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Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer Sicherheitspotential ausgewählter Fahrerassistenzsysteme Ergebnisse aus der Analyse von Realunfällen Dr.rer.nat. Johann Gwehenberger Dipl.-Ing. (FH) Helge Kiebach Technische Universität München Aktive Sicherheit durch Fahrerassistenz 11.-12. März, Garching Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer 2 Fahrerassistenzsysteme Inhalt 1. Einführung 3. ESP für Pkw, Kleintransporter und Lkw Rückfahrkamera für Kleintransporter und Lkw 2. ABS für Motorräder Abbiegeassistent für Lkw Abstandsregler für Lkw Abstandswarner für Lkw 4. Auswahl weiterer Fahrerassistenzsysteme 5. Intelligent Speed Adaption 6. Zusammenfassung und Ausblick

Sicherheitspotential ausgewählter Fahrerassistenzsysteme · 2013. 12. 13. · Fahrerassistenzsysteme Ergebnisse aus der Analyse von Realunfällen Dr.rer.nat. Johann Gwehenberger

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  • Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer

    Sicherheitspotential ausgewählter Fahrerassistenzsysteme

    Ergebnisse aus der Analyse von Realunfällen

    Dr.rer.nat. Johann Gwehenberger

    Dipl.-Ing. (FH) Helge Kiebach

    Technische Universität München

    Aktive Sicherheit durch Fahrerassistenz

    11.-12. März, Garching

    Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer 2Fahrerassistenzsysteme

    Inhalt

    1. Einführung

    3. ESP für Pkw, Kleintransporter und Lkw

    • Rückfahrkamera für Kleintransporter und Lkw

    2. ABS für Motorräder

    • Abbiegeassistent für Lkw

    • Abstandsregler für Lkw

    • Abstandswarner für Lkw

    4. Auswahl weiterer Fahrerassistenzsysteme

    5. Intelligent Speed Adaption

    6. Zusammenfassung und Ausblick

  • Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer 3Fahrerassistenzsysteme

    Entwicklung der Zahl der Getöteten bei Straßenverkehrsunfällen in Europa

    (harmonisierte Daten)

    Getötete

    ca. 56400

    ca. 20950

    Rettung von

    ca. 100.000

    Menschenleben

    ca. 41900

    Halbierung der Zahl

    1990 2000 20101995 2005

    der Verkehrstoten

    20000

    30000

    40000

    50000

    60000

    Quelle: eurostat, 2001

    EU Weissbuch, 2001

    Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer 4Fahrerassistenzsysteme

    Polizeilich erfasste Unfälle, Verunglückte und Tote im Straßenverkehr - Deutschland -

    Anzahl GetöteteAnzahl Unfälle und Verunglückter

    (Quelle: StBA)

    0

    250.000

    500.000

    750.000

    1.000.000

    1.250.000

    1.500.000

    1.750.000

    2.000.000

    2.250.000

    2.500.000

    1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002

    4.000

    6.500

    9.000

    11.500

    14.0002.289.4742.311.466

    polizeilich erfasste Unfälle (SS+PS)

    Getötete insgesamt

    Getötete im Pkw

    6.842

    11.300

    4.000

    6.800

    483.255516.835

    Verunglückte

  • Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer 5Fahrerassistenzsysteme

    Zukünftige Entwicklung von Fahrerassistenzsystemen in Europa

    - Road Map -

    Quelle: EU-Projekt ADASE

    Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer 6Fahrerassistenzsysteme

    Verteilung der Unfallarten im Jahr 2002

    Quelle: StBA

    0 5 10 15 20 25 30 35 40

    Unfall anderer Art

    Abkommen von der Fahrbehn nach links

    Abkommen von der Fahrbahn nach rechts

    Aufprall auf Hindernis auf der Fahrbahn

    Zusammenstoß zw ischen Fahrzeug und Fußgänger

    ... einbiegt oder kreuzt

    ... entgegenkommt

    ... seitlich in gleicher Richtung fährt

    ... vorausfährt oder w artet

    ... anfährt, anhält oder im ruhenden Verkehr steht

    Un

    fallart

    Häufigkeit [%]Autobahnen n=24.625 (100%)

    Außerhalb von Ortschaften (ohne BAB) n=103.564 (100%)

    Innerhalb von Ortschaften n=233.865 (100%)

    Zusammenstoß mit einem anderen Fahrzeug, das ...

  • Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer 7Fahrerassistenzsysteme

    Verteilung der Unfalltypen im Jahr 2002

    Quelle: StBA

    0 10 20 30 40 50 60

    Sonstiger Unfall

    Unfall im Längsverkehr

    Unfall durch ruhenden Verkehr

    Überschreiten-Unfall

    Einbiegen/Kreuzen-Unfall

    Abbiege-Unfall

    Fahrunfall

    Un

    fallty

    p

    Häufigkeit [%]Autobahnen n=24.625 (100%)

    Außerhalb von Ortschaften (ohne BAB) n=103.564 (100%)

    Innerhalb von Ortschaften n=233.865 (100%)

    Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer 8Fahrerassistenzsysteme

    Bewertung des Nutzens von Fahrerassistenzsystemen durch In-depth Analysen

    • Systematische Analyse von Verkehrsunfällen

    - Unfallerhebung (lokal, national, international)

    - Unfallrekonstruktion (örtlich, zeitlich, interdisziplinär)

    - Kollektivvergleich (mit/ohne FAS)

    • Prospektive Risikoanalyse

    - Simulation von Unfällen (HIL-Simulation)

    - Risiko- und Gefährdungsanalysen (Probabilistik)

    A B

  • Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer 9Fahrerassistenzsysteme

    Hohes Sturzrisiko beim Bremsen

    Ca. 11% aller Motorradunfälle mit Personenschaden

    sind mit Sturz beim Bremsen verbunden => 4.015 Unfälle

    Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer 10Fahrerassistenzsysteme

    Unfallskizze: Fallbeispiel

    Wäre bei diesem Unfall der Motorradfahrer nicht gestürzt, hätte

    sein Bremsweg ausgereicht, um ohne Kollision mit dem Pkw zum Stehen zu kommen.

    Bremsbeginn

    Sturz

    vF=85 km/hvK=35 km/h

    theoretisch benötigter

    Bremsweg 30,5 mEndlage

    BlockierspurVR: 12 m

    Blockierspur HR: 23,8 m

    Kratzspuren

  • Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer 11Fahrerassistenzsysteme

    Sicherheitspotential durch ABS

    mit ABSohne ABS

    Motorrad

    Unfälle mit

    Personenschaden in 2001davon mit Sturz

    beim Bremsen

    davon durch ABS

    vermeidbar

    36.500 4.015 3.61311 % 9,9 %

    Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer 12Fahrerassistenzsysteme

    Häufigkeit von Schleuderunfällen bei Unfällen mit (schwerem) Personenschaden

    0 %

    50 %

    100 %

    n = 936 n = 1635 n = 832

    (18-24 Jahre)

    1. Datenbank

    „Traunstein“ - 1997

    „Junge Fahrer“Datenbank

    Alle Altersgruppen

    „RESIKO“

    (18-24 Jahre)

    2. Datenbank

    „Traunstein“ - 2000

    „Junge Fahrer“

    25 % 20 %30 %

    Datenmaterial (Fälle)

  • Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer 13Fahrerassistenzsysteme

    Vergleichsuntersuchungen von Unfällenmit / ohne ESP

    Selektionskriterien

    2 Pkw-Modelle der Kompaktklasse und Mittelklasse

    Schadenumfang 1.500 € und mehr

    Unfalldokumentation vorhanden

    Datenbank Schadenfälle HUK Coburg, 1.1.2000 - 30.6.2002

    ohne ESP

    mit ESP

    U insgesamtdavon mit Schleudern

    Anteil

    393 21 5,3 %

    126 2 1,6 %

    3 mal weniger Schleuderunfällen.e. 13 Fälle

    Pkw-ModelleAnzahl

    Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer 14Fahrerassistenzsysteme

    Beispiel: überhöhte Geschwindigkeit auf der Landstraße

    Unfallhergang:

    Auf der regennassen Fahrbahn

    geriet das Fahrzeug, aufgrund

    zu hoher Geschwindigkeit, ins

    Schleudern und kam nach

    rechts von der Fahrbahn ab.

    Hier durchbrach es den Wild-

    schutzzaun und überschlug sich

    mehrmals.

    Problematik:

    - unangepasste Geschwindigkeit

    - unzureichende Erfahrung mit

    fahrdynamischen Eigen-

    schaften von Kleintransportern

  • Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer 15Fahrerassistenzsysteme

    Anteil ESP-relevanter Unfälle mit schwerem Personenschaden- Kleintransporter -

    0

    10

    20

    30

    40

    50

    60

    70

    80

    alle Unfälle außerorts

    (ohne BAB)

    BAB Alleinunfälle

    (114 von 608)

    (73 von 308)

    (30 von 94) (66 von 97)

    Rel

    ativ

    e H

    äufi

    gke

    it [

    %]

    19% 24 % 32 % 68 %

    Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer 16Fahrerassistenzsysteme

    Unfallursache: Schleudern / Kippen in Kurve

    Schleudern in Kurve: Der Unfall wurde durch Abkommen von der Fahrspur

    oder Umkippen des Lkw mit vorangegangener

    Schleuderneigung verursacht.

    Beispiel: Ein Sattelzug mit beladenem Tankauflieger (20.000 l Salzsäure) fährt mit ca. 50 - 60 km/h in eine immer enger werdende Kurve ein. Aufgrund der

    Fliehkraft verlagert sich die flüssige Ladung immer mehr auf die

    Kurvenaußenseite. Infolge der Gewichtsverlagerung kippt der Sattelzug auf

    die rechte Seite. Ca. 10.000 l Salzsäure traten aus dem Tank aus und

    versickerten im Erdreich.

    ESP-Nutzen:

    • Abbremsen des Sattelzuges bei kritischer Querbeschleunigung

    • Verhinderung des Umkippens

  • Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer 17Fahrerassistenzsysteme

    Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer 18Fahrerassistenzsysteme

    Anteil ESP-relevanter Lkw-Unfälle mit schwerem

    Personenschaden

    - Lkw > 3,5 t zGG -

    An

    teil d

    er

    Un

    fälle

    10%

    20%

    30%

    40%

    50%

    alle Unfälle

    (73 von 850)

    Außerortsunfälle

    (69 von 572)

    Alleinunfälle

    (23 von 52)

    12,1%

    44,2%

    8,6%

  • Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer 19Fahrerassistenzsysteme

    Unfallvermeidungspotentialfür ESP im Lkw (> 3,5 t) für Deutschland

    Ca.

    100 Tote

    weniger

    Ca. 500 Schwerverletzte

    weniger

    mehrere der ca. 30.000 Unfälle mit Leichtverletzten

    und erheblichen Sachschäden vermeidbar *

    *: derzeit noch nicht quantifiziert

    [Hochrechnungsfaktor (100/17,1 = 5,85)]

    Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer 20Fahrerassistenzsysteme

    Beispiel Kleintransporterunfall:Sichtbedingungen beim Rückwärtsfahren

    Unfallhergang:Der Fahrer des Kleintransporters setzte mit seinem Fahrzeug zurück, um auszuparken.

    Dabei übersah er die hinter seinem Fahrzeug stehende Frau und es kam zur Kollision.

    Problematik:

    unzureichende Sichtbedingungen beim Rückwärtsfahren

    -14 %5 %Rückfahrkamera

    Beeinflußbare Unfälle mit schwerem Personenschaden

    Gesamt Innerorts Außerorts

  • Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer 21Fahrerassistenzsysteme

    Rückfahrunfälle von Kleintransportern nach Ortslage im Verkehrsraum

    0

    1

    2

    3

    4

    5

    6

    7

    8

    9

    Ab

    so

    lute

    Häu

    fig

    keit

    private HofeinfahrtenBetriebsgeländeParkplätze

    öffentliche Fahrbahn(Einmündung, Kreuzung,Fußgängerüberweg, Parklücke)

    Gehweg, Fußgängerzone

    • 80 % weibliche Fußgänger

    • über 2/3 älter als 60 Jahre

    • Jeder sechste ein Kleinkind (bis 4 Jahre)

    Betroffene sind:

    Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer 22Fahrerassistenzsysteme

    Unfälle beim Rückwärtsfahren

    -3 %1 %Rückfahrkamera

    Beeinflußbare Unfälle mit schwerem PersonenschadenGesamt Innerorts Außerorts

  • Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer 23Fahrerassistenzsysteme

    Unfall beim Rechtsabbiegen

    -8 %3 %Abbiegeassistent für Lkw

    Beeinflußbare Unfälle mit schwerem Personenschaden

    Gesamt Innerorts Außerorts

    Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer 24Fahrerassistenzsysteme

    Seitlicher Abstand (Fahrrad / Motorrad)

    -8 %3 %Seitlicher Abstandswarner

    für Lkw

    Beeinflußbare Unfälle mit schwerem Personenschaden

    Gesamt Innerorts Außerorts

  • Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer 25Fahrerassistenzsysteme

    AbstandGesamterhebung der schweren Lkw Unfälle aus Bayern 1997

    16 %-11 %Abstandsregler

    für Lkw

    Beeinflußbare Unfälle mit schwerem Personenschaden

    Gesamt Innerorts Außerorts

    Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer 26Fahrerassistenzsysteme

    Geschwindigkeitsbegrenzer (ISA)

    1. Warnsystem (nur informativ)

    2. abschaltbares, halboffenes System (haptisches Gaspedal)

    3. nicht abschaltbares, geschlossenes System ( Eingriff ins

    Motormanagement)

  • Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer 27Fahrerassistenzsysteme

    Unfallursache: Geschwindigkeit

    Unfälle mit Personenschaden U(P) im Jahr 2000

    è ISA ...“ bewirkt nichts“

    oder ?

    ISA ...“ brauchen wir nicht“

    Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer 28Fahrerassistenzsysteme

    Beispiel: Unfalldiagramm vorher

  • Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer 29Fahrerassistenzsysteme

    Beispiel: Ortsfeste Geschwindigkeitsüberwachung

    Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer 30Fahrerassistenzsysteme

    Beispiel: Geschwindigkeitsprofil

  • Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer 31Fahrerassistenzsysteme

    Beispiel: Unfalldiagramm nachher

    Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer 32Fahrerassistenzsysteme

    Aktive Sicherheit durch Fahrerassistenzsysteme - Zusammenfassung -

    n.a.n.a.n.a.(30 ... 60 %)ISA

    55016 %-11 %Abstandsregler für Lkw

    150-8 %3 %Seitlicher Abstandswarner für Lkw

    100-8 %3 %Abbiegeassistent für Lkw

    18050

    --

    14 %3 %

    5 %1 %

    Rückfahrkamera für • Kleintransporter• Lkw

    n.a.360420

    n.a.14 %12 %

    n.a.3 %3 %

    10 ... 15 %10 %9 %

    ESP für • Pkw• Kleintransporter• Lkw

    (3.600)**n.a.n.a.10 %ABS für Motorräder

    Beeinflußbare Unfälle mit schwerem PersonenschadenGesamt Innerorts Außerorts BRD*

    Fahrerassistenzsystem

    * Hochrechnung aus jeweiliger Datenbasis

    ** Unfälle mit Personenschaden (LV, SV, Get)

    n.a.: nicht ausgewertet

  • Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer 33Fahrerassistenzsysteme

    Bewertung des Nutzens von Fahrerassistenzsystemen- Ausblick -

    • Systematische Analyse von Verkehrsunfällen

    - Unfallerhebung (lokal, national, international)

    - Unfallrekonstruktion (örtlich, zeitlich, interdisziplinär)

    - Kollektivvergleich (mit/ohne FAS)

    • Prospektive Risikoanalyse

    - Simulation von Unfällen (HIL-Simulation)

    - Risiko- und Gefährdungsanalysen (Probabilistik)

    A B

    weitere Methoden erforderlich !

    Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer 34Fahrerassistenzsysteme

    ... und verbesserte Einparkhilfe!

  • Verkehrstechnisches Institut der Deutschen Versicherer

    Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit