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EUREK Europäisches Raumentwicklungskonzept Auf dem Wege zu einer räumlich ausgewogenen und nachhaltigen Entwicklung der Europäischen Union Angenommen beim Informellen Rat der für Raumordnung zuständigen Minister in Potsdam, Mai 1999 Herausgegeben von der Europäischen Kommission

EUREK Europäisches Raumentwicklungskonzept · 2018. 10. 4. · EUREK Europäisches Raumentwicklungskonzept Auf dem Wege zu einer räumlich ausgewogenen und nachhaltigen Entwicklung

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  • EUREKEuropäisches

    Raumentwicklungskonzept

    Auf dem Wege zu einer räumlich ausgewogenen undnachhaltigen Entwicklung der Europäischen Union

    Angenommen beim Informellen Rat der fürRaumordnung zuständigen Minister in Potsdam, Mai 1999

    Herausgegeben von der Europäischen Kommission

  • Vorgelegt vom Ausschuß für Raumentwicklung

    Zahlreiche weitere Informationen zur Europäischen Union sind über Internet verfügbar: Server Europa(http://europa.eu.int) und Website Inforegio (http://inforegio.cec.eu.int).

    Bibliographische Daten befinden sich am Ende der Veröffentlichung.

    Luxemburg: Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften, 1999

    ISBN 92-828-7656-X

    © Europäische Gemeinschaften, 1999Nachdruck mit Quellenangabe gestattet.

    Printed in Italy

    GEDRUCKT AUF CHLORFREI GEBLEICHTEM PAPIER

  • (1) Die für die Raumordnung zuständigen Ministerinnenund Minister der Mitgliedstaaten der Europäischen Unionsowie das für die Regionalpolitik zuständige Mitglied derEuropäischen Kommission stellten in Potsdam den Ab-schluß der politischen Debatte über das Europäische Raum-entwicklungskonzept (EUREK) als wichtigen Schritt imeuropäischen Integrationsprozeß heraus.

    (2) Mit dem EUREK verständigten sich Mitgliedstaatenund Kommission auf gemeinsame räumliche Ziele bzw.Leitbilder für die zukünftige Entwicklung des Territoriumsder Europäischen Union.

    (3) Das Anliegen der Raumentwicklungspolitiken ist es, aufeine ausgewogene und nachhaltige Entwicklung des Terri-toriums der Union hinzuwirken. Nach Auffassung der Mi-nisterinnen und Minister ist sicherzustellen, daß die dreigrundlegenden Ziele europäischer Politik gleichermaßenerreicht werden:I wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt,I Erhaltung und Management der natürlichen Lebens-

    grundlagen und des kulturellen Erbes,I ausgeglichenere Wettbewerbsfähigkeit des europäischen

    Raumes.

    Das EUREK ist ein geeigneter Orientierungsrahmen für dieFachpolitiken der Gemeinschaft und der Mitgliedstaatenmit räumlichen Wirkungen sowie für regionale und lokaleGebietskörperschaften zur Erreichung einer ausgewogenenund nachhaltigen Entwicklung des europäischen Territori-ums.

    (4) Im Interesse einer engeren europäischen Integrationsehen die Ministerinnen und Minister die Zusammenarbeitbei der räumlichen Entwicklung zwischen den Mitglied-staaten untereinander sowie zwischen ihren Regionen undlokalen Gebietskörperschaften als notwendig an. Regiona-le und lokale Gebietskörperschaften müssen künftig übernationale Grenzen hinweg zusammenarbeiten. Das EUREKist das geeignete Referenzdokument für die Unterstützungdieser Zusammenarbeit unter Wahrung des Subsidiaritäts-prinzips.

    (5) Alle Beteiligten waren sich einig, daß das EUREK kei-ne neuen Kompetenzen auf der Ebene der Gemeinschaftbegründet. Es dient den Mitgliedstaaten, deren Regionenund lokalen Gebietskörperschaften und der EuropäischenKommission im jeweiligen eigenem Zuständigkeitsbereichals politischer Orientierungsrahmen.

    EUREK Europäisches RaumentwicklungskonzeptAuf dem Wege zu einer räumlich ausgewogenenund nachhaltigen Entwicklung der EU

    Auszug aus den Schlußfolgerungen der deutschen Ratspräsidentschaft

    beim Informellen Rat der für die Raumordnung zuständigen Ministerinnen

    und Minister der Europäischen Union

    Potsdam, 10./11. Mai 1999

  • 1

    Teil A

    Für eine ausgewogene und nachhaltige Entwicklung des Territoriums der EU:der Beitrag der Raumentwicklungspolitik ………………………………………………………………… 5

    1 Der räumliche Ansatz auf europäischer Ebene …………………………………………………………… 71.1 Das „Territorium”: eine neue Dimension der europäischen Politik…………………………………………… 71.2 Räumliche Entwicklungsunterschiede………………………………………………………………………… 81.3 Die grundlegenden Ziele des EUREK ……………………………………………………………………… 101.4 Der Status des EUREK ……………………………………………………………………………………… 111.5 Das EUREK als Prozeß ……………………………………………………………………………………… 12

    2 Einfluß der Politiken der Gemeinschaft auf das Territorium der EU……………………………………… 132.1 Wachsende Bedeutung der raumwirksamen EU-Politiken ………………………………………………… 132.2 EU-Politiken mit räumlichen Auswirkungen ……………………………………………………………… 142.2.1 Wettbewerbspolitik der Gemeinschaft ……………………………………………………………………… 142.2.2 Transeuropäische Netze (TEN) ……………………………………………………………………………… 142.2.3 Strukturfonds ………………………………………………………………………………………………… 162.2.4 Gemeinschaftliche Agrarpolitik (GAP)……………………………………………………………………… 172.2.5 Umweltpolitik ……………………………………………………………………………………………… 172.2.6 Forschung, Technologie und Entwicklung (FTE) …………………………………………………………… 182.2.7 Darlehenstätigkeit der Europäischen Investitionsbank ……………………………………………………… 192.3 Für eine verbesserte räumliche Kohärenz der EU-Politiken ………………………………………………… 19

    3 Politische Ziele und Optionen für das Territorium der EU………………………………………………… 203.1 Räumliche Orientierung von Politiken ……………………………………………………………………… 203.2 Polyzentrische Raumentwicklung und eine neue Beziehung zwischen Stadt und Land …………………… 213.2.1 Polyzentrische und ausgewogene Raumentwicklung in der EU …………………………………………… 213.2.2 Dynamische, attraktive und wettbewerbsfähige Städte und Verdichtungsregionen ………………………… 233.2.3 Eigenständige, vielfältige und leistungsfähige ländliche Räume …………………………………………… 243.2.4 Partnerschaft zwischen Stadt und Land……………………………………………………………………… 263.3 Gleichwertiger Zugang zu Infrastruktur und Wissen………………………………………………………… 273.3.1 Ein integrierter Ansatz zur verbesserten Verkehrsanbindung und des Zugangs zu Wissen ………………… 273.3.2 Die polyzentrische Entwicklung: ein Leitbild besserer Erreichbarkeit ……………………………………… 283.3.3 Effiziente und nachhaltige Nutzung der Infrastruktur ……………………………………………………… 303.3.4 Verbreitung von Innovation und Wissen …………………………………………………………………… 313.4 Umsichtiger Umgang mit der Natur und dem Kulturerbe …………………………………………………… 323.4.1 Natur und Kulturerbe als Entwicklungsgut ………………………………………………………………… 323.4.2 Erhalt und Entwicklung der Natur…………………………………………………………………………… 333.4.3 Wasserressourcenmanagement: eine spezielle Herausforderung für die räumliche Entwicklung…………… 343.4.4 Kreativer Umgang mit Kulturlandschaften ………………………………………………………………… 353.4.5 Kreativer Umgang mit dem Kulturerbe……………………………………………………………………… 36

    Inhaltsverzeichnis

    Inhaltsverzeichnis

  • 4 Die Anwendung des EUREK ……………………………………………………………………………… 384.1 Auf dem Wege zu einer integrierten Raumentwicklung …………………………………………………… 384.2 Die Anwendung des EUREK auf Gemeinschaftsebene …………………………………………………… 404.3 Die transnationale Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten …………………………………………………… 434.4 Die grenzübergreifende und interregionale Zusammenarbeit ……………………………………………… 464.5 Die Anwendung des EUREK in den Mitgliedstaaten ……………………………………………………… 484.6 Die Bedeutung des EUREK für die gesamteuropäische und internationale Zusammenarbeit ……………… 48

    5 Die Erweiterung der EU: eine zusätzliche Herausforderung für die europäische Raumentwicklungspolitik … 495.1 Ein neuer Referenzraum für das EUREK …………………………………………………………………… 495.2 Wichtige Merkmale der räumlichen Entwicklung in den Beitrittsstaaten …………………………………… 505.2.1 Bevölkerung ………………………………………………………………………………………………… 505.2.2 Wirtschaft …………………………………………………………………………………………………… 515.2.3 Verkehr ……………………………………………………………………………………………………… 515.2.4 Umwelt ……………………………………………………………………………………………………… 515.2.5 Schlußfolgerung …………………………………………………………………………………………… 52 5.3 Spezifische Aufgaben für die europäische Raumentwicklungspolitik in den künftigen Mitgliedstaaten ……525.4 Räumliche Auswirkungen der Erweiterung auf die Regionen der EU ……………………………………… 535.5 Die politischen Ziele und Optionen des EUREK im Lichte der Erweiterung ……………………………… 545.6 Grundsätze zur Einbeziehung der Erweiterungsaufgabe in die europäische Raumentwicklung …………… 54

    Teil B

    Das Territorium der EU: Tendenzen, Perspektiven und Herausforderungen………………… 57

    1 Bedingungen und Trends der Raumentwicklung der EU…………………………………………………… 591.1 Geographische Merkmale der EU …………………………………………………………………………… 591.2 Bevölkerungsentwicklung …………………………………………………………………………………… 611.3 Wirtschaftliche Tendenzen ………………………………………………………………………………… 631.4 Umweltrelevante Entwicklungen …………………………………………………………………………… 66

    2 Themen der Raumentwicklung von europäischer Bedeutung ……………………………………………… 692.1 Veränderungstendenzen im europäischen Städtesystem …………………………………………………… 692.1.1 Das Entstehen urbaner Netze………………………………………………………………………………… 692.1.2 Veränderung urbaner wirtschaftlicher Möglichkeiten ……………………………………………………… 692.1.3 Fortschreitende Ausuferung der Städte ……………………………………………………………………… 702.1.4 Zunehmende soziale Segregation in Städten ………………………………………………………………… 702.1.5 Verbesserungen der städtischen Lebensqualität …………………………………………………………… 712.2 Die sich ändernde Rolle und Funktion der ländlichen Räume ……………………………………………… 712.2.1 Steigende Interdependezen von städtischen und ländlichen Räumen ……………………………………… 712.2.2 Unterschiedliche Entwicklungslinien in ländlichen Räumen ……………………………………………… 712.2.3 Veränderungen in Land- und Forstwirtschaft – Konsequenzen für Wirtschaft und Flächennutzung ……… 72

    2

  • 3

    2.3 Verkehr und Vernetzung …………………………………………………………………………………… 732.3.1 Grenz- und Integrationsprobleme der Netze ………………………………………………………………… 732.3.2 Wachsende Transportströme und Überlastungserscheinungen ……………………………………………… 742.3.3 Erreichbarkeitsdefizite in der EU …………………………………………………………………………… 742.3.4 Konzentration und Entwicklungskorridore ………………………………………………………………… 752.3.5 Ungleichgewichte in der Verbreitung von Innovation und Wissen ………………………………………… 762.4 Natur und Kulturerbe………………………………………………………………………………………… 772.4.1 Verlust von biologischer Vielfalt und natürlichen Gebieten ………………………………………………… 772.4.2 Gefährdung der Wasserressourcen ………………………………………………………………………… 782.4.3 Wachsende Bedrohung der Kulturlandschaften……………………………………………………………… 802.4.4 Wachsende Bedrohung des kulturellen Erbes ……………………………………………………………… 80

    3 Ausgewählte Programme und Leitbilder für eine integrierte Raumentwicklung …………………………813.1 Raumwirksame EU-Förderprogramme ……………………………………………………………………… 813.2 INTERREG II C-Programme ……………………………………………………………………………… 823.3 Pilotaktionen zur transnationalen Raumentwicklung unter Artikel 10 EFRE ……………………………… 833.4 Räumliche Leitbilder………………………………………………………………………………………… 84

    4 Basisdaten für die Beitrittsstaaten und Mitgliedstaaten…………………………………………………… 85

  • 5

    EUREK

    Teil A Für eine ausgewogene und nachhaltige Entwicklung des Territoriums der EU: der Beitrag der Raumentwicklungspolitik

  • 7

    EUREK

    1.1 Das „Territorium”: eine neue Dimen-sion der europäischen Politik

    (1) Das charakteristische Merkmal des Territoriums der Eu-ropäischen Union (EU) ist seine auf engem Raum konzen-trierte kulturelle Vielfalt. Hierdurch unterscheidet es sichvon anderen großen Wirtschaftsräumen der Welt, wie USA,Japan und MERCOSUR1. Diese Vielfalt – potentiell einerder wichtigsten Entwicklungsfaktoren der EU – muß imZuge der europäischen Integration gewahrt bleiben. Des-halb dürfen die Politiken mit Einfluß auf die Raum- undSiedlungsstruktur in der EU die lokalen und regionalenIdentitäten, die zur Bereicherung der Lebensqualität allerBürgerinnen und Bürger beitragen, nicht vereinheitlichen.

    (2) Seit Inkrafttreten der Wirtschafts- und Währungsunion(WWU) ist die europäische Integration erheblich fortge-schritten2. Mit der wachsenden wirtschaftlichen und sozia-len Integration verlieren die Binnengrenzen zunehmendihren trennenden Charakter, und es entstehen intensivereBeziehungen und Verflechtungen zwischen den Städtenund den Regionen der Mitgliedstaaten. Das bedeutet u. a.,daß regionale, nationale oder gemeinschaftliche Vorhabenin einem Staat über dessen Hoheitsgebiet hinaus erheblicheAuswirkungen auf die Raum- und Siedlungsstruktur ande-rer Mitgliedstaaten haben können. Bei der Durchführunggemeinschaftlicher Politiken müssen künftig die räumli-chen Wirkungen frühzeitig berücksichtigt werden, da bei-spielsweise regionale Produktivitätsunterschiede in Zu-kunft nicht mehr durch nationale Wechselkursanpassungenausgeglichen werden können. Das trägt zur Vermeidunggrößerer regionaler Disparitäten bei.

    (3) Entwicklungsvorhaben verschiedener Mitgliedstaatenergänzen sich am besten dann, wenn sie sich an gemeinsamfestgelegten Zielen zur räumlichen Entwicklung orientie-ren. Die nationalen Raumentwicklungspolitiken der Mit-gliedstaaten und die Fachpolitiken der EU bedürfen daherklarer, räumlich übergreifender Leitbilder. Diese werdenmit dem Europäischen Raumentwicklungskonzept(EUREK) von den Mitgliedstaaten in Zusammenarbeit mitder Europäischen Kommission vorgelegt.

    (4) Der Wettbewerb im europäischen Binnenmarkt, eine derwesentlichen Triebkräfte für den räumlichen Ent-wicklungsprozeß in der EU, wird durch die WWU noch ver-stärkt. Auch wenn die Regionen, Städte und Gemeinden be-reits begonnen haben, in verschiedenen Bereichen zusam-

    menzuarbeiten, so stehen sie miteinander in Konkurrenz umwirtschaftliche Aktivitäten, Arbeitsplätze und Infrastruktur.Gegenwärtig haben jedoch nicht alle europäischen Teilräu-me die gleichen Ausgangsbedingungen. Die Stärkung deswirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts der EU wirddadurch erschwert. Es ist deshalb wichtig, schrittweise einräumliches Gleichgewicht mit dem Ziel einer geographischausgewogeneren Verteilung des Wachstums auf dem Terri-torium der EU (Kohäsionsziel) anzustreben.

    (5) Angesichts gravierender Arbeitsmarktprobleme in derüberwiegenden Zahl der Regionen der EU muß räumlicheEntwicklungspolitik die Anstrengungen zur Schaffung neuer,zukunftsfähiger Arbeitsplätze für die Bürgerinnen und Bürgerunterstützen. Nur bei relativ ausgeglichenen regionalen Ar-beitsmärkten können sie ihr Leben selbst und eigenverant-wortlich gestalten und die Vorteile der europäischen Integra-tion in ihrer jeweiligen Heimatregion positiv erfahren.

    (6) Die langfristigen räumlichen Entwicklungstendenzenin der EU werden vor allem durch drei Faktoren beeinflußt:

    I die fortschreitende wirtschaftliche Integration und diedamit verbundene verstärkte Kooperation zwischen denMitgliedstaaten,

    I die wachsende Bedeutung der lokalen und regionalenGebietskörperschaften und ihre Rolle bei der Raument-wicklung und

    I die zu erwartende Erweiterung der EU und die Ent-wicklung der Beziehungen zu ihren Nachbarn.

    Diese drei Entwicklungsfaktoren müssen vor dem Hinter-grund weltweiter wirtschaftlicher und technologischer Ent-wicklungen sowie der allgemeinen demographischen, sozia-len und ökologischen Trends gesehen werden. Richtig ge-nutzt, stellen sie wichtige Rahmenbedingungen für ein stär-keres Zusammenwachsen des europäischen Raumes dar.

    (7) Räumliche Entwicklungsprobleme in der EU könnenkünftig nur durch das Zusammenwirken unterschiedlicherRegierungs- und Verwaltungsebenen gelöst werden, da sichim Zuge der europäischen Integration auf allen Ebenen en-gere Beziehungen entwickeln: zwischen den Regionen un-tereinander sowie zwischen Regionen und nationalen undeuropäischen Organen. Die Abhängigkeit der Städte undRegionen von weltweiten Trends und von Entscheidungenauf Gemeinschaftsebene steigt. Außerdem können die po-sitiven Effekte der europäischen Integration durch eine ak-

    1 Der räumliche Ansatz auf europäischer Ebene

  • 8

    Der räumliche Ansatz auf europäischer Ebene

    Karte 1: Bruttoinlandsprodukt

    75 bis unter 100

    100 bis unter 125

    125 und mehr

    Quelle: Eurostat

    bis unter 75

    BIP in Kaufkraftstandards (KKS)je Einwohner 1995Index: EUR 15 = 100

    NUTS 2

    Açores (P)

    Madeira (P)

    Canarias (E)

    Guyane (F)

    Guadeloupe (F)

    Martinique (F)

    La Réunion (F)

    tive Beteiligung der Städte und Regionen an der räumli-chen Entwicklung besser zum Tragen kommen.

    (8) Das EUREK bietet die Möglichkeit, den Blick über dierein fachpolitischen Maßnahmen hinaus auf die Gesamtsi-tuation des europäischen Territoriums zu richten und dabeiauch die Entwicklungschancen, die sich für die einzelnenRegionen ergeben, zu berücksichtigen. Neue Formen dermit dem EUREK vorgeschlagenen Zusammenarbeit sollendazu beitragen, daß bislang unabhängig voneinander agie-rende Fachpolitiken in Zukunft zusammenarbeiten, wennsie dasselbe Territorium betreffen. Darüber hinaus bedarfdie Gemeinschaft nicht nur der aktiven Mithilfe der natio-nalen Fachpolitiken, sondern gerade auch der Städte und

    Regionen, um die Ziele der EU bürgernah verwirklichen zukönnen. Auf diese Weise wird das im Vertrag über die EUverankerte Subsidiaritätsprinzip mit Leben erfüllt.

    1.2 Räumliche Entwicklungsunterschiede

    (9) Mit mehr als 370 Mio. Einwohnern auf einer Fläche von3,2 Mio. km2 und einem jährlichen Bruttoinlandsprodukt(BIP) von 6,8 Bill. ECU gehört die EU zu den größten undwirtschaftsstärksten Regionen der Welt.3

    (10) Die EU weist jedoch gravierende wirtschaftliche Un-gleichgewichte auf, die die Verwirklichung des angestrebtenLeitbildes einer regional ausgewogenen und nachhaltigenRaumentwicklung erschweren. Die räumlich unterschiedli-

  • 9

    EUREK

    che Verteilung des Wirtschaftspotentials läßt sich wie folgtbeschreiben (vgl. Karte 1). In dem durch die europäischenMetropolen London, Paris, Mailand, München und Hamburgabgegrenzten Raum im Zentrum der EU erwirtschaften auf20% der Fläche 40% der Bevölkerung 50% des Bruttoin-landsproduktes der EU4. Am südlichen Rand der EUdagegen – von Portugal über Südspanien und Süditalien bishin nach Griechenland – sowie in den neuen LändernDeutschlands erreicht das BIP pro Kopf nur etwa 50% bis65% des EU-Durchschnitts. Nicht viel besser stehen inwirtschaftlicher Hinsicht einige Regionen an der nördlichenPeripherie der EU – zum Beispiel in Nordfinnland und imNorden des Vereinigten Königreiches – da; die Überseege-biete erreichen zum großen Teil sogar nur BIP-Werte proKopf von weniger als 50% des EU-Durchschnitts5. Hier mußdas EUREK seinen Beitrag dazu leisten, daß mittelfristig eineräumlich ausgewogenere Entwicklung erreicht wird.

    (11) In den zehn Jahren zwischen 1986 und 1996 haben die25 Regionen6 der EU mit der geringsten Wirtschaftskraftihren relativen Rückstand nur teilweise aufholen können: ihrBIP pro Kopf-Niveau stieg von 52% des EU-Durchschnittsim Jahr 1986 auf 59% im Jahr 1996. Im Jahr 1986 war dasBIP pro Kopf der 25 reichsten Regionen 2,7mal so groß wiedas der 25 ärmsten Regionen; zehn Jahre später betrug das

    BIP pro Kopf-Gefälle nur noch das 2,4 fache. Trotz dieserlangsamen Angleichung sind die Disparitäten in der EU wei-terhin hoch. Nach Berechnungen der Europäischen Kommis-sion (GD XVI) sind im Jahr 1996 die Disparitäten zwischenden Bundesstaaten der USA weniger als halb so groß wie diezwischen vergleichbaren Regionseinheiten in der EU7.

    (12) Während also die Unterschiede in der Wirtschaftskraftzwischen „reichen“ und „armen“ Regionen leicht rückläu-fig sind, wachsen die regionalen Disparitäten innerhalbmehrerer Mitgliedstaaten. Dies liegt zum einen daran, daßin den vier Kohäsionsländern (Griechenland, Spanien, Por-tugal und Irland) häufig die relativ wirtschaftsstarken städ-tischen Zentren höhere Wachstumsraten haben als die är-meren, zumeist ländlich geprägten Regionen des jeweiligenMitgliedstaates; zum anderen gibt es aber auch innerhalbder „reicheren“ Mitgliedstaaten Disparitäten zwischen ehe-mals wohlhabenden Regionen, deren Industrie im Nieder-gang ist und die deshalb eine relativ schwache wirtschaft-liche Dynamik aufweisen, und solchen Regionen, derenwirtschaftliches Wachstum ungebrochen ist (vgl. Abb. 1).

    (13) Das EUREK geht davon aus, daß Wachstum an sich bzw.die Angleichung wirtschaftlicher Kennziffern allein nicht aus-reicht, um eine ausgewogene und nachhaltige Wirtschafts-

    0

    50

    100

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    200

    250

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    150

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    250

    UKSFIPATNLLIIRLFEGRDDKB

    RegionBruxelles-capitale

    Hainaut

    Hamburg

    Dessau

    Attiki

    Ipeiros

    Comunidadde Madrid

    Ile-de-France

    Emilia-Romagna

    Calabria

    Groningen

    Flevo-land

    Wien

    Burgen-land

    Lisboae Valedo Tejo

    Açores

    Uusimaa(suuralue)

    Itä-Suomi

    Stockholm

    ÖstraMellan-sverige

    innerLondon

    Cornwalland Islesof ScillyExtre-

    madura

    Languedoc-Roussillon

    Abb. 1: Regionale Unterschiede im Pro-Kopf-BIP (KKS) in den Mitgliedstaaten 1996

    über Landesdurchschnitt unter dem Landesdurchschnitt

    Die genannten Regionen (NUTS 2) sind die Regionen mit dem geringsten bzw. dem höchsten Pro-Kopf-BIP in jedem Land.

    EUR 15-Durchschnitt

    Quelle: Eurostat

    EUR 15 = 100

  • und Raumstruktur in derEU zu entwickeln. Wirt-schaftliches Wachstummuß für die Bevölke-rung durch eine Zunah-me der Arbeitsplätze„sichtbar” werden. Eineder größten Herausfor-derungen in der EU istdie Bekämpfung der ho-hen Arbeitslosigkeit.Nach einem Höchst-stand von 18,5 Mio. Ar-beitslosen im Jahr 1994ist die Zahl der Arbeits-losen zwar bis Ende1998 auf 16,5 Mio. ge-sunken. Das entsprichtaber immer noch knappzehn Prozent der arbeits-

    fähigen Bevölkerung. Arbeitslosigkeit bedeutet nicht nur ei-nen tiefen Einschnitt in die persönliche Lebensplanung, son-dern auch eine Entwertung von Qualifikationen und einenVerlust an Produktions- und Wertschöpfungspotentialen fürdie gesamte EU. 50% der Arbeitslosen gelten als Langzeitar-beitslose mit mehr als einem Jahr ohne Erwerbsarbeit. Die Ju-gendarbeitslosigkeit in der EU beträgt über 20% und weistsehr große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten auf(vgl. Abb. 2).

    (14) Die zunehmende wirtschaftliche Integration in der EUund der wachsendeBinnenhandel zwi-schen den EU-Mit-gliedstaaten führen zueinem stetigen Anstiegdes Personen- und Gü-terverkehrs. Insbeson-dere der europäischeGüterverkehr auf derStraße hat deutlich zu-genommen und zu re-gionalen Überlastun-gen der Siedlungs- undVerkehrsinfrastrukturgeführt (vgl. Abb. 3).

    (15) ZunehmendesVerkehrsaufkommenund ineffizient organi-sierte Siedlungsstruk-

    turen tragen dazubei, daß die EU – ge-meinsam mit den an-deren großen Indu-strieländern bzw. -re-gionen – für einengroßen Teil der welt-weiten CO2-Emis-sionen verantwort-lich ist (vgl. Abb. 4).Für die Raument-wicklungspolitik be-deutet es eine großeHerausforderung, einen Beitrag zu den in internationalenUmwelt- und Klimakonferenzen von der EU zugesagtenZielen der Reduzierung der Schadstoffeinträge in das glo-bale Ökosystem zu leisten.

    (16) Durch wirtschaftliche und gesellschaftliche Moderni-sierungsprozesse ist das natürliche und kulturelle Erbe inder EU gefährdet. Die europäischen Kulturlandschaften,die europäischen Städte und Gemeinden sowie eine Viel-zahl von Natur- und Baudenkmälern sind Bestandteile die-ses historischen Erbes. Seine Weiterentwicklung ist eineherausragende Aufgabe für moderne Architektur, Stadtge-staltung und Landschaftsplanung in allen Regionen der EU.

    1.3 Die grundlegenden Ziele des EUREK

    (17) Angesichts der bestehenden regionalen Entwicklungs-unterschiede und der teilweise noch gegenläufigen räumli-chen Wirkungen der Gemeinschaftspolitiken sollten sichalle für die Raumentwicklung Verantwortlichen an räumli-chen Leitbildern orientieren. Das Europäische Raumwick-lungskonzept ist auf das Ziel der Union ausgerichtet, eineausgewogene und nachhaltige Entwicklung, insbesondereauch durch die Stärkung des wirtschaftlichen und sozialenZusammenhalts, herbeizuführen8. Nach der Definition desBrundtland-Berichtes der Vereinten Nationen9 umfaßtnachhaltige Entwicklung nicht nur eine umweltschonendeWirtschaftsentwicklung, die die heutigen Ressourcen fürkommende Generationen bewahrt, sondern gleichfalls eineausgewogene Raumentwicklung. Das bedeutet insbeson-dere, die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an denRaum mit seinen ökologischen und kulturellen Funktionenin Einklang zu bringen und somit zu einer dauerhaften,großräumig ausgewogenen Raumentwicklung beizutragen.Die EU wird sich somit schrittweise von einer Wirtschafts-union zu einer Umweltunion und künftig zu einer Sozial-union, unter Wahrung der regionalen Vielfalt, entwickeln(vgl. Abb. 5).

    10

    Der räumliche Ansatz auf europäischer Ebene

    0 5 10 15 20 25 30 35 40

    Rate der Arbeitslosen unter 25 Jahre 1997 in %

    EUR 15UK

    SFIN

    PA

    NLLI

    IRLFE

    ELD

    DKB

    Quelle: Eurostat

    Abb. 2: Jugendarbeits-losigkeit

    1200

    1000

    800

    600

    400

    200

    01970 1975 1980 1985 1990 1995

    StraßeEisenbahnBinnenwasserstraßenPipelines

    Entwicklung 1970-1996Milliarden tkm

    Abb. 3: Gütertransport

    Quelle: Europäische Kommission GD VII

    andere

    MERCOSURJapan

    EU

    USA

    Abb. 4: CO2-Emissionen*

    Quelle: Weltbank* Industrie

    1996

  • 11

    EUREK

    (18) In Anlehnung an das Zieldreieck beinhaltet dies dieVerknüpfung der drei grundlegenden Ziele europäischerPolitik:

    I wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt,I Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und des

    kulturellen Erbes sowieI ausgeglichenere Wettbewerbsfähigkeit des europäi-

    schen Raumes.

    Für eine räumlich ausgewogenere Entwicklung müssendiese Ziele in allen Regionen der EU gleichzeitig verfolgtund ihre Wechselwirkungen berücksichtigt werden.

    (19) Der Beitrag der Raumentwicklungspolitiken bestehtdarin, die nachhaltige Entwicklung der EU durch eine aus-gewogene Raum- und Siedlungsstruktur zu fördern. Be-reits 1994 verständigten sich die für die Raumordnung zu-ständigen Minister auf drei raumentwicklungspolitische.Leitbilder für die räumliche und siedlungsstrukturelle Ent-wicklung der EU10:

    I die Entwicklung eines ausgewogenen und polyzentri-schen Städtesystems und eine neue Beziehung zwischenStadt und Land,

    I die Sicherung eines gleichwertigen Zugangs zu Infra-struktur und Wissen sowie

    I die nachhaltige Entwicklung, intelligentes Managementund Schutz von Natur und Kulturerbe.

    Die Ziele des EUREK sollen gemeinsam von den europäi-schen Institutionen sowie den nationalen, regionalen undlokalen Regierungs- und Verwaltungsebenen angestrebtwerden.

    (20) Die Stärkung von strukturell schwächeren Gebieten der EU sowie die Anpassung der Lebens- und Arbeitsbe-dingungen über Staatsgrenzen hinweg zwischen Gebietenmit unterschiedlichem Entwicklungsniveau stellen einegroße Herausforderung dar. Hierzu müssen Entwicklungs-,Ausgleichs- und Erhaltungsziele in Einklang gebracht wer-den. Eine einseitig auf Ausgleich ausgerichtete Politik wür-de zur Schwächung wirtschaftlich stärkerer Regionenführen, gleichzeitig aber auch die Abhängigkeit rückständi-gerer Regionen verstärken. Entwicklung allein würde dieZunahme der regionalen Unterschiede begünstigen. EineÜberbetonung des Schutzes bzw. der Bewahrung räumli-cher Strukturen wiederum birgt das Risiko einer Stagnationin sich, weil Modernisierungstendenzen gebremst werdenkönnten. Nur durch die Verknüpfung von Entwicklungs-,Ausgleichs- und Erhaltungszielen sowie ihrer Gewichtungentsprechend der jeweiligen räumlichen Situation wird eine ausgewogene und nachhaltige Entwicklung der EUmöglich sein.

    (21) Das EUREK vermittelt eine Vision vom künftigenRaum der EU. Mit seinen Ziel- und Leitvorstellungen stelltes einen allgemeinen Bezugsrahmen für raumbedeutsameMaßnahmen öffentlicher und privater Entscheidungsträgerdar. Darüber hinaus soll es ein positives Signal für einebreite öffentliche Beteiligung an der politischen Debatteüber die Entscheidungsfindungen auf europäischer Ebeneund deren Auswirkungen auf Städte und Regionen in derEU aussenden.

    1.4 Der Status des EUREK

    (22) Mit dem EUREK haben die Mitgliedstaaten in Zu-sammenarbeit mit der Europäischen Kommission ihrenWillen zum Ausdruck gebracht, daß sie im Zuge der eu-ropäischen Integration die Vielfalt erhalten sowie eine re-gional ausgewogenere und nachhaltige Entwicklung in derEU erreichen wollen. Diese Position wird vom Europäi-schen Parlament, dem Ausschuß der Regionen sowie demWirtschafts- und Sozialausschuß unterstützt. Das EUREK,als rechtlich nicht bindendes Dokument, ist ein politischerRahmen für eine bessere Zusammenarbeit zwischen dengemeinschaftlichen Fachpolitiken mit hoher Raumwirk-samkeit untereinander sowie mit den Mitgliedstaaten, ihrenRegionen und Städten. Es steht damit mit den 1994 verein-barten politischen Grundsätzen im Einklang.

    nachhaltige

    UmweltWirtschaft

    Gesellschaft

    Abb. 5: Zieldreick ausgewogener und nachhaltigerRaumentwicklung

    EUREKRaumentwic

    klu

    ng

  • 12

    Der räumliche Ansatz auf europäischer Ebene

    I Die Raumordnung kann in entscheidender Weise zurErreichung des Ziels des wirtschaftlichen und sozialenZusammenhalts beitragen.

    I Die bestehenden Befugnisse der für die Gemeinschafts-politiken zuständigen Institutionen bleiben unverändert.Das Europäische Raumentwicklungskonzept kann zurDurchführung von Gemeinschaftspolitiken beitragen,die räumliche Wirkungen haben, ohne aber die zustän-digen Institutionen bei der Ausübung ihrer Befugnissezu beeinträchtigen.

    I Das Hauptziel ist die Erreichung einer nachhaltigen undausgewogenen Entwicklung.

    I Es wird unter Berücksichtigung der bestehenden Insti-tutionen ausgearbeitet und ist für die Mitgliedstaatennicht verbindlich.

    I Es wird das Subsidiaritätsprinzip respektiert.I Das Dokument wird von jedem Land so weit berück-

    sichtigt, wie dieses den europäischen Raumentwick-lungsaspekten in seiner nationalen Politik Rechnungtragen möchte11.

    1.5 Das EUREK als Prozeß

    (23) Das EUREK ist das Ergebnis eines intensiven Diskus-sionsprozesses der Mitgliedstaaten untereinander und mitder Europäischen Kommission zur räumlichen Entwicklungder EU. Die belgische Ratspräsidentschaft hatte den Vor-schlag zur Aufstellung des EUREK in die Beratungen ein-gebracht12. In Korfu13 verständigten sich die Raumordnungs-minister auf den Rahmen und erste politische Optionen derRaumentwicklung in der EU. In Leipzig konnten die we-sentlichen Raumordnungsprinzipien (Leitbilder) für dieSiedlungsentwicklung festgelegt werden14. Die darauffol-genden Präsidentschaften Frankreichs15, Spaniens16 und Ita-liens17 entwickelten wichtige Szenarien und Analysen für diesachgerechte Beurteilung der Raumentwicklung. Seit der iri-schen Präsidentschaft wurde die Rolle der Troika innerhalbdes Ausschusses für Raumentwicklung gestärkt, um dieKontinuität der Arbeiten zu gewährleisten18. Die niederlän-dische Präsidentschaft legte den ersten EUREK-Entwurf vor,zu dem eine breite europäische Debatte geführt wurde19. Diefolgenden Präsidentschaften von Luxemburg20 und dem Ver-einigten Königreich21 legten den Schwerpunkt auf die Um-setzung bzw. Anwendung des EUREK. Während der öster-reichischen Präsidentschaft wurde darüber hinaus der Dialogmit den Beitrittsstaaten intensiviert22.

    (24) Durch die Konsultationen - sowohl auf nationaler alsauch auf europäischer Ebene – wurde eine breite Beteiligungder für die Raumentwicklung verantwortlichen Institutionenund Gruppen erreicht. Auf der Grundlage des „Ersten offizi-

    ellen Entwurfes des EUREK“ (Noordwijk-Dokument/Juni1997) fanden in den fünfzehn Mitgliedstaaten umfangreicheBeratungen unter Beteiligung der Parlamente, Regionen undgesellschaftlichen Gruppen statt. Ferner führte die Europäi-sche Kommission gemeinsam mit den Mitgliedstaaten eineReihe von öffentlichen Foren zu den Schwerpunktthemendes EUREK durch. Die Stellungnahmen der EuropäischenOrgane (Europäisches Parlament23, Ausschuß der Regio-nen24, Wirtschafts- und Sozialausschuß25) sowie die Interser-vice-Konsultationen der Europäischen Kommission habenebenfalls wichtige Beiträge für das EUREK geliefert. DasEUREK ist somit das Ergebnis eines europaweiten öffentli-chen Diskussionsprozesses.

    (25) Die im EUREK vorgeschlagenen politischen Ziele undOptionen sind auf die räumlich-strukturelle Entwicklung inden fünfzehn Mitgliedstaaten ausgerichtet. Die frühzeitigeBerücksichtigung der aktuellen räumlichen Gegebenheitenund die situationsgerechte Bewertung möglicher Auswir-kungen fachplanerischer Entscheidungen für die Entwick-lung der Städte und Regionen ist ein permanenter Prozeß.Deshalb muß das EUREK, wie andere politische Doku-mente, Pläne und Programme zur Förderung der Raument-wicklung, periodisch weiterentwickelt werden. Die EU-Er-weiterung oder andere politische Ereignisse, wie beispiels-weise eine Intensivierung des Dialoges mit den Mittel-meeranrainerstaaten, haben großen Einfluß auf die zukünf-tige europäische Raumentwicklung. Bereits heute ist ab-sehbar, daß bei der zukünftigen Revision des EUREK derSchwerpunkt auf der Erweiterung der EU und den damitverbundenen Problemen der Raumentwicklung liegenmuß.

    (26) Auch bei der Anwendung des EUREK sollten die Mit-gliedstaaten untereinander und mit der Europäischen Kom-mission eng zusammenarbeiten. Die Umsetzung der im Kapi-tel 3 enthaltenen Ziele und Optionen in konkretes politischesHandeln erfolgt dabei schrittweise. In Kapitel 4 werden ersteVorschläge zur Anwendung des EUREK durch die verschie-denen Akteure auf unterschiedlichen Ebenen unterbreitet. Ein-zelne Maßnahmen und Projekte werden unmittelbar nach derVerabschiedung des EUREK durchgeführt werden können.Andere Optionen und Umsetzungsvorschläge bedürfen einerweiteren Diskussion und inhaltlichen Ausgestaltung auf eu-ropäischer Ebene. Dazu gehören insbesondere der Austauschvon Erfahrungen sowie die Beobachtung und Evaluierung vonräumlichen Entwicklungen. Die Diskussion im Ausschuß fürRaumentwicklung über die zukünftige Orientierung europäi-scher Raumentwicklungspolitik wird auch nach der Annahmedes EUREK fortgesetzt werden müssen.

  • 13

    EUREK

    2.1 Wachsende Bedeutung der raumwirksamen EU-Politiken

    (27) Die Weiterentwicklung der europäischen Verträge(Einheitliche Europäische Akte, Vertrag von Maastricht,Vertrag von Amsterdam) hat dazu geführt, daß die raum-wirksamen Fachpolitiken der EU immer stärkeren Einflußauf die Ausgestaltung und Umsetzung nationaler und re-gionaler Raumentwicklungspolitiken und damit auf dieräumliche Entwicklung in der EU ausüben. Raumwirksamheißt in diesem Zusammenhang, daß durch gemeinschaft-liche Maßnahmen räumliche Strukturen und Potentiale inWirtschaft und Gesellschaft und damit Flächennutzungenund Landschaftsbilder verändert werden. Außerdem kanndie Wettbewerbssituation bzw. räumliche Bedeutung einerStadt oder Region im europäischen Wirtschafts- und Sied-lungsgefüge beeinflußt werden.

    (28) Vornehmlich die folgenden Vertragstitel eröffnen derEuropäischen Kommission Handlungsmöglichkeiten mitAuswirkungen auf die Raumentwicklung in der EU:

    I Wettbewerbspolitik der Gemeinschaft,I Transeuropäische Netze (TEN),I Strukturfonds,I Gemeinschaftliche Agrarpolitik (GAP),I Umweltpolitik,I Forschung, Technologie und Entwicklung (FTE),I Darlehenstätigkeit der europäischen Investitionsbank.

    (29) Besondere Bedeutung kommen den Strukturfonds, dentranseuropäischen Netzen und der Umweltpolitik zu, da sieunmittelbar Einfluß auf die Entwicklung in den europäischenTeilräumen nehmen. Grundlage hierfür bilden die im Vertragüber die Europäische Union vom 7. Februar 1992 formulier-ten räumlichen Entwicklungsvorstellungen (speziell dasKohäsionsziel) sowie die damit verbundene Erweiterung derKompetenzen, insbesondere für die Transeuropäischen Net-ze (Art. 129 b EGV), für den wirtschaftlichen und sozialenZusammenhalt (Art. 130 a EGV) sowie für den Bereich derUmwelt (Art. 130 r-t EGV). Mit dem Amsterdamer Vertragvom 2. Oktober 1997 wird die Herbeiführung einer ausge-wogenen und nachhaltigen Entwicklung als eines der we-sentlichen Ziele der Europäischen Gemeinschaft anerkannt.Die Förderung des sozialen und territorialen Zusammenhal-tes ist dabei Aufgabe der Gemeinschaft und der Mitgliedstaa-

    ten im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse. Im Artikel 2 desAmsterdamer Vertrages werden die Bedeutung des Umwelt-schutzes und die Verbesserung der Umweltqualität als Ge-meinschaftsaufgaben hervorgehoben.

    (30) Finanziell gesehen sind die gemeinschaftliche Agrar-politik (GAP) und die Struktur- und Kohäsionsfonds diewichtigsten politischen Maßnahmen der EU (vgl. Abb. 6).1997 entfielen von den 80,2 Mrd. ECU des Haushalts derEU 83% allein auf diese beiden Bereiche26.

    (31) In den meisten Fällen haben die Zielsetzungen der EU-Politiken – gemäß der im Vertrag festgelegten Definitionen– keinen räumlichen Charakter. Dennoch beeinflussen sieerheblich das Territorium der EU. Die räumlichen Auswir-kungen hängen von der spezifischen Art der Interventionab, sei sie finanzieller (z. B. Einkommenshilfe, regionaleund horizontale Strukturmaßnahmen, Maßnahmen im Be-reich der Fachpolitiken, wie die Finanzierung von For-schungsprogrammen), gesetzgeberischer (z. B. Wettbe-werbsregelungen, Liberalisierung des Marktes, Umweltge-setze, marktorientierte Instrumente) oder planerischer (z. B. transeuropäische Verkehrs- und Energienetze) Natur.So beeinflussen beispielsweise die planungsrelevanten EG-

    Forschung undTechnologische

    Entwicklung 3,8 %

    Strukturmaßnahmenund Fischerei 32,8 %

    Landwirtschaft(EAGFL-Garantie)

    50,5 %

    Andere

    Abb. 6: EU-Haushalt 1997

    Quelle: Europäischer Rechnungshof, Jahresbericht zum Haushaltsjahr 1997

    2 Einfluß der Politiken der Gemeinschaft aufdas Territorium der EU

  • Richtlinien zur Herstellung eines kohärenten Biotop-systems die Flächennutzung. Ferner beeinflussen die Ge-meinschaftspolitiken direkt das Verhalten wirtschaftlicherAkteure. Deren Handlungen sind darüber hinaus durchMarktkräfte bestimmt, die wiederum durch den gemeinsa-men Binnenmarkt verstärkt werden. Bereits die Vielfalt derInterventionsmethoden der Gemeinschaftspolitiken läßtauf eine schwierige Erfassung der tatsächlichen räumlichenAuswirkungen schließen. Das EUREK kann eine erste Be-urteilungsgrundlage hierfür darstellen.

    2.2 EU-Politiken mit räumlichen Auswirkungen

    2.2.1 Wettbewerbspolitik der Gemeinschaft

    (32) Der Wettbewerbspolitik kommt eine Schlüsselrolle beider Integration der einzelnen nationalen Märkte zu einemgemeinsamen europäischen Markt zu. Es wurden eine Rei-he von Regeln zum Wettbewerb aufgestellt. Diese Regelndienen dazu, Kartelle zu verhindern und den Mißbrauchdurch marktbeherrschende Unternehmen auszuräumen,Zusammenschlüsse bzw. Übernahmen von Firmen zu kon-trollieren und einen Rahmen für staatliche Beihilfen be-reitzustellen.

    (33) Die entsprechenden Maßnahmen haben erheblicheAuswirkungen auf die räumliche Verteilung von wirt-schaftlichen Aktivitäten und von Handelsstrukturen in derEU. So kann die Liberalisierung des Marktes den Wettbe-werb zwischen Städten und Regionen in der Regel zugun-sten derjenigen Gebiete erhöhen, die die besseren Stan-dortbedingungen haben.

    (34) Die Politik der Kommission erkennt durchaus die Not-wendigkeit zur Intervention an, um das Gleichgewicht zwi-schen Wettbewerb und Zielen des allgemeinen Interessessicherzustellen. So wird beispielsweise bei den Telekom-munikations- und Postmärkten die Liberalisierung durchVorkehrungen begleitet, welche ein Mindestangebot anUniversaldienstleistungen in allen Regionen sichern.

    (35) Die Gemeinschaftspolitik bezüglich staatlicher Bei-hilfen hat ebenfalls eine explizite räumliche Auswirkung.Grundsätzlich gilt das Prinzip, daß Staatsbeihilfen mit demGemeinsamen Markt nicht vereinbar sind. Dennoch sindunter außergewöhnlichen Umständen bestimmte Kategori-en von Hilfen zulässig. Eine davon betrifft staatliche Bei-hilfen, welche die wirtschaftliche Entwicklung oder Kon-version regional, in klar abgegrenzten Fördergebieten, un-terstützen. Um die Kohärenz zwischen der Politik der

    Staatsbeihilfen und dem Ziel des wirtschaftlichen und so-zialen Zusammenhalts zu verbessern, hat die Kommissionin den letzten Jahren versucht, Staatsbeihilfen auf dieschwächsten Regionen zu konzentrieren sowie einen Ab-stand bei der Förderintensität in den Regionen sicherzu-stellen, der es den schwächeren Regionen erlaubt, ihrestrukturellen Nachteile zu kompensieren.

    2.2.2 Transeuropäische Netze (TEN)

    (36) Der Unionsvertrag verpflichtet die Gemeinschaft, zumAuf- und Ausbau von transeuropäischen Netzen in den Be-reichen Verkehr, Telekommunikation und Energieversor-gungsinfrastrukturen beizutragen. Dieser Auftrag soll ins-besondere den Gemeinschaftszielen eines reibungslosenFunktionierens des Binnenmarktes sowie der Stärkung deswirtschaftlichen und sozialen Zusammenhaltes dienen. Umdiesem Auftrag gerecht zu werden, soll die Integration dernationalen Netze sowie der Zugang zu den Netzen, insbe-sondere zur Anbindung insularer, eingeschlossener und pe-ripherer Gebiete an die zentralen Gebiete, verbessert wer-den.

    (37) Unter raumentwicklungspolitischen Gesichtspunktenund in finanzieller Hinsicht sind die TEN-Maßnahmen imBereich Verkehr am bedeutsamsten. Sie zielen auf die För-derung eines gut funktionierenden und nachhaltigen Ver-kehrssystems ab. Die Konzepte für die Entwicklung derNetze sind in den Gemeinschaftsrichtlinien festgelegt.Dazu gehören unterschiedliche Verkehrsinfrastrukturnetze,Verkehrsregelungs- sowie Navigationssysteme. Auf dieTEN-Maßnahmen im Bereich des Verkehrs entfallen über80% des gesamten TEN-Budgets. Ein großer Teil der TEN-Verkehrsinvestitionen (rund 25% in 1996/97) konzentriertsich derzeit auf den Bau von Hochgeschwindigkeits-strecken der Bahn, die zumeist Verdichtungsregionen mit-einander verbinden (vgl. Karte 2). Diese Strecken werdendenjenigen Städten den höchsten Nutzen bringen, die inder Nähe von Haltepunkten des Hochgeschwindigkeitsver-kehrs liegen und bisher über eine vergleichsweise schlech-te Anbindung verfügen. In Räumen mit hoher Straßenver-kehrsbelastung durch Fernverkehr können die Hochge-schwindigkeitsstrecken einen Anreiz für Verlagerungen aufdie Schiene bieten und in der Folge zur Entlastung desStraßenverkehrs und damit der Umwelt beitragen. Die ge-stiegenen Verkehrsleistungen, insbesondere des Straßen-und Flugverkehrs, beeinträchtigen inzwischen die Wettbe-werbsfähigkeit einzelner zentral gelegener Gebiete in derEU. Es wird immer deutlicher, daß sich Verkehrssteigerun-gen durch reine Ausweitung der Straßeninfrastruktur nichtlänger bewältigen lassen. Raumentwicklungspolitische und

    14

    Einfluß der Politiken der Gemeinschaft auf das Territorium der EU

  • 15

    EUREK

    städtebauliche Maßnahmen zur Beeinflussung des Stan-dortverhaltens von lokaler Wirtschaft und Bevölkerungwerden nötig sein, um die Voraussetzungen für eine Verla-gerung des Straßenverkehrs auf umweltverträgliche Ver-kehrsträger, öffentlichen Personennahverkehr, Fahrrad-und Fußgängerverkehr zu verbessern. Auch im Fernver-kehr bedarf es zur nachhaltigen Sicherung des Verkehrs-wesens einer Vielzahl verschiedener Initiativen, die insbe-sondere die Nutzung der umweltverträglicheren Verkehrs-mittel Schiene und im Güterverkehr auch der Binnenwas-serstraßen sowie des Küsten- und Seeverkehrs erhöhen.

    (38) Die modernen Telekommunikationstechnologien und -dienstleistungen bieten die Möglichkeit, Entwicklungen inländlichen oder unzugänglichen Regionen zu unterstützen.

    Sie können die räumliche Benachteiligung überwinden unddurch Telearbeit, -lernen und -shopping die Lebenssituationsowie die Standortbedingungen für wirtschaftliche Akti-vitäten verbessern. Die Förderung neuer innovativer Dienst-leistungen und Anwendungen der Telekommunikation isteines der Ziele der Transeuropäischen Netze, die Auswir-kungen auf die Raumentwicklung haben werden. Erste An-zeichen der Liberalisierung weisen jedoch darauf hin, daßWettbewerb und kommerzielle Nutzung die Investitionen inGebiete mit hoher Nachfrage lenken, da diese die höchstenGewinne versprechen. Die abgelegeneren Regionen, in de-nen nur ein geringes Marktpotential vorhanden ist, drohenweiter zurückzufallen. Um dieser Entwicklung entgegenzu-wirken, zielen Initiativen der Gemeinschaft darauf ab, dieVerfügbarkeit von Universaldienstleistungen zu erschwing-

    1. Hochgeschwindigkeitsverbindung/kombinierter Verkehr Nord-Süd

    2. Hochgeschwindigkeitsverbindung PBKAL3. Hochgeschwindigkeitsverbindung Süd4. Hochgeschwindigkeitsverbindung Ost5. Betuwe-Linie; konventionelle Schienen-

    verbindung/kombinierter Verkehr6. Hochgeschwindigkeitsverbindung/

    kombinierter Verkehr Frankreich-Italien7. Griechische Autobahnen

    Pathe und Via Egnatia8. Multimodale Verbindung Portugal-

    Spanien-Mitteleuropa9. Konventionelle Schienenverbindung

    Cork-Dublin-Belfast-Larne-Stranraer10. Flughafen Malpensa, Milano

    14. Hauptstrecke Westküste

    13. Straßenverbindung Irland/VereinigtesKönigreich/Benelux

    12. Multimodaler KorridorNordisches Dreieck

    11. Feste Øresund-Verbindung (Straße-Schiene) Dänemark-Schweden

    Karte 2: Die 14 vorrangigen Projekte der transeuropäischen Verkehrsnetze

    SchieneStraßeFlughafen

    Quelle: EU-Kommission GD VII

    Hafen

    Açores (P)

    Madeira (P)

    Canarias (E)

    Guyane (F)

    Guadeloupe (F)

    Martinique (F)

    La Réunion (F)

    0 500 km

    1

    1

    BERLIN

    2

    PARIS

    BRUXELLES KÖLN

    AMSTERDAM

    FRANKFURT

    MADRID

    BARCELONA

    IRUNBILBAO

    3ZARAGOZA

    4METZ

    STRASBOURG

    SAARBRÜCKEN

    MANNHEIM

    ROTTERDAMEMMERICH

    5

    LYON

    TORINOMILANO VENEZIA

    TRIESTE

    6

    PATRA

    ATHINA

    THESSALONIKI

    7

    8

    LISBOA

    PORTO

    SEVILLA

    PALENCIA

    CORK

    DUBLIN

    BELFAST

    9

    10

    MALMÖ

    11

    GÖTEBORG

    STOCKHOLM

    TURKUHELSINKI

    12

    FELIXSTOWE

    HARWICH

    HOLYHEAD

    14

    EDINBURGH(FORTH)

    HALLELEIPZIG

    NÜRNBERG

    MÜNCHEN

    BRENNER

    VERONA

    LILLE LIEGE

    DAX

    VALLADOLID

    MONTPELIER

    PERPIGNAN

    LUXEMBOURG

    ARHNEM

    PIRÄEUS

    IGOUMENITSA

    PROMAHONASKIPI

    LA CORUÑA

    HUELVA

    FUENTES DE ONDRO

    LONDON- DERRY

    LARNE

    KARLSTAD

    NORRKÖPING

    LAHTI

    TAMPERE

    13

    LONDON

    LIVERPOOLMANCHESTER

    BIRMINGHAM

  • lichen Preisen auch in diesen Regionen zu sichern. Aller-dings bietet die Verfügbarkeit von Informations- und Kom-munikationsmitteln allein noch keine Gewähr für positiveRegionalentwicklungen. Weitere Voraussetzungen sind bei-spielsweise das Qualifizierungs- und Ausbildungsniveauoder die Förderung eines öffentlichen Bewußtseins für dieMöglichkeiten der Informationsgesellschaft. Trotz des be-trächtlichen Fortschritts während der letzten Jahre gibt esnoch immer große räumliche Unterschiede im Telekommu-nikationsangebot sowohl zwischen den Regionen der zen-tral gelegenen Mitgliedstaaten und der Kohäsionsländer alsauch innerhalb der Mitgliedstaaten.

    (39) Die TEN-Maßnahmen im Energiebereich haben zweiwichtige räumliche Auswirkungen. Auf der einen Seitekönnen die Produktion und Weiterleitung von Energie Aus-wirkungen im Bereich der Flächennutzung haben. Auf deranderen Seite können Energieverteilung und Verbrauchs-technologien die räumliche Entwicklung über dadurch in-duzierte Änderungen des Konsumverhaltens der Energie-verbraucher beeinflussen. Von den TEN im Bereich Stromund Gas ist durch den Verlauf der Leitungen oder die Er-richtung beispielsweise von Kraftwerken vor allem die lo-kale Planung betroffen. Schwierigkeiten treten hier insbe-sondere im Hinblick auf die komplexen Genehmigungs-verfahren, die vielfältigen technischen und ökologischenSachzwänge und die Akzeptanz seitens der Bevölkerungauf. Zudem erfordern die Gasversorgungsnetze umfangrei-che Lagerkapazitäten, normalerweise in unterirdischenTanks. Die Standortwahl folgt geologischen Kriterien, wasdie möglichen Optionen der Raumentwicklungspolitik ein-schränkt. Aus dem Blickwinkel der Raumentwicklung sinderneuerbare Energiequellen (durchschnittlich 6% des Ver-brauchs in der gesamten EU) besonders vielversprechend.Einerseits tragen sie zur Verminderung der Umweltwir-kungen des Energiesektors bei. Andererseits eignen sie sichbesonders für dezentrale Versorgungssysteme und örtlichenEinsatz, der mehr oder weniger unabhängig vom Vertei-lungsnetz ist, und stärken damit die Flexibilität des Systemsund die wirtschaftliche Bereitstellung von Energie in abge-legenen Regionen.

    2.2.3 Strukturfonds

    (40) Die Strukturfonds – und insbesondere der Europäi-sche Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) – folgender Zielsetzung der wirtschaftlichen und sozialen Kohäsi-on (gemessen an traditionellen makroökonomischen Indi-katoren). Dem ersten Bericht über den wirtschaftlichen undsozialen Zusammenhalt ist zu entnehmen, daß sich zwar dieEntwicklungsunterschiede zwischen den Mitgliedsländern

    der Union verringert haben, gleichzeitig aber der regionaleKonzentrationsprozeß ökonomischer Aktivitäten fort-schreitet. Dies dürfte nicht zuletzt auf die oft fehlenden Me-chanismen zur räumlichen Koordinierung zurückzuführensein, die zu einer ausgewogeneren Verteilung wirtschaftli-cher Aktivitäten substantiell beitragen könnten. Neben dertraditionellen Fördergebietskulisse gewinnen daher zuneh-mend räumliche Typologien (wie beispielsweise städtischeGebiete) als Rahmen für die Interventionen der Fonds anBedeutung.

    (41) Rund 30 - 40% der Fördermaßnahmen der Regional-fonds in Ziel-1-Gebieten27 liegen in Städten. Maßnahmen inZiel-2-Gebieten28 haben in vielen Mitgliedstaaten ebenfallshäufig einen städtischen Charakter. SektorübergreifendeMaßnahmen sind erforderlich, um der Konzentration vonsozialen Problemen, Umweltschäden, Kriminalität undwirtschaftlichem Niedergang in bestimmten Stadtgebietenentgegenzuwirken. Städtische Probleme können aber nichträumlich isoliert behandelt werden. Vielmehr sind Maß-nahmen gefordert, welche die städtischen Zentren als Be-standteil eines erweiterten (regionalen) Territoriums be-trachten. Diesen integrierten Ansatz gilt es für die nächsteGeneration der Strukturinterventionen weiterzuentwickeln.

    (42) Das programmbezogene System der Strukturfonds bie-tet die Möglichkeit, integrierte Entwicklungspläne zu er-stellen. Auf diese Weise kommen die raumentwicklungspo-litischen Chancen besser zum Tragen. Durch das Prinzipder Partnerschaft wird der integrierte Ansatz weiter ver-stärkt, da alle relevanten regionalen Akteure entsprechendder nationalen Regeln und der vorherrschenden Praxis inden Entscheidungsprozeß eingebunden werden. Dies dienteiner verbesserten Koordinierung von direkten Fördermaß-nahmen mit Vorhaben, die nicht durch die Fonds gefördertwerden.

    (43) Küstengebiete erfordern eine spezielle Aufmerksam-keit, da sie z. T. intensivem Druck und Konflikten zwischenkonkurrierenden Flächennutzungen ausgesetzt sind. DieIntegration des Finanzinstruments für die Ausrichtung derFischerei (FIAF) in die Strukturfonds und die Einbezie-hung der von Fischerei abhängigen Gebiete (FDA) in dieFördergebietskulisse des Regionalfonds markieren einegrundsätzliche Entwicklung auf dem Weg von einer Fach-politik hin zu einer integrierten Politik für Küstengebiete.Derzeit entfallen mehr als 50% der Finanzmittel des FIAFauf Strukturmaßnahmen in den Kohäsionsländern. Zudemträgt die Gemeinschaftsinitiative PESCA aktiv dazu bei,Personen und Unternehmen in den FDA auf neue Aktivitä-ten auszurichten sowie die Struktur der FDA zu diversifi-

    16

    Einfluß der Politiken der Gemeinschaft auf das Territorium der EU

  • zieren (Umstrukturierung von Häfen zu Gebieten mit viel-fältigen Aktivitäten maritimer Art, Kombination von Fi-scherei und Aquakultur mit Tourismus, usw.).

    (44) Die Ziele der Strukturpolitik werden ferner durch Ge-meinschaftsinitiativen unterstützt. Aus Sicht der Raument-wicklung ist die Gemeinschaftsinitiative INTERREG diebedeutendste Maßnahme der Strukturfonds, da mit ihr einquerschnittsorientierter Ansatz zur Raumentwicklung ver-folgt wird. Nicht der Einzelsektor, wie Schiffbau, Bergbauoder Textil, steht im Vordergrund, sondern das Zusammen-spiel der raumbeeinflussenden Faktoren in einem integrier-ten Entwicklungsansatz in Grenzregionen und größerentransnationalen Kooperationsgebieten.

    2.2.4 Gemeinschaftliche Agrarpolitik (GAP)

    (45) Die gemeinschaftliche Agrarpolitik (GAP) ist primärsektoral auf eine Steigerung der Produktivität ausgerichtet.Eine 1992 durchgeführte Reform der GAP zielte darauf ab,Finanzhilfen für die Aufgabe von Anbauflächen zu verge-ben, mit dem Ergebnis, daß zwischen 1993 und 1994 ca. 6Mio. ha landwirtschaftlicher Nutzfläche stillgelegt wordensind. Dieser Ansatz erbrachte insbesondere für die land-wirtschaftlichen Einkommen in bereits intensiver bewirt-schafteten Teilen der EU Vorteile, da sich die an die Land-wirte gezahlten Beträge nach den früheren Erträgen richte-ten. Areale, in denen eine weniger intensive Bewirtschaf-tung stattfand, waren dadurch tendenziell benachteiligt,wodurch das Wohlstandsgefälle zwischen einzelnen Agrar-regionen noch verschärft wurde.

    (46) In diesem Zusammenhang zeigen Untersuchungen überdie räumlichen Auswirkungen der GAPauf Einkommen, Ar-beitsmarkt, Infrastruktur und natürliche Ressourcen die engeund spezifische Beziehung zwischen der Landwirtschaft undländlichen Räumen. Damit bestimmt die GAP die Entwick-lung vieler ländlicher Räume. Die Wirkungen variieren vonRegion zu Region beträchtlich. Sie sind abhängig von denspezifischen umweltbezogenen, kulturellen, sozialen undwirtschaftlichen Bedingungen und teilweise auch von Pro-duktionstypen und Marktorganisationen.

    (47) Intensivierung, Konzentration und Spezialisierung derlandwirtschaftlichen Produktion haben aber auch einige ne-gative Folgen für die räumliche Entwicklung. Dazugehören beispielsweise die Eintönigkeit der Landschafts-bilder, die Aufgabe traditioneller Bewirtschaftungsmetho-den, die Nutzung großer Teile von Feuchtgebieten, Heide-landschaften und natürlichen Magerwiesen, die Grundwas-serverschmutzung durch verstärkten Einsatz von Pestiziden

    17

    und Düngemitteln und der Rückgang der Artenvielfalt. Seitnahezu zwei Jahrzehnten werden Versuche unternommen,die Agrarstrukturpolitik in einen größeren wirtschaftlichenund sozialen Kontext des ländlichen Raumes einzubinden.Die Erfahrung zeigt, daß die Diversifizierung von Aktivitä-ten für die Landwirte neue Perspektiven und Möglichkeiteneröffnet. Dies gilt beispielsweise für die Entwicklung undVermarktung qualitativ hochwertiger Produkte sowieAgrartourismus und Investitionsvorhaben im Zusammen-hang mit der Umwelt, denen früher eher marginale Bedeu-tung zukam.

    (48) Ein Schlüsselelement der Reformen von 1992 betrifftumweltschutzbezogene Belange der Landwirtschaft. Esgibt Beispiele, daß Programme zur Verminderung der In-tensität von Viehzucht und einer umweltbewußteren Be-wirtschaftung landwirtschaftlicher Nutzflächen finanzielleGewinne erbracht haben. Diese Förderprogramme sind je-doch nur mit einem GAP-Budgetanteil von 3% ausgestat-tet. Gegenwärtig wird lediglich 1% des Territoriums öko-logisch bewirtschaftet, davon werden 75% von der EU un-terstützt.

    (49) Eine verbesserte Abstimmung zwischen diesen Politikbereichen zur Entwicklung ländlicher Räume wirdauch deshalb notwendig, weil die EU-Erweiterung und dieFortsetzung der Welthandelsgespräche im Jahr 1999 wahr-scheinlich zu großen Herausforderungen für die Agrarwirt-schaft führen werden. Mehr Wettbewerb auf globalen Märk-ten kann den Druck zur Intensivierung der Produktion in be-stimmten Regionen erhöhen. Das kann zu erheblichen nega-tiven Auswirkungen auf die Umwelt führen. Höchstwahr-scheinlich wird die Landwirtschaft in strukturell schwäche-ren ländlichen Regionen auch weiterhin ökonomischemDruck ausgesetzt sein, der den Bedarf an besseren Strategi-en zur Raum- und Siedlungsentwicklung (einschließlichUmweltmanagement) erhöhen wird.

    2.2.5 Umweltpolitik

    (50) Mit dem Amsterdamer Vertrag erhält die Umweltpoli-tik ein noch stärkeres Gewicht innerhalb der Gemein-schaftspolitiken. Umweltschutzanforderungen müssen indie Durchführung von Gemeinschaftspolitiken und -akti-vitäten, besonders unter Berücksichtigung der Förderungder nachhaltigen Entwicklung, integriert sein.

    (51) Die Aufgaben der gemeinschaftlichen Umweltpolitikbeinhalten Bestimmungen, die eine Verknüpfung mit derRaumentwicklung und insbesondere der Flächennutzungausdrücklich betonen. Beispielsweise soll durch die EU-

    EUREK

  • weite Ausweisung von Schutzgebieten ein Biotopverbund-system entstehen, das die Bezeichnung „Natura 2000“trägt. Bestandteile dieses Biotopverbundsystems sind Vo-gelschutzgebiete und Fauna-, Flora-, Habitat-Schutzgebie-te, in denen bestimmte Lebensräume und Arten geschütztwerden sollen, wobei sozio-ökonomische und regionaleBelange Berücksichtigung finden. Ziel der EG-Nitratrege-lung29 ist es, den Nitratgehalt landwirtschaftlicher Flächenzu reduzieren und weitere Verunreinigungen des Grund-wassers zu vermeiden.

    (52) Eine Reihe anderer Gemeinschaftsaktivitäten wirkensich indirekt auf die Flächennutzung bzw. Raumentwick-lung aus, wie etwa die Richtlinie 85/337/EWG, welche dieDurchführung und Veröffentlichung von Umweltverträg-lichkeitsprüfungen bei großen Projekten vorschreibt, eineReihe weiterer Richtlinien, die Qualitätsstandards für na-turnahe Gebiete festlegen, und die Regulierungen zur Ver-ringerung der Emissionen.

    (53) Darüber hinaus hat die Kommission 1996 ein Demon-strationsprogramm über ein integriertes Management vonKüstengebieten aufgelegt, das die Förderung eines nach-haltigen Managements durch Zusammenarbeit und inte-grierte Planung vorsieht. Alle relevanten Akteure werdenauf einer geeigneten räumlichen Ebene einbezogen. Diesstellt einen Versuch dar, einen integrierten territorialen An-satz auf Gemeinschaftsebene zu verfolgen sowie Empfeh-lungen für eine europäische Strategie für das integrierteManagement von Küstengebieten zu entwickeln30.

    (54) Im Verlauf der Jahre hat die Umweltpolitik der Ge-meinschaft die Entwicklung städtischer Gebiete über dieGesetzgebung zur Abfall- und Abwasserbehandlung,Lärmbelastung und Umweltverschmutzung zunehmend be-einflußt. Beispielsweise werden Belastungsgrenzen beimLärm oft in nationale Gesetze und in Methoden zur Planungder Flächennutzung aufgenommen und beeinflussen damitneue Entwicklungen der Infrastruktur. In ähnlicher Weisekönnen Grenzwerte für die luftverschmutzenden Stoffe di-rekte Auswirkungen auf die Entwicklung städtischer undindustrieller Gebiete haben.

    (55) Die umweltpolitischen Anforderungen werden zu be-deutenden Standortfaktoren für die Unternehmensansied-lung. Diesbezügliche gemeinschaftsrechtliche Vorgaben sindfür einige Mitgliedstaaten nicht nur in ökologischer Hinsicht,sondern auch in ökonomischer Hinsicht erheblich.

    2.2.6 Forschung, Technologie und Entwicklung(FTE)

    (56) Geleitet durch ein mehrjähriges Rahmenprogramm,das sich aus verschiedenen Forschungs- und Demonstra-tionsprogrammen zusammensetzt, fördert die FTE-Politikder Gemeinschaft die Zusammenarbeit mit und zwischenUnternehmen, Forschungszentren und Universitäten. DasAugenmerk liegt dabei auf einer Stärkung der wissen-schaftlichen und technologischen Grundlagen der Industrieund ihrer Wettbewerbsfähigkeit im weltweiten Maßstab.Weitere Vorgaben sind die Zusammenarbeit mit Drittstaa-ten und internationalen Organisationen, die Verbreitungund Anwendung von Ergebnissen der FTE-Politik und dieFörderung von Ausbildung und Mobilität von Forschernaus der Gemeinschaft.

    (57) Regionalspezifische Auswahlkriterien gibt es nicht.Die regionale Verteilung der FTE-Mittel ergibt sich daheraus der geographischen Verteilung hochqualifizierter For-schungs- und Technologieeinrichtungen auf die Städte undRegionen in der EU. Es wäre jedoch ein voreiliger Schluß,daraus abzuleiten, daß die FTE-Politik die weniger ent-wickelten Regionen vernachlässigen würde und sich aus-schließlich auf die hochentwickelten wirtschaftsstarkenRegionen konzentriert, in denen naturgemäß die Mehrzahlder zu fördernden Einrichtungen liegt. Beispielsweisestammte von den zehntausenden von Institutionen, die inden letzten 15 Jahren gegründet und unterstützt wurden,eine bemerkenswert hohe Anzahl aus strukturschwächerenRegionen. Zudem bieten die Ausbildungs- und die Mobi-litätsanreize für Forscher in benachteiligten Regionengrößere Möglichkeiten, mit Regionen, die über vielfältigeForschungseinrichtungen verfügen, zusammenzuarbeiten.Ferner zielen spezifische Programme innerhalb des fünftenRahmenprogramms speziell auf Forschungen zur räum-lichen Entwicklung ab, wie etwa „die Stadt von morgenund das Kulturerbe“, „ein nachhaltiges Management von Land-, Forstwirtschaft und Fischerei - inklusive integrier-ter Entwicklung von ländlichen Gegenden“ und „nachhal-tigem Management und Wasserqualität“.

    (58) Die neue Struktur des fünften Rahmenprogrammswird die Entwicklung und Implementierung verschiedenerPolitiken der Gemeinschaft besser unterstützen, darunterauch jene mit einer deutlich räumlichen Ausrichtung.Strukturschwächere Regionen können durchaus Ziel dergemeinschaftlichen Forschungs-, Technologie- und Ent-wicklungspolitik sein. Erfahrungen (wie z. B. in Schottlandoder in den neuen Ländern in Deutschland) zeigen, daßauch wirtschaftlich schwache Regionen in der Lage sind,

    18

    Einfluß der Politiken der Gemeinschaft auf das Territorium der EU

  • leistungsfähige Forschungs- und Technologiezentren neuanzusiedeln und zu „halten“. Hierzu bedarf es allerdings ei-ner engen Kooperation nationaler, regionaler und lokalerAkteure und eines zielorientierten Regional- oder Stadt-marketings. Das EUREK kann hier als Rahmen für eineentsprechende Zusammenarbeit dienen.

    2.2.7 Darlehenstätigkeit der Europäischen Inve-stitionsbank

    (59) In den letzten Jahren hat die Gemeinschaft Struktur-förderung zunehmend auch außerhalb ihres Haushaltesdurch Darlehensvergabe verschiedener EG-Institutionenbetrieben. Dabei spielt die Europäische Investitionsbank(EIB) die zentrale Rolle. Mit dem gleichen Finanzvolumenkann über Darlehen im Vergleich zu Zuschüssen einegrößere Zahl von Adressaten erreicht werden. Der größere„Anstoßeffekt“ erlaubt es, eine höhere Zahl an Investi-tionsprojekten zu fördern. Der Eigenbeitrag der Kreditneh-mer erhöht zudem die wirtschaftspolitische Effizienz.Schließlich bietet sich die Darlehensvergabe bei Projektenmit langer Laufzeit an. Hierzu zählen insbesondere Infra-strukturprojekte. Deren Finanzierung über Darlehen hatden fiskalischen Vorteil, daß die ausgelösten volkswirt-schaftlichen Wachstumseffekte in Form von höherenSteuereinnahmen zur Zins- und Tilgungsleistung eingesetztwerden können. Das Hauptziel der EIB-Darlehen ist dieFörderung des Ausbaus von Infrastruktur und Investitionenin weniger begünstigten Regionen der EU. Auch bei derBewältigung der anstehenden Osterweiterung könntenDarlehen einen wichtigen Beitrag zur Modernisierung derRaum- und Siedlungsstruktur leisten. Die zinsgünstigenDarlehen der EIB in der Gemeinschaft beliefen sich imZeitraum 1991 bis 1995 auf 84 Mrd. ECU, was rund 90%der insgesamt vergebenen Darlehen entsprach.

    2.3 Für eine verbesserte räumlicheKohärenz der EU-Politiken(60) Auch wenn die Zielsetzungen der meisten Gemein-schaftspolitiken keinen unmittelbaren räumlichen Charakterhaben, so stehen hinter ihnen doch eine Reihe von räumlichenVorstellungen, die wie folgt unterschieden werden können:

    I Festlegung der zuschußfähigen Gebiete und Festsetzungder jeweiligen FörderhöheDiese Gebiete bestimmen die Interventionen der räum-lichen Strukturpolitik sowie die Möglichkeit der Ge-währung nationaler raumwirksamer Finanzhilfen. Zunennen sind beispielsweise die Zielgebiete nach demRegionalfonds.

    19

    I Verbesserung der InfrastrukturEine Reihe von Gemeinschaftspolitiken haben zumZiel, die Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen si-cherzustellen, die unmittelbare Auswirkungen auf denRaum haben. Dies gilt beispielsweise für die transeu-ropäischen Netze, insbesondere im Verkehrs- und Ener-giebereich, sowohl bei linienhafter (z. B. Autobahnen,Hochspannungsleitungen) als auch standortbezogenerInfrastruktur (z. B. Güterverkehrszentren, Kraftwerke).

    I Verwendung von Raum- /FlächenkategorienBei einigen Gemeinschaftspolitiken werden Raum-bzw. Flächenkategorien verwendet, beispielsweise beider Anwendung von Rechtsvorschriften im BereichUmweltschutz (z. B. Gebiete, die im Rahmen des Netz-werkes „Natura 2000“ zum Schutz von Biotopen sowiebestimmten Tier- und Pflanzenarten ausgewählt wer-den), bei der Zuteilung bestimmter Subventionen (z. B.Bergregionen, deren Landwirtschaft nach einer be-stimmten Richtlinie bezuschußt wird, und Inseln gemäßArtikel 130 a Amsterdamer Vertrag) oder bei der Fest-legung bestimmter Themen im fünften Rahmenpro-gramm für Forschung, Technologie und Entwicklung.

    I Entwicklung funktionaler SynergienIm Rahmen einiger Gemeinschaftspolitiken werdenräumliche Elemente berücksichtigt, um funktionaleInterdependenzen herzustellen und um Synergieeffektehervorzuheben. So werden bei Forschungen im Verkehrs-bereich Wechselwirkungen zwischen der Raumnutzung unddem Verkehrsbedarf oder die Anforderungen einernachhaltigen Mobilität an die Verkehrsmittelwahl behan-delt. Die Regionalpolitik versucht, dem örtlichen Bedarfentsprechend regionale Innovationsstrategien zu fördern;die Energiepolitik befaßt sich u. a. mit der Nutzung der Son-nenenergie im Einklang mit den Zielen der Stadtplanung.

    I Integrierte räumliche EntwicklungsansätzeÜber die bloße Anerkennung funktionaler Wechselwir-kungen und die Entwicklung möglicher Synergieeffek-te hinaus versuchen einige Gemeinschaftspolitiken ei-nen integrierten und multisektoralen Ansatz mit einerstarken räumlichen Dimension zu entwickeln. Dies giltfür die Gemeinschaftsinitiative Transnationale Zusam-menarbeit in der Raumentwicklung (INTERREG II C),für die Politik der integrierten Entwicklung ländlicherRäume (LEADER) sowie für das Demonstrationspro-gramm für ein integriertes Management der Küstenge-biete (ICZM). Von diesen anspruchsvollen integriertenEntwicklungsansätzen gibt es bislang jedoch verhält-nismäßig wenige.

    EUREK

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    Politische Ziele und Optionen für das Territorium der EU

    (61) Die Gemeinden und Regionen profitieren in unter-schiedlichem Maße von den Ausgaben raumwirksamer Po-litiken, die sowohl von der EU insgesamt als auch nach EU-weit geltenden Regelungen von den einzelnen Mitglied-staaten vorgenommen werden. Dabei ergänzen sich dieräumlichen Auswirkungen der Gemeinschaftspolitiken nichtzwangsläufig im Sinne einer stärker regional ausgewoge-nen Entwicklung. Auch stimmen sie nicht automatisch mitden Entwicklungsvorstellungen der Regionen und Städteüberein. Ohne gegenseitige Abstimmung verstärken sievielfach ungewollt regionale Entwicklungsunterschiede, dasie sich ausschließlich von sektoralen Fachzielen – ohneRaumbezug – leiten lassen.

    (62) Die Mitgliedstaaten und die Kommission betrachtendas EUREK als ein Instrument, daß dazu beitragen kann,die Abstimmung der Gemeinschaftspolitiken zu verbes-sern. Die möglichst frühe Berücksichtigung der politischenZiele und Optionen bei der Formulierung und Beurteilungder Fachpolitiken der Gemeinschaft wird sich auf die Ent-

    wicklung der Gemeinden und Regionen positiv auswirken.Kennen andererseits die lokalen und regionalen Gebiets-körperschaften die räumlichen Auswirkungen der fachpo-litischen Entscheidungen auf EU-Ebene frühzeitig, dannkönnen sie hierauf besser reagieren.

    (63) Die frühzeitige Berücksichtigung der regional unter-schiedlichen Auswirkungen der EU-Fachpolitiken ist dahernotwendig. Die Verwirklichung der räumlichen Entwick-lungsziele in der EU hängt damit nicht nur von dem zurVerfügung stehenden Finanzvolumen ab, sondern in zu-nehmendem Maße von der frühzeitigen Zusammenarbeitraumwirksamer Fachpolitiken. In dieser Hinsicht ist esdringend notwendig, Mechanismen zur Stärkung der Zu-sammenarbeit innerhalb der Dienststellen der Europäi-schen Kommission zu entwickeln, um die räumlicheKohärenz der Politiken sicherzustellen. Darüber hinaus isteine systematische Erforschung und Beurteilung der räum-lichen Auswirkungen der geltenden EU-Politiken durch dieKommission erforderlich.

    3.1 Räumliche Orientierung von Politiken

    (64) Die regional sehr verschieden wirkenden Gemein-schaftspolitiken und die räumlichen Entwicklungsunter-schiede belegen, daß die Gemeinden und Regionen der EUim Zuge der WWU keineswegs automatisch zu einem re-gional ausgewogenen Raum zusammenwachsen. Vielmehrmüssen räumlich differenzierte Maßnahmen ergriffen wer-den, um die Chance, die die europäische Integration füreine nachhaltige und damit regional ausgewogene Ent-wicklung der EU darstellt, besser nutzen zu können.

    (65) In den folgenden Kapiteln werden hierfür politischeZiele und Optionen aufgestellt, die von allen an der Raum-entwicklung beteiligten Behörden und Regierungsstellenberücksichtigt werden können. Die raumwirksamen Fach-politiken auf der Gemeinschafts-, National-, Regional- undLokalebene können damit frühzeitig darauf achten, daß ne-ben der Verwirklichung ihrer sektoralen Ziele auch räumli-che Leitbilder für das Territorium der EU berücksichtigtwerden. Das betrifft insbesondere die drei folgenden räum-lichen Grundvorstellungen:

    I Entwicklung eines polyzentrischen und ausgewogene-ren Städtesystems und Stärkung der Partnerschaft zwi-schen städtischen und ländlichen Räumen. Hierbei gehtes auch um die Überwindung des heute nicht mehr an-gemessenen Dualismus von Stadt und Land.

    I Förderung integrierter Verkehrs- und Kommunikations-konzepte, die die polyzentrische Entwicklung des EU-Territoriums unterstützen und die eine wichtige Voraus-setzung für die aktive Einbindung der europäischenStädte und Regionen in die WWU darstellen. Schritt-weise sollen gleichwertige Zugangsmöglichkeiten zuInfrastruktur und Wissen realisiert werden. Dazu müs-sen regional angepaßte Lösungen gefunden werden.

    I Entwicklung und Pflege der Natur und des Kulturerbesdurch ein intelligentes Management. Dies trägt auch zurBewahrung und Weiterentwicklung der regionalenIdentität und den Erhalt der natürlichen und kulturellenVielfalt der Regionen und Städte der EU im Zeitalter derGlobalisierung bei.

    (66) Für jedes dieser drei raumentwicklungspolitischenLeitbilder werden spezielle politische Ziele und Optionenerarbeitet. Sie gelten nicht gleichermaßen in allen Gebieten

    3 Politische Ziele und Optionen für das Territorium der EU

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    kommensniveau und eine gut entwickelte Infrastruktur er-möglichen. Darüber hinaus gibt es einige isolierte Wachs-tumsinseln (z. B. Barcelona, Öresundregion), deren Wirt-schaftskraft noch nicht ausreicht, die derzeit ungleichge-wichtete räumliche Entwicklung nennenswert im Sinne dergrundlegenden Ziele des EUREK zu verändern. Insofernunterscheidet sich die wirtschaftsgeographische Situationder EU beispielsweise von den USA, die über mehrere imWeltmaßstab herausragende wirtschaftliche Integrations-zonen verfügen: Westküste (Kalifornien), Ostküste, Süd-westen (Texas), Mittlerer Westen.

    (69) Die gegenwärtigen räumlichen Trends in der EU las-sen eine weitere Ausrichtung von hochwertigen und globa-len Funktionen auf den Kernraum der EU und daneben nurnoch auf wenige Metropolen erkennen. Auch angesichtsder Erweiterung der EU würde eine weitere Konzentrationder Raumentwicklung auf nur eine einzige global heraus-ragende, dynamische Integrationszone nicht zu einer Re-duzierung der Disparitäten zwischen dem zentralen Teilund einer sich noch vergrößernden Peripherie führen. Eineneue Strategie der Raumentwicklung ist daher erforderlich.

    (70) Die bisherigen raumentwicklungspolitischen Maßnah-men bestehen im wesentlichen in der Verbesserung der An-bindung der Peripherie an den Kernraum durch Infrastruktur-vorhaben. Es bedarf jedoch einer Politik, die eine neue Per-spektive für die peripheren Gebiete durch eine eher polyzen-trische Gestaltung des EU-Raumes bietet. Die Schaffung vonmehreren dynamischen Zonen weltwirtschaftlicher Integrati-on, die im Raum der EU gut verteilt sind und aus miteinandervernetzten, international gut erreichbaren Metropolregionenund daran angebundenen Städten und ländlichen Gebietenunterschiedlicher Größe bestehen, wird eine Schlüsselrollebei der Verbesserung des räumlichen Ausgleichs in Europaspielen. Hochwertigen und globalen Dienstleistungen mußdabei in Zukunft auch in den Metropolregionen und Groß-städten außerhalb des Kernraumes der EU mehr Gewicht bei-gemessen werden.

    (71) Ein Raumentwicklungskonzept, das sich nur auf einedezentrale Entwicklung von Metropolregionen beschränkt,entspricht allerdings nicht der Tradition der Erhaltung städ-tischer und ländlicher Vielfalt in der EU. Anzustreben istdaher eine dezentrale Siedlungsstruktur mit einer abgestuf-ten Rangfolge von Städten, die das gesamte Territorium derEU umfaßt. Sie stellt eine unabdingbare Voraussetzung fürdie ausgewogene und nachhaltige Entwicklung der Ge-meinden und Regionen dar und muß zum eigentlichenStandortvorteil der EU gegenüber anderen großen Welt-wirtschaftsregionen ausgebaut werden.

    EUREK

    der EU, sondern sollten je nach der wirtschaftlichen, sozia-len und umweltbezogenen Situation räumlich differenziertim Interesse einer ausgewogenen und nachhaltigen Ent-wicklung angewendet werden.

    3.2 Polyzentrische Raumentwicklung undeine neue Beziehung zwischen Stadt undLand

    3.2.1 Polyzentrische und ausgewogene Raument-wicklung in der EU

    (67) Aufgrund der früheren und künftigen Erweiterungenhat die EU inzwischen eine Größe und Vielfalt erreicht, dieeiner raumentwicklungspolitischen Strategie bedürfen. Umeine regional ausgewogene Entwicklung auch bei voller In-tegration in die Weltwirtschaft sicherzustellen, muß ein po-lyzentrisches Entwicklungsmodell verfolgt werden. Einderartiges Leitbild dient dazu, eine weitere übermäßigeKonzentration von Wirtschaftskraft und Bevölkerung imKernraum der EU zu verhindern. Nur durch die Weiterent-wicklung der relativ dezentral ausgerichteten europäischenSiedlungsstruktur können die wirtschaftlichen Potentialealler Regionen der EU genutzt werden. Die weitere Ver-besserung der Wettbewerbsfähigkeit der EU im globalenMaßstab erfordert außerdem die stärkere Einbindung dereuropäischen Regionen in die Weltwirtschaft, wobei derspezielle maritime Charakter der EU günstige Standortvor-aussetzungen bietet. Der Auf- und Ausbau mehrerer dyna-mischer weltwirtschaftlicher Integrationszonen stellt einwichtiges Instrument zur Beschleunigung der wirtschaftli-chen Entwicklung und zur Schaffung von Arbeitsplätzen inder EU dar, insbesondere auch in den gegenwärtig alsstrukturschwach (Ziel-1- und Ziel–6-Gebiete des noch gel-tenden Regionalfonds) eingestuften Regionen.

    (68) Zur Zeit gibt es nur eine herausragende größere geo-graphische Zone weltwirtschaftlicher Integration: denKernraum der EU, der das von den Metropolen London,Paris, Mailand, München und Hamburg begrenzte Gebietumfaßt. Diese Zone bietet hochwertige globale Wirt-schaftsfunktionen und Dienstleistungen, die ein hohes Ein-

  • (72) Raumwirksame politische Entscheidungen und Inve-stitionen sollten sich deshalb an einem polyzentrischenEntwicklungsmodell orientieren. Das gilt auch für den Ein-satz von Mitteln aus den Strukturfonds, insbesondere inden heutigen Ziel-1-Gebieten. Geeignete politische Maß-nahmen und insbesondere die Gewährleistung einer Hoch-leistungsinfrastruktur auf transnationaler, nationaler undregionaler Ebene sollten die Entwicklung der jeweiligenIntegrationszonen unterstützen und ergänzen.

    (73) Um flächendeckend eine ausgewogene Siedlungs-struktur zu stärken, müssen Wege und Verfahren gefundenwerden, damit Städte und Regionen einander ergänzen undmiteinander kooperieren können. Hierfür gibt es vielfältigeMöglichkeiten, die zum Teil bereits erprobt worden sind.Neben Städtenetzen auf regionaler Ebene sind es insbeson-dere interregionale, transnationale oder gar EU-weite Städtenetze. Je nach lokaler bzw. regionaler Ausgangs-lage unterscheiden sich die dabei verfolgten Ziele sowieLösungen.

    (74) Die Komplementarität zwischen Städten und Regio-nen zu fördern, bedeutet, die Vorteile des wirtschaftlichenWettbewerbs zwischen ihnen zu nutzen und gleichzeitigdie Nachteile des Wettbewerbs zu überwinden. Komple-mentarität soll jedoch nicht nur auf den Wettbewerb und dieWirtschaft beschränkt bleiben, sondern soll auf alle Stadt-funktionen erweitert werden (wie z. B. Kultur, Erziehungund Bildung und soziale Infrastruktur). Es ist eine Politikzu verfolgen, die eine effektive Zusammenarbeit zwischenden Städten fördert, indem auf den gemeinsamen Interes-sen und dem Beitrag aller Teilnehmer aufgebaut wird. Vor-aussetzung hierfür ist die Freiwilligkeit der Kooperationund die Gleichberechtigung der Partner.

    (75) Städte weisen vielfältige und sich weiter verstärkendefunktionale Verflechtungen mit ihrem Umland auf. Diese Verflechtungen über administrative Grenzen hinwegerfordern eine freiwillige Zusammenarbeit der Kommunen,um die Region insgesamt im Wettbewerb zu stärken. Davon profitieren alle beteiligten Partner. Mögliche Feldereiner Zusammenarbeit sind der Nahverkehr, die Aus-weisung von gemeinsamen Wohn- oder Gewerbegebietenoder die Abfallwirtschaft. Grenzübergreifende Städtenetzeund –kooperationen können ein Instrument zur Überwin-dung von Entwicklungsnachteilen im grenznahen Raumsein.

    (76) Die Bildung von Netzen kleinerer Städte in wenigerdicht besiedelten und wirtschaftlich schwächeren Regionenist ebenfalls wichtig. In diesen Gebieten stellt die Verknüp-

    fung von städtischen Potentialen häufig die einzige Mög-lichkeit dar, die für den Erhalt wirtschaftsorientierter Ein-richtungen und Dienstleistungen notwendigen Konsumen-tenzahlen zu erreichen, die von den jeweiligen Städten al-lein nicht aufgebracht werden könnten.

    (77) Weiter voneinander entfernt liegende Städte sollten inNetzwerken zusammenarbeiten, durch die Lösungen fürgemeinsame Probleme gefunden werden können. Über denbloßen Erfahrungsaustausch hinaus sollten dabei gemein-same Ziele verfolgt und gemeinsame Projekte durchgeführtwerden, etwa zu Fragen des lokalen Verkehrsmanage-ments, der City-Logistik, der Kooperation von Universitä-ten und Forschungszentren, dem Umgang mit dem Kul-turerbe und historischen Stadtzentren sowie die Integrationneuer Zuwanderer in die städtische Gesellschaft.

    (78) Eine Zusammenarbeit zwischen Städten und Regionenüber die Außengrenzen der EU hinweg ist eine wichtigeMöglichkeit, die politischen und wirtschaftlichen Bezie-hungen zu den benachbarten Regionen in Nord-, Mittel-und Osteuropa sowie im Mittelmeerraum zu stärken undeine Zusammenarbeit bei Fragen von strategisch bedeutsa-mer Infrastruktur und Umweltprojekten zu fördern.

    (79) Politische Optionen

    1. Stärkung mehrerer größerer Zonen weltwirtschaft-licher Integration in der EU, die mit hochwertigenund globalen Funktionen und Dienstleistungenauszustatten sind unter Einbindung der peripherenGebiete durch transnationale Raumentwicklungs-konzeptionen.

    2. Stärkung eines polyzentrischen und ausgewoge-neren Systems von Metropolregionen, Stadtgrup-pen und Städtenetzen durch engere Zusammenar-beit der Strukturpolitik und der Politik der Trans-europäischen Netze (TEN) sowie durch Verbesse-rung der Verbindungen zwischen internationa-len/nationalen und regionalen/lokalen Verkehrs-netzen.

    3. Förderung integrierter Raumentwicklungsstrategi-en für Städtesysteme in den einzelnen Mitglied-staaten sowie im Rahmen von transnationaler undgrenzübergreifender Zusammenarbeit unter Ein-beziehung des entsprechenden ländlichen Raumsund seiner Städte.

    4. Stärkung der fachlichen Zusammenarbeit bei derRaumentwicklung in Netzwerken auf grenzüber-greifender und transnationaler Ebene.

    22

    Politische Ziele und Optionen für das Territorium der EU

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    EUREK

    wicklung sind die folgenden fünf Aspekte von besondererBedeutung:

    I Kontrolle über die Expansion der Städte,I Mischung von Funktionen und gesellschaftlichen Gruppen

    (was besonders für große Städte gilt, in denen wachsende Be-völkerungsteile vom Ausschluß aus der städtischen Gesell-schaft bedroht sind),

    I intelligentes und ressourcensparendes Management des städti-schen Ökosystems (insbesondere Wasser, Energie und Abfall),

    I eine bessere Erreichbarkeit mit Verkehrsmitteln, die sowohleffektiv als auch umweltfreundlich sind, sowie

    I die Erhaltung und Entwicklung der Natur und des Kulturerbes.(82) Die nachhaltige Stadtentwicklung bietet viele Gele-genheiten „global zu denken und lokal zu handeln“. DieUN-Konferenzen in Rio und in Istanbul (Habitat II) habenglobale Maßnahmen angeregt, die auf nationaler und loka-ler Ebene umgesetzt werden sollten. Dieses Thema mußvon den Gemeinschaftspolitiken und von allen Mitglied-staaten aufgegriffen werden. Die in diesem Abschnitt ge-nannten politischen Optionen, die mit der Agenda 2131 undder Habitat-Agenda32 in Zusammenhang stehen, können ambesten durch eine multisektorale, integrierte Stadtentwick-lungsstrategie angewendet werden.

    (83) Die Strategien und Instrumente zur Erreichung einernachhaltigen Stadtentwicklung sind in starkem Maße vonden lokaIen, regionalen und nationalen Ausgangsbedingun-gen in den Städten und Mitgliedstaaten abhängig. Der vonden Mitgliedstaaten initiierte Erfahrungsaustausch zu Ele-menten einer nachhaltigen Stadtentwicklung bietet gute An-satzpunkte für die Anwendung der politischen Optionen desEUREK.33 In dem EU-Aktionsrahmen hat die EuropäischeKommission ebenfalls politische Zielvorstellungen vorge-stellt und Maßnahmen für städtische Gebiete vorgeschlagen,die in Einklang mit den Zielen des EUREK stehen.34

    (84) Um den Trend zur weiteren Expansion der Städte bes-ser kontrollieren zu können, sollten die Mitgliedstaaten so-wie ihre lokalen und regionalen Gebietskörperschaften dasKonzept der „kompakten Stadt“ (die Stadt der kurzenWege) verfolgen. Dazu gehört auch, daß beispielsweise inden Vorstädten oder in vielen Küstengebieten die Ausdeh-nung der Siedlungsflächen im Rahmen einer sorgfältigenStandort- und Siedlungspolitik minimiert werden. Das Ein-dämmen der Expansion der Städte ist allerdings nur im re-gionalen Kontext zu verwirklichen. Es müssen also die Zu-sammenarbeit zwischen Stadt und Umland intensiviert undneue partnerschaftliche Formen des Interessenausgleichsgefunden werden.

    5. Förderung der Zusammenarbeit auf regionaler,grenzübergreifender und transnationaler Ebenemit Städten in den Staaten Nord-, Mittel- und Ost-europas sowie der Mittelmeerregion; Stärkung derNord-Süd-Verbindungen in Mittel- und Osteuropasowie der West-Ost-Verbindungen in Nordeuropa.

    3.2.2 Dynamische, attraktive und wettbewerbs-fähige Städte und Verdichtungsregionen

    (80) Die Regionen der EU können nur dann wettbewerbs-fähig sein und damit zum Abbau der Arbeitslosigkeit bei-tragen, wenn die Städte auch außerhalb der globalen Inte-grationszonen und Metropolregionen über ein ausreichen-des wirtschaftliches Potential verfügen. Dazu gehören be-sonders die sogenannten „Gateway-Städte“, die den Zu-gang zur EU bilden (große Seehäfen, interkontinentaleFlughäfen, Messe- und Ausstellungsstädte, kulturelle Zen-tren), sowie kleinere Städte, die als aktive Regionalzentrenfür die Revitalisierung niedergehender ländlicher Regio-nen dienen. Zu de „Gateway-Städten“ gehören auch die pe-ripher gelegenen Metropolregionen, die ihre spezifischenVorteile nutzen können, wie zum Beispiel niedrige Ar-beitskosten oder besondere Beziehungen zu außereuropäi-schen Wirtschaftszentren bzw. benachbarten Nichtmit-gliedstaaten.

    (81) Viele der weniger attraktiven Städte der EU weiseneine relativ schmale, von einem einzigen Wirtschaftszweigdominierte, wirtschaftliche Basis auf, deren Niedergangsich negativ auf die gesamte regionale Wirtschaft auswirkt.Die Wettbewer