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FAHRERASSISTENZSYSTEME KUNDENWERTIG DURCH VERNETZUNG In der langen Entwicklungsgeschichte des Automobils sehe ich das Automatikgetriebe als das erste Fahrerassistenzsystem. Menschen, die das Aus- und Einkuppeln und das Wechseln der Gänge als Belastung empfinden, können deutlich entlastet wer- den. Da die automatische Gangwahl anfangs nur über die Stel- lung des Fahrpedals und der Fahrgeschwindigkeit erfolgte, gal- ten Fahrzeuge mit Automatikgetriebe als lahm und spritfres- send. Erst der Einsatz elektronischer Steuerungen ermöglichte es, mehr Daten zwischen Motor und Getriebe auszutauschen. Dieser erhöhte Informationsfluss zwischen den beiden Aggrega- ten und dem Fahrzeug erlaubte neue Funktionen. Kaum mehr spürbare Schaltvorgänge, niedriger Kraftstoffverbrauch, ein spontanes Ansprechverhalten und eine einfache Bedienung drehten das Image. Fahrzeuge mit vernetzten Motor-/Getriebe- einheiten gehören heute zum Standard. Sie sind eine attraktive und kundenwertige Lösung. Die Vernetzung des mechanischen und thermischen Ener- gieflusses des Verbrennungsmotors mit den elektrischen, hyd- raulischen, pneumatischen, mechanischen und thermischen Energieflüssen des Fahrzeugs ermöglichte einen bedarfsorien- tierten Betrieb der Teilsysteme. Mit diesem funktionsorientier- ten, integrativen Gesamtfahrzeugansatz erfolgte ein Durch- bruch bei der Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs und der CO 2 -Emissionen. Der Informationsaustausch der Systeme unter- einander erlaubte es zudem, Funktionen wie Motor-Stopp-Start und Bremsenergierückgewinnung für den Kunden akzeptabel darzustellen. Erst diese Vernetzung ermöglichte effizientes Energiemanagement und erhöhte damit die Kundenwertigkeit. Bis hierher hatten die Automobilhersteller das Handeln selbst in der Hand. Jetzt stehen die nächsten Schritte bevor: Die Ver- netzung der Fahrzeuge mit der Umwelt. Diese Vernetzung eröffnet uns zahlreiche Chancen, beispielsweise zu mehr Sicherheit sowie weniger Kraftstoffverbrauch, und führt uns in eine Welt, in der Autos von selbst fahren. Zielführend ist dieser Weg aber nur, wenn der Kunde diesen Assistenzsystemen ver- traut und sie nutzt. Einen derartigen Vertrauensaufbau habe ich bei der Vorhersagegenauigkeit von Staus über Navigations- geräte beobachtet. Erst seit Autos die Verkehrsflüsse erfassen und diese an eine Zentrale melden, sind Stauhinweise zuverläs- sig und damit kundenwertig. Je mehr Daten in Echtzeit vorlie- gen, umso kundenwertiger können die Funktionen ausgeführt werden. Erst Schwarmtechnologien eröffnen uns aber die Chance, auf den Menschen zugeschnittene Assistenzsysteme zu entwickeln. Automobil-, IT- und Software-Industrie müssen sich deshalb aufeinander zu bewegen. Wir werden mit der ATZ-Familie dafür Brücken bauen. DR. JOHANNES LIEBL Herausgeber ATZ, MTZ und ATZelektronik GASTKOMMENTAR 48

Fahrerassistenzsysteme kundenwertig durch Vernetzung

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FAHRERASSISTENZSYSTEME KUNDENWERTIG DURCH VERNETZUNG

In der langen Entwicklungsgeschichte des Automobils sehe ich das Automatikgetriebe als das erste Fahrerassistenzsystem. Menschen, die das Aus- und Einkuppeln und das Wechseln der Gänge als Belastung empfinden, können deutlich entlastet wer-den. Da die automatische Gangwahl anfangs nur über die Stel-lung des Fahrpedals und der Fahrgeschwindigkeit erfolgte, gal-ten Fahrzeuge mit Automatikgetriebe als lahm und spritfres-send. Erst der Einsatz elektronischer Steuerungen ermöglichte es, mehr Daten zwischen Motor und Getriebe auszutauschen. Dieser erhöhte Informationsfluss zwischen den beiden Aggrega-ten und dem Fahrzeug erlaubte neue Funktionen. Kaum mehr spürbare Schaltvorgänge, niedriger Kraftstoffverbrauch, ein spontanes Ansprechverhalten und eine einfache Bedienung drehten das Image. Fahrzeuge mit vernetzten Motor-/Getriebe-einheiten gehören heute zum Standard. Sie sind eine attraktive und kundenwertige Lösung.

Die Vernetzung des mechanischen und thermischen Ener-gieflusses des Verbrennungsmotors mit den elektrischen, hyd-raulischen, pneumatischen, mechanischen und thermischen Energieflüssen des Fahrzeugs ermöglichte einen bedarfsorien-tierten Betrieb der Teilsysteme. Mit diesem funktionsorientier-ten, integrativen Gesamtfahrzeugansatz erfolgte ein Durch-bruch bei der Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs und der

CO2-Emissionen. Der Informationsaustausch der Systeme unter-einander erlaubte es zudem, Funktionen wie Motor-Stopp-Start und Bremsenergierückgewinnung für den Kunden akzeptabel darzustellen. Erst diese Vernetzung ermöglichte effizientes Energiemanagement und erhöhte damit die Kundenwertigkeit.

Bis hierher hatten die Automobilhersteller das Handeln selbst in der Hand. Jetzt stehen die nächsten Schritte bevor: Die Ver-netzung der Fahrzeuge mit der Umwelt. Diese Vernetzung eröffnet uns zahlreiche Chancen, beispielsweise zu mehr Sicherheit sowie weniger Kraftstoffverbrauch, und führt uns in eine Welt, in der Autos von selbst fahren. Zielführend ist dieser Weg aber nur, wenn der Kunde diesen Assistenzsystemen ver-traut und sie nutzt. Einen derartigen Vertrauensaufbau habe ich bei der Vorhersagegenauigkeit von Staus über Navigations-geräte beobachtet. Erst seit Autos die Verkehrsflüsse erfassen und diese an eine Zentrale melden, sind Stauhinweise zuverläs-sig und damit kundenwertig. Je mehr Daten in Echtzeit vorlie-gen, umso kundenwertiger können die Funktionen ausgeführt werden. Erst Schwarmtechnologien eröffnen uns aber die Chance, auf den Menschen zugeschnittene Assistenzsysteme zu entwickeln. Automobil-, IT- und Software-Industrie müssen sich deshalb aufeinander zu bewegen. Wir werden mit der ATZ-Familie dafür Brücken bauen.

DR. JOHANNES LIEBL Herausgeber ATZ, MTZ und ATZelektronik

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