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Ergebnisrückmeldung zur Studie „Ziele und Einstellungen von Lehrkräften“ Liebe Lehrerinnen und Lehrer, Zwischen April und Mai 2009 haben Sie an einer Studie teilgenommen, bei der wir Lehrkräfte zu ihren Zielen und Einstellungen befragt haben. Die große Resonanz auf die Studie hat uns sehr gefreut und wir möchten Ihnen allen noch einmal ganz herzlich für Ihre Mitarbeit danken! Wir wissen Ihre Zeit und Mühe sehr zu schätzen. Als Dankeschön möchten wir Ihnen mit diesem Schreiben nun ein paar interessante Ergebnisse unserer Analysen vorstellen. Da die Fragebögen für Lehrer/innen und Referendar/innen teilweise unterschiedliche Fragekomplexe enthielt, wurden die Auswertungen für Lehrer/innen und Referendar/innen getrennt vorgenommen. Im Folgenden werden ausschließlich die Ergebnisse der Lehrer/innen berichtet. Die Ergebnisse der Referendar/innen können Sie aber bei Interesse auf unserer Internetseite unter http://paed-psych.uni-mannheim.de/zielstudie/ ebenfalls abrufen. Die Studie untersuchte, welche Ziele Lehrer/innen in ihrem Beruf verfolgen und mit welchen Einstellungen und Überzeugungen diese im Zusammenhang stehen. Hierzu möchten wir zunächst einen kurzen Überblick über die Zusammensetzung der Stichprobe geben, auf denen die Analysen beruhen. Anschließend sollen die Skalen zur Erfassung beruflicher Ziele kurz vorstellt und die Mittelwerte der unterschiedenen Zieldimensionen berichtet werden. In einem letzten Abschnitt werden schließlich exemplarisch einige Zusammenhänge zwischen den Zieldimensionen und zwei ausgewählten Erlebens- und Verhaltensmaßen dargestellt. Teil 1: Zusammensetzung der Stichprobe Insgesamt haben sich 225 Lehrer/innen an der Studie beteiligt. Das Alter der teilnehmenden Lehrer/innen reichte von 25 bis 69 Jahren mit einem Altersdurchschnitt von 41,5 Jahren. Die durchschnittlich angegebene Dienstzeit betrug 13,8 Jahre. Etwa 2/3 der Teilnehmer (67,1 Prozent) waren weiblich. Die Teilnehmer kamen zu 87,6 Prozent aus Baden-Württemberg, weil wir hier auch hauptsächlich um die Mitarbeit an der Studie geworben haben. Es waren Lehrkräfte aus allen allgemein bildenden Schulformen vertreten, wobei das Gymnasium mit 42,2 Prozent den größten Anteil stellte, gefolgt von Hauptschulen (20,4 Prozent), Realschulen (18,7 Prozent) und Grundschulen (12,0 Prozent). Gesamtschulen (3,1 Prozent) und Sonstige Schulen (Berufsschulen, Sonderschulen etc.; 3,6 Prozent) umfassten den zahlenmäßig geringsten Anteil. Teil 2. Ziele von Lehrkräften Eine der Hauptaufgaben, wenn nicht sogar die Hauptaufgabe von Schule ist es, Schüler in ihrem Wissen, ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie ihrer persönlichen und sozialen Entwicklung zu fördern. Eng damit verbunden dürfte es das Ziel einer jeden Lehrperson sein, seine Schüler größtmöglich bei diesem Entwicklungs- und Lernfortschritt zu unterstützen. Nichtsdestotrotz ist die Schule aber nicht nur ein Ort des Lernens und Leistens für Schüler. Auch Lehrpersonen selbst befinden sich in der Situation, Leistung erbringen und Arbeitsanforderungen erfüllen zu müssen, wobei sie ständig unter Beobachtung von Schülern und Kollegen stehen und mit verschiedensten Hindernissen umgehen müssen. Dennoch bietet der Lehrerberuf auch Möglichkeiten, neue Erfahrungen zu sammeln und sich fachlich und

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Ergebnisrückmeldung zur Studie „Ziele und Einstellungen von Lehrkräften“ Liebe Lehrerinnen und Lehrer, Zwischen April und Mai 2009 haben Sie an einer Studie teilgenommen, bei der wir Lehrkräfte zu ihren Zielen und Einstellungen befragt haben. Die große Resonanz auf die Studie hat uns sehr gefreut und wir möchten Ihnen allen noch einmal ganz herzlich für Ihre Mitarbeit danken! Wir wissen Ihre Zeit und Mühe sehr zu schätzen. Als Dankeschön möchten wir Ihnen mit diesem Schreiben nun ein paar interessante Ergebnisse unserer Analysen vorstellen. Da die Fragebögen für Lehrer/innen und Referendar/innen teilweise unterschiedliche Fragekomplexe enthielt, wurden die Auswertungen für Lehrer/innen und Referendar/innen getrennt vorgenommen. Im Folgenden werden ausschließlich die Ergebnisse der Lehrer/innen berichtet. Die Ergebnisse der Referendar/innen können Sie aber bei Interesse auf unserer Internetseite unter http://paed-psych.uni-mannheim.de/zielstudie/ ebenfalls abrufen. Die Studie untersuchte, welche Ziele Lehrer/innen in ihrem Beruf verfolgen und mit welchen Einstellungen und Überzeugungen diese im Zusammenhang stehen. Hierzu möchten wir zunächst einen kurzen Überblick über die Zusammensetzung der Stichprobe geben, auf denen die Analysen beruhen. Anschließend sollen die Skalen zur Erfassung beruflicher Ziele kurz vorstellt und die Mittelwerte der unterschiedenen Zieldimensionen berichtet werden. In einem letzten Abschnitt werden schließlich exemplarisch einige Zusammenhänge zwischen den Zieldimensionen und zwei ausgewählten Erlebens- und Verhaltensmaßen dargestellt. Teil 1: Zusammensetzung der Stichprobe Insgesamt haben sich 225 Lehrer/innen an der Studie beteiligt. Das Alter der teilnehmenden Lehrer/innen reichte von 25 bis 69 Jahren mit einem Altersdurchschnitt von 41,5 Jahren. Die durchschnittlich angegebene Dienstzeit betrug 13,8 Jahre. Etwa 2/3 der Teilnehmer (67,1 Prozent) waren weiblich. Die Teilnehmer kamen zu 87,6 Prozent aus Baden-Württemberg, weil wir hier auch hauptsächlich um die Mitarbeit an der Studie geworben haben. Es waren Lehrkräfte aus allen allgemein bildenden Schulformen vertreten, wobei das Gymnasium mit 42,2 Prozent den größten Anteil stellte, gefolgt von Hauptschulen (20,4 Prozent), Realschulen (18,7 Prozent) und Grundschulen (12,0 Prozent). Gesamtschulen (3,1 Prozent) und Sonstige Schulen (Berufsschulen, Sonderschulen etc.; 3,6 Prozent) umfassten den zahlenmäßig geringsten Anteil. Teil 2. Ziele von Lehrkräften Eine der Hauptaufgaben, wenn nicht sogar die Hauptaufgabe von Schule ist es, Schüler in ihrem Wissen, ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie ihrer persönlichen und sozialen Entwicklung zu fördern. Eng damit verbunden dürfte es das Ziel einer jeden Lehrperson sein, seine Schüler größtmöglich bei diesem Entwicklungs- und Lernfortschritt zu unterstützen. Nichtsdestotrotz ist die Schule aber nicht nur ein Ort des Lernens und Leistens für Schüler. Auch Lehrpersonen selbst befinden sich in der Situation, Leistung erbringen und Arbeitsanforderungen erfüllen zu müssen, wobei sie ständig unter Beobachtung von Schülern und Kollegen stehen und mit verschiedensten Hindernissen umgehen müssen. Dennoch bietet der Lehrerberuf auch Möglichkeiten, neue Erfahrungen zu sammeln und sich fachlich und

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2,48

2,34

2,39

4,19

1 2 3 4 5

Belastungs-reduktion

Vermeidungs-Leistungsziele

Annäherungs-Leistungsziele

Lernziele

persönlich beständig weiter zu entwickeln. Insofern ist es nicht verwunderlich, wenn Lehrer/innen, neben dem gewissermaßen berufsinhärenten Ziel der Förderung ihrer Schüler, auch Ziele verfolgen können, die sich auf ihr eigenes Leistungshandeln und den eigenen Lernprozess beziehen. In Anlehnung an Theorien der motivationalen Zielorientierung haben wir in der aktuellen Studie vier Zieldimensionen herausgegriffen, die Lehrer/innen in der Ausübung ihres Berufes verfolgen können:

1. Lernziele die Lehrerkraft verfolgt das Ziel, durch die Ausübung ihres Berufs ihre Kompetenzen zu erweitern

2. Annäherungs- Leistungsziele die Lehrkraft verfolgt das Ziel, durch die Ausübung hohe eigene Kompetenzen unter Beweis zu stellen

3. Vermeidungs- Leistungsziele die Lehrkraft verfolgt das Ziel, bei der Ausübung ihres Berufs mögliche Kompetenzmängel zu verbergen

4. Ziele der Belastungsreduktion die Lehrkraft verfolgt das Ziel, Belastungen ihres Berufes weitestgehend zu reduzieren

Zur Erfassung der Zieldimensionen, wurden alle Teilnehmer gebeten, anzugeben, wie sehr sie einer Vielzahl vorgegebener Aussagen, wie „In meinem Beruf strebe ich danach, meine fachdidaktischen Kompetenzen zu verbessern“ (Lernziel) zustimmen. Die Antwortmöglichkeiten reichten von „stimmt gar nicht“ [1] über „weder noch“ [3] bis „stimmt genau“ [5]. Höhere Werte können daher als höhere Zustimmung interpretiert werden. Betrachtet man die durchschnittliche Höhe der einzelnen Zieldimensionen (Abbildung 1), so fällt auf, dass von den teilnehmenden Lehrern im Mittel sehr hohe Lernziele angegeben wurden, wohingegen Leistungsziele (Ännäherungs- und Vermeidungsleistungsziele) sowie Ziele der Belastungsreduktion vergleichsweise gering bewertet wurden. Prinzipiell ließe sich hieraus ableiten, dass es den meisten Lehrer/innen weniger wichtig sei, wie Schüler oder Kollegen ihre Arbeit als Lehrer/innen bewerten. Zentrale Bedeutung hat nach eigenen Angaben jedoch für einen Großteil der Lehrer, sich selbst beständig weiterzubilden und die eigenen Kompetenzen zu erweitern. Diese Daten zeigen im Mittel ein erfreuliches Bild der befragten Lehrerinnen und Lehrer hinsichtlich der von ihnen verfolgten Ziele. Die Daten der vorliegenden Studie zeigen, dass sich die angenommenen Zieldimensionen gut voneinander trennen lassen. Dank der zahlreichen Teilnehmer war es sogar möglich, aus dem umfangreichen Fragebogen weniger geeignete Fragen zu streichen und somit die Anzahl der Fragen zu den Zielen von Lehrkräften für künftige Studien erheblich zu reduzieren. Daher auch hier noch einmal herzlichen Dank für Ihre Mühe bei der Fragebogenbearbeitung.

Abbildung 1: Mittelwerte der Zieldimensionen über alle Teilnehmer

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1,14

2,43

2,873,07

1

2

3

4

niedrig mittel hoch sehr hoch

Lernziele

Mitt

elw

ert

Erfo

lgsz

uver

sich

tlich

keit

3,05 2,96 2,882,79

1

2

3

4

niedrig mittel hoch sehr hoch

Vermeidungs-Leistungsziele

Mitt

elw

ert

Erfo

lgsz

uver

sich

tlich

keit

Teil 3. Zusammenhänge zwischen Zielen und dem beruflichen Erleben von Lehrkräften Die Ziele von Lehrkräften sind auch deshalb ein spannendes und wichtiges Forschungsfeld, weil vermutet werden kann, dass sich die Verfolgung von bestimmten Zielen auf das Erleben und Verhalten der Lehrkräfte auswirkt. Neben der Erfassung verschiedener Ziele sollte in der aktuellen Studie daher auch betrachtet werden, mit welchen Einstellungen und Überzeugungen die angegebenen Ziele in Zusammenhang stehen. Dazu haben alle Teilnehmer, zusätzlich zu ihren Zielen, Angaben in den Bereichen „Überzeugungen“, „Motivation und Belastung“, „Einstellungen“ und „Selbsteinschätzung“ gemacht. Im Folgenden möchten wir zwei interessante Maße herausgreifen und die Zusammenhänge zu einzelnen Zieldimensionen darstellen1. Ziele und Leistungsmotiv Im beruflichen Alltag kommt es immer wieder vor, dass man mit Herausforderungen konfrontiert wird, bei denen sich nur schwer abschätzen lässt, in welchem Ausmaß die erfolgreiche Bewältigung von den eigenen Anstrengungen abhängt. Für das Verhalten in solchen Situationen spielt die eigene Grundhaltung eine entscheidende Rolle. Wende ich meine ganze Kraft auf, in der Hoffung, die Situation vielleicht doch erfolgreich beeinflussen zu können oder sehe ich immer wieder die Gefahr des Scheiterns vor mir, zweifle an meinen Fähigkeiten und reduziere meine Anstrengungen vielleicht sogar, aus Mangel an Zuversicht? Dieser Unterschied zwischen „Erfolgszuversichtlichkeit“ und „Misserfolgsängstlichkeit“ hat weit reichende Implikationen für das eigene Erleben, den Umgang mit der Situation und die eigenen Zielvorstellungen. Entsprechend der in Teil 2 vorgestellten Zieldimensionen, nehmen wir daher an, dass eine stärkere Ausprägung von Lernzielen (Ziel der Erweiterung eigener Kompetenzen) mit einer höheren Erfolgszuversichtlichkeit einhergehen sollte, wohingegen Vermeidungsleistungsziele (Ziel des Verbergens möglicher Kompetenzmängel) sich in einer stärkeren Fokussierung auf die Gefahr des Misserfolgs widerspiegeln sollten. Die Abbildungen 2a und 2b zeigen die mittlere Höhe der Erfolgszuversichtlichkeit in Abhängigkeit von der Höhe der Lernziele (Abbildung 2a) und der Vermeidungsleistungsziele (Abbildung 2b).

1 Zur übersichtlicheren Darstellung der Zusammenhänge zwischen den Zieldimensionen und anderen Maßen, wurden die Skalenmittelwerte der Teilnehmer auf den Zieldimensionen in 4 Gruppen eingeteilt: [1] „niedrig“ enthält alle Personen, deren mittlerer Skalenwert auf der Zieldimension zwischen 1 und 2 liegt, [2] „mittel“ enthält alle Personen, deren mittlerer Skalenwert auf der Zieldimension zwischen 2,1 und 3 liegt, [3] „hoch“ enthält alle Personen, deren mittlerer Skalenwert auf der Zieldimension zwischen 3,1 und 4 liegt, [4] „sehr hoch“ enthält alle Personen, deren mittlerer Skalenwert auf der Zieldimension zwischen 4,1 und 5 liegt.

Abbildung 2a: Zusammenhang zwischen Lernzielen und Erfolgszuversichtlichkeit

Abbildung 2b: Zusammenhang zwischen Vermeidungs-Leistungszielen und Erfolgszuversichtlichkeit

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3,14

2,10

1,61 1,54

1

2

3

4

niedrig mittel hoch sehr hoch

Lernziele

Mitt

elw

ert

Mis

serfo

lgsä

ngst

lichk

eit

1,30

1,611,84

2,32

1

2

3

4

niedrig mittel hoch sehr hoch

Vermeidungs-Leistungsziele

Mitt

elw

ert

Mis

serfo

lgsä

ngst

lichk

eit

Die Ergebnisse zeigen, dass die Ziele von Lehrkräften wichtig für deren Erfolgszuversicht sind: Personen, die vermehrt angeben, ihre Kompetenzen erweitern zu wollen, berichten im Mittel von einer höheren Erfolgszuversichtlichkeit. Personen, die hingegen vermehrt danach Streben, mögliche Kompetenzmängel zu verbergen, berichten im Mittel von einer geringeren Erfolgszuversichtlichkeit. Die Abbildungen 3a und 3b zeigen die mittlere Höhe der Misserfolgsängstlichkeit in Abhängigkeit von der Höhe der Lernziele (Abbildung 3a) und der Vermeidungsleistungsziele (Abbildung 3b).

Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung von Zielen von Lehrkräften für deren Misserfolgsängstlichkeit: Personen, die vermehrt angeben, ihre Kompetenzen erweitern zu wollen, berichten im Mittel von einer geringeren Misserfolgsängstlichkeit. Personen, die hingegen vermehrt angeben, mögliche Kompetenzmängel verbergen zu wollen, berichten im Mittel von einer höheren Misserfolgsängstlichkeit. Ziele und Einstellung gegenüber Hilfe Eine Möglichkeit der Bewältigung herausfordernder oder gar überfordernder Situationen im Beruf, ist es, Kollegen um Hilfe zu bitten. Allerdings lassen sich hier starke Unterschiede zwischen Personen finden. Während die einen scheinbar keine Probleme damit haben, ihre Probleme mit Kollegen oder Freunden zu besprechen, tun sich andere eher schwer damit, jemanden um Rat oder Hilfe zu bitten. Eine mögliche Erklärung für diese Unterschiedlichkeit liegt in unterschiedlichen Einstellungen gegenüber Hilfe. Während die einen „Hilfe“ beispielsweise als nützlich für den eigenen Lernprozess ansehen könnten, befürchten andere, durch das Erbitten von Hilfe eigene Schwächen zu offenbaren und als unwissend oder unfähig dazustehen. Wer solche Befürchtungen hat oder haben muss, wird in der Folge auch weniger Hilfe von anderen in Anspruch nehmen. Da wir annehmen, dass Ziele für die Ausbildung solcher Einstellungen eine Rolle spielen, wird im Folgenden betrachtet, welche Zusammenhänge zwischen den vier Zieldimensionen und der Wahrnehmung von Hilfe als bedrohlich bestehen. Die Abbildungen 4a bis 4d zeigen die mittlere Höhe der „Wahrnehmung von Hilfe als Bedrohung“ in Abhängigkeit von der Höhe der einzelnen Zieldimensionen.

Abbildung 3a: Zusammenhang zwischen Lernzielen und Misserfolgsängstlichkeit

Abbildung 3b: Zusammenhang zwischen Vermeidungs-Leistungszielen und Misserfolgsängstlichkeit

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4,00

2,92

1,991,77

1

2

3

4

5

niedrig mittel hoch sehr hoch

Lernziele

Mitt

elw

ert

Hilf

e al

s B

edro

hung

1,671,93

2,162,43

1

2

3

4

5

niedrig mittel hoch sehr hoch

Annäherungs-Leistungsziele

Mitt

elw

ert

Hilf

e al

s B

edro

hung

1,44

1,92

2,28

3,19

1

2

3

4

5

niedrig mittel hoch sehr hoch

Vermeidungs-Leistungsziele

Mitt

elw

ert

Hilf

e al

s B

edro

hung

1,81 1,882,04 2,14

1

2

3

4

5

niedrig mittel hoch sehr hoch

Belastungsreduktion

Mitt

elw

ert

Hilf

e al

s B

edro

hung

In Abbildung 4a ist zu erkennen, dass die Höhe der wahrgenommenen Bedrohung in negativem Zusammenhang mit der Höhe der angegebenen Lernziele steht. D.h. Personen, die verstärkt danach Streben, ihre eigenen Kompetenzen zu erweitern, sehen Hilfe als weniger bedrohlich an. Interessanterweise zeigt sich in unseren weiteren Analysen, dass höhere Lernziele damit einhergehen, Hilfe stärker als nützlich zu betrachten und im Folgenden häufiger Hilfe von Kollegen in Anspruch zu nehmen. Die Abbildungen 4b bis 4d zeigen die Zusammenhänge zwischen der Wahrnehmung von Hilfe als Bedrohung und den Zieldimensionen Annäherungsleistungsziele, Vermeidungsleistungsziele und Belastungsreduktion. Bei allen drei Zieldimensionen lässt sich erkennen, dass eine höhere Zielverfolgung mit einer höheren Wahrnehmung von Hilfe als bedrohlich einhergeht (zunehmende Höhe der Balken). Zu beachten ist aber, dass die Stärke der Zusammenhänge (erkennbar an den Anstiegen) zwischen den Zieldimensionen differiert. So besteht der größte Zusammenhang mit den Vermeidungs-Leistungszielen, was bedeutet, dass Personen, die vermehrt danach streben, mögliche Kompetenzmängel zu verbergen, im Mittel auch berichten, dass sie die Inanspruchnahme von Hilfe als stärker bedrohlich empfinden. Tatsächlich zeigen unsere weiteren Analysen, dass Personen mit stärkeren

Abbildung 4a: Zusammenhang zwischen Lernzielen und der Wahrnehmung von Hilfe als Bedrohung

Abbildung 4b: Zusammenhang zwischen Annäherungs-Leistungszielen und der Wahrnehmung von Hilfe als Bedrohung

Abbildung 4c: Zusammenhang zwischen Vermeidungs-Leistungszielen und der Wahrnehmung von Hilfe als Bedrohung

Abbildung 4d: Zusammenhang zwischen Zielen der Belastungsreduktion und der Wahrnehmung von Hilfe als Bedrohung

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Vermeidungs-Leistungszielen auch seltener angeben, Hilfe von Kollegen in Anspruch zu nehmen. Fazit Zusammenfassend zeigen die Analysen, dass sich die Zielpräferenzen von Lehrkräften gut erfassen lassen und die angenommenen vier Dimensionen getrennt werden können. Dank Ihrer Hilfe ist es außerdem gelungen, den Fragebogen zur Erfassung der Zielpräferenzen zu kürzen. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen weiterhin, dass Zielpräferenzen eine wichtige Größe sind, die mit dem beruflichen Erleben von Lehrkräften (z.B. ihrer Einstellung gegenüber Hilfe) im Zusammenhang stehen. Auch wenn man auf Basis der dargestellten Zusammenhänge ableiten könnte, dass bestimmte Zielvorstellungen besser oder wünschenswerter wären, als andere, gehen wir davon aus, dass alle Ziele eigene Vor- und Nachteile für den Lehrerberuf mit sich bringen und somit ein ideales Lehrerziel nicht existiert. Hierzu wollen wir in folgenden Studien untersuchen, welchen speziellen Nutzen spezifische Zielvorstellungen für den Lehrerberuf mit sich bringen. So ließe sich beispielsweise annehmen, dass Lehrer, die darauf bedacht sind, wenig Fehler zu machen, ihren Unterricht gründlicher vorbereiten und durch eine stärkere Strukturierung des Unterrichtsstoffes insbesondere für jüngere Kinder eine ideale Lernumgebung schaffen. Auch ausgeprägte Ziele der Belastungsreduktion könnten für eine gesunde Reaktion auf übermäßige berufliche Belastungen sprechen. Aus diesem Grund wollen wir die Bedingungen des Entstehens, aber auch der Auswirkungen von Lehrerzielen in künftigen Studien genauer unter die Lupe nehmen. Die Ergebnisse werden wir immer wieder in die Einrichtungen bzw. an die Personen, die uns unterstützen, zurück fließen lassen. Dabei ist es auch beabsichtigt, zu späteren Zeitpunkten Empfehlungen darüber abzuleiten, durch welche Merkmale z.B. in Kollegien bestimmte Zielvorstellungen gefördert werden können. Gerade für diese künftigen Fragestellungen liefern die Ergebnisse der aktuellen Studie eine unschätzbare Grundlage. Wir hoffen, dass wir Ihnen mit dieser Rückmeldung deutlich machen konnten, warum es wichtig und spannend ist, die Zielpräferenzen von Lehrkräften zu untersuchen. Über den weiteren Verlauf unserer Studien können Sie sich bei Interesse auch gerne auf unserer Internetseite unter http://paed-psych.uni-mannheim.de/zielstudie/ informieren. Wenn Sie Anregungen oder Fragen zu unserer Forschung haben, können Sie sich gerne an uns wenden. Mit freundlichen Grüßen, Dipl. Psych. Sebastian Nitsche Prof. Dr. Oliver Dickhäuser Lehrstuhl für Pädagogische Psychologie Universität Mannheim D - 68131 Mannheim Telefon: +49 621 181-2210 E-Mail: [email protected]

Lehrstuhl für Pädagogische PsychologieUniversität MannheimD - 68131 Mannheim

Telefon: +49 621 181-2207E-Mail: [email protected]