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zu betrachten, deutet Lohfink die neutestamentlichen Gleichnisse, selbst wo sie als schlichte „Verbre- chergeschichten“ erscheinen, kon- sequent auf die in Jesu Worten und Taten anbrechende Gottesherr- schaft hin. Diese hat ihre eigene Lo- gik und passt einfach nicht in die ge- wohnten Schubladen religiösen Re- dens. Gerade deshalb enthalten die Gleichnisse Jesu aber das Potenzial, wirksam von ihrer Wirklichkeit und ihrem Anbruch zu berichten. „…dem Volk Israel und darin der Jüngergemeinde“ Die Überlegungen münden in einer fundierten exegetischen und theo- logischen Erörterung der Ereig- nisse von Passion und Auferste- hung Jesu. Eindrucksvoll auch hier wieder das den Hergang der Ereig- nisse rekonstruierende Bekenntnis zur Historizität, das sogar das Mys- terium eines leeren Grabes zu um- fassen versteht. Das Buch bleibt seinem Ansatz treu, wo es das stell- vertretende Sterben des Gekreu- zigten für die Menschen und seine Auferweckung paradigmatisch in den Kontext eschatologischer Ver- heißung taucht, die dem Volk Israel und darin der nachösterlichen Jün- gergemeinde, die die Kirche ist, zuteil wird. In Nachdenken über die Gestalt und das Geheimnis Jesu führt Loh- fink an die Quellen und Ursprünge des Christentums. Sein Anliegen ist es, einen Verstehenshorizont zu schaffen, vor dem die Dynamik der Liebe Gottes zu den Menschen fass- bar wird. Das sachkundig und zu- gleich vor Gott und dem Forum menschlicher Vernunft in verant- wortbarer Weise unternommen zu haben, ist das Verdienst des Buches. Es ist eine gelungene Antwort auf die Frage, was Jesus wollte und wer er war. Robert Vorholt Gerhard Lohfink: „Jesus von Nazaret – Was er wollte, wer er war“, Herder, 2. Aufl. Freiburg 2012, 29,95 Euro. 8/9 Liebevoller Schöpfer Wie sich ein neues Jesus-Buch den historischen Fakten stellt und gerade nicht im „reinen Datenmüll“ versandet „Die Gottesherrschaft bricht mitten in dieser Welt an, und sie meint nicht nur die Innerlichkeit“, heißt es in dem neuen Buch von Gerhard Lohfink (siehe Seite 7). Der Bochumer Neutestamentler Dr. habil. Robert Vorholt hat für uns einen Blick in das eindrucks- volle Jesus-Buch geworfen. A uf 545 Seiten ist das neue Jesus-Buch von Gerhard Lohfink an keiner Stelle langweilig. Das liegt an der eingän- gigen, zugleich präzisen Sprache. Vor allem aber an der Stringenz der Gedanken. Insofern es sich bei Le- ben und Wirken Jesu um ein tat- sächliches, reales Geschehen der Vergangenheit und eben nicht um die Wiedergabe von Mythen oder Ideologien handele, stellt Lohfink gleich zu Beginn klar: Die bibel- wissenschaftlichen Ausführungen folgen den Gesetzen historischer Kritik. Umgekehrt, so Lohfink, muss sich die Exegese aber davor hüten, die Gestalt Jesu durch ihr ei- genes Vorverständnis zu fesseln, indem sie von vornherein festlegt, was historisch möglich oder un- möglich, denkbar oder undenkbar ist. Doch ist die anvisierte historische Darstellung überhaupt zu errei- chen? Und wenn ja, wie? Zielfüh- rend, gewinnbringend und im Ka- non bisheriger Jesus-Bücher gera- dezu überfällig ist dabei die voraus- gehende geschichtstheoretische Klärung der Begriffe von Histori- zität und Faktizität. Jede noch so gut recherchierte historische Faktenla- ge bliebe reiner Datenmüll, wenn nicht das Moment der Deutung und Interpretation hinzukäme, das das Chaos der Informationen zur Ge- schichte werden lässt und histori- sches Erkennen zuallererst ermög- licht. Lohfink schlägt an dieser Stelle zwei Fliegen mit einer Klap- pe: Geradezu lässig bringt er die Kirche als Deutegemeinschaft der Geschichte Jesu ins Spiel. Vor allem aber ist das Sockelfundament ge- gossen, auf dem alle folgenden Dar- legungen aufbauen. Das Profil Jesu wird fixiert, in- dem das Buch den Horizont seiner Botschaft und seiner Sendung be- leuchtet. Dazu dienen zwei sich er- gänzende biblische Schlüsselbe- griffe: Im Blick auf die Botschaft Jesu die „Gottesherrschaft“, im Blick auf seine Sendung das „Got- tesvolk“. Nicht auf unbestimmte Zeit hin, sondern im jeweiligen Hier und Jetzt hat Jesus den Anbruch des Reiches Gottes proklamiert. Sammlung des Gottesvolkes und der Nachfolgeruf Jesu Indem Lohfink mit Recht die weit- hin geläufige Rede vom „Gottes- reich“ kritisiert, weil sie zu sehr nach geografischen Räumen fragen lässt, und stattdessen die Wiederga- be des im Hintergrund stehenden griechischen Ausdrucks Basileia mit „Gottesherrschaft“ philolo- gisch begründet, kann er zeigen: Je- sus selbst ist der eigentliche Träger und Repräsentant dieser Herr- schaft, die alle – auch die gesell- schaftlich-politische – Dimensio- nen der Wirklichkeit umfasst. Da- mit kommt aber zugleich die Ziel- perspektive in den Blick: Von der Sammlung des Gottesvolkes Israel her wird eine Linie gezogen bis zum Ruf Jesu in die Nachfolge. Die Got- tesherrschaft, lautet das Fazit, ver- langt eine Schicksalsgemeinschaft, in der sie ankommen und sichtbar werden kann. Diese Schicksalsge- meinschaft realisiert sich im Volk Gottes, dessen Sakrament die Kir- che ist und als solche auf jenen Gott verweist, der Menschen sammelt, weil er sie liebt. Sowohl die Gleichnisse als auch die „Wunder“ – besser: Machttaten bzw. Zeichen – Jesu finden von hier aus eine Erklärung. Dem durch die Schule der europäischen Aufklä- rung gegangenen postmodernen Geist wird der Zugang erleichtert, weil zunächst zwischen (historisch ermittelbaren) Heilungs- und (theo- logisch angereicherten) Naturwun- dern Jesu unterschieden wird. Es gehört aber zur Stärke dieses Bu- ches, die klassische Unterschei- dung selbst noch einmal kritisch zu reflektieren. Lohfink hält fest, dass es schlicht zu billig wäre, alles dem modernen Denken anstößig Erscheinende ein- fach in das Reich der Legende zu verbannen. Stattdessen entwickelt er einen anderen, modernem Den- ken durchaus entgegen kommen- den schöpfungstheologischen An- satz, dessen Ursprünge in der tradi- tionellen Gnadenlehre liegen: Wun- der werden als Teil dessen beschrie- ben, was der Schöpfer schon immer gnaden-, das heißt liebevoll an der Schöpfung tut. So sind sie Zeichen seiner Zuwendung. Das Wunder erhebt folglich die Natur, durch löchert ihre Kausalitäten aber nicht. Zugleich ist Lohfink daran gele- gen, den Zusammenhang zwischen den Machttaten Jesu und der voll- mächtigen Proklamation der anbre- chenden Gottesherrschaft offenzu- legen. Gleiches lässt sich von der Art und Weise sagen, wie Lohfink die Gleichnisse Jesu zu erklären und einzuordnen versteht. In geradezu radikaler Entgegensetzung zu dem einer breiten Gleichnisexegese (seit Adolf Jülicher) anhaftendem Trend, die Parabelrede Jesu vorwiegend unter moralischen Gesichtspunkten Seine Worte und Taten: Christus- Ikone mit Taufbecken, Zisterzienser- kirche in Bochum. Foto: ms

F ried e d en - Glauben. Denken. Heute. · zu betrachten, deutet L ohfink die neutestam entlichen G leichnisse, selbst w o sie als schlichte ãV erbre-chergeschichtenÒ erscheinen,

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zu betrachten, deutet Lohfink dieneutestamentlichen Gleichnisse,selbst wo sie als schlichte „Verbre-chergeschichten“ erscheinen, kon-sequent auf die in Jesu Worten undTaten anbrechende Gottesherr-schaft hin. Diese hat ihre eigene Lo-gik und passt einfach nicht in die ge-wohnten Schubladen religiösen Re-dens. Gerade deshalb enthalten dieGleichnisse Jesu aber das Potenzial,wirksam von ihrer Wirklichkeit undihrem Anbruch zu berichten.

„…dem Volk Israel unddarin der Jüngergemeinde“Die Überlegungen münden in einerfundierten exegetischen und theo-logischen Erörterung der Ereig-nisse von Passion und Auferste-hung Jesu. Eindrucksvoll auch hierwieder das den Hergang der Ereig-nisse rekonstruierende Bekenntniszur Historizität, das sogar das Mys-terium eines leeren Grabes zu um-fassen versteht. Das Buch bleibtseinem Ansatz treu, wo es das stell-vertretende Sterben des Gekreu-zigten für die Menschen und seineAuferweckung paradigmatisch inden Kontext eschatologischer Ver-heißung taucht, die dem Volk Israelund darin der nachösterlichen Jün-gergemeinde, die die Kirche ist,zuteil wird.

In Nachdenken über die Gestaltund das Geheimnis Jesu führt Loh-fink an die Quellen und Ursprüngedes Christentums. Sein Anliegen istes, einen Verstehenshorizont zuschaffen, vor dem die Dynamik derLiebe Gottes zu den Menschen fass-bar wird. Das sachkundig und zu-gleich vor Gott und dem Forummenschlicher Vernunft in verant-wortbarer Weise unternommen zuhaben, ist das Verdienst des Buches.Es ist eine gelungene Antwort aufdie Frage, was Jesus wollte und werer war. Robert Vorholt

!Gerhard Lohfink: „Jesus vonNazaret – Was er wollte, wer erwar“, Herder, 2. Aufl. Freiburg2012, 29,95 Euro.

Friede denHütten

„…als sie die Zeichen sahen,die er tat“ (Joh 2,23):

Wie Slum-Gemeinderäte inNairobi ethnische Grenzen

überwinden

REPORTAGE

Von Uta Jungmann

Familie Awor lebt in Korogocho,einem großen Armenviertel in Nai-robi. Doch sie scheint dort ihr klei-nes Glück gefunden zu haben.Während sich Mutter Lilian um diefünf Kinder kümmert, stellt VaterGrogon Angelhaken her: so viele,dass er sie ins Ausland verkaufen,ein Steinhaus mieten und seine Fa-milie gut ernähren kann. Dasschafft im Slum auch KarugaMwangi. Er betreibt einen Ladenfür Baustoffe und eine Bar, zudemvermietet er Zimmer. „Obwohl un-sere Nachbarn meist zu anderenVolksstämmen gehörten“, so über-einstimmend Mutter Lilian undHändler Mwangi, „waren wir inunseren Vierteln zu Hause.“ Bis, jabis zum 30. Dezember 2007:

Die Unruhen flammen nach denPräsidentschaftswahlen auf: Amts-inhaber Mwai Kibaki, der ethnischzu den Kikuyu gehört, hat sich zumSieger erklärt – mit gefälschten Er-gebnissen, wird gemunkelt. DieParteigänger von Oppositionsfüh-rer Raila Odinga, der den Luo ent-stammt, fühlen sich um den Sieg

gebracht und kämpfen gegen Kiba-kis Anhänger. Trotzdem wiegt sichLilian in ihrem Viertel in Sicher-heit. „Wir waren immer unpoli-tisch“, empört sie sich. „Wir hattendamit nichts zu tun.“ Aber der Mobfragt nicht danach.

…darunter viele junge,zornige MännerIm Elend von Korogocho gibt es zuviele, die nicht in einem Steinhausleben, sondern in Hütten aus Lehmund Wellblech. Eng gebaut, keinStrom, kein Grün, dafür modrigesAbwasser und eine Latrine für 50Leute: So wohnen die meisten derrund 300000 Menschen in Korogo-cho, darunter viele junge, zornigeMänner. Ohne Aussicht auf einenJob, lassen sie sich in ihren Gangsvon den politisch Mächtigen leichtaufhetzen. Solch eine Clique prü-gelt Lilians Ehemann auf der Straßenieder. Er kann sich noch nach Hau-se schleppen, wo er stirbt. In derNacht flieht Lilian mit den Kindernzu ihrem Bruder, bevor der Mob ihrHab und Gut abfackelt.

Auch das Haus von HändlerMwangi, dem Kikuyu, ist eine Ru-

ine. „Sie haben uns gedroht“, er-zählt er. „Wenn wir nicht gehen,würden wir nachts darin verbren-nen.“ Seine Luo-Nachbarn habenversucht, die Schläger zu be-schwichtigen. Vergeblich. Sie kön-nen Mwangis Familie bloß sicherzur Grenze im Slum geleiten, wodas Gebiet der Kikuyu-Bewohnerbeginnt. Heute lebt Witwer Mwan-gi auf einem Stück Land am Stadt-rand von Nairobi – weit draußen, ineiner finsteren Wellblech-Hütte –und von dem, was der Boden her-gibt: Bohnen, Hirse, Kürbis. Zu-rück nach Korogocho traut er sichnicht. Die Unruhen enden im Früh-jahr 2008. Wochenlange Gewalthatte in Kenia über 1000 Men-schen das Leben gekostet und vieleihre Existenz.

Zurückgeblieben sind tiefe Grä-ben zwischen den Volksstämmen.Um sie zu überbrücken, rief dieHilfsorganisation Kesho 2008 dieInitiative Amko ins Leben: Ähn-lich wie in einem Gemeinderatkommen Angehörige aller Grup-pen im Slum zusammen und setzensich für den sozialen Wandel ein.„Sie kämpfen für mehr Toiletten,

Beihilfen für Schüler oder überle-gen, wie die Leute besser ihren Le-bensunterhalt verdienen können“,sagt Projektleiter Alois Nyarangi.„Dafür hat jedes Viertel in Korogo-cho ein Nachbarschaftskomitee zuThemen wie Sanitäres, Schule undArbeit.“ Zugleich gibt es einenDachausschuss für Fragen, die denganzen Slum betreffen. Die Bera-ter von Kesho begleiten die einzel-nen Sitzungen und unterstützen dieTeilnehmer bei Bedarf.

Misereor in Aachen fördert dasProgramm finanziell. Überdieswird es von weiteren Misereor-Partnern in Nairobi unterstützt.Zum Beispiel von Kutoka, demNetzwerk der Kirchengemeindenim Slum:

So warben die Pfarrer für denAufbau der ersten Amko-Gruppenin ihren Gemeinden. „Sie erzähltenuns von der Idee“, sagt ConsolataHella. „Wir Frauen fanden sie gut.“Die 57-jährige Witwe kümmert sichmit ihrer Gruppe um die Belangeder Vertriebenen – auch um Lilian.„Ich kann ihr kein Geld geben“, sagtConsolata, eine Altkleider-Händle-rin. „Aber ich kann ihr deutlich ma-

chen, dass ihr Leben als Witwe nichtzu Ende ist.“ Mit Blick auf denFrieden im Slum geht sie auchhandfeste Dinge an: etwa, dass einoffener Kanalschacht versiegeltwird. „Darin sind oft Leute ertrun-ken“, klagt Consolata. „Bei denUnruhen wurden manche hinein-geworfen und so ermordet.“ Die1200 Amko-Mitglieder haben ihreMitbürger darauf angesprochen:Mit Protestmärschen übten sie da-nach Druck auf die Stadtverwal-tung von Nairobi aus, bis die Stadtnachgab. Die Leute von Korogochobekamen Beton und konnten dietödliche Falle schließen. „Unsererster großer Erfolg als Nachbarn“,freut sich Consolata. „Jetzt redenwir, wenn was ist.“

Gemeinsam haben sie derStadt Druck gemachtIn Recht geschulte Gemeindever-treter haben ihren Nachbarn zu-dem den Inhalt der neuen Verfas-sung vermittelt: Die Staatsord-nung, der zwei Drittel der Bevölke-rung Kenias 2010 zugestimmt ha-ben, gilt als Eckstein für den Frie-densschluss nach der Gewaltkrise.

Ob sie, wie erhofft, zu mehr Land-und Erbrechten für Frauen führt,weniger Korruption zulässt odermehr Sicherheit für die Bewohnervon Korogocho bedeutet, das wirddie Zukunft zeigen.

Derweil kämpft Lilian Awor je-den Tag neu ums Überleben. „Seitden Unruhen sammle ich Plastikund Papier auf der Müllkippe zumVerkaufen an die Recycler“, er-zählt die Witwe und hält sich amBauch. „Doch das fällt mir geradeschwer; ich habe Typhus.“ Deshalbbekommt sie kaum die rund achtEuro Miete im Monat für die Hütteim Luo-Viertel des Slums zusam-men, wo sie jetzt mit ihrem Nach-wuchs wohnt. Auch das Essen unddas Schulgeld erbettelt sie sich oftvon ihrer Gemeinde.

Doch Lilian hält sich nicht langemit ihren Sorgen auf. „Consolatahat recht – ich muss auf Gott ver-trauen“, sagt sie und ringt sich einLächeln ab. „Ich darf nicht meinenVerlusten nachweinen, sondernmuss auch mit den Kikuyus spre-chen und an meine Kinder denken:Sie hängen von meinem Lachenab.“

Zwei starke Frauen kämpfen für ein besseres Leben: Consolata Hella (links) und Lilian Awor auf dem Weg durch den Slum zum Nachbarschaftskomitee. Foto: kna

GL AUBE UND LEBEN 8/ 9RuhrWort · Jahrgang 54 · Nr. 10 · 10. März 2012

So Lesung:11.3. Ex 20, 1-17

1 Kor 1, 22-25Joh 2, 13-25(Ps 129) Namens-/Gedenktage:3. Fastensonntag;Rosina, Märtyrin

Mo Lesung:12.3. 2 Kön 5, 1-15a

Lk 4, 24-30(Mk 11, 27-33)Namens-/Gedenktage:Beatrix, Ordensfrau;Almut, Äbtissin

Di Lesung:13.3. Dan 3, 25.34-43

Mt 18, 21-35(Mk 12, 1-12)Namens-/Gedenktage:Leander, Bischof; Judith, Paulina

Mi Lesung:14.3. Dtn 4, 1.5-9

Mt 5, 17-19(Mk 12, 13-17)Namens-/Gedenktage:Mathilde, GemahlinKönig Heinrichs I.;Eva, Reklusin in Lüttich

Do Lesung:15.3. Jer 7, 23-28

Lk 11, 14-23(Mk 12, 18-27)Namens-/Gedenktage:Klemens M. Hofbauer;Gottfried Könzgen, Märt.

Fr Lesung:16.3. Hos 14, 2-10

Mk 12, 28b-34(Mk 12, 28-34)Namens-/Gedenktage:Heribert von Köln; Hilarius, Märtyrer

DIESE WOCHE

Wir wollen betend die Händeerheben und bedenken, dass LeidAnteilnahme am Erlösungswerk

Christi ist. Dann werden wirschon klar erkennen, dass gerade

in der dunkelsten Nacht desLeidens uns am besten

und schönsten die Sonneder göttlichen Liebe bestrahlt.Gottfried Könzgen († 1945)

Brief an seinen SohnEdmund (1944)

Liebevoller SchöpferWie sich ein neues Jesus-Buch den historischen Fakten stellt

und gerade nicht im „reinen Datenmüll“ versandet

„Die Gottesherrschaft brichtmitten in dieser Welt an, und siemeint nicht nur die Innerlichkeit“,heißt es in dem neuen Buch vonGerhard Lohfink (siehe Seite 7).Der Bochumer NeutestamentlerDr. habil. Robert Vorholt hat füruns einen Blick in das eindrucks-volle Jesus-Buch geworfen.

Auf 545 Seiten ist das neueJesus-Buch von GerhardLohfink an keiner Stelle

langweilig. Das liegt an der eingän-gigen, zugleich präzisen Sprache.Vor allem aber an der Stringenz derGedanken. Insofern es sich bei Le-ben und Wirken Jesu um ein tat-sächliches, reales Geschehen derVergangenheit und eben nicht umdie Wiedergabe von Mythen oderIdeologien handele, stellt Lohfinkgleich zu Beginn klar: Die bibel-wissenschaftlichen Ausführungenfolgen den Gesetzen historischerKritik. Umgekehrt, so Lohfink,muss sich die Exegese aber davorhüten, die Gestalt Jesu durch ihr ei-genes Vorverständnis zu fesseln,indem sie von vornherein festlegt,was historisch möglich oder un-möglich, denkbar oder undenkbarist.

Doch ist die anvisierte historischeDarstellung überhaupt zu errei-chen? Und wenn ja, wie? Zielfüh-rend, gewinnbringend und im Ka-non bisheriger Jesus-Bücher gera-dezu überfällig ist dabei die voraus-gehende geschichtstheoretischeKlärung der Begriffe von Histori-zität und Faktizität. Jede noch so gutrecherchierte historische Faktenla-ge bliebe reiner Datenmüll, wennnicht das Moment der Deutung undInterpretation hinzukäme, das dasChaos der Informationen zur Ge-schichte werden lässt und histori-sches Erkennen zuallererst ermög-licht. Lohfink schlägt an dieserStelle zwei Fliegen mit einer Klap-pe: Geradezu lässig bringt er dieKirche als Deutegemeinschaft derGeschichte Jesu ins Spiel. Vor allemaber ist das Sockelfundament ge-gossen, auf dem alle folgenden Dar-legungen aufbauen.

Das Profil Jesu wird fixiert, in-dem das Buch den Horizont seinerBotschaft und seiner Sendung be-leuchtet. Dazu dienen zwei sich er-gänzende biblische Schlüsselbe-griffe: Im Blick auf die BotschaftJesu die „Gottesherrschaft“, imBlick auf seine Sendung das „Got-tesvolk“. Nicht auf unbestimmteZeit hin, sondern im jeweiligen Hierund Jetzt hat Jesus den Anbruch desReiches Gottes proklamiert.

Sammlung des Gottesvolkesund der Nachfolgeruf JesuIndem Lohfink mit Recht die weit-hin geläufige Rede vom „Gottes-reich“ kritisiert, weil sie zu sehrnach geografischen Räumen fragenlässt, und stattdessen die Wiederga-be des im Hintergrund stehendengriechischen Ausdrucks Basileiamit „Gottesherrschaft“ philolo-gisch begründet, kann er zeigen: Je-sus selbst ist der eigentliche Trägerund Repräsentant dieser Herr-schaft, die alle – auch die gesell-schaftlich-politische – Dimensio-nen der Wirklichkeit umfasst. Da-mit kommt aber zugleich die Ziel-perspektive in den Blick: Von derSammlung des Gottesvolkes Israelher wird eine Linie gezogen bis zumRuf Jesu in die Nachfolge. Die Got-tesherrschaft, lautet das Fazit, ver-langt eine Schicksalsgemeinschaft,in der sie ankommen und sichtbarwerden kann. Diese Schicksalsge-meinschaft realisiert sich im VolkGottes, dessen Sakrament die Kir-che ist und als solche auf jenen Gottverweist, der Menschen sammelt,weil er sie liebt.

Sowohl die Gleichnisse als auchdie „Wunder“ – besser: Machttaten

bzw. Zeichen – Jesu finden von hieraus eine Erklärung. Dem durch dieSchule der europäischen Aufklä-rung gegangenen postmodernenGeist wird der Zugang erleichtert,weil zunächst zwischen (historischermittelbaren) Heilungs- und (theo-logisch angereicherten) Naturwun-dern Jesu unterschieden wird. Esgehört aber zur Stärke dieses Bu-ches, die klassische Unterschei-dung selbst noch einmal kritisch zureflektieren.

Lohfink hält fest, dass es schlichtzu billig wäre, alles dem modernenDenken anstößig Erscheinende ein-fach in das Reich der Legende zuverbannen. Stattdessen entwickelter einen anderen, modernem Den-ken durchaus entgegen kommen-den schöpfungstheologischen An-satz, dessen Ursprünge in der tradi-tionellen Gnadenlehre liegen: Wun-der werden als Teil dessen beschrie-ben, was der Schöpfer schon immergnaden-, das heißt liebevoll an derSchöpfung tut. So sind sie Zeichenseiner Zuwendung. Das Wundererhebt folglich die Natur, durchlöchert ihre Kausalitäten aber nicht.Zugleich ist Lohfink daran gele-gen, den Zusammenhang zwischenden Machttaten Jesu und der voll-mächtigen Proklamation der anbre-chenden Gottesherrschaft offenzu-legen.

Gleiches lässt sich von der Artund Weise sagen, wie Lohfink dieGleichnisse Jesu zu erklären undeinzuordnen versteht. In geradezuradikaler Entgegensetzung zu demeiner breiten Gleichnisexegese (seitAdolf Jülicher) anhaftendem Trend,die Parabelrede Jesu vorwiegendunter moralischen Gesichtspunkten

3. FASTENSONNTAG

ERSTE LESUNG

Die Zehn Gebote sind kein isolierterMoralkodex, sondern ein Teil der Exodus-geschichte. Die Freiheit ist ein stetsgefährdetes Gut. Die Weisungen der„Zehn Gebote“ helfen, die Freiheit nichtzu verlieren.

In jenen Tagen sprach Gott auf dem Berg Sinai alle die-se Worte: Ich bin Jahwe, dein Gott, der dich aus Ägyp-ten geführt hat, aus dem Sklavenhaus

Du sollst neben mir keine anderen Götter haben. Dusollst dir kein Gottesbild machen und keine Darstel-lung von irgendetwas am Himmel droben, auf der Erdeunten oder im Wasser unter der Erde. Du sollst dichnicht vor anderen Göttern niederwerfen und dich nichtverpflichten, ihnen zu dienen. Denn ich, der Herr, deinGott, bin ein eifersüchtiger Gott: Bei denen, die mirFeind sind, verfolge ich die Schuld der Väter an denSöhnen, an der dritten und vierten Generation; bei de-nen, die mich lieben und auf meine Gebote achten, er-weise ich Tausenden meine Huld. Du sollst den Namendes Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen; denn

der Schrift: Der Eifer für dein Haus ver-zehrt mich. Da stellten ihn die Juden zurRede: Welches Zeichen lässt du uns sehenals Beweis, dass du dies tun darfst? Jesusantwortete ihnen: Reißt diesen Tempel nie-der, in drei Tagen werde ich ihn wieder auf-richten. Da sagten die Juden: Sechsund-vierzig Jahre wurde an diesem Tempel ge-baut, und du willst ihn in drei Tagen wiederaufrichten? Er aber meinte den Tempel sei-nes Leibes. Als er von den Toten auferstan-den war, erinnerten sich seine Jünger, dasser dies gesagt hatte, und sie glaubten derSchrift und dem Wort, das Jesus gespro-chen hatte. Während er zum Paschafest inJerusalem war, kamen viele zum Glaubenan seinen Namen, als sie die Zeichen sa-hen, die er tat. Jesus aber vertraute sich ih-nen nicht an, denn er kannte sie alle undbrauchte von keinem ein Zeugnis über denMenschen; denn er wusste, was im Men-schen ist. Joh 2, 13-25

IMPULS

Das Haus des VatersIst unser Glaube so rein, dass auch Suchende Gott erkennen?

Von Dr. Martin Patzek

Ein Evangelium, so ganz nachmeinem Geschmack. Ich sehe Je-sus förmlich vor mir, wie er dieGeißel schwingt und auf dieWechsler und Taubenverkäufereinschlägt. Verschiedene Bibelfil-me haben dieses Bild lebendigwerden lassen. In der Rockoper der70er-Jahre „Jesus Christ Super-star“ werben Banker und Kaufleu-te: „Nur herein, kleine Preise hier /Kommt zu mir, beste Ware hier / ei-nen Schluck hier vom besten Wein/ setz dein Geld für den Hahn dortein / Mach den Preis, ich hab alleshier / schnell, sonst wirst du derLetzte sein / Bargeld leihst du ambesten hier / komm, mein Vorratwird schon klein…“ Dann schaltetsich Jesus ein: „Mein Haus wareinst ein Haus des Friedens / dochihr macht daraus – ’ne Wucher-höhle / Haut ab, haut ab! / MeineZeit ist fast schon um / Was bleibtnoch zu tun / all das tat ich in dreiJahren / die für mich wie dreißigwaren.“

Noch heute wird der Tempelbergin Jerusalem als „explosivster Ortder Welt“ bezeichnet. Die Ansprü-che zumindest zweier Weltreligio-nen prallen hier aufeinander, neueAnschläge sind zu befürchten.

Erich Fried (1921 bis 1988)dichtet unter der Überschrift: „Ge-waltloser Verzicht auf Gewaltlo-sigkeit“: „Es ist falsch / auf die Pei-niger / keine Steine zu werfen. /Nicht zum Zeitvertreib / trieb Jesus/ die Wechsler aus / Er sagte: / ‚Ihrhabt aus dem Haus / eine Mörder-

grube gemacht.‘ / Aber wer wirftden ersten Stein auf einen / der kei-nen Stein wirft?“

Benedikt XVI. interpretierte inder Eucharistiefeier am Palmsonn-tag 2008 zur Feier des Weltjugend-tages auf diözesaner Ebene: Jesushabe eine verdorbene Ordnung be-reinigt. Der Ort, an dem Händlerund Taubenverkäufer die Gläubi-gen vom Beten abhielten, der „Vor-hof des Glaubens für die Heiden“,habe gereinigt werden müssen, umPlatz für die Anbetung zu schaffen.Deshalb fragte Benedikt XVI.: „Istunser Glaube genügend rein undoffen, sodass durch ihn auch die‚Heiden’, die Menschen, die heuteauf der Suche sind und ihre Fragenhaben, das Licht des einen Gotteserkennen, sich in den Vorhöfen desGlaubens unserem Gebet anschlie-ßen und mit ihren Fragen vielleichtauch ihrerseits Anbeter werdenkönnten? Erreicht das Bewusst-sein, dass die Habgier ein Götzen-dienst ist, auch unser Herz und un-sere Lebenspraxis?“

„Reißt diesen Tempel nieder, indrei Tagen werde ich ihn wiederaufrichten (Joh 2,19).“ Die Deu-tung des Jesuswortes vom Wieder-

aufbau des Tempels auf die Aufer-stehung wird von Johannes be-schrieben: „Er (aber) meinte denTempel seines Leibes (21).“ Damiterklärt der Evangelist das von denJuden so grob missverstandeneWort Jesu. Die Wendung „am drit-ten Tag“ gehörte schon damals zurOsterverkündigung. Jesus wirddurch seinen Eingriff in die Bräu-che des Tempels als Messias er-kennbar. „Macht das Haus meinesVaters nicht zur Markthalle (16).“Hier stellt Johannes bewusst JesuSohnschaft als tragenden Grundseines Handelns heraus. Mit derAuferweckung Jesu ersteht dieneue Gemeinde derer, die den Va-ter nicht im Tempel, sondern „imGeist und in der Wahrheit“ anbe-ten. Eine neue Stunde der Ge-schichte hat begonnen. Die Zeitder Tieropfer ist vorbei. „An dieStelle der blutigen Opfer und derOpferung von Speisen tritt derLeib Christi, tritt er selbst.“ Nur„die Liebe bis zur Vollendung, nurdie Liebe, die sich für die Men-schen ganz Gott schenkt, ist derwahre Kult, das wahre Opfer (Be-nedikt XVI.).“

Der Ort, wo Gott begegnet undwo er verehrt werden kann, ist nunder auferstandene Herr selbst. Die-se österliche Einsicht ist der letzteGrund des christlichen Gottes-dienstes. Mit der Verkündigungdes Gotteswortes und der Feier derSakramente geht es um die Voraus-setzung und Konsequenz solcherGlaubensgemeinschaft: Um dengeschwisterlichen Dienst christ-licher Liebe!

Dr. MartinPatzek,

Dozent fürCaritas-

wissenschaft,Hattingen

ZWEITE LESUNG

Menschen wollen oft größer sein alsandere. Diese Rivalität macht unfrei underrichtet Rangordnungen. Das gab esauch in Korinth. Paulus setzt dagegen dieOhnmacht des Kreuzes, in der sich GottesKraft zeigt. Sie ebnet alle Rangunter-schiede zwischen Menschen ein und stiftetein solidarisches Miteinander.

Die Juden fordern Zeichen, die Griechensuchen Weisheit. Wir dagegen verkündi-gen Christus als den Gekreuzigten: für Ju-den ein empörendes Ärgernis, für Heideneine Torheit, für die Berufenen aber, Judenwie Griechen, Christus, Gottes Kraft undGottes Weisheit.

Denn das Törichte an Gott ist weiser alsdie Menschen, und das Schwache an Gottist stärker als die Menschen. 1 Kor 1, 22-25

!!!Die Übersetzung der biblischen Texte sind derEinheitsübersetzung entnommen.

Die Tempelreinigung mit den Augen von Giotto gesehen (14. Jh, Scrovegni-Kapelle, Padua). Foto: in

der Herr lässt den nicht ungestraft, der seinen Namenmissbraucht. Gedenke des Sabbats: Halte ihn heilig!Sechs Tage darfst du schaffen und jede Arbeit tun. Dersiebte Tag ist ein Ruhetag, dem Herrn, deinem Gott,geweiht. An ihm darfst du keine Arbeit tun: du, deinSohn und deine Tochter, dein Sklave und deine Skla-vin, dein Vieh und der Fremde, der in deinem Stadtbe-reich Wohnrecht hat.

Denn in sechs Tagen hat der Herr Himmel, Erdeund Mond gemacht und alles, was dazugehört; amsiebten Tag ruhte er. Darum hat der Herr den Sabbat-tag gesegnet und ihn für heilig erklärt.

Ehre deinen Vater und deine Mutter, damit du langelebst in dem Land, das der Herr, dein Gott, dir gibt. Dusollst nicht morden. Du sollst nicht die Ehe brechen.Du sollst nicht stehlen. Du sollst nicht falsch gegendeinen Nächsten aussagen. Du sollst nicht nach demHaus deines Nächsten verlangen. Du sollst nicht nachder Frau deines Nächsten verlangen, nach seinemSklaven oder seiner Sklavin, seinem Rind oder seinemEsel oder nach irgendetwas, das deinem Nächsten ge-hört. Ex 20, 1-17

Sa Lesung:17.3. Hos 6, 1-6

Lk 18, 9-14(Mk 12, 35-37)Namens-/Gedenktage:Gertrud von Nivelles, Äbtissin; Patrick, Bf.

Lesejahr B

(Ökumenische Lesung)

EVANGELIUM

Johannes zeigt schon ganz zu Beginnseines Evangeliums, mit welcher Vehe-menz Jesus für seine Botschaft eintritt.Die starke Szene der Tempelreinigungweist auf Größeres hin: Es geht um dieBegegnung mit Gott, für die der Tempelimmer stand – und die jetzt Jesus vonNazaret über den Tod hinaus ermöglicht.

Das Paschafest der Juden war nahe, undJesus zog nach Jerusalem hinauf. Im Tem-pel fand er die Verkäufer von Rindern,Schafen und Tauben und die Geldwechs-ler, die dort saßen.

Er machte eine Geißel aus Stricken undtrieb sie alle aus dem Tempel hinaus, dazudie Schafe und Rinder; das Geld derWechsler schüttete er aus, und ihre Tischestieß er um. Zu den Taubenhändlern sagteer: Schafft das hier weg, macht das Hausmeines Vaters nicht zu einer Markthalle!Seine Jünger erinnerten sich an das Wort

scan

rw 47

26.11.2011

s.8-9

Seine Worteund Taten:Christus-Ikone mitTaufbecken,Zisterzienser-kirche inBochum. Foto: ms