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LEICHT UND LOCKER Test: Mit dem kompakten Sechszylinder OM 470 verliert der Mercedes Actros 1843 LS rund 200 Kilogramm Speck und läuft ganz locker mit wenig Verbrauch. S o ändern sich die Zeiten. Noch vor nur 20 Jahren konnte ein Motor im schweren Mercedes-Lkw nicht groß genug sein. 14,6 Liter Hubraum galten einst als Standardmaß im SK (schwere Klasse). Im baugleichen Vorgänger tat sogar ein 18,3-Liter-V10 noch seinen Dienst – freisaugend selbstverständlich. Tatsächlich war Mercedes erst sehr spät auf den Turbo gekommen und hatte dann alle Mü- he, den Fahrern, die den Umgang mit den hoch- drehenden Saugmotoren virtuos beherrschten, jene niedrigen Drehzahlen zu verordnen, die den Turbo sparsam machen. Stand der Dinge heute: Der kleinste Motor für den Actros misst gerade mal 7,7 Liter und kommt in der stärksten Varian- te auf 260 kW (354 PS), die neue Zwischengröße heißt OM 470 und verteilt die sechs Zylinder auf 10,7 Liter Hubraum. Bis zu 315 kW (428 PS) sind möglich. Reichlich vertretene Assistenzsysteme sorgen darüber hinaus inzwischen dafür, dass der Fahrer ohne viel Zutun alles richtig macht. Gemessen am Kraftmeier OM 471, mit dem der neue Actros an den Start ging, spielt der zwei Liter kleinere 470er die Rolle des Kraft- meierchens. Und ist dennoch eine hochinteres- sante Alternative für all jene, die sich mit 428 PS begnügen können und hohe Nutzlast und nied- rigen Verbrauch mehr schätzen als eine 48 oder 51 in der Typenbezeichnung. Actros 1843 LS heißt also der aktuelle Testkan- didat, der zeigen soll, dass kleiner Motor und schwere Klasse miteinander harmonieren kön- nen. Um beim Verbrauch zu glänzen, trägt der 1843 ein Streamspace-Fahrerhaus mit 2.500 Mil- limeter Breite. Damit die Fahrleistungen auch nicht allzu schlecht aussehen, arbeitet in der Hin- terachse eine Übersetzung von 2,733 zu 1. Das wiederum entspricht 1.250 U/min bei Tempo 85 und lässt bei fallendem Tempo noch ein paar Zugkraftreserven bis zum maximalen Drehmo- ment (2.100 Nm) bei 1.100 U/min. Selbstverständlich und serienmäßig in einem Actros für den Fernverkehr ist die Schaltauto- matik Powershift 3, die heute mindestens zwei Fahrprogramme (Standard und Economy) offe- riert. Economy arbeitet grundsätzlich mit einer ziemlich starren Schaltstrategie und am Berg mit sehr späten Rückschaltungen. Weitaus fle- xibler zeigt sich der Standard-Modus, der nicht so sehr auf den letzten Tropfen Diesel schielt und mit dem kleinen Motor deutlich besser har- moniert. Das drehzahlsenkende Economy-Pro- gramm hingegen passt besser zu den stärkeren Motorvarianten, die im unteren Drehzahlbereich deutlich mehr Kraft bieten. Im 1843 würde Eco- nomy nur in Kombination mit einer kürzeren Achsübersetzung viel bringen. Für einen kleinen Aufpreis (1.650 Euro) gibt es im Actros die sogenannte Powertrain Prediction Control, kurz PPC, die immer ein paar Kilometer vorausschaut und mit diesem Wissen Einfluss aufs Tempo und die Schaltstrategie nimmt. Der Fahrer stellt also das gewünschte Reisetempo am Tempomaten ein und gibt ein Fenster vor, in dem PPC arbeiten kann. Vier bis 15 km/h über Tem- pomatwert (gleich Schwungspitzen) und null bis zehn km/h darunter (frühes Gaswegnehmen vor Kuppen) sind die Maximalwerte für das Fens- ter. In mehreren Tests bewährt hat sich die Kom- bination aus 85 km/h Reisegeschwindigkeit, fünf km/h Plus- und sechs oder sieben km/h Minusabweichung. Nach unten wäre zwar noch Spielraum für weitere Einsparungen, doch funk- tioniert dies nur bei ganz wenig Lkw-Verkehr. Bei minus zehn km/h geht PPC manchmal jedenfalls schon dann gekonnt vom Gas, wenn der Fahrer das nahende Gefälle noch nicht mal ahnt. Vom Kollegen, der hinterherfährt, ganz zu schweigen. Das Ganze funktioniert quasi perfekt bei allen Geschwindigkeiten über 25 km/h und schließt TEXT: FRANK ZEITZEN | FOTOS: KARL-HEINZ AUGUSTIN lastauto omnibus 8/2013 [ 96 ] FAHRZEUGE | Mercedes Actros 1843 LS

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LEICHT UNDLOCKER

Test: Mit dem kompakten Sechszylinder OM 470 verliert der Mercedes Actros 1843 LS rund 200 Kilogramm Speck und läuft ganz locker mit wenig Verbrauch.

So ändern sich die Zeiten. Noch vor nur 20 Jahren konnte ein Motor im schweren Mercedes-Lkw nicht groß genug sein. 14,6

Liter Hubraum galten einst als Standardmaß im SK (schwere Klasse). Im baugleichen Vorgänger tat sogar ein 18,3-Liter-V10 noch seinen Dienst – freisaugend selbstverständlich.

Tatsächlich war Mercedes erst sehr spät auf den Turbo gekommen und hatte dann alle Mü-he, den Fahrern, die den Umgang mit den hoch-drehenden Saugmotoren virtuos beherrschten, jene niedrigen Drehzahlen zu verordnen, die den Turbo sparsam machen. Stand der Dinge heute: Der kleinste Motor für den Actros misst gerade mal 7,7 Liter und kommt in der stärksten Varian-te auf 260 kW (354 PS), die neue Zwischengröße heißt OM 470 und verteilt die sechs Zylinder auf 10,7 Liter Hubraum. Bis zu 315 kW (428 PS) sind möglich. Reichlich vertretene Assistenzsysteme sorgen darüber hinaus inzwischen dafür, dass der Fahrer ohne viel Zutun alles richtig macht.

Gemessen am Kraftmeier OM 471, mit dem der neue Actros an den Start ging, spielt der zwei Liter kleinere 470er die Rolle des Kraft-meierchens. Und ist dennoch eine hochinteres-sante Alternative für all jene, die sich mit 428 PS begnügen können und hohe Nutzlast und nied-rigen Verbrauch mehr schätzen als eine 48 oder 51 in der Typenbezeichnung.

Actros 1843 LS heißt also der aktuelle Testkan-didat, der zeigen soll, dass kleiner Motor und schwere Klasse miteinander harmonieren kön-nen. Um beim Verbrauch zu glänzen, trägt der 1843 ein Streamspace-Fahrerhaus mit 2.500 Mil-limeter Breite. Damit die Fahrleistungen auch nicht allzu schlecht aussehen, arbeitet in der Hin-terachse eine Übersetzung von 2,733 zu 1. Das wiederum entspricht 1.250 U/min bei Tempo 85 und lässt bei fallendem Tempo noch ein paar

Zugkraftreserven bis zum maximalen Drehmo-ment (2.100 Nm) bei 1.100 U/min.

Selbstverständlich und serienmäßig in einem Actros für den Fernverkehr ist die Schaltauto-matik Powershift 3, die heute mindestens zwei Fahrprogramme (Standard und Economy) offe-riert. Economy arbeitet grundsätzlich mit einer ziemlich starren Schaltstrategie und am Berg mit sehr späten Rückschaltungen. Weitaus fle-xibler zeigt sich der Standard-Modus, der nicht so sehr auf den letzten Tropfen Diesel schielt und mit dem kleinen Motor deutlich besser har-moniert. Das drehzahlsenkende Economy-Pro-gramm hingegen passt besser zu den stärkeren Motor varianten, die im unteren Drehzahlbereich deutlich mehr Kraft bieten. Im 1843 würde Eco-nomy nur in Kombination mit einer kürzeren Achsübersetzung viel bringen.

Für einen kleinen Aufpreis (1.650 Euro) gibt es im Actros die sogenannte Powertrain Predic tion Control, kurz PPC, die immer ein paar Kilometer vorausschaut und mit diesem Wissen Einfluss aufs Tempo und die Schaltstrategie nimmt. Der Fahrer stellt also das gewünschte Reisetempo am Tempomaten ein und gibt ein Fenster vor, in dem PPC arbeiten kann. Vier bis 15 km/h über Tem-pomatwert (gleich Schwungspitzen) und null bis zehn km/h darunter (frühes Gaswegnehmen vor Kuppen) sind die Maximalwerte für das Fens-ter. In mehreren Tests bewährt hat sich die Kom-bination aus 85 km/h Reisegeschwindigkeit, fünf km/h Plus- und sechs oder sieben km/h Minusabweichung. Nach unten wäre zwar noch Spielraum für weitere Einsparungen, doch funk-tioniert dies nur bei ganz wenig Lkw-Verkehr. Bei minus zehn km/h geht PPC manchmal jedenfalls schon dann gekonnt vom Gas, wenn der Fahrer das nahende Gefälle noch nicht mal ahnt. Vom Kollegen, der hinterherfährt, ganz zu schweigen.

Das Ganze funktioniert quasi perfekt bei allen Geschwindigkeiten über 25 km/h und schließt

TEXT: FRANK ZEITZEN | FOTOS: KARL-HEINZ AUGUSTIN

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[ 96 ] FAHRZEUGE | Mercedes Actros 1843 LS

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Technische Daten und Messwerte

KRAFTÜBERTRAGUNGKupplung: automatisch betätigte Einscheiben-Trockenkupplung; 430 mm Durchmesser

Getriebe: Mercedes G211-12 mit automatisierter Schaltung (Powershift 3); Dreigang-Hauptgetriebe mit Range- und Splitgruppe, 12 Gänge, vier Rückwärtsgänge

Hinterachse: Einfach übersetzte Hypoidachse mit Differenzialsperre; Übersetzung 2,733 zu 1 (entsprechend 1.250 U/min bei 85 km/h); wahlweise 2,533/2,611/2,846 oder 3,077

FAHRGESTELLVorn gespreizter U-Profil-Leiterrahmen mit geschraubten Querträ-gern; Zweiblatt-Parabelfederung mit Stoßdämpfer und Stabilisator vorn, Vierbalg-Luftfederung mit Stablilenker und offenem Dreiecks-lenker hinten; ZF-Lenkung 8098 mit variabler Übersetzung (17,0 bis 20,0 zu1) und geregelter Lenkhelfpumpe; elektronisch geregeltes Bremssystem mit innenbelüfteten Scheibenbremsen von und hinten

ABMESSUNGENHöhe (ohne Spoiler) 3.774 mmRadstand 3.700 mmLänge Fahrgestell 5. 858 mmSpurweite vorn/hinten 2.058/1.804 mmRahmenhöhe hinten 947 mm beladenAufsattelhöhe 1.100 mmVorsattelmaß 486 bis 827 mmWendekreis 15.000 mm

FAHRERHAUSLanges Ganzstahlfahrerhaus (Streamspace) mit Hochdach und einer Liege; 2.500 Millimeter Breite; Vierpunkt-Luft-federung; elektrohydraulische Kippeinrichtung; serienmäßi-ge Ausrüstung: getönte Scheiben, Klimaanlage, elektrisch betätigtes Hubdach, Multifunktionslenkrad, zwei Außenstauräume, Nebelscheinwerfer, Radio mit USB-Anschluss, Druckluftanschluss im Fahrerhaus; Streamspace grundsätzlich ohne Sonnenblende außen.

MOTORReihensechszylinder (Mercedes OM 470 LA) mit Turboaufladung und Ladeluftkühlung, zwei oben liegende Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, einteiliger Zylinderkopf, auswechselbare Laufrohre, Abgas-rückführung, SCR-Anlage, Partikelfilter, Euro 6Bohrung/Hub 125/145 mmHubraum 10.677 cm3

Verdichtung 17,60 : 1Mittlerer effektiver Druck bei maximalem Drehmoment 24,74 barNennleistung 315 kW (428 PS) bei 1.800 U/minMaximales Drehmoment 2.100 Nm bei 1.100 U/minMittlere Kolben- geschwindigkeit 8,70 m/s bei 1.800 U/minMotorgewicht 1.050 kg (3,33 kg/kW) trockenSchmierung Druckumlaufschmierung mit Hauptstrom-

ölfiler und ÖlkühlerEinspritzung Elektronisch gesteuerte Common-Rail-Ein-

spritzung mit Druckverstärkung; bis 2.100 bar Einspritzdruck, Siebenloch-Injektoren

1. Gang 14,93 10. Gang 1,602. Gang 11,67 11. Gang 1,283. Gang 9,02 12. Gang 1,004. Gang 7,045. Gang 5,636. Gang 4,40 R1-Gang 14,937. Gang 3,39 R2-Gang 11,678. Gang 2,65 R3-Gang 3,399. Gang 2,05 R4-Gang 2,65

DIE MESSWERTE IM VERGLEICHMercedes

Actros 1843 LS, Euro 6Streamspace

MercedesActros 1845 LS, Euro 6

Bigspace Verbrauch

Diesel insgesamt L/100 km 34,8 35,1Adblue L/100 km 0,8 (2,3 % vom Diesel) 1,14 (3,2 % vom Diesel)Verbrauch auf schweren Strecken2) L/100 km 40,2 40,3Verbrauch auf leichten Strecken2) L/100 km 29,5 30,2Volllastverbrauch2)

Auf Steigung (5,0 Prozent)

L/100 km

95,4

97,5Teillastverbrauch bei 85 km/h,2) 21,5 21,7

Durchschnittsgeschwindigkeit insgesamt km/h 82,6 83,2Durchschnittsgeschwindigkeit Auf schweren/leichten Strecken

km/h

81,5/83,3

81,8/84,5

Durchschnittsgeschwindigkeit Auf Steigung (5,0 Prozent)

km/h

65,4

65,2

TRIEBSTRANG-AUSLEGUNG3)

Gesamtübersetzung größter Gang 2,733 2,611Gerechnete Höchstgeschwindigkeit beiNenndrehzahl

km/h 122 127

Steigfähigkeit im größten Gang % 2,69 2,93Motordrehzahl bei 85 km/h U/min 1.250 1.200Steigungsbedingte Schaltungen 24 19 Motorbremsleistung

kW U/min

340 kW bei 2.300 400 kW bis 2.300

INNENGERÄUSCHEBei 85 km/h dB(A) 65,8 64,5Maximal dB(A) 67,7 67,5

GEWICHTE/INTERVALLELeergewicht fahrfertig4) kg 7.500 7.710Nutzlast kg 10.500 10.290Testgewicht kg 39.500 39.700Wartungsintervalle km 150.000 150.000

BETRIEBSKOSTENKaufpreis Euro 101.000 105.000Feste Kosten pro Jahr Euro 44.817 45.823Kraftstoff Euro 42,56 42,93Sonstige variable Kosten Cent 0,43 0,61Feste Kosten pro km Cent 29,88 30,55Variable Kosten pro km Cent 55,08 55,72Gesamtkosten pro km Cent 84,96 86,27

1) Messwerte aus Einzeltests2) nur Diesel3) Bei Bereifung 315/70 R 22,54) Beide Fahrzeuge in vergleichbarer Ausstattung mit Sattelkupplung, 400 Liter Diesel, 80 Liter Adblue, Reserverad, Dachspoiler, Seitenverkleidung und Fahrerhaus-Endkanten und Retarder

Parameter für die Dekra-Betriebskostenberechnung: Haftpflicht und Kasko 100 Prozent, jährliche Laufleistung 150.000 km, Nutzungsdauer 48 Monate

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Technische Daten und Messwerte

WERTUNGSehr exakt regelnde Funktionen für Tempomat, PPC und Retarder/Motorbremse; leistungsstarke Motorbremse (Aufpreis); einfache, übersichtliche Bedienung; solide verarbeitete Einrichtung mit hoher Materialqualität; äußerst sparsam auf leichter bis mittelschwerer Topografie; gute Nutzlast

Hoher Einstieg, sehr langer Schalldämpfer und damit eingeschränktes Tankvolumen, relativ hohe Innengeräusche, holpriges Ansprechen der Vorderachse.

VOLLLASTKURVEN

ABMESSUNGEN

A Außenbreite/-länge 2.500/2.300 mm

B Vorderer Überhang 1.400 mm

C Höhe Stufen 330/320/320/320/330 mmGesamthöhe Einstieg 1.620 mm

D Frontscheibe/Rückwand 2.115 mm

E Fenster zu Fenster 2.260 mm

F Innenhöhe vor Sitz 2.000 mmin Fahrerhausmitte 2.080 mm

G Motortunnel (H x B) ebener Boden

H Liege unten (B x L) 750 x 2.200 mm

I Liege oben (B x L) keine

LAO

600 900 1.200 1.500 1.800 U/min

PS

330

350

310

370

390

410

Nm

1.900

2.100

1.700

DrehmomentDrehmoment

LeistungLeistung

428 PS (315 kW)

2.100 Nm

C

F

A

A

DE

H

I

die Schaltstrategie ein. Die versammelte Bord-elektronik weiß also schon lange vor einer Stei-gung, mit welcher Drehzahl, mit welchem Tempo und in welchem Gang sie zu nehmen ist. Ganz gekonnt sortiert das Powershift-Ge-triebe also die Gänge, schaltet auch mal gleich zwei Gänge abwärts, wohl wissend, dass dies mit Blick auf Tempo und Verbrauch durchaus sinnvoll ist.

Bleiben noch zwei Anmerkungen zum PPC. Einer-seits vergisst die Elektronik die vom Fahrer ein-gestellten Werte (Plus-Minus-Abweichungen) nach dem Ausschalten der Zündung und kehrt auf die Werkseinstellung zurück. Andererseits scheint es auch auf deutschen Autobahnen noch reichlich Lücken im GPS-Netz zu geben. Denn gleich dreimal schaltete sich PPC auf der Mess-strecke ab, obwohl das hinterlegte Kartenmate-rial die Strecke kennt.

Der neue OM 470 spielt sozusagen den et-was kleineren Zwilling des größeren OM 471. Zwei oben liegende Nockenwellen im einteili-gen Zylinderkopf, das X-Pulse-Einspritzsystem und die solide Bauweise finden sich hier wie dort. Auch die Zutaten zum Kraftstoffsparen wie die Lüfterjalousien und die geregelten Neben-aggregate (Luftpresser, Kühlmittelpumpe) gehö-ren zum OM 470 wie der Stern zum Kühlergrill. Auch übernommen wurde das Prinzip der Mo-torbremse. Mit dem Ergebnis, dass sich bis zu 340 kW Bremsleistung abrufen lassen. Der grö-ßere Motor kommt sogar auf 400 kW.

Im Vergleich zu den Actros-Varianten mit den größeren und stärkeren Motoren bleibt allein die Fahrdynamik des 1843 ein wenig auf der Strecke. Das liegt zum einen daran, dass der Drehmo-ment-Zuschlag Top-Torque fehlt (200 zusätzliche Nm im größten Gang), und zum anderen dar-an, dass das Leistungsangebot eben beschränkt

1 Markantes Kennzeichen von Streamspace ist der Dachaufsatz mit weichen Radien.

2 Der 1843 ist der derzeit stärkste Actros mit dem OM 470-Motor.3 Das etwas bockige Federungsverhalten

resultiert vermutlich aus der vorderen Fahrerhauslagerung.

4 10,7 Liter Hubraum verteilt auf sechs Zylinder, einteiliger Zylinderkopf und zwei oben liegende Nockenwellen.

5 Der „Schalldämpfer“ rechts hinter dem Fahrerhaus ist sehr lang geraten.

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ist. Die Achsübersetzung von 2,733 zu 1 ist das Längste, was der Motor bei 40 Tonnen Gesamtge-wicht verträgt. Ein Zahn mehr auf dem Tellerrad (2,611 zu 1) taugt nur für flache oder allenfalls leicht hügelige Strecken.

Und genau da ist der Actros 1843 Streamspace in seinem Element. Der kleine Motor hat weniger innere Verluste als der große, das Streamspace-Fahrerhaus kann mit seinen aerodynamischen Vorteilen punkten. Das Ergebnis zeigt sich im Verbrauch, der mit 34,8 L/100 km einen neuen Bestwert für Euro-6-Fahrzeuge markiert. Berg-auf hingegen vergeigt der 1843 einen kleinen Teil der im Flachland eingefahrenen Vorteile. Man-gels Kraft und recht langer Achsübersetzung fal-len reichlich steigungsbedingte Schaltungen an und beim anschließenden Beschleunigen muss der Motor oft bis 1.600 oder gar 1.700 U/min dre-hen, um im nächsten Gang Anschluss zu finden. Klarer Fall: Nach derzeitigen Maßstäben ist ein 430er kein Bergsteiger. Das kann der OM 471 in allen Leistungsstufen besser.

Vorteil 1843 hingegen bei der Nutzlast. Mit 7.500 Kilogramm steht der 1843 LS in lastauto- omnibus-Spezifikation auf der Waage. 200 Kilo-gramm mehr sind es bei einem vergleichbaren 1842 oder 1845 mit dem größeren Motor. Wer das Reserverad zu Hause lässt und auf die schma-

leren sowie tiefer montierten Fahrerhäuser zu-rückgreift, rückt das Leergewicht in den Bereich von 7,2 bis 7,3 Tonnen.

Die schmaleren Fahrerhäuser (2.300 statt 2.500 Millimeter breit) unterscheiden sich kaum von den breiten Varianten. Eingespart wurden die 200 Millimeter in der Mitte, nicht am Arbeits-platz, nicht an der Beifahrerseite. Durchaus positiven Einfluss haben diese schmalen Häu-ser auch auf das Fahrverhalten. Erst recht, wenn sie tiefer montiert sind. Dann gibt es zwar einen kleinen Motortunnel, aber ein absolut narrensi-cheres Fahrverhalten. Und es scheint auch so zu sein, dass die Federung vorne mit den leichte-ren Häusern besser zurechtkommt. Denn bei fast allen bisher gefahrenen breiten Varianten passt die Abstimmung einfach nicht – weder mit der

1 Der ebene Boden ermöglicht zwei große Schubladen vorn. Darüber findet sich eine praktische offene Ablage.

2 Über jede Kritik erhaben: Der Arbeitsplatz im Actros passt und ist perfekt gemacht.

3 Übersichtlich und schön gezeichnet: Die Rundinstrumente und das mittige Display.

4 Schublade und Kühlbox (Aufpreis) unter der vorderen Liege sind leicht zugänglich.

1 Aufgrund der Dachschräge beim Streamline ist das Stauvolumen oben etwas kleiner als bei Big- oder Gigaspace.

2 Zwei gleich große Außenstauräume mit nach vorn öffnenden Klappen.

3 und 4: Statt einer zweiten Liege gibt es wahlweise ein praktisches Gepäcknetz; bequeme und große Liege unten.

Zweiblatt-Federung, schon gar nicht mit der Ein-blatt-Federung. Vermutlich liegt das etwas bo-ckige Ansprechen an der Fahrerhaus-Lagerung. Insgesamt also gibt es recht wenig auszusetzen am 1843 LS. Mit 40 Tonnen Gesamtgewicht ist er ein Autobahnroller mit reichlich Nutzlast und bestem Verbrauch. Mit etwas weniger Gewicht dürfen es auch anspruchsvollere Strecken sein. Sein wesentlicher und heute ganz wichtiger Vor-teil: Er läuft von selbst ganz, ganz sparsam. ■

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