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Erwiderung auf die Bemerkungen yon Brandt und Mras zu meiner Arbeit: Die Kolloidreaktionen des Liquor cerebro- spinalis. Von V. Kafka und H. Biberield. (Aus der serologischen Abteflung der psychiatrischen Universit~tsklinib und Staatskrankenanstalt l~riedrichsberg in Hamburg.) Mit 1 Textabbildung. (Eingegangen am 16. Mai 1922.) "Im Interesse der einheitlichen Bewertung der Befunde der Goldsot- reaktion (G. R.) seien uns ein paar Worte zu der obenzitierten Arbeit yon Brandt und Mras gestattet, die uns geeignet erscheinen, einige MiBverst~ndnisse aus dem Wege zu r~umen. 1. Wenn der eine yon uns (K.) von Br. und M. naeh ihren Arbeiten angenommen hat, dab sie in der G.R. eine quantative Reaktion sehen, so sollte das nur besagen, dab diese Autoren praktisch vor allem auf das Vorkommen iiberhaupt und die Sti~rke der G.R., nicht aber auf die Kurvenformen (die qualitativen Reaktionen) Gewicht legen. 2. Br. und M. beki~mpfen den Koehsalzversuch mit der Begriin- dung, dab infolge des gesetzmi~Bigen Einflusses der Koehsalzkonzen- tration auf das Kurvenbild das Maximum der Kurve bei Erh5hung der Koehsalzkonzentration nach reehts, bei Verminderung naeh links wandert. Dies entspricht nicht unseren Erfahrungen, wie die Ab- bildung 1 zeigt. V~"o~. 7:70 Zd 4.0 80 760 320 6~0 12,50 ZSO0500070000 rot ~ ~- //-;"+-. ," ...... Fall N-18 787 (Lues cerebri). Goldsol bl-74. Titer 0,6 ~ 5]aC1. '~, /J ,.- 0,8 ~], NaCI. v/olett ' ./ Lg ---- 0,5 "/o ~TaC1, "'~', k \'x ,"/ L.-" ----- 0,6 o/~~aCl. ,~,~/~o - \\ ." ......... o.80/. ~ac1. b/a.~ "*" -"'" ! Blur WaR + + ~" / ~ Liquor : Zeller 15/.~. he//b/ou Ph. I: Spur Opal. WAR.: 10. wed3 Abb. 1. Goldsolreaktion bei verschiedenen Kochsalzkonzentrationen.

Erwiderung auf die bemerkungen von brandt und mras zu meiner arbeit: Die kolloidreaktionen des liquor cerebrospinalis

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Page 1: Erwiderung auf die bemerkungen von brandt und mras zu meiner arbeit: Die kolloidreaktionen des liquor cerebrospinalis

Erwiderung auf die Bemerkungen yon Brandt und Mras zu meiner Arbeit: Die Kolloidreaktionen des Liquor cerebro-

spinalis.

Von

V. Kafka und H. Biberield.

(Aus der serologischen Abteflung der psychiatrischen Universit~tsklinib und Staatskrankenanstalt l~riedrichsberg in Hamburg.)

Mit 1 T e x t a b b i l d u n g .

(Eingegangen am 16. Mai 1922.)

"Im Interesse der einheitlichen Bewertung der Befunde der Goldsot- reaktion (G. R.) seien uns ein paar Worte zu der obenzitierten Arbeit yon Brandt und Mras gestattet, die uns geeignet erscheinen, einige MiBverst~ndnisse aus dem Wege zu r~umen.

1. Wenn der eine yon uns (K.) von Br. und M. naeh ihren Arbeiten angenommen hat, dab sie in der G.R. eine quantative Reaktion sehen, so sollte das nur besagen, dab diese Autoren praktisch vor allem auf das Vorkommen iiberhaupt und die Sti~rke der G.R., nicht aber auf die Kurvenformen (die qualitativen Reaktionen) Gewicht legen.

2. Br. und M. beki~mpfen den Koehsalzversuch mit der Begriin- dung, dab infolge des gesetzmi~Bigen Einflusses der Koehsalzkonzen- tration auf das Kurvenbild das Maximum der Kurve bei Erh5hung der Koehsalzkonzentration nach reehts, bei Verminderung naeh links wandert. Dies entspricht nicht unseren Erfahrungen, wie die Ab- bildung 1 zeigt.

V~"o~. 7:70 Zd 4.0 80 760 320 6~0 12,50 ZSO0 5000 70000 rot ~ ~- / / - ; " + - . ," . . . . . . Fall N-18 787 (Lues cerebri).

Goldsol bl-74. Titer 0,6 ~ 5]aC1.

' ~ , / J ,.- 0,8 ~], NaCI. v/olett ' . / Lg - - - - 0,5 " /o ~TaC1,

"'~', k \ ' x ," / L.-" - - - - - 0,6 o/~ ~aCl. ,~,~/~o - \\ ." ......... o.80/. ~ac1.

b/a.~ "*" -"'" ! Blur WaR + +

~ " / ~ Liquor : Zeller 15/.~. he//b/ou Ph. I: Spur Opal.

WAR.: 10.

wed3 Abb. 1. Goldsolreaktion bei verschiedenen Kochsalzkonzentrationen.

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364 V. Kafka und H. Biberfeld

Nehmen wir aber die Brandt und Mrassche Behauptung als giiltig an, dann miil3te, wenn normaler Liquor sehon eine Zaeke zeigt, die Zaeke eines Luesliquors als naeh rechts verschoben anzusehen sein, weft fiir den betreffenden Versueh die Koehsalzkonzentration zu hoch ist. Im fibrigen ist dieser Streit haupts~hl ieh theoretiseher Natur, denn wir kSnnen uns wohl denken, dali in Wien die Goldsoll6sung so einheitlich dargestellt wird, dab der Kochsalztiter ein konstanter ist. Ieh stimme mit Br. und Mr. aueh darin fiberein, dal~ die biologische Austitrierung neben dem Kochsalzversuch nStig ist.

3. Eine konstante Lage des Maximums der Ausfillung bei Lues haben wir, wie andere Autoren, nieht gesehen. Der eine yon uns (B.), der darfiber ausffihrlich berichten wird, hat in den letzten Wochen 18 Fi~lle yon Lues cerebri untersueht und gefunden, dab das Maximum bei 1/~ 0 in 6, bei i/4 o in 1, bei 1/80 in 4, bei i/ie0 in 6, bei 1/32o in einem der Falle gelagert war. Aus dem oben Gesagten kann dies nicht die Folge der wechselnden Koehsalzkonzentration sein, auch war kein Parallelismus zwischen Kochsalzkonzentration und Lage der Maxi- mums naehzuweisen. Das bewegliche biologisehe Verhi~ltnis der Liquor- kolloide zu einander ist hier als Ursache anzunehmen.

4. Dal~ Br. und M. mit halben Dosen und ohne Verwendung von Jenaer Glas und doppelt destilliertem Wasser gute Resultate bekommen haben, diirfte wohl auf die Giite des Wiener Goldsols zu beziehen sein.

5. Dal~ die Gesamtkoehsalzkonzentration mit zunehmender Ver- diinnung zunimmt, ist leicht zu errechnen. Nehmen wir die Salzkon- zentration des Liquors mit an, so haben wit, wenn wir nun die vier ersten RShrchen in Reehnung ziehen, im ersten RShrchen 72/80 0,4 ~ NaC1 und 8/80 x NaC1, im zweiten 76/s 0 0,4 % NaCI und 4/s 0 x l~aC1, im drit ten 7s/80 0,4 % l~aC1 und 2/s 0 x NaC1, im vierten 79/s 0 0,4 % NaC1 und i/80 x NaC1. Nun entspricht zwar das x im normalen Liquor 0,73 %, abet im pathologischen Zustande ist diese Menge stark herab- gesetzt, auBerdem tr i t t das Koehsalz des Liquors infolge der komplexen Zusammensetzung dieser Fliissigkeit nicht in Funktion, wie die zuge- setzte KoehsalzlSsungl). Dal~ man den Terminus ,,Schutzwirkung" ffir Kurventeile in Ansprueh nimmt, bei denen kein Schutz vor Elektro. lytfiiUung anzunehmen ist, halte ich deshalb fiir verfehlt, weil man dadureh etwas fiber den Meehanismus der Kurvenentstehung pri~ju. diziert.

Zwei Beispiele mSgen dies erliutern. Eine Mastixkurve mit normalem Liquor, hergestellt nach der Teehnik

yon Jacobsthal und Ka/ka, besteht erstens aus der Zone, bei der die

i) Diese ~berlegung ist ftir die Mastixreaktion wichtiger als fiir die Goldsol- reaktion, da hei ersterer mit hSheren NaC1-Konzentrationen gearbeitet wird. Sie hat auch mit dazu gefiihrt, Normosal als Verdiinnungsfltissigkeit heranzuziehen.

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Erwiderung auf die Bemerkungen yon Brandt und Mras usw. 365

Schutzwirkung des Liquors auftritt , und zweitens der Salzfi~llungs- zone.

Bei der Goldsolreaktion tr i t t echte Schutzwirkung nicht zutage, weil wir mit Kochsalzkonzentrationen arbeiten, die das Goldsol makro- skopisch nicht veri~ndern. Nehmen wir als Beispiel eine Meningitis- kurve an, so wird das Kurvenmaximum hervorgerufen dutch die Ausflockung entgegengesetzt geladener Kolloide; wiirden wir den ersten Kurventeil als durch Schutzwirkung entstanden denken, so mfiI3ten wir annehmen, dal3 ein dritter Kolloid das erste oder zweite vor der Ausflockung durch das zweite oder erste schfitztl). Da ein solcher Mechanismus nicht erwiesen ist, vielmehr einfachere Entstehungs- arten dieses :Kurventeiles wahrscheinlicher sind, halten wir die Be- zeichnung Schutzwirkung fiir diesen Vorgang als zu welt gehend, nicht exakt und irrefiihrend ffir in kolloidchemischen Dingen Uneriahrene.

~ber alle diese Punkte wird der eine yon uns (B.) an der Hand grS~erer Versuchsreihen eingehend berichten, und es wird dann, wenn die angezeigten grSBeren Arbeiten yon Brandt und Mras erschienen scin werden, auch Gelegenheit zu ausfiihrlicherer Diskussion sein.

1) Natiirlichkannmanauchannehmen, daBzweiKolloideinfolgederMischungs- art usw. in verschiedenen Verdiinnungsgraden different aufeinander einwirken. Hier kann abet nicht yon Schutzwirkung die Rede sein, die das Vorhandensein yon 3 Faktoren voraussetzt.