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Des Weiteren gelten die Rechtlichen Hinweise unter www.solvency-ii-kompakt.de/content/rechtliche-hinweise.

Fachliche Eignung der Geschäftsleiter und Zuverlässigkeitsnachweis – “fit and proper“ unter Solvency II

Alle Personen, die ein Versicherungsunternehmen leiten oder andere Schlüsselaufgaben

übernehmen, müssen unter Solvency II die fit and proper-Kriterien erfüllen. Mit dieser Maß-

gabe stellen die fachliche Eignung und die persönliche Zuverlässigkeit grundlegende

Organverantwortungen in einem wirksamen Governance-System von Versicherungsunter-

nehmen dar.

Einleitung und rechtshistorische

Entwicklung

Das deutsche Aufsichtsrecht verlangt von Versi-

cherungsunternehmen eine ordnungsgemäße

Geschäftsorganisation und ein leistungsfähiges

Risikomanagement.1 Hierfür stehen besonders die

Geschäftsleiter in der Verantwortung. Gemäß der

Legaldefinition in § 7a Abs. 1 S. 4 VAG sind Ge-

1

Der Bundestag hat am 5. Februar 2015 das Gesetz zur

Modernisierung der Finanzaufsicht über Versicherungen

verabschiedet, das an einen früheren Entwurf zur Änderung

des Versicherungsaufsichtsgesetzes (10. VAG-Novelle)

anknüpft und mit dem die europäischen Solvency-II-Vorgaben

in nationales Aufsichtsrecht überführt werden (vgl. BT-

Drucksache 46/15). Der Bundesrat hat dem Gesetz am

6. März 2015 zugestimmt. Zum Stand der vorliegenden

Ausarbeitung (April 2015) hat die Neufassung des VAG damit

das formale Gesetzgebungsverfahren durchlaufen, tritt aber

erst mit dem offiziellen Start von Solvency II zum 1. Januar

2016 in Kraft. Insoweit beziehen sich die aufsichtsrechtlichen

Bezüge zum VAG in diesem Artikel eingangs auf die bisherige

Fassung, an späterer Stelle aber auch bereits auf die ab 2016

gültige neue Fassung (n.F.).

schäftsleiter „diejenigen natürlichen Personen, die

nach Gesetz oder Satzung oder als Hauptbevoll-

mächtigte einer Niederlassung [A] zur Führung

der Geschäfte und zur Vertretung des Versiche-

rungsunternehmens berufen sind“. Der Begriff ist

somit stellvertretend für die Vorstands- bzw. Ge-

schäftsführungsebene im Versicherungsunter-

nehmen zu sehen und wird im Folgenden einheit-

lich verwendet. Das Aufsichtsgesetz stellt bereits

seit dem ursprünglichen Inkrafttreten des § 7a

VAG am 29.07.1994 explizite Anforderungen an

die Qualifikation der Geschäftsleiter. Diese wur-

den im Zuge des Gesetzes zur Stärkung der Fi-

nanzmarkt- und der Versicherungsaufsicht auf die

Mitglieder von Aufsichtsräten erweitert. Überdies

wurden die Anforderungen durch § 64a VAG und

die Mindestanforderungen an das Risikoma-

nagement (MaRisk VA) weiter spezifiziert. Beglei-

tend dazu hat die Bundesanstalt für Finanzdienst-

leistungsaufsicht (BaFin) Anfang 2013 ein Merk-

blatt für die Prüfung der fachlichen Eignung und

Zuverlässigkeit von Geschäftsleitern sowie im Ap-

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ril 2014 eine Verlautbarung zu diesem Themen-

block veröffentlicht und damit die aufsichtsrechtli-

chen Vorgaben für die Praxis operationalisiert.

In diesem Aufsatz werden die inhaltlichen Prämis-

sen der unterschiedlichen Aufsichtsvorgaben suk-

zessive veranschaulicht und vor dem Hintergrund

der fit and proper-Kriterien nach Solvency II und

der Anforderungen an ein Governance-System

von Versicherungsunternehmen reflektiert.

Anforderungen des § 7a VAG

1. Anforderungen an die Geschäftsleiter

(§ 7a Abs. 1 VAG)

Das Aufsichtsgesetz stellt besondere Ansprüche

an die Qualifikation der Geschäftsleiter, die über

die allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Anforde-

rungen hinausgehen. Gemäß § 7a Abs. 1 S. 1

VAG müssen „Geschäftsleiter von Versicherungs-

unternehmen [A] zuverlässig und fachlich geeig-

net sein“. Mit der Vorgabe der Zuverlässigkeit zielt

der Gesetzgeber auf die Eigenschaften von Ge-

schäftsleitern ab, mithin verlässlich, redlich und

integer zu agieren. Demgegenüber setzt die fach-

liche Eignung gemäß Abs. 1 S. 2 in ausreichen-

dem Maße theoretische und praktische Kenntnis-

se in Versicherungsgeschäften sowie Leitungser-

fahrung voraus. Dies ist dann anzunehmen, wenn

ein Geschäftsleiter eine dreijährige leitende Tätig-

keit bei einem Versicherungsunternehmen von

vergleichbarer Größe und Geschäftsart nachwei-

sen kann (Abs. 1 S. 3).

Parallele Geschäftsleitertätigkeiten einer Person

bei Versicherungsunternehmen, Pensionsfonds,

Versicherungs-Holdinggesellschaften oder Versi-

cherungs-Zweckgesellschaften (Mehrfachmanda-

te) sind per Gesetz auf zwei Mandate beschränkt

(Abs. 1 S. 5), wobei die BaFin für Unternehmen

derselben Versicherungs- oder Unternehmens-

gruppe in Einzelfällen auch mehr als zwei Manda-

te zulassen kann (Abs. 1 S. 6)2.

2. Anforderungen an die Aufsichtsratsmit-

glieder (§ 7a Abs. 4 VAG)

Mit dem Gesetz zur Stärkung der Finanzmarkt-

und der Versicherungsaufsicht wurden die Qualifi-

kationsanforderungen in der Assekuranz nach

dem Leitbild der Geschäftsleiterkontrolle auf die

Mitglieder von Aufsichtsräten übertragen. Die Vor-

gaben wurden im Zuge der 9. VAG-Novelle in den

§ 7a VAG aufgenommen und traten zum

01.08.2009 in Kraft. Demnach müssen die Auf-

sichtsratsmitglieder gemäß Abs. 4 „zuverlässig

sein und die zur Wahrnehmung der Kontrollfunkti-

on sowie zur Beurteilung und Überwachung der

Geschäfte, die das Unternehmen betreibt, erfor-

derliche Sachkunde besitzen.“ Ob und inwieweit

das Erfordernis der Sachkunde inhaltlich von der

fachlichen Eignung (der Geschäftsleiter) abweicht,

ist juristisch umstritten. Die Anforderungen gehen

aber zumindest in die gleiche Richtung.3 Lei-

tungserfahrung müssen die Aufsichtsratsmitglie-

der, anders als die Geschäftsleiter, hingegen nicht

explizit aufweisen.

Die Anzahl der Mehrfachmandate ist für Aufsichts-

ratsmitglieder bei unter Aufsicht der BaFin ste-

henden Unternehmen auf maximal fünf limitiert.

2

Siehe hierzu auch das BaFin-Merkblatt zu Geschäftsleiter-

Mehrfachmandaten vom 02.05.2011. 3

Im damaligen Regierungsentwurf des Gesetzes wurde für

Aufsichtsratsmitglieder zunächst ebenfalls auf die fachliche

Eignung abgestellt, diese aber in der späteren Fassung durch

die Sachkunde ersetzt. Vgl. Deutscher Bundestag, Drucksache

16/12783 vom 27.04.2009, S. 8.

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Mandate bei Unternehmen derselben Versiche-

rungs- oder Unternehmensgruppe bleiben bei der

Mandatsbeschränkung außen vor (Abs. 4 S. 4).

Ferner dürfen maximal zwei ehemalige Ge-

schäftsleiter des Unternehmens eine Kontrollfunk-

tion im Aufsichts- bzw. Verwaltungsrat ausüben

(Abs. 4 S. 3).

Anforderungen der Aufsichtsbehörde

Die Überprüfung, ob die Qualifikationsanforderun-

gen aus § 7a VAG regelmäßig und fortdauernd

eingehalten werden, obliegt der BaFin im Rahmen

der allgemeinen Rechts- und Finanzaufsicht i.S.d.

§ 81 Abs. 1 VAG. Sofern die BaFin Missstände

feststellt, kann sie die Abberufung von Geschäfts-

leitern verlangen und den Geschäftsleitern die

Ausübung ihrer Tätigkeit untersagen (§ 87 Abs. 6

VAG i.V.m. § 8 VAG). Die Anwendung auf Auf-

sichtsratsmitglieder greift in ähnlicher Weise (§ 87

Abs. 8 VAG). Darüber hinaus kommt bei Verstö-

ßen auch eine Haftung der Geschäftsleiter und

Aufsichtsratsmitglieder im Innenverhältnis zum

Unternehmen in Betracht, soweit individuelle

Sorgfaltspflichten verletzt wurden.

Zum praktischen Nachweis der Qualifikation veröf-

fentlichte die BaFin am 20.02.2013 ein „Merkblatt

für die Prüfung der fachlichen Eignung und Zuver-

lässigkeit von Geschäftsleitern gemäß VAG,

KWG, ZAG und InvG“. Inhaltlich differenzierte die

Aufsichtsbehörde dabei nach den im Titel genann-

ten Rechtssphären, stellte mit dem Merkblatt aber

zugleich eine normenübergreifende Praxisgrund-

lage zur Verfügung. Diese wirkte erstmals auch

unmittelbar für die Versicherungsaufsicht nach

VAG, nachdem in der Vergangenheit die zugrunde

liegenden Generalklauseln noch durch Rund-

schreiben der Versicherungsaufsicht (VA) konkre-

tisiert worden waren.

Von besonderer Relevanz für die Anwendung der

fit and proper-Kriterien im Versicherungsbereich

ist Teil A des Merkblatts, welcher auf die Anforde-

rungen für Geschäftsleiter von Unternehmen im

Bereich des Versicherungsaufsichtsgesetzes ab-

stellt. In Bezug auf die materiellen Anforderungen

greift Abschnitt A. I. auf die oben dargestellten

Vorgaben des § 7a VAG zurück und gliedert die

Anforderungen in die Bereiche fachliche Eignung,

Zuverlässigkeit einschließlich Interessenkonflikte

sowie Geschäftsleiter-Mehrfachmandate, nimmt

dabei aber inhaltliche Präzisierungen vor. Diese

werden im Folgenden skizziert.

1. Fachliche Eignung

Voraussetzungen für die fachliche Eignung sind

sowohl ausreichende theoretische und praktische

Kenntnisse in den betriebenen Geschäften als

auch Leitungserfahrung. Ausdrücklich ebenso von

Bedeutung sind Kenntnisse und Erfahrungen im

spezifischen Risikomanagement. Zudem stellt das

Merkblatt auf den Proportionalitätsgedanken ab

und fordert für die fachliche Eignung ein ange-

messenes Verhältnis zur Größe und systemischen

Relevanz des Unternehmens sowie zu Art, Um-

fang, Komplexität und Risikogehalt der betriebe-

nen Geschäftsaktivitäten. Dies kann besonders

für kleinere Versicherer relevant sein, um die weit-

reichenden Compliance-Erfordernisse mit vertret-

barem Aufwand erfüllen zu können.

Die geforderte Leitungserfahrung kann ein Ge-

schäftsleiter insbesondere durch die Arbeit als

Führungskraft erworben haben. Dabei ist für die

Aufsichtsbehörde auch maßgeblich, ob er in sei-

nen bisherigen Tätigkeiten Projekte, Maßnahmen

und Arbeitsabläufe geplant, organisiert und kon-

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trolliert bzw. seine Befähigung nachgewiesen hat,

Mitarbeiter zu leiten und Aufgaben zu koordinie-

ren, delegieren und kontrollieren.

2. Zuverlässigkeit einschließlich Interessen-

konflikte

Die Zuverlässigkeit von Geschäftsleitern ist eine

„conditio sine qua non“, die explizit unabhängig

von dem Erfordernis der fachlichen Eignung be-

stehen muss und überdies nicht zwingend ver-

schuldensabhängig ist. Das Kriterium ist bei-

spielsweise nicht erfüllt, wenn der Geschäftsleiter

gegen Straf- oder Ordnungswidrigkeitstatbestän-

de verstoßen hat, zeitlich nicht ausreichend ver-

fügbar ist oder Interessenkonflikte vorliegen. Letz-

tere sind insbesondere dann anzunehmen, wenn

ein Geschäftsleiter, ein Angehöriger oder ein von

ihm geleitetes (anderes) Unternehmen Ge-

schäftsbeziehungen zu dem geführten Versiche-

rungsunternehmen unterhält, aus dem sich wirt-

schaftliche Abhängigkeiten des Geschäftsleiters

ergeben (können).

3. Geschäftsleiter-Mehrfachmandate

Hinsichtlich der Anzahl der Geschäftsleitermanda-

te, die eine Person bei beaufsichtigten Unterneh-

men gleichzeitig innehaben darf, gilt § 7a Abs. 1

S. 5, 6 VAG (siehe oben). Für die Genehmi-

gungspflicht einer Verlängerung von Mehrfach-

mandaten durch Wiederbestellung wird auf das

separate Merkblatt zu Geschäftsleiter-

Mehrfachmandaten verwiesen.

Abschnitt A. II. geht darüber hinaus auf spezielle

Verfahrensfragen ein und listet nebst einer Check-

liste die erforderlichen Unterlagen auf, die für die

Anzeige der (beabsichtigten) Bestellung eines

Geschäftsleiters bereitzustellen sind:

• Lückenloser, eigenhändig von den Ge-

schäftsleitern unterzeichneter Lebenslauf

mit definierten (Mindest-)Angaben,

• Formular mit Angaben zur Zuverlässig-

keit,

• Behördliches Führungszeugnis, europäi-

sches behördliches Führungszeugnis o-

der entsprechende Unterlagen aus dem

Ausland,

• Auszug aus dem Gewerbezentralregister.

Anforderungen des § 64a VAG und der

MaRisk VA

Die Qualifikationsanforderungen von Geschäftslei-

tern und Aufsichtsratsmitgliedern werden auch

durch § 64a VAG und die MaRisk VA beeinflusst,

hier besonders bezogen auf die Themenfelder Ri-

sikomanagement und Compliance. Nach dem

damaligen Gesetzesentwurf der Bundesregierung

zu § 64a VAG sind die Geschäftsleiter unter ande-

rem für die Einführung eines angemessenen Risi-

komanagements in ihrer Geschäftsorganisation

verantwortlich, wozu sie „zumindest fachliche

Grundkenntnisse sowie die Fähigkeit [benötigen]

zu beurteilen, welches Risikomanagement für ihre

Geschäftsorganisation angemessen ist.“4 Dane-

ben verlangen die MaRisk VA von der Geschäfts-

leitung, dass sie „jederzeit in der Lage sein

[muss], den Risikobericht zu erläutern. Für die von

ihr gewollt eingegangenen Risiken muss die Ge-

schäftsleitung erklären können, welche Hand-

lungsalternativen im Entscheidungszeitpunkt vor-

4 Vgl. Deutscher Bundestag, Drucksache 16/6518 vom

24.09.2007, S. 16.

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gelegen haben und aus welchem Grund die Risi-

koübernahme präferiert wurde.“5 Mit diesen Vor-

gaben stellen die MaRisk VA bei Geschäftsleitern

implizit nicht mehr nur auf allgemeine Kenntnisse

in Versicherungsgeschäften ab, sondern fordern

spezielle Kenntnisse in den Funktionsweisen des

Risikomanagements, verbunden mit entsprechen-

den Sorgfaltspflichten. Mit ihrer fachlichen Fokus-

sierung gehen sie somit über die grundlegenden

Eignungsanforderungen nach § 7a VAG hinaus.

Pflichtverletzungen der Geschäftsleiter beim Risi-

komanagement können unter Umständen straf-

rechtlich sanktioniert werden. Im Übrigen verlangt

das Aufsichtsrecht auch den Aufsichtsratsmitglie-

dern die Fähigkeit ab, das Risiko für das kontrol-

lierte Unternehmen beurteilen zu können.6

Anforderungen von Solvency II

In der Richtlinie 2009/138/EG (Solvency-II-

Rahmenrichtlinie, SII-RRL) sind die Anforderun-

gen an die fachliche Qualifikation und die persön-

liche Zuverlässigkeit in Artikel 42 verankert. Die

Terminologien unter Solvency II ähneln den im

VAG normierten Begriffen, die dort im Rahmen

des § 7a VAG allgemein mit „Qualifikation“ über-

schrieben sind.

Die Anforderungen aus der Solvency-II-

Rahmenrichtlinie gelten explizit für alle Personen,

die das Erst- oder Rückversicherungsunterneh-

men tatsächlich leiten oder andere Schlüsselauf-

gaben innehaben, beschränken sich also gerade

nicht auf die Geschäftsleitung. Ähnlich zu den im

5

Vgl. MaRisk VA, Ziff. 7.3.4, Punkt 7. 6

Vgl. hierzu den Regierungsentwurf zum Gesetz zur Stärkung

der Finanzmarkt- und der Versicherungsaufsicht, Deutscher

Bundestag, Drucksache 16/12783 vom 24.09.2007, S. 18.

deutschen Aufsichtsrecht bereits geltenden Vor-

gaben muss diese Personengruppe nach dem

Wortlaut von Art. 42 Abs. 1 jederzeit den folgen-

den Anforderungen genügen:

a) Ihre Berufsqualifikationen, Kenntnisse und Er-

fahrungen reichen aus, um ein solides und

vorsichtiges Management zu gewährleisten

(fachliche Qualifikation).

b) Sie sind zuverlässig und integer (persönliche

Zuverlässigkeit).

Somit müssen die Inhaber der Geschäftsleitung

und von Schlüsselpositionen sowohl fachlich qua-

lifiziert (fit) als auch persönlich zuverlässig

(proper) sein, demgemäß die fit and proper-

Kriterien erfüllen. Diese Begrifflichkeiten wurden

bereits im Jahr 2007 durch das Committee of Eu-

ropean Insurance and Occupational Pensions Su-

pervisors (CEIOPS) geprägt.7

Unter Solvency II vorzunehmende Inhaltsspezifi-

zierungen der in der Rahmenrichtlinie zunächst

recht unbestimmten fachlichen Anforderungen

lassen sich den Leitlinien (Guidelines) der Euro-

pean Insurance and Occupational Pensions Au-

thority (EIOPA) für das Governance-System8 ent-

nehmen. Der Leitlinie 11 zufolge müssen die Mit-

glieder von Verwaltungs-, Aufsichts- und Ma-

nagementorganen insgesamt mindestens in fol-

genden Themenfeldern Qualifikationen, Erfahrun-

gen und Kenntnisse aufweisen und dauerhaft auf-

rechterhalten:

7

Vgl. CEIOPS Issues Paper „Risk Management and Other

Corporate Issues“ vom 17.07.2007, Kap. 2.2. 8

Vgl. Guidelines on System of Governance, EIOPA-CP-

13/08, veröffentlicht am 31.10.2013, Abschnitt II, Kap. II.

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• Versicherungs- und Finanzmärkte

• Geschäftsstrategie und -modell

• Governance-System

• Finanzanalyse und versicherungsmathe-

matische Analyse

• Regulatorischer Rahmen und regulatori-

sche Anforderungen

Die Guidelines halten die Versicherer ferner an,

ihren Prüf- und Kontrollprozess in einer internen

Richtlinie (fit & proper policy) zu dokumentieren, in

der folgende Inhalte abgebildet werden müssen:

• Prozedere der fortlaufenden Einschät-

zung der fit and proper-Merkmale für die

Geschäftsleitung und Personen in

Schlüsselfunktionen

• Situationen, die eine Neubeurteilung der

Anforderungen erforderlich machen

• Prozedere zur Beurteilung der Anforde-

rungen für weitere relevante Mitarbeiter

Die Überwachungs- und Eingriffsverantwortung

zur Einhaltung der Kriterien unterliegt wiederum

den nationalen Aufsichtsbehörden. An diese hat

ein Versicherungsunternehmen sämtliche Infor-

mationen zu liefern, die für eine (grundlegende)

Beurteilung der fachlichen Qualifikation und Zu-

verlässigkeit notwendig sind (Art. 42 Abs. 2 SII-

RRL). Ein Versicherungsunternehmen hat seiner

Aufsichtsbehörde zu melden, wenn eine Person

ersetzt wurde, weil sie die Anforderungen nicht

mehr erfüllt (Art. 42 Abs. 3 SII-RRL). Ferner ist

vorgesehen, dass Geschäftsleiter und sonstige

Personen in Schlüsselfunktionen einen aktuellen

Zuverlässigkeitsnachweis, etwa in Form eines be-

anstandungslosen Führungszeugnisses, beizu-

bringen haben (Art. 43 Abs. 1, 3 SII-RRL). Dies

deckt sich in weiten Teilen mit den hiesigen Pra-

xisanforderungen (siehe oben), was als Beleg für

die enge inhaltliche Verknüpfung mit den in

Deutschland etablierten Aufsichtsstandards ge-

wertet werden kann.

Von großer aufsichtsrechtlicher Bedeutung ist die

personelle Zuordnung bezüglich der Frage, wel-

che Mitarbeiter im Unternehmen neben der Ge-

schäftsleitung eine Schlüsselposition einnehmen,

also Schlüsselfunktionsträger nach Maßgabe von

Solvency II darstellen. Hierzu kann mindestens

auf die in Artikel 44 bis 48 der Rahmenrichtlinie

definierten Funktionsträger abgestellt werden:

• Risikomanagement-Funktion (Art. 44 Abs.

4 SII-RRL)

• Compliance-Funktion (Art. 46 Abs. 1 SII-

RRL)

• Interne Revision (Art. 47 SII-RRL)

• Versicherungsmathematische Funktion

(Art. 48 SII-RRL)

Zur Konkretisierung hat die BaFin im Zuge der

Vorbereitungsphase auf Solvency II eine Verlaut-

barung zum fit and proper-Themenblock veröffent-

licht.9 Hierin wurde auch der Begriff der „Schlüs-

selaufgabe“ präziser eingeordnet. Dieser ist dem-

gemäß als Oberbegriff zu sehen, der sowohl die

Personen, die das Unternehmen tatsächlich lei-

9

Vgl. BaFin-Verlautbarung vom 30.04.2014 zur Vorbereitung

auf Solvency II: Prüfung der fachlichen Eignung und

Zuverlässigkeit.

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ten, als ausdrücklich auch „andere Schlüsselauf-

gaben“ umfasst (siehe Abbildung unten). Letztere

schließen laut BaFin die Mitglieder des Aufsichts-

rates sowie die oben genannten vier Schlüssel-

funktionen im engeren Sinne ein. Daneben kön-

nen aber durchaus weitere (andere) Schlüssel-

aufgaben vorhanden sein, sofern ein Versiche-

rungsunternehmen für sich Bereiche identifiziert,

die für den eigenen Geschäftsbetrieb von erhebli-

cher Bedeutung sind. Damit liegt es in der Eigen-

verantwortung der Unternehmen, etwaige weitere

Personen mit Schlüsselaufgaben zu definieren

und sicherzustellen, dass auch sie den fit and

proper-Anforderungen genügen.

Im Zuge der Begriffsklärung stellt die BaFin in ih-

rer Verlautbarung klar, dass die Verantwortung für

eine Schlüsselaufgabe nur bei einer einzelnen na-

türlichen Person liegen kann, die dann jeweils

„verantwortlicher Inhaber“ der Schlüsselaufgabe

bzw. Schlüsselfunktion ist. Dazu steht nicht im

Widerspruch, dass weitere Personen mit Schlüs-

selaufgaben betraut sein können, wobei stets der

verantwortliche Inhaber der jeweiligen Schlüssel-

aufgabe operativ für die ordnungsgemäße Erfül-

lung des jeweiligen Aufgabengebietes verantwort-

lich bleibt. Nur dieser ist auch gegenüber der Auf-

sichtsbehörde anzuzeigen. Gleichwohl müssen

auch Stellvertreter der Schlüsselaufgabenverant-

wortlichen die Qualifikationsanforderungen erfül-

len, was den Unternehmen letztlich klare, transpa-

rente und personenbezogene Stellvertreterrege-

lungen abverlangt. Die Letztverantwortung für die

ordnungsgemäße Erfüllung der Schlüsselaufga-

ben liegt bei der Geschäftsleitung, ungeachtet ei-

ner eventuellen Aufgabendelegation innerhalb der

Geschäftsleitung oder auf nachgeordnete bzw.

zugehörige Mitarbeiter. Unter bestimmten Voraus-

setzungen ist auch eine Ausgliederung (Outsour-

cing) von Schlüsselaufgaben an einen externen

Dienstleister zulässig, wobei auch deren Schlüs-

selpersonen ausreichend qualifiziert sein müssen

und die Letztverantwortung bei der Geschäftslei-

tung des ausgliedernden Unternehmens liegt.

Welche Eignungsanforderungen an die unter-

schiedlichen Funktionsträger im Detail zu stellen

sind, hängt unternehmensindividuell von der spe-

zifischen Geschäftsorganisation mitsamt der zu-

grunde liegenden Aufbau- und Ablauforganisation,

der funktionalen Zuordnung von unternehmeri-

schen Kernaufgaben sowie den Risikomanage-

mentprozessen und Berichtswegen ab. Einzelge-

sellschafen mit einfach strukturiertem Geschäfts-

modell mögen letztlich andere (universellere) Eig-

nungsvoraussetzungen an die eigenen Schlüssel-

positionen stellen als multinational agierende Ver-

sicherungsgruppen oder stark spezialisierte An-

bieter. Vor diesem Hintergrund ist die praktische

Umsetzung der fit and proper-Anforderungen nicht

dogmatisch zu interpretieren, sondern hängt von

der unternehmensindividuellen Situation und der

Struktur des Governance-Systems ab.

In diesem Zusammenhang hat auch die BaFin in

ihrer o. a. Verlautbarung herausgestellt, dass die

Anforderungen an die fachliche Eignung unter Be-

rücksichtigung des Grundsatzes der Proportionali-

tät zu erfüllen sind. Demnach sind die Anforde-

rungen in der praktischen Umsetzung unter Be-

rücksichtigung der unternehmensindividuellen Ri-

siken bzw. der Art und des Umfangs des Ge-

schäftsbetriebes zu erfüllen. Dies bedeutet, dass

die erforderlichen Kenntnisse auf das allgemeine

Geschäfts-, Wirtschafts- und Marktumfeld eines

Unternehmens zu beziehen sind. Im Falle der

Wahrnehmung von Leitungspositionen hat die

BaFin den Proportionalitätsgedanken dahinge-

hend ausgelegt, dass zwar entsprechende Lei-

tungserfahrung berücksichtigt werden sollte, aber

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im besonderen Einzelfall nicht zwingend erforder-

lich ist.

Bei den Anforderungen an die Zuverlässigkeit ge-

steht die BaFin hingegen keine proportionalen Er-

leichterungen zu, da in der Aufsichtsphilosophie

die Integrität der Personen stets ein einheitliches

und angemessenes Niveau haben muss, und

zwar unabhängig von der Wesensart, dem Um-

fang und der Komplexität der mit der Geschäftstä-

tigkeit einhergehenden Risiken.

Abbildung: Schlüsselaufgaben im Aufsichtssystem unter Solvency II

(Quelle: BaFin-Verlautbarung zur Vorbereitung auf Solvency II, eigene Darstellung)

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Anforderungen aus dem

modernisierten VAG ab 2016

Die weitreichenden Vorüberlegungen der BaFin

decken sich in ihrem grundlegenden Profil mit der

modernisierten und ab 1. Januar 2016 gültigen

Neufassung des VAG. Der maßgebliche § 24

VAG n.F. – Anforderungen an Personen, die das

Unternehmen tatsächlich leiten oder andere

Schlüsselaufgaben wahrnehmen – erweitert die

bislang schon bestehenden Anforderungen aus

§ 7a Absatz 1 VAG um die fit and proper-

Merkmale aus Solvency II, insbesondere hinsicht-

lich der Präzisierung von Schlüsselaufgaben. In

der Gesetzesbegründung stellt die Bundesregie-

rung hierzu klar, dass anstelle des Begriffs

„Schlüsselfunktionen“ bewusst der Begriff

„Schlüsselaufgaben“ verwendet wurde. Durch

diese Abgrenzung soll verdeutlicht werden, dass

sich die Qualifikationsanforderungen nicht

zwangsläufig auf die vier Schlüsselfunktionen im

engeren Sinne aus Artikel 44 ff. der Rahmenricht-

linie beschränken, was wiederum mit der BaFin-

Sicht im Einklang steht. Zu dem Kreis der leiten-

den Personen gehören ferner nicht nur die Ge-

schäftsleiter, sondern auch etwaige weitere we-

sentliche Entscheidungsträger in nachgelagerten

Führungsebenen, falls diese erheblichen Einfluss

auf Unternehmensentscheidungen haben (vgl. §

24 Abs. 2 n.F.). Daneben stellt der Gesetzgeber in

seiner Begründung heraus, dass zu denjenigen

Personen, die andere Schlüsselaufgaben inneha-

ben, auch die Mitglieder des Aufsichtsrats gehö-

ren.

Welche Anforderungen konkret an die fachliche

Eignung zu stellen sind, richtet sich nunmehr nach

der jeweiligen Schlüsselaufgabe und den Zustän-

digkeiten einer Person im Rahmen ihrer Erfüllung.

Gleiches gilt in Bezug auf Personen, die das Un-

ternehmen tatsächlich leiten, indem auch hier der

individuelle Aufgabenbereich berücksichtigt wer-

den muss. Hingegen sind die Anforderungen an

die persönliche Zuverlässigkeit in § 24 Abs. 1

VAG n.F. gerade nicht an das individuelle Risi-

koprofil eines Unternehmens geknüpft.

Die fachliche Eignung soll explizit eine solide und

umsichtige Leitung des Unternehmens sicherstel-

len (vgl. § 24 Abs. 1 VAG n.F.). Hierzu gehört

auch eine ausreichende Leitungserfahrung, von

der bei einer dreijährigen leitenden Tätigkeit bei

einem vergleichbaren Versicherungsunternehmen

regelmäßig auszugehen ist.10 Damit deckt sich

das neue VAG an dieser Stelle mit der bisherigen

Fassung (siehe dazu ausführlich oben). Auch die

Regelungen zu Mehrfachmandaten wurden in das

neue VAG übernommen, so dass § 24 Abs. 3 VAG

n.F. dem bisherigen § 7a Absatz 1 Satz 5 und 6

VAG entspricht.

Summa summarum sind die rechtlichen und

organisatorischen Facetten der Qualifikationsan-

forderungen, die in diesem Artikel thematisiert

sind, in akzentuierter Form in das neue VAG ein-

geflossen. Zugleich ist das deutsche Aufsichts-

recht dadurch ab 2016 fit and proper-kompatibel

zu Solvency II.

10

Im Zuge der Konsultation zur VAG-Modernisierung ist die

Diskussion aufgekeimt, ob diese Anforderungen nicht zu eng

gefasst sind. So argumentierte etwa der GDV in seiner

Stellungnahme zum Regierungsentwurf, dass durch den

ausdrücklichen Versicherungsbezug ein Seiteneinstieg aus

dem Bank- oder Wertpapierbereich nur schwer möglich wäre.

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Fazit

An die Entscheidungsträger in Versicherungsun-

ternehmen werden besondere Eignungsvoraus-

setzungen gestellt. Ihre fachliche Qualifikation und

persönliche Zuverlässigkeit sind elementare Er-

fordernisse für den ordnungsgemäßen Ge-

schäftsbetrieb, wie sie auch Solvency II dezidiert

einfordert. Im deutschen Aufsichtsgefüge sind die

wesentlichen Anforderungen für Geschäftsleiter

und Aufsichtsratsmitglieder in ihren Grundelemen-

ten nicht neu, sondern durch etablierte Regelun-

gen im bisherigen Aufsichtsrahmen bereits be-

kannt und gelebt. Insoweit sind sie im gewachse-

nen Normensystem der Aufsichtsgesetzgebung,

die in diesen Aspekten grundsätzliche Analogien

zur Solvency-II-Rahmenrichtlinie aufweist, bereits

seit vielen Jahren ein wichtiges Element, das über

die Regulierungstätigkeit der BaFin in der Praxis

kontrolliert und gestaltet wird.

Im Zuge der Vorbereitungsphase auf Solvency II

hat die BaFin bestehende Rechtsunsicherheiten,

beispielsweise hinsichtlich des Profils von Schlüs-

selaufgabenträgern und der damit verbundenen

Frage, welche Prämissen an eine funktions- bzw.

positionsspezifische Eignung zu stellen sind, nä-

her konkretisiert. Darauf aufbauend hat die Bun-

desregierung die Neuregelungen auf

gesetzgeberischer Ebene in das modernisierte

VAG überführt.

Letztlich bezieht sich die fachliche Eignung nicht

allein auf einen bestimmten (Erfüllungs-)Zeitpunkt,

sondern erfordert vielmehr eine kontinuierliche

Weiterbildung, damit die Geschäftsleiter und Trä-

ger von Schlüsselaufgaben fortlaufend imstande

sind, den mitunter wechselnden und steigenden

Anforderungen an ihr Aufgabengebiet gerecht zu

werden. Speziell kleinere Versicherer werden ein

Interesse daran haben, den organisatorischen

und bürokratischen Aufwand, der mit der Erfüllung

der Anforderungen einhergeht, auf ein tragfähiges

Maß zu reduzieren. Damit kommt der konkreten

Auslegung des Proportionalitätsgrundsatzes in

der Aufsichtspraxis hier ein besonderer Stellen-

wert zu.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass im Auf-

sichtsregime unter Solvency II umfassende fit and

proper-Kriterien zur Anwendung gelangen, die von

den Unternehmen sorgfältig beurteilt und ausführ-

lich dokumentiert werden müssen, zumal die Ein-

stufung von Schlüsselaufgaben- und Entschei-

dungsträgern in letzter Konsequenz individuell

und einzelfallbasiert vorzunehmen ist. Das Zuver-

lässigkeitserfordernis zielt dabei auf grundlegende

Hygienefaktoren wie Redlichkeit, Rechtschaffen-

heit, Verantwortungsbewusstsein und Anstand ab.

Darüber hinaus verlangt die Eignungskontrolle

den unternehmerischen Entscheidungsträgern

geschäftsmodellkonforme Kompetenz- und Erfah-

rungsnachweise ab, die auf einen hohen Qualifi-

kationsanspruch schließen lassen. Damit präzi-

siert der Aufsichtsrahmen von Solvency II das re-

gulatorische Selbstverständnis, dass der fit and

proper-Nachweis von handelnden Personen ein

charakteristisches Merkmal der Corporate Gover-

nance von Versicherungsunternehmen darstellt.