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REZENSIONEN Rezension zu Hofmann, Jens: Erfolgreich recherchieren – Erziehungswissenschaften. Berlin: de Gruy- ter Saur 2013. ISBN 978-3-11-027188-1. 118 S. Preis: 19,95 €. Anzuzeigen und zu besprechen ist ein schmaler Band zu einer wichtigen und leider im Studium wie in der Nachwuchsarbeit vernachlässigten wissenschaftlichen Schlüsselkom- petenz: der Informationsrecherche und deren Ergebnisbewertung. Zwar gibt es seit 2010 zwei für mehrere Studiengänge geeignete Studienbücher zur Informationskompetenz (vgl. Franke et al. 2010; Niedermair 2010), das Buch von Jens Hofmann, Leiter der erzie- hungswissenschaftlichen Zweigbibliothek in Nürnberg, widmet sich jedoch speziell den Rechercheinstrumenten, die (angehende) Erziehungswissenschaftler_innen kennen und nutzen sollten. Es gehört zu der Reihe „Erfolgreich recherchieren“, herausgegeben von Klaus Gantert im Verlag Walter de Gruyter, die kompakt und zuverlässig die Informa- tionsressourcen des jeweiligen Faches vorstellen möchte. Zielgruppe sind Studierende, in diesem Fall der Erziehungswissenschaft. Jens Hofmanns Monographie bietet, strukturiert in drei Abschn. (Basics – Advanced – Informationen weiterverarbeiten), einen Einblick in die Welt der wissenschaftlichen Informationen, in das Vorgehen bei der Rechercheplanung, erörtert danach biblio- thekarische Rechercheinstrumente (OPACs, Verbund- und virtuelle Kataloge) sowie Fachdatenbanken und wissenschaftliche Suchmaschinen, bevor sie die Bewertung und Verwaltung der Suchergebnisse sowie die Literaturbeschaffung behandelt. Das Ziel Hof- manns ist ein „Rechercheführer für pädagogische Fachinformationen“ (S. V), in dem er „alternative Recherchewege“ (S. VI) zur einfachen Internetrecherche via Google präsentieren möchte. Im Abschnitt Basics (53 Seiten) werden die Besonderheiten von Wissenschaft und wissenschaftlichen Publikationsformen beschrieben und aufgezeigt, wie sich – ausgehend von einem Forschungsproblem über entwickelte Fragestellungen und dazugehörige (Kern-)Begriffsbenennungen – „eine Recherche nach wissenschaft- lichen Informationen planen lässt“ (ebd.). In den Basics wird sodann auf das Angebot Z Erziehungswiss (2013) 16:773–776 DOI 10.1007/s11618-013-0441-x Online publiziert: 21.09.2013 © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013 Akadem. Rat a. D. Dr. F. Rost () Eberbacher Str. 2, 14197 Berlin, Deutschland E-Mail: [email protected] Erziehungswissenschaftliche Informationsressourcen nutzen Friedrich Rost

Erziehungswissenschaftliche Informationsressourcen nutzen

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Rezensionen

Rezension zu

Hofmann, Jens: Erfolgreich recherchieren – Erziehungswissenschaften. Berlin: de Gruy-ter Saur 2013. ISBN 978-3-11-027188-1. 118 S. Preis: 19,95 €.

Anzuzeigen und zu besprechen ist ein schmaler Band zu einer wichtigen und leider im Studium wie in der Nachwuchsarbeit vernachlässigten wissenschaftlichen Schlüsselkom-petenz: der Informationsrecherche und deren Ergebnisbewertung. Zwar gibt es seit 2010 zwei für mehrere Studiengänge geeignete Studienbücher zur Informationskompetenz (vgl. Franke et al. 2010; Niedermair 2010), das Buch von Jens Hofmann, Leiter der erzie-hungswissenschaftlichen Zweigbibliothek in Nürnberg, widmet sich jedoch speziell den Rechercheinstrumenten, die (angehende) Erziehungswissenschaftler_innen kennen und nutzen sollten. Es gehört zu der Reihe „Erfolgreich recherchieren“, herausgegeben von Klaus Gantert im Verlag Walter de Gruyter, die kompakt und zuverlässig die Informa-tionsressourcen des jeweiligen Faches vorstellen möchte. Zielgruppe sind Studierende, in diesem Fall der Erziehungswissenschaft.

Jens Hofmanns Monographie bietet, strukturiert in drei Abschn. (Basics – Advanced – Informationen weiterverarbeiten), einen Einblick in die Welt der wissenschaftlichen Informationen, in das Vorgehen bei der Rechercheplanung, erörtert danach biblio-thekarische Rechercheinstrumente (OPACs, Verbund- und virtuelle Kataloge) sowie Fachdatenbanken und wissenschaftliche Suchmaschinen, bevor sie die Bewertung und Verwaltung der Suchergebnisse sowie die Literaturbeschaffung behandelt. Das Ziel Hof-manns ist ein „Rechercheführer für pädagogische Fachinformationen“ (S. V), in dem er „alternative Recherchewege“ (S. VI) zur einfachen Internetrecherche via Google präsentieren möchte. Im Abschnitt Basics (53 Seiten) werden die Besonderheiten von Wissenschaft und wissenschaftlichen Publikationsformen beschrieben und aufgezeigt, wie sich – ausgehend von einem Forschungsproblem über entwickelte Fragestellungen und dazugehörige (Kern-)Begriffsbenennungen – „eine Recherche nach wissenschaft-lichen Informationen planen lässt“ (ebd.). In den Basics wird sodann auf das Angebot

Z Erziehungswiss (2013) 16:773–776DOI 10.1007/s11618-013-0441-x

Online publiziert: 21.09.2013© Springer Fachmedien Wiesbaden 2013

Akadem. Rat a. D. Dr. F. Rost ()Eberbacher Str. 2, 14197 Berlin, DeutschlandE-Mail: [email protected]

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der örtlichen Hochschulbibliothek und ihres Online-Katalogs (OPAC) rekurriert, bevor dieser Abschnitt mit hilfreichen Tipps beendet wird.

Im zweiten Teil (Advanced), 47 Seiten umfassend, werden „eine Reihe wissenschaft-licher Rechercheinstrumente“ (S. VI) vorgestellt, wobei nach Informationsbedürfnissen (Bücher, Aufsätze, Volltexte, Fakten, Rezensionen) differenziert wird und „eine gewisse Qualität“ (ebd.) der Ergebnisse im Vordergrund steht. Teil drei (Informationen weiterver-arbeiten) mit den Kapiteln „Treffer bewerten und verwalten“ sowie „Literatur beschaffen“ ist im Vergleich zu den zwei vorherigen Abschnitten mit insgesamt knapp zehn Seiten untergewichtet, insbesondere im Hinblick auf den Anspruch Hofmanns, „die gefundenen Informationen hinsichtlich ihrer Wissenschaftlichkeit zu beurteilen“ (S. VI).

Das Kap. 1 (Die Welt der wissenschaftlichen Informationen) definiert, was eine Pub-likation ausmacht (S. 2), bevor es sich den gemeinsamen Merkmalen wissenschaftlicher Publikationen widmet (gut zusammengefasst auf S. 17) und danach die Publikationsfor-men (Monographien, mehrbändige Werke, Schriftenreihe, Zeitschriften, Sammelbände, Konferenzbände, Lehrbücher, Handbücher) kurz und prägnant vorstellt. Vermisst habe ich Aussagen zur sogenannten Grauen Literatur und dem Status von Aufsätzen, obwohl Beispiele für entsprechende Literaturangaben gegeben werden. Zudem fehlen im gesam-ten Werk Hinweise zu den diversen in der Erziehungswissenschaft gängigen Zitierstilen. Im Kap. 1.2 wird die formale und inhaltliche Erschließung wissenschaftlicher Informa-tionen vermittelt, wobei die meist vernachlässigte klassifikatorische neben der verbalen Erschließung gleichberechtigt dargestellt wird. Hinweise auf „unterschiedliche Arten von Schlagwörtern“ (S. 16) runden das Kapitel ab.

Die Rechercheplanung im zweiten Kapitel geht von einem Forschungsthema, in das man sich über diverse Nachschlagewerke (Enzyklopädien, Sach-, Personen- und Werklexika sowie begriffsgeschichtliche Wörterbücher) einarbeiten kann, hin zu einer Forschungsfrage und deren Auflösung in Recherchebegriffe. Hierbei wird zwischen Grundbegriffen, Syno-nymen, Ober-, Unter- und verwandten Begriffen differenziert und im Teilkapitel 2.4 aufge-zeigt, welche Hilfsmittel in Form von Thesauri und Synonymwörterbüchern zur Verfügung stehen, um bessere Rechercheergebnisse zu erzielen. „Die Kunst des effizienten Recher-chierens“ (S. 34) mittels der Booleschen Operatoren AND, OR und NOT sowie die Verwen-dung von Klammern wird in 2.5 an Beispielen erläutert. Da dieser Teil noch zu den Basics gehört, ist die Erwähnung von Abstandsoperatoren an dieser Stelle sicher nicht notwendig. Sie werden aber auch im Fortgeschrittenenteil nicht eingeführt. Zudem fehlen Aussagen zum Umgang mit Sonderzeichen wie Accents oder Tilden bei der Eingabe in Suchmasken.

Im dritten Kapitel werden Grundkenntnisse der Bibliothekskunde (Ordnungen der Materialaufstellung und Zugänglichkeit) vermittelt und zudem der Gebrauch des OPACs mithilfe der Sucheinstiegsmöglichkeiten einfache, erweiterte sowie thematische bzw. systematische Suche. Die einzelnen Suchfelder (Autor, Titel, Schlagwort, …) der erwei-terten Suche und deren Nutzwert für verbesserte Rechercheergebnisse werden ebenso dargestellt wie die Indexsuche oder die thematische bzw. systematische Suche. Im Teil-kapitel 3.2 wird deutlich betont,

● dass über OPACs nur selbstständige Publikationen zu finden sind, ● wozu Trunkierung, Maskierung und Phrasensuche hilfreich eingesetzt werden kön-

nen und ● wie sich Treffermengen über sogenannte Facetten filtern und eingrenzen lassen.

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Schließlich gibt es noch Hinweise zum Schneeballprinzip und zur Recommender-Funk-tion, die mittlerweile bei einigen OPACs schon realisiert ist.

Zu Recht wird der Advanced-Teil damit eröffnet, dass in den ersten Semestern Stu-dierende Literatur und Literaturlisten von den Dozent_innen bekommen, die auch auf die Bestände der jeweiligen Hochschulbibliothek abgestimmt sind. Im Teil für fortge-schrittene Semester soll nun die eigenständige Recherche „über den Tellerrand“ (S. 55) hinausführen, indem weitere Bibliothekskataloge wie die der DFG-Sondersammelgebiete Bildungsforschung, Bildungsgeschichtliche Forschung, Hochschulwesen und Schulbü-cher vorgestellt werden. Danach folgen bibliothekarische Verbund- und virtuelle Kata-loge (Karlsruher Virtueller Katalog und Max Planck Virtual Library).

Teilkapitel 4.2 führt ein in das Angebot der Fachdatenbanken als „Herzstück wissen-schaftlicher Informationsrecherchen“ (S. 62), wobei zwischen Referenz-, Volltext- und Faktendatenbanken unterschieden wird. Danach wird DBIS als „Datenbank für Daten-banken“ (S. 65) ausführlich dargestellt. Etwas unvermittelt und unter der m. E. irre-führenden Überschrift „Wissenschaftliche Aufsätze finden“ (S. 68) wird auf drei Seiten die Referenzdatenbank „FIS Bildung“ vorgestellt, deren Anteil an Büchern bei knapp einem Drittel liegt. Lobenswert dagegen ist die ausführliche Darstellung von „ERIC“, dem amerikanischen Vorbild zu „FIS Bildung“. Es folgen wichtige Referenzdatenban-ken der Nachbardisziplinen Psychologie und Soziologie in Kurzcharakteristiken in Form von übersichtlichen blue sheets, die man sich auch bei den anderen Datenbanken als Zusammenfassungen wünschen würde. Die Darstellung der Referenzdatenbanken wird abgeschlossen mit sehr gelungenen Ausführungen zu Zitationsindizes und ihren Prinzi-pien, wobei neben dem „Web of Science“ (S. 78) auch das Konkurrenzprodukt „Scopus“ (S. 79) vorgestellt wird.

Nun folgen Abschnitte zu Volltextdatenbanken (z. B. zur Elektronischen Zeitschriften-bibliothek, Education Research Complete, JSTOR, DigiZeitschriften, Periodicals Archive Online) und Zeitungsarchiven (S. 80–84). Informativ sind auch die Aussagen zu Fakten-datenbanken, insbesondere zu den amtlichen Statistik-Portalen und Bildungsstatistiken (S. 84–87). Es folgen ausführliche Erläuterungen zu wissenschaftlichen Suchmaschinen (Google Scholar und BASE) und deren richtiger Anwendung, bevor Fachportale wie der „Bildungsserver“ und das „Fachportal Pädagogik“ vorgestellt werden. Für meinen Geschmack etwas zu kurz – trotz der Abb. 21 – wird der „Themenkatalog Erziehungs-wissenschaft“ (S. 95 f.) behandelt, der doch sehr wichtige, redaktionell gesichtete Ange-bote für das Fach bereithält. Unter der Überschrift „Auf dem Laufenden bleiben“ (S. 97) wird hilfreich auf Rezensionen, Zeitschrifteninhaltsverzeichnisdienste wie JournalTocs, auf soziale Netzwerke in der Wissenschaft, auf Mailinglisten und Weblogs sowie Neu-erscheinungsdienste bzw. Neuerwerbungslisten als Informationsangebote verwiesen.

Wie oben schon angedeutet, scheint mir der letzte Abschnitt „Informationen weiterver-arbeiten“ mit seinen Kapiteln „Treffer bewerten und verwalten“ (6 Seiten) sowie „Lite-ratur beschaffen“ (3 Seiten) für Hofmanns Anspruch (s. o.) unterbelichtet. So sind die Aussagen zur Qualitätsbeurteilung von Monographien auf Autor, Verlag, Schriftenreihe und Rezensionen beschränkt, ohne einschränkende Bemerkungen zu Gefälligkeitsrezen-sionen oder im Hinblick darauf, Treffer auf deren Aktualität oder Passung zur eigenen Fragestellung zu prüfen. In den Absätzen zur Bewertung von Zeitschriftenaufsätzen wird zusätzlich auf die Reputation der Fachzeitschrift in Form von Qualitätssicherungsver-

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fahren (Peer-Review) und Journal Impact Faktor rekurriert. Bevor die Bewertung von Internetdokumenten in den Fokus gerät, wird halbseitig auf die Datenbank DEPOT und die darin eingebrachte Expertise der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft und der fachdidaktischen Gesellschaften im Hinblick auf die Qualität von pädagogischen Fachzeitschriften hingewiesen.

In allgemeiner Form werden sodann Möglichkeiten der Literaturverwaltung erörtert, wobei die Kostenfrage, Funktionalitäten sowie die Frage, ob die Daten auf der eigenen Festplatte, einem USB-Stick oder webbasiert in einer Cloud gespeichert werden sollten, behandelt werden. Gefehlt hat mir auf S. 106 ein Hinweis, dass die aus Datenbanken und Katalogen eingelesenen Daten tunlichst später an der Originalliteratur überprüft werden sollten, denn leider sind die genannten Ressourcen alles andere als fehlerfrei. Kapitel 6 widmet sich der Literaturbeschaffung über Fernleihe, Dokumentlieferdienste wie z. B. „Subito“ und „eBooks on demand“. Abgeschlossen wird das Buch mit Hinweisen auf ein Glossar zur Informationskompetenz, einem dreiseitigen Internet-Ressourcenverzeichnis, sechs Literaturangaben sowie einem nützlichen Sachregister.

Grundsätzlich ist erst einmal zu begrüßen, dass es – nach langer Pause – wieder ein Buch für Studierende (und Nachwuchswissenschaftler_innen) der Erziehungswissen-schaft zur Informationsrecherche und pädagogischen Informationsressourcen gibt. Es enthält in knapper Darstellung didaktisch klar strukturiert wichtige Hinweise zur Recher-chetechnik sowie zu Datenbanken und Internetangeboten. Wer sein Wissen im Hinblick auf potenzielle (erziehungs-)wissenschaftliche Informationsquellen, beispielsweise für eine Promotion, vertiefen will, sei auf Lauber-Reymann (2010) und Weilenmann (2012) hingewiesen – Werke, die für Informationsspezialisten konzipiert sind.

Literatur

Franke, F., Klein, A., & Schüller-Zwierlein, A. (2010). Schlüsselkompetenzen: Literatur recher-chieren in Bibliotheken und Internet. Stuttgart: Metzler.

Lauber-Reymann, M. (2010). Informationsressourcen. Ein Handbuch für Bibliothekare und Infor-mationsspezialisten. Berlin: de Gruyter.

Niedermair, K. (2010). Recherchieren und Dokumentieren. Konstanz: UVK Verlagsgesellschaft.Weilenmann, A.-K. (2012). Fachspezifische Internetrecherche. Für Bibliothekare, Informations-

spezialisten und Wissenschaftler (2., vollst. überarb. Aufl.). Berlin: de Gruyter Saur.