen und Technologietransfer zum Inhalt. Derjenige Fragebogen für die FuE-Einrichtungen beschäftigte sich mit allgemeinen wie auch nanotech-nologiespezifischen Angaben zur Einrichtung, mit Fragen zu Mitarbei-tern und Ausbildungsanforderungen sowie mit Standortfaktoren, Koope-rationen und Technologietransfer. Wie schon zu erkennen ist, adressierte der Fragebogen zwar jeweils speziell die jeweilige Untersuchungsgruppe,

4 www.rais.sachsen.de

Adressenauswahl über mehrere Quellen Rücklauf Unterneh-men: 29 Prozent Rücklauf: FuE-Einrichtungen: 56 Prozent Zwei unterschiedliche Fragebögen für die Unternehmen und FuE-Einrichtungen

22 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

es wurde aber darauf geachtet, dass möglichst ein Vergleich bzw. teil-weise eine gemeinsame Auswertung durchgeführt werden konnte.

Die Fragebögen wurden vor ihrem Einsatz einem Pretest unterzogen, um unklare Fragestellungen von vornherein auszuschließen. Die Unterneh-mensbefragung und die Befragung der FuE-Einrichtungen wurden mittels des Statistikprogramms SPSS ausgewertet.

Die Befragung selber wurde nicht anonym durchgeführt, was die Mög-lichkeit für eine telefonische „Nachfassaktion“ einräumt, wovon bei den FuE-Einrichtungen und bei den – dem Auftraggeber bekannten – Nano-technologie-Unternehmen mit Erfolg Gebrauch genommen wurde. Die Angaben wurden aber streng vertraulich behandelt und auch im Rahmen der Auswertung lässt sich kein Rückschluss auf einzelne Unternehmen ziehen.

2.3 Workshops

Die relevanten Ergebnisse der Literaturanalyse und der Fragebogenum-frage wurden in einen Expertenworkshop, zu dem bedeutende Akteure der Nanotechnologie in der Region Dresden/Sachsen branchenübergrei-fend eingeladen wurden, und drei Branchenworkshops, in den für die Nanotechnologie in der Region bedeutsamen Branchen Mikroelektro-nik/IuK, Maschinen- und Anlagenbau/Verfahrenstechnik, Biotechnolo-gie/Medizintechnik, eingespeist (abgewandelte Delphi-Methode5).

Die Ergebnisse wurden mit den jeweiligen Teilnehmern, die sich sowohl aus Unternehmen (interessierte sowie aktive Nanotechnologie-Unternehmen) und FuE-Einrichtungen als auch aus Finanzwirtschaft so-wie relevanten Verbänden/Netzwerken zusammensetzten, intensiv disku-tiert. Dabei konnten die Auftragnehmer zusammen mit den Experten und ihren jeweiligen Perspektiven unklare Sachverhalte aufklären und erste Vorschläge zur Stärkung der Region Dresden/Sachsen als Nanotechnolo-gie-Standort erarbeiten. Zudem konnten kritische Kommentare aufge-nommen werden, die den Auftragnehmer unterstützten, die Studie in be-stimmten Sachverhalten zu optimieren.

Der Fokus der Branchenworkshops lag allerdings nicht nur in der oben ausgeführten Diskussion der Studienergebnisse, sondern gleichzeitig dar-in, einen ersten Impuls für die Region zu geben. Daher waren diese auch als Transferworkshops angelegt, bei denen Referenten aus der Industrie und von FuE-Einrichtungen Anwendungspotenziale der Nanotechnologie

5 Bei Anwendung der Delphi-Methode werden Experten aus dem jeweiligen zu unter-

suchenden Themenfeld in der Regel in einem Durchlauf oder mehreren Durchläufen befragt. Es werden ihnen meist Fragen und Thesen vorgelegt, zu denen sie Einschät-zungen über zukünftige Entwicklungen und Trends abgeben sollen.

Intensive Diskussion der Ergebnisse im Expertenworkshop

Fokus der Branchenworkshops

war auch der Technologietransfer

Methodisches Vorgehen 23

darstellten. Aufgrund von Rückmeldungen der Teilnehmer kann dieses Konzept als Erfolg angesehen werden, da bereits im Rahmen der Workshops nutzbringende Kontakte zwischen Teilnehmern zustande kamen.

2.4 Experteninterviews

Sowohl im Rahmen einer quantitativen Fragebogenumfrage als auch bei Expertenworkshops konnten komplexe Fragestellungen und spezielle Herausforderungen an die Region nicht geklärt werden.

Hierzu wurden im Rahmen der Studie leitfadengestützte Experteninter-views geführt. Die Interviews dauerten zwischen einer halben und ein-einhalb Stunden und wurden im persönlichen Gespräch geführt.

Themenstellungen der Experteninterviews waren z. B. die Bedeutung der Nanotechnologie für das Unternehmen, eine ausführliche Diskussion der Wertschöpfungskette des Unternehmens, Fragen zur Ausbildung von Nanotechnologie-Fachkräften und zum Technologietransfer in der Regi-on. Aufgenommen wurden ferner Vorschläge für die Verbesserung der Situation in der Region und des Standortmarketings sowie (abhängig vom Interviewpartner) Aussagen über die Standortanforderungen junger Nanotechnologie-Unternehmen.

Der in Anhang C dargestellte Leitfaden diente dabei nur als Richtschnur. Bereiche, zu denen der Interviewte wenige Aussagen machen konnte, wurden teilweise übergangen, während Bereiche vertieft wurden, in de-nen der Interviewte hohen Sachverstand besaß. Auch konnten zahlreiche weitere Anregungen aufgenommen werden, die sich nicht den Kategorien des Leitfadens zuordnen ließen.

Die teils sehr interessanten Ergebnisse vertieften und ergänzten diejeni-gen aus der Fragebogenumfrage und den Workshops.

2.5 Zusammenführung und Formulierung der Hand-lungsempfehlungen

Abschließend wurden die Ergebnisse aus der Literatur- und Internetre-cherche, der Fragebogenumfrage, den Workshops und der Experteninter-views zusammengeführt und analysiert. Dabei wurden bei Bedarf geeig-nete strukturierte Methoden (u. a. ein Morphologischer Vergleich) einge-setzt.

Auf der Basis der Untersuchungen wurde eine zusammenfassende Status-Quo-Analyse für den Bereich Nanotechnologie in der Region Dres-den/Sachsen mit den vorhandenen Chancen und Risiken erarbeitet und Vergleiche mit anderen Nanotechnologie-Regionen angestellt. Aufgrund

Vertiefung spezifi-scher Fragestellun-gen in Experteninter-views Zusammenführung der Ergebnisse der ein-zelnen Methoden

24 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

der Vielzahl an Informationen konnten sich die Autoren in diesem Ab-schlussbericht nur auf die wichtigsten Sachverhalte fokussieren.

Der Abschluss der Untersuchung lag in der Erarbeitung von Handlungs-empfehlungen. Ziel dieser Erarbeitung war es, auf Basis der Ausgangssi-tuation der Region Dresden/Sachsen im Bereich Nanotechnologie sowie der Vergleiche mit anderen Nanotechnologie-Regionen, Maßnahmen zu entwickeln, um den Nanotechnologie-Cluster Dresden/Sachsen zu stär-ken, weiterzuentwickeln und die Region vor allem im nationalen Maß-stab aber auch im internationalen Maßstab eindeutig als Zentrum der Nanotechnologie zu positionieren. Die im Rahmen des Projektes erarbei-teten Handlungsempfehlungen sind – aus verständlichen Gründen – nicht Teil dieser Publikation.

Handlungsempfehlun-gen zur Weiterent-wicklung der Region

25

3 STATUS-QUO UND TRENDS IN DER NANOTECHNO-LOGIE6

3.1 Definition eines facettenreichen Begriffs

Weltweit findet die Nanotechnologie zunehmend öffentliche Beachtung und wird als eine der wichtigsten Zukunftstechnologien bezeichnet. Da-bei stellt sie weniger eine Basistechnologie im klassischen Sinne mit ein-deutig abgrenzbarer Definition dar, sondern beschreibt vielmehr eine neue interdisziplinäre und branchenübergreifende Herangehensweise für weitere Fortschritte in der Elektronik, Optik, Biotechnologie oder bei neuen Materialien. In der Nanotechnologie nutzt man zum einen das Konstruieren mit den elementaren Einheiten der belebten und unbelebten Natur, nämlich die Atome und Moleküle, vergleichbar dem Basteln mit einem Lego-Baukasten. Zum anderen stellt man aber auch durch Ver-kleinerung Strukturen her, welche nur noch Tausendstel eines Haar-durchmessers messen. Diese Aufgabe ist vergleichbar mit der Herausfor-derung, das gesamte Straßennetz Deutschlands maßstabsgetreu auf einen Fingernagel zu schreiben - und zwar fehlerfrei.

Im Produktbereich vollzieht sich derzeit aber eher eine evolutionäre als eine revolutionäre Entwicklung. Computer werden immer schneller, Handys immer vielseitiger, Optiken in den DigiCams immer kleiner und z. B. Autolacke immer härter. Nanotechnologie liefert hierzu zunehmend Erkenntnisse. Revolutionär veränderte Marktbereiche wird es eher in der Zukunft geben, beispielsweise im Pharma- und Medizinbereich, oder – etwas näher in der Zukunft – in der Beleuchtungstechnik.

Für die weiteren Arbeiten im Rahmen dieser Studie wurde folgende Be-schreibung der Nanotechnologie verwendet (vgl. auch BMBF, 2004):

„Nanotechnologie beschreibt die Herstellung, Untersuchung und An-wendung von Strukturen, molekularen Materialien, inneren Grenz- und Oberflächen mit mindestens einer kritischen Dimension oder mit Ferti-gungstoleranzen (typischerweise) unterhalb 100 Nanometer. Entschei-dend ist dabei, dass allein aus der Nanoskaligkeit der Systemkomponen-ten neue Funktionalitäten und Eigenschaften zur Verbesserung bestehen-der oder Entwicklung neuer Produkte und Anwendungsoptionen resultie-ren. Diese neuen Effekte und Möglichkeiten sind überwiegend im Ver-hältnis von Oberflächen- zu Volumenatomen und im quantenmechani-schen Verhalten der Materiebausteine begründet.“

6 Das folgende Kapitel ist weitgehend der Studie „Luther, W. / Malanowski, N. u. a.

(2004): Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt. (Zukünftige Tech-nologien, Band Nr. 53).“ entnommen, aktualisiert und um das Kapitel „Deutschland im internationalen Vergleich“ ergänzt worden.

Konstruieren mit den elementaren Einhei-ten der Natur Nanotechnologie liefert neue Erkenntnisse Definition „Nanotechnologie“

26 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

Bei der Definition der Nanotechnologie gibt es noch keine international einheitliche Sichtweise. Speziell die Frage der Abgrenzung zur Mikro-technologie, zu bestehenden chemischen Prozessen oder auch die Zuge-hörigkeit verschiedener Verfahren und Methoden zur Nanobiotechnolo-gie wird über die Erläuterung von Beispielen verdeutlicht. Eine absolut richtige und unanzweifelbare Definition für die Klassifizierung von tech-nologischen Prozessen und Produkten in die Nanotechnologie gibt es nicht.

Eine zweite Schwierigkeit besteht in der „Schärfe“ der möglichen Ab-grenzung. Die eher anwendungsorientierten Experten sehen die Nano-technologie als Bereich unterhalb der Mikrotechnologie, mit einer breiten Grauzone der Zugehörigkeit zu einem der beiden Felder, während die „Hardliner“ eher Verfechter der „Molekularen Nanotechnologie“ sind; diese betrachten die Verwendung individueller Bausteine (Atome und Moleküle) für die Herstellung von Systemen Atom für Atom bzw. Mole-kül für Molekül.

Dadurch ergeben sich für die objektive Beschreibung dessen, was Nano-technologie ist bzw. welches Unternehmen als Nanotechnologie-Unternehmen bezeichnet werden kann, Schwierigkeiten, welche im Rahmen dieser Studie nicht gelöst werden können.

Die folgende Diskussion verdeutlicht, warum eine pragmatische Defini-tion – wie oben vorgeschlagen – nützlich ist.

Für die Beschreibung von Nanotechnologie gibt es im Wesentlichen zwei Kriterien, die teilweise unterschiedlich angewendet werden. Zum einen können rein geometrische Maßstäbe angelegt werden, die die reine Größe der Objekte berücksichtigen. Ein Nanometer ist ein Milliardstel Meter (10-9 m), etwa 50.000 mal kleiner als der Durchmesser eines menschli-chen Haars oder nur etwa zehn mal so groß wie ein Wasserstoffatom. Auf dieser Skala gelten nicht mehr die Gesetzmäßigkeiten der klassi-schen Physik, sondern es kommen neue Eigenschaften und Funktionalitä-ten aufgrund des sehr großen Verhältnisses von Oberflächen- zu Volu-menatomen bei sehr kleinen Partikeln und aufgrund des quantenmechani-schen Verhaltens dieser Materiebausteine hinzu (Abbildung 3–1).

Abbildung 3-1: Geänderte Sichtweise ausgewählter Eigenschaften beim Übergang zur Nanoskala (Quelle: VDI TZ)

Hieran ist bereits zu erkennen, dass das geometrische Kriterium allein nicht ausreichend ist, den Zuständigkeitsbereich der Nanotechnologie abzugrenzen. Das daher notwendige zweite Kriterium basiert auf einer

Bislang keine inter-national einheitliche

Sichtweise

Weite Definition vs. Hardliner

Nanometer ist ein Milliardstel Meter

Bisherige Betrachtungsweise Notwendige Änderung Klassische Kontinuumsphysik Quantenmechanik Festkörpereigenschaften Bindungseigenschaften Volumen dominierend Oberfläche dominierend Homogene Materialien Inhomogene Materialmischungen Einfache Miniaturisierung Kombination mit Selbstorganisation Statistische Ansammlungen Individuelle Teilchen

Status-quo und Trends in der Nanotechnologie 27

eher phänomenologischen Betrachtungsweise. Mit der Nanoskaligkeit kommen neue Effekte, Funktionalitäten bzw. neue Qualitäten der bishe-rigen Eigenschaften hinzu (z. B. Antireflexionsvermögen, Transparenz, Kratzfestigkeit, Farbigkeit etc.). Diese neuen physikalischen Eigenschaf-ten sind jedoch nicht nur an eine allgemein festlegbare Partikelgröße ge-bunden, sondern können z. B. zusätzlich von der Materialklasse abhän-gen. Darüber hinaus sind mit der Nanotechnologie neuartige Herstel-lungs- und Kontrollmöglichkeiten für einzelne Objekte auf der Nanoska-la verbunden. Hierzu gehören auch selbstorganisierende Systeme, die aus nanoskaligen Einzelbausteinen (z. B. Molekülen) eine neue Struktur auf-bauen.

3.2 Bottom-up- und Top-down-Strategien

Eigenschaftsänderungen durch Nanoskaligkeit beruhen in hohem Maße auf einer neuen Herangehensweise der Nutzung von Dimension, Form und Zusammensetzung zum Erzielen neuer physikalischer, chemischer und biologischer Wirkprinzipien. Aufgrund dieser Integrationstendenzen hat sich die heutige Nanotechnologie im Wesentlichen aus drei Richtun-gen kommend entwickelt, die sich auf der Nanoebene treffen (Abbildung 3–2):

• Physikalisch-technische Verfahren waren in den letzten Jahrzehn-ten maßgeblich der Treiber zur Erzeugung immer komplexerer Schaltkreise und damit kleinerer Strukturen (Top-down-Bestrebungen) in der Mikroelektronik. In den Einkaufsregalen begegnen uns immer höher getaktete Prozessoren und zunehmend kapazitätsreichere Speicherbausteine und Festplatten.

• Erkenntnisse aus der Komplex-Chemie und der Supramolekula-ren Chemie haben zum gezielten Aufbau hochmolekularer funkti-onaler chemischer Verbindungen mit enormem Anwendungspo-tenzial in der Katalyse, Membrantechnik, Sensorik oder Schicht-technologie geführt (Bottom-up-Bestrebungen).

• Das Verständnis biologischer Prozesse wurde in jüngster Zeit auf zellulärer wie molekularer Ebene entscheidend ausgebaut. Hierzu gehören eine Vielzahl von Abläufen, wie z. B. die Selbstorganisa-tion von Molekülverbänden oder die Photosynthese, von techno-logisch unerreichter Funktionalität und Komplexität auf engstem Raum. Zukünftig gilt es, die zugrunde liegenden biologischen Prinzipien verstärkt auf technische Systeme zu übertragen. Gleichzeitig stellt die Biotechnologie einen immer umfangreiche-ren Werkzeugkasten von Verfahren zum Design funktionaler Mo-leküle zur Verfügung, die den zukünftigen Einsatz biologisch-technischer Hybridsysteme, beispielsweise für Implantate, künst-

Neue Effekte und Funktionalitäten durch Nanoskaligkeit 3 Entwicklungslinien: Phyiskalisch-technische Verfahren Komplex-Chemie und Supramolekulare Chemie Biologische Prozesse

28 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

liche Muskeln oder den Organersatz greifbar nahe erscheinen las-sen.

Abbildung 3-2: Generelle Entwicklungstendenzen und Bezug zur Nanotechnologie (Quelle: VDI TZ)

Auch können Methoden einer Disziplin durch Verfahren und Fachkennt-nisse aus anderen Fachrichtungen sinnvoll ergänzt werden. Um nanoska-lige Objekte zu untersuchen oder gezielt Strukturierungen vorzunehmen, werden meist physikalische Verfahren genutzt. Die Herstellung nanoska-liger Partikel hingegen ist in erster Linie eine Domäne der Chemie. Bio-logische Nano-Objekte wie Proteine, Enzyme oder Viren entstehen hin-gegen durch Selbstorganisation nach Bauplänen der Natur, wobei ein Großteil der grundlegenden Prozesse, wie z. B. die Photosynthese auf der Nanoskala bzw. auf molekularer Ebene, abläuft.

3.3 Neue Effekte durch Nanoskaligkeit

Einem Atom oder Molekül kommen uns vertraute physikalische Eigen-schaften wie elektrische Leitfähigkeit, Magnetismus, Farbe, mechanische Härte oder ein bestimmter Schmelzpunkt noch nicht zu. Materialien in Staubkorngröße hingegen besitzen bereits alle genannten physikalischen Eigenschaften und unterscheiden sich in dieser Hinsicht nicht von einem tonnenschweren Objekt aus Stahl. Nanotechnologie spielt sich also in einem Übergangsbereich zwischen individuellen Atomen oder Molekü-len einerseits und größeren Festkörpern andererseits ab. In diesem Zwi-schenbereich treten Phänomene auf, die man an makroskopischen Ge-genständen nicht beobachtet.

Einige Beispiele für neue Funktionalitäten:

Interdisziplinäre Ergänzungen

Nanotechnologie im Übergangsbereich

zwischen individuellen Atomen und größeren

Festkörpern

1960 1980 heute 2020 2040

NA

NO

MIK

RO

Strukturgrößen

Technische Physik

Elektrotechnik

Elektronik

Quanteneffekte

Anwendungen derNanotechnologieMaterial-

Design

SupramolekulareChemie

IntegrierteNutzung von

physikalischen Gesetzenbiologischen Prinzipien

chemischen Eigenschaften

MA

KR

O

Jahr

Mikro- Elektronik

Funktionales Moleküldesign

Zellbiologie

Molekular- Biologie

Biologie

Komplex-ChemieChemie

ElektronikgerätePhotonikelemente

SensorenBiochips

...top -dow

n bottom-up

Status-quo und Trends in der Nanotechnologie 29

• Die zunehmende Komplexität der Informationstechnik erfordert neue elekt-ronische und optoelektronische Eigenschaften, welche erst durch Einsatz kleinerer Komponenten möglich werden.

• Für Lacke und Farben bieten kleinste Partikel neue Anwendungsmöglich-keiten, wie z. B. unterschiedliche Farbeffekte durch kontrollierte Änderung ihrer Größe oder transparente und dennoch funktionale Beschichtungen, wie Antischmutz-Versiegelung oder UV-Schutz.

• Minimale Beimischungen von Nanomaterialien ändern die Eigenschaften eines Festkörpers deutlich, so dass Folien reißfester werden und Keramiken kaum noch zerbrechen.

• Die chemische Reaktivität und Lebensdauer von Katalysatoren kann durch eine geeignete Strukturzusammensetzung an einer Oberfläche deutlich er-höht werden.

Abbildung 3-3: Wesentliche Eigenschaftsveränderungen in der Nanowelt (Quelle: VDI TZ)

3.4 Thematische und strukturelle Interdisziplinarität

Bei der Beförderung der Nanotechnologie ist es primär notwendig, durch interdisziplinäre Ansätze in Forschung und Entwicklung das nanotechno-logische Know-how zu erweitern, indem die vorhandenen wissenschaft-lichen Ressourcen gebündelt werden. Danach ist die anwendungsorien-tierte Umsetzung dieses Wissens in marktfähige Produkte eine unum-gängliche Aufgabe in einer hochentwickelten Volkswirtschaft. Bezogen auf die Entwicklung neuer Anwendungen ist die Nanotechnologie eine typische Querschnittstechnologie und daher in Deutschland auch Inhalt vieler Verbundprojekte in den Fachprogrammen des BMBF (BMBF

Neue Funktionaliäten: z. B. reißfestere Folien Erweiterung des nanotechnologischen Know-hows durch interdisziplinäre Forschung und Ent-wicklung

VergrößerteOberfläche

QuantenmechanischesVerhalten

MolekulareErkennung

„Neue“ Technische Physikdurch Änderung von• Farbe, Transparenz• Härte• Magnetismus• elektrischer Leitfähigkeit

„Neue“ Chemieprozessedurch Änderung von• Schmelz- und Siedepunkt• chemischer Reaktivität• katalytischer Ausbeute

„Neue“ Bioanwendungendurch Kombination mit• Selbstorganisation• Reparaturfähigkeit• Adaptionsfähigkeit• Erkennungsfähigkeit

Fe3O4

3 wesentliche Eigenschaftsänderungen in der Nanowelt

30 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

2002). Ziel der Fachprogramme des BMBF ist es, die aus den Grundla-generkenntnissen zur Nanotechnologie-Forschung erkennbaren Anwen-dungsperspektiven aufzugreifen und die daraus Mehrwert schaffenden Unternehmen bei der Umsetzung der Ergebnisse zu unterstützen. In der Nanotechnologie gilt es daher, die für Anwendungen geeigneten Akteure interdisziplinär zusammenzuführen und die notwendigen Schritte entlang der Wertschöpfungskette einzuleiten, um dadurch die Marktchancen der am Innovationsprozess Beteiligten im internationalen Wissenschafts- und Wirtschaftswettbewerb zu verbessern.

In diesem Prozess sind ein „langer Atem“ und die Bereitschaft zur stän-digen Weiterentwicklung nötig, müssen doch oftmals bisher bestehende Disziplinengrenzen überschritten und neue, unerprobte Kooperationen eingegangen werden.

Die wesentlichen Inhalte dieser Kooperationen sind nachfolgend aufge-führt.

3.4.1 Nanomaterialien, ultradünne Schichten und poröse Strukturen

Nanopartikel weisen aufgrund ihrer erhöhten Reaktivität ein enormes Anwendungsspektrum auf und lassen sich gezielt mit unterschiedlichen chemischen Derivaten funktionalisieren. Spezielle Funktionen lassen sich z. B. durch Dispergierung und Stabilisierung dieser Partikel erreichen, etwa in Form von flüssigen Formulierungen niedriger Viskosität, hoch-gefüllten Keramik-Schlickern, transparenten Multifunktions-Coatings, Pigment-Dispersionen, e-inks sowie Ferrofluiden. Spezielle oberflä-chenmodifizierte magnetische Nanopartikel werden zur Markierung und Bekämpfung von Tumorzellen erforscht. Das Beschichten von Nanopar-tikeln wird zu verbesserter Handhabung empfindlicher Nanomaterialien oder zum Schutz vor chemischen Reaktionen beitragen. Das betrifft unter anderem Nanopartikel-Kunststoff-Komposite und Nanokristalle, z. B. mit optischen Eigenschaften.

Auch der nanostrukturierten Oberflächenveredelung kommt zunehmende Bedeutung zu. Darunter sind Beschichtungen aller Art zu verstehen, die wesentlich zur Verbesserung der Eigenschaften wie Kratzfestigkeit, Wasser- und Schmutzabweisung beitragen. Ein weiteres wichtiges und technisch relevantes Forschungsfeld ist die Verbesserung der Antireflex-Eigenschaften und des UV-Schutzes für z. B. elektrochrome und photo-aktive Beschichtungen sowie die Entwicklung innovativer abriebfester Schichten.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Entwicklung schalt-, adressier- bzw. strukturierbarer dünner Schichten für technische Anwendungen durch Modifizierung magnetischer Eigenschaften, Transparenz oder einstellba-rer bzw. schaltbarer Hydrophobie/Hydrophilie. Darüber hinaus sind pho-tovoltaische Beschichtungen und der gezielte Aufbau von schalt- und

Grundlagenerkennt-nisse in Anwendungen

überführen

Vielseitige Nanopartikel

Funktionelle Schichten

Status-quo und Trends in der Nanotechnologie 31

regenerierbaren Nanoschichten und Nanostrukturen für mikroelektroni-sche Bauelemente, Polymerelectronics und Smart-Polymere, Displays, Licht- und Wärmemanagement sowie Dämpfer, Aktuatoren und Senso-ren von Interesse.

Mesoporöse bzw. schaumartige Materialien können die Leistungsfähig-keit von Brennstoffzellen, Batterien oder Speichermaterialien durch An-wendung nanostrukturierter mesoporöser Materialien wesentlich steigern. Weitere Anwendungslösungen können bei der Gebäudeisolation, der Schalldämmung, dem Metallschutz im Kfz und zur Herstellung von künstlichem Papier erschlossen werden.

Ein zukünftiger Förderschwerpunkt wird das Gebiet der Funktions-schichten sein. Zu den Produktvisionen im Bereich ultradünner optischer Funktionsschichten gehören schaltbare Spiegel, hocheffiziente Dünn-filmsolarzellen auf Basis von Quantendots oder photoadressierbare Po-lymerfilme. Neue Forschungsfelder können auf den Gebieten lichtakti-vierbare Kunststoffmagnete und photoempfindliche magnetische Schalter auf molekularer Basis erschlossen werden.

3.4.2 Nanobiotechnologie

Generelle Zielsetzung der Nanobiotechnologie ist die Gestaltung der Schnittstelle zwischen biologischen und technischen Systemen auf der biologisch relevanten Skala einzelner Moleküle und Molekülverbände. Demnach wird sowohl das Design technischer Systeme zur Analyse und Steuerung biologischer Systeme adressiert als auch die Nutzung biologi-scher Systeme bzw. Prinzipien in der Technik.

Gegenwärtige Fragestellungen der Nanobiotechnologie zielen insbeson-dere auf die Beherrschung der biologisch-technischen Schnittstelle, dem so genannten „Interface Engineering“ oder Grenzflächendesign. Die kon-trollierte Handhabung von Zellen und Zellverbänden setzt geeignete na-nostrukturierte und funktionalisierte Oberflächen und Membranen vor-aus. Neben dem Gebiet „Tissue Engineering“ wird insbesondere die Pharmakologie profitieren. So ist absehbar, dass das Grenzflächendesign ein wichtiger Baustein innovativer Techniken zur In-vivo-Validierung von Drug-Targets wird. Zielvision ist hier die Bereitstellung besserer Verfahren für die schnellere und spezifischere Testung bzw. Validierung von Wirkstoffen. Die aktive Funktionalisierung von Zellen und Gewebe-teilen ist für zukünftige biohybride Systeme von Bedeutung. Anwen-dungsfelder sind insbesondere neuro-aktive Implantate, die Erforschung und/oder Behandlung neuro-degenerativer Erkrankungen sowie die Neu-rotechnologie. Eine Schlüsselstellung nimmt diesbezüglich die Kopplung elektronischer und biologischer Systeme ein. Erfolge auf diesem Gebiet sind eine wesentliche Voraussetzung, um die Tür zur Neuroelektronik aufzustoßen.

Lernen von Naturvorgängen

32 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

Auf dem Gebiet der Nutzung biologischer Materialien und Verfahren in der Technik kommt der technischen Nutzung von Selbstorganisations-phänomenen zukünftig besondere Bedeutung zu, unter anderem als eine mögliche Alternative zu konventionellen Lithografiemethoden, ebenso wie der Entwicklung und dem Einsatz nanodimensionaler Maschinen-technologien. Hierzu zählt das breite Gebiet der zellfreien Bewegungs-modelle (z. B. Proteinmotoren), die für nanoskalige Manipulationen, kontrollierte Bewegungen von Objekten oder spezifischen Substanz-transport herangezogen werden können. Die Anwendungsmöglichkeiten liegen vorrangig im biotechnologischen, biomedizinischen und chemi-schen Bereich.

Für alle genannten Bereiche ist eine effiziente und hochauflösende Ana-lytik zwingend notwendig. Hier sind die Grenzen der optischen, mecha-nischen, chemischen und biosensorische Verfahren sowie der Kombina-tionen untereinander noch längst nicht ausgeschöpft.

3.4.3 Nanooptik

Der Begriff der Nanooptik kommt speziell für die Ultrapräzisionsbear-beitung optischer Komponenten zur Anwendung, wobei die reproduzier-bare und kostengünstige Produktion von optischen Komponenten mit Genauigkeiten von bis zu unter einem Nanometer im Vordergrund steht. Zum Einsatz kommen derartige Präzisionsoptiken vor allem in der Litho-grafie, wie sie für die Herstellung elektronischer Bauelemente immer geringerer Strukturgrößen zwingend benötigt wird. In der Lithografie hat dabei die Qualität der Optik absolute Priorität und führt bis an die Grenze des derzeit technisch Machbaren, was zu entsprechend hohen Kosten bei der Herstellung und daher einem hohen Preis führt. Weiterhin besteht bei immer kleiner werdenden Wellenlängen die Notwendigkeit, statt trans-mittierender Linsensysteme Spiegeloptiken einzusetzen, wobei zudem äußerst komplexe Schichtsysteme nanometergenau aufgebracht werden, um notwendige Funktionalitäten der Optiken zu erreichen.

Weit weniger drastisch sind die Anforderungen bei Produkten im Con-sumer-Bereich, wie etwa im Fall von Asphären für Datenprojektoren, Kameras, Brillengläsern, Scannern etc. Hier ist vor allem eine Notwen-digkeit nach rationeller Herstellung und Vermessung der Optiken bei moderater Präzision feststellbar.

Einen Bezug zur Nanotechnologie findet man ebenfalls bei völlig neuar-tigen Optikkonzepten, wie beispielsweise „Photonischen Kristallen“, in denen mittels geeigneter Mikro- und Nanostrukturierung eine so genann-te Bandlücke für Licht realisiert werden kann, was es ermöglicht, das Licht auf engsten Raum zu führen und zu manipulieren und somit den Schlüssel zu einer mikrooptischen Integration darstellt.

Photonische Kristalle mit einer bestimmten Bandlücke erfordern eine hinreichend regelmäßige und störungsfreie Strukturierung eines Materi-

Ultraglatte und strukturierte

Optiken

Status-quo und Trends in der Nanotechnologie 33

als im Bereich der Wellenlängen der geführten Strahlung sowie eine effi-ziente Fasereinkopplung. Auf der Basis von III-V-Halbleitern lassen sie sich mit aktiven Bauelementen integrieren und eröffnen so die eigentli-che Vision einer integrierten Optoelektronik. Es lassen sich integrierte optische Schaltmatrizen, Add/Drop-Multiplexer und Cross-Connects denken, die zusätzlich neue Funktionalitäten wie Modulatoren, Monitor-dioden oder Wellenlängenstabilisatoren enthalten können. Zu ersten De-monstratoren gehören Mikrolaser mit Faserankopplung, integrierte Pola-risationsstrahlteiler und abstimmbare Dispersionskompensatoren. Durch Leistungs- und Preisvorteile sind Komponenten auf der Basis photoni-scher Kristalle äußerst attraktiv für die Breitbandnetze der Zukunft.

Nanotechnologische Aspekte zeigen auch neuartige Halbleiter-Lichtquellen (Laser- und Leuchtdioden). Diese optoelektronischen Bau-elemente erzeugen Licht in extrem dünnen, nur nanometerdicken Halb-leiterschichten bzw. in Einzelfällen auch in Quantenpunktstrukturen. Sie stellen eines der wenigen Beispiele dafür dar, dass nicht die Miniaturisie-rung einer bekannten Technologie, sondern ein Bottom-up-Ansatz zur Einführung neuartiger Produkte am Markt – verbunden mit einem unge-heuren wirtschaftlichen Erfolg – geführt hat. Auch dieser Bereich bedarf nach wie vor intensiver Forschung zur Erschließung neuer Wellenlän-genbereiche, Verbesserung von Lichtleistung, Effizienz und Lebensdau-er.

3.4.4 Nanooptoelektronik

Die Bauelemente der Kommunikationstechnik haben mit fortschreitender Miniaturisierung Dimensionen erreicht, in denen innerhalb der Halblei-terstrukturen neue physikalische Effekte, die mit der Quantentheorie er-klärbar sind, ins Spiel kommen. Es geht darum, neue Prinzipien des Schaltkreisentwurfs zu entwickeln, die im Nanobereich die dort zu be-rücksichtigenden Quanteneffekte ausnutzen.

In den letzten Jahren wurde immer deutlicher, dass die III-V-Quantenstrukturen hervorragend geeignet sind, Wechselwirkungsphäno-mene und neuartige kollektive elektronische Zustände in Festkörpern zu untersuchen. Es wird angestrebt, diese Effekte für die Herstellung von Transistoren, Leuchtdioden sowie Lasern zu nutzen, die wiederum Schlüsselelemente der Kommunikationstechnik sind.

Im Förderschwerpunkt „Elektronenkorrelation und Dissipationsprozesse in III-V-Halbleitern“ arbeiten verschiedene Forschergruppen eng ver-zahnt zusammen, um die Materialeigenschaften und Herstellungstechno-logie derartiger Strukturen zu beherrschen und Quanteneffekte zu unter-suchen.

Neben Bauelementen, bei denen die Elektronenladung zur Informations-übermittlung eingesetzt wird, werden Quantensysteme untersucht, bei denen der Elektronenspin genutzt und gezielt manipuliert werden soll.

Photonische Kristalle LED Nutzung von Quanteneffekten

34 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

Die Untersuchung von spinabhängigen Phänomenen und Zuständen und die Realisierung von Spin-Bauelementen ist daher ebenfalls Gegenstand der geförderten Projekte. Die starke Entwicklung dieses Gebiets der Grundlagenforschung ist auch daran zu erkennen, dass die Nobelpreise für Physik mehrfach für die Entwicklung neuer Komponenten der Infor-mationstechnik vergeben worden sind.

3.4.5 Nanoelektronik

Im Rahmen der produktionstauglichen Nanoelektronik ist die Herstellung geeigneter Strukturierungsmasken eines der Hauptziele. Die Masken-technologie ist eine Ultrapräzisionstechnik. Sie liefert einen zentralen Beitrag für die nanoskalige Strukturübertragung bei der Chipherstellung. Das von 2003 bis 2007 laufende BMBF-Großvorhaben zur Maskentech-nologie in Dresden stellt eine Leitinnovation für die Nanoelektronik dar. Es soll die Maskentechnologie für Strukturen von 90 bis 35 Nanometer-breite erforscht werden. Zusätzlich werden alternative Strukturierungs-techniken (schaltbare Masken, maskenlose Verfahren) untersucht.

Die Hauptströmungen der Nanolithografie sind mit der Förderung von Projekten zu 193 nm Immersionslithographie und EUVL abgedeckt. Da jedoch EUVL nicht notwendig den Bedarf solcher Chiphersteller ab-deckt, welche eine hohe Variantenvielfalt und geringere Stückzahlen pro Chiptyp herstellen (wie es bei ASICs, in der Leistungs- und Nachricht-elektronik vielfach der Fall ist), wird begleitend die Untersuchung alter-nativer Strukturierungstechniken durchgeführt. Dabei werden auch nicht-optische Lithografiemethoden, wie beispielsweise die Elektronen- und die Ionenstrahllithografie oder neuartige Replikationsverfahren hinsicht-lich ihres Potenzials für die Herstellung zukünftiger nanotechnologischer Produkte hinterfragt. Für die fernere Zukunft werden außerdem Selbst-ordnungsverfahren als mögliche Strukturierungsmethoden für die Na-noskala diskutiert.

Auch die heute angewendete SOI-Technik (Silicon on Insulator) ist eine Modifikation von Silizium, welche mehr und mehr in Nanometerdimen-sionen erfolgen muss. Sie wird dazu benutzt, um bei der Miniaturisierung in der Mikroelektronik und der damit einhergehenden Erhöhung der Transistortaktraten die Elektronenflüsse so exakt zu kontrollieren, dass vagabundierende Ladungsverteilungen vermieden werden können.

Für Nichtflüchtige Speicher werden vier mögliche nanoelektronische Technologieansätze diskutiert (Flash-Memory, MRAM, FRAM und Pha-se Change RAM). Weitere mögliche Themen sind neue Materialien für Gatedielektrika (so genannte High-Kappa-Materialien), nichtoptische Nanolithografie, Nanopackaging, assistierte Selbstorganisation für Na-noelektronik („Selfordering“), 3D-Strukturierung, programmierbare Lo-gik, neue Konzepte für die Nanoelektronik-Produktionstechnik.

Nanofabrikation

Zukünftige Elektronik

Status-quo und Trends in der Nanotechnologie 35

Im Rahmen der BMBF-Projektförderung werden auch die Vorfeldthemen Spintronik, Carbon Nanotubes und Molekularelektronik gefördert. Die Projekte haben heute noch exploratorischen Charakter. Ziel ist, es zu prüfen, welche Ansätze für eine zukünftige industrielle Umsetzung in Deutschland – mit Schwerpunkt in Dresden – geeignet sind. In der ITRS-Roadmap sind seit Dezember 2001 eine Vielfalt weiterer Vorfeldthemen für den Zeitraum ab ca. 2012 beschrieben (Emerging Research Devices). Dort werden Themen wie quantenzelluläre Automaten, Phase Change Memory und weiteres diskutiert. Diese Themen befinden sind meist noch weit in der Grundlagenforschung. Sie werden daher von Unternehmen nur beobachtet, aber meist nicht erforscht. Neu an den „Emerging Re-search Devices“ ist, dass sie vielfach Know-how außerhalb der heutigen Fachszene Mikroelektronik benötigen. Daher wird der Aufbau von Infra-strukturmaßnahmen diskutiert, die Innovationsakteure im etablierten Feld Mikroelektronik mit denjenigen, welche die neuen Themen bearbeiten, vernetzt und dadurch ermöglicht, so rascher und fundierter diejenigen Ansätze zu identifizieren, welche zu einem späteren Zeitpunkt ein In-vestment im Rahmen der BMBF-Projektförderung wert sind.

3.4.6 Nanoanalytik

Aktuelle Schwerpunkte sind analytische Verfahren in den Anwendungs-feldern Bio- sowie Halbleitertechnologie. Diese dokumentieren die zu-nehmende Anwendungsorientierung auch der grundlagennahen Förde-rung auf diesem Gebiet. Diesem Trend folgend wird zukünftig das The-menfeld „Prozessrelevanz und -tauglichkeit“ in den Vordergrund rücken. Fachliche Schwerpunkte könnten die Teilbereiche chemisch-sensitive Nanoanalytik, nichtdestruktive Analytik verborgener Grenzflächen sowie hochaufgelöste Analytik großer Flächen sein. Mittelfristig wird bei zu-nehmenden industriellen Aktivitäten in der Nanotechnologie die Nanoa-nalytik ebenso wie der Bereich Normierung und Standardisierung in den Anwendungsfeldern integriert sein.

3.4.7 Industrielle Produktion

Die aus der Nanotechnologie erwachsenden Potenziale stellen die Indust-rie vor die Aufgabe, Ergebnisse aus Forschung und Entwicklung schnell in die Praxis umzusetzen, um die Anschlussfähigkeit im internationalen Wettbewerb zu erhalten und auszubauen. Gerade die Umsetzung der Er-gebnisse vom Labormaßstab in die industrielle Praxis stellt eine Hürde dar, die im Verbund aus Forschungseinrichtungen und Industrieunter-nehmen überwunden werden kann. Dabei gilt es unter anderem, die bis-herigen Grenzen der Produktionstechnologien zu überwinden, um neuar-tige, leistungsfähigere Produkte prozesssicher und wirtschaftlich herzu-stellen. Neben technischen Herausforderungen sind auch Fragen der Ar-beitsprozessgestaltung und neue Erfordernisse an die betriebliche Aus- und Weiterbildung zu klären.

Die Augen der Nanowelt Von der Erkenntnis zum Produkt

36 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

Die heute eingesetzten Verfahren der Präzisionsfertigung erreichen be-reits Genauigkeiten von wenigen Mikrometern. Zahlreiche Verfahren der Mikrostrukturierung ermöglichen ebenfalls Strukturabmessungen dieser Größenordnung. Ziel ist, mit neuartigen Verfahren sowohl der Präzisi-onsfertigung wie auch der Mikrostrukturtechnik neue Grenzen im Nano-meterbereich (einige hundert nm) zu beherrschen. Dies gilt auch für Montageprozesse, an die im gleichen Maß wachsende Anforderungen zu stellen sind. Hierzu sind grundlegende Forschungsarbeiten nötig, die das Zusammenspiel von klassischem Maschinenbau und neueren Verfahren der Mikrosystemtechnik notwendig machen, um die Grenze von „mikro“ zu „nano“ zu überwinden.

Neue Verfahren der Oberflächenbeschichtungen ermöglichen Funktions-schichten, die auf ultradünnen Schichten mit charakteristischen Schicht-dicken von weniger als hundert Nanometern beruhen. Solche Schichten kommen überwiegend in der optischen Industrie zum Einsatz, etwa um optische Filter und Linsen mit definierten spektralen Eigenschaften her-zustellen oder um funktionale Beschichtungen anzubringen, die Ver-schmutzungen großflächiger Glasscheiben vermeiden. Die Herausforde-rung besteht hier, die auf kleinen Flächen reproduzierbar herstellbaren Schichten auf große Flächen aufzubringen, wobei oftmals Toleranzen von wenigen Atomlagen einzuhalten sind.

Bei der Produktion von Nanomaterialien besteht heute immer noch der Kompromiss zwischen hochwertiger Qualität, wie beispielsweise die enge Korngrößenverteilung des Werkstoffes und der hohen Produktions-rate der Nanomaterialien. Je enger die Korngrößenverteilung ist, desto besser kommen die typischen Eigenschaften der Nanoteilchen wie opti-sche Eigenschaften, Magnetismus oder chemische Reaktionsfähigkeit zum Tragen. Die Weiterverarbeitung dieser Nanomaterialien stellt die Industrie vor große Herausforderungen, um neuartige Werkstoffe wie transparente Keramiken mit besonderen Eigenschaften herzustellen.

3.5 Wachstumsmarkt Nanotechnologie

Das Weltmarktvolumen von Produkten, bei denen nanotechnologische Herstellungsverfahren oder Komponenten einen wesentlichen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit liefern, liegt bereits heute in der Größenordnung von etwa 100 Mrd. Euro, mit stark steigender Tendenz. In der Zukunft wird in vielen Industriebranchen wie Automobilbau, Chemie, Pharma, Informationstechnik oder Optik die Wettbewerbsfähigkeit künftiger Pro-dukte wesentlich von der Erschließung des Nanokosmos abhängen. Die Nanotechnologie eröffnet neue Marktchancen durch kleinere, schnellere, leistungsfähigere und „intelligentere“ Systemkomponenten für neue Pro-dukte mit deutlich verbesserten oder gar gänzlich neuartigen Funktionali-täten. Obwohl bereits viele Produkte mit nanotechnologischen Kompo-

Industrie vor großen Herausforderungen

bei der Weiterverarbeitung

Weltmarktvolumen derzeit bei etwa

100 Mrd. Euro

Status-quo und Trends in der Nanotechnologie 37

nenten auf dem Markt etabliert sind, wird ein Großteil der nanotechnolo-gischen Erkenntnisse erst in einigen Jahren, teilweise sogar erst in Jahr-zehnten in Produkte umgesetzt werden können. Abbildung 3–4 gibt einen Überblick zum Entwicklungsstand nanotechnologischer Produkte für verschiedene wirtschaftliche Anwendungsfelder.

Das wirtschaftliche Potenzial der Nanotechnologie lässt sich nur schwer quantifizieren, da es an einer international anerkannten Definition von Nanotechnologie und ihrer Produkte fehlt (s. o.). Eine weitere Schwie-rigkeit bei der Abschätzung des Weltmarktvolumens bereiten die Hetero-genität des Technologiefeldes, die Vielschichtigkeit der adressierten Märkte, sowie die schlechte Vorhersagbarkeit des Markterfolges von nanotechnologischen Entwicklungen, da ihr technologischer Reifegrad oft noch recht gering ist und für deren Umsetzung z. T. noch erhebliche technologische Barrieren überwunden werden müssen. Bereits heute bestimmen nanotechnologische Komponenten die Wettbewerbsfähigkeit zahlreicher Produkte. Dies insbesondere in den Massenmärkten der Elektronik, der Chemie und der Optischen Industrie. Mittel- bis langfris-tig wird die Nanotechnologie auch in den Bereichen Automobilbau sowie Life Sciences erheblichen kommerziellen Einfluss entfalten.

Abbildung 3-4: Beispielhafter Überblick zum Entwicklungsstand verschiedener Nano-technologie-Produkte (Quelle: VDI TZ)

Im Folgenden werden kurz die wirtschaftlichen Entwicklungstrends für die wichtigsten Branchen dargestellt, bevor abschließend eine Gesamt-übersicht über die Marktpotenziale präsentiert wird.

Genaue Quantifizie-rung des wirtschaft-lichen Potenzials schwierig

VDE-Standard1.ppt

Technische RealisierungPrototypen

EntdeckungAufklärung

AnwendungInnovation

VerbreitungDiffusion

10-15 Jahre 5-10 Jahre 0-5 Jahre

SXM RöntgenoptikenUltrapräzisionsbearbeitung

Lab-on-a-chip-SystemeBio-Chip-Arrays

Molekulare Krebs-früherkennung

Funktionale BeschichtungenCNT-Verbundmaterialien

Magnetische Fluide

Feinmechanik/Optik/Analytik

Chemie/ Materialien

Medizin/ Life Science

Automobilbau

Energie-/Umwelttechnik

Beispiele für Entwicklungsstand und Anwendungsfelder

NanostrukturierteWasserstoffspeicher

NEMS

Nanopartikel/ Kolloide

CNT-Produktion

Quantenpunktsolarzellen

Marktreife

Farbstoffsolarzellen

Nanomembranen

Tissue EngineeringDiagnostik-Kontrastmittel

Interferenzlacke Nanopartikel für ReifenSchaltbare Lackfarben

AntireflektionsschichtenNanoskaligeVerbundwerkstoffe

Magnet. Hyperthermie durchfunktionalisierte Nanopartikel

Quantenpunkt-DiodenlaserSub 50 nmStrukturierung

Drug Delivery

LED AutonomeNanoroboter

Dendrimere

BEC

Thermoelektrika Batterien

Mol. Motoren

Selbstheilende Werkstoffe

Kraftstoffzusatz

Kratzfestlacke

Photonische KristalleAnalytik

Sonnenschutzzusätze

FRAM

GMR-SensorenMolekularelektronik CNT-FED Elektronik/InformationstechnikDNA-Computing

Millipede OLED

optische (193nm) LithographieEUVLSelbstorganisation

Spintronik

PC-RAMPolymerelektronik

MRAM

Flash-/DRAMProzessor

38 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

Der Elektronikmarkt wird zunächst weiterhin von der CMOS-Technologie dominiert werden. Bis zum Jahr 2006 wird der Anteil der Nanoelektronik (d. h. Strukturbreiten < 100 nm) ca. 10 Prozent des Ge-samt-CMOS-Marktes betragen mit einem Weltmarktvolumen von ca. 20 Mrd. US$. Die Magnetoelektronik hat bereits signifikante Marktantei-le im Bereich der Festplattenspeicher in Form von GMR-Leseköpfen erobert und wird mittelfristig durch MRAM-Speicherchips auch Substi-tutionspotenziale im DRAM-Speichermarkt erschließen.

Im Bereich der Chemie werden mit lange etablierten nanostrukturierten Materialien wie Carbon Black, Kieselsäure oder Polymerdispersionen Milliardenumsätze am Weltmarkt bei allerdings geringem Marktwachs-tum erzielt. Ein dynamisches Marktwachstum wird hingegen bei neueren Nanomaterialien wie Kohlenstoffnanoröhren, Polymernanokompositen, Aerogelen, organischen Halbleitern und anorganischen Nanopartikeln erwartet, vorausgesetzt, dass „Show Stopper“ technologischer (z. B. Probleme beim Upscalen von Herstellungsprozessen) oder sozioökono-mischer Art (z. B. Toxizität von Nanomaterialien) keinen hemmenden Einfluss ausüben.

Marktpotenziale in der Optischen Industrie ergeben sich vor allem bei der Herstellung ultrapräziser Optiken für die Halbleiterfertigung (opti-sche Lithografie), im Bereich optoelektronischer Lichtquellen (Laserdio-den und LED) sowie im Displaybereich (OLED und FED), wo jeweils bis zum Jahr 2006 mit Mrd.-US$-Umsätzen zu rechnen ist.

Die Marktrelevanz der Nanotechnologie im Automobilbau wird von deutschen Nanotechnologie- und Automobilunternehmen derzeit noch als relativ gering eingeschätzt. Dies liegt u. a. an den langen, Innovations-zyklen der verschiedenen Modellserien und daran gekoppelten Vorlauf-zeiten für Technologieentwicklungen. In einigen Automobilkomponenten hat die Nanotechnologie jedoch bereits Eingang in Serienprodukte ge-funden (z. B. kratzfester Lack, nanobeschichtete Einspritzpumpen, LED-Rücklichter etc.). Langfristig wird nanotechnologisches Know-how einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil im Automobilbau ermöglichen. Dies gilt hinsichtlich hier relevanter Kriterien wie Umweltentlastung (z. B. energieeffiziente Antriebe, Leichtbau, Schadstoffreduktion und Ressour-censchonung), Sicherheit (Passive und Aktive Sicherheit) oder Komfort (Produktdesign, Infotainment etc.).

Die Life Sciences werden langfristig als einer der bedeutendsten Märkte für die Nanotechnologie eingeschätzt. Bislang ist der Hauptanteil des nanotechnologischen Marktpotenzials in diesem Bereich allerdings weit-gehend beschränkt auf biomedizinische Schnelltests (DNA-, Protein-Chips), wo der nanotechnologische Einfluss in erster Linie im Bereich der Detektionssysteme deutlich wird. In Zukunft werden nanoskalige Drug-Delivery-Systeme für den gezielten Wirkstofftransport in der Me-dizin sowie nanostrukturierte Materialien zur Herstellung biokompatibler Oberflächen z. B. für Implantate erheblich an Bedeutung gewinnen.

Elektronikmarkt

Chemie

Optische Industrie

Automobilbau

Life Sciences

Status-quo und Trends in der Nanotechnologie 39

Somit beeinflusst die Nanotechnologie, deren Beitrag in der Regel relativ früh in der Wertschöpfungskette angesiedelt ist, z. B. durch die Fabrika-tion von Nanomaterialien, Nanostrukturen oder -schichten, einen Welt-markt von derzeit ca. 100 Mrd. Euro. Verschiedene Marktprognosen sa-gen im Mittel eine exponentielle Steigerung dieses Marktvolumens in den nächsten zehn Jahren voraus. Entsprechend hoch kann die Bedeutung der Nanotechnologie für die Sicherung und Stärkung des Wirtschafts- und Forschungsstandortes Deutschland und damit wiederum für die Schaffung und den Erhalt zukunftssicherer Arbeitsplätze eingeschätzt werden. Basierend auf den Ergebnissen einer Unternehmensbefragung wird erwartet, dass von 2003 bis 2006 mit einer Zunahme von 10.000 bis 15.000 Arbeitsplätzen im Bereich Nanotechnologie in Deutschland zu rechnen ist. Auch wenn eine exakte Ermittlung der Anzahl der Arbeits-plätze im Bereich Nanotechnologie nicht möglich ist, lässt sich grob ab-schätzen, dass bereits heute ca. 60.000 Arbeitsplätze in den ca. 500 deut-schen Nanotechnologie-Unternehmen direkt oder indirekt von der Nano-technologie abhängen.

Die folgende tabellarische Auflistung zeigt die Marktpotenziale der wichtigsten nanotechnologischen Anwendungen in den unterschiedlichen Teildisziplinen. Eine exakte Ableitung des „Nanotechnologie-Weltmarktes“ ist auf Basis dieser Zahlen allerdings kaum möglich, da

• nur für einen Teil der nanotechnologischen Produkte Marktzahlen verfügbar und die Auflistungen somit unvollständig sind,

• die Marktprognosen sich zum Teil auf unterschiedliche Zeithori-zonte beziehen sowie

• Doppelungen hinsichtlich der Nennung von Nanotechnologie-Produkten in zwei oder mehreren Teilbereichen vorkommen (z. B. Anwendung von Nanogrundprodukten/-komponenten in Pro-dukten aus anderen Bereichen).

Nanotechnologische Produkte Jährliches Weltmarktvolumen (Bezugsjahr) Nanomaterialien Metalloxid-/Metall-Nanopartikel 900 Mio. US$ (2005) Nano-Kieselsäure 800 Mio. EUR (2003)

Nano-Schichtsilikate 25 Mio. EUR (2006) CNT 145 Mio. EUR (2005), 1,2 Mrd. EUR (2006) Carbon Black 3 Mrd. US$ (2002), 8 Mrd. US$ (2006) Polymerdispersionen 15 Mrd. EUR (2002) Organische Halbleiter 500 Mio. US$ (2005)

Dendrimere 5-15 Mio. EUR (2006) Mikronisierte Wirkstoffe 1 Mrd. EUR (2002)

Zeolithe 2,6 Mrd. US$ (2006) Aerogele 10 Mrd. US$ (2005)

Polymere Nanokomposite 0,3 Mrd. US$ (2006), 1,1 Mrd. US$ 1,5 Mrd. EUR (2009)

Bereits ca. 60.000 Arbeitsplätze in Deutschland

40 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

Nanoschichten Hartschichten 0,5-1 Mrd. EUR (2006)

Tribologische Schichten 1-5 Mrd. EUR (2006)

Antifog-Schichten 50-250 Mio. EUR (2006) Werkzeugbeschichtungen 50-250 Mio. EUR (2006) Korrosionsschutzschichten 1-5 Mrd. EUR (2006) Elektronik auf Basis funktionaler Nanoschichten, z. B. GMR-HDD

> 5 Mrd. EUR (2006)

Nanobiotechnologie Biophysikalische Analytik (z. B. Rastersondentechniken)

181 Mio. US$ (2002), 745 Mio. US$ (2007)

Diagnostik und Analytik (z. B. Nanopartikel für Biochips)

80 Mio. US$ (2002), 391 Mio. US$ (2007)

Wirkstoffe und Drug Delivery 8 Mio. US$ (2002), 33 Mio. US$ (2007) Tissue Engineering 0 Mio. US$ (2002), 1,5 Mio. US$ (2007) Nanooptik Lithografieoptiken 0,5-1 Mrd. EUR (2006) Ultrapräzisionsoptik 1-5 Mrd. EUR (2006) LED davon weiße LED

1-5 Mrd. EUR (2006) 10-50 Mio. EUR (2006)

Diodenlaser davon Hochleistungs-Diodenlaser

1-5 Mrd. EUR (2006) 50-250 Mio. EUR (2006)

Nanoelektronik CMOS-Elektronik <100 nm 20 Mrd. US$ (2006) GMR-HDD 26,6 Mrd. US$ (2006) MRAM 30-50 Mrd. US$ (2010), (ggf. Ersatz für DRAM) Nanotools/Nanoanalytik Lithografie-Stepper 7,7 Mrd. US$ (2006) Elektronenstrahlithografie 0,9 Mrd. US$ (2006) Sputter-Verfahren 2,1 Mrd. US$ (2006) Ionen-Implantation 1,4 Mrd. US$ (2006) MBE-Verfahren 1,1 Mrd. US$ (2006) CVD-Equipment 5,7 Mrd. US$ (2006) Rastersondenmikroskopie 200 Mio. US$ (2002), 800 Mio. US$ (2007) SEM 0,6 Mrd. US$ (2006) Dünnfilm-Messtechnik 0,5 Mrd. US$ (2006) Ultrapräz. Oberflächenbearbeitung 250-500 Mio. EUR (2006) Nano-Positionierung 0,5 -1 Mrd. EUR (2006) Nano-Partikelzähler 10-50 Mio. EUR (2006) Nano-Robotik 10-50 Mio. EUR (2006)

Tabelle 3-1: Abschätzungen des jährlichen Weltmarktvolumens nanotechnologi-scher Produkte (Quelle: Luther/Malanowski et al. 2004)

3.6 Deutschland im internationalen Vergleich

Die derzeitig aufkommende internationale Konkurrenz im Bereich der Nanotechnologie ist eine logische Folge der technologischen Entwick-lung der letzten drei Jahrzehnte. Während ab den 70er Jahren Biotechno-logie und Mikroelektronik zu den global dominierenden strategischen

Abschätzung jährli-ches Weltmarktvolu-men nanotechnologi-

scher Produkte

Status-quo und Trends in der Nanotechnologie 41

Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkten gehörten, besaß in den 80er Jahren auch die Materialforschung und Informationstechnik prioritä-ren Charakter. Anfang der 90er Jahre wurden vor allem FuE-Arbeiten im Bereich der Miniaturisierung und Integration kleinster Funktionseinhei-ten gestartet. Gleichzeitig kamen in der Chemie neue Bestrebungen auf, eine zielgerichtete Produktgestaltung nach Selbstorganisationsprinzipien durch Zusammenfügen funktionalisierter individueller Systemkomponen-ten zu erreichen, wodurch auch die Oberflächen- und Werkstofftechnolo-gien neue Gestaltungsmöglichkeiten erfahren haben.

Im beginnenden 21. Jahrhundert kommt es nun darauf an, durch Kombi-nation dieser verschiedenen Disziplinen einen Mehrwert zu schaffen. Die Nanotechnologie wird in Kombination mit der Biotechnologie und der Informationstechnik als eine der möglichen Basistechnologien des nächs-ten langjährigen Wachstumszyklus gehandelt. Infolgedessen erfährt sie in allen High-tech Regionen der Erde als eine der wichtigen Zukunftstech-nologien eine immense Förderung. Nicht nur in den USA, in Japan oder in Europa werden daher nationale oder forschungsraumspezifische Pro-gramme aufgelegt, sondern auch bspw. in China, Korea, Taiwan oder Australien.

Das BMBF hat die langfristige Bedeutung der Nanotechnologie schon früh erkannt und die Förderung dieser Entwicklung frühzeitig in Angriff genommen. Bereits ab 1998 wurde neben der Intensivierung der BMBF-Verbundprojektförderung für dieses Gebiet der Aufbau einer unterstüt-zenden Infrastrukturmaßnahme durch Einrichtung von sechs Kompetenz-Netzwerken begonnen und auf heute neun Netzwerke ausgebaut. Obwohl international nicht entsprechend beachtet, geschah dies zwei Jahre bevor die USA ihre nationale Initiative bzw. vier Jahre bevor die EU vergleich-bare Maßnahmen im Rahmen des 6. Rahmenprogramms ins Leben geru-fen haben. Auf dem Gebiet der Nanotechnologie ist Deutschland dadurch die Nummer 1 in Europa hinsichtlich sowohl der investierten öffentlichen Mittel als auch der Anzahl von Unternehmen, Instituten und universitä-ren Einrichtungen in diesem Tätigkeitsfeld.

Um im Umfeld der zunehmenden Internationalisierung und Globalisie-rung auch weiterhin erfolgreich zu sein, wird Deutschland seine Stärken in Wirtschaft und Wissenschaft jedoch noch besser nutzen müssen. Ein Vergleich der Publikations- und Patentanteile verschiedener Länder be-legt, dass in Deutschland die wissenschaftlichen Domänen der Nanotech-nologie noch stark getrennt von anwendungs- und produktbezogenen FuE-Bereichen bearbeitet werden, d. h. es ist ein gewisser Nachholbedarf bei der industriellen Umsetzung erkennbar. Produkt- und Systementwick-lungen auf Basis nanotechnologischer Erkenntnisse und der Integration von Nanostrukturen in mikro- und makroskopische Umgebungen liefern hier eine Chance, die nicht verpasst werden darf. In vielen Teilbereichen der Nanotechnologie besitzt Deutschland noch einen Wissensvorsprung, der gepaart mit den für die Umsetzung notwendigen Produktions- und

Starke Förderung der Nanotechnologie in allen High-tech Regi-onen Nachholbedarf in Deutschland bei industrieller Umsetzung

42 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

Vertriebsstrukturen und der international anerkannten deutschen Fähig-keit zur Systemintegration konsequent zum Markterfolg geführt werden kann.

Genau hier setzt die „Deutsche Zukunftsoffensive für die Nanotechnolo-gie“ an. Auf Basis von intensiven Diskussionen mit Vertretern aus Wirt-schaft und Wissenschaft zielt die BMBF-Nanotechnologie-Förderung im Wesentlichen darauf ab, die Anwendungspotenziale der Nanotechnologie durch an der Wertschöpfungskette strategisch ausgerichtete Forschungs-kooperationen (Leitinnovationen) zu erschließen und flankierend durch bildungspolitische Aktivitäten einem drohenden Fachkräftemangel ent-gegen zu wirken. Für viele in Deutschland wichtige Industriebranchen hängt die künftige Wettbewerbsfähigkeit ihrer Produkte auch von der Erschließung des Nanokosmos ab und auch davon, inwieweit die Gesell-schaft bereit ist, diese Produkte zu benutzen. Vom BMBF moderierte Chancen-Risiken Dialoge zu ökologischen, gesundheitlichen, sozialen und politischen Aspekten werden hier für eine offene Öffentlichkeitsar-beit herangezogen werden.

Die Akteure der Nanotechnologie-Szene in Deutschland waren weltweit mit die Ersten, die auf Basis einer fundierten und breit angelegten Grund-lagenforschung frühzeitig Anwendungsoptionen adressiert haben. Bereits mehr als 100 Unternehmen in Deutschland haben diese Innovationschan-ce erkannt und nutzen nanotechnologische Erkenntnisse für ihr Kernge-schäft. Insgesamt haben ca. 500 bis 600 Unternehmen in Deutschland mittlerweile Bezug zur Nanotechnologie und widmen sich als Produkt-entwickler, Zulieferer oder Investor zunehmend intensiver diesem Tech-nologiefeld. Für sie stellen nanotechnologische FuE-Arbeiten keine kurz-fristige Modeerscheinung dar, sondern sie widmen sich langfristig den Schlüsselelementen für zukünftige Neuentwicklungen in Branchen mit hohem Beschäftigungspotenzial, hauptsächlich im Bereich der Elektronik und Informationstechnik, des Automobil- und Maschinenbaus, der Che-mie und Pharmazie, Optikfertigung, Medizin und Biotechnologie oder bei der Energieerzeugung und in der Bauwirtschaft. In Deutschland exis-tieren inzwischen zahlreiche kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die als reine Nanotechnologie-Unternehmen bezeichnet werden können. Diese flexiblen Innovationsunternehmen besetzen spezifische Nischen innerhalb der Wertschöpfungskette und liefern einen wichtigen Beitrag zum Know-how Transfer aus der Forschung in die Industrie. KMU haben deshalb eine Schlüsselfunktion in den meisten Hochtechnologieberei-chen, so dass die Gründung und Unterstützung innovativer Start-ups auch in der jungen Nanotechnologie-Branche von größter Bedeutung ist.

3.6.1 Förderung durch das BMBF

Das BMBF hat bereits seit Ende der 80er Jahre im Rahmen der Pro-gramme „Materialforschung“ und „Physikalische Technologien“ For-schungen auf dem Gebiet der Nanotechnologie gefördert. Schwerpunkte

Künftige Wettbe-werbsfähigkeit vieler

Industriebranchen hängt von der Nano-

technologie ab

500 bis 600 Unter-nehmen mit Bezug

zur Nanotechnologie

Zahlreiche KMU, die „reine“ Nanotechno-logie-Unternehmen

sind

Status-quo und Trends in der Nanotechnologie 43

waren zunächst die Herstellung von Nanopulvern, Erzeugung lateraler Strukturen auf Silizium sowie Methodenentwicklung zur Nanoanalytik. Später wurden auch in anderen Programmen, so z. B. im Programm „La-serforschung“ oder im Programm „Optoelektronik“ Forschungsarbeiten mit Nanobezug gefördert. Heute werden zahlreiche Projekte mit Nano-technologiebezug durch eine ganze Reihe von Fachprogrammen (z. B. WING – Werkstoffinnovationen für Industrie und Gesellschaft, IT For-schung 2006, Förderprogramm Optische Technologien, Rahmenpro-gramm Biotechnologie) unterstützt. Von 1998 bis 2005 ist das Fördervo-lumen von Verbundprojekten in der Nanotechnologie auf mehr als das Vierfache angestiegen und beläuft sich derzeit auf rd. 120 – 130 Mio. Euro. Eine Auflistung der BMBF-Aufwendungen für die Nanotechnolo-gie-Forschung in verschiedenen Schwerpunktthemen ist in Tabelle 3–2 für die Haushaltsjahre 2002 bis 2005 abgebildet.

Institutionelle Nanotechnologie-Förderung (in Mio. €)

2002 2003 2004 2005

DFG Deutsche Forschungsgemeinschaft 60,0 60,0 60,0 60,0 WGL Wisssensgemeinschaft G.W. Leibniz 23,7 23,6 23,4 23,5 HGF Helmholtz-Gemeinschaft 38,2 37,1 37,4 37,8 MPG Max-Planck-Gesellschaft 14,8 14,8 14,8 14,8 FhG Fraunhofer-Gesellschaft 4,6 5,4 5,2 4,9 Caesar 1,8 3,3 4,0 4,4 Summe (in Mio. €) 143,1 144,2 144,8 145,4 Tabelle 3-2: Mittel für Nanotechnologie-Forschung im Rahmen der DFG-

Förderung und der institutionellen Förderung (Quelle: BMBF 2004)

Ausgaben der öffentlichen Hand

Deutschland kann auf dem Gebiet der Nanotechnologie auf eine gut aus-gebildete Wissenschaftlerszene, eine ausdifferenzierte und vernetzte FuE- und Institutslandschaft sowie engagierte Ingenieure und Unterneh-mer aufbauen. Sowohl die zukunftsorientierten Firmen als auch die öf-fentliche Hand setzen erhebliche Mittel zur Stärkung des Themas und seiner Akteure ein. Dabei werden gleichzeitig sowohl die FuE-Arbeit als auch der Ausbau flankierender Maßnahmen, wie der Aufbau vernetzter Strukturen, die Einrichtung von Studiengängen zur Nanotechnologie und sonstige Nachwuchsarbeit und die Einbindung der Gesellschaft in die Thematik adressiert. Die Summe der Aufwendungen zur Förderung der Nanotechnologie in Deutschland ergibt für 2004 eine Gesamtsumme von ca. 290 Mio. Euro (ohne den zusätzlichen Eigenanteil der Industrie zur Projektförderung). Die Aufwendungen der Länder für die Universitäten im Rahmen der Grundfinanzierung sind hier ebenso wenig berücksichtigt wie die eigenen Mittel der Industrie für Nanotechnologie-Forschung au-ßerhalb der öffentlichen Förderung Tabelle 3–3).

Förderung durch das BMBF Insgesamt 290 Mio. Euro öffentlicher Förderung jährlich

44 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

Nanotechnologie-Förderung in Deutschland 2002 2003 2004 2005 BMBF Projektförderung 73,9 88,2 123,8 129,2 BMWA Projektförderung 21,1 24,5 24,5 23,7 Institutionelle Förderung 143,1 144,2 144,8 145,4 Summe (in Mio. €) 238,1 256,9 293,1 298,3 Tabelle 3-3: Aufwendungen der öffentlichen Hand für die Förderung von Vorha-

ben der Nanotechnologie in Deutschland. (Quelle: BMBF 2004)

3.6.2 Vergleich mit internationalen Aktivitäten in Japan, USA und Europa

In der Erarbeitung der Grundlagen für neue Produkte und Anwendungen ist Deutschland in den meisten Technologiebereichen mit an der Welt-spitze, und auch in der Nanotechnologie-FuE wird Deutschland mit den USA und Japan auf vergleichbarem Niveau gesehen. Jedoch ergibt ein genereller Vergleich der Publikations- und Patentanteile der verschiede-nen Länder, dass in Deutschland die wissenschaftlichen Domänen der Nanotechnologie noch stark getrennt von den anwendungs- und produkt-bezogenen FuE-Bereichen bearbeitet werden (vgl. Hullmann 2001). Hier ist ein eher mit japanischen Entwicklungen vergleichbarer Zustand fest-zustellen, während die USA doch deutlich stärker umsetzungsorientierte Ziele verfolgen. Demzufolge hat Deutschland, verglichen mit seiner Qua-lität als Forschungsstandort, seinen zahlreichen Unternehmensgründun-gen und seinen Marktperspektiven, bei der Umsetzung seines nanotech-nologischen Know-hows noch einiges aufzuholen. Durch Aktivierung einer parallelen Förderstrategie – gleichzeitig Projektförderung und Auf-bau einer unterstützenden Infrastruktur – wurde bisher erreicht, dass nicht nur die Forschung in der Nanowissenschaft international einen der vordersten Plätze einnimmt, sondern auch die auf Nanotechnologie-Produkte ausgerichteten Firmen an Anzahl und Renommee deutlich zu-gelegt haben. Grob geschätzt besitzen die USA und Europa etwa gleich viele Unternehmen mit Bezug zur Nanotechnologie. Etwa die Hälfte der in Europa ansässigen Firmen stammt aus Deutschland. Ein Vergleich mit der Situation in Japan oder weiteren Ländern aus Südostasien ist schwie-rig, da für diesen Erdteil kaum verlässliche Firmenübersichten existieren.

Im Laufe der letzten Jahre konnte hauptsächlich durch die BMBF-Maßnahmen zur Nanotechnologie die Sichtbarkeit der deutschen Aktivi-täten deutlich gesteigert werden. Nach einem Statement von Philippe Busquin (ehemaliger Forschungskommissar der EU) „ist Deutschland bei den nanotechnologischen Innovationen die Wachstums-Lokomotive in der EU“. Dies lässt erkennen, dass Deutschland in der Nanotechnologie sowohl fachlich als auch infrastrukturell gut aufgestellt ist.

Nachfolgend findet sich eine Darstellung zu den Angaben der öffentli-chen Ausgaben in Europa, USA und Japan, wobei anzumerken ist, dass der Vergleich von Förderaufwendungen in verschiedenen Ländern mit

Nachholbedarf Deutschlands bei der

wirtschaftlichen Umsetzung des vor-

handenen Know-hows

Deutschland ist Vorreiter

innerhalb der EU

Status-quo und Trends in der Nanotechnologie 45

Schwierigkeiten verbunden ist, welche die generelle Vergleichbarkeit der Angaben in Frage stellen.

Angaben in Mio. € 2001 2002 2003 2004 Deutschland 210 240 250 290 Europa (inkl. nationaler Förderung) 360 480 700 740 USA 420 570 770 850 Japan 600 750 800 800 Tabelle 3-4: Öffentliche Nanotechnologie-Ausgaben in Europa, USA und Japan

(Quelle: BMBF 2004)

Danach zeigt sich eine annähernd einheitliche Förderung in den drei Tri-adenregionen Europa, USA und Japan. Deutschland liefert innerhalb Eu-ropas den Hauptbeitrag zu dieser Fördersumme.

Neben den hohen Investitionen in dieses Zukunftsfeld sind weitere Be-sonderheiten der derzeitigen Förderung in fast all diesen Ländern er-kennbar, die vom BMBF schon ab 1998 adressiert wurden:

• Interdisziplinärer Ansatz zur Beförderung des Feldes;

• Gleichzeitige Förderung von Grundlagen- und angewandter For-schung;

• Initiierung von Netzwerkaktivitäten;

• Ausbau internationaler Kooperationen;

• Kombination mit Fragen der zukünftigen Aus- und Weiterbil-dung;

• Öffentlicher Diskurs über gesellschaftsrelevante Fragestellungen;

• Drang nach schneller Erkenntnisumsetzung zur Standortstärkung.

3.6.2.1 Europa

Die Fördermittel in Europa verteilen sich nach einer Auswertung durch die Europäische Kommission wie folgt:

Abbildung 3-5: Öffentliche Förderung in der EU (Quelle: Europäische Kommission)

Annähernd einheitli-che Förderung im in-ternationalen Ver-gleich

46 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

3.6.2.2 Japan

Japan investiert sehr stark in die Entwicklung der Nanotechnologie, denn Regierung wie Unternehmen wollen durch konzertierten Einsatz die Vor-reiterrolle in dieser zukunftsweisenden Technologie einnehmen. Eine Vielzahl von Projekten in den verschiedensten Bereichen ist angescho-ben, die in den nächsten Jahren zu sichtbaren, kommerziell umsetzbaren Ergebnissen führen sollen. In Japan kann die Nanotechnologie auf starke staatliche Unterstützung bauen, dabei wird die Nanotechnologie gemein-sam mit der Materialforschung diskutiert und gefördert. Japan hat in vie-len industriellen Anwendungsbereichen konsequent an der Miniaturisie-rung von Teilen und Komponenten gearbeitet. Dabei ist die Forschung in den Nanobereich vorgedrungen und hat nanotechnologische Entwicklun-gen ermöglicht, die u. a. in der Mikrosystemtechnik und der Informati-onstechnologie neue Eigenschaften von Materialien hervorbringen bzw. hervorbringen sollen.

Noch sind einige Bereiche eher von wissenschaftlichem Interesse und werden auf Symposien vorgestellt. Es ist daher noch nicht abzusehen, ob daraus umsetzbare Produkte werden. Jedoch ist Nanotechnologie auch keine reine Zukunftsvision mehr. Bestimmte Bereiche können durchaus bereits marktfähige Produkte vorweisen, so bspw. in der Oberflächenbe-schichtung. Jedenfalls sieht sich Japan in der nanotechnologischen For-schung und Entwicklung auf dem gleichen, wenn nicht sogar einem et-was besseren Stand als die USA oder europäische Länder, da das Land schon sehr früh in die Nanotechnologie investiert hat. Zudem wird eine enge Verzahnung der Aktivitäten von Regierung, Wissenschaft und Un-ternehmen gesucht.

In Japan wird versucht, eine Kombination von FuE-Anstrengungen mit gesellschaftlichen Belangen zu erreichen. Wissenschaftler und Technolo-gen werden angehalten, die Belange der Bevölkerung in ihren Arbeiten zu berücksichtigen und sich auch den Fragen der Gesellschaft zu stellen.

Im Second Science and Technology Basic Plan der japanischen Regie-rung7 werden Nanotechnologie und Materialforschung zu einem The-menbereich zusammengefasst und als einer von vier Schlüsselbereichen angesehen, welcher erheblicher Förderung bedarf (die anderen drei sind Life Science, ICT, Environmental Science).

Fünf prioritäre Bereiche werden in diesem Komplex adressiert:

• Nanomaterialien und -geräte für die nächste Generation bei IuK-Systemen;

• Materialien für den Umweltschutz und Energieeinsparung;

7 Council for Science and Technology Policy:

http://www.mext.go.jp/english/news/2005/04/05051301.htm (27.09.2005)

Hohe staatliche Un-terstützung in Japan

Einbeziehung gesellschaftlicher

Belange

Status-quo und Trends in der Nanotechnologie 47

• Materialen und Systeme der Nanobiotechnologie;

• Basistechnologien für Analytik, Simulation, Fabrikation und Eva-luation;

• Neue Materialien für revolutionäre Funktionen und innovative Anwendungen.

Das Ministry of Education, Culture, Sports, Science and Technology (MEXT) und das Ministry of Economy, Trade and Industry (METI) sind die hauptsächlich fördernden Regierungseinrichtungen. Die Förderung erstreckt sich im Wesentlichen auf Forschungseinrichtungen und -programme, aber auch vereinzelte projektbezogene Ausgaben werden beglichen (z. B. für Carbon Nanotubes, METI).

In 2004 vergab das METI ca. 18 Mrd. Yen (ca. 135 Mio. Euro) für den Bereich Nanotechnologie und Materialforschung. Das MEXT investierte 2004 in den Nanotechnologie- und Materialbereich ein Fördervolumen von ca. 72 Mrd. Yen (ca. 540 Mio. Euro).

Insgesamt ergibt sich für die Aufwendungen Japans (MEXT, METI und die drei weiteren Fördereinrichtungen) ein Volumen von öffentlichen Mitteln für 2004 von ca. 750 Mio. Euro.

3.6.2.3 USA

Die National Nanotechnology Initiative (NNI) der USA wurde im Jahr 2001 eingerichtet, um die FuE-Aktivitäten der nanoskaligen Wissen-schaft, Entwicklung und technologischen Umsetzung aller ministeriellen Einrichtungen zu koordinieren. Im ersten Jahr waren an der NNI sechs Regierungsstellen beteiligt, bei einem Budget von 464 Mio US$. In 2005 ist die Teilnahme von Regierungseinrichtungen auf elf angestiegen, wei-tere elf sind mittlerweile Partnerorganisationen und das Budget ist auf ca. 1 Mrd. US$ angewachsen.

Die NNI hat nicht nur bewirkt, dass in vielen anderen Ländern der Welt Nanotechnologie eine starke Unterstützung erfahren hat, sondern auch innerhalb der USA haben sich einzelne US-Staaten, regionale und lokale Förderer diesem Thema zugewandt. Eine grobe Abschätzung ergibt einen Aufwand dieser Einrichtungen in Höhe von etwa 20 Prozent der Förder-summen der US-Regierung.

2003 erlangte die NNI verstärkte Beachtung dadurch, dass Präsident Bush den „21st Century Nanotechnology R&D Act“ unterzeichnete. Da-durch wurde die Notwendigkeit einer nationalen Strategie festgehalten und ein Budget für die nächsten vier Jahre festgelegt. Die Gesamtkoordi-nation der Aktivitäten wird derzeit vom Presidential Office of Science and Technolgy Policy (OSTP) durchgeführt, unterstützt von einer ein-richtungsübergreifenden Koordinierungsgruppierung NSET Subcomittee (Nanoscale Science, Engineering and Technology Subkommittee) unter Leitung der National Science Foundation NSF.

Key-Player: MEXT und METI Einrichtung der „Na-tional Nanotechnolo-gy Inititative“ in 2001 Gesamtkoordination durch das OSTP

48 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

Die Hauptziele der NNI sind:

• Bereitstellung des weltbesten FuE-Programms zur Erreichung al-ler durch Nanotechnologie möglichen Ziele;

• Schneller Ergebnistransfer in neue Technologien, um Produkte zur Sicherung des wirtschaftlichen Wachstums, zur Erzeugung von Arbeitsplätzen und zum Wohle der Gesellschaft herzustellen;

• Verfügbarmachen von Ausbildungsmöglichkeiten, ausreichend geschulten Arbeitskräften und der nötigen Infrastruktur zur Er-schließung der Nanotechnologie;

• Unterstützung eines verantwortlichen Umgangs mit nanotechno-logischen Entwicklungen.

Diese Ziele werden durch Koordination von so genannten „Program Component Areas“ umgesetzt:

• Grundlagenerforschung nanoskaliger Phänomene;

• Nanomaterialien;

• Nanoskalige Instrumente und Systeme;

• Metrologie, Standardisierung und Geräteforschung;

• Nanoproduktion;

• Forschungszentren, Nutzereinrichtungen und Gerätebeschaffung;

• Soziologische Aspekte der Nanotechnologie.

Durch eine koordinierte Vorgehensweise und Absprachen bei der Förde-rung haben es die USA durchaus geschafft, sowohl bei den Forschungs-arbeiten, bei der Einrichtungen von Nanotechnologie-Zentren als auch bei der Produktumsetzung, Unternehmensgründung und Kapitalfokussie-rung international beachtete Erfolge zu verzeichnen.

Hauptziele

Umsetzung

49

4 EINFÜHRUNG REGIONALE CLUSTER

Die regionale Ebene gewinnt in der Wirtschaftspolitik und Technologie-förderung seit Ende der 70er Jahre zunehmend an Bedeutung. Ausgangs-punkt der „Wiederentdeckung des Raumes“ in der ökonomischen Theo-rie war die Beobachtung der Herausbildung dynamischer Wachstums-räume wie dem Silicon Valley oder der Emilia Romagna. Eine weite Verbreitung erfuhr in diesem Zuge das auf der Managementlehre basie-rende Konzept der Regionalen Cluster von Porter, demzufolge sich die räumliche Konzentration von Unternehmen positiv auf die Wettbewerbs-fähigkeit von Nationen und Regionen auswirkt.

Im Folgenden wird zusammenfassend das Konzept der „Regionalen Cluster“ vorgestellt. Dabei wird anfangs das Konzept näher erläutert, bevor in Kapitel 4.2 die zunehmende Orientierung der Raumordnungs- und Strukturpolitik an diesem Konzept beschrieben und abschließend die Möglichkeiten und Grenzen einer am Clusterkonzept orientierten regio-nalen Wirtschaftspolitik erörtert werden.

4.1 Das Cluster-Konzept

Empirische Untersuchungen belegen, dass in vielen Branchen eine regio-nale Konzentration von Unternehmen und Arbeitskräften vorherrscht. Nach Schiele (2003) sind etwa die Hälfte des produzierenden Gewerbes in Deutschland und einige Dienstleistungen in regionalen Branchenhäu-fungen angesiedelt.

Lange Zeit wurde die räumliche Konzentration von Unternehmen allein mit der Existenz von Agglomerationsvorteilen begründet. Dabei wird unterschieden in Lokalisationsvorteile, die die aus einer Konzentration von Unternehmen desselben Wirtschaftszweiges resultierenden Vorteile beschreiben, und Urbanisationsvorteile, die aus den Effekten der Kon-zentration von Wirtschaftsunternehmen aus verschiedenen Branchen re-sultieren. Lokalisationsvorteile ergeben sich durch das Vorhandensein von Zulieferern und einer für die Branche speziellen Infrastruktur. Urba-nisationsvorteile ergeben sich beispielsweise durch die Existenz allge-meiner, großstadttypischer Infrastrukturen im Bereich unternehmensori-entierter Dienstleistungen oder der Verkehrsanbindung.

Die neueren Begründungen für die Existenz branchenspezifischer Kon-zentrationen betonen so genannte lokale Externalitäten und soziale As-pekte in der Form von Netzwerken und Institutionen, die sich positiv und mit selbstverstärkendem Charakter auf die Unternehmen der Branche in der entsprechenden Region auswirken (Brenner/Fornahl 2002). Ähnlich argumentiert auch Porter mit seinem Cluster-Konzept.

Nach Porter (2000) sind Cluster räumliche Konzentrationen von mitein-ander verbundenen Unternehmen, spezialisierten Zulieferern und Dienst-

„Wiederentdeckung des Raumes“ Agglomerations-vorteile Lokale Externalitäten und soziale Aspekte

50 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

leistungsanbietern, Unternehmen in verwandten Branchen sowie institu-tionelle Einrichtungen (z. B. Universitäten, Standardisierungseinrichtun-gen, Handelsorganisationen) in bestimmten Feldern, in denen diese so-wohl mit einander kooperieren als auch im Wettbewerb zueinander ste-hen. Cluster beinhalten dabei in der Regel ganze Wertschöpfungsketten – vom Zulieferer bis zum (industriellen) Endkunden.

Die Bedingungen unter denen sich ein Cluster entwickelt, beschreibt Por-ter in seinem Diamanten-Modell. Konkret handelt es sich um (Abbil-dung 4–1).

a) Faktorbedingungen: Hohe Innovationsraten und Produktivitäts-wachstum hängen von der Qualität des Humankapitals, der tech-nischen und administrativen Infrastruktur, den Bezugsmöglich-keiten von Kapital etc. vor Ort ab.

b) Nachfragebedingungen: Die Qualität der regionalen Nachfrage hat einen hohen Einfluss auf die Entwicklung und Verbesserung der Produkte und Dienstleistungen. Anspruchsvolle Kunden zwingen die lokalen Unternehmen zu ständigen Innovationen.

c) Verwandte und unterstützende Branchen: Der lokale Bezug von Vorprodukten ermöglicht einerseits eine kostengünstigere und schnellere Beschaffung und kann durch einen stärkeren In-formationsfluss Innovationen fördern.

d) Unternehmensstrategie, Struktur und Konkurrenz: Firmen-strategien und -strukturen spielen eine wichtige Rolle. Denn z. B. Firmenhierarchien, Unternehmensgrößen und der Bildungshinter-grund der Führungskräfte sind international unterschiedlich und jeweils für unterschiedliche Branchen vorteilhaft. Ein ausgepräg-ter nationaler Wettbewerb in einer Branche führt zum ständigen Innovations- und Verbesserungsdruck und somit entstehen inter-national wettbewerbsfähige Unternehmen.

Neben diesen Bedingungen existieren nach Porter noch zwei Einflüsse außerhalb des Diamanten:

e) Zufall: Entwicklungen, die nicht durch die Unternehmen oder den Staat kontrolliert werden können, wie z. B. außergewöhnliche technologische Entdeckungen, Kriege, etc.

f) Staatliches Eingreifen: Staatliche Akteure können durch ihr Eingreifen jede der beschriebenen Facetten des Diamanten so-wohl vor- als auch nachteilig verändern.

Der Diamant ist dabei nach Porter ein sich selbst verstärkendes System, bei dem die Wirkung des einen Faktors von dem Zustand des anderen abhängt. Verbesserungen bzw. Verschlechterungen bei einem Faktor können daher zu einer positiven bzw. negativen Veränderung eines ande-ren führen.

Diamanten-Modell von Porter

Selbstverstärkendes System

Einführung Regionale Cluster 51

Abbildung 4-1: Diamant-Modell von Porter zur Erklärung regionaler Wettbewerbs-vorteile (Quelle: Porter 2000, 258)

Ursprünglich wurde das Clusterkonzept auf nationaler Ebene entwickelt; die Wirkung der einzelnen Faktoren verstärkt sich aber nach Porter durch die räumliche Konzentration auf regionaler Ebene.

Für die Entstehung von Clustern sind günstige Faktorbedingungen und der Zufall die wichtigsten Gründe. Cluster müssen sich nicht zwangsläu-fig auf alle vier Faktoren des Diamanten stützen, eine durchgängig hohe Qualität aller Bedingungen ist jedoch vorteilhaft.

Durch direkten staatlichen Einfluss können Cluster kaum erzeugt werden, der Staat kann aber auf die vier Bedingungen Einfluss ausüben, z. B. durch eine Verbesserung der Infrastruktur oder der Unterstützung von Informations- und Kooperationsmöglichkeiten (vgl. auch Kapitel 4.3).

Nicht alle Branchen eignen sich für eine clusterbasierte Förderung. Sie sollten sich nach Sternberg/Kiese/Schätzl (2004) durch folgende Merk-male auszeichnen: eine gewisse quantitative Bedeutung, eine überdurch-schnittliche Dynamik, eine hohe Wertschöpfungsintensität, eine über-durchschnittliche Intensität an Forschung und Entwicklung, ein hohes Gründungspotenzial, ein hohes Synergiepotenzial mit anderen Branchen sowie die Exportfähigkeit der produzierten Dienstleistungen.

Kritisch sei an dieser Stelle angemerkt, dass das Clusterkonzept bislang eher unscharf formuliert ist und durch die Entwicklung zum Modebegriff noch weiter aufgeweicht wurde. Neben den methodischen Schwierigkei-ten existiert auch inhaltliche Kritik am Clusterkonzept. Beispielsweise kann eine Konzentration bestimmter Industrien die ökologischen Grund-

Wirkung der Faktoren wird durch räumliche Nähe verstärkt Nicht alle Branchen neigen zu räumlichen Clustern

52 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

lagen einer Region zerstören (beispielsweise bei der übermäßigen Nut-zung von natürlichen Potenzialen) und es können so genannte Agglome-rationsnachteile (wie z. B. steigende Arbeitskosten) auftreten. Eine Mo-nopolisierung kann ferner zu einer Einschränkung anderer Entwick-lungsmöglichkeiten der Region führen, bei denen man für Neuentwick-lungen außerhalb der Region nicht mehr aufgeschlossen ist und damit den Anschluss verpasst („Lock-in“-Effekte). Auch die Krisenanfälligkeit einer Region ist bei einer am Ort konzentrierten Branche ungleich höher und eine Wachstumsschwäche in dieser Branche kann dann meist durch die weniger dominanten Branchen in der Region nicht aufgefangen wer-den.

Dennoch besitzt das Cluster-Konzept einen gewissen Charme. Gerade in der heutigen Zeit, in der nicht mehr nur ein genialer Erfinder Inventionen erarbeitet, sondern Innovationsnetzwerke für den Fortschritt sorgen, wer-den die oben beschriebenen Bedingungen eines Clusters immer entschei-dender. Auch die wichtigste Form des Wissensaustausches zwischen Un-ternehmen – der Mitarbeiterwechsel – wird in einem Cluster erleichtert, da ein Unternehmenswechsel nicht mit einem Wohnortwechsel verbun-den ist (welcher gerade in Deutschland noch eher unbeliebt ist). Cluster sind zudem Brutstätten für neue Unternehmen, denn beispielsweise wa-ren mehr als die Hälfte der 70 Halbleiterfirmen im Silicon Valley „Spin-offs“ der Fairchild Semiconductor.

Unternehmen, welche in einem Cluster angesiedelt sind, erreichen im Gegensatz zu ihren Wettbewerbern, die nicht in einem solchen Cluster beheimatet sind, eine höhere Innovationskraft und eine höherer Produkti-vität. Dies liegt an der tieferen Arbeitsteilung zwischen den Unternehmen innerhalb eines Cluster und zudem im gleichen kulturellen Umfeld, was diese Arbeitsteilung erleichtert. Nach Sautter (2004, 67) ermöglichen „persönliche Beziehungen zwischen den Unternehmen, die von gegensei-tigem Vertrauen und durch gemeinsame Normen und Konventionen ge-kennzeichnet sind, […] einen intensiven Wissensaustausch innerhalb des Clusters. Dieses regionale Innovationsnetzwerk führt in einem innovati-ven Milieu mit zahlreichen gemeinschaftlichen Initiativen und Koopera-tionen zu einem kollektiven Lernprozess, der die Wettbewerbsfähigkeit des Clusters steigert („Lernende Region“). In einem regionalen Innovati-onssystem wird dieser Wissensaustausch zusätzlich von regionalen For-schungs-, Bildungs- und Wissenstransfereinrichtungen unterstützt.“ (Hervorhebungen im Original).

Vor allem Cluster in wissensintensiven Industrien – wie beispielsweise der Nanotechnologie – können in ihrer Entwicklung mit Hilfe des Le-benszyklusansatzes beschrieben werden. In der Set-up-Phase dominiert die Grundlagenforschung um ein wissenschaftliches Zentrum herum. Der Finanzbedarf wird noch größtenteils aus staatlichen Fördermitteln ge-deckt und die direkten wirtschaftlichen Auswirkungen in Form von Ar-beitsplätzen bzw. Unternehmensumsätzen sind noch gering. Durch einen

Cluster als Brutstätten neuer

Unternehmen

Unternehmen in Clustern haben höhe-

re Innovationskraft

Beschreibung von Clustern anhand des

Lebenszyklusansatzes

Einführung Regionale Cluster 53

zunehmenden Technologietransfer in Unternehmen in der Start-up-Phase können private Gelder akquiriert werden und erste wirtschaftliche Erfol-ge ausgewiesen werden. Von der dritten Phase (Scale-up) bis zur vierten Phase (Grown-up) steigt die Zahl der Arbeitsplätze und der Unterneh-mensumsätze mit vermarktbaren Produkten im Cluster an, der Bedarf an staatlicher Förderung wird geringer und der Bedarf an Flächen und Hu-mankapital steigt stetig.

Um eine dauerhafte Existenz eines Clusters zu sichern, ist die Erreichung einer kritischen Masse an Unternehmen zwingend erforderlich. Eine ge-naue Definition, wann die kritische Masse erreicht ist, existiert nicht. Sie kann aber im Vergleich der Unternehmenszahl, der Zahl der in der Bran-che Beschäftigten, der jährlichen Ausgründungen, der Zahl der Patente etc. mit anderen Regionen eingeschätzt werden (Brenner/Fornahl 2002).

4.2 Cluster-Konzepte in der Raumordnungs- und Strukturpolitik

Die Erkenntnisse einer höheren Innovationskraft von Unternehmen, die in einem Cluster beheimatet sind, und die Erfahrungen aus erfolgreichen Regionen – wie z. B. dem Silicon Valley oder der Emilia Romagna – waren mit ein Auslöser für einen schleichenden Perspektivenwechsel in der Raumordnungs- und Strukturpolitik (gerade in den Neuen Bundes-ländern), bei dem eine stärkere Wachstumsorientierung in regionalen Konzentrationen statt ausgleichspolitischer Ziele im Fokus steht. Für diesen Perspektivenwechsel werden unterschiedliche Begriffe wie „För-derung von Wachstumskernen“, „Festlegung von Branchenschwerpunk-ten“ etc. verwendet. Konkrete Beispiele für diesen Perspektivenwechsel in der Politik sind die Programme InnoRegio, BioRegio, Innovative Re-gionale Wachstumskerne und Lernende Regionen auf bundesstaatlicher Seite sowie der InnoPunkt-Wettbewerb in Brandenburg und die Förde-rung von Netzwerken in Sachsen auf Landesebene. Auch die europäische Strukturpolitik orientiert sich immer stärker an der Unterstützung von Clustern als regionale Wachstumskerne.

Die Stimulierung des Wettbewerbs zwischen den Regionen, die Förde-rung der Clusterbildung und der Versuch, regionale Innovationssysteme zu etablieren, sind die zentralen Elemente der neuen Politik. Diese Ab-kehr von der Förderpolitik mit der „Gießkanne“ hin zu einem Konzept des „die Starken stärken“, die gerade auch in Ostdeutschland zunehmend breitere Verwendung findet, ist dabei aber nach Dohse (2005) eher aus rein pragmatischen denn aus theoretischen Überlegungen erfolgt.

Kritische Masse an Unternehmen erforderlich Stärkere Wachstums-orientierung statt ausgleichspolitischer Ziele „Die Starken stärken“

54 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

4.3 Möglichkeiten und Grenzen einer clusterorien-tierten Wirtschaftspolitik

Cluster können ohne jeglichen Einfluss der Politik entstehen – die Ent-wicklung von Clustern kann aber auch Resultat expliziter (z. B. beim Research Triangle Park in North Carolina) oder impliziter (z. B. beim Silicon Valley) Politik sein. Einigkeit herrscht darüber, dass Cluster durch politische Maßnahmen nicht erzeugt werden können. In diesem Sinne wäre es beispielsweise unrealistisch anzunehmen, ein Nanotechno-logie-Cluster in einer landwirtschaftlich geprägten und zudem reizlosen Region etablieren zu können.

Es existieren keine Patentrezepte für eine clusterorientierte Wirtschafts-politik sowie auch kein Werkzeugkasten, aus dem standardisierte Werk-zeuge für die Erzeugung von Wirtschaftsclustern entnommen werden können.

Bei einer clusterorientierten regionalen Wirtschaftspolitik ist es daher notwendig, zuerst die Voraussetzungen einer Region in Bezug auf bran-chenspezifische Aspekte, die Situation des Marktes und die regionalen Randbedingungen inkl. der bereits vorhandenen Wirtschaftsstruktur gründlich zu analysieren. Eine gewisse Anzahl an Unternehmen oder Forschungseinrichtungen, kooperationsbereite Akteure sowie erste An-sätze von Kooperationen und Wertschöpfungsketten sind eine wesentli-che Voraussetzung für ein Cluster-Konzept. Die Existenz von Netzwer-ken oder engagierten Einzelpersonen bzw. Unternehmen, die im Rahmen einer Cluster-Strategie eine Führungsrolle übernehmen, begünstigt die Entstehung eines Clusters weiter.

Eine konkrete Cluster-Strategie kann an jeder der in Abbildung 4–1 dar-gestellten Bedingungen ansetzen, beispielsweise bei der Verbesserung der Rahmenbedingungen (z. B. Infrastruktur, Aus- und Weiterbildungs-einrichtungen), der Stärkung der Gründungsaktivitäten, der Bereitstel-lung von (Förder-) Kapital, der Förderung von Kooperationen etc. Bei der Auswahl der konkreten Maßnahmen empfiehlt sich dringend eine Orientierung an der Stellung des jeweiligen Clusters in einem Lebens-zyklus (vgl. Kapitel 4.1). Je früher eine Cluster-Strategie ansetzen will, desto schwieriger ist aber natürlich die Identifizierung eines Wirtschafts-zweiges oder einer Technologie, die das nötige Potenzial für die Ausbil-dung eines Wirtschaftsclusters in der Region hat.

Eine clusterorientierte Wirtschaftspolitik kann aber andere arbeitsmarkt-, steuer-, technologie-, bildungs- und wirtschaftspolitische Maßnahmen nicht ersetzen, sondern muss diese sinnvoll ergänzen.

Bei der Anwendung einer clusterorientierten Wirtschaftspolitik ist kri-tisch zu hinterfragen, ob von der regionalen Konzentration innovativer Aktivitäten tatsächlich in nennenswertem Umfang positive Externalitäten ausgehen. Der derzeitige Cluster-Hype in der Politik führt oft zu einer unreflektierten Übernahme standardisierter Konzepte, die lokale Diffe-

Cluster können durch die Politik nicht er-zeugt, aber unter-

stützt werden

Clusterorientierte Wirtschaftspolititk

muss an den Voraus-setzungen der Region

ansetzen

Clusterorientierte Wirtschaftspolitik

kann andere Maßnah-men nicht ersetzen

Einführung Regionale Cluster 55

renzen nicht berücksichtigt und von den Akteuren aus der Region kaum unterstützt werden.

Hat ein Cluster erst einmal die notwendige kritische Masse erreicht, sind politische Maßnahmen in der Regel nicht mehr erforderlich. Werden die Strukturen innerhalb eines Clusters allerdings zu starr bzw. verpasst man wichtige technologische Innovationen entsteht neuer Handlungsdruck. Möglich sind in diesem Falle entweder Versuche zur Reaktivierung des Clusters oder (im schlimmsten Fall z. B. bei einer nicht mehr konkur-renzfähigen Branche) auch die Konzentration auf neue Wachstumsfelder. Aus letzterem Grund ist es politisch auch gefährlich, sich nur auf einen Cluster zu konzentrieren, da externe Einflüsse schnell zu einer Krise im jeweiligen Wirtschaftszweig führen können.

Neuer politischer Handlungsdruck bei abnehmender Kraft des Clusters

57

5 DRESDEN – WIRTSCHAFTSMETROPOLE IN SACH-SEN

Im Folgenden werden in aller Kürze die wirtschaftlichen Rahmenbedin-gungen im Freistaat Sachsen sowie der Landeshauptstadt Dresden darge-stellt, da sie wichtige Anhaltspunkte für die Möglichkeiten einer politi-schen Unterstützung von Clustern liefern (vgl. Kapitel 4.3)

5.1 Freistaat Sachsen

Der Freistaat Sachsen ist das östlichste Bundesland und grenzt im Süden und Osten an die neuen Mitglieder der Europäischen Union, die Tsche-chische Republik und Polen. Das Land hat rund 4,3 Mio. Einwohner und ist mit einer Bevölkerungsdichte von 235 E/km² das mit Abstand am dichtesten besiedelte in den Neuen Bundesländern (Durchschnitt D: 231 E/km²).8 Die größten Städte des Landes sind Leipzig (495.000 Einwoh-ner), Dresden (480.000 Einwohner) und Chemnitz (250.000 Einwohner).

Das Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner lag im Freistaat mit 18.600 Euro pro Einwohner deutlich unter dem deutschen Durchschnitt mit 26.388 Euro pro Einwohner.

Mit einer Arbeitslosenquote von 17,8 Prozent liegt Sachsen zwar über dem gesamtdeutschen Durchschnitt von 10,5 Prozent, kann aber im Ver-gleich mit den ostdeutschen Flächenländern die zweitbeste Zahl nach Thüringen (16,7 Prozent) vorweisen.9

Von den 1,78 Mio. Erwerbstätigen arbeiten 2,3 Prozent in der Land- und Forstwirtschaft/Fischerei (Deutschland im Vergleich: 2,3 Prozent), 31,7 Prozent im Produzierenden Gewerbe (D: 30,8) sowie 66 Prozent im Dienstleistungssektor (D: 67).10 Damit ist im nationalen Vergleich ein leichtes Übergewicht des Produzierenden Gewerbes gegenüber festzuhal-ten.

Die Wirtschaftsstruktur des Freistaates wird durch fünf Branchen be-stimmt: den Fahrzeugbau, die Elektrotechnik/Feinmechanik, den Ma-schinenbau, die Metallerzeugung und -verarbeitung sowie das traditionell starke Ernährungsgewerbe. Der Fahrzeugbau wird nicht nur durch die großen Ansiedlungen von VW, BMW und Porsche, sondern auch durch eine Vielzahl an mittelständischen Zulieferern geprägt. Die größten Um-satzsteigerungen konnte in den letzten Jahren der Sektor Elektrotechnik und Feinmechanik erzielen, hierzu zählen vor allem die Großunterneh- 8 http://www.statistik-portal.de/Statistik-Portal/de_jb01_jahrtab1.asp (15.09.2005) 9 alle Angaben Durchschnitt des Jahres 2004 (Quelle: http://www.statistik-

portal.de/Statistik-Portal/de_jb02_jahrtab13.asp, 15.09.2005) 10 alle Angaben für März 2004 (Quelle: http://www.statistik-portal.de/Statistik-

Portal/de_jb02_jahrtab10.asp, 15.09.2005)

4,3 Mio. Einwohner 18.600 BIP/ Einwohner 17,8 Prozent Arbeitslosenquote Branchenschwer- punkte

58 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

men Infineon und AMD. Die Branche Maschinenbau bildet zwar den industriellen Kernbereich, verzeichnete allerdings in den letzten Jahren eine stagnierende Entwicklung. Die Metallerzeugung und -bearbeitung konnte hingegen von der guten Entwicklung im Fahrzeugbau profitieren (Ossenkopf u. a. 2004).

Strukturell ist die Wirtschaft des Landes stark von KMU geprägt, ledig-lich 0,7 Prozent der Unternehmen in Sachsen haben mehr als 250 Mitar-beiter.11 Dieser Mangel an Großunternehmen kann eine Schwäche sein, da diese oft als Kerne für die industrielle Vernetzung dienen, stark ex-portorientiert sind und damit internationale Kontakte etc. herstellen kön-nen sowie kleinere Zulieferer integrieren und große Forschungsprojekte durchführen können. Das Beispiel der Emilia Romagna in Norditalien zeigt aber, dass Regionen auch ohne Großunternehmen international er-folgreich sein können.

Im Bereich der Wissenschaft sowie der Forschung und Entwicklung konnte der Freistaat durch hohen Einsatz öffentlicher Mittel zu den west-deutschen Ländern aufschließen (BMBF 2002). In Sachsen bestehen un-ter anderem vier Universitäten, fünf Fachhochschulen, elf Einrichtungen der Fraunhofer-Gesellschaft sowie sechs Einrichtungen der Max-Planck-Gesellschaft.

Der Freistaat Sachsen steht aufgrund der fast 600 km langen Außengren-ze mit den neuen EU-Mitgliedsländern Polen und Tschechische Republik unter besonderem Druck, sich in technologie- und humankapitalintensi-ven Bereichen weiterzuentwickeln, um Beschäftigtenverluste in arbeits-intensiven Branchen auszugleichen. Bei wichtigen innovationsrelevanten Strukturdaten liegt Sachsen aber noch hinter dem deutschen Durchschnitt zurück (auch wenn es meist über dem Durchschnitt der ostdeutschen Bundesländer liegt) (Tabelle 5–1).

Zwar liegt der FuE-Anteil am BIP noch auf gleicher Höhe, aber der An-teil der FuE-Beschäftigten pro 1000 Einwohner liegt mit 4,8 in Sachsen deutlich unter den 8,3 für Deutschland. Noch deutlicher ist der Unter-schied in der Patentintensität, bei der Sachsen sogar noch hinter dem ost-deutschen Durchschnitt liegt, wobei dies teilweise ein statistischer Effekt ist, das Patentanmeldungen von Großunternehmen in der Regel über den (westdeutschen) Hauptsitz angemeldet werden. Eine weitere Erklärung liegt in den niedrigen FuE-Aktivitäten der Wirtschaft im Verhältnis zum öffentlichen Sektor. Während in Deutschland die Forschung und Ent-wicklung zu 70 Prozent von Unternehmen finanziert wird, sind dies in Sachsen lediglich 50 Prozent und in Ostdeutschland sogar nur 48 Pro-zent. Der Hintergrund für diese deutlichen Unterschiede dürfte im Man-gel an Großunternehmen in Sachsen und Ostdeutschland liegen.

11 http://www.statistik.sachsen.de/21/15_01/15_01_01_tabelle.asp (15.09.2005)

Mangel an Großunternehmen

Hohe Dichte an öffentlichen FuE-

Einrichtungen

Geringere privat- wirtschaftliche FuE-Tätigkeit

Dresden – Wirtschaftsmetropole in Sachsen 59

Sachsen Ost-deutsch-

land

Deutsch-land

FuE-Anteil am BIP (2001) 2,5 2,4 2,5 Anteil FuE-Beschäftigter je 1.000 Erwerbstätige (2001)

4,8 3,3 8,3

Patentintensität 2002 (Patentanmeldungen pro 100.000 Einwohner)

19 21 63

Anteil am BIP W: 1,3 Ö: 1,3

W: 1,2 Ö: 1,3

W: 1,8 Ö: 0,8

Anteil FuE-Ausgaben Wirt-schaft (W), Öffentlicher Sektor (Ö) in Prozent (2001) Anteil an FuE-

Ausgaben W: 50,1 Ö: 49,9

W: 47,9 Ö: 52,1

W: 70,0 Ö: 30,0

Anteil forschungsintensiver Industrien an Ge-samtbeschäftigung in Prozent (2002)

6,7 5,0 11,1

Tabelle 5-1: Innovationsrelevante Strukturdaten Sachsens im Vergleich (Quelle: VDI TZ / Fraunhofer ISI)

5.2 Landeshauptstadt Dresden

Die Landeshauptstadt Dresden liegt im südöstlichen Teil des Freistaates Sachsen. Auf einer Gesamtfläche von 328 km² wohnen 480.000 Einwoh-ner (2004), womit Dresden von der Bevölkerung an 15. Stelle in Deutschland liegt.

Die großräumliche Lage der Stadt bietet vor dem Hintergrund der EU-Osterweiterung vielfältige Chancen, durch die perspektivisch gute Lage als Tor zum Osten, aber auch Risiken, durch die dadurch bedingten stei-genden Verkehrsbelastungen sowie durch einen hohen Konkurrenzdruck insbesondere im Handwerk, der Bauwirtschaft und bei Dienstleistungen (Regionomica 2005).

Die Verkehrssituation Dresdens ist in den Bereichen überregionale Stra-ßenanbindung und innerstädtisches ÖPNV-Netz als gut zu bezeichnen. Schwächen bestehen hingegen bei der überregionalen Anbindung über die Schiene und auch der Flughafen Dresden steht in starker Konkurrenz zu Leipzig/Halle und Berlin-Schönefeld (Regionomica 2005).

Die wirtschaftlich-wissenschaftliche Geschichte der Stadt begann in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit der Gründung der Technischen Bildungsanstalt (1825) sowie dem Entstehen der ersten Industriebetriebe. In den Jahren nach 1850 entwickelten sich die für Dresden typischen Industriezweige Feinmechanik/Optik und Genussmittel. Mit mehr als einer halben Millionen Einwohnern war Dresden um die Jahrhundert-wende die viertgrößte Stadt des Deutschen Reiches. Bis zum 2. Welt-krieg konnte sich Dresden einen guten Ruf in den Bereichen Schreibma-schinen, Fototechnik, elektrotechnische Erzeugnisse und Verpackungs-maschinen erarbeiten. Trotz der Luftangriffe auf die Stadt im Februar 1945, die 70 Prozent aller Industrieanlagen zerstörten, konnten nach dem 2. Weltkrieg die meisten traditionellen Industriezweige weitergeführt

480.000 Einwohner Tor zum Osten der EU Lange wirtschaftlich-wissenschaftliche Tradtion

60 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

werden. Die wissenschaftliche Leistungsfähigkeit der Stadt wurde durch neun Hochschulen (darunter die 1961 zur Universität erhobene Techni-sche Hochschule) gesichert.12

Heute zählt Dresden zu den wichtigsten Wirtschaftsstandorten in den östlichen Bundesländern. Diese Leuchtturmfunktion in den neuen Bun-desländern wurde auch unlängst im deutschen Städtetest der Wirt-schaftsWoche in Zusammenarbeit mit der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM)13 und der Kölner IW Consult bestätigt. Dresden wurde dort als beste ostdeutsche Stadt bewertet und konnte innerhalb eines Jahres vom 40. auf den 30. Gesamtplatz aufsteigen. Aufgrund die-ser Entwicklung erreicht sie bei der Bewertung der Dynamik den 25. Platz. Die besten Einzelwerte konnte die Stadt bei der Standortqualität (Rang 13) und der Wirtschaftsstruktur (Rang 11) erreichen (Wirtschafts-woche 2005).

Diese positiven Werte spiegeln sich auch in der Arbeitslosenquote der Stadt wider. Zwar liegt sie mit 15,7 Prozent immer noch deutlich über der gesamtdeutschen von 11,7 Prozent aber weit unter der sächsischen (19,7 Prozent) und der ostdeutschen (20,1 Prozent).14

Der Großteil der Beschäftigten arbeitet im Dienstleistungssektor (79,4 Prozent). Im Produzierenden Gewerbe sind nur noch 20 Prozent beschäf-tigt, wobei alleine von 1996 bis 2002 knapp 20 Prozent der Arbeitsplätze in diesem Bereich verloren gingen. Die Land- und Forstwirt-schaft/Fischerei spielt mit unter einem Prozent in der Landeshauptstadt keine Rolle (Regionomica 2005).

Die Branchenschwerpunkte der Stadt Dresden sind die Mikroelektronik, der Maschinen- und Fahrzeugbau, die Luft- und Raumfahrttechnik, der Bereich Neue Werkstoffe/Nanotechnologie, die Biotechnologie sowie der Tourismus (Regionomica 2005). Das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen identifizierte daher auch die Mikroelektronik und die Nanotechnologie als die zwei Wachstumskerne für Dresden 12 www.dresden.de (15.09.2005) 13 „Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft ist eine branchen- und parteiübergrei-

fende Plattform und ausdrücklich offen für alle, die sich dem Gedanken der Sozialen Marktwirtschaft verbunden fühlen. Sie wird derzeit mit rund 8,8 Mio. Euro jährlich, nach Abzug von Steuern, von den Arbeitgeberverbänden der Metall- und Elektro-Industrie finanziell getragen und von weiteren führenden Wirtschaftsverbänden un-terstützt. Wissenschaftlich begleitet wird die Initiative vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW). Sie wird repräsentiert von einem Kuratorium mit dem frühe-ren Bundesbankpräsidenten Prof. Dr. Hans Tietmeyer an der Spitze. Zahlreiche Per-sönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik engagieren sich als Botschaf-ter der Sozialen Marktwirtschaft für die Initiative.“ (www.insm.de; 25.10.2005)

14 Die Zahlen beziehen sich auf 2004 und entstammen der Studie von Regionomica (2005). Abweichungen zu den im vorherigen Kapitel angegebenen Arbeitslosenquo-ten von Sachsen und Deutschland können nicht geklärt werden; da aber der Ver-gleich mit Dresden im Vordergrund stand, spielt die absolute Höhe eine untergeord-nete Rolle.

Wichtigster Wirtschaftsstandort

in den östlichen Bundesländern

15,7 Prozent Arbeitslosenquote

Branchenschwer-punkte

Dresden – Wirtschaftsmetropole in Sachsen 61

(SPIEGEL 2005). Gerade im Bereich der Mikroelektronik profitiert die Stadt dabei von ihrer langen Technologie-Tradition (EE Times 2005).

Regionomica (2005) identifiziert Dresden als den wichtigsten Hochschul- und Forschungsstandort in den Neuen Bundesländern, befürchtet aber für die Zukunft einen immer stärkeren Fachkräftemangel aufgrund der Ab-wanderung von Hochschulabsolventen (brain drain). Derzeit sind aller-dings noch 19,7 Prozent der Beschäftigten so genannte Hochqualifizierte, womit Dresden zusammen mit München Spitzenreiter unter 50 unter-suchten Städten ist (Sächsische Zeitung 2005a). Gerade im Bereich der Forschung und Entwicklung sind die Voraussetzungen in Dresden ideal, wie ein Blick auf die Vielzahl der Einrichtungen beweist (u. a. drei Max-Planck-Institute, fünf Institute der Wissensgemeinschaft Gottfried Wil-helm Leibniz sowie elf Einrichtungen bzw. Niederlassungen der Fraun-hofer Gesellschaft) (Landeshauptstadt Dresden 2005). Der Transfer der wissenschaftlichen Erkenntnisse in wirtschaftliche Anwendungen und Produkte kann in Dresden jedoch trotz der dort zahlreich vorhandenen Einrichtungen nach Angaben von Regionomica noch verbessert werden.

Die weichen Standortfaktoren – wie z. B. Wohn- und Lebensqualität, Ausstattung mit Schulen, Freizeitangebot – sind in der Stadt gut bis sehr gut ausgeprägt. Hierzu trägt natürlich auch die Kulturlandschaft an der Elbe bei – die jüngst von der UNESCO zum Weltkulturerbe ausgezeich-net wurde.

Dies trägt mit dazu bei, dass Dresden in der Außenansicht positiv wahr-genommen wird. Dass diese positive Sicht in den bundesweiten Medien aufgegriffen wird und auf diese Weise das Marketing für die Stadt ver-stärkt, belegte u. a. der SPIEGEL:

„In Dresden hingegen scheint der Traum von den ‚blühenden Landschaften’, die Kohl einst versprach, Wirklichkeit geworden zu sein. Hier hat die von Experten ge-forderte Verknüpfung von Forschung und Industrie funktioniert, hier gab es genug Fachkräfte, die schon Erfahrungen aus DDR-Zeiten mitbrachten. Siemens, das Zent-rum Mikroelektronik, Infineon und der amerikanische Halbleiterhersteller AMD ha-ben aus der Elbmetropole ein europäisches Silicon Valley gemacht. 200 Unterneh-men in Sachsen beschäftigen inzwischen 20.000 Menschen in der Mikroelektronik-Branche. Dresden und das nahe Freiberg mit seiner Universität, staunte unlängst das ‚Handelsblatt’, seien inzwischen zum ‚größten Chip-Cluster Europas herangewach-sen’. Dieser Aufschwung hatte seinen Preis – doch war es offenbar gut investiertes Geld. Die 1,2 Milliarden Euro an staatlichen Beihilfen für die Halbleiterindustrie um Dresden, berechnete das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung, seien bereits Ende 2003 durch Steuern zurückgeflossen. Bis 2010, so das DIW, würden Über-schüsse von sechs Milliarden Euro erwartet.“ (SPIEGEL 2005, 88f.)

Wichtigster Hoch-schul- und For-schungsstandort in den Neuen Bundes-ländern Sehr gute weiche Standortfaktoren

63

6 DARSTELLUNG DER VERGLEICHSREGIONEN

In Kapitel 6 werden vier deutsche Nanotechnologie-Regionen – Ham-burg, Saarland, Berlin und Hessen – dargestellt. Sie dienen im Rahmen dieser Studie als Vergleichsregionen, um den Nanotechnologie-Cluster Dresden/Sachsen in seiner nationalen Stellung einordnen zu können und um in Best-Practice-Beispielen und politischen Maßnahmen etc. Anre-gungen für die Region Dresden/Sachen zu finden.15

6.1 Hamburg und Schleswig-Holstein16

In Hamburg und Umgebung ist ein attraktives Potenzial in Wirtschaft und Wissenschaft vorhanden, auf dem sich eine Nanotechnologie-Entwicklungsstrategie aufbauen lässt. Insbesondere ist Hamburg im Be-reich Nano- und Biomaterialien für diagnostische und therapeutische Anwendungen in der Medizin bereits soweit ausgebildet, dass dieser in-haltliche Schwerpunkt in der Nanotechnologie wissenschaftlich und wirt-schaftlich einen international relevanten Spitzenplatz belegt. Es sind zu-dem auch andere Kompetenzfelder in Hamburg vorhanden, die jedoch weniger ausgeprägt sind als der vorgenannte Bereich und aus Marktsicht nach heutiger Einschätzung weniger attraktiv sind.

Bezugnehmend auf die Forschungsausgaben innerhalb Deutschlands be-steht ein starkes Nord-Süd-Gefälle. Während Baden-Württemberg und Bayern mit Gesamtausgaben für Forschung und Entwicklung im Bereich Wirtschaft und öffentlicher Sektor mit mehr als 3 bzw. 2,5-3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts national führend sind, liegen die Forschungs- und Entwicklungsausgaben in Hamburg bei 1,5-2 Prozent des Bruttoinland-produkts.

18 Nanotechnologie-Unternehmen aus Hamburg sowie weitere 15 aus Schleswig-Holstein haben im Jahr 2003 insgesamt einen Umsatz von 35 Mio. Euro mit Nanotechnologie-Produkten erzielt. Während jeweils etwa 30 Prozent der Nanotechnologie-Unternehmen im Bereich innovativer Technologienentwicklungen tätig sind bzw. sich mit Nanomateria-lien/Werkstoffe/Beschichtungen beschäftigen, entwickeln 20 Prozent der

15 Die Auswahl der Vergleichsregionen resultierte mit Ausnahme von Hamburg, der

Partnerstadt Dresdens, weniger aus strategischen Überlegungen sondern einzig aus der Verfügbarkeit von Studien bzw. belastbarem Datenmaterial. Umfassende Regio-nalanalysen im Gebiet der Nanotechnologie sind bislang kaum erstellt bzw. veröf-fentlicht worden. Außer den Studien aus Hamburg/Schleswig-Holstein und aus Hes-sen ist den Autoren derzeit keine weitere öffentlich zugängliche Studie bekannt.

16 Die folgende Darstellung der Situation der Nanotechnologie in Hamburg basiert überwiegend auf der Studie „Entwicklungsstrategie Nanotechnologie für Hamburg und Schleswig-Holstein“ der Newmex Consulting GmbH (2004) und den Informati-onen auf der Internetseite des Kompetenzzentrums HanseNanoTec (http://www.nanoscience.de/hansenanotec/).

Schwerpunkt im Be-reich Nano- und Bio-materialien für die Anwendung in der Medizin Über 30 Unternehmen in der Region

64 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

Unternehmen Nano-Partikel. Die restlichen 20 Prozent der Unternehmen beschäftigen sich mit nanopräzisen Instrumenten und Materialbearbei-tung.

Die Nanotechnologie-Grundlagenforschung in Hamburg hat innerhalb Deutschlands eine gute Ausgangsposition. Zur Zeit sind in Hamburg 17 Arbeitsgruppen an drei Universitäten sowie am Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY in der Helmholtz-Gemeinschaft tätig. Aus den Ham-burger Universitäten sind bisher fünf Spin-offs im Bereich Nanotechno-logie hervorgegangen, die gegenwärtig erfolgreich am Markt tätig sind. Zusätzlich zu den universitären Forschungseinrichtungen gibt es drei außeruniversitäre Forschungseinrichtungen in der Nanotechnologie. Ne-ben einer Außenstelle des European Molecular Biology Laboratory, der „Max-Planck-Arbeitsgruppe für strukturelle Molekularbiologie“ ist dies in Hamburg das noch in Planung befindliche Europäische Röntgenlaser-projekt XFEL des DESY, das im Jahr 2012 in Betrieb genommen werden soll. Hinzu kommen unter anderem noch drei weitere außeruniversitäre Forschungsinstitute in Schleswig-Holstein. Dies sind das Fraunhofer In-stitut für Siliziumtechnologie, das Forschungszentrum GKSS und das Forschungszentrum Borstel.

Der Hamburger Senat sieht die Nanotechnologie-Aktivitäten als Zu-kunftsschwerpunkt an und beabsichtigt auch künftig die vorhandenen Aktivitäten weiter auszubauen und finanziell zu unterstützen. Aus dem Sonderinvestitionsprogramm „Hamburg 2010“ sollen für die Errichtung eines Anwenderzentrums bis zum Jahr 2010 ein Betrag in Höhe von 9,5 Mio. Euro bereitgestellt werden. Das Centrum für Angewandte Nano-technologie (CAN) ist das erste Anwenderzentrum im Bereich der Nano-biotechnologie in der Hansestadt. Ziel des CAN ist es, die in der Hanse-stadt im Bereich der Nanotechnologie vorhandenen Kenntnisse schneller in marktreife Produkte umzusetzen und auf diesem Weg Wachstum und Beschäftigung in einem besonders zukunftsträchtigen Feld langfristig zu sichern. Aufgabe des Zentrums ist unter anderem auch das Angebot von Auftragsforschung und Entwicklungsdienstleistungen für regionale und überregionale Firmen und Forschungseinrichtungen sowie die Beteili-gung an Forschungsprogrammen des Bundes und der Europäischen Uni-on. Hamburg wird das CAN in einem Public-Private-Partnership-Modell in Zusammenarbeit mit interessierten Unternehmen führen, die sich zu diesem Zweck in einem Verein zusammenschließen und das Zentrum durch die Erteilung von Forschungsaufträgen und die Bereitstellung von Fördermitteln mittragen. Kunden von CAN werden voraussichtlich in erster Linie Life-Science-Unternehmen aus den Industriebereichen Pharmazie, Biotechnologie und Kontrastmittel, Pharmaforschung, Kos-metik sowie Medizin- und Bildgebungstechnik sein. Nach erfolgreicher Etablierung des CAN soll der Fokus auf die Bereich Chemie und Werk-stoffe sowie Fahrzeug- und Maschinenbau/Metallverarbeitung ausgewei-tet werden.

Gute Ausgangssitua-tion in der Grundla-

genforschung

Starke Unterstützung und Förderung durch den Hamburger Senat

Centrum für Ange-wandte Nanotechno-

logie (CAN)

Darstellung der Vergleichsregionen 65

Bereits im Frühjahr 2005 beschloss der Senat die Errichtung des grund-lagenorientierten Interdisziplinären Nanowissenschafts-Centrums Ham-burg (INCH) für mehr als 9 Mio. Euro, das unter dem Dach der Universi-tät Hamburg Grundlagenforschung betreibt. Die Realisation soll im Jahr 2007 stattfinden (Behörde für Wissenschaft und Gesundheit, Pressemel-dung vom 26.07.2005). Ziel der Hansestadt Hamburg ist es, nach dem Aufbau der beiden Neugründungen CAN und INCH, in einer zweiten Phase die Rentabilität der Institute zu organisieren und dauerhaft zu si-chern. Die dritte Phase wäre der Antrag an den Vorstand der Fraunhofer-Gesellschaft, beide Einrichtungen nach ihrer Zusammenführung als Fraunhofer-Institut für Nanotechnologie weiterzuführen. Ein möglicher Erfolg ist nur dann in Aussicht, wenn die Wirtschaft und die öffentliche Hand für eine stabile und verlässliche Basis der beiden wissenschaftli-chen Einrichtungen durch Forschungsaufträge sorgen (Die Welt vom 23. August 2005).

In Hamburg wurde zudem im Jahr 2003 das Kompetenzzentrum Hanse-NanoTec eröffnet. Mit einem Fördervolumen durch Bundesmittel von über einer Million Euro macht es sich die HanseNanoTec zur Aufgabe, die Kompetenzen des Landes auf dem Feld der Nanotechnologie zu bün-deln, Kooperationen zu initiieren und zu unterstützen sowie den Nano-technologie-Standort der Hansestadt auszubauen und nach außen sichtbar zu machen. Finanziell wird das Vorhaben vom BMBF, der Beiersdorf AG, der Universität und der Stadt Hamburg getragen. Die Stadt ist schon seit 1998 Sitz einer Koordinationsstelle des überregionalen Kompetenz-zentrums Nanoanalytik und erhielt bereits Fördermittel des Bundes in Höhe von mehreren Millionen Euro. Innerhalb des Kompetenzzentrums Nanoanalytik werden seit fünf Jahren in enger Zusammenarbeit von For-schern, Entwicklern und Anwendern analytische Verfahren der Nano-technologie für den Einsatz in der Industrie entwickelt und optimiert (Quelle: http://www.uni-protokolle.de/nachrichten/id/85426/).

6.2 Saarland17

Im Saarland hat sich innerhalb des letzten Jahrzehnts ein Nanotechnolo-gie-Cluster von überregionalem Bekanntheitsgrad („Nano-Valley“) ent-wickelt, dessen Kern zehn kleine und mittlere Unternehmen im Bereich der chemischen Nanotechnologie darstellen (reine Nanotechnologie-Unternehmen). Neben ihnen existieren in der Region zwei (nachgelager-te) Unternehmen, die sich speziell dem Vertrieb von Produktentwicklun-gen der Technologieunternehmen widmen sowie ein (vorgelagertes) Un-

17 Dieses Kapitel ist in weiten Teilen entnommen aus: Henn, S. (in Arbeit): Cluster in

der Nanotechnologie. Entstehung, Eigenschaften, Handlungsempfehlungen (vorläu-figer Arbeitstitel), Halle (Saale).

Kompetenzzentrum HanseNanoTec Schwerpunkt: Chemische Nanotechnologie

66 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

ternehmen, dessen Geschäftszweck die Herstellung von Reaktoren zur Fertigung von Nanopartikeln ist.

Die Geschäftsfelder der reinen Nanotechnologie-Unternehmen umfassen die Entwicklung von Oberflächenveredelungen für Glas, Metall, Keramik und Polymere bzw. von Korrosionsschutz für Aluminium, Magnesium und Stahl, keramischen Filtertechnologien und Oberflächen sowie von Brandschutzsystemen und Hochleistungsbeschichtungen. Die von ihnen entwickelten Beschichtungen eignen sich zum Einsatz in nahezu allen Branchen.

Bislang werden die Kunden der Unternehmen in erster Linie überregional akquiriert. Dies sollte allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch heute zahlreiche saarländische Unternehmen der Druck-, Nahrungsmittel- und Automobilindustrie von nanotechnologischen Innovationen Gebrauch machen; langfristig wird sogar von etwa 500 industriellen Na-notechnologie-Anwendern in der Großregion ausgegangen. Als Beispiel für einen Anwender der saarländischen Nanotechnologie sei die Saarbrü-cker VerlagsService GmbH genannt, die für den Druck der Saarbrücker Zeitung verantwortlich zeichnet: Für den Druckvorgang werden die Druck- und Führungswalzen mit einer nanometerdicken Beschichtung versehen, wodurch eine Reduktion des sonst zeitintensiven Reinigungs-aufwand um bis zu 85 Prozent erzielt werden kann.

Die Wurzeln der saarländischen Nanotechnologie liegen in der ver-gleichsweise jungen saarländischen Forschungslandschaft. Eine zentrale Rolle kann in diesem Zusammenhang dem 1987 gegründeten Leibniz-Institut für Neue Materialien (INM) beigemessen werden, das als Inkuba-tor für sämtliche Unternehmen aus dem Bereich der Nanochemie fungiert hat. Von Beginn an beschäftigte sich die Einrichtung mit Fragestellungen der chemischen Nanotechnologie, wobei seit 1992 eine Konzentration auf die Bereiche Oberflächentechnik, Optik, Glas und Keramik und Werkstoffe für Life Sciences erfolgte. Mittlerweile hat das Institut über 100 Patente angemeldet. Mit seinen etwa 200 Mitarbeitern handelt es sich bei ihm um das weltweit größte Forschungszentrum, das sich dem Sol-Gel-Prozess und dessen breiter Vermarktung widmet.

Als weitere außeruniversitäre Einrichtung auf dem Gebiet der Nanobio-technologie ist das Fraunhofer Institut für Biomedizinische Technik (IBMT) in St. Ingbert zu nennen, das als Koordinator von CellPROM (Cell Programming by nanosclaed devices), dem größten integrierten EU-Projekt im Bereich Nanobiotechnologie, fungiert. Das Institut verfügt ferner über eine gesonderte Abteilung Nanotechnologie im Potsdamer Institutsteil Medizinische Biotechnologie und beschäftigt die Nach-wuchsgruppe Krybionanotechnologie.

Neben den genannten Einrichtungen setzen sich auch diverse Arbeits-gruppen aus der Physik, der Chemie, den Biowissenschaften, der Phar-mazie und der Werkstoffwissenschaft an der Universität des Saarlandes

Leibniz-Institut für Neue Materialien

(INM) als Inkubator

Darstellung der Vergleichsregionen 67

(UdS) mit nanobiotechnologischen Fragestellungen auseinander. Alleine 30 Wissenschaftler der UdS sind an dem 1994 (Laufzeit bis 2006) ins Leben gerufenen DFG-Sonderforschungsbereich 277 „Grenzflächenbe-stimmte Materialien“ beteiligt, der die Erforschung von Synthese und Charakterisierung nanostrukturierter Materialien zum Gegenstand hat. Die Tatsache, dass die Schnittstelle zwischen Molekularbiologie und Physik seit 2000 neben der Informatik und Europaforschung als dritter Schwerpunkt der Universität gefördert wird, ist als ein Hinweis auf den hohen Stellenwert zu interpretieren, den die Nanobiotechnologie im Saar-land momentan erfährt.

Zusätzlich zu den genannten Unternehmen und Forschungseinrichtungen verfügt das Saarbrücker Cluster über eine breite institutionelle Dichte im Bereich der Nanotechnologie. So gibt es in der Region mit dem „CC-Nanochem – Funktionalität durch Chemie“ am INM und dem „CC Na-nobiotech“ an der Technischen Universität Kaiserslautern zwei aus der Initiative des BMBF hervorgegangene Kompetenzzentren. Daneben exis-tiert das speziell auf Fragestellungen der Nanobiotechnologie aus-gerichtete Kompetenzzentrum Nanobionet18 mit Geschäftsstelle in Saar-brücken. Es wurde im Rahmen des EFRE-Projekts ‚Nano-Bio-Tech-Region Saar’ (Laufzeit: 2002 – 2004) eingerichtet und im vergangenen Jahr mit dem ersten Preis im Rahmen des Wettbewerbs „Regionale Inno-vation in Europa“ durch die Europäische Kommission ausgezeichnet.

Insbesondere den Aktivitäten von Nanobionet ist es zu verdanken, dass sich im Saarland in den letzten Jahren neue Formen der Aus- und Wei-terbildung, der Finanzierung und des Technologietransfers entwickelt haben, die langfristig ein Wachstum des Clusters zu beschleunigen im Stande sind.

Die im Saarland getroffenen Maßnahmen einer Nanotechnologie spezifi-schen Ausbildung setzen bereits in der Schule an. In diesem Zusammen-hang ist auf zwei so genannte Mitmachlabore an der UdS hinzuweisen, in denen Schüler unter Anleitung eines Wissenschaftlers Experimente auf dem Gebiet der Nanobiotechnologie durchführen können. Darüber hinaus wurden durch das CC Nanobiotech 50 Schülerexperimentierkästen ent-wickelt, die jeweils 10 nanotechnologische Versuche beinhalten und für den Einsatz an der Schule bzw. für Versuche zu Hause abgegeben wer-den. Ein weiterer, speziell auf den Bereich der chemischen Nanotechno-logie ausgelegter Experimentierkasten wurde durch das CC-Nanochem in Kooperation mit dem Deutschen Verein zur Förderung des mathemati-schen und naturwissenschaftlichen Unterrichts e. V. und dem Landesin-stitut für Pädagogik und Medien (LPM) entwickelt. Neben der Schü-lerausbildung existiert auch für Lehrer ein Weiterbildungsprogramm, in dessen Rahmen Versuchsreihen und Fachvorträge organisiert werden.

18 http://www.nanobionet.de

Zahlreiche Nanotech-nologie-Aktivitäten an der Universität des Saarlandes CC Nanochem am INM & CC Nanobiotech an der TU Kaiserslau-tern Nanotechnologie spe-zifische Aus- und Weiterbildungen an Schulen und der Uni-versität

68 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

Im Bereich der universitären Ausbildung wurde zum WS 2000/2001 der interdisziplinär ausgerichtete Studiengang „Mikro- und Nanostrukturen“ eingerichtet, der wahlweise mit einem Abschluss als Diplom-Ingenieur oder Diplom-Physiker endet.

Speziell auf die Nano(bio)technologie ausgerichtete berufliche Ausbil-dungsgänge existieren in der Region bislang nicht. In diesem Zusam-menhang sei auf eine aktuelle Untersuchung des Vereins Nanobionet e. V. hingewiesen, gemäß derer die Schulung der technischen Angestellten und Laboranten nahezu ausschließlich über ein „Training on the Job“ erfolgt und von einem Mangel an Fachkräften daher derzeit nicht auszu-gehen ist.

Im Hinblick auf die Finanzierung von Projekten im Bereich Nanobio-technologie sind die im Juli 2002 durch das saarländische Ministerium für Wirtschaft beschlossenen so genannte ‚Leitlinien zur Förderung von Life-Science- und Nanotechnologien im Saarland’ hervorzuheben. Kleine und mittlere Unternehmen aus den Bereichen Life-Science- und Nano-technologien mit einer Betriebsstätte im Saarland können demnach (1) Pilotprojekte, die die Entwicklung und/oder Anwendung von Produkten, Verfahren und Dienstleistungen zum Gegenstand haben, (2) Forschungs- und Entwicklungsvorhaben mit dem Ziel Drittmittel für ein aufbauendes Forschungsvorhaben einzuwerben sowie (3) die Neueinstellung und Be-schäftigung von Forschungspersonal in Unternehmen aus den Bereichen Life-Science- und Nanotechnologien gefördert bekommen. Zusätzlich existiert seit März 2005 ein vom Verein NanoBioNet organisierter und von der saarländischen Landesregierung finanzierter Fonds zur Durch-führung von Machbarkeitsstudien für Unternehmen oder Unternehmens-verbünde aus dem Netzwerk NanoBioNet. Für die Umsetzung von Ideen erhalten Antragsteller bis zu 25.000 EUR Unterstützung.

Für die regionale Bereitstellung von Wagniskapital zeichnet die Saarlän-dische Wagnisfinanzierungsgesellschaft (SWG) verantwortlich19, die sich u. a. auf den Bereich Neue Materialien konzentriert. Bislang wurde die Gründung dreier Nanotechnologie-Unternehmen finanziell gefördert. Die meisten Unternehmen des saarländischen Clusters haben beim Aufbau ihres Unternehmens indes bewusst auf den Einsatz von Wagniskapital verzichtetet. Dies mag darin begründet liegen, dass die Aufnahme der auf der Sol-Gel-Technologie beruhenden Produktionsprozesse keine über-durchschnittlich hohen Investitionen voraussetzt.

Im Bereich des Technologietransfers ist das Anwendungszentrum Neue Materialien für Oberflächentechnik (NMO) hervorzuheben, das 1995 als

19 Gesellschafter der SWG sind neben anderen auch die Landesbank Saar und die saar-

ländischen Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Die Beteiligungen der SWG, möglich ab 125.000 EUR bis max. 1 Mio. EUR, können in mehreren Stufen erfolgen und werden zumeist in stiller Form über einen Zeitraum von 10 Jahren gewährt.

Projektfinanzierung durch das Land

Saarländische Wag-nisfinanzierungsge-

sellschaft (SWG) als möglicher Kapitalgeber

Darstellung der Vergleichsregionen 69

eigenständige Abteilung des INM eröffnet wurde. Ziel des NMO ist es, die Lücke zwischen der Entwicklung eines Werkstoffes und der Serien-produktion zu überbrücken. Zu diesem Zweck konzentriert sich die Ein-richtung auf verfahrenstechnische Entwicklungen für mittelständische Unternehmen.

Des Weiteren steht denjenigen Unternehmen, die nanostrukturierte oder -komponierte Oberflächenbeschichtungen oder Materialien mit hochgra-dig funktionalen Eigenschaften verwenden, die (stundenweise) Nutzung verschiedener Analytikgeräte (Rastersonden- und Rasterelektronenmik-roskope) aus der Arbeitsgruppe von Prof. Uwe Hartmann am Institut für Experimentalphysik der UdS offen.

Während die aus den drei genannten Aspekten resultierenden regional gebundenen Kompetenzen der Clusterakteure insbesondere das Wachs-tum des Clusters in späteren Entwicklungsphasen beeinflussen können, wird im Allgemeinen das Wachstum eines Clusters in seiner Frühphase vor allem von Unternehmensgründungen bestimmt. Aus diesem Grund soll an dieser Stelle ein Blick auf das Umfeld für technologieorientierte Unternehmensgründungen geworfen werden.

Im Saarland wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche Anstrengun-gen unternommen, um ein positives Gründungsklima zu generieren und den mit den Kohle- und Stahlkrisen aufgekommenen Strukturwandel zu beschleunigen. Zu diesem Zweck wurde im Jahr 1999 die Saarland Of-fensive für Gründer (SOG) ins Leben gerufen. Hierbei handelt es sich um ein Beraternetzwerk von Ministerien, Kammern, Wirtschaftsförderern, Saarländischer Investitionsbank, Hochschulen und Arbeitsverwaltung, das Unternehmensgründern Beratungsleistungen zu unterschiedlichen Fragekomplexen offeriert. Das Saar-Online-Gründerzentrum20 bietet In-formationen und Anregungen zu allen Gründungsschritten und eröffnet darüber hinaus die Möglichkeit, via eines Online-Gründerlehrgangs eine Existenzgründung vorzubereiten. Ausgründungen aus der UdS steht im Besonderen die Kontaktstelle für Wissens- und Technologietransfer (KWT) zur Seite, von der ein komplexes Gründungsforderungsprogramm entwickelt wurde, das sich über alle Phasen des Gründungsprozesses erstreckt. (Künftige) Start-Ups aus der Nanotechnologie profitieren fer-ner von einer umfangreichen baulichen Infrastruktur in direkter räumli-cher Nähe zum UdS-Campus:

Unmittelbar nach der Gründung ihres Unternehmens können Absolven-ten und Wissenschaftler im Starterzentrum zwei Jahre lang ihre Ge-schäftsidee umsetzen. Dafür wird ihnen ein Zugriff auf ein zentrales Sek-retariat, Konferenz- und Schulungsräume, nach neuesten Standards ein-gerichtete Labore sowie Spülküchen für den Laborbereich, Zentrifugen und Kühl- bzw. Gefrierschränke ermöglicht. Darüber hinaus sind sie an 20 http://www.sog.saarland.de

Generierung eines positiven Gründungs-klimas „Starterzentrum“

70 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

die Datenleitung der Universität angebunden. Nach Ablauf der Frist be-steht für die Unternehmen die Option, in die ebenfalls an den Campus der UdS angrenzenden Science Parks21 zu wechseln. Dort stehen ihnen insge-samt 7.500 m² Bürofläche und 2.200 m² Laborfläche zur Verfügung.

Aufgrund der günstigen institutionellen Rahmenbedingungen, des star-ken Engagements auf dem Gebiet der Unternehmensgründungen und den breiten Anwendungsfeldern der im Saarland entwickelten Nanotechnolo-gie ist zum jetzigen Zeitpunkt davon auszugehen, dass der Cluster in den kommenden Jahren ein Wachstum verzeichnen wird. Nach Henn (2006) planen alleine fünf Technologieunternehmen bis zum Jahr 2007 ca. 100 neue Mitarbeiter einzustellen. Neben der Expansion bestehender Unter-nehmen kann dabei auch von der Gründung neuer Unternehmen aus der UdS und dem INM ausgegangen werden. Darüber hinaus scheinen auch Spin-Offs aus bereits bestehenden Unternehmen wahrscheinlich.

6.3 Berlin22

Die Region Berlin23 verfügt mit 24 Unternehmen24, 18 Instituten, jeweils zwei Sonderforschungsbereichen und Forschungsschwerpunkten an den drei Universitäten sowie der Charité, drei Max-Planck- bzw. fünf Leib-niz-Instituten und zwei Forschungszentren der Helmholtz-Gemeinschaft über ein Vielzahl von Akteuren aus Wissenschaft und Forschung, die im Bereich Nanotechnologie aktiv sind. Gleichwohl ist es der Region bis-lang noch nicht gelungen, sich nach außen erkennbar als Nanotechnolo-gie-Region zu positionieren.

Im Bereich der Unternehmensszene zeichnen sich momentan zwei Schwerpunkte ab. Henn (2006) identifiziert fünf Unternehmen, die zum Einsatz in Forschung und Entwicklung bestimmte Analytikgeräte herstel-len. Konkret handelt es sich hierbei um Rastersonden- oder Rasterkraft-mikroskope, Insitu-Sensoren für die Halbleitertechnik oder für den Na-nometerbereich geeignete Prüfsysteme, so genannte Nano-Indenter. Daneben erwächst der Nanobiotechnologie, speziell der Entwicklung von diagnostischen und therapeutischen Nanopartikeln, eine bedeutende Rol-le. Alleine neun Unternehmen können in diesen Bereich eingeordnet werden. In diesem Zusammenhang wird auf die Aktivitäten der vom Bio-logen A. Jordan gegründeten Magforce Nanotechnologies AG hingewie- 21 http://www.science-park-saar.de 22 Dieses Kapitel ist in weiten Teilen entnommen aus: Henn, S. (in Arbeit): Cluster in

der Nanotechnologie. Entstehung, Eigenschaften, Handlungsempfehlungen. (vorläu-figer Arbeitstitel), Halle (Saale).

23 Unter der Region Berlin oder kurz: Berlin wird im Folgenden die Stadt Berlin nebst Umland (Speckgürtel) verstanden.

24 Hierbei handelt es sich um Hersteller von Nanotools, Technologie-, Vertriebs- und Beratungsunternehmen.

Weiteres Wachstum im Cluster erwartet

Vielzahl an Akteuren, jedoch keine klare

Positionierung

Schwerpunkte im Be-reich Nanoanalytik

sowie Nanobiotechno-logie

Darstellung der Vergleichsregionen 71

sen. Mit dem Ziel, eine auf magnetischen Nanopartikeln beruhende The-rapie des Glioblastoms (bösartiger und schnell wachsender Hirntumor), zu entwickeln, hat das Unternehmen mittlerweile überregionale Bekannt-heit erlangt.

Neben den Unternehmen in den genannten Feldern existieren weitere Unternehmen, die auf dem Gebiet der Nanomaterialien und der Nanoana-lytik tätig sind. Des Weiteren gibt es am Standort ein Vertriebsunterneh-men, zwei Beratungsunternehmen und VC-Gesellschaften mit speziellem Fokus auf die Mikro- und Nanotechnologie.

Technologische Komplementaritäten zwischen Unternehmen aus unter-schiedlichen Technologiefeldern zeichnen sich zum jetzigen Zeitpunkt nur ansatzweise ab. Auch innerhalb der genannten Technologiefelder gibt es bislang nur vereinzelte Formen überbetrieblicher Zusammenarbeit. Ein Grund dafür kann einerseits in zu wenigen Informationen über die Tätig-keiten der jeweils anderen Unternehmen, andererseits im Wettbewerb und daraus resultierendem Misstrauen gesehen werden. Erschwert wer-den Kooperationen ferner durch die sehr heterogene Größenstruktur der Berliner Nanotechnologie-Unternehmen. Dominiert wird die Szene zwar von kleinen Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern, dennoch un-terhalten auch weltweit agierende Konzerne wie die Schering AG oder Großunternehmen wie die Samsung GmbH Aktivitäten in der Nanotech-nologie.

Über Unternehmen wie die Axel Springer AG, die im Rahmen ihrer Pro-duktionsprozesse von nanotechnologisch modifizierten Komponenten Gebrauch machen, liegen momentan nur wenige Informationen vor. In diesem Zusammenhang soll jedoch auf ein Cluster im Bereich der Opto-elektronik hingewiesen werden, dessen Unternehmen unter anderem ein kritisches, auf Nanotechnologie beruhendes Bauteil fertigen. Den nano-technologischen Herstellungsprozess übernimmt ein Unternehmen aus dem Bereich der Nanomaterialien bzw. einer außeruniversitären For-schungseinrichtung. Damit ist in Berlin momentan lediglich eine sehr kleine Wertschöpfungskette im Bereich Nanotechnologie vorhanden.

Die oben erwähnten Technologieunternehmen haben ihren Ursprung in der historisch gewachsenen, breit aufgestellten Forschungslandschaft Berlins: Bei einigen Unternehmen im Bereich der Nanobiotechnologie handelt es sich um nach der Wende erfolgte Ausgründungen aus ehema-ligen Zentralinstituten der Akademie der Wissenschaften (AdW) der DDR, in denen bereits Nanopartikel mit einer Größe von weniger als 100 nm hergestellt wurden. Nach der Wiedervereinigung konnten einige For-schungsschwerpunkte der AdW-Einrichtungen in bereits existierenden oder neu gegründeten Instituten fortgeführt werden.25 Bei den meisten

25 So wurden etwa 10 Prozent der Mitarbeiter des AdW-Instituts für Polymerenchemie

„Erich Correns“ nach der Wiedervereinigung in das neu gegründete Max-Planck-

Nur vereinzelt über-betriebliche Zusam-menarbeit in der Ber-liner Nanotechnolo-gie-Szene Ehemalige Zentralin-stitute der Akademie der Wissenschaften als Ausgangspunkte der heutigen Nano-technologie

72 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

anderen Technologieunternehmen handelt es sich um Spin-offs aus ver-schiedenen, heute noch existenten Forschungseinrichtungen; lediglich ein kleines Unternehmen hat eine Standortverlagerung nach Berlin vorge-nommen.

Drei Aspekte erschweren heute das Zustandekommen eines Clusterbe-wusstseins und damit in Verbindung stehende Prozesse des Cluster-wachstums ganz erheblich.

Erstens stammen die Gründer – ganz im Gegensatz zu denjenigen im Saarbrücker Cluster – aus zahlreichen verschiedenen Einrichtungen. Dies hat zur Folge, dass vertrauensbasierte Beziehungen, die zwischenbetrieb-liche Kooperationen grundsätzlich begünstigen, a priori nicht vorhanden sind, sondern erst in zeit- und kostenintensiven Prozessen aufgebaut wer-den müssen.

Zweitens sind zahlreiche der betrachteten Unternehmen nicht ausschließ-lich in der Nanotechnologie aktiv, sondern führen auf dem Gebiet ledig-lich zeitlich befristete Projekte durch, was die eigene Identifikation als Nanotechnologie-Unternehmen erschwert. Auch hierin liegt ein ganz wesentlicher Unterschied zu den Unternehmen des Saarbrücker Clusters.

Drittens hat die Tatsache, dass sich die Berliner Forschungseinrichtungen und Universitäten den Nanometerdimensionen gleichsam evolutorisch angenähert haben, dazu beigetragen, dass oftmals ein fehlendes Bewusst-sein darüber besteht, dass Aktivitäten im Bereich Nanotechnologie unter-halten werden.

Alle drei Punkte bedingen letztlich auch die mangelnde Wahrnehmung des Clusters auf Seiten der politischen Akteure: Bislang konnte man sich in Berlin weder dazu durchringen, die Nanotechnologie als ein eigenes Kompetenzfeld zu fördern, noch existieren heute systematisch koordi-nierte, speziell auf nano(bio)technologische Fragestellungen ausgerichte-te Aus- und Weiterbildungsprogramme, sowohl im schulischen26 als auch im Ausbildungs- oder universitären Bereich27. Auch spezielle Finanzie-rungsinstrumente oder Nanotechnologie-Netzwerke mit regionalem Fo-kus fehlen bislang.

In den Bereichen Forschung und Technologietransfer hat sich eine insti-tutionelle Support-Basis allerdings in ihren Grundzügen entwickeln kön-nen:

Institut für Kolloid- und Grenzflächenchemie in Golm bei Potsdam übernommen, aus dem sich später zwei Unternehmen im Bereich Nanotechnologie ausgründeten.

26 Allerdings bietet die jpk instruments ag praktische Übungen zur Rasterkraftmikro-skopie für Interessenten aus Industrie und Bildungseinrichtungen (Schulen, Univer-sitäten) an.

27 Eine Ausnahme stellt der Schwerpunkt Nanobiotechnologie im Rahmen des von der Berlin Brandenburgischen Fortbildungsakademie e. V. (BBFA) von Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung und Berufserfahrung am 30.08.2004 aufgenom-menen Studiengangs Biotechnologie dar.

Clusterbewusstsein und Clusterwachstum

wird durch drei Aspekte erschwert

Darstellung der Vergleichsregionen 73

Im Jahr 2004 wurde durch das örtliche Biotechnologie-Netzwerk Bio-TOP die „Interessensgemeinschaft Nanobiotechnologie“ im Sinne einer nicht zwanghaften, anmoderierten Netzwerk-Struktur mit verschiedenen Akteuren aus Wissenschaft und Wirtschaft ins Leben gerufen. Trotz posi-tiver Resonanz hat bislang jedoch erst ein Treffen stattgefunden (Stand: 6/2005).

Mit dem Centrum für biomedizinische Nanotechnologie (CBN) hat sich ferner eine private Struktur im Bereich Nanotechnologie herausgebildet. Das CBN besteht aus der MagForce Nanotechnologies AG und der Cha-rité-Arbeitsgruppe „Biomedizinische Nanotechnologie und Strahlenbio-logie“ und fungiert als ein speziell auf das Gebiet der medizinischen An-wendungen fokussierter Kristallisationspunkt für neue Projekte und Initi-ativen zum Thema Nanotechnologie im Wirtschaftsraum Berlin-Brandenburg. Ursprüngliches Ziel war, das CBN zu einer Transferstelle für produktnahe Entwicklungen aus der Charité im Bereich Nanomedizin auszubauen, die zusätzlich die Koordination von Studien übernimmt, Beiträge zur Technologieentwicklung leistet, Initiativen zu neuen Lehr-inhalten und internationalen Workshops gibt, Verbundprojekte unter-stützt und Öffentlichkeitsarbeit betreibt. Bislang konnten diese Vorhaben aufgrund fehlender finanzieller und personeller Ressourcen jedoch nur in geringem Maße in die Tat umgesetzt werden.

Im Bereich der Forschungsinfrastruktur ist das am 16. Juni 2004 am In-stitut für Festkörperphysik gegründete „Zentrum für Nanophotonik“ her-vorzuheben, das Mitarbeitern und Studierenden der TU und – im Rahmen eines Zweischicht-Betriebes – auch Unternehmen zur Verfügung stehen soll. Kern des Zentrums ist ein mit diversen Geräten zur Produktion opti-scher Bauteile auf Halbleiterbasis ausgestattetes Reinraumlabor. Die Kosten für das etwa 480 Quadratmetern große Reinraumlabor in Höhe von 5,4 Mio. EUR wurden vom EFRE-Fonds (2,4 Mio. EUR), der TU Berlin (2,1 Mio. EUR) und dem BMBF (860.000 EUR) getragen. Durch die Bereitstellung der Infrastruktur erhofft sich die Technische Universi-tät, den Start neuer Firmen zu erleichtern, die Time-to-Market zu verkür-zen und damit verstärkt die Rolle eines Inkubators für Firmengründungen einzunehmen.

Im Bereich der Technologietransfers sei abschließend noch das „Kompe-tenzzentrum NanOp zur Erforschung der Anwendung von Nanostruktu-ren in der Optoelektronik“ erwähnt, das im Rahmen der Kompetenzzent-ren-Initiative des BMBF im Jahre 1998 ins Leben gerufen wurde und seitdem von Prof. D. Bimberg von der TU Berlin koordiniert wird. Ziel des Kompetenzzentrums NanOp ist die Beschleunigung der Forschung und Entwicklung von Nanotechnologien für die Anwendung in neuen und revolutionären Produkten, basierend auf der Nano-Optoelektronik. Das Netzwerk vereinigt national und international führende und aner-kannte Arbeitsgruppen aus verschiedenen Teilen Deutschlands und das vom Nobelpreisträger S. Alferov geleitete Ioffe-Institut in St. Petersburg,

Centrum für biomedi-zinische Nanotechno-logie (CBN) Zentrum für Nano-photonik an der TU Berlin

Kompetenzzentrum NanOp

74 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

weist aber als ursprünglich bundesweit angelegtes Netzwerk naturgemäß nur einen geringen regionalen Bezug auf.

6.4 Hessen

Hessen gehört zu einer der führenden Nanotechnologie-Regionen in Deutschland – vor allem in den Bereichen Nanochemie, Nanomateria-lien, Nanomedizin und Nanoanalytik. Nach Angaben der Hessen Agentur nutzen über 70 hessische Unternehmen die Nanotechnologie für ihre Produkte oder Produktionsprozesse. Räumlich konzentrieren sich die hessischen Nanotechnologie-Unternehmen vor allem im Süden von Hes-sen – insbesondere dem Rhein-Main-Gebiet.28

Nanotechnologie-Unternehmen in Hessen lassen sich grob in zwei Typen einteilen: Einerseits Großunternehmen, bei denen der Umsatz mit nano-technologischen Produkten eine Bruchteil des Gesamtumsatzes aus-macht, und andererseits kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die sich speziell auf die Nanotechnologie fokussieren. 15 Unternehmen ha-ben mehr als 250 Mitarbeiter und einen Gesamtumsatz von über 50 Mio. Euro, bei 40 KMU ist der Umsatz kleiner als 50 Mio. Euro und die Mit-arbeiterzahl unter 250.

Die Schwerpunkte der Nanotechnologie-Region Hessen liegen eindeutig im Bereich der Chemischen Industrie und dem Bereich Bio-tech/Medizintechnik/Pharma: 37 Prozent bzw. 20 Prozent der 60 unter-suchten Firmen haben hier ihren Branchenschwerpunkt.

Die Hälfte der befragten 60 Unternehmen ist bereits in den 70er Jahren oder noch früher gegründet worden. Eine aktive Beschäftigung mit Na-notechnologie erfolgte für 75 Prozent aber erst seit den letzten fünf Jah-ren. Damit wird deutlich, dass Nanotechnologie bei den meisten hessi-schen Unternehmen erst im Laufe der Zeit eine Rolle spielte. 33 Prozent der Unternehmen bezeichnen sich als reine Nanotechnologie-Anbieter und 28 Prozent als Nanotechnologie-Anwender. Weitere 32 Prozent ste-hen nach eigenen Angaben sowohl in der Rolle des Anbieters als auch in der des Anwenders.

Fast die Hälfte der Unternehmen ist in den Bereichen Nanostrukturierun-gen sowie Nanomaterialien und molekulare Architekturen tätig. Mit ult- 28 Die folgende Darstellung der Situation der Nanotechnologie in Hessen basiert über-

wiegend auf der Studie „Nanotechnologie in Hessen. Eine Bestandsaufnahmen auf Basis von Unternehmensbefragungen“ (ROHDE 2005). Bei dieser Unternehmensbe-fragung wurden in einem ersten Schritt 6.254 Unternehmen schriftlich nach ihren Aktivitäten im Bereich Nanotechnologie befragt. Die hier ermittelten 43 Unterneh-men mit aktivem Bezug zur Nanotechnologie wurden mit weiteren bekannten hessi-schen Nanotechnologieunternehmen ergänzt, so dass in einem zweiten Schritt mit 60 Unternehmen persönliche Interviews geführt wurden. Die obigen Aussagen bezie-hen sich auf diese Grundgesamtheit.

Schwerpunkte in den Bereichen:

Nanochemie, Nanoma-terialien, Nanomedi-zin und Nanoanalytik

Nanotechnologie spielte bei den meis-

ten Unternehmen erst im Laufe der Jahre eine Rolle

Darstellung der Vergleichsregionen 75

radünnen Schichten beschäftigen sich gut ein Drittel und mit der Nanoa-nalytik ein Fünftel der Unternehmen.

Neben den Unternehmen sind FuE-Einrichtungen ein sehr wichtiger Bau-stein bei Nanotechnologie-Clustern. In Hessen forschen derzeit über 60 Arbeitsgruppen aus unterschiedlichsten Bereichen an Themenstellungen der Nanotechnologie. Trotz dieser Quantität und des gemeinsamen Auf-tritts der FuE-Einrichtungen über das NanoNetzwerk-Hessen (s. u.) wird die Forschungsqualität in Hessen von den Unternehmen eher mittelmäßig beurteilt. 33 Prozent der befragten Unternehmen können zudem die For-schungsqualität in der Region nicht einschätzen. Analog zu dieser Beur-teilung ist auch die Kooperation der Unternehmen mit Universitäten aus Hessen nicht besonders stark. Lediglich 8 Prozent kooperieren vorwie-gend mit hessischen, aber 35 Prozent vorwiegend mit nationalen und weitere 10 Prozent vorwiegend mit ausländischen Universitäten. Bei der Kooperation mit sonstigen Forschungseinrichtungen (z. B. Max-Planck-Institute oder Institute der Fraunhofer Gesellschaft) ist die hessische Bi-lanz noch schlechter. Kein Unternehmen kooperiert vorwiegend mit hes-sischen, während sogar 9 Prozent vorwiegend mit ausländischen For-schungseinrichtungen kooperieren.

Die regionale Kooperation ist aber nicht nur zwischen Unternehmen und FuE-Einrichtungen schwach ausgeprägt sondern auch bei der Kooperati-on von Unternehmen untereinander. Lediglich 2 Prozent der Unterneh-men geben an, vorwiegend mit hessischen Unternehmen zu kooperieren, während es auf nationaler Ebene 33 Prozent und auf internationalen Ebe-ne sogar 24 Prozent sind.

Diese geringe Zusammenarbeit unter den Nanotechnologie-Akteuren in Hessen widerspricht deutlich den Charakteristika anderer Spitzentechno-logieregionen, die meist durch eine enge Kooperation der Akteure ge-kennzeichnet sind.

Im Folgenden werden noch einige Leuchttürme der Nanotechnologie-Region Hessen dargestellt.

Netzwerke:

In Hessen existieren mehrere Nanotechnologie spezifische Netzwerke:

• www.hessen-nanotech.de (oder auch www.nanotechforum-hessen.flad.de) ist die Internetpräsentation der Aktionslinie hes-sen-nanotech des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Ver-kehr und Landesentwicklung und wird von dessen Projektträger, der HA Hessen Agentur GmbH, betrieben. Ziel der Aktionslinie hessen-nanotech ist, die hessischen Aktivitäten im Bereich der Nanotechnologie zu bündeln, ein professionelles Technologie- und Standortmarketing durchzuführen und analog zu den Akti-onslinien hessen-biotech und hessen-umwelttech, eine weitere

Über 60 Arbeitsgrup-pen in FuE-Einricht-ungen forschen zur Nanotechnologie Schwach ausgeprägte Kooperation der Ak-teure

76 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

Plattform zu schaffen, die die internationale Wettbewerbsfähig-keit und Innovationsfähigkeit auch von KMU durch einen verbes-serten Zugang zu einer der Schlüsseltechnologien des 21. Jahr-hunderts stärkt.

• www.nanonetzwerkhessen.de ist ein Kooperationsprojekt der hes-sischen Universitäten Darmstadt, Frankfurt a. M., Giessen, Kassel und Marburg sowie der Fachhochschulen Darmstadt, Fulda, Frankfurt a. M., Giessen-Friedberg und Wiesbaden mit Unterstüt-zung des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst. Ziel des im Frühjahr 2004 gegründeten Netzwerkes ist es, „[…] über die Aktivitäten der Forschung und Lehre in den Nanowis-senschaften intensiv zu kommunizieren, Infrastruktur und Geräte gemeinsam zu nutzen und einen einheitlichen Auftritt in der Fachwelt und Öffentlichkeit sicher zu stellen. […] Darüber hinaus bildet das NanoNetzwerk-Hessen eine Plattform für die Koopera-tion zwischen Wissenschaft und Wirtschaft.“

• www.nanotech-hessen.de sieht sich selbst als „Zentrales Internet-portal für die Nanotechnologie in Hessen“ und ist ein Gemein-schaftsprojekt der Aktionslinie hessen-nanotech vom Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung (in Verbindung mit seinem Projektträger HA Hessen Agentur GmbH) sowie des NanoNetzwerk Hessen.

• www.materials-valley-rheinmain.de ist die Internetpräsentation des im Frühjahr 2002 gegründeten Vereins Materials Valley e.V., der die Profilierung der Region Rhein-Main als Hightech-Standort für die Bereiche Materialforschung und Werkstofftech-nologie zum Ziel hat. Dies soll durch den Ausbau vorhandener Wissensnetze zwischen wissenschaftlichen Instituten und Unter-nehmen als Grundlage für Kooperation, gemeinsame Forschung und Entwicklung erreicht werden.

Universitäten und Forschungseinrichtungen:

An elf hessischen Universitäten und Fachhochschulen forschen derzeit über 60 Arbeitsgruppen aus unterschiedlichen Fachbereichen im Bereich der Nanotechnologie. Neben der universitären Forschung werden Aspek-te der Nanotechnologie auch beim Deutschen Kunststoff-Institut, dem Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit, der Gesellschaft für Schwerio-nenforschung mbH (alle Darmstadt), dem Max-Planck-Institut für Bio-physik und dem Karl-Winnacker-Institut der DECHEMA e. V. (beide Frankfurt a. M.) erforscht. Hinzu kommen noch vier Kompetenzzentren: das Center for Interdisciplinary Nanostructure Science and Technology (CINSaT), das Institut für Mikrostrukturtechnologie und Analytik (IMA) (beide Kassel), das Wissenschaftliche Zentrum für Materialwissenschaf-

Zahlreiche Forschungsaktivitäten an Universitäten und

FuE-Einrichtungen

Darstellung der Vergleichsregionen 77

ten (WZMW) (Marburg) sowie das Frankfurt Institute for Advanced Stu-dies (FIAS) (Frankfurt a. M.).

An der Universität Kassel kann seit dem Wintersemester 2003/2004 der interdisziplinäre Diplom-Studiengang „Nanostrukturwissenschaften – Nanostructure and Molecular Science” studiert werden, der in Kooperati-on des CINSaT mit den Fachbereichen Biologie, Chemie und Physik angeboten wird. Zudem sind in Hessen weitere Lehrveranstaltungen mit Bezug zur Nanotechnologie an hessischen Universitäten und Fachhoch-schulen geplant.

Unternehmenshighlights:

• Die Degussa AG mit Sitz unter anderem in Frankfurt und Hanau ist der zweitgrößte „Carbon Black“-Erzeuger weltweit.

• Die Omicron NanoTechnology GmbH wurde 1984 in Taunusstein gegründet und gehört durch ihre Arbeit auf dem Gebiet der Ober-flächenanalytik zu einer der ältesten „Core“-Nanotechnologie-Unternehmen.

• Eines der ältesten chemisch-pharmazeutischen Unternehmen der Welt – die Merck KGaA aus Darmstadt – etablierte im Jahr 1998 eine firmeninterne Nanotechnologie-Plattform, um den Austausch der unterschiedlichen, mit Nanotechnologie beschäftigten, For-scher zu unterstützen. Schwerpunkt ihrer FuE-Anstrengungen ist das Gebiet der Nanomaterialien.

• Die 1999 gegründete NaWoTec GmbH aus Roßdorf, die Systeme für die 3-dimensionale Nanostrukturierung mittels Elektronen-strahl induzierten chemischen Reaktionen entwickelt, gewann im Jahr 2003 den Innovationspreis der deutschen Wirtschaft in der Kategorie Start-up.

Diplom-Studiengang „Nanostrukturwissen-schaften“

79

7 NANOTECHNOLOGIE IN DER REGION DRES-DEN/SACHSEN

Im Folgenden werden die Ergebnisse der Fragebogenumfrage29, der Ex-perteninterviews und der Workshops dargestellt. Ziel ist es dabei, die derzeitige Situation der Nanotechnologie in der Region Dresden/Sachsen zu beschreiben und zu analysieren. Neben der branchenübergreifenden Analyse wird zudem ein weiterer Schwerpunkt auf die Branchen Mikro-elektronik/IT, Maschinen- und Gerätebau/Verfahrenstechnik sowie Bio-technologie gelegt, da diese erstens in der Wirtschaftsstruktur der Region Dresden/Sachsen eine wichtige Rolle spielen, zweitens innerhalb dieser Branchen eine hohe Aktivität im Bereich Nanotechnologie festgestellt werden konnte und drittens eine mehr oder weniger ausreichende Anzahl an Unternehmen in diesen Branchen geantwortet haben, so dass die Er-gebnisse auszuwerten waren (vgl. zu letztem Punkt auch Kapitel 7.10.4).

7.1 Status-quo-Analyse der Region Dresden/Sachsen

Von den insgesamt 694 angeschriebenen Unternehmen und 39 For-schungseinrichtungen haben 200 Unternehmen (Rücklauf: 29 Prozent) und 22 Forschungseinrichtungen (Rücklauf: 56 Prozent) geantwortet. Von den 200 Unternehmen wiederum beschäftigen sich 54 aktiv mit Na-notechnologie, für weitere 65 könnte Nanotechnologie in Zukunft von Interesse sein.30

Im Folgenden wird die Struktur der an Nanotechnologie interessierten und der in der Nanotechnologie aktiven Unternehmen sowie der For-schungseinrichtungen näher dargestellt.

7.1.1 An Nanotechnologie interessierte Unternehmen

Im Rahmen der Fragebogenumfrage haben 65 Unternehmen mitgeteilt, dass Nanotechnologie für ihr Unternehmen zukünftig von Interesse sei. Der Branchenschwerpunkt dieser Unternehmen liegt eindeutig in den Bereichen Maschinen- und Gerätebau/Verfahrenstechnik (24 Prozent)

29 An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass sich bei der Aufteilung in Branchen o.

ä. teilweise sehr kleine Fallzahlen ergeben. Die Antworten sind daher streng ge-nommen statistisch nicht auszuwerten, sie boten aber im Rahmen dieser Untersu-chung Ansatzpunkte, die teilweise in den Experteninterviews und in den Workshops vertieft wurden. Da zudem davon ausgegangen werden kann, dass zumindest die in der Nanotechnologie aktiven Unternehmen zu einem großen Teil an der Umfrage teilgenommen haben, sind mit den Auswertungen ein Überblick über die derzeitige Situation und vorsichtige Trendaussagen möglich.

30 Bei den einzelnen Auswertungen kann es aber zu unterschiedlichen Grundgesamt-heiten kommen, da nicht alle Unternehmen zu jeder Frage eine Auskunft gegeben haben.

Rücklauf Unterneh-men: 29 Prozent Rücklauf FuE-Einrichtungen: 56 Prozent 65 Unternehmen, für die Nanotechnologie zukünftig von Inte-resse sein wird

80 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

sowie Mikroelektronik/IT (20 Prozent). Der Bereich Biotechnolo-gie/Medizintechnik folgt mit 11 Prozent auf dem dritten Rang.

Strukturell dominieren bei den an Nanotechnologie interessierten Unter-nehmen die KMU: 97 Prozent der Unternehmen haben weniger als 250 Mitarbeiter, 72 Prozent sogar unter 50 Mitarbeiter. Bezüglich des Unter-nehmensumsatzes liegen wiederum 97 Prozent der Unternehmen unter dem Grenzwert für KMU von < 50 Mio. Euro, 83 Prozent sogar unter-halb von 10 Mio. Euro (Abbildung 7–1).31

Abbildung 7-1: Struktur der an Nanotechnologie interessierten Unternehmen (in Pro-zent) (Quelle: Eigene Erhebung)

7.1.2 In der Nanotechnologie aktive Unternehmen

Die Region Dresden/Sachsen verzeichnet – nach Ansicht des VDI Tech-nologiezentrums auf Basis der Auswertung der Fragebogenumfrage so-wie weiterer Datenquellen – etwa 80 Unternehmen, die sich aktiv mit Nanotechnologie beschäftigen. Hiervon konnten im Rahmen der Umfra-ge 54 Unternehmen erfasst werden – dies bedeutet eine Rücklaufquote von 68 Prozent bezogen auf die aktiven Nanotechnologie-Unternehmen.

Bei den in der Nanotechnologie aktiven Unternehmen handelt es sich aber nicht zwangsläufig um „Core“-Nanotechnologie-Unternehmen, bei denen 100 Prozent des Umsatzes mit Nanotechnologie-Produkten erwirt-schaftet werden (dies ist nur bei 23 Prozent der Unternehmen der Fall). So erwirtschaften beispielsweise 44 Prozent der befragten Unternehmen unter 10 Prozent ihres Unternehmensumsatzes mit Produkten, in denen Nanotechnologie eine funktionale Rolle spielt oder die mit Hilfe der Na-notechnologie hergestellt wurden.

Der Branchenschwerpunkt der Unternehmen, die sich aktiv mit Nano-technologie beschäftigen, liegt mit 27 Prozent im Bereich Maschinen- und Anlagenbau/Verfahrenstechnik. Weitere wichtige Nanotechnologie-Branchen in Dresden/Sachsen sind Mikroelektronik/IT mit 20 Prozent,

31 Im Verarbeitenden Gewerbe sind in ganz Sachsen allerdings lediglich 96 Unterneh-

men mit mehr als 250 Beschäftigten tätig, das entspricht knapp 0,7 Prozent der Ge-samtunternehmen im Verarbeitenden Gewerbe (http://www.statistik.sach-sen.de/21/15_01/15_01_01_tabelle.asp). Demzufolge wären Großunternehmen hier sogar leicht überrepräsentiert.

97 Prozent der inte-ressierten Unterneh-

men sind KMU

Ca. 80 Nanotechnolo-gie-Unternehmen in

der Region Dres-den/Sachsen

Aber nicht zwangs-läufig „Core“-

Nanotechnologie-Unternehmen

Mitarbeiterzahl

0

10

20

30

40

50

bis 5 6 bis 9 10 bis 49 50 bis249

über 250

N=65

Unternehmensumsatz

0

10

20

30

40

50

bis 0,5 0,5 bis 2 2 bis 10 10 bis 50 über 50

in Mio. €N=64

Nanotechnologie in der Region Dresden/Sachsen 81

Chemie/Werkstoffe mit 17 Prozent sowie Biotechnologie/Medizin-technik/Gesundheit (11 Prozent). In den Bereichen Fahrzeugbau/Trans-port/Verkehr, Konsumgüter sowie Energie(-versorgung) sind entweder keine Nanotechnologie-Unternehmen am Standort Dresden/Sachsen ver-treten (was z. B. für den Fahrzeugbau unrealistisch ist) oder sie konnten im Rahmen der Fragebogenumfrage nicht erreicht werden bzw. haben sich nicht an der Umfrage beteiligt (Abbildung 7–2).

Abbildung 7-2: Branchenschwerpunkte der Nanotechnologie-Unternehmen (Quelle: Eigene Erhebung)

Strukturell dominieren die KMU: 93 Prozent der Unternehmen haben unter 250 Mitarbeiter, 67 Prozent sogar unter 50 Mitarbeiter. Der Umsatz von 88 Prozent der Unternehmen liegt unter dem für die Klassifizierung als KMU relevanten Wert von 50 Mio. Euro, bei 76 Prozent liegt dieser noch unter 10 Mio. Euro (Abbildung 7–3).32

Abbildung 7-3: Struktur der in Nanotechnologie aktiven Unternehmen (in Prozent) (Quelle: Eigene Erhebung)

Die Unternehmensstruktur weicht in den unterschiedlichen Branchen-segmenten aber voneinander ab. In der Mikroelektronik/IT sind die Großunternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern bzw. mehr als 50 Mio. Euro Umsatz deutlich stärker vertreten (27 bzw. 33 Prozent) als dies im Bereich Biotechnologie/Medizintechnik der Fall ist, wo kein Unterneh-

32 vgl. Fußnote 31

Auch bei Nanotechno-logie-Unternehmen KMU dominant

Branchenschwerpunkte der Nanotechnologieunternehmen

17%

11%

27%4%

20%

2%

19%Chemie/Werkstoffe

Biotech / Medizintechnik / Gesundheit

Maschinen- und Gerätebau / Verfahrenstechnik

Luft- und Raumfahrt

Mikroelektronik / IT

Umwelt (inkl. Recycling)

Sonstige

N=54

Mitarbeiterzahl

05

101520253035

bis 5 6 bis 9 10 bis 49 50 bis249

über 250

N=54

Unternehmensumsatz

05

101520253035

bis 0,5Mio. €

0,5 bis 2Mio. €

2 bis 10Mio. €

10 bis 50Mio. €

über 50Mio. €

N=50

82 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

men über 50 Mitarbeiter beschäftigt bzw. über 10 Mio. Euro Umsatz ge-neriert.

Die Zahl der „Nanotechnologie-Unternehmen“ stieg von 1990 bis 2004 im Raum Dresden/Sachsen mit Ausnahme des Jahres 1997 kontinuierlich an. Die stärkste Wachstumsphase lag in den Jahren 1998 bis 2000 (Ab-bildung 7–4). Dieser neuerliche Anstieg ist aber – analog der Aussagen der Experten im branchenübergreifenden Workshop – zu schwach ausge-prägt, als dass man ihn z. B. mit der Gründung der Kompetenzzentren in Deutschland im Jahre 1998 in Beziehung setzen könnte.

Abbildung 7-4: Gründungsdaten der Nanotechnologie-Unternehmen in Dres-den/Sachsen (Quelle: Eigene Erhebung)

Während sich in der Biotechnologie/Medizintechnik ein ähnlich gleich-mäßiger Gründungsverlauf ergibt, wurden im Bereich Mikroelektro-nik/IT in den letzten 5 Jahren weniger Unternehmen gegründet. Das konnte auch im Branchenworkshop nicht widerlegt werden – es wurde allerdings darauf hingewiesen, dass erstens allgemein eine zweite Grün-dungswelle fehle und dass sich zweitens gerade im Bereich der Mikro-elektronik die meisten Unternehmen evolutorisch auf die Nanometerdi-mension zubewegten. Der Bereich Maschinen- und Anlagenbau weist in den letzten Jahren einen gleichmäßigen Gründungsverlauf auf; Anfang der 90er Jahre kann hier aber – vermutlich vereinigungsbedingt – ein rasanter Anstieg festgestellt werden.

Im Bereich der FuE-Aktivitäten der Unternehmen zeichnet sich ein deut-licher Schwerpunkt ab. Über 60 Prozent der Unternehmen gab an, dass sie im Bereich Nanobeschichtungen forschen und entwickeln. Weitere wichtige Bereiche der Nanotechnologie in der Region Dresden/Sachsen sind Nanomaterialien und Nanoelektronik (Abbildung 7–5). Gerade in letzterem Punkt zeigt sich die starke Stellung der Mikroelektronik/IT in der Region. Auffallend ist der vergleichsweise geringe Stellenwert der Nanobiotechnologie in der Forschung und Entwicklung der Unterneh-men. Dies erklärt sich aber daraus, dass sich die wissenschaftliche Stärke in diesem Bereich (s. Kapitel 7.1.3) noch nicht gänzlich in wirtschaftli-chen Anwendungen (sprich Unternehmen) niedergeschlagen hat und dass

Kontinuierliches Wachstum der Zahl

an Unternehmen

In der Mikroelektro-nik/IT in den letzten

5 Jahren weniger Gründungen

Hohe Forschungsaktivität

der Unternehmen

Gründungen (kumuliert)

0

10

20

30

40

50

60

vor1990

1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004

N=53

Nanotechnologie in der Region Dresden/Sachsen 83

daher nur wenige Biotechnologieunternehmen im Untersuchungssample zu finden sind.

Abbildung 7-5: Bereich der FuE-Aktivität der Nanotechnologie-Unternehmen (Quel-le: Eigene Erhebung)

7.1.3 FuE-Einrichtungen in der Nanotechnologie

Im Rahmen der Fragebogenumfrage haben von 39 in der Region Dres-den/Sachsen angeschriebenen Forschungseinrichtungen 22 geantwortet.

Strukturell handelt es sich – im Vergleich zu den Unternehmen – um relativ große Einrichtungen: jeweils 40 Prozent der FuE-Einrichtungen haben zwischen 50 und 250 Mitarbeiter sowie zwischen 10 und 49 Mit-arbeiter. In 14 Prozent der Einrichtungen arbeiten sogar mehr als 250 Mitarbeiter (Abbildung 7–6).

Die Forschungsschwerpunkte der Einrichtungen liegen in den Bereichen Nanomaterialien (27 Prozent), Nanobiotechnologie (23 Prozent) sowie Nanoelektronik (18 Prozent) (Abbildung 7–6).

Abbildung 7-6: Mitarbeiterzahl und Forschungsschwerpunkt der FuE-Einrichtungen (Quelle: Eigene Erhebung)

Bei der Art der Forschung dominiert eindeutig die anwendungsbezogene Forschung (45 Prozent), weitere 36 Prozent gaben an sowohl anwen-dungsbezogene als auch Grundlagenforschung gleich intensiv zu betrei-

Insgesamt um die 40 FuE-Einrichtungen, die sich in Sachsen mit Nanotechnologie beschäftigen

Bereich der FuE-Aktivität

0 10 20 30 40 50 60 70

Keine FuE

Andere

Nanobeschichtungen

Nanowerkzeuge / Nanoanalytik

Nanobiotechnologie

Nanooptik

Nanoelektronik

Nanomaterialien

in ProzentN=52; Mehrfachnennung möglich

Forschungsschwerpunkt der FuE-Einrichtungen

0 5 10 15 20 25 30

Andere: Nanosystemtechnik

Nanowerkzeuge/Nanoanalytik

Nanobeschichtungen

Nanoelektronik

Nanobiotechnologie

Nanomaterialien

in ProzentN=22

Mitarbeiterzahl

0

10

20

30

40

50

6 bis 9 10 bis 49 50 bis 249 über 250

in P

roze

nt

N=22

84 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

ben und lediglich 18 Prozent sahen ihren Schwerpunkt in der Grundla-genforschung.

Von großem Interesse ist auch die Frage, für welche Anwendungsfelder die nanotechnologische Forschung der FuE-Einrichtungen von Bedeu-tung ist. Über 80 Prozent der befragten FuE-Einrichtungen gaben an, dass ihre Forschungen für den Bereich Mikroelektronik/IT von Bedeu-tung seien. Dieses beeindruckende Ergebnis zeigt wiederum die Stärke des Standortes Dresden/Sachsen in diesem Bereich. Weitere wichtige Anwendungsfelder der Dresdner FuE-Aktivitäten sind die Che-mie/Werkstoffe (55 Prozent) und Biotechnologie/Medizintechnik (41 Prozent). Auffällig ist, dass die Bereiche Maschinen- und Geräte-bau/Verfahrenstechnik (18 Prozent), Fahrzeugbau/Transport/Verkehr (14 Prozent) und Luft- und Raumfahrt (0 Prozent) von nur wenigen bis gar keinen FuE-Einrichtungen als potenzielle Anwendungsfelder für ihre Forschungen angesehen werden (Abbildung 7–7). Nachdem dieses Er-gebnis im Expertenworkshop auf Widerspruch gestoßen ist, wurde vom VDI TZ exemplarisch für den Bereich Maschinen- und Geräte-bau/Verfahrenstechnik weiter recherchiert. Dabei konnten statt vier FuE-Einrichtungen 14 identifiziert werden, deren Forschungen für diesen Anwendungsbereich von Bedeutung ist. Es muss also daher davon aus-gegangen werden, dass die FuE-Einrichtungen die Möglichkeit der Mehr-fachnennung nur zurückhaltend in Anspruch genommen haben, so dass die obige Analyse mit äußerster Vorsicht zu gebrauchen ist.

Abbildung 7-7: Anwendungsfelder der nanotechnologischen Forschung der FuE-Einrichtungen (Quelle: Eigene Erhebung)

7.1.4 Überblick: Nanotechnologie in der Region Dres-den/Sachsen

Es kann insgesamt festgehalten werden, dass sich in der Region Dres-den/Sachsen eine Vielzahl an Unternehmen befindet, die sich entweder schon aktiv mit Nanotechnologie beschäftigen oder für die diese Techno-

Mikroelektronik als das Hauptanwen-

dungsfeld der Forschung

Aber auch zahlreiche weitere Felder profi-

tieren deutlich von den sächsischen FuE-

Einrichtungen

Anwendungsfelder der nanotechnologischen Forschung

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90

Luft- und Raumfahrt

Konsumgüter

Energie(-versorgung)

Sonstige

Umwelt (inkl. Recycling)

Fahrzeugbau / Transport / Verkehr

Maschinen- und Gerätebau / Verfahrenstechnik

Biotech / Medizintechnik / Gesundheit

Chemie/Werkstoffe

Mikroelektronik / IT

in ProzentN=22; Mehrfachnennnung möglich

Nanotechnologie in der Region Dresden/Sachsen 85

logie zukünftig von Interesse sein könnte. Schwerpunktbranchen sind dabei der Maschinen- und Gerätebau/Verfahrenstechnik, Mikroelektro-nik/IT und Chemie/Werkstoffe. Dabei dominieren in nahezu allen Bran-chen kleine und mittlere Unternehmen.

Analog zu einer hohen unternehmerischen Basis in der Nanotechnologie existieren vielfältige FuE-Einrichtungen in der Region. Deren Forschun-gen sind nach eigenen Angaben vor allem für die Anwendungsfelder Mikroelektronik/IT, Chemie/Werkstoffe sowie Biotechnologie/Medizin–technik von Bedeutung.

Damit kann eine deutliche Stärke im Bereich Mikroelektronik/IT sowie Chemie/Werkstoffe diagnostiziert werden. Von wirtschaftlicher Seite ist zudem der Bereich Maschinen- und Gerätebau/Verfahrenstechnik sowie von wissenschaftlicher Seite die Biotechnologie/Medizintechnik von besonderer Bedeutung.

7.2 Standortfaktoren und -bedingungen in der Regi-on Dresden/Sachsen

Den Standortbedingungen einer Region kommt im Zuge des zunehmen-den interregionalen Wettbewerbs um Unternehmensansiedlungen eine immer stärkere Rolle zu. Der Vergleich von Standortfaktoren einer be-stimmten Branche mit den Standortbedingungen vor Ort lässt dabei Handlungsbedarfe für die regionalen Akteure erkennen.

Der wichtigste Standortfaktor für Nanotechnologie-Unternehmen ist mit einer Bewertung von 1,9 die Nähe zu FuE-Einrichtungen. Der zweitwich-tigste Faktor sind die Kosten von Gewerbeflächen und die finanzielle staatliche Unterstützung (z. B. in Form von Zuschüssen und Fördergel-dern). Weitere relevante Faktoren sind das Image der Stadt als Technolo-giestandort, die Qualität des Arbeitsmarktes (insbesondere die branchen-spezifischen Hochschulabsolventen) und die lokalen Abgaben und Kos-ten (Abbildung 7–8).

Vergleicht man die Standortfaktoren mit den Bedingungen in der Region Dresden/Sachsen, dann wird deutlich, dass drei der sieben wichtigsten Faktoren am Standort als erfüllt angesehen werden. Dies ist der Fall bei der Nähe zu FuE-Einrichtungen (mit 1,7 am besten bewertet), der Ver-kehrsanbindung und dem Image der Stadt als Technologiestandort.

In Bezug auf vier Faktoren scheint allerdings Handlungsbedarf zu beste-hen: Die Höhe der lokalen Abgaben/Kosten wurde durchschnittlich mit 3,5 bewertet. Vor dem Hintergrund, dass die Höhe der lokalen Abga-ben/Kosten in nahezu jeder Unternehmensbefragung Anlass zur Kritik geben, bedarf es einer kritischen Überprüfung dieses Faktors. Vergleicht man z. B. die Höhe des Gewerbesteuerhebesatzes in Dresden mit Städten vergleichbarer Größenordnung (Kreisfreie Städte zwischen 200.000 und 500.000 Einwohner) so liegt Dresden mit 450 knapp über dem Durch-

Deutliche Stärken im Bereich Mikroelekt-ronik/IT, Chemie/ Werkstoffe, Maschi-nenbau und Biotech-nologie Wichtigster Stand-ortfaktor: Nähe zu FuE-Einrichtungen Sehr gute Standort-bedingungen bei den FuE-Einrichtungen, der Verkehrsanbin-dung und dem Image der Stadt als Tech-nologiestandort

86 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

schnitt von 440 Prozentpunkten. Im Vergleich mit allen Gemeinden in Deutschland liegt Dresden allerdings über 60 Prozentpunkte über dem Durchschnitt; nur in Bezug auf Gemeinden in den NBL sogar um fast 100 Prozentpunkte.

Abbildung 7-8: Standortfaktoren und -bedingungen für Nanotechnologie-Unternehmen in der Region Dresden/Sachsen (Quelle: Eigene Erhe-bung)

Weitere Faktoren, bei denen Handlungsbedarf besteht, sind die finanziel-le staatliche Unterstützung (Differenz zwischen Wichtigkeit des Stand-ortfaktors und Bedingung vor Ort: 0,9 Punkte), die Kosten von Gewerbe-flächen (Differenz: 0,5) sowie die branchenspezifischen Hochschulabsol-venten (Differenz: 0,4).

Die so genannten weichen Standortfaktoren – wie z. B. das Wohnumfeld oder der Freizeitwert – sind nach Angaben der Unternehmensvertreter nicht so wichtig für die Unternehmen, sie werden aber für die Region Dresden/Sachsen durchweg positiv bewertet.

Um konkrete Verbesserungsmaßnahmen angehen zu können, wurden die Standortfaktoren und -bedingungen branchenspezifisch ausgewertet. Da-bei ergaben sich mitunter interessante Unterschiede.

Im Bereich Mikroelektronik/IT sind die wichtigsten Standortfaktoren das Image der Stadt als Technologiestandort (1,5), die Qualität des Arbeits-marktes in Bezug auf branchenspezifische Hochschulabsolventen sowie die Kosten von Gewerbeflächen (jeweils 1,6), die Verkehrsanbindung (1,8), die Höhe der lokalen Abgaben und Kosten sowie die Nähe zu FuE-Einrichtungen (jeweils 2,0). Die größten Abweichungen zwischen der Wichtigkeit des Standortfaktors und der Bewertung der Bedingungen vor

Weiche Standorfak-toren durchweg

positiv bewertet

Standortfaktoren und Standortbedingungen

1 2 3 4 5 6

Persönliche Präferenzen Kulturelles Angebot

FreizeitwertUmweltqualität

Wohnen und Wohnumfeld

Image der Stadt als TechnologiestandortNähe zu FuE-Einrichtungen

Nähe zu ZulieferernNähe zu Kunden

Branchenspezifische WeiterbildungseinrichtungenBranchenspezifische Ausbildungsstätten

Arbeitsmarkt: sonstige branchenspezifische Kräfte

Arbeitsmarkt: branchenspezifische HochschulabsolventenRisikokapitalgeber vor Ort (z.B. VC-Gesellschaften)

Fremdkapitalgeber vor Ort (z.B. Banken)Nicht-monetäre staatliche Unterstützung (z.B. Beratung)

Finanzielle staatliche Unterstützung (z.B. Zuschüsse)Lokale Abgaben / Kosten

Angebot von Gewerbeflächen

Kosten von GewerbeflächenVerkehrsanbindung

StandortfaktorenStandortbedingungen

Skala Standortfaktor:1 = sehr wichtig; 6 = unwichtig

Skala Standortbedingung:1 = sehr gut; 6 = sehr schlecht

N=49

Nanotechnologie in der Region Dresden/Sachsen 87

Ort ergaben sich bei der Höhe der lokalen Abgaben und Kosten (Diffe-renz: 1,9), der branchenspezifischen Hochschulabsolventen (Differenz: 1,3), dem Image der Stadt als Technologiestandort, den branchenspezifi-schen Weiterbildungseinrichtungen sowie der finanziellen staatlichen Unterstützung (Differenz jeweils 0,6). Auffallend sind hier die zwei star-ken Differenzen im Bereich der Aus- und Weiterbildung, die in Kapitel 7.4 vertieft werden, sowie die Differenz beim Image der Stadt als Tech-nologiestandort, wobei diese Differenz auf sehr hohem Niveau entstan-den ist, d. h. bei einer Bewertung des Images mit der Schulnote „gut“ (Abbildung 7–9).

Abbildung 7-9: Standortfaktoren und -bedingungen im Bereich Mikroelektronik/IT (Quelle: Eigene Erhebung)

Die wichtigsten Standortfaktoren für Nanotechnologie-Unternehmen im Bereich Maschinen- und Anlagenbau/Verfahrenstechnik sind die Kosten von Gewerbeflächen, die Nähe zu FuE-Einrichtungen, die finanzielle staatliche Unterstützung sowie die Verkehrsanbindung. Bei insgesamt fünf Faktoren ergibt sich bei den Bedingungen vor Ort eine negativere Bewertung um mehr als 0,5 Punkte verglichen mit der Wichtigkeit des Standortfaktors. Diese Faktoren haben alle einen finanziellen Hinter-grund: Finanzielle staatliche Unterstützung (Differenz: 1,3), Kosten von Gewerbeflächen (Differenz: 1,1), lokale Abgaben/Kosten (Differenz: 0,9), Fremdkapitalgeber vor Ort (Differenz: 0,7) sowie Risikokapitalge-ber vor Ort (Differenz: 0,6). Dabei ist aber zu beachten, dass erstens die Kritik an den hohen Kosten von Gewerbeflächen im Rahmen des Bran-chenworkshops nicht bestätigt werden konnte und dass zweitens die Ver-fügbarkeit von Fremd- bzw. Risikokapitalgebern vor Ort zwar als schlecht bewertet wird, dass aber diese Verfügbarkeit auch nur als „eher wichtig“ (Schulnote 3) bzw. als „eher unwichtig“ (Schulnote 4) angese-hen wird (Abbildung 7–10).

Teilweise Abweichun-gen bei der Bewer-tung in den einzelnen Branchen

Standortfaktoren und Standortbedingungen im Bereich Mikroelektronik/IT(Auswahl)

1 2 3 4 5 6

Image der Stadt als Technologiestandort

Nähe zu FuE-Einrichtungen

Branchenspezifische Weiterbildungseinrichtungen

Arbeitsmarkt: branchenspezifische Hochschulabsolventen

Finanzielle staatliche Unterstützung (z.B. Zuschüsse)

Lokale Abgaben / Kosten

Kosten von Gewerbeflächen

Verkehrsanbindung StandortfaktorenStandortbedingungen

N=8; ohne Großunternehmen

Skala Standortfaktor:1 = sehr wichtig; 6 = unwichtig

Skala Standortbedingung:1 = sehr gut; 6 = sehr schlecht

88 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

Abbildung 7-10: Standortfaktoren und -bedingungen im Maschinen- und Anlagen-bau/Verfahrenstechnik (Quelle: Eigene Erhebung)

Die Auswertung für den Bereich Biotechnologie/Medizintechnik erfolgt aufgrund der niedrigen Fallzahl mit äußerster Vorsicht. Als die wichtigs-ten Standortfaktoren werden die Nähe zu FuE-Einrichtungen und das Image der Stadt als Technologiestandort (jeweils 1,5), die Verkehrsan-bindung (1,8) sowie die Kosten von Gewerbeflächen (2,0) angegeben. Im Rahmen der Umfrage wurde keine einzige Standortbedingung schlechter bewertet als die Wichtigkeit des Standortfaktors. Diese überaus positive Bewertung des Standortes Dresden/Sachsen für Nanotechnologie-Unternehmen aus dem Bereich Biotechnologie/Medizintechnik wurde im entsprechenden Branchenworkshop bestätigt. Es wurde dazu angemerkt, dass sich Unternehmen erstens nicht an Standorten niederlassen würden, von denen sie nicht überzeugt seien, und dass bzgl. der Standortbedin-gungen eigentlich diejenigen Unternehmen befragt werden müssten, die am Markt gescheitert sind.33 Die hohe Bewertung der Standortbedingun-gen vor Ort ließe sich nach Meinung einiger Teilnehmer auch auf das gute Marketing der FuE-Einrichtungen vor Ort zurückführen (Abbildung 7–11).

Zum Abschluss der Standortdiskussion sei noch auf die Bewertung der Standortbedingungen für Unternehmen mit Bezug zur Nanotechnologie aus der Sicht der FuE-Einrichtungen eingegangen. Diese Auswertung mag zwar vom methodischen Ansatz überraschen, FuE-Einrichtungen sind aber erstens wesentliche Inkubatoren für Unternehmensausgründun-gen und zweitens tragen Vertreter von FuE-Einrichtungen ihre Einschät-zungen über die Standortbedingungen ihrer Region weiter.

Die Anzahl und Qualität der FuE-Einrichtungen in der Region Dres-den/Sachsen wird von den FuE-Einrichtungen selber als gut bis sehr gut bewertet. Weitere Standortbedingungen, die sie als gut bis eher gut erfüllt 33 In diesem Punkt bestand Einigkeit, dass eine derartige Untersuchung nur schwer

durchführbar sei, da man erstens kaum auf Adressen zurückgreifen könne und zwei-tens die Betroffenen wahrscheinlich für Auskünfte nicht zur Verfügung ständen.

Sehr gute Bewertung der Standortbedin-gungen im Bereich

Biotechnologie/ Medizintechnik

Standortfaktoren und Standortbedingungen im Bereich Maschinen- und Anlagenbau/Verfahrenstechnik (Auswahl)

1 2 3 4 5 6

Image der Stadt als Technologiestandort

Nähe zu FuE-Einrichtungen

Arbeitsmarkt: branchenspezifische Hochschulabsolventen

Risikokapitalgeber vor Ort (z.B. VC-Gesellschaften)

Fremdkapitalgeber vor Ort (z.B. Banken)

Finanzielle staatliche Unterstützung (z.B. Zuschüsse)

Lokale Abgaben / Kosten

Kosten von Gewerbeflächen

Verkehrsanbindung StandortfaktorenStandortbedingungen

N=16

Skala Standortfaktor:1 = sehr wichtig; 6 = unwichtigSkala Standortbedingung:1 = sehr gut; 6 = sehr schlecht

Nanotechnologie in der Region Dresden/Sachsen 89

ansehen, sind das Image der Stadt als Technologiestandort sowie die Verkehrsanbindungen. Als verbesserungswürdig in der Region sehen sie die Verfügbarkeit von Risiko- und Fremdkapitalgeber vor Ort sowie das Potenzial an Endkunden. Auch im Bereich Aus- und Weiterbildung wird ein gewisser Handlungsbedarf gesehen (Abbildung 7–12). Insgesamt deckt sich die Bewertung des Standortes Dresden/Sachsen aus der Sicht der FuE-Einrichtungen weitgehend mit der Bewertung der Nanotechno-logie-Unternehmen.

Abbildung 7-11: Standortfaktoren und -bedingungen in der Biotechnolo-gie/Medizintechnik (Quelle: Eigene Erhebung)

Abbildung 7-12: Standortbedingungen für Nanotechnologie-Unternehmen aus Sicht der FuE-Einrichtungen (Quelle: Eigene Erhebung)

Standortbedingungen für Nanotechnologie-Unternehmen aus Sicht der FuE-Einrichtungen

1 2 3 4 5 6

Anzahl an Forschungsinstitutionen/-einrichtungenQualität der Forschungsinstitutionen/-einrichtungen

Arbeitsmarkt: branchenspezifische HochschulabsolventenArbeitsmarkt: sonstige branchenspezifische Kräfte

Branchenspezifische AusbildungsstättenBranchenspezifische Weiterbildungseinrichtungen

Finanzielle staatliche Unterstützung (z. B. Zuschüsse)Nicht-monetäre staatliche Unterstützung (z. B. Beratung)

Fremdkapitalgeber vor Ort (z. B. Banken)Risikokapitalgeber vor Ort (z. B. VC-Gesellschaften)

VerkehrsanbindungenPotenzial an Kunden

Potenzial an ZulieferernImage der Stadt als Technologiestandort

N=20

Standortfaktoren und Standortbedingungen im Bereich Biotechnologie/Medizintechnik (Auswahl)

1 2 3 4 5 6

Wohnen und Wohnumfeld

Image der Stadt als Technologiestandort

Nähe zu FuE-Einrichtungen

Finanzielle staatliche Unterstützung (z.B. Zuschüsse)

Lokale Abgaben / Kosten

Kosten von Gewerbeflächen

Verkehrsanbindung StandortfaktorenStandortbedingungen

N=4

Skala Standortfaktor:1 = sehr wichtig; 6 = unwichtigSkala Standortbedingung:1 = sehr gut; 6 = sehr schlecht

90 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

7.3 Finanzierung

7.3.1 Unternehmensfinanzierung

Im Rahmen der Analyse der Standortfaktoren und -bedingungen wurde die große Bedeutung der Kosten- und Finanzseite bei den Nanotechnolo-gie-Unternehmen deutlich. Bestätigt wurde dies durch die Frage, welche Faktoren die Entwicklung des nanotechnologischen Produkts und die Ausschöpfung des Marktpotenzials behindert hätten. Dabei wurden die hohen Investitionskosten, ein Mangel an Finanzierungsquellen und feh-lende Fördermittel entlang der gesamten Wertschöpfungskette als die mit Abstand stärksten Faktoren genannt. Demzufolge war die Diskussion über hohe Kosten und die Möglichkeiten der Finanzierung in den Bran-chenworkshops Thema.

Wie in Abbildung 7–13 zu erkennen, bezieht sowohl ein Großteil der an Nanotechnologie interessierten als auch der in Nanotechnologie aktiven Unternehmen staatliche Fördergelder (84 bzw. 77 Prozent). Kredite und Leasing spielen mit jeweils gut über 40 Prozent ebenfalls noch eine be-deutende Rolle in der Unternehmensfinanzierung, derweil derzeit das Risikokapital mit 13 (an Nanotechnologie Interessierte) und 7,5 Prozent (in Nanotechnologie aktive Unternehmen) eine nur geringe Bedeutung inne hat.

Abbildung 7-13: Quellen der Unternehmensfinanzierung (Quelle: Eigene Erhebung)

Dies heißt aber nicht, dass diese Finanzierungsart für die Unternehmen nicht von Interesse ist, denn bei 57 Prozent der aktiven Nanotechnologie-Unternehmen und 50 Prozent der Interessierten besteht eine Bereitschaft zum Erhalt von Risikokapital. Lediglich ein Drittel der Unternehmen lehnt diese Finanzierungsform für sich ab. Risikokapital hat den Vorteil, dass zum Beispiel bei zukunftsweisenden Entwicklungsschritten von Unternehmen eine Kreditfinanzierung unter anderem aufgrund fehlender Sicherheiten und/oder der laufenden Finanzierungskosten oft nicht mög-lich ist. Risikokapital ist Eigenkapital und verbessert dadurch die Finan-

Große Bedeutung von Fragen bzgl. Kosten

und Finanzen bei den Unternehmen

Hohe Abhängigkeit von öffentlichen

Mitteln

Hohes Interesse an Risikokapital

Unternehmensfinanzierung- aktive Nanotechnologieunternehmen -

0 20 40 60 80 100

Keine fremdeFinanzierung

AndereInstrumente

Leasing

Kredite

Fördergelder

Risikokapital

in Prozent (Mehrfachnennung möglich)N=53

Unternehmensfinanzierung- an Nanotechnologie Interessierte -

0 20 40 60 80 100

Keine fremdeFinanzierung

AndereInstrumente

Leasing

Kredite

Fördergelder

Risikokapital

in Prozent (Mehrfachnennung möglich)N=62

Nanotechnologie in der Region Dresden/Sachsen 91

zierungsstruktur des jeweiligen Wachstumsunternehmens. Zudem kön-nen Projekte und Expansionsstrategien schneller durchgeführt werden.

Bei dem – im Rahmen der Evaluation der Befragungsergebnisse durchge-führten – Branchen übergreifendem Expertenworkshop hat sich heraus-gestellt, dass sich die Verfügbarkeit von Risikokapital als eines der größ-ten und dringendsten Probleme für die anwesenden Vertreter von Unter-nehmen und FuE-Einrichtungen erwies (vgl. Kapitel 7.3.2).34 Diese Ein-schätzung ist umso höher zu bewerten, da die Mehrheit der in der Nano-technologie aktiven Unternehmen und der an Nanotechnologie interes-sierten Unternehmen einer Beteiligung durch Risikokapital positiv ge-genüber stehen. Nicht weniger wichtig sind die vorhandenen Schwierig-keiten bei anderen Finanzierungsfragen wie den Erhalt von kurz- wie auch langfristigen Bankkrediten, um das ebenfalls vorhandene Problem der hohen Investitionskosten lösen zu können. Weniger akut, jedoch im-mer noch als eine finanzielle Schwierigkeit wird das nicht ausreichende Vorhandensein von Fördermitteln angesehen.

Administrative Schwierigkeiten stellen für die Teilnehmer des Experten-workshops vor allem der lange Zeitraum von der Förderantragstellung bis zur Fördergeldauszahlung dar. Zudem ist nach Ansicht der Mehrzahl der Teilnehmer eine zufrieden stellende Allokation der Fördermittel nicht gewährleistet. Genanntes Beispiel dafür ist, dass Fördermittel fast aus-schließlich für Personal, jedoch fast nie für die Anschaffung von Investi-tionsgütern wie Laborgeräte gewährt werden. Ein anderes Beispiel ist, dass bestimmte Forschungsschwerpunkte nicht gefördert werden.

Zwischen den Branchen existieren teils deutliche Unterschiede. In der Biotechnologie/Medizintechnik sind Finanzen und Fördermittel zwar auch ein Thema, die Bedingungen werden aber im Großen und Ganzen als ausreichend angesehen. Es wurde in dem entsprechenden Workshop allerdings darauf hingewiesen, dass Unternehmen, die nicht das Ziel bzw. die Chance haben Millionenerträge zu erwirtschaften, schwieriger an Geld kommen als Großunternehmen oder solche mit dem nötigen Poten-zial.

In der Mikroelektronik/IT besteht nach Angabe der Unternehmen Hand-lungsbedarf beim Thema Finanzen. Neben den hohen Kosten am Stand-ort und einer zu geringen finanziellen staatlichen Unterstützung wurde im Rahmen des entsprechenden Branchenworkshops eine derzeit vorherr-schende zu starke Zurückhaltung der Finanziers kritisiert.

34 Dies deckt sich auch mit den Untersuchungen beispielsweise des Milken Instituts:

„Without a well-functioning venture capital infrastructure a regional technology cluster may not develop. Silicon Valley’s extensive venture capital network is one of its greatest assests and distinguishes the region from all others.“ (DeVol 2000, 25).

Verfügbarkeit sowohl von VC- als auch öf-fentlichem Kapital zu gering Differenzierte Beurteilung des Themas Finanzen zwischen den einzelnen Branchen

92 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

Die wichtigste Bedeutung erlangt das Thema Finanzen im Bereich Ma-schinen- und Anlagenbau/Verfahrenstechnik. Dies beginnt bei den Kos-ten am Standort Dresden/Sachsen sowie der mangelnden Verfügbarkeit von Kapitalgebern vor Ort und endet bei der mangelnden staatlichen Un-terstützung. Möglicherweise haben Unternehmen aus diesem Bereich Schwierigkeiten, potenzielle Finanziers von ihren innovativen Ideen im Bereich Nanotechnologie zu überzeugen, da der Maschinenbau einerseits für die VC-Szene zu wenig „sexy“ ist und andererseits die Nanotechno-logie für klassische Finanziers des Maschinenbaus zu riskant und zu un-sicher ist, weil sie sich nicht mit der Technologie auseinandergesetzt ha-ben.

7.3.2 Status-quo und Verfügbarkeit von Risikokapital

Im Folgenden wird die derzeitige Situation der Verfügbarkeit von Risiko- bzw. Wagniskapital für klein- und mittelständische Unternehmen und von innovativen Wachstumsunternehmen im Bereich der Nanotechnolo-gie in der Region Sachsen analysiert. Dazu werden zu Beginn dieses Ka-pitels Daten des Landes Sachsen zu Daten anderer Bundesländer sowie Mitgliedsländern der Europäischen Union ins Verhältnis gesetzt, um die derzeitige Wettbewerbsfähigkeit Sachsens hinsichtlich der Risikokapital-verfügbarkeit im bundesdeutschen und europäischen Raum zu untersu-chen.

7.3.2.1 Private Equity-Investitionen

Die langfristige Entwicklung der Private Equity-Investitionen, die neben Risikokapital oder Venture Capital noch Buy-out- und Mezzanine-Finanzierungen35 umfasst, bewegt sich in Sachsen im Vergleich zu ande-ren Bundesländern auf niedrigem Niveau. Seit dem Jahr 2000, als das Volumen der Private Equity-Investitionen in Sachsen noch bei ca. 158 Mio. Euro lag, ist die Investitionssumme stark zurückgegangen. Wurden im Jahr 2001 noch ca. 73 Mio. Euro in Sachsen investiert, so waren es im Jahr 2002 nur noch 38 Mio. Euro und im Jahr 2003 sogar lediglich ca. 17 Mio. Euro. Dieses ist die geringste Private Equity-Investition in Sachsen in den letzten 12 Jahren. Jedoch gibt es seit 2000 auch in anderen Bun-desländern die Tendenz des abnehmenden Private Equity-Investitionsvo–lumens (mit Ausnahme des Jahres 2003) (Abbildung 7–14).

35 Management-Buy Out: Unternehmensübernahme durch Eigenkapitalinvestoren und

Management. Mezzanine Kapital: Finanzierungsmittel, die die Finanzierungslücke zwischen

Fremd- und Eigenkapital in der Kapitalstruktur insbesondere bei Management-Buy Outs und Management-Buy-ins füllen. In Deutschland gebräuchliche Formen sind u. a. Gesellschafterdarlehen, Vorzugsaktien und Genussscheine.

Seit 2000 starker Rückgang der Priva-

te-Equity-Investionen in Sachsen

Nanotechnologie in der Region Dresden/Sachsen 93

Abbildung 7-14: Langfristige Entwicklung der Private Equity-Investitionen (Volumen) nach Regionen (Quelle: NMTC)

Wie allerdings mit Blick auf Abbildung 7–15 zu erkennen ist, begründet sich das Ausnahmejahr 2003 in einigen wenigen großen Investitionen. Die Anzahl der Unternehmen, in die Private Equity investiert wurde, ist seit 2000 durchgängig rückläufig.

Abbildung 7-15: Langfristige Entwicklung der Private Equity-Investitionen (Anzahl der Unternehmen) nach Regionen (Quelle: NMTC)

Die Investitionen von Private Equity betrugen in Sachsen im Jahr 2003, wie bereits erwähnt, ca. 17 Mio. Euro, womit Sachsen im nationalen Ver-gleich an Position 11 steht. Hinter Sachsen folgen nur noch Schleswig-Holstein, Thüringen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen. Führend in Deutschland, dessen gesamte Private Equity-Investitionen sich auf 1,99 Mrd. Euro belaufen, sind Nordrhein-Westfalen, Bayern, Hamburg und Baden-Württemberg. Weiterhin liegen

0

100

200

300

400

500

600

700

800

1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003

Jahre

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Baden-Württemberg Bayern Hamburg Nordrhein-Westfalen Sachsen

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1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003

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Baden-Württemberg Bayern Hamburg Nordrhein-Westfalen Sachsen

94 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

Hessen, Berlin, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Saarland vor Sachsen.

Im europäischen Vergleich lagen die Private Equity-Investitionen im Jahr 2003 im Raum der Europäischen Union (einschließlich der neuen Mit-gliedsländer Tschechien, Slowakei, Polen und Ungarn) bei mehr als 28 Mrd. Euro. Damit befindet sich Deutschland auf Position vier. Füh-rend in Europa ist Großbritannien mit 13,54 Mrd. Euro, was mehr als 46 Prozent der gesamten europäischen Private Equity-Investitionen darstellt, was daran liegt, dass außereuropäische Investoren, die in Europa inves-tieren, ihr Geld fast ausschließlich britischen Private Equity- und Venture Capital-Gesellschaften anvertrauen. Frankreich und Italien folgen auf den Plätzen zwei und drei (Tabelle 7–1 und Tabelle 7–2).

Region Bevölkerung Volumen (€) Investitionen pro Kopf

Hamburg 1.734.083 361.480.000 208,46 Nordrhein-Westfalen 18.079.686 725.500.000 40,13 Bayern 12.423.386 433.780.000 34,92 Deutschland 82.531.671 1.988.960.000 24,10 Baden-Württemberg 10.692.556 179.400.000 16,78 Saarland 1.061.376 17.310.000 16,31 Berlin 3.388.477 49.890.000 14,72 Hessen 6.089.428 78.060.000 12,82 Sachsen-Anhalt 2.522.941 30.510.000 12,09 Thüringen 2.373.157 12.470.000 5,25 Schleswig-Holstein 2.823.171 14.740.000 5,22 Rheinland-Pfalz 4.058.682 19.570.000 4,82 Mecklenburg-Vorpommern 1.732.226 7.640.000 4,41 Sachsen 4.321.437 17.080.000 3,95 Niedersachsen 7.993.415 31.480.000 3,94 Bremen 663.129 2.220.000 3,35 Brandenburg 2.574.521 7.830.000 3,04 Tabelle 7-1: Private Equity-Investitionen (vol.) pro Kopf und absolut aller Bundes-

länder 2003 (Quelle: BVK Jahrbuch 2004; Statistisches Bundesamt 2005)

In der Kategorie Private Equity-Investitionen pro Kopf hat Sachsen bei ca. 17 Mio. Euro Investitionen und einer Bevölkerung von ca. 4,3 Mio. Einwohnern, Private Equity-Investitionen pro Kopf von ca. 3,9 Euro. Innerhalb Deutschlands liegt Sachsen damit an Position 13. Führend in Deutschland sind Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Bayern. Der nati-onale Durchschnitt in Bezug auf Private Equity-Investitionen liegt bei ca. 24 Euro pro Kopf.36 Die hohen Investitionen in Hamburg sind dadurch zu erklären, dass es vermutlich ein oder einige wenige große Beteiligungs-geschäfte gab, die den Durchschnitt in diese Höhe bewegten.

36 Die in Tabelle 7–1 sowie Tabelle 7–2 aufgeführten Angaben zu den Pro-Kopf-

Investitionen in Deutschland differieren erheblich. Dies liegt an der unterschiedli-chen Bemessungsgrundlage der verwendeten Quellen.

Deutschland bei absoluten Zahlen auf dem 4. Platz

in der EU

Nanotechnologie in der Region Dresden/Sachsen 95

Innerhalb Europas gibt es wesentliche Veränderungen zu den absoluten Investitionssummen im vorherigen Abschnitt. Bezug nehmend auf die Private Equity-Investitionen von mehr als 28 Mrd. Euro im Raum der Europäischen Union einschließlich der neuen Mitgliedsländer Tsche-chien, Slowakei, Polen und Ungarn im Jahr 2003, bedeutet dies, gemes-sen an der Bevölkerung, dass in Europa durchschnittlich ca. 76 Euro pro Kopf an Private Equity investiert wurden. Führend in Europa bezüglich Private Equity-Investitionen pro Kopf ist wiederum Großbritannien mit ca. 227 Euro pro Kopf, gefolgt von Schweden, Finnland und Dänemark. Deutschland liegt mit ca. 30 Euro pro Kopf Private Equity-Investitionen auf Position 11 innerhalb Europas und damit in der unteren Hälfte aller EU-Länder in dieser Kategorie (Tabelle 7–1 und Tabelle 7–2).

Land Bevölkerung Volumen (€) Investitionen pro Kopf

Großbritannien 59.554.000 13.539.000.000 227,34 Schweden 8.958.000 1.015.000.000 113,31 Finnland 5.213.000 441.000.000 84,60 Dänemark 5.387.000 414.000.000 76,85 EU insgesamt 381.287.000 28.873.000.000 75,73 Frankreich 59.768.000 4.246.000.000 71,04 Niederlande 16.224.000 1.092.000.000 67,31 Irland 3.953.000 255.000.000 64,51 Norwegen 4.564.000 276.000.000 60,47 Italien 57.478.000 3.034.000.000 52,79 Spanien 41.874.000 1.337.000.000 31,93 Deutschland 82.502.000 2.481.000.000 30,07 Belgien 10.372.000 304.000.000 29,31 Österreich 8.067.000 113.000.000 14,01 Portugal 10.449.000 116.000.000 11,10 Polen 38.195.000 133.000.000 3,48 Ungarn 10.124.000 34.000.000 3,36 Griechenland 11.036.000 26.000.000 2,36 Tschechische Republik 10.202.000 13.000.000 1,27 Slowakische Republik 5.380.000 3.000.000 0,56 Tabelle 7-2: Private Equity-Investitionen (vol.) pro Kopf und absolut aller EU-

Länder 2003 (Quelle: EVCA Yearbook 2004; OECD Quarterly La-bour Force Statistics 2004)

Im Jahr 2003 gab es in Sachsen 40 Unternehmen in die Private Equity investiert wurde. Sachsen liegt damit im Vergleich zu Baden-Württemberg und Bayern bei lediglich 22,5 Prozent beziehungsweise 24,1 Prozent der Anzahl der Unternehmen in die Private Equity investiert wurde (Abbildung 7–16).

Bei den pro Kopf-Investitionen liegt Deutschland aller-dings unter dem Durchschnitt

96 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

Abbildung 7-16: Private Equity-Investitionen nach geographischer Verteilung 2003 (Quelle: NMTC)

Private Equity-Investitionen in den Schlüsseltechnologien, die nach der Definition von PriceWaterhouseCoopers (PWC 2004) Kommunikations-technologie, computerbezogene Technologie, andere elektronische Tech-nologien, Biotechnologie, Internettechnologie sowie Bauelemente und Instrumente aus dem Bereich Medizin sind, sind in Europa im Jahr 2003 im Vergleich zum Vorjahr um 2 Prozent gewachsen. 40 Prozent des Vo-lumens aller Technologieinvestitionen im Jahr 2003 wurden im Buy-out-Bereich getätigt, was ein Anstieg von 30 Prozent gegenüber dem Jahr 2002 ist. Die Anzahl der Unternehmen im Technologiebereich, in die investiert wurde, ist im Jahr 2003 mit 4.811 Firmen annähernd auf dem gleichen Stand wie im Jahr 2002 geblieben. 46 Prozent der Unternehmen, in die 2003 investiert wurde, sind dem Technologiebereich zuzuordnen (PWC 2004).

Großbritannien führte in Europa in 2003 mit einem Volumen von 2 Mrd. Euro bei Private Equity-Technologie-Investitionen, gefolgt von Frank-reich mit 954 Mio. Euro, das im Jahr 2002 die Liste angeführt hat. Die Plätze drei und vier belegten Italien mit 495 Mio. Euro und Deutschland mit 414 Mio. Euro (PWC 2004).

Bezug nehmend auf die Anzahl der Unternehmen in Europa, in die inves-tiert wurde, ist die Computer Software-Branche mit einem Anteil von 28 Prozent führend, gefolgt von der Biotechnology-Branche mit einem An-teil von 14 Prozent (PWC 2004).

Großbritannien führte ebenfalls mit 1.148 Unternehmen im Jahr 2003 hinsichtlich der Anzahl der technologieorientierten Unternehmen in die Private Equity-Investitionen investiert wurden, gefolgt von Frankreich mit 987 Unternehmen und Deutschland mit 516 Unternehmen (PWC 2004).

Im Jahr 2003 sind in Europa 951 Mio. Euro in die Computer Software-Branche geflossen, knapp gefolgt von Kommunikationstechnologie mit 899 Mio. Euro. Die weiteren Plätze nahmen die Biotechnologie mit 682

Private Equity-Investitionen in den

Schlüsseltechnologien in 2003 um 2 Prozent

gewachsen

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Baden-Württemberg

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Sachsen

Nanotechnologie in der Region Dresden/Sachsen 97

Mio. Euro, die medizinischen Instrumente mit 674 Mio. Euro, Computer Hardware mit 642 Mio. Euro und Internet mit 561 Mio. Euro ein (PWC 2004).

Private Investitionen in den Bereich Nanotechnologie sind europaweit sehr selten. Der Bereich Nanotechnologie ist für Investoren sehr schwie-rig, da er sehr spezifisch und somit für die zumeist mit lediglich ober-flächlichen Fachkenntnissen ausgestatteten Venture Capital-Investoren sehr schwer zu verstehen ist. Demzufolge finden bei weitem noch viel zu wenige Investitionen in Anzahl und absoluter Summe in die Nanotechno-logie statt. In Deutschland haben sich nur sehr wenige Venture Capital-Investoren alleinig auf den Nanotechnologie-Bereich spezialisiert (z. B. Nanostart AG und enjoyventure Management GmbH).

7.3.2.2 Venture Capital-Investitionen

Während in Europa die Venture Capital-Ausgaben für Nanotechnologie noch sehr verhalten sind, ist die Investitionstätigkeit für Nanotechnologie in den USA weitaus fortgeschrittener. Im Zeitraum von 1999 bis 2002 wurden in den USA annähernd 900 Mio. $US in den Bereich Nanotech-nologie investiert. Im Jahr 2003 investierten die Venture Capital-Unternehmen in den USA ca. 304 Mio. $US in den Nanotechnologie-Bereich, was ein Anstieg von 42 Prozent gegenüber dem Jahr 2002 ist.37 Jedoch ist auch im Jahr 2004 die Investitionstätigkeit von US-amerikanischen Venture Capital-Gesellschaften zurückgegangen.38 Die weltweite Investitionssumme für Nanotechnologie für das Jahr 2003 wurde auf ungefähr 3 Mrd. $US geschätzt.39 Jedoch ist auch in den USA ein Wandel hinsichtlich des Investitionsverhaltens zu erkennen. Flossen im Jahr 2001 ungefähr 75 Prozent der Nanotechnologie-Investitionen in die Start-up-Finanzierung40 und Early stage-Finanzierung41, so wurden im Jahr 2003 bereits 60 Prozent des Risikokapitals in die Expansionsfinan-zierung42 und Later stage-Finanzierung43 investiert.44

37 www.Nanotechwire.com 2004, Fachspezifisches Internetportal über Nanotechnolo-

gie. 38 www.electronicsweekly.com 2005, Online Edition der britischen Zeitschrift „Elect-

ronics Weekly“. 39 www.nanovip.com 2003, Verzeichnis über Nanotechnologieunternehmen. 40 Start-Up-Finanzierung: Gründungsfinanzierung: das betreffende Unternehmen be-

findet sich in der Gründungsphase, im Aufbau oder seit kurzem im Geschäft und hat seine Produkte noch nicht oder nicht in größerem Umfang vermarktet.

41 Early stage-Finanzierung: Finanzierung der Frühphasenentwicklung eines Unter-nehmens, beginnend von der Finanzierung der Konzeption bis zum Start der Produk-tion und Vermarktung (Seed und Start up).

42 Expansionsfinanzierung: Wachstums- und Expansionsfinanzierung: das betreffende Unternehmen hat den Break-even-point erreicht oder erwirtschaftet Gewinne; die Geldmittel werden zur Finanzierung von zusätzlichen Produktionskapazitäten, zur Produktdiversifikation oder Marktausweitung und/oder für weiteres Betriebskapital verwendet.

Private Investitionen in den Bereich Nano-technologie bislang sehr selten Nanotechnologie-Investitionen in den USA deutlich höher

98 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

In den letzen Jahren sind von Europäischen Venture Capital-Fonds ca. 12 Mrd. Euro von Investoren eingesammelt worden. Das Geld ist noch nicht investiert worden, da noch nach angemessen Beteiligungsmöglichkeiten gesucht wird. Die Investoren sind zurzeit unsicher bezüglich Hightech-Investitionen. Grund dafür ist, dass zwischen den Jahren 2000 und 2001 ca. 23 Mrd. Euro in Hightech-Projekte investiert worden sind und die Hälfte davon bereits „verloren“ ist.45 Bezüglich Nanotechnologie-Investitionen hinkt Europa zurzeit den USA und Japan hinterher.

Venture Capital-Investitionen in Deutschland machten bis zu dem Zu-sammenbruch des Neuen Marktes den Schwerpunkt des Beteiligungsge-schäfts aus. Nach dem Verfall des Neuen Marktes verlor Venture Capital an Bedeutung, was sich vor allem durch ein stark schrumpfendes Volu-men der Venture Capital-Investitionen zeigte, und wohingegen Manage-ment-Buy-outs bzw. Management-Buy-ins stark zunahmen (BVK 2004).

Da in Sachsen keine Management-Buy-outs bzw. -Buy-ins sowie Mezza-nine-Finanzierungen im Jahr 2003 vorgenommen wurden, entsprechen die ca. 17 Mio. Euro des gesamten Private Equity-Investitionsvolumens gleichzeitig dem Venture Capital-Investitionsvolumens des Bundeslan-des. Damit liegt Sachsen auf Position neun in dieser Kategorie im natio-nalen Vergleich. Führend in dieser Kategorie ist Bayern vor Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Diese drei „Venture Capital-Zentren“ vereinen fast 65 Prozent der deutschen Venture Capital-Investitionen auf sich (BVK 2004). Weiterhin liegen Berlin, Hessen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Saarland vor Sachsen. Das gesamte Venture Capital-Investitionsvolumen in Deutschland im eigenen Land betrug im Jahr 2003 ca. 561 Mio. Euro (Tabelle 7–3). Zusammen mit den Venture Capital-Investitionen innerhalb Europas (ca. 67 Mio. Euro) und außerhalb Europas (ca. 79 Mio. Euro) betrugen die deutschen Venture Capital-Investitionen im Jahr 2003 insgesamt 707,91 Mio. Euro. Im eu-ropäischen Vergleich befand sich Deutschland auf Position 5. Führend sind Großbritannien, Frankreich, Spanien und Italien. Die gesamten Ven-ture Capital-Investitionen der Europäischen Union, einschließlich der in der Zwischenzeit beigetretenen Länder Ungarn, Polen Tschechische Re-publik und Slowakische Republik, lag im Jahr 2003 bei ungefähr 10,67 Mrd. Euro (Tabelle 7–4).

In der Kategorie Venture Capital-Investitionen pro Kopf befand sich Sachsen im Jahr 2003 mit einer Bevölkerung von ca. 4,3 Mio. Einwoh-nern mit 3,95 Euro pro Kopf auf Position 11 im nationalen Vergleich. Führend in dieser Kategorie sind das Saarland mit 16,31 Euro pro Kopf, Berlin mit 14,58 Euro pro Kopf und Sachsen-Anhalt mit 12,09 Euro pro

43 Later stage-Finanzierung: Spätphasenfinanzierung: Finanzierung von Expansionen,

Übernahmen, Überbrückungen etc. bei kleinen und mittelständischen Unternehmen. 44 www.Nanotechwire.com 2004 45 www.electronicsweekly.com 2005

Sachsen bei VC-Investitionen an

9. Stelle in Deutschland

Nanotechnologie in der Region Dresden/Sachsen 99

Kopf. Der nationale Durchschnitt lag bei 6,80 Euro pro Kopf (Tabelle 7–3). Im europäischen Vergleich lag Deutschland zuzüglich der oben aufgeführten Venture Capital-Auslandsinvestitionen bei einem Durchschnitt von 8,58 Euro pro Kopf auf Position 14. Führend in Europa in dieser Kategorie war im Jahr 2003 Großbritannien mit 68,38 Euro pro Kopf gefolgt von Finnland mit 55,92 Euro pro Kopf und Norwegen mit 53,99 Euro pro Kopf. Der europäische Durchschnitt lag bei 27,60 Euro pro Kopf (Tabelle 7–4).

Tabelle 7-3: Venture Capital-Investitionen pro Kopf und absolut aller Bundeslän-der 2003 (Quelle: BVK Jahrbuch 2004, Statistisches Bundesamt 2005)

Die Zahl der Unternehmen in Sachsen, in die Venture Capital-Investitionen geflossen sind, lag mit 40 Unternehmen im Jahr 2003 im Vergleich zu den in Deutschland in dieser Kategorie führenden Bundes-ländern Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen bei 22,85 Prozent, 25,48 Prozent und 75,47 Prozent (Abbildung 7–17). Die gesam-te Anzahl an Unternehmen in Deutschland, die Venture Capital-Investitionen im Jahr 2003 erhalten haben, beträgt 735. Weltweit profi-tierten 825 Unternehmen von deutschen Venture Capital-Investitionen (BVK 2004).

Venture Capital-Investitionen in Technologiebereiche sanken in Europa im Jahr 2003 auf 57 Prozent oder 3.096 Mio. Euro der gesamten Private Equity-Technologie-Investitionen. Im Jahr 2002 betrug dieser Anteil noch 68 Prozent oder ca. 3.594 Mio. Euro (PWC 2004).

Land Bevölkerung Volumen (€) Investitionen pro Kopf

Saarland 1.061.376 17.310.000 16,31 Berlin 3.388.477 49.400.000 14,58 Sachsen-Anhalt 2.522.941 30.510.000 12,09 Bayern 12.423.386 139.940.000 11,26 Baden-Württemberg 10.692.556 105.500.000 9,87 Deutschland 82.531.671 561.090.000 6,80 Hessen 6.089.428 38.630.000 6,34 Hamburg 1.734.083 10.970.000 6,33 Schleswig-Holstein 2.823.171 14.490.000 5,13 Thüringen 2.373.157 11.970.000 5,04 Mecklenburg-Vorpommern 1.732.226 7.430.000 4,29 Sachsen 4.321.437 17.080.000 3,95 Niedersachsen 7.993.415 31.480.000 3,94 Nordrhein-Westfalen 18.079.686 67.610.000 3,74 Brandenburg 2.574.521 7.830.000 3,04 Rheinland-Pfalz 4.058.682 10.050.000 2,48 Bremen 663.129 900.000 1,36

2003 erhielten 40 sächsische Unterneh-men VC-Kapital

100 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

Land Bevölkerung Volumen (€) Investitionen pro Kopf

Großbritannien 59.554.000 4.072.441.000 68,38 Finnland 5.213.000 291.533.000 55,92 Norwegen 4.564.000 246.411.000 53,99 Schweden 8.958.000 410.494.000 45,82 Dänemark 5.387.000 200.173.000 37,16 Frankreich 59.768.000 1.808.692.000 30,26 Niederlande 16.224.000 480.628.000 29,62 EU insgesamt 381.287.000 10.524.178.000 27,60 Spanien 41.874.000 968.187.000 23,12 Irland 3.953.000 79.412.000 20,09 Italien 57.478.000 775.568.000 13,49 Austria 8.067.000 100.799.000 12,50 Belgium 10.372.000 122.665.000 11,83 Portugal 10.449.000 110.159.000 10,54 Deutschland 82.502.000 707.900.000 8,58 Polen 38.195.000 100.266.000 2,63 Ungarn 10.124.000 21.554.000 2,13 Griechenland 11.036.000 22.675.000 2,05 Slowakische Republik 5.380.000 2.791.000 0,52 Tschechische Republik 10.202.000 1.829.000 0,18 Tabelle 7-4: Venture Capital-Investitionen (vol.) pro Kopf und absolut aller EU-

Länder 2003 (Quelle: EVCA Yearbook 2004, OECD, Quarterly La-bour Force Statistics 2004)

Obwohl sich ein Wandel bei Technologie-Investitionen in den verschie-denen Phasen, von der Venture Capital-Phase zur Management-Buy-out-Phase vollzieht, waren die Venture Capital-Investitionen in Europa im Jahr 2003 besonders intensiv, so vor allem in den Technologie-Branchen Computer-Software mit 717 Mio. Euro bzw. 75,4 Prozent der gesamten Investitionen in dieser Branche, Internet mit 496 Mio. Euro bzw. 88,5 Prozent der Investitionen in dieser Branche sowie die Biotechnologie mit 647 Mio. Euro bzw. 95 Prozent der gesamten Private Equity-Investitionen in dieser Branche (PWC 2004).

Durch die Branchenkonsolidierung seit dem Jahr 2001 hat der Venture Capital-Bereich mit deren Auswirkungen zu kämpfen. Die Marktkorrek-tur hatte stark sinkende Investitionen und zur gleichen Zeit hohe Verluste durch Portfoliobereinigungen zur Folge. Positiven Einfluss wird durch den ERP-EIF-Dachfonds46 erhofft, der Venture Capital-Gesellschaften bis zum Jahr 2009 Investitionen in Höhe von 500 Mio. Euro zur Verfü-gung stellen wird.

46 EIF: Europäischer Investitionsfonds, ERP: European Recovery Programme.

Hohe VC-Investitionen in Europa im

Jahr 2003

Nanotechnologie in der Region Dresden/Sachsen 101

Abbildung 7-17: Venture Capital-Investitionen nach geographischer Verteilung 2003 (Quelle: NMTC)

7.3.2.3 Early stage-und Expansion-Investitionen

Der Bereich Early stage verzeichnete ein deutliches Wachstum im Zuge der High-tech-Euphorie bis zum Jahr 2000, um danach genauso starke Verluste zu verzeichnen. Im Jahr 2003 fiel das Investitionsvolumen im Early stage-Bereich unter das Niveau des Jahres 1998. Dieser Trend, die Verschiebung der Investitionsschwerpunkte vom Early stage-Bereich in den Later stage- und Management-Buy-out-Bereich, war bereits in den vergangen Jahren zu erkennen und führte im Jahr 2003 zu einem deutli-chen Rückgang der Frühphasenfinanzierung (BVK 2004).

In Sachsen wurden im Jahr 2003 Early stage-Investitionen, das heißt In-vestitionen im Seed- und Start-up-Bereich, in Höhe von insgesamt ca. 7,9 Mio. Euro getätigt. Dies entspricht der Position 8 im nationalen Ranking in dieser Kategorie. Führend in dieser Kategorie sind national Bayern, Baden-Württemberg, Berlin und Nordrhein-Westfalen. Die Gesamtsum-me aller Early stage-Investitionen in Deutschland betrug im Jahr 2003 ca. 230 Mio. Euro (Tabelle 7–5). Unter Hinzunahme von Early stage-Investitionen im europäischen Raum (ca. 24,6 Mio. Euro) und außerhalb Europas (ca. 37,8 Mio. Euro) betrug die Gesamtsumme der deutschen Early stage-Investitionen ca. 292 Mio. Euro (BVK 2004). Damit liegt Deutschland im europäischen Vergleich auf Position 3 hinter Großbri-tannien und Frankreich und vor Schweden und Dänemark. Die Gesamt-summe aller europäischen Early stage-Investitionen betrug 2003 ca. 2.14 Mrd. Euro (Tabelle 7–6).

Bezüglich der Kategorie Early stage-Investitionen pro Kopf lag Sachsen im Vergleich aller Bundesländer im Jahr 2003 mit 1,84 Euro auf Position 10. Führend waren in dieser Kategorie das Saarland mit 10,88 Euro pro Kopf, Berlin mit 9,15 Euro pro Kopf und Sachsen-Anhalt mit 7 Euro pro Kopf. Der deutsche Durchschnitt lag bei 2,79 Euro pro Kopf (Tabelle 7–5). Im europäischen Vergleich befand sich Deutschland mit 1,84 Euro pro Kopf unter Berücksichtigung aller weltweit getätigten Ear-

Early stage-Investitionen im Jahr 2003 auf das Niveau von 1998 abgesunken Sachsen an 10. Stelle bei den Early stage-Investitionen pro Kopf

175157

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Baden-Württemberg

Bayern Hamburg Nordrhein-Westfalen

Sachsen

102 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

ly stage-Investitionen auf Position 11. Führend waren Schweden, Däne-mark und Finnland. Der europäische Durchschnitt lag im Jahr 2003 bei 5,61 Euro pro Kopf Early stage-Investitionen (Tabelle 7–6).

Tabelle 7-5: Early stage-Investitionen (vol.) pro Kopf und absolut aller Bundeslän-der 2003 (Quelle: BVK Jahrbuch 2004, Statistisches Bundesamt 2005)

Die Anzahl der Unternehmen in Sachsen die Early stage-Investitionen erhielten, lag im Jahr 2003 bei 15. Damit betrug der Anteil dieser Anzahl der Unternehmen im Vergleich zu Early stage-Investitionen in Baden-Württemberg (70 Unternehmen) und Bayern (65 Unternehmen) bei 21,43 Prozent bzw. 23,08 Prozent (Abbildung 7–18).

91 Prozent der technologieorientierten Unternehmen, in die in Europa investiert wurde, befinden sich in der Early stage und der Expansion sta-ge, d. h. in der Seed-, Start-up- und Expansion-Phase. Das in diese tech-nologieorientierte Unternehmen investierte Volumen machte im Jahr 2003 ca. 57 Prozent des investierten Gesamtbetrags für Technologieun-ternehmen aus, während im Jahr 2002 dieser Anteil am Gesamtvolumen sogar 68 Prozent betrug. Trotz des vermehrten Investitionsvolumens in den Buy-out-Bereich wird in der Early stage-Phase in einige Technolo-giebereiche immer noch stark investiert. Das sind vor allem die Bereiche Biotechnologie mit einer Summe von 382 Mio. Euro bzw. 56 Prozent der gesamten Private Equity-Technologieinvestitionen in Europa sowie der Bereich Computer Semiconductors mit einem Investitionsvolumen von 95 Mio. Euro bzw. einem Anteil von 55,7 Prozent an den gesamten euro-päischen Private Equity-Technologieinvestitionen (PWC 2004).

Land Bevölkerung Volumen (€) Investitionen pro Kopf

Saarland 1.061.376 11.550.000 10,88 Berlin 3.388.477 31.010.000 9,15 Sachsen-Anhalt 2.522.941 17.660.000 7,00 Bayern 12.423.386 49.400.000 3,98 Baden-Württemberg 10.692.556 38.480.000 3,60 Deutschland 82.531.671 229.940.000 2,79 Brandenburg 2.574.521 6.630.000 2,58 Hamburg 1.734.083 4.100.000 2,36 Niedersachsen 7.993.415 18.610.000 2,33 Thüringen 2.373.157 5.340.000 2,25 Sachsen 4.321.437 7.930.000 1,84 Rheinland-Pfalz 4.058.682 7.080.000 1,74 Nordrhein-Westfalen 18.079.686 23.900.000 1,32 Mecklenburg-Vorpommern 1.732.226 2.120.000 1,22 Schleswig-Holstein 2.823.171 2.450.000 0,87 Hessen 6.089.428 3.680.000 0,60 Bremen 663.129

15 Unternehmen in Sachsen erhielten eine Early stage-

Investition

Nanotechnologie in der Region Dresden/Sachsen 103

Land Bevölkerung Volumen (€) Investitionen pro Kopf

Schweden 8.958.000 171.330.000 19,13 Dänemark 5.387.000 93.327.000 17,32 Finnland 5.213.000 84.498.000 16,21 Norwegen 4.564.000 55.572.000 12,18 Großbritannien 59.554.000 621.659.000 10,44 Irland 3.953.000 32.865.000 8,31 Frankreich 59.768.000 394.951.000 6,61 EU-15 insgesamt 381.287.000 2.139.293.000 5,61 Portugal 10.449.000 55.702.000 5,33 Austria 8.067.000 29.705.000 3,68 Belgium 10.372.000 37.752.000 3,64 Deutschland 82.502.000 292.420.000 3,54 Niederlande 16.224.000 35.682.000 2,20 Spanien 41.874.000 56.188.000 1,34 Griechenland 11.036.000 11.424.000 1,04 Italien 57.478.000 58.829.000 1,02 Polen 38.195.000 17.155.000 0,45 Tschechische Republik 10.202.000 686.000 0,07 Ungarn 10.124.000 307.000 0,03 Slowakische Republik 5.380.000 0 0,00 Tabelle 7-6: Early stage-Investitionen (vol.) pro Kopf und absolut aller EU-Länder

2003 (Quelle: EVCA Yearbook 2004, OECD, Quarterly Labour Force Statistics 2004)

Abbildung 7-18: Early stage-Investitionen nach geographischer Verteilung 2003 (Quel-le: NMTC)

Genauso wie der Venture Capital-Bereich hatte der Early stage-Bereich, der sich vom Venture Capital-Bereich dadurch unterscheidet, dass dieser keine Expansion stage beinhaltet, besonders unter der Branchenkonsoli-dierung seit dem Jahr 2001 zu leiden. Neben den hohen rückläufigen Investitionsvolumina war besonders beim Early stage-Bereich ein hoher Anteil an Totalverlusten zu verzeichnen. Innerhalb der Rubrik „Exits“, dem Ausstieg aus den Wachstumsunternehmen waren annährend 71 Pro-

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Bayern Hamburg Nordrhein-Westfalen

Sachsen

104 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

zent Totalverluste zu verzeichnen. Trotz zahlreicher Probleme in den letzten Jahren bleibt Deutschland als Technologie- und Innovations-standort nach Auffassung des BVK führend (BVK 2004). Es ist aller-dings zu erwarten, dass sich die Situation in Deutschland in Bezug auf Neugründungen sehr schnell negativ auswirken wird.

7.3.2.4 Corporate Venture Capital-Investitionen

Corporate Venture Capital-Gesellschaften haben in Deutschland im Jahr 2003 ca. 42 Mio. Euro investiert. Damit bestätigte sich der Trend einer abnehmenden Investitionsbereitschaft auch von Corporate Venture Capi-tal-Gesellschaften. Seit dem Niedergang des Neuen Marktes reduzierte sich die Investitionssumme von ca. 242 Mio. Euro im Jahr 2000 auf ca. 158 Mio. Euro im Jahr 2001 bis auf ca. 108 Mio. Euro im Jahr 2002. Von den ca. 42 Mio. Euro sind ca. 21 Mio. Euro in den Start-up-Bereich, ca. 13 Mio. Euro in den Expansion-Bereich und ca. 7 Mio. Euro in den Seed-Bereich geflossen (BVK 2004). Corporate VCs investierten in Sachsen lediglich 410 Tausend Euro (Abbildung 7–19). Führend waren Berlin, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Von der gesamten Inves-titionssumme der Corporate VCs von ca. 42 Mio. Euro wurden lediglich ca. 10 Mio. Euro in Deutschland investiert und über 32 Mio. Euro im europäischen Raum und außerhalb Europas (BVK 2004).

Abbildung 7-19: Corporate Venture Capital-Investitionen nach Regionen 2003 (Quelle: NMTC)

Die Anzahl der Unternehmen, die Corporate Venture Capital erhalten haben, ist ebenfalls rückläufig. So sank die Anzahl von Unternehmen, die Investitionen erhalten haben, von 127 im Jahr 2002 auf 41 im Jahr 2003. Lediglich 15 dieser Unternehmen lagen in Deutschland, nur eines davon in Sachsen (Abbildung 7–20). Damit spielen Corporate Venture Capital-Gesellschaften praktisch keine Rolle. Führend in dieser Kategorie waren Bayern und Berlin vor Nordrhein-Westfalen (BVK 2004). Eine Tendenz-aussage zu regionalen Schwerpunkten ist aufgrund der geringen Zahl der Investitionen in Deutschland sehr schwierig. Jedoch ist aufgrund der Sta-

Lediglich 410.000 Euro im

Corporate VC-Bereich in Sachsen

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Sachsen

Nanotechnologie in der Region Dresden/Sachsen 105

tistiken der vergangenen Jahre zu erkennen, dass die Bundesländer Ba-den-Württemberg, Bayern, Berlin und Nordrhein-Westfalen eine führen-de Stellung inne haben, die auf einer ausgebauten Gründerlandschaft sowie der Existenz zahlreicher Technologiezentren und wissenschaftli-chen Einrichtungen basiert. Die Region Dresden/Sachsen bietet, insbe-sondere im Mikroelektronikbereich, hervorragende Voraussetzungen für Investitionen. Investitionen aus Deutschland flossen im Jahr 2003 in fünf Unternehmen im europäischen Raum und 21 Unternehmen außerhalb Europas. Grund dafür ist, dass die Muttergesellschaften der Corporate Venture Capital-Gesellschaften im Allgemeinen global operierende Kon-zerne sind, weshalb das Corporate Venture Capital-Geschäft ebenfalls stark international geprägt ist (BVK 2004).

Abbildung 7-20: Corporate Venture Capital-Investitionen nach Regionen 2003 (Quelle: NMTC)

Zwei Gründe waren dafür verantwortlich, das Corporate Venture Capital-Gesellschaften, die traditionell stark technologiebezogen sind, unter der Marktkonsolidierung seit dem Niedergang des Neuen Marktes zu leiden hatten. Erstens waren sie durch die starke Fokussierung auf Early stage-Unternehmen von dem Rückgang im Frühphasenbereich betroffen. Zum zweiten beeinflussten die wirtschaftlichen Probleme der Muttergesell-schaft die Geschäfte der Corporate Venture Capital-Gesellschaften (BVK 2004).

So wie der gesamte Venture Capital-Bereich wurde auch der Corporate Venture Capital-Bereich durch die Marktkonsolidierung stark in Mitlei-denschaft gezogen. Im Jahr 2003 wurden jedoch keine wesentlichen Ak-tivitäten deutscher Corporate Venture Capital-Gesellschaften eingestellt, obwohl die Investitionen rückläufig und die Verluste sehr hoch waren. Corporate Venture Capital-Investitionen sind national sowie international für das Innovationsmanagement von Großunternehmen von Bedeutung. Die Corporate Venture Capital-Aktivitäten werden positiv beeinflusst werden, wenn eine Konjunkturverbesserung eintritt und sich die Ge-schäftsentwicklung der Mutterkonzerne verbessert (BVK 2004).

Marktkonsolidierung seit dem Niedergang des Neuen Marktes

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Baden-Württemberg

Bayern Hamburg Nordrhein-Westfalen

Sachsen

106 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

7.3.2.5 Fazit: Verfügbarkeit Risikokapital

Das Investitionsvolumen hat sich 2003 auf einem sehr niedrigen Niveau stabilisiert, nachdem sich Ende der 90er Jahre hohe Wachstumssprünge vollzogen haben (BVK 2004).

Während Nanotechnologie in den letzten Jahren einen weit verbreiteten allgemeinen Bekanntheitsgrad erreicht hat, ist die Umsetzung in marktfä-hige Produkte bis zum heutigen Zeitpunkt relativ verhalten. Außer Zwei-fel steht, dass die USA sowohl hinsichtlich des Reife- als auch des Inves-titionsgrades in dem Bereich Nanotechnologie Europa gegenüber weit voraus sind. Europas relativ langsamer „Start“ in den Bereich Nanotech-nologie zeigt die existierenden Hindernisse auf. So herrscht zum einen ein Mangel an erfahrenem Management, das fähig ist, Ideen im Bereich Nanotechnologie zu entwickeln und zum anderen sind die Private Equity-Anbieter in der Regel weniger gut ausgestattet und, im Vergleich zu den U.S. amerikanischen Kontrahenten, weniger bereitwillig, das anhaftende Risiko auf sich zu nehmen.

In Europa beziehen sich die Investoren auf einen angeblichen Mangel an Managementerfahrung in diesem Bereich, während Nanotechnologie-Unternehmen einen Mangel an verfügbarer Finanzierung beklagen. Beide haben nicht ganz Unrecht. Europa hat einen schweren Weg vor sich, die Lücke zu den USA zu schließen. Jedoch sollte der positive Effekt nicht unterschätzt werden, den ein paar beeindruckende europäische Erfolgs-geschichten auf diesem Technologiegebiet haben könnten. Derartige Er-folge sind zurzeit allerdings nicht erkennbar. Bei allen Erfolgen von Ven-ture Capital-Investitionen im High-tech-Bereich, einschließlich der Na-notechnologie, in den USA stellt sich die Frage, ob sich dieses Modell erfolgreich auf Deutschland/Sachsen übertragen lässt.

Im Jahr 2004 wurden weltweit ca. 8,6 Mrd. US$ für Forschung und Ent-wicklung im Nanotechnologie-Bereich investiert. 54 Prozent davon stammen von den nationalen und regionalen Regierungen, 44 Prozent wurden von Unternehmen investiert. Lediglich 2 Prozent der Summe wurden von Venture Capitalisten aufgebracht, was dadurch begründet sein könnte, dass Venture Capitalisten in diesem Technologiebereich weitaus weniger Wissen besitzen, als sie es im Bereich IT oder Life Science zu haben glauben. Zurzeit konzentrieren sich Venture Capital-Unternehmen auf Wachstumsunternehmen im Later Stage-Bereich. Die-ses wird sich voraussichtlich dadurch ändern, dass die institutionellen Investoren, die übermäßig viel Kapital in Wachstumsfonds investiert haben, von der Venture Capital-Branche mehr Erträge fordern werden. 2004 wird wahrscheinlich das letzte Jahr sein, indem Investitionen in den Bereich Nanotechnologie von nationalen und regionalen Regierungen höher sein werden als von Unternehmen. Global agierende US-amerikanische Konzerne tätigen beachtliche Investitionen in Nanotech-nologie-Forschung und -Entwicklung. Große Geldgeber in diesem Be-reich, wie die Unternehmen IBM und Hewlett-Packard, investieren z. B.

In Europa nur zöger-licher Start in die Finanzierung von Nanotechnologie

Weltweit lediglich 2 Prozent der Finan-

zierung von FuE in der Nanotechnologie

durch VC

Nanotechnologie in der Region Dresden/Sachsen 107

ungefähr 1/3 ihrer betreffenden Forschungs- und Entwicklungsbudgets in den Bereich Nanotechnologie (Pimentel 2005).

Beispielhaft für Investitionen in die Nanotechnologie-Forschung und -Entwicklung in Europa ist unter anderem das Joint Venture Crolles 2 (Minatec) von Motorola, Philipps und STM in Grenoble, Frankreich, in Höhe von ca. 3 Mrd. US$, beginnend im Jahr 2005, wodurch ungefähr 1.200 Arbeitsplätze geschaffen werden sollen (Pimentel 2005). Einen großen Effekt bewirkten auch AMD, einer der größten internationalen Investoren der vergangenen zehn Jahre in Deutschland, und Infineon mit der Ansiedlung ihrer Halbleiterwerke in Dresden. Mittlerweile addieren sich die Investitionssummen der beiden Unternehmen am Standort Dres-den annähernd auf 10 Mrd. Euro (DIW 2002, FAZ 2005, VDI TZ).

7.4 Humankapital und Qualifikation

Die hohe Bedeutung des Arbeitsmarktes und der Qualifikation für die Nanotechnologie-Unternehmen wurde schon in der Auswertung der Standortfaktoren und -bedingungen deutlich. An dieser Stelle wird die Diskussion hierzu vertieft.

In 58 Prozent der Unternehmen sind lediglich bis zu fünf Mitarbeiter direkt mit Nanotechnologie beschäftigt, in 15 Prozent der Unternehmen sind dies aber schon zwischen 10 und 49 und in weiteren 10 Prozent so-gar mehr als 50 Mitarbeiter. Bei den 40 Unternehmen, die konkrete Zah-len zu ihren Nanotechnologie-Mitarbeitern gegeben haben, arbeiten ins-gesamt 350 Mitarbeiter, davon alleine 64 promovierte Wissenschaftler und 115 Universitätsabsolventen. Rechnet man diese Zahl auf die ge-schätzte Gesamtzahl von 80 Nanotechnologie-Unternehmen in der Regi-on hoch, erhält man 700 Unternehmensmitarbeiter, die sich in der Region Dresden/Sachsen direkt mit Nanotechnologie beschäftigen.

Bei den FuE-Einrichtungen gaben 19 von 22 detaillierte Angaben über ihre Mitarbeiterzahlen. Demnach arbeiten in der Region Dres-den/Sachsen 530 Mitarbeiter in FuE-Einrichtungen, davon 210 promo-vierte Wissenschaftler und weitere 202 Universitätsabsolventen.

Zusammengenommen erhält man über 1.200 Arbeitnehmer, die direkt mit Nanotechnologie beschäftigt sind. Ergänzt um indirekte Beschäfti-gungswirkungen macht dies die große Wirtschaftskraft dieser noch sehr jungen Technologie in der Region Dresden/Sachsen bewusst.

Bei diesen Berechnungen sind die Mitarbeiterzahlen der großen Chipfab-riken von Infineon und AMD sowie die von ZMD nicht mit eingerechnet. Infineon beschäftigt am Standort Dresden derzeit etwa 5.500 Mitarbeiter (Süddeutsche Zeitung 2005), AMD ca. 2.500 (Sächsische Zeitung 2005b) und ZMD 720 Mitarbeiter (Sächsische Zeitung 2005c).

Investitionssummen von AMD und Infineon in Dresden bei 10 Mrd. Euro Ca. 1.200 Arbeitneh-mer, die sich direkt mit Nanotechnologie beschäftigen Zusätzlich ca. 9.000 Arbeitnehmer in den großen Chipfabriken

108 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

Abbildung 7-21: Veränderung des Personaleinsatzes im Bereich Nanotechnologie (Quelle: Eigene Erhebung)

Dabei ist auch der Blick in die nahe Zukunft positiv. 51 Prozent der Un-ternehmen rechnen mit einer Konstanz ihrer mit Nanotechnologie be-schäftigten Mitarbeiter bis zum Jahr 2007. 49 Prozent gehen von einer Steigerung ihres Nanotechnologie-Personals von teilweise über 100 Pro-zent aus. Ein Großteil (26 Prozent) rechnet mit einer Steigerung des Per-sonals in diesem Bereich von 10 bis 20 Prozent (Abbildung 7–21).

Auch in den FuE-Einrichtungen zeigt der Trend eindeutig auf eine Aus-weitung des Personaleinsatzes. Zwar gibt es hier eine Einrichtung, die mit einer Abnahme des Nanotechnologie-Personals von 10 bis 20 Pro-zent rechnet.47 33 Prozent der FuE-Einrichtungen rechnen jedoch zumin-dest mit einer Konstanz des Personals und 62 Prozent sogar mit einer Erhöhung von bis zu 100 Prozent. Ein Großteil rechnet hier mit einer moderaten Erhöhung bis 10 Prozent (19 Prozent) bzw. zwischen 10 und 20 Prozent (24 Prozent) (Abbildung 7–21).

Bezüglich der Ausbildung von (zukünftigen) Fachkräften im Bereich Nanotechnologie äußerten sich 50 Unternehmen und 21 FuE-Einrichtungen. Das Angebot eines eigenen Studienganges zur Nanotech-nologie wird nur von wenigen Befragten unterstützt. 84 Prozent der Un-ternehmen und über 90 Prozent der FuE-Einrichtungen sehen in einer naturwissenschaftlichen/technischen Hochschulausbildung mit einer Ver-tiefung in der Nanotechnologie eine geeignete Form der Ausbildung (zu-künftiger) Nanotechnologie-Fachkräfte. Als zweitwichtigste Form der Ausbildung wird sowohl von den Unternehmen als auch von den FuE-Einrichtungen ein Aufbaustudium für Naturwissenschaftler und Ingeni-eure angesehen. Die Befragten haben aber nicht nur die akademische

47 Auf Nachfrage wurde ein Auslaufen von Fördermitteln als Begründung genannt.

Knapp die Hälfte der Unternehmen geht

von einer Steigerung ihres Nanotechnolo-

gie-Personals aus

Naturwissenschaftli-che oder technische Hochschulausbildung mit einer Vertiefung in der Nanotechnolo-gie wird als sinnvolle Ausbildung angesehen

Veränderung des Personaleinsatzes im Bereich Nanotechnologie

0

10

20

30

40

50

60

10-20 % < 10 % Konstanz < 10 % 10-20 % 21-50 % 51-100 % > 100 %

in P

roze

nt

Unternehmen (N=47)FuE-Einrichtungen (N=21)

Abnahme Zunahme

Nanotechnologie in der Region Dresden/Sachsen 109

Ausbildung im Fokus, denn sowohl die FuE-Einrichtungen (33 Prozent) als auch die Unternehmen (42 Prozent) sehen in der Vermittlung von Nanotechnologie-Grundlagen in bestehenden Ausbildungsberufen einen wichtigen Baustein für die Qualifikation ihres zukünftigen Nanotechno-logie-Personals. Eine stärkere Fokussierung auf die Nanotechnologie in der dualen Ausbildung durch die Schaffung neuer Ausbildungsberufe wird dagegen nur von einer Minderheit der Unternehmen (10 Prozent) unterstützt und von den FuE-Einrichtungen gänzlich abgelehnt. Der un-ternehmensinternen Weiterbildung (z. B. durch Fortbildungsmaßnahmen, Training on the Job) wird gerade von den Unternehmen (40 Prozent) aber auch von den FuE-Einrichtungen (24 Prozent) eine wichtige Bedeutung bei der Ausbildung zukünftiger Nanotechnologie-Fachkräfte beigemes-sen. Die Einschätzung, dass das bestehende Angebot ausreichend ist, wird nur von einer Minderheit geteilt (Abbildung 7–22).

Im Rahmen der Analyse der Standortfaktoren und -bedingungen in Kapi-tel 7.2 wurde im Bereich Mikroelektronik/IT ein besonderer Handlungs-bedarf in Bezug auf Humankapital und Qualifikation diagnostiziert. Dies spiegelt sich teilweise auch bei der Frage nach der Ausbildung zukünfti-ger Nanotechnologie-Fachkräfte wider. Kein Unternehmen hält das be-stehende Angebot für ausreichend. Alle Befragten fordern hingegen eine naturwissenschaftliche/technische Hochschulausbildung mit einer Vertie-fung im Nanotechnologie-Bereich. Auch der unternehmensinternen Wei-terbildung wird mit 55 Prozent eine bedeutendere Stellung eingeräumt als im Vergleich zu den anderen Nanotechnologie-Unternehmen.

Ein Referent fasste die Situation im Bereich Mikroelektronik/IT auf dem entsprechenden Branchenworkshop folgendermaßen zusammen: Zwar gäbe es in der Region vier Universitäten (davon drei Technische Univer-sitäten) sowie u. a. die Hochschule für Technik und Wirtschaft, die Lehr-veranstaltungen, Studienschwerpunkte und Weiterbildungsmöglichkeiten im Bereich Nanotechnologie (speziell auch für Mikroelektronik) anbieten würden, dennoch hielte kein Unternehmen die Möglichkeiten der Aus- und Weiterbildung für ausreichend und zudem seien auf dem Arbeits-markt nur unzureichend branchenspezifische Hochschulabsolventen zu rekrutieren. Seiner Ansicht nach liegen die Defizite in einer mangelnden Information und Kommunikation sowie in einer fehlenden Sichtbarkeit der Angebote. Des Weiteren sei der Anteil nanotechnologischer Ausbil-dung gemessen am Gesamtprogramm der Ausbildung an den Hochschu-len bzw. innerhalb der Studiengänge quantitativ zu gering und zudem ginge die inhaltliche Ausrichtung der Nanotechnologie-Ausbildung wo-möglich am Bedarf der Unternehmen vorbei. Als Lösung schlug er einen verstärkten Dialog zwischen Hochschulen und Unternehmen über Aspek-te der Aus- und Weiterbildung vor.

Mangelnde Informati-on und Kommunikation zwischen Unterneh-men und Universitä-ten bzgl. Aus- und Weiterbildung

110 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

Abbildung 7-22: Ausbildung zukünftiger Nanotechnologie-Fachkräfte (Quelle: Eigene Erhebung)

Im Rahmen des entsprechenden Branchenworkshops wurden diese Ein-schätzung und die Ergebnisse der Umfrage kritisch kommentiert. Zu-nächst wurde angezweifelt, dass ein Fehlbedarf tatsächlich existiere, zweitens wurde angemerkt, dass es allgemein einen Fachkräftemangel in diesem Bereich gebe und dass dieser nicht nanospezifisch sei, und drit-tens wurde in Frage gestellt, ob der Begriff nicht zu diffus sei und die Unternehmen daher die Qualifikation nicht richtig einschätzen könnten. Von Seiten der FuE-Einrichtungen wurde zudem eingewendet, dass die Industrie aufgrund des hohen Aufwandes, der Kosten und des Zeitbedarfs oft gar nicht Willens zur Weiterbildung sei. Bei der Auseinandersetzung mit den Inhalten, die im Rahmen einer Aus- und Weiterbildung vermittelt werden sollten, wurde von den meisten Teilnehmern gefordert, dass die Interdisziplinarität gefördert werden müsse und dass man die Synergien zwischen den einzelnen Nanobereichen stärker nutzen solle.

Die aktuellsten Entwicklungen in Bezug auf die Hochschulangebote im Bereich Nanotechnologie scheinen bei den Unternehmen aus der Region noch nicht durchgängig bekannt zu sein und bedürfen einer gezielten und Adressaten gerechten Kommunikation. Im Rahmen einer im Februar 2006 erschienenden Studie des VDI Technologiezentrums zu Hochschul-angeboten im Bereich Nanotechnologie48 wurde z. B. ermittelt, dass Na-notechnologie in den Hochschulen der Region Dresden/Sachsen in diver-sen Vorlesungen und Seminaren ein Thema ist. Die TU Chemnitz arbei-tet zudem in ihrem Fachbereich Elektro- und Informationstechnik in Ko-operation mit einem großen Chiphersteller an einem eigenen Studiengang 48 Die Ergebnisse finden sich zum einen unter www.techportal.de und zum anderen in:

Cebulla, E. / Malanowski, N. / Zweck, A. (2006): Hochschulangebote im Bereich Nanotechnologie. Düsseldorf (Zukünftige Technologien, Band 59).

Teilweise mangelnde Transparenz und

Sichtbarkeit der Aus- und Weiterbildungs-

angebote

Ausbildung zukünftiger Nanotechnologie-Fachkräfte

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Bestehendes Angebot isthinreichend

UnternehmensinterneWeiterbildung

Schaffung neuerAusbildungsberufe

Best. Ausbildungsberufe mitGrundlagen zur Nanotechnologie

Aufbaustudium fürNaturwissenschaftler/Ingenieure

Hochschulausbildung mitVertiefung Nanotechnologie

Angebot eines eigenenStudienganges

in Prozent (Mehrfachnennung möglich)

FuE-Einrichtungen (N=21)Unternehmen (N=50)

Nanotechnologie in der Region Dresden/Sachsen 111

Nanoelektronik. Auch an der TU Dresden wird das Thema im Fachbe-reich Elektro- und Informationstechnik in einzelnen Vorlesungen und Seminaren sowie in Weiterbildungsmaßnahmen vertieft behandelt. Damit wird deutlich, dass entsprechende Angebote vorhanden bzw. in Planung sind, die bereits genutzt oder bei Nachfrage modifiziert bzw. erweitert werden können.

In den Bereichen Maschinen- und Anlagenbau/Verfahrenstechnik sowie Biotechnologie/Medizintechnik waren beim Thema Humankapital und Qualifikation keine Abweichungen vom Gesamttrend festzustellen. Zu-dem ergab die Analyse der Standortbedingungen keinen besonderen Handlungsbedarf in diesem Bereich (Kapitel 7.2).

7.5 Kooperationen und Technologietransfer

Im Rahmen der Cluster-Forschung wird der Kooperation und dem damit einhergehenden Technologietransfer ein wichtiger Stellenwert für die Innovationsfähigkeit und die wirtschaftliche Stärke einer Region beige-messen (vgl. Kapitel 4).

Im Folgenden wird zunächst die Bedeutung informeller „face-to-face“-Kontakte analysiert, die oft eine Vorstufe zu konkreten Kooperationen darstellt. Letztere werden dann sowohl aus der Sicht der Unternehmen als auch aus der Sicht der FuE-Einrichtungen betrachtet, wobei bei der Un-ternehmenssicht auch die Bewertung der Qualität der FuE-Einrichtungen aus der Region eine entscheidende Rolle spielt. Im Rahmen der Workshops und der Expertengespräche wurden die teilweise strittigen Ergebnisse zurückgespiegelt – die Diskussionsergebnisse zu diesen Fra-gen von Kooperationen sowie Wissens- und Technologietransfer werden abschließend behandelt. Einen Gesamtüberblick über das Thema Koope-rationen und Technologietransfer gibt Kapitel 7.5.6.

7.5.1 Informelle „face-to-face“-Kontakte

Informelle „face-to-face“-Kontakte werden in der Regel in innovativen Branchen als sehr wichtig angesehen. Sie dienen dem Austausch von explizitem und in Teilen sogar von implizitem Wissen sowie der Anbah-nung von Kooperationen und Geschäftsbeziehungen.

Die hohe Bedeutung der „face-to-face“-Kontakte spiegelt sich auch bei dieser Umfrage wieder. Zwei Drittel der Unternehmen sehen diese Art der Kontakte zu Kunden als sehr wichtig an. Auch der Konakt mit Wis-senschaftlern wird von insgesamt 80 Prozent als wichtig oder sehr wich-tig eingeschätzt. Lediglich der Kontakt zu Personen aus der gleichen Branche erlangt eine geringere Bedeutung.

Kooperationen und Technologietransfer sehr wichtig für In-novationsfähigkeit einer Region

„Face-to-face“-Kontakte sind sehr wichtig

112 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

Bei den FuE-Einrichtungen ist vor allem der informelle Kontakt zu An-wendern und zu anderen Nanotechnologie-Wissenschaftlern von sehr wichtiger Bedeutung. Kontakte zu Wissenschaftlern, die sich nicht direkt mit Nanotechnologie beschäftigen, sind aus Sicht der FuE-Einrichtungen zwar zweitrangig – bleiben aber dennoch wichtig (Abbildung 7–23).

Abbildung 7-23: Bedeutung von face-to-face-Kontakten (Quelle: Eigene Erhebung)

Die Bedeutung informeller „face-to-face“-Kontakte mit unterschiedli-chen Personengruppen (Kunden, Anwendern, Wissenschaftlern) für das hochinnovative Themenfeld der Nanotechnologie wurde somit bestätigt. Informelle Kontakte werden durch räumliche Nähe begünstigt (bei-spielsweise durch die Möglichkeiten einer gemeinsamen Kantine oder des zufälligen Treffens im Café), wodurch eine höhere Interaktionsinten-sität ermöglicht wird, die sich in der Regel auch in verstärkten Koopera-tionen auf regionaler Ebene äußert.

7.5.2 Kooperationen aus Sicht der Unternehmen

Ob tatsächlich eine verstärkte regionale Orientierung von konkreten Ko-operationen stattfindet, lässt sich durch die Auswertung der folgenden Fragen beantworten.

Bei der Zusammenarbeit von Unternehmen mit FuE-Einrichtungen lässt sich eine deutlich stärkere Zusammenarbeit auf regionaler Ebene als auf nationaler bzw. internationaler Ebene feststellen. Dabei ergeben sich, wie Abbildung 7–24 zeigt, einige Unterschiede zwischen den unterschiedli-chen Branchen. Die Kooperation von Unternehmen der Biotechnolo-gie/Medizintechnik mit FuE-Einrichtungen ist z. B. deutlich stärker als bei den anderen Branchen. Dies könnte zwar einer Verzerrung infolge der geringen Antwortzahl geschuldet sein, da aber gerade der Bereich der Biotechnologie/Medizintechnik noch sehr jung ist, ist eine erhöhte For-schungskooperation nicht überraschend. Des Weiteren ist zu erkennen, dass die Unternehmen im Bereich Maschinen- und Anlagen-

Unternehmen arbei-ten häufiger mit FuE-Einrichtungen aus der

Region zusammen

Bedeutung von face-to-face Kontakten- aus der Sicht der Unternehmen -

0

5

10

15

20

25

30

35

sehrwichtig

wichtig eherwichtig

eherunwichtig

unwichtig sehrunwichtig

(Potenzielle) KundenWissenschaftlerPersonen der gleichen Branche

N=48

Bedeutung von face-to-face Kontakten- aus der Sicht der FuE-Einrichtungen -

0

2

4

6

8

10

12

14

16

sehrwichtig

wichtig eherwichtig

eherunwichtig

unwichtig sehrunwichtig

zu Anwendernzu Nano-Wissenschaftlernzu anderen Wissenschaftlern

N=22

Nanotechnologie in der Region Dresden/Sachsen 113

bau/Verfahrenstechnik im Vergleich eher regionale als nationale Koope-rationen mit FuE-Einrichtungen eingehen.

Abbildung 7-24: Zusammenarbeit von Unternehmen mit FuE-Einrichtungen (Quelle: Eigene Erhebung)

Die Stärke der Zusammenarbeit hängt eng mit der Bewertung dieser zu-sammen. Die 17 Unternehmen, die hierzu Angaben machten, bewerten die Zusammenarbeit mit FuE-Einrichtungen aus der Region Dres-den/Sachsen mit der Schulnote 2,1 (Skala von 1 bis 6), mit jenen aus der Deutschland mit einer 2,7 und jene mit ausländischen FuE-Einrichtungen lediglich mit einer 3,1.

Wie bei der Kooperation zwischen Unternehmen und FuE-Einrichtungen unterscheidet sich der Bereich Maschinen- und Anlagenbau/Verfahrens-technik von den beiden anderen Bereichen Mikroelektronik/IT sowie Biotechnologie/Medizintechnik auch bei der Kooperation zwischen Un-ternehmen (Abbildung 7–25). Letztere zeichnen sich durch deutlich stär-kere Kooperationen auf allen regionalen Ebenen aus. Im Bereich der Bio-technologie/Medizintechnik ist auf die Ausführungen im vorderen Absatz zu verweisen, im Bereich Mikrotechnologie/IT liegt die höhere Koopera-tionsneigung möglicherweise in der Tatsache begründet, dass Neuent-wicklungen immer kostenintensiver werden und dadurch von einem ein-zelnen Unternehmen nicht mehr zu realisieren sind.

Bei der Bewertung der Kooperationen, zu denen insgesamt 15 Unter-nehmen Angaben machten, lassen sich keine deutlichen Differenzen fest-stellen. Die Kooperation mit Unternehmen aus der Region Dres-den/Sachsen wird mit 2,5, die mit Unternehmen aus Deutschland mit 2,4 und diejenige mit ausländischen Unternehmen mit 2,7 bewertet.

Auch die Bewertung der regionalen Ko-operation durchweg positiv Kooperationen zwischen Unternehmen

Zusammenarbeit von Unternehmen mit FuE-Einrichtungen

0 1 2 3 4 5

aus dem Ausland

aus Deutschland

aus der RegionSachsen/Dresden

0 = nie - 5 = sehr stark

Gesamt (N=47)

Mikroelektronik/ IT (N=10)

Maschinen- und Anlagenbau/Verfahrenstechnik (N=16)

Biotechnologie/ Medizin-technik (N=4)

114 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

Abbildung 7-25: Zusammenarbeit von Unternehmen mit anderen Unternehmen (Quel-le: Eigene Erhebung)

Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Kooperation mit FuE-Einrichtungen deutlich stärker regional geprägt ist als diejenige mit Un-ternehmen. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass in der Region das Potenzial an kooperationsfähigen FuE-Einrichtungen höher ist als das der Unternehmen, was sich auch in der Bewertung der jeweiligen Koope-rationen widerspiegelt.

7.5.3 Qualität der FuE-Einrichtungen

In Kapitel 7.5.2 wurde als ein Erklärungsansatz für die hohe Kooperation der Unternehmen mit FuE-Einrichtungen aus der Region das höhere Po-tenzial kooperationsfähiger Einrichtungen genannt. Dies lässt sich am ehesten durch die Bewertung der Qualität der regionalen FuE-Einrich-tungen durch die Unternehmen verifizieren.

Dabei ergibt sich – wie Abbildung 7–26 zeigt – ein deutliches Bild: Die Qualität der Grundlagenforschung wird von den Nanotechnologie-Unternehmen sowie auch in den Bereichen Mikroelektronik/IT und Ma-schinen- und Anlagenbau/Verfahrenstechnik mit gut bewertet. Die an-wendungsbezogene Forschung wird von diesen drei Gruppen schon leicht schlechter bewertet. Ein deutlicher Bewertungsabfall ist beim Wis-senstransfer in Unternehmen festzustellen. Die Bewertung liegt hier nur noch zwischen eher gut und eher schlecht.

Qualität der Grundla-genforschung wird als gut bewertet

Zusammenarbeit von Unternehmen mit anderen Unternehmen

0 1 2 3 4 5

aus dem Ausland

aus Deutschland

aus der RegionSachsen/Dresden

0 = nie - 5 = sehr stark

Gesamt (N=46)

Mikroelektronik/ IT (N=8)

Maschinen- und Anlagenbau/Verfahrenstechnik (N=16)

Biotechnologie/ Medizin-technik (N=4)

Nanotechnologie in der Region Dresden/Sachsen 115

Abbildung 7-26: Qualität der FuE-Einrichtungen aus Sicht der Unternehmen (Quelle: Eigene Erhebung)

Eine bessere Bewertung in allen Dimensionen ergibt sich im Bereich Biotechnologie/Medizintechnik. Diese Bewertung korreliert eindeutig mit der höheren Kooperationsaktivität der Unternehmen mit FuE-Einrichtungen aus der Region. Die abfallende Bewertung von der Grund-lagenforschung hin zum Wissenstransfer bleibt auch hier erhalten.

Trotz der positiven Gesamtbewertung der FuE-Einrichtungen durch die Unternehmen, besteht bei der vergleichsweisen mittelmäßigen Bewer-tung der anwendungsbezogenen Forschung und besonders des Wissens-transfers in Unternehmen Diskussions- und ggf. Handlungsbedarf.

Die mittelmäßige Bewertung der anwendungsbezogenen Forschung ist gerade vor dem Hintergrund diskussionswürdig, da die meisten FuE-Einrichtungen nach eigenen Angaben eher anwendungsbezogene For-schung durchführen (vgl. Kapitel 7.1.3).

Handlungsbedarf im Bereich der anwen-dungsbezogenen Forschung und des Wissenstransfers

Maschinen- und Anlagenbau/Verfahrenstechnik

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

sehr gut gut eher gut eherschlecht

schlecht sehrschlecht

in P

roze

nt

N=16

Mikroelektronik/IT

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

sehr gut gut eher gut eherschlecht

schlecht sehrschlecht

in P

roze

nt

N=10

Gesamt

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

sehr gut gut eher gut eherschlecht

schlecht sehrschlecht

in P

roze

nt

N=51

Biotechnologie/Medizintechnik

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

sehr gut gut eher gut eherschlecht

schlecht sehrschlecht

in P

roze

nt

N=4

Grundlagenforschung Anwendungsbezogene Forschung Wissenstransfer in Unternehmen

Qualität der FuE-Einrichtungen aus Sicht der Unternehmen

116 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

7.5.4 Kooperationen aus Sicht der FuE-Einrichtungen

Bei der Kooperation von FuE-Einrichtungen mit Unternehmen ist zwi-schen Großunternehmen und KMU zu unterscheiden.

Während bei der Zusammenarbeit mit Großunternehmen die Tendenz deutlich in Richtung nationaler Kooperationen geht (Abbildung 7–27), dominiert bei der Zusammenarbeit mit KMU die regionale Kooperation (Abbildung 7–28). Zwischen den einzelnen betrachteten Teilbranchen ergeben sich hierin auch kaum Unterschiede. Lediglich im Bereich der Biotechnologie/Medizintechnik ist die Kooperation mit Großunterneh-men (vor allem mit denen aus der Region Dresden/Sachsen) besonders schwach ausgeprägt.

Abbildung 7-27: Zusammenarbeit von FuE-Einrichtungen mit Großunternehmen (Quelle: Eigene Erhebung)

Abbildung 7-28: Zusammenarbeit von FuE-Einrichtungen mit KMU (Quelle: Eigene Erhebung)

Höhere Kooperationen

mit KMU aus der Region

Zusammenarbeit von FuE-Einrichtungen mit Großunternehmen

0 1 2 3 4 5

aus dem Ausland

aus Deutschland

aus der RegionSachsen/Dresden

0 = nie - 5 = sehr stark

Gesamt (N=22)

Mikroelektronik/ IT (N=18)

Maschinen- und Anlagenbau/Verfahrenstechnik (N=14)

Biotechnologie/ Medizin-technik (N=9)

Zusammenarbeit von FuE-Einrichtungen mit KMU

0 1 2 3 4 5

aus dem Ausland

aus Deutschland

aus der RegionSachsen/Dresden

0 = nie - 5 = sehr stark

Gesamt (N=22)

Mikroelektronik/ IT (N=18)

Maschinen- und Anlagenbau/Verfahrenstechnik (N=14)

Biotechnologie/ Medizin-technik (N=9)

Nanotechnologie in der Region Dresden/Sachsen 117

Die geringe Zusammenarbeit mit Großunternehmen aus der Region Dresden/Sachsen erklärt sich eindeutig aus der geringen Präsenz von Großunternehmen in dieser Region. Im Verarbeitenden Gewerbe sind in ganz Sachsen lediglich 96 Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten tätig, das entspricht knapp 0,7 Prozent der Gesamtunternehmen im Ver-arbeitenden Gewerbe.49 Dies dürfte im Besonderen auf die Biotechnolo-gie zutreffen, wobei Großunternehmen im Bereich der Biotechnologie allgemein noch nicht die Relevanz hätten wie in anderen Wirtschaftsbe-reichen.

Insgesamt viel stärker ausgeprägt ist die Kooperation zwischen FuE-Einrichtungen. Die Zusammenarbeit auf regionaler Ebene wird dabei im Durchschnitt als stark (Wert: 4), die auf nationaler Ebene als eher stark bis stark (Wert: 3,5) und die auf internationaler Ebene als eher stark (Wert: 3) bezeichnet. Auch hier lässt sich also wiederum eine stärkere Orientierung der Kooperation auf Akteure aus der Region feststellen. Gerade im Bereich der FuE-Einrichtungen ist dieses Ergebnis am we-nigsten überraschend, nutzen doch beispielsweise universitäre Arbeits-gruppen und An-Institute teilweise die gleichen Infrastrukturen oder sind personell miteinander verbunden. Eine nennenswerte Differenz zwischen den Teilbereichen ist bei der Kooperation von FuE-Einrichtungen mit FuE-Einrichtungen nicht festzustellen (Abbildung 7–29).

Bei der Bewertung der unterschiedlichen Kooperationen, zu der von durchschnittlich 12 FuE-Einrichtungen Angaben gemacht wurden, erge-ben sich sowohl auf der Ebene der regionalen Orientierung als auch auf der Ebene der unterschiedlichen Kooperationspartner Unterschiede.

Die Bewertung der Kooperation mit Großunternehmen aus der Region Dresden/Sachsen wurde mit 2,1, die mit Großunternehmen aus Deutsch-land mit 2,3 und die mit ausländischen mit 2,7 bewertet. Dies zeigt deut-lich, dass wenn eine Kooperation mit Großunternehmen aus Dres-den/Sachsen eingegangen wird, diese dann als gut bewertet wird.

Noch besser wird die Kooperation mit KMU aus der Region Dres-den/Sachsen bewertet (1,9). Hier ist auch der Unterschied zu derjenigen mit KMU aus Deutschland und aus dem Ausland (jeweils 2,6) deutlich stärker.

Die hohe Qualität der FuE-Einrichtungen aus der Region Dres-den/Sachsen, die schon mehrfach analysiert werden konnte, bestätigt sich bei der Bewertung der gegenseitigen Zusammenarbeit. Die FuE-Einrichtungen bewerten die gegenseitige Zusammenarbeit in der Region Dresden/Sachsen mit einer 1,7, die in Deutschland mit 2,0 und die im Ausland mit 2,1. Die insgesamt positivere Bewertung der „internen“ Zu-sammenarbeit von FuE-Einrichtungen erklärt sich womöglich aus ähnli-

49 http://www.statistik.sachsen.de/21/15_01/15_01_01_tabelle.asp

Starke Zusammenar-beit zwischen FuE-Einrichtungen – dabei hohe regionale Orien-tierung Gute Bewertung der Kooperation zwischen FuE-Einrichtung

118 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

chen Arbeitsbedingungen und -weisen (im Gegensatz zur Privatwirt-schaft).

Abbildung 7-29: Zusammenarbeit von FuE-Einrichtungen mit FuE-Einrichtungen (Quelle: Eigene Erhebung)

7.5.5 Kooperationen, Wissens- und Technologietransfer im Diskurs der Experten

Sowohl beim Branchen übergreifenden Workshop als auch bei den Bran-chenworkshops standen die Themen der Kooperation sowie des Wissens- und Technologietransfers u. a. im Fokus der Diskussionen.

Im Rahmen des Expertenworkshops wurden zuerst die Chancen und Ri-siken von Kooperationen zusammengefasst und anschließend bewertet. Die wichtigsten Gründe für Kooperationen sind demnach die Chance für strategische Entwicklungen durch die Multiplizierung der FuE-Kapazität, die Kostenreduzierung von Entwicklungen, die leichtere Beantragung von Fördermitteln sowie die Möglichkeit des Zugriffs auf die Infrastruk-tur und das Know-how des Kooperationspartners. Im Bereich der Ent-wicklung wird auch die gemeinsame Nutzung von IPs als Chance von Kooperationen angesehen. Neben den vorhandenen Chancen werden deutliche Risiken gesehen, wie z. B. den Know-how-Abfluss. Speziell bei der Kooperation zwischen Unternehmen und FuE-Einrichtungen werden die Struktur öffentlicher Einrichtungen (bzgl. Bürokratie, Quali-tät und Zuverlässigkeit) sowie die Wettbewerbsverzerrung durch Insti-tuts-Spin-offs als ein bedeutendes Risiko gesehen. Eine kaum oder gar nicht vorhandene interkulturelle Kompetenz spiele laut Aussage der Teilnehmer vor allem in der Kooperation zwischen Unternehmen aus unterschiedliche Ländern eine restriktive Rolle, während bei der Koope-ration unter FuE-Einrichtung die Konkurrenz um FuE-Mittel als Risiko einer Kooperation angesehen wird. Nichtsdestotrotz führe – nach einhel-liger Meinung – an Kooperationen zwischen den Akteuren der Nano-

Vielfältige Gründe für Kooperationen

Zusammenarbeit von FuE-Einrichtungen mit FuE-Einrichtungen

0 1 2 3 4 5

aus dem Ausland

aus Deutschland

aus der RegionSachsen/Dresden

0 = nie - 5 = sehr stark

Gesamt (N=22)

Mikroelektronik/ IT (N=18)

Maschinen- und Anlagenbau/Verfahrenstechnik (N=14)

Biotechnologie/ Medizin-technik (N=9)

Nanotechnologie in der Region Dresden/Sachsen 119

technologie kein Weg vorbei, da nur hierdurch die Innovationsfähigkeit aller Akteure sichergestellt werden kann.

Dieser Gedanke wurde in den Diskussionen zu Erfahrungen, Chancen und Schwierigkeiten beim Wissens- und Technologietransfer vertieft. Eine Möglichkeit des verstärkten Technologietransfers wird im Rahmen von Public-Private-Partnerships gesehen50, allerdings müssten hier – die auch generell bei Kooperationen geltenden – Schwierigkeiten wie zu hohe Bürokratie und die zu reglementierende Gesetzgebung (speziell im Arbeitsrecht und besonders bei den FuE-Einrichtungen) überwunden werden. Insgesamt wäre eine höhere Durchlässigkeit zwischen den Sys-temen öffentliche FuE-Einrichtungen und private Unternehmen wün-schenswert. Gerade die schon angesprochene Unflexibilität des Personal-rechts an FuE-Einrichtungen stände dem entgegen.

Restriktionen seien aber nicht nur auf Seiten der FuE-Einrichtungen zu diagnostizieren. Vielfach hätten diese bei Unternehmen Schwierigkeiten mit innovativen Ideen auf Gehör zu stoßen. Bei kleinen Unternehmen würden diese häufig als zu hohes Risiko betrachtet, wohingegen Großun-ternehmen meist nur sehr schwer in eine andere Richtung zu bewegen wären.

Möglichkeiten eines verbesserten Technologietransfers werden in der gemeinsamen Erarbeitung von Entwicklungen in Teams aus Forschung und Unternehmen gesehen. Dies könnte beispielsweise durch den Trans-fer von Entwicklungsleistungen in Unternehmen durch Mitarbeiter der FuE-Einrichtungen oder durch die Übernahmen von Know-how durch Unternehmensmitarbeiter bei der FuE-Einrichtung realisiert werden. Eine einfache Realisierung dieses Konzeptes ergebe sich bei der gemeinsamen Betreuung von Doktoranden und Diplomanden. Aber selbst hier benötige es einer festen Klammer/eines festen Entwicklungsziels. Für eine erfolg-reiche Anbahnung müssten aber die Kontakte schon vorhanden sein und zudem müsste sowohl die Vertrauensbasis zwischen Dokto-rand/Diplomand und Unternehmen sowie zwischen dem Ansprechpartner im Unternehmen und dem betreuenden Professor stimmen.

Allgemein wurde in den sämtlichen Workshops die These verstärkt, dass Kooperationen nur über persönliche Kontakte zustande kämen. Eine „Vermittlung“ von Informationen und persönlichen Kontakten könnte beispielsweise zu gesteigerten Kooperationen führen. Auch weitere Transferworkshops seien hierfür gut geeignet. Dies könnte auch die Kommunikation zwischen den FuE-Einrichtungen und der Wirtschaft verbessern bzw. erst ermöglichen. 50 Das Interesse an Public-Private-Partnerships wurde auch in der Fragebogenumfrage

deutlich: Über 50 Prozent der befragten Nanotechnologieunternehmen und ein eben-so großer Anteil an Unternehmen, die an Nanotechnologie interessiert sind, haben grundsätzlich Interesse an einer Public-Private-Partnership. Lediglich unter 10 Pro-zent beider Unternehmensgruppen lehnen PPP’s grundsätzlich ab.

Verstärkter Techno-logietransfer durch Public-Private-Partnerships Gemeinsame Betreu-ung von Doktoranden und Diplomanden als gute Möglichkeit der Zusammenarbeit Kooperation kommt häufig nur durch per-sönliche Kontakte zu-stande

120 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

Für den Bereich Maschinen- und Anlagenbau/Verfahrenstechnik sowie Biotechnologie/Medizintechnik wurde zudem angemerkt, dass sowohl die Nanotechnologie selbst als auch die Ausrichtung der FuE-Einrichtungen zu wenig anwendungsorientiert sei. In diesem Zusammen-hang müssten die Anwendungsmöglichkeiten der Nanotechnologie deut-licher und offensiver dargestellt werden; dies nicht nur für die Unter-nehmen, die sich bereits für Nanotechnologie interessieren, sondern ge-rade für die Unternehmen, die die Potenziale der Nanotechnologie zur Verbesserung ihrer Produkte noch nicht erkannt haben, sowie für poten-zielle Kunden – sowohl industrielle als auch Endverbraucher –, denn gerade im Maschinenbau gebe es häufig eine marktgetriebene Entwick-lung. Zu diesem Zwecke müsste aber auf populärere Medien – wie z. B. Tageszeitungen, Hörfunkbeiträge – zurückgegriffen werden.

7.5.6 Zusammenfassung: Kooperationen und Technologietrans-fer

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass

• Kontakte und Kooperationen sowie der damit einhergehende Wissens- und Technologietransfer für die Nanotechnologie-Branche essentiell sind,

• die räumliche Nähe vieler guter FuE-Einrichtungen und Unter-nehmen dazu führt, dass eine Kooperation zwischen diesen er-leichtert wird,

• viele Kritikpunkte – wie vor allem die mangelnde Anwendungs-orientierung der FuE-Einrichtungen – eher genereller Natur und kein besonderes Spezifikum der Region Dresden/Sachsen sind und

• es Handlungsoptionen zur Verbesserung gibt.

Wie auch die unterschiedliche Bewertung der Anwendungsorientierung deutlich macht, besteht auch weiterhin ein Kommunikationsdefizit zwi-schen den „Systemen“ öffentliche FuE-Einrichtungen und private Unter-nehmen. Dies ließe sich durch intelligente und wohldosierte Information und Kommunikation beheben.

7.6 Besonderheiten junger Nanotechnologie-Unternehmen

Insgesamt gaben 20 der befragten Unternehmen an, dass sie nach 1998 gegründet worden sind. Die Branchenschwerpunkte dieser jungen Nano-technologie-Unternehmen liegen eindeutig in den schon diagnostizierten Schwerpunktbereichen der Nanotechnologie in der Region Dres-den/Sachsen: 30 Prozent stammen aus dem Bereich Maschinen- und An-lagenbau/Verfahrenstechnik, 25 Prozent aus der Mikroelektronik/IT, 20

Kontakte und Koope-rationen für die Na-notechnologiebranche

essentiell

20 Nanotechnologie-Unternehmen nach

1998 gegründet

Nanotechnologie in der Region Dresden/Sachsen 121

Prozent aus der Chemie/Werkstoffe und 15 Prozent aus der Biotechnolo-gie/Medizintechnik. 70 Prozent der jungen Nanotechnologie-Unterneh-men haben noch unter 10 Mitarbeiter und 53 Prozent generieren unter einer halben Mio. Euro Umsatz im Jahr.

Die Standortanforderungen der jungen Nanotechnologie-Unternehmen unterscheiden sich dabei nicht wesentlich von denen älterer Unternehmen vor Ort. Die wichtigsten Standortfaktoren dieser 20 Unternehmen sind die Nähe zu Forschungseinrichtungen, die Kosten von Gewerbeflächen, die Höhe der lokalen Abgaben und Kosten sowie die Qualität des Ar-beitsmarktes (insbesondere der branchenspezifischen Hochschulabsol-venten). Deutliche Abweichungen zwischen der Bewertung der Standort-bedingungen in der Region Dresden/Sachsen und der Bedeutung des Standortfaktors sind bei den lokalen Abgaben/Kosten (Differenz: 1,3), der finanziellen staatlichen Unterstützung (Differenz: 1), dem Vorhan-densein von Fremd- und Risikokapitalgebern vor Ort (Differenz: 0,8 bzw. 0,9) sowie die Kosten von Gewerbeflächen (Differenz: 0,6) und der nicht-monetären staatlichen Unterstützung (Differenz: 0,5) (vgl. auch Kapitel 7.2) (Abbildung 7–30).

Abbildung 7-30: Standortfaktoren und -bedingungen junger Nanotechnologie-Unternehmen (Quelle: Eigene Erhebung)

Diese Bewertungen spiegeln sich bei der Frage wider, welche Faktoren die Entwicklung des nanotechnologischen Produkts und die Ausschöp-fung des Marktpotenzials behindert hätten. An erster Stelle wurden hier die hohen Investitionskosten, ein Mangel an Finanzierungsquellen und fehlende Fördermittel entlang der Wertschöpfungskette genannt. Alle anderen vorgegebenen Kategorien, wie z. B. ein unterdurchschnittliches Marktpotenzial, die Gesetzgebung/Regulierung oder die mangelnde Ver-fügbarkeit kompetenter regionaler Kooperationspartner, haben die Unter-nehmen kaum behindert (Abbildung 7–31).

Standortanforderun-gen unterscheiden sich nicht von denen älterer Unternehmen

Standortfaktoren und Standortbedingungen junger Nanotechnologieunternehmen (Auswahl)

1 2 3 4 5 6

Nähe zu Forschungsinstitutionen/-einrichtungen

Arbeitsmarkt: branchenspezifische Hochschulabsolventen

Risikokapitalgeber vor Ort (z.B. VC-Gesellschaften)

Fremdkapitalgeber vor Ort (z.B. Banken)

Nicht-monetäre staatliche Unterstützung (z.B. Beratung)

Finanzielle staatliche Unterstützung (z.B. Zuschüsse)

Lokale Abgaben / Kosten

Kosten von Gewerbeflächen

StandortfaktorenStandortbedingungen

N=20

Skala Standortfaktor:1 = sehr wichtig; 6 = unwichtigSkala Standortbedingung:1 = sehr gut; 6 = sehr schlecht

122 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

Abbildung 7-31: Behinderung von jungen Nanotechnologie-Unternehmen (Quelle: Eigene Erhebung)

Bezüglich der Spin-offs aus den FuE-Einrichtungen aus der Region ist eine – nicht überraschende – hohe Standortbindung festzuhalten. Von 14 Spin-offs, die die FuE-Einrichtungen in ihrem Fragebogen angegeben haben, sind elf (79 Prozent) in der Region verblieben, davon acht in Dresden und drei in Leipzig. Zwei Spin-offs (14 Prozent) haben sich in Berlin niedergelassen. Dieses Ergebnis zeigt deutlich, dass eine Mög-lichkeit zur Stärkung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einer Regi-on die Förderung von Ausgründungen aus Universitäten und For-schungseinrichtungen ist.

Die Erhöhung der Rate an Neugründungen war u. a. Schwerpunktthema des Branchenworkshops Mikroelektronik/IT, da hier in den letzten Jahren eine geringere Gründungsaktivität festgestellt werden konnte. Bei den Diskussionen stand das Thema Finanzierung an erster Stelle. Es wurden beispielsweise bürokratische Hindernisse bei den bestehenden Finanzie-rungsmodellen als Grund für die geringe Anzahl an Neugründungen ge-nannt. Eine Problematik – die ähnlich auch im Branchenworkshop Bio-technologie/Medizintechnik angesprochen wurde – ist die fehlende Ver-fügbarkeit von Fördermitteln für den Überleitungsprozess der entwickel-ten Anwendung in ein marktfähiges Produkt. Es fehlten Gelder für die Vermarktung der Produkte und dies führte dazu, dass Gelder, die in die Entwicklung investiert würden, nutzlos seien, da im Endeffekt kein wirt-schaftlich tragfähiges Produkt/Unternehmen entstünde. Allgemein wurde angemerkt, dass die Finanziers zunehmend zurückhaltender würden, – dem stand die Aussage entgegen, dass bei der SIB Innovations- und Be-teiligungsgesellschaft mbH kaum noch Anträge auf Finanzierung gestellt würden.

Unabhängig von der Finanzierungsseite wurde darauf hingewiesen, dass im Gebiet der Mikrotechnologie/IT hohe Markteintrittsbarrieren bestün-den. In diesem Zusammenhang wurde zwischen kritischen und weniger kritischen Technologien unterschieden. Bei ersteren, vor allem im Front-End-Bereich, bestünden sehr starre Lieferbeziehungen. Sobald sich dort

Hohe Standortbin-dung der Spin-offs

Fehlende Fördermit-tel für die Überlei-tung von entwickel-ten Anwendungen in

marktfähige Produkte

Behinderung der Entwicklung des nanotechnologischen Produkts und der Ausschöpfung des Marktpotenzials

0 1 2 3 4 5

Fehlende technologische Informationen

Mangelnde Verfügbarkeit kompetenter überregionaler Kooperationspartner

Fehlende Marktinformation (Erkennung kommerzieller Anwendungsfelder)

Mangel an geeignetem Fachpersonal

Mangelnde Verfügbarkeit kompetenter regionaler Kooperationspartner

Gesetzgebung/Regulierung

Unterdurchschnittliches Markpotenzial in Deutschland

Fehlende Fördermittel entlang der gesamten Wertschöpfungskette

Mangel an Finanzierungsquellen

Hohe Investitionskosten

0 = gar nicht - 5 = sehr starkN=16

Nanotechnologie in der Region Dresden/Sachsen 123

eine Lieferbeziehung etabliert hätte, würde diese nicht wieder aufgelöst. Um als potenzieller Lieferant die Möglichkeit für Verhandlungen einge-räumt zu bekommen, müsste ein Umsatz von 100 Mio. Euro p. a. erreicht werden. Aus diesem Grund sei es für kleine Unternehmen nur möglich, den Markt mit Hilfe strategischer Kooperationspartner zu erschließen.

7.7 Wertschöpfungsketten in der Region51

7.7.1 Stellung der Unternehmen in der Wertschöpfungskette

Einen ersten Einblick darüber, an welcher Stelle in der Wertschöpfungs-kette sich die Unternehmen mit Nanotechnologie beschäftigen, ergibt die Frage, nach der Art der Beschäftigung mit Nanotechnologie. Der Groß-teil der Unternehmen (46 Prozent) stellt nanotechnologische Komponen-ten her, weitere 37 Prozent produzieren Geräte zur Herstellung und Ana-lyse von nanotechnologischen Komponenten. 33 Prozent der befragten Unternehmen wenden nanotechnologische Komponenten an und 29 Pro-zent nutzen nanotechnologische Komponenten in Endprodukten. Die Analyse und Untersuchung nanotechnologischer Komponenten wird le-diglich von 19 Prozent der Unternehmen betrieben (Abbildung 7–32).

Abbildung 7-32: Art der Beschäftigung mit Nanotechnologie (Quelle: Eigene Erhe-bung)

Bei den untersuchten Teilbereichen unterscheidet sich der Schwerpunkt der Unternehmen innerhalb der Wertschöpfungskette. In der Mikroelekt-ronik/IT dominiert mit 60 Prozent die Herstellung nanotechnologischer Komponenten deutlich vor den anderen Rubriken. Jeweils lediglich 20 Prozent der befragten Mikroelektronik/IT-Unternehmen gaben an, dass sie Geräte zur Analyse und Herstellung nanotechnologischer Komponen-ten produzieren, dass sie nanotechnologische Komponenten anwenden 51 Die Erfassung von Wertschöpfungsketten in einer Region ist überaus komplex, so

dass im Rahmen dieser Studie nur Ansätze diskutiert werden können.

Der Großteil der Unternehmen stellt nanotechnologische Komponenten her

Art der Beschäftigung mit Nanotechnologie

0 10 20 30 40 50 60 70 80

Nutzung von nanotechnologischen Komponentenin Endprodukten

Anwendung nanotechnologischer Komponenten

Analyse/Untersuchung nanotechnologischerKomponenten

Herstellung von Geräten zur Analyse undHerstellung nanotechnologischer Komponenten

Herstellung nanotechnologischer Komponenten

in Prozent (Mehrfachnennung möglich)

Gesamt (N=52)

Mikroelektronik/IT (N=10)

Maschinen- und Anlagenbau/Verfahrenstechnik (N=16)

Biotechnologie/Medizintechnik (N=5)

124 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

oder dass sie nanotechnologische Komponenten in Endprodukten nutzen würden. Dies deckt sich auch mit der Anmerkung im Branchenworkshop Mikroelektronik/IT, dass in der Region kaum ein Anwender oder End-produzent in diesem Bereich vorhanden ist. Grenoble – als eine andere europäische High-Tech-Region – könne im Vergleich zahlreiche Anwen-der für die Herstellung von Massengeräten vorweisen. Als Schritt in die richtige Richtung wurde in diesem Zusammenhang die jüngst erfolgte Ansiedlung des IT-Konzerns DELL in Halle (Saale) gewertet.

Im Bereich Maschinen- und Anlagenbau/Verfahrenstechnik gaben 75 Prozent der Unternehmen an, dass sie Geräte zur Analyse und Herstel-lung nanotechnologischer Komponenten produzieren würden. Die Her-stellung nanotechnologischer Komponenten spielt in diesem Bereich eine große Rolle, wohingegen eine Nutzung von nanotechnologischen Kom-ponenten in Endprodukten bisher kaum stattfindet.

Die Herstellung von Geräten zur Analyse und Herstellung nanotechnolo-gischer Komponenten spielt auch im Bereich Biotechnolo-gie/Medizintechnik eine große Rolle; dieser Bereich kann aber in Relati-on deutlich mehr Anwender nanotechnologischer Komponenten sowie Nutzer von nanotechnologischen Komponenten in Endprodukten vorwei-sen.

7.7.2 Zuliefer- und Kundenbeziehungen

Die Betrachtung der Zuliefer- und Kundenbeziehungen erlaubt Aussagen über die Stärke regionsinterner Wertschöpfungsketten sowie über den wirtschaftlichen Einfluss der in der Nanotechnologie aktiven Unterneh-men auf die Region Dresden/Sachsen.

Im Mittel werden von den Unternehmen 33 Prozent ihres Einkaufsvolu-mens in der Region Dresden/Sachsen getätigt. Der nationale Einkauf dominiert jedoch mit 47 Prozent; die europäische und weltweite Beschaf-fung spielt mit 9 bzw. 11 Prozent eine untergeordnete Rolle. Die Bedeu-tung des Bezugs aus der Region Dresden/Sachsen nimmt jedoch mit der Größe des Unternehmens ab. Während die Unternehmen mit einem Um-satz unter 0,5 Mio. Euro noch über 50 Prozent ihres Einkaufsvolumens aus der Region Dresden/Sachsen beziehen, sind die bei den Unternehmen mit über 50 Mio. Euro nur noch 14 Prozent (Abbildung 7–33). Nichts-destotrotz spielen Großunternehmen eine entscheidende Rolle für die regionale Wirtschaft, denn ein regionaler Anteil von 14 Prozent bei ei-nem Großunternehmen mit beispielsweise 100 Mio. Umsatz bedeuten bei gleichem Verhältnis von Einkauf zu Gesamtumsatz ein 54 Mal höheres Einkaufsvolumen als ein regionaler Anteil von 52 Prozent bei einem Un-ternehmen mit 0,5 Mio. Umsatz. Der Absatz der Nanotechnologie-Unternehmen erfolgt ebenfalls mit 39 Prozent schwerpunktmäßig natio-nal. Die Bedeutung der Region Dresden/Sachsen ist zwar mit 25 Prozent Absatzvolumen immer noch beachtlich, fällt aber in Relation zum euro-

Fehlende Endanwen-

der im Bereich Mikroelektronik in

der Region

Hohes Einkaufsvolu-men in der Region

Nanotechnologie in der Region Dresden/Sachsen 125

päischen und weltweiten Verkauf mit 19 bzw. 20 Prozent zurück (Abbil-dung 7–34).

Abbildung 7-33: Einkaufsvolumen nach Regionen (Quelle: Eigene Erhebung)

Abbildung 7-34: Abnehmer nach Regionen (Quelle: Eigene Erhebung)

Auch hier zeigt sich die stärkere regionale Orientierung der Klein- und Kleinstunternehmen. Diejenigen mit weniger als 0,5 Mio. Euro Umsatz generieren 33 Prozent ihres Umsatzes aus der Region, während die Großunternehmen mit über 50 Mio. Euro lediglich fünf Prozent ihrer Produkte regional vertreiben. Im Gegensatz dazu werden in dieser Grö-ßenklasse 34 Prozent des Umsatzes weltweit generiert. Da in dieser Grö-ßenklasse u. a. die großen Chipfabriken angesiedelt sind, deutet diese Analyse auf eine oben schon angesprochene Schwäche des Standortes

Stärkere regionale Orientierung der KMU

Einkaufsvolumen nach Regionen(im Jahr 2004)

0

10

20

30

40

50

60

bis 0,5 0,5 bis 2 2 bis 10 10 bis 50 über 50 gesamt

Umsatzgrößenklasse [in Mio. €]

in P

roze

nt Region Dresden/SachsenDeutschlandEuropaWelt

N=45

Abnehmer nach Regionen(im Jahr 2004)

0

10

20

30

40

50

60

bis 0,5 0,5 bis 2 2 bis 10 10 bis 50 über 50 gesamt

Umsatzgrößenklasse [in Mio. €]

in P

roze

nt Region Dresden/SachsenDeutschlandEuropaWelt

N=45

126 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

hin: die geringe Zahl an Endkunden für die in Dresden produzierten Chips.

Insgesamt zeigt der vergleichsweise hohe europa- und weltweite Absatz der Nanotechnologie-Produkte aus der Region Dresden/Sachsen die star-ke globale Wettbewerbssituation der Branche in dieser Region. Dabei ist die Branche dennoch – wie die regionale Verteilung des Einkaufsvolu-mens zeigt – tief in der Region verwurzelt. Aufgrund der regionalen Ver-teilung der Einkaufs- und Absatzvolumina kann vermutet werden, dass die Klein- und Kleinstunternehmen am Standort Dresden/Sachsen teil-weise als Vorproduzenten für die mittleren und großen Unternehmen agieren.

7.8 Nanotechnologie-Standort Dresden/Sachsen im nationalen Vergleich

Die Position von Dresden/Sachsen im nationalen Vergleich wird von den Akteuren in der Region als sehr gut betrachtet. Von den Nanotechnolo-gie-Unternehmen sehen 42 Prozent die Position als überdurchschnittlich und lediglich 12 Prozent als unterdurchschnittlich an. Noch deutlicher wird diese Einschätzung bei den Vertretern der FuE-Einrichtungen, von denen 57 Prozent eine überdurchschnittliche und lediglich fünf Prozent eine unterdurchschnittliche Position feststellen.

Differenziert wird die Position des Standortes Dresden/Sachsen, wenn nach den drei bedeutendsten Nanotechnologie-Standorten in Deutschland gefragt wird. Bei den Unternehmen bestätigt sich die obige Einschät-zung: 40 Prozent sehen Sachsen sogar vor Bayern (20 Prozent) und Ba-den-Württemberg (15 Prozent) als den bedeutendsten Nanotechnologie-Standort an. Bei den FuE-Einrichtungen wird hingegen Bayern deutlich als der wichtigste Standort eingeschätzt (68 Prozent), vor Sachsen (16 Prozent) und Baden-Württemberg (11 Prozent) (Abbildung 7–35).

Im Rahmen des Branchen übergreifenden Workshops wurde diese deutli-che Diskrepanz zunächst damit erklärt, dass die FuE-Einrichtungen wo-möglich besser über die Gesamtlage in Deutschland informiert seien und dass sie eher eine langfristige Perspektive hätten, während die Unter-nehmen die kurzfristigen wirtschaftlichen Potenziale beurteilen würden. Eine bessere Information der FuE-Einrichtungen wurde hingegen in Fra-ge gestellt, eher sei es so, dass die Antwortenden vielleicht noch die in den 90er Jahren bessere Ausstattung im Verbund mit der Forschungsför-derung in Bayern und Baden-Württemberg (möglicherweise aus eigener Erfahrung) im Kopf hätten.

Hoher europa- und weltweiter Absatz

der Nanotechnologie-Produkte ist Indiz

für die starke globa-le Wettbewerbssitua-

tion der Branche in der Region

Gute Position der Region im nationalen

Vergleich

Unternehmen bewerten nationale Position besser als FuE-Einrichtungen

Nanotechnologie in der Region Dresden/Sachsen 127

Abbildung 7-35: Bedeutendster Nanotechnologie-Standort in Deutschland (Quelle: Eigene Erhebung)

Da im Fragebogen speziell nach dem bedeutendsten Nanotechnologie-Standort in dem jeweiligen Arbeitsschwerpunkt bzw. Forschungsbereich gefragt wurde, ergeben sich bei der Betrachtung der einzelnen Branchen starke Unterschiede. In der Mikroelektronik/IT wird dem Standort Sach-sen von den Unternehmen eine noch größere Dominanz attestiert: 67 Prozent sehen ihn als den bedeutendsten Standort in Deutschland an. Im Bereich Maschinen- und Anlagenbau/Verfahrenstechnik wird der Stand-ort Sachsen hingegen zusammen mit Bayern (jeweils 23 Prozent) auf dem zweiten Platz hinter Baden-Württemberg (31 Prozent) gesehen.52 Da für die FuE-Einrichtungen bzgl. ihrer Forschungsfelder eine Mehrfach-nennung möglich war, ergeben sich bei der Bewertung der Teilbereiche kaum Abweichungen von der obigen Gesamtbewertung.

Eine weitere Bewertungsmöglichkeit der Region Dresden/Sachsen ergibt sich aus der Frage nach dem Entwicklungsstand der Forschung und der kommerziellen Umsetzung, die nur den FuE-Einrichtungen gestellt wor-den ist (Abbildung 7–36). Der Stand der Forschung in der Region Dres-den/Sachsen wird dabei besser bewertet als der in Deutschland und Eu-ropa. Insgesamt liegen hier allerdings die USA und Japan vor den Euro-päern und den restlichen Asiaten. Die internationale Exzellenz der Regi-on Dresden/Sachsen in bestimmten Forschungsbereichen – beispielswei-se im Molecular Bioengineering – wurde auf den Branchenworkshops bestätigt.

Der Vorsprung der beiden Länder USA und Japan wird beim Stand der kommerziellen Umsetzung noch deutlicher – liegen sie doch über 1,5

52 Eine Auswertung dieser Frage für den Bereich Biotechnologie/Medizintechnik war

aufgrund der geringen Fallzahl nicht sinnvoll.

Region Dresden/ Sachsen im Bereich Mikroelektronik deutlich vorne Hohe Bewertung des Forschungsstandes in der Region

aus Sicht der FuE-Einrichtungen

02468

101214161820

Bad

en-

Wür

ttem

berg

Bay

ern

Ber

lin

Ham

burg

Hes

sen

Nie

ders

achs

enN

ordr

hein

-W

estfa

len

Saar

land

Sach

sen

Thür

inge

n

Nr. 1 (N=19) Nr. 2 (N=18) Nr. 3 (N=14)

aus Sicht der Unternehmen

0

5

10

15

20

25

30

Bad

en-

Wür

ttem

berg

Bay

ern

Ber

lin

Ham

burg

Hes

sen

Nie

ders

achs

enN

ordr

hein

-W

estfa

len

Saar

land

Sach

sen

Thür

inge

n

Nr. 1 (N=40) Nr. 2 (N=32) Nr. 3 (N=21)

128 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

Schulnoten vor der Region Dresden/Sachsen und Deutschland (vgl. hier-zu auch Kapitel 3.6.2).

Abbildung 7-36: Entwicklungsstand der jeweiligen Region aus Sicht der FuE-Einrichtungen (Quelle: Eigene Erhebung)

Damit werden die in den vorangegangenen Kapiteln analysierten Schwä-chen im Bereich der anwendungsorientierten Forschung und bei der Um-setzung der wissenschaftlichen Erkenntnisse in wirtschaftliche Produkte deutlicht. Dieses Problem stellt sich aber nicht nur in der Region Dres-den/Sachsen sondern auch in ganz Deutschland.

7.9 Zukünftige Investitionen und geplante Verände-rungen

Die Zukunft des Nanotechnologie-Clusters in der Region Dres-den/Sachsen steht auf einem insgesamt soliden Fundament. Von den be-fragten Unternehmen plant knapp ein Viertel kurzfristig weitere Investi-tionen, über die Hälfte planen mittelfristig und weitere knapp 25 Prozent planen langfristig Investitionen am Standort. Nur acht Unternehmen ge-ben an, keine Investitionen mehr tätigen zu wollen.53 Auch die FuE-Einrichtungen planen eine deutliche Verstärkung ihrer bisherigen Aktivi-täten, lediglich fünf FuE-Einrichtungen planen eine gleich bleibende Ak-tivität und keine will ihre Arbeiten im Nanotechnologie-Bereich ein-schränken (Abbildung 7–37).

53 Hierbei ist zu berücksichtigen, dass bei den Nanotechnologie-Unternehmen auch

einzelne auf Nanotechnologie spezialisierte Beratungsfirmen zu finden sind, bei de-nen Investitionen im klassischen Sinne in der Regel nicht zu erwarten sind.

Großteil der Unternehmen und FuE-Einrichtungen

plant zukünftig Investitionen bzw.

eine Ausweitung der Aktivitäten

Entwicklungsstand der jeweiligen Region

0

1

2

3

4

5

Forschung Kommerzielle Umsetzung

schl

echt

-

sehr

gut

Region Dresden/SachsenDeutschlandEuropa (ohne D)USAJapanAsien (o. Japan)

N=21

Nanotechnologie in der Region Dresden/Sachsen 129

Abbildung 7-37: Zukunft des Nanotechnologie-Clusters Dresden/Sachsen (Quelle: Eigene Erhebung)

7.10 Zusammenfassung: Nanotechnologie in Dresden

Ein Cluster basiert auf mehreren, unterschiedlich großen, Unternehmen der gleichen Branchen (die im starken Wettbewerb zueinander stehen), anspruchsvollen Kunden (die für Innovationen sorgen), innovationsfreu-digen Zulieferern (die die Wertschöpfungskette vervollständigen) und eine differenzierte Infrastruktur (Bildungseinrichtungen, Verbände/Netz-werke, Finanzinstitutionen) (vgl. Kapitel 4).

Legt man diese Beschreibung zugrunde, lässt sich die Region Dres-den/Sachsen als ein Nanotechnologie-Cluster bezeichnen, bei dem aller-dings in bestimmten Bereichen/Branchen Handlungsbedarf besteht.

Bezüglich der Anzahl der Unternehmen, die sich mit Nanotechnologie beschäftigen, steht die Region Dresden/Sachsen mit ca. 80 Unternehmen sehr gut da, wobei ein gewisser Mangel an Großunternehmen bzw. End-anwendern festgehalten werden kann. Deutliche Branchenschwerpunkte bestehen in den Bereichen Mikroelektronik/IT, Maschinen- und Anla-genbau/Verfahrenstechnik, Chemie/Werkstoffe und Biotechnologie/Me-dizintechnik. Die Unternehmen der Region Dresden/Sachsen sind unter-einander nicht nur durch Kooperationen sondern auch durch wirtschaftli-che Verknüpfungen in Form von Zuliefer- und Abnehmerbeziehungen verbunden. Eine besondere Stärke der Region Dresden/Sachsen besteht in der Qualität der FuE-Einrichtungen, die in Teilbereichen eine interna-tionale Spitzenstellung erreichen. Die wissenschaftliche und die wirt-schaftliche Welt sind in der Region zum Teil gut miteinander verbunden, wobei aber Verbesserungsbedarf gerade im Bereich des Technologie-transfers festgestellt wurde.

Die Standortbedingungen werden als gut eingeschätzt. Handlungsbedarf besteht in erster Linie bei den finanziellen Kriterien, wie den Kosten am

Region Dresden/ Sachsen kann zu Recht als Nanotech-nologie-Cluster be-zeichnet werden Kurzcharakteristik des Clusters

Geplante Investitionen der Nanotechnologie-Unternehmen

12

31

13

8

0

5

10

15

20

25

30

35ku

rzfr

istig

(<1

Jahr

)

mitt

elfr

istig

(1-5

Jah

re)

lang

fris

tig(>

5 Ja

hre)

gar n

icht

N=54, Mehrfachantwort möglich

Geplante Veränderung der Aktivität der FuE-Einrichtungen

2

15

5

0 0 00

2

4

6

8

10

12

14

16

erhe

blic

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Gle

ich

blei

bend

Eins

chrä

nken

Erhe

blic

hei

nsch

ränk

en

Vol

lkom

men

aufg

eben

N=22

130 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

Standort oder besseren Finanzierungsmöglichkeiten, der Information und Kommunikation sowie im Bereich Aus- und Weiterbildung.

Die Region Dresden/Sachsen als Nanotechnologie-Cluster wird von den Akteuren aus der Region im nationalen Vergleich als überdurchschnitt-lich gut angesehen, lediglich Bayern und Baden-Württemberg werden in den meisten Fällen als noch stärker eingeschätzt. Es ist davon auszuge-hen, dass Dresden/Sachsen diese Position wird halten können, da sowohl von Seiten der Unternehmen als auch von Seiten der FuE-Einrichtungen Investitionen bzw. eine Verstärkung ihres Engagements in der Nanotech-nologie angekündigt wird. Wenn diese Bestrebungen stärker koordiniert werden, hat der Standort – bzgl. der Anwendung nanotechnologischer Erkenntnisse – eine reelle Chance, nicht nur in der Mikroelektronik in-ternationale Beachtung zu erlangen.

7.10.1 Mikrotechnologie/IT

Die Mikroelektronik/IT ist die derzeit dominierende Branche im Nano-technologie-Cluster Dresden/Sachsen. Hier bestehen nicht nur sehr gute FuE-Einrichtungen, sondern auch eine Vielzahl an Unternehmen und vor allem zwei Großunternehmen – AMD und Infineon. Diese beiden Groß-unternehmen sind für den Standort nicht nur aufgrund ihrer Mitarbeiter- und Umsatzzahlen sehr bedeutend; sie sind auch ein gutes Beispiel für Kooperation innerhalb eines Clusters – beispielsweise beim gemeinsa-men Maskenwerk AMTC oder beim jüngst eröffneten Fraunhofer-Zentrum für nanoelektronische Technologien (CNT)54. Aber nicht nur die Vernetzung dieser beiden Akteure prägt den Standort, sondern auch die Vielzahl an kleinen und großen Unternehmen, FuE-Einrichtungen, Zulie-ferer sowie Dienstleister, die durch das Netzwerk Silicon Saxony ver-bunden werden.

Das Mikrotechnologie/IT-Cluster in Dresden ist weltweit bekannt, und aufgrund der evolutorischen Entwicklung in diesem Bereich gewinnt auch das Nanoelektronik-Cluster internationales Renommee. Eine positi-ve Entwicklung in der Zukunft scheint gesichert. Beispielsweise beab-sichtigt AMD seine Produktionskapazitäten weiter auszubauen – Dresden könnte sich dabei berechtigte Hoffnungen auf eine weitere Investition von 2,5 Mrd. Euro machen (Sächsische Zeitung 2005b).

54 Obwohl das CNT erst im Juni 2005 eröffnet wurde, werden bereits vielfältige Hoff-

nungen in diese Einrichtung für die weitere Entwicklung des Nanotechnologie-Clusters im Bereich Mikrotechnologie/IT gelegt. Äußerst innovativ ist dabei die Fi-nanzierung und Betreiberstruktur der Fraunhofer-Einrichtung, denn sie ist ein Son-dermodell in der bisherigen Fraunhofer-Gesellschaft, da das CNT ohne öffentliche Grundfinanzierung auskommt. Für die Forschung und Entwicklung im Bereich Na-noelektronik wird das CNT eine außerordentlich wichtige Rolle in der Region Dres-den/Sachsen spielen und auch die Grundlagenforschung ist mit der Anwendungsori-entierung intelligent verzahnt. Inwiefern aber die zahlreichen KMU von der Einrich-tung in Zukunft profitieren werden, ist derzeit noch nicht direkt sichtbar.

Überdurchschnittliche nationale Position

des Clusters

Mikroelektronik/IT die derzeit

dominierende Branche im Cluster

Mikroelektronik/IT-Cluster in Dresden

ist weltweit bekannt

Nanotechnologie in der Region Dresden/Sachsen 131

Das Branchencluster tritt bereits in eine Reifephase ein, bei dem bei-spielsweise eine Knappheit an Arbeitskräften besteht. Am Standort feh-len aber – wie bereits mehrfach erwähnt – anspruchsvolle Endanwender der von AMD und Infineon produzierten Produkte.

7.10.2 Biotechnologie/Medizintechnik

Im Vergleich zum Nanotechnologie-Cluster in der Mikroelektronik/IT ist derjenige im Bereich Biotechnologie/Medizintechnik noch in der Entste-hungsphase. Die wissenschaftliche Infrastruktur in der Region ist unter anderem mit dem Max-Planck-Institut für Molekulare Zellbiologie und Genetik sowie dem Biotechnologischen Zentrum der TU Dresden exzel-lent vertreten und hat es bereits geschafft, sich im Bereich der Molekula-ren Biotechnologie einen weltweit anerkannten Ruf zu erarbeiten. Diese wissenschaftliche Exzellenz hat bislang aber nur kleinere wirtschaftliche Erfolge nach sich ziehen können, was jedoch im Neuigkeitsgrad der Na-nobiotechnologie begründet ist. Vermehrte Ausgründungen aus den wis-senschaftlichen Einrichtungen sowie stärkere Ansiedlungen von (Groß-) Unternehmen sind allerdings erforderlich, um zukünftig die kritische Masse in diesem Bereich zu erreichen.

Ein Nanotechnologie-Cluster in der Biotechnologie/Medizintechnik er-fordert eine klare Fokussierung, um auch im wirtschaftlichen Umfeld wahrgenommen zu werden. Von den Experten aus der Region wurden dabei das Molekulare Bioengineering und die technische Nanobiotechno-logie genannt. Hier besteht der Vorteil, dass erstens noch weltweit Poten-zial besteht, sich zu positionieren, und dass zweitens die klassischen Stärken der Region in den Ingenieurwissenschaften mit den neuen Stär-ken in der Biotechnologie zusammengebracht werden, um diese zu inno-vativen Anwendungen in Technik und Medizin zu führen.

Die Ausgangsbedingungen für ein Nanotechnologie-Cluster in der Bio-technologie/Medizintechnik sind sowohl nach Angaben der befragten Unternehmen als auch nach Meinung der im Branchenworkshop befrag-ten Experten nahezu ideal. Es bestehe eine exzellente Forschungsinfra-struktur und ausreichend – sehr gut ausgebildete – junge Wissenschaftler in der Region. Wichtig sei zukünftig die weitere Konzentration auf die vorhandenen Stärken, um die „kritische Masse“ an kooperierenden Un-ternehmen zu erreichen, Großunternehmen an den Standort zu locken und damit unabhängiger von staatlichen Fördermitteln agieren zu kön-nen. Hierzu müssten sich die FuE-Einrichtungen noch stärker auf poten-zielle Anwendungen ihrer Arbeiten fokussieren.

7.10.3 Maschinen- und Anlagenbau/Verfahrenstechnik

Die Ausgangslage im Bereich Maschinen- und Anlagenbau/Verfahrens-technik ist im Gegensatz zu den zuvor genannten Branchen eher diffus. Es besteht bislang keine klare Entwicklung – was auch aus dem breiten

Nanobiotechnologie-Cluster wird derzeit vor allem durch die exzellenten FuE-Einrichtungen reprä-sentiert Molekulares Bioengi-neering und techni-sche Nanobiotechno-logie als die zu-kunftsweisenden Fel-der des Clusters Derzeit fehlt noch die „kritische Masse“ an Unternehmen

132 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

Anwendungsspektrum der Nanotechnologie in diesem Bereich resultiert. Gleichwohl entstammen diesem Bereich sowohl die meisten aktiven wie auch die meisten an Nanotechnologie interessierten Unternehmen.

Trotz der hohen unternehmerischen Aktivität bzw. des starken Interesses sind die Innovationspotenziale und die Anwendungsmöglichkeiten der Nanotechnologie im Bereich Maschinen- und Anlagenbau/Verfahrens-technik noch überaus unklar. Dringender Handlungsbedarf besteht zudem in einer Verbesserung der Kostenseite und der Finanzierungsmöglichkei-ten.

Insgesamt ergibt sich noch keine klare Perspektive im Bereich Maschi-nen- und Anlagenbau/Verfahrenstechnik – eine klare Fokussierung auf bestimmte Anwendungsbereiche erschiene daher sinnvoll.

7.10.4 Sonstige

Nanotechnologie spielt nicht nur in den oben drei behandelten Bereichen eine Rolle. Auch in anderen – in der Region traditionell beheimateten – Branchen zeigt sich die Bedeutung der Nanotechnologie.

Im Automobilbau ist bereits abzusehen, dass die nanotechnologische Kompetenz zukünftig zu denjenigen Kernfähigkeiten gehören wird, die erforderlich sind, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erhal-ten. Der Reifegrad nanotechnologischer Entwicklungen im Automobil-bau reicht heute von bereits eingesetzten Komponenten oder Teilsyste-men (z. B. reflexionsfreie Instrumentenbeschichtung oder kratzfeste La-cke) über konkrete Entwicklungsbemühungen (z. B. beschlagfreie Schei-ben) bis hin zum Stadium von visionären Produktideen mit einer allen-falls langfristigen Realisierbarkeit (z. B. schaltbare Lackfarben oder selbstgestaltende Karosserien). Die Region weist zwar eine hohe Präsenz an Automobilproduzenten (VW in Dresden [Gläserne Manufaktur], Zwi-ckau und Chemnitz sowie BMW und Porsche in Leipzig) sowie ein dich-tes Netz aus über 600 Zulieferunternehmen auf. Diese konnten aber im Rahmen der Fragebogenumfrage nur unzureichend erreicht werden, so dass keine belastbaren Aussagen über den Status-Quo der Nanotechnolo-gie in dieser traditionell starken sächsischen Branche getätigt werden können. In einem Expertengespräche wurde aber bestätigt, dass sich die Unternehmen der Branche bereits mehr oder weniger stark mit der The-matik befassen.

Eine weitere viel versprechende Branche ist die Luft- und Raumfahrt. Nach dem bei der Fragebogenumfrage erreichten Rücklauf ist die Sensi-bilität und Aktivität in dieser Branche aber nur schwach ausgeprägt. Eine spezielle Auswertung des Rücklaufs konnte nicht durchgeführt werden, ohne die Anonymität der Unternehmen zu gefährden. Aussagen im Rah-men des Experten- und des Branchenworkshops Maschinen- und Anla-genbau/Verfahrenstechnik deuten allerdings darauf hin, dass die Beschäf-tigung mit Nanotechnologie in dieser Branche weitaus stärker ist, als dies

Trotz starkem Inte-resse und hoher

Aktivität besteht Unklarheit bzgl. der Anwendungsmöglich-

keiten

Große Potenziale im Automobilbau

Luft- und Raumfahrt vielversprechende

Branche

Nanotechnologie in der Region Dresden/Sachsen 133

die Umfrage ermitteln konnte. Beispielsweise ist Professor Fasoulas vom Institut für Luft- und Raumfahrttechnik der TU Dresden einer der weni-gen Experten in Deutschland für das Thema „Nutzung der Nanotechno-logie in der Raumfahrt“.

135

8 VERGLEICH DER NANOTECHNOLOGIE-CLUSTER UND BEST-PRACTICE

8.1 Vergleich der Nanotechnologie-Cluster

Vergleiche zwischen Clustern stellen sich als äußerst aufwendig dar. Im Folgenden wird die Situation in Dresden in aller Kürze mit den in Kapi-tel 6 vorgestellten Regionen verglichen bevor mit Hilfe der Morphologie-Analyse ein detaillierter Vergleich des Nanotechnologie-Clusters in der Region Dresden/Sachsen mit dem in der Region Hamburg unternommen wird.

Wenngleich im Saarland verschiedene Einrichtungen Forschungsarbeiten zu nanowissenschaftlichen Fragestellungen durchführen, fällt bei einer Betrachtung des Clusters auf den ersten Blick eine breite industrielle Umsetzung nanowissenschaftlicher Erkenntnisse durch kleine Unterneh-men auf. Deren gemeinsamer institutioneller Hintergrund und die damit einhergehende Konzentration auf Fragestellungen der chemischen Nano-technologie (Nanomaterialien) haben zu einem ähnlichen Grundver-ständnis für bestimmte technologische Zusammenhänge beigetragen und damit die Ausbildung eines Cluster-Bewusstseins erleichtert. In Dresden dagegen zeichnet sich die Nanotechnologie vor allem durch eine starke Grundlagenorientierung im Bereich der Forschung sowie das Engage-ment von Großbetrieben im Bereich der Nanoelektronik aus. Eine „Gründerszene“, wie es sie im Saarland gibt, steckt hier erst in den An-fängen. Unterschiedliche thematische Schwerpunkte (Nanobiotechnolo-gie, Nanomaterialien, Nanoelektronik) behindern zudem das Zustande-kommen zwischenbetrieblicher Kommunikation und das Ausbilden eines entsprechenden Cluster-Bewusstsein. Das Berliner Cluster zeichnet sich – trotz erkennbarer Schwerpunkte im Bereich der Nanobiotechnologie – durch eine noch stärkere Heterogenität aus. Neben zahlreichen, vor allem in der Grundlagenforschung angesiedelten, Instituten existieren sowohl diverse große als auch mittlere und kleine Unternehmen, die verschiede-ne Segmente mit nanotechnologischem Bezug bearbeiten. Aufgrund der zwischen einzelnen Aktivitäten bestehenden technologischen Distanz scheint es ganz im Gegensatz zu Saarbrücken und Dresden allerdings unwahrscheinlich, dass sich auf Dauer ein eigenständiger Nanotechnolo-gie-Cluster herausbilden wird.

In Hamburg und Umgebung wird vielfach von einem attraktiven Potenzi-al geredet, auf dem sich eine Nanotechnologie-Entwicklungsstrategie aufbauen lässt. So wie sich in Dresden die Nanoelektronik als derzeit bestimmender Nanotechnologie-Zweig herausgebildet hat, ist dies in Hamburg die Arbeit mit Nano- und Biomaterialien für diagnostische und therapeutische Anwendungen in der Medizin, in der wissenschaftlich und wirtschaftlich ein internationaler Spitzenplatz belegt wird.

Breite industrielle Umsetzung in kleinen Unternehmen im Saarland Hohe Grundlagenori-entierung und unter-schiedliche themati-sche Schwerpunkte in Dresden Starke Heterogenität der nanotechnologi-schen Anwendungen in Berlin Konzentration auf Anwendungen in der Medizin in Hamburg und Umgebung

136 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

Im Gegensatz zu den Unternehmensstrukturen in der Region Dres-den/Sachsen, die vor allem durch KMU und nur wenige Großunterneh-men geprägt ist, wird die Nanotechnologie-Branche in Hessen zumeist durch Großunternehmen dominiert, bei denen Nanotechnologie aller-dings nur einen Bruchteil des Gesamtgeschäfts ausmacht. Der Anteil an „Core“-Nanotechnologie-Unternehmen ist sogar noch etwas geringer als der in der Region Dresden/Sachsen. Insgesamt verfügt die Region Hes-sen über keine klare Struktur, mit der sie internationales Standortmarke-ting betreiben könnte (im Gegensatz zum Nanoelektronik-Bereich in Dresden/Sachsen, der international bekannt ist).

Die künftige Profilbildung einer Region ist in hohem Maß an verschiede-ne wirtschaftliche Faktoren gekoppelt. Um verschiedene, unabhängige Parameter der Regionen Dresden und Hamburg zu vergleichen, wurde die morphologische Analyse verwendet. Die Morphologieanalyse dient der Diagnose und Darstellung von „Ist-Zuständen“, Problemen und der Suche von Lösungen. Sie ist geeignet, komplexe Probleme durch logi-sche und systematische Verknüpfung von Problemelementen zu lösen und Sachverhalte plakativ darzustellen. Die Merkmale oder Faktoren werden untereinander aufgeführt. Aus jeder Problemdimension werden mehrere Ausprägungen abgeleitet. Bei der Festlegung der Problemdi-mensionen ist zu beachten, dass Dimensionen relevant, unabhängig und operationalisierbar sein müssen. Dieser Vorgang lässt sich als die erste analytische Phase ansehen. Als zweite analytische Phase schließt sich die Differenzierung der Dimensionen nach einzelnen Ausprägungen an. Der Hauptvorteil der morphologischen Methode ist die Analyse und Darstel-lung komplexer Sachverhalte. Wenn es erforderlich ist, möglichst viele relevante und linear unabhängige Aspekte und diese in ihren unterschied-lichsten Ausprägungen zu erfassen, bewährt sich die morphologische Methode wie kaum eine andere Technik (Simon 2002). In der folgenden Abbildung 8–1 wurde die morphologische Analyse zum Vergleich der wirtschaftlichen Voraussetzungen und der Nanotechnologie-Aktivitäten in Dresden und Hamburg dargestellt. Eine quantifizierbare Analyse steht bei der morphologischen Analyse nicht im Vordergrund. Da sich die Vergleichbarkeit der Regionen – aufgrund der Vielzahl der möglichen Parameter – nicht vollständig beschreiben lässt, kann dieses Analysever-fahren lediglich ausgewählte Parameter qualitativ vergleichen. Bei den Einschätzungen wurde die relative Parameterausprägung zu anderen deutschen Städten oder Regionen berücksichtigt.

Aus der Abbildung geht deutlich hervor, dass sich Hamburg als Dienstleistungs- und Handelszentrum etabliert hat, während Dresden bereits heute eine der Spitzenpositionen in ganz Deutschland bei dem produzierenden Gewerbe inne hat. Die schwache Präsenz der Finanz-dienstleister spiegelt sich nicht nur im VC-Bereich, sondern auch im Bankbereich wider. Hier hat Hamburg eine deutlich bessere Position als

Nanotechnologie in Hessen wird von

Großunternehmen dominiert

Profilbildung einer Region an verschie-dene wirtschaftliche Faktoren gekoppelt

Vergleich der Nanotechnologie-Cluster und Best-Practice 137

Dresden, obwohl auch Hamburg deutlich im Vergleich zu Frankfurt ab-fällt.

Abbildung 8-1: Morphologischer Vergleich der Städte Dresden und Hamburg. (Quel-le: NMTC, für den Vergleich wurden verschiedene, linear unabhängi-ge Parameter gewählt, die in der Fußnote erläutert sind.55)

55 1) Wirtschaftskraft gemessen im Bruttoinlandprodukt in KKS (Kaufkraftstandards –

künstliche Währung zur Eliminierung der Kaufkraftunterschiede) je Einwohner im Jahr 2002. Zum Vergleich: Leipzig/Halle = 16.942, Dresden = 17.443, Hamburg = 29.694, München = 40.494. Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Pressemitteilung vom 2. August 2005.

2) Wirtschaftswachstum (durchschnittliche jährliche Wachstumsraten des Bruttoin-landsproduktes in Prozent zwischen 1992 und 2001). Zum Vergleich Dresden = 6,8, Hamburg = 2,7, Köln/Bonn = 2,0. Datenquelle: Industrie- und Handelskammer Re-gion Stuttgart,“ Innovationsregion Stuttgart“, November 2003.

3) Produktionsindikator zwischen 1992 und 2001: Anteil produzierendes Gewerbe / (Anteil Dienstleistungsgewerbe + Anteil Land und Forstwirtschaft). Zum Vergleich München = 0,26, Hamburg = 0,27, Dresden = 0,43, Stuttgart = 0,66. Datenquelle: Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart,“ Innovationsregion Stuttgart“, No-vember 2003.

4) Saldo aus Gewerbeanmeldungen und -abmeldungen (je 1000 Einwohner im Jahr 2003): Mainz Platz 1, Hamburg Platz 3, Dresden Platz 7, Rostock Platz 50, Quelle: http://wiwo.de/wiworlzr/statics/pdf/tabellen/gewerbeanmeldungen.pdf.

5) Finanzdienstleister (Banken 2002, Anzahl der sozialversicherungspflichtig Be-schäftigten je 100.000 Einwohner). Zum Vergleich Rhein/Main (Frankfurt) = 2.196, Hamburg = 1.102, Berlin = 663, Dresden = 556. Datenquelle: Industrie- und Han-delskammer Region Stuttgart,“ Innovationsregion Stuttgart“, November 2003.

6) FuE-Anteile in % des BIP (Hamburg: 1,5 %, Sachsen: 2,5 %, Dresden: 3,47 %) im Jahr 2001. Die Spanne des der FuE-Anteile in % des BIP in den deutschen Bun-desländern lag 2001 zwischen 1,0 % (Saarland) und 4,2 % (Berlin). Quellen: S. Frank, „FuE-Ausgaben in den europäischen Regionen“, Wissenschaft und Techno-

hochmittelgeringsehr geringFokussierung in der Nanotechnologie13

hochmittelgeringsehr geringAnzahl der Patentanmeldungen12

Technische Dienstleister für Unternehmen11

Hochtechnologiemitarbeiter10

Dichte der Hochschulen / FuE-Einrichtungen9

Ausbildungsniveau8

FuE-Personaleinsatz7

FuE-Anteil in % des BIP6

Dichte der Finanzdienstleister5

Saldo der Gewerbeanmeldungen und –abmeldungen4

Produktionsindikator3

Wirtschaftswachstum2

Wirtschaftskraft1

Parameter

hochmittelgeringsehr gering

hochmittelgeringsehr gering

hochmittelgeringsehr gering

hochmittelgeringsehr gering

hochmittelgeringsehr gering

hochmittelgeringsehr gering

hochmittelgeringsehr gering

hochmittelgeringsehr gering

hochmittelgeringsehr gering

hochmittelgeringsehr gering

hochmittelgeringsehr gering

Parameter-Ausprägung

hochmittelgeringsehr geringFokussierung in der Nanotechnologie13

hochmittelgeringsehr geringAnzahl der Patentanmeldungen12

Technische Dienstleister für Unternehmen11

Hochtechnologiemitarbeiter10

Dichte der Hochschulen / FuE-Einrichtungen9

Ausbildungsniveau8

FuE-Personaleinsatz7

FuE-Anteil in % des BIP6

Dichte der Finanzdienstleister5

Saldo der Gewerbeanmeldungen und –abmeldungen4

Produktionsindikator3

Wirtschaftswachstum2

Wirtschaftskraft1

Parameter

hochmittelgeringsehr gering

hochmittelgeringsehr gering

hochmittelgeringsehr gering

hochmittelgeringsehr gering

hochmittelgeringsehr gering

hochmittelgeringsehr gering

hochmittelgeringsehr gering

hochmittelgeringsehr gering

hochmittelgeringsehr gering

hochmittelgeringsehr gering

hochmittelgeringsehr gering

Parameter-Ausprägung

Dresden Hamburg

138 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

Ebenso ergeben sich deutliche Unterschiede bei den FuE-Aufwendungen und dem FuE-Personaleinsatz im Vergleich zu Hamburg. Hier verfügt Dresden, auch im Hinblick auf künftige Nanotechnologie-Aktivitäten über bessere Voraussetzungen als Hamburg. Insgesamt verwunderlich ist die geringe Anzahl der Patentanmeldungen von Hamburg und Dresden im Vergleich zu anderen Großstädten. Dieses korrespondiert nicht mit der hohen Dichte der Hochschulen und FuE-Einrichtungen der beiden Städte. Die Stadt Dresden hat mit der Schwerpunktbildung in der Nano-technologie im Bereich der Mikroelektronik ein deutlicheres Profil als Hamburg. Insgesamt erscheinen die Stärken im technisch/wissen-schaftlichen Bereich in Dresden deutlich stärker ausgeprägt. Für eine künftige erfolgreiche Umsetzung der Nanotechnologie-Aktivitäten und deren kommerzielle Umsetzung ist in Dresden eine stärkere Ausbildung des Finanzdienstleistungssektors wünschenswert.

8.2 Best-Practice

Im Folgenden werden einige Best-Practice-Beispiele im Bereich Nano-technologie dargestellt. Sie reichen von einer Fallstudie einer erfolgrei-

logie, 3 (2004). D. Keller, A. Niebuhr, S. Stiller, „Die deutsche Forschungsland-schaft – starke regionale Disparitäten, HWWA-Forum, Wirtschaftsdienst, 2 (2004).

7) F&E-Personaleinsatz 2001 in Relation zur Erwerbstätigenzahl. Zum Vergleich Stuttgart = 2,44, Dresden = 0,86, Hamburg = 0,41, Leipzig/Halle = 0,30. Datenquel-le: Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart,“ Innovationsregion Stuttgart“, November 2003.

8) Ausbildungsniveau (Fach-/Hochschulabsolventen (Anzahl der Sozialversiche-rungspflichtig Beschäftigten (30.6.02) je 1.000 Einwohner (2001)). Zum Vergleich München = 73, Hamburg = 53, Dresden = 53, Berlin = 37. Datenquelle: Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart,“ Innovationsregion Stuttgart“, November 2003.

9) Dichte der Hochschulen und FuE-Einrichtungen: Hamburg verfügt über 11 Hoch-schulen und 17 außeruniversitären F&E-Institutionen. Dresden verfügt über 7 Hoch-schulen und 19 Forschungsinstitutionen. Quelle: http://www.campus-germany.de.

10) Hochtechnologiemitarbeiter: Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäf-tigten je 100.000 Einwohner. Zum Vergleich München = 8.957, Hamburg = 4.498, Dresden = 4.464, Berlin = 3.431. Datenquelle: Industrie- und Handelskammer Regi-on Stuttgart,“ Innovationsregion Stuttgart“, November 2003.

11) Dienstleistungen für Unternehmen: Technische, physikalische, chemische Un-tersuchungen (Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten je 100.000 Einwohner). Zum Vergleich München = 146, Hamburg = 126, Dresden = 106, Rhein/Main = 79. Datenquelle: Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart,“ Innovationsregion Stuttgart“, November 2003.

12) Anzahl der Patentanmeldungen 2000 nach Anmelderstatus je 100.000 Einwoh-ner für Unternehmen. Zum Vergleich Stuttgart = 120,7, Dresden = 22,8, Hamburg = 22,2, Berlin = 17,7. Datenquelle: Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart, „Innovationsregion Stuttgart“, November 2003.

13) Die Fokussierung in der Nanotechnologie beschreibt die Fähigkeit zur Schwer-punktbildung in der Nanotechnologie. So werden z. B. zahlreiche Nanotechnologie-aktivitäten mit den Mikroelektronikaktivitäten in Dresden verbunden. Eine ver-gleichbare Schwerpunktsetzung ist in Hamburg nicht erkennbar.

Dresden hat in der Nanotechnologie ein deutlicheres Profil

als Hamburg

Vergleich der Nanotechnologie-Cluster und Best-Practice 139

chen Seed-/VC-Investition in Deutschland über die Darstellung einer innovativen FuE-Einrichtung in der Schweiz, die zu mindestens zwei Ausgründungen pro Jahr verpflichtet ist, bis hin zu der Beschreibung einer erfolgreichen internationalen Public Private Partnership beim Begbroke Science Park in Oxford (UK).

8.2.1 Fallstudie eines erfolgreichen Seed-/VC in Deutschland (MagForce Nanotechnologies GmbH)

Das im Bereich Medizin agierende Unternehmen MagForce Nanotechno-logies aus Berlin, das Nano-Krebstherapien in klinischer Anwendung entwickelt und zuletzt den Frost & Sullivan Award für Technology Inno-vation 2005 gewonnen hat, soll im Folgenden als ein Beispiel für eine erfolgreiche Venture Capital-Investition im Nanotechnologie-Bereich dargestellt werden.

MagForce Nanotechnologies ist das weltweit führende Unternehmen im Bereich der nanotechnologischen Krebsbekämpfung mit Methoden der Hyperthermie. Mit seinen patentierten Therapien können Tumore durch magnetische Nanopartikel gezielt zerstört werden. Das Unternehmen ermöglicht mit seiner Nanotechnologie einen revolutionären Ansatz, um Krebs künftig erfolgreich behandeln zu können.

Als eine der ersten Anwendungen der Nanotechnologie in der Medizin entstand in mehr als zehn Jahren Grundlagenforschung an der Charité Universitätsmedizin Berlin (gemeinsame Einrichtung von Freier Univer-sität und Humboldt-Universität zu Berlin) eine weltweit neue Nano-Krebstherapie. Durch diese ist man mittels eisenoxidhaltiger Nanoteil-chen und magnetischen Wechselfeldern in der Lage, praktisch jede Regi-on des Körpers kontaktlos von außen millimetergenau und tumorzellspe-zifisch zu erwärmen, und das bei praktisch frei wählbaren Temperaturen im Tumor zwischen 43 – 46 °C („Hyperthermie“) und/oder 47 – 70 °C („Thermoablation“).

In den Unternehmen MFH Hyperthermiesysteme GmbH und MagForce Applications GmbH, Berlin, wurde seit 1997 dieser wissenschaftliche Ansatz in Produkte umgewandelt, die seit März 2003 in mehreren klini-schen Studien an der Charité und dem Bundeswehrkrankenhaus Berlin erprobt werden. Die Gründung einer Finanzholding mit dem Namen MFH Magnetic Fluid Hyperthermia GmbH führte beide Unternehmen bereits in 2002 in eine gemeinsame Finanzierungs- und Marketingstrate-gie. Mit Abschluss der 2. Finanzierungsrunde im Juli 2004 unter Beteili-gung der Nanostart Investments AG wurden alle drei historisch gewach-senen Gesellschaften zur MagForce Nanotechnologies (ehemals MFH Magnetic Fluid Hyperthermia GmbH) verschmolzen für noch höhere Effizienz und Wachstum im internationalen Nanotechnologie-Markt. Die Markteinführung wird für das Jahr 2007 angestrebt.

Nanotechnologische Krebsbekämpfung mit Methoden der Hyperthermie

140 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

Seit 1998 haben das Unternehmen und seine Vorgänger bis zum heutigen Tag ca. 8 Mio. Euro von Venture Capital-Gesellschaften erhalten. Bereits seit 1988 sind die Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten der MagFor-ce Technologies und ihrer Vorgänger durch Organisationen und Instituti-onen wie der Deutschen Krebshilfe e.V., der universitären Forschungs-förderung der Charité, der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und vom BMBF finanziert worden. Ohne die finanzielle Unterstützung eines Venture Capitalisten im Jahr 2004 wäre ein Fortfahren der Unter-nehmenstätigkeit nicht mehr möglich gewesen. Dieses Beispiel zeigt, dass es trotz absolut weltweiter Spitzentechnologie in Deutschland auf dem Gebiet der Nanotechnologie ausgesprochen schwierig ist, Venture Capital zu akquirieren.

Insgesamt ist es für junge Wachstumsunternehmen im Vergleich zu den Boomzeiten des Neuen Markts ungleich schwerer geworden, zu wachsen und sich zu entwickeln. Dieses liegt unter anderem nicht nur an dem zur-zeit nicht vorhanden Wirtschaftswachstum und der vorsichtig abwarten-den Zurückhaltung von Kapitalbeteiligungsgesellschaften, sondern in jüngster Zeit auch an zunehmenden Ressentiments gegenüber thematisch sehr komplexen Zukunftswissenschaften wie der Nanotechnologie.

8.2.2 Swiss Center for Electronics and Microtechnology CSEM in Neuchâtel (Schweiz)

Das CSEM mit Hauptsitz in der Schweiz und Niederlassungen in Zürich und Alpnach wurde 1984 als privates Unternehmen gegründet. Im Jahr 2004 hatte es einen Umsatz von ca. 35 Mio. Euro und etwa 280 Mitarbei-ter. Seine Hauptaktivitäten sind die angewandte Forschung, die Industria-lisierung von Technologien sowie die Entwicklung von Prototypen. Da-bei setzt das CSEM genau an dem Punkt der Produktinnovation an, bei dem die Leistung des Schweizerischen Innovationssystems am schwächs-ten ist. Wie in Abbildung 8–2 zu erkennen, fällt die Innovationsleistung der Schweiz von der Grundlagenforschung zur angewandten Forschung und Industrialisierung von Technologien stark ab, um hiernach im Be-reich der Produktentwicklung und Vermarktung wieder anzusteigen.

Die wichtigsten Einnahmequellen des CSEM sind die staatliche Grundfi-nanzierung (45 Prozent) und Industrieaufträge (31 Prozent).

Die größte Bedeutung erfährt das CSEM allerdings durch den Ansatz der Förderung der Spin-off- und Start-up-Kultur. Pro Jahr ist die Einrichtung verpflichtet, mindestens zwei Ausgründungen durchzuführen. Den Mit-arbeitern des CSEM ist bereits zu Beginn ihrer Tätigkeit klar, dass sie früher oder später im Zuge einer dieser Ausgründungen in der Privatwirt-schaft weiter arbeiten werden. Nach der Ausgründung ihrer Abteilung haben sie auch keine Möglichkeit, in das CSEM zurückzukehren. Ihre mittlere Verweildauer im Institut beläuft sich derzeit auf ca. 10 Jahre. Während des ersten Jahres gelten für die neu gegründeten Unternehmen

Seit 1998 bis heute ca. 8 Mio. Euro an VC

Hauptaktivität in der angewandten For-

schung, der Indust-rialisierung von

Technologien und der Entwicklung von

Prototypen

Förderung der Spin-off und

Start-up-Kultur

Vergleich der Nanotechnologie-Cluster und Best-Practice 141

für den Bezug von Institutsleistungen Vorzugsbedingungen, danach steigt der Preis kontinuierlich an. Ziel ist es, die Ausgründungen so schnell wie möglich in die Unabhängigkeit zu bringen. Da sie gerade am Anfangsstadium auch organisatorisch vom CSEM unterstützt werden, genießen sie bei den Banken einen Bonus.

Seit dem Jahr 2002 sind die kumulierten Umsätze und die Zahl der Mit-arbeiter der Start-ups des CSEM höher als die des Instituts selber. Bei-spiele für Ausgründungen des Instituts sind Colibrys, Xemics und Photronics.

Abbildung 8-2: Ansatz des CSEM im Schweizerischen Innovationssystem (Quelle: CSEM)

8.2.3 Begbroke Science Park, Oxford, UK – Fallstudie einer erfolgreichen internationalen Public Private Partnership

Im Jahr 1999 hat die Universität von Oxford einige Meilen nördlich der Innenstadt ein neues Grundstück erworben. Zur Zeit befinden sich auf dem Grundstück, das fast 8000 m² groß ist, Labore und Büros, die in den letzten 10 Jahren als unternehmenseigenes Forschungs- und Entwick-lungszentrum eines multinationalen Material- und Fertigungsunterneh-mens gedient haben. Die Universität hat den Kern des Grundstücks in einen neuen Wissenschaftspark, den Oxford University Begbroke Scien-ce Park, umgewandelt.

Auf dem Gelände entstand eine neue Außenstelle des Fachbereichs Mate-rialwissenschaften der Oxford University und gleichzeitig eine Möglich-keit forschungsintensive Industrien anzusiedeln, die von der räumlichen Nähe zu den Forschern profitieren sollten. Mittel- bis langfristig sollte diese Kombination neue Spin-offs hervorbringen, die selber im geschütz-ten Umfeld des Inkubators wachsen sollten.

Ermöglichen des Wachstums von Spin-offs in der Nähe des Inkubators

Education

Basic R

esearch

Applied

Research

TechnologyIndustrialization

ProductD

evelopment

Product

Marketing

Relative E

ffort(Sw

itzerland)

142 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

Bereits in der Anfangsphase verlief das Projekt sehr erfolgreich. Nahezu alle verfügbaren Flächen konnten vermietet werden. Im August 2002 wurde die zweite Phase der Entwicklung eingeleitet, die über die fachli-chen Grenzen der Materialwissenschaften hinausging. Die Zielvorstel-lung war und ist es, einzigartige Bedingungen für industrieverbundene akademische Forschung im Bereich Materialherstellung und -technologie zur Verfügung zu stellen und die unmittelbare Nachbarschaft zu Unter-nehmen zu nutzen. Der Inkubator selbst stellt Forschung und Entwick-lung, Bildung und Qualifizierung sowie verschiedene Technologien in Form von Serviceeinrichtungen zur Verfügung. Ein besonderes Ziel des Oxford University Begbroke Science Park ist die Stimulation der inter-disziplinären Zusammenarbeit von Akademikern verschiedener Fachrich-tungen und der Industrieforschung. Globale Unternehmen, einschließlich Rolls-Royce, Hewlett-Packard, Ford, AEA Technology und Luxfer gehö-ren zu denen, die bereits eng mit dem Fachbereich Materialwissenschaf-ten auf dem 36 Mio. Euro teuren Grundstück kooperieren.

Besondere Aufmerksamkeit wird dem Technologietransfer von der Wis-senschaft in die kommerzielle Umsetzung geschenkt. Dieses Vorgehen schließt eine enge Zusammenarbeit, begünstigt durch die räumliche Nähe von Wissenschaft und Spin-offs, mit ein. Erste Analysen haben ergeben, das Spin-offs, die in Wissenschaftsparks angesiedelt wurden, eine 85-prozentige Erfolgsrate haben, verglichen mit einer weniger als 50-prozentigen Erfolgsrate von Spin-offs, die vom Universitätscampus aus agieren (Oxford University Gazette56).

Die Hälfte des Geländes des Begbroke Science Park wird als akademi-sches Materialforschungszentrum genutzt, betrieben durch den Fachbe-reich Materialwissenschaften und dem Oxford Zentrum für fortgeschrit-tene Materialien und Verbundwerkstoffe. Das Forschungszentrum kon-zentriert sich auf Projekte angewandter Forschung, in enger Zusammen-arbeit mit Industriesponsoren. Das Interesse der Industrie mit insgesamt fast 35 verbundenen Unternehmen ist sehr groß. Ebenso wurden ein gro-ßes Universitätstechnologiezentrum und Anwendungslabore in Zusam-menarbeit mit AEA Technology, Ford, JEOL Luxfer und Toppan errich-tet. Der „Joint Infrastructure Fund“ (JIF) der britischen Regierung stellte fast 11,6 Mio. Euro für Materialwerkstoffe und Analysegeräte zur Verfü-gung (Smith 2002).

Die andere Hälfte des Geländes ist als Geschäfts- und Wissenschaftspark eingerichtet, um eine Reihe von neuen Hochtechnologieunternehmen zu beherbergen. Räumlichkeiten werden für eine Reihe von kürzlich neu gegründeten universitären Spin-offs zur Verfügung gestellt. Das Invest-ment der Universität zusammen mit dem angeschlossen Fond JIF und der Finanzierung durch die Industrie betrug zusammen ca. 33 Mio. Euro.

56 http://www.ox.ac.uk/gazette/1999-00/weekly/220600/news/story_1.htm

Stimulation der interdisziplinären

Zusammenarbeit von Akademikern ver-

schiedener Fachrich-tungen und der

Industrieforschung

Vergleich der Nanotechnologie-Cluster und Best-Practice 143

Eine neue Finanzierung einzelner Aktivitäten durch das Department of Trade and Industry (DTI) in Verbindung mit der MNT-Initiative (Micro- and Nanotechnology) wurde bereits in Aussicht gestellt (private Mittei-lung: Dr. C. Johnston, 2005).

145

9 AUSBLICK

Die vorliegende Studie hatte zum Ziel, den Status-Quo der Nanotechno-logie in der Region Dresden/Sachsen zu analysieren und den Handlungs-bedarf für die Entwicklung der Potenziale der Nanotechnologie als Wachstumskern für die Region zu identifizieren.

Bei der Erhebung und Auswertung des Datenmaterials und der vielfälti-gen Informationen hat sich der Methodenmix aus qualitativen (Experten-interviews, Experten- und Branchenworkshops, Internet- und Literatur-analyse) und quantitativen Methoden (Fragebogenumfrage) bewährt. Vor allem die Rückspiegelung der vorläufigen Ergebnisse in die Region und die intensive Diskussion mit den Akteuren vor Ort im Rahmen des Ex-perten- und der Branchenworkshops erwiesen sich als äußerst hilfreich und fruchtbringend für den letzten Schritt der Studie – die Erarbeitung der Handlungsempfehlungen.

Im Rahmen der Analysen des Nanotechnologie-Standortes Dresden/ Sachsen wurde deutlich, dass sich in der Region bereits eine Vielzahl von Unternehmen aktiv mit dieser Technologie befassen und dass zusätzlich dazu eine große Zahl an Unternehmen zukünftig Potenzial für diese Technologie in ihren Produkten und Anwendungen sieht. Diese wirt-schaftliche Perspektive ist in der Region gepaart mit einer guten – in Teilbereichen sogar exzellenten – Forschungs- und Entwicklungsinfra-struktur. Abgerundet wird dieses Bild durch zahlreiche Institutionen, Netzwerke etc., die für eine Verknüpfung der Akteure in den verschiede-nen Bereichen sorgen.

Trotz dieser guten Ausgangslage muss sich die Region Dresden/Sachsen aber weiterentwickeln. Die Standortkonkurrenz wird in Folge der Globa-lisierung, der Osterweiterung der EU sowie des rasanten Wachstums in China und Indien immer stärker. Gerade in neuen Technologiefeldern können wenige Jahre darüber entscheiden, ob ein Standort für Unterneh-men attraktiv ist und ob in der Folge die Region von wirtschaftlicher Prosperität profitieren kann.

In der Nanoelektronik hat der Standort Dresden/Sachsen u. a. durch die am Standort vertretenen Unternehmen AMD und Infineon bereits eine weltweit anerkannte Position, die neuerdings durch das Fraunhofer CNT unterstrichen wird. In der Nanobiotechnologie ist die wissenschaftliche Exzellenz im Bereich Molekulare Biotechnologie ebenfalls vorhanden – es fehlen jedoch im Moment noch größere wirtschaftliche Anwendungs-felder. In vielen anderen Bereichen der Nanotechnologie bestehen zwar ebenso wissenschaftliche und wirtschaftliche Kompetenzen, die es aber noch nicht geschafft haben, erstens ein zusammenhängendes Gefüge dar-zustellen und damit zweitens weltweite Bedeutung zu erlangen.

Um den Herausforderungen der erhöhten Standortkonkurrenz gerecht zu werden und optimale Standortbedingungen für Unternehmen der Nano-

Diskussion mit den Akteuren vor Ort äußerst hilfreich Vielzahl an Unter-nehmen und sehr gute FuE-Infrastruktur Weiterentwicklung auf Grund der globa-len Standortkonkur-renz aber notwendig In der Nanoelektronik bereits weltweit an-erkannte Position

146 Nanotechnologie in Dresden/Sachsen

technologie zu schaffen, konnten vom VDI Technologiezentrum im Rahmen der Studie einige Ansatzpunkte identifiziert werden. Die vorge-schlagenen Handlungsempfehlungen haben zum Ziel, die festgestellten Schwachstellen zu beheben und Verbesserungspotenziale am Standort zu erschließen.

Die vom VDI Technologiezentrum vorgeschlagenen Handlungsempfeh-lungen sollen die Verantwortlichen in der Region dabei unterstützen, Entscheidungen und Maßnahmen zu treffen bzw. einzuleiten, um das Nanotechnologie-Cluster in der Region weiterzuentwickeln und es damit erstens gegenüber seinen nationalen Konkurrenzregionen eindeutig zu positionieren und zweitens auch international steigende Bedeutung zu erlangen. Mit einer gezielten Umsetzung der Handlungsempfehlungen könnten sich – nach Ansicht der Autoren – deutliche wirtschaftliche Wettbewerbsvorteile und Investitionen für die Region ergeben.

Handlungsempfehlun-gen unterstützen die Region bei der natio-

nalen und globalen Positionierung der

Region

147

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Sternberg, R. / Kiese, M. / Schätzl, L. (2004): Clusteransätze in der regi-onalen Wirtschaftsförderung. Theoretische Überlegungen und empiri-sche Beispiele aus Wolfsburg und Hannover. In: Zeitschrift für Wirt-schaftsgeographie, (48) 3-4, S. 164-181.

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Süddeutsche Zeitung (2005): Infineon erwägt Stellenabbau in Dresden. In der Ausgabe Nr. 174 vom 30./31. Juli 2005, S. 21.

Wirtschaftswoche (2005): Zweite Runde. Städtetest der Wirtschaftswo-che. In: Wirtschaftswoche, Ausgabe Nr. 20 vom 12.05.2005, S. 24-36.

Wollmann, H. (2001): Politikevaluierung, Evaluationsforschung. In: Nohlen, D. (Hrsg.): Kleines Lexikon der Politik. München.

Zukünftige Technologien Consulting

ist eine Beratungseinheit der VDI Technologiezentrum GmbH in Düsseldorf.

Zukünftige Technologien Consulting (ZTC) berät Entscheider aus

Politik / politischer Administration / Regionen EU – Bund – Länder – Kommunen – etc.

Industrieunternehmen Großunternehmen – KMU – junge Unternehmen – etc.

Verbände / Vereine / Organisationen Industrieverbände – Forschungseinrichtungen – etc.

Finanzdienstleister Banken – Venture Capital Gesellschaften – etc.

Versicherungen Rückversicherer – etc.

in technologischen und gesellschaftlichen Zukunftsfragen.

ZTC deckt durch ein Team verschiedenster Fachdisziplinen ein breites Themen-

und Methodenspektrum ab. Systematisch und mit Unterstützung eigener Software-

instrumente werden kundenspezifisch strategische Themen identifiziert, Ideen

entwickelt sowie praxisnahe Lösungen umgesetzt.

Beispiele für Beratungsdienstleistungen sind:

Innovations- und Technologiemonitoring (auch mit regionalem Schwerpunkt)

Szenarien und Prospektionen

Studien und Innovationsanalysen

Prozessberatungen, Prozessmoderationen

Innovations- und Technologiemanagement

Clusteranalysen / Clusterentwicklung

Regionale Zukunftsforschung / Regional Foresight / Regionale Vorausschau

Standortanalysen

Weitere Informationen erhalten Sie unter www.zt-consulting.de

Zukünftige Technologien Consulting (ZTC) VDI Technologiezentrum GmbHGraf-Recke-Straße 8440239 DüsseldorfTelefon: +49 (0) 211 62 14-5 72Telefax: +49 (0) 211 62 14-1 39Email: [email protected]

www.zt-consulting.de

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