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FAHRZEUGVERNETZUNG STRATEGIEN GEGEN DEN DIGITALEN CRASH 28 ENTWICKLUNG REPORT

Fahrzeugvernetzung Strategien gegen den digitalen Crash

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Page 1: Fahrzeugvernetzung Strategien gegen den digitalen Crash

FAHRZEUGVERNETZUNG STRATEGIEN GEGEN DEN DIGITALEN CRASH28

ENTWICKLUNG REPORT

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VERNETZTE MOBILITÄT

In einem Kurzfilm, den Opel für eine interne Präsentation vorbereitet hat, ist der neue Vorstandsvorsitzende der Adam Opel AG, Dr. Karl Thomas Neumann, zu sehen, wie er sein Smart-phone zückt, während er sich ins Auto setzt. Dann nimmt Neumann einige Einstellungen am Gerät vor und verbin-det sich mit der Infotainment-Einheit des Fahrzeugs. Begleitend zur Szene erzählt eine Stimme, dass er sich nun entweder vollkommen auf sein eigenes Fahrerleb-nis konzentrieren oder sich auf Wunsch mit Freunden oder mit der gesamten „Internet-Community“ verbinden kann. Die Botschaft ist unmissverständlich: Nur das Autofahren anzubieten, genügt in Zukunft nicht mehr, um als Automo-bilhersteller am Markt zu bestehen.

So glaubt die international tätige Managementberatung Oliver Wyman, dass die Penetrationsrate von vernetz-ten Diensten in Neuwagen bis 2016 weltweit rund 50 % betragen wird [1]. Ein Multimilliarden-Markt, allerdings nur für jene, „die sich auf die Kernkom-petenzen besinnen und den Fokus auf die Services mit realistischen Geschäfts-modellen legen“, sagt Matthias Benten-rieder. Er hat die Studie verfasst und weiß daher, dass sich insbesondere die Hersteller von Premium-Fahrzeugen ihrer Vorreiterrolle als Systemintegrator auch auf der neuen Ebene der Service-integration behaupten müssen. Und sie müssen bei der Fahrzeugsicherheit überzeugen.

Das vernetzte Automobil ist ein Multimilliarden-Produkt. Deshalb

forcieren nahezu alle Automobilhersteller ihre Entwicklungsaktivitäten

rund um das Connected Car. Doch die geplanten Geschäftsmodelle

mit ihren erhofften hohen Gewinnmargen könnten ganz profan

scheitern. Denn viele Systeme benötigen eine Daten-Infrastruktur,

die flächendeckend in Echtzeit und ausfallsicher funktioniert. Auch

lassen sich Hackerangriffe nicht ausschließen. Zwar rüsten die OEMs

auf, doch die größte Gefahr kommt von ungewohnter Seite.

Dass dies ganz im Sinne der Mehrheit der Autofahrer ist, hat der Branchenver-band für Informationswirtschaft, Tele-kommunikation und neue Medien (Bit-kom) herausgefunden. Einer aktuellen Untersuchung zufolge fordern heute vier von fünf Bundesbürgern höhere Investitionen in intelligente Verkehrs-systeme, um das Autofahren umwelt-freundlicher, stressfreier und sicherer zu machen. Das vernetzte Auto ist dabei ein Datensammel-Werkzeug, ein einge-bettetes Multi-Sensorsystem, das, wenn es sich fortbewegt, „allways on“ ist.

AUF ALLUMFASSENDE VERNETZUNG TRIMMEN

Darum hat der Rüsselsheimer Automo-bilhersteller auch die elektronischen Sys-teme im neuen Monza Concept auf eine allumfassende Vernetzung getrimmt. Der Wagen wurde zur diesjährigen Inter-nationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt präsentiert und soll per Tab-let oder Smartphone die eigene Mobilität optimieren. Etwa dadurch, dass der Fah-rer seine Routenplanung im Internet mit-teilt, so dass Personen unterwegs zustei-gen können (Car-Sharing spontan). Doch ist dies die „Killerapplikation“, mit der die klassische Autobranche der europäi-schen Absatzkrise entkommen will?

„Es werden sich künftig bestimmt neue Elemente in der Wertschöpfungskette und neue Geschäftsfelder ergeben“, antwortet uns Dr. Burkhard Milke. Er ist Direktor Europäische Entwicklung Elektrische Sys-teme, Infotainment und Elektrifizierung

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bei der Adam Opel AG. Welche das sein könnten, sagt er nicht. Er verweist aber auf das Forschungs projekt RuhrAutoE, von dem sich der Konzern fundierte Erkenntnisse erhofft. „Was sich letzt-endlich erfolgreich am Markt durch-setzen wird, wird stark davon abhängen, welche Flexibilität und Reaktionsschnel-ligkeit auf Markterfordernisse die jewei-lige Lösung erlaubt. Ein 1000-%-Ansatz wäre daher wenig förderlich.“

SCHWARMINTELLIGENZ EINES FAHRZEUG-INFRASTRUKTUR-KOLLEKTIVS

Auf einen Trumpf aber setzen fast alle Chefentwickler: Die Fahrzeug-zu-Fahr-zeug- und Fahrzeug-zu-Infrastruktur-Kommunikation soll in naher Zukunft die Umsätze der Branche sichern. „Schon mittelfristig bietet die Car-2-X-Technologie ein signifikantes Potenzial zur Reduzie-rung der Produktkosten“, sagt Milke. Er argumentiert, dass die „Schwarm intel li-genz eines Fahrzeug-Infrastruktur-Kol-lektivs“ individuellen Hightech- und Nischenlösungen überlegen sein wird. Und so kal kulieren die Forschungsvor-stände mögliche Geschäftsmodelle bereits durch. Wohlwissend, dass schon heute 78 % aller deutschen Autofahrer sich den Einsatz intelligenter Assistenzsys-teme wünschen. Das ist ein Ergebnis der aktuellen Bitkom-Studie.

Dass darüber hinaus fast jeder Dritte auch ein Auto kaufen würde, welches

vollautomatisch fährt – sofern es genauso viel kostet wie ein herkömmliches Fahr-zeug – überrascht im Übrigen ebenso wie der Umstand, dass der Branchen-verband Bitkom erstmals auf der IAA eine eigene Pressekonferenz gab. So konnte Martina Koederitz medienwirk-sam die Bundesregierung wegen ihrer zurückhaltenden Haltung beim Netz-ausbau an den Pranger stellen.

Koederitz ist Mitglied im Bitkom-Präsi-dium und beklagt, dass Infrastrukturen, die über Jahrzehnte weitgehend unabhän-gig voneinander gewachsen sind, weder angemessen modernisiert noch vernetzt wurden. Immerhin verbinden intelligente Netze moderne IT mit den großen Infra-struktursystemen. Dabei kommen etwa Cyber-physikalische Systeme zum Einsatz wie automatische Notrufsysteme in Pkw mit einer Verknüpfung von Airbag-Sensor, Navigationsgerät und Mobilfunk. „Hinzu kommen der neue Internet-Standard IPv6 mit seiner de facto unbegrenzten Zahl von Internet-Adressen und die so verein-fachte Kommunikation zwischen Maschi-nen untereinander – im Auto, zwischen Autos, und mit einer Verkehrsinfrastruk-tur“, so Koederitz.

INTELLIGENTE MOBILITÄT BENÖTIGT INTELLIGENTE NETZE

Dass die moderne Mobilität nur mit intel-ligenten Netzen funktioniert, davon ist Koederitz überzeugt. Immerhin ist sie auch Vorsitzende der Geschäftsführung

von IBM Deutschland. So weiß sie auch, dass die Modernisierung des Verkehrs-systems „einen gesamtwirtschaftlichen Nutzen von insgesamt zehn Milliarden Euro jährlich bringen kann“. Dabei ent-steht der größte Nutzen mit rund 4,4 Mil-liarden Euro jährlich durch das Vermei-den von Staus. Neue Logistiksysteme spa-ren weitere 3,5 Milliarden Euro pro Jahr. Dass aber Wachstumsimpulse in Höhe von zwei Milliarden Euro mit neuen Apps und Services, die die unterschiedlichen Verkehrsnetze miteinander verbinden, dazu kommen, sollte jeden in der Auto-mobilbranche wachrütteln.

Auf softwarebasierte Angebote sollte der Autohersteller künftig also ebenso setzen wie auf die Car-2-X-Technik. Dass sie kommt, steht außer Frage. Denn ihr Erfolg wurde in einem ersten Praxistest bestätigt, wie das Fachwissensportal Springer für Professionals [2] berichtete. Demnach genügt bereits eine geringe Ausstattungsrate von nur 5 %, um eine erkennbare Verbesserung beim Verkehrs-fluss zu beobachten. Diesen Umstand nutzt auch die Daimler AG und wird noch in diesem Jahr ein Fahrzeug mit Car-to-X-Technik auf die Straße bringen.

Im ersten Schritt wird dafür ein mobil-funkbasierter Ansatz verwendet inklusive dem Drive Kit Plus, das in Kombination mit einem Smartphone und der von Daimler entwickelten Digital DriveStyle-App das Fahrzeug gleichzeitig zum Sen-der und Empfänger von Informationen macht. „Damit können wir viele der von den Kunden erwarteten relevanten Funk-tio nalitä ten abdecken wie das Erkennen von Stauende, Geisterfahrern und Einsatz-fahrzeugen“, sagt Benjamin Ober kersch, Unter nehmenssprecher für das Vernetzte Fahrzeug bei Daimler.

VIELE DATEN, VIELE BEGEHRLICHKEITEN

Die Werksingenieure arbeiten zudem daran, das System im Sinne eines hybri-den Ansatzes in Richtung sogenannter Ad-hoc-Kommunikation zwischen Fahr-zeugen zu erweitern. Dann allerdings soll der Funkstandard gemäß IEEE-802.11 (WLAN) die sicherere Kommunikation gewährleisten. Immerhin ist für das voll-automatisierte Fahren der Echtzeit-Daten-austausch von größter Bedeutung. Zwar erprobt der Konzern auf seinem Testge-lände SimCity in Sindelfingen den auto-matischen Betrieb und steuert Versuchs-

Mit dem Vernetzen der Fahrzeuge ändert sich auch der Arbeitsplatz des Fahrers; wichtig werden die Monitore, denn dort muss das Überangebot an Informationen sinnvoll dargestellt werden

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DR. BURKHARD MILKE Direktor Europäische Entwicklung Elektrische Systeme, Infotainment und Elektrifizierung

INTERVIEW: Andreas Burkert

2 FRAGEN AN …ATZ _ Welches sind die Herausforderungen, um vernetzte Systeme im Auto abzusichern?MILKE _ Die technischen Lösungen müs-sen vor allem den stark unterschiedli-chen Innovationszyklen Rechnung tra-gen. Zu beachten ist, dass heterogene Infrastrukturen gerade in den europäi-schen Märkten die Einführung vernetz-ter Systeme im Auto komplizierter gestal-ten, als dies etwa in den USA der Fall ist. Bezüglich der Sicherheit haben wir klare Vorgaben, dass ein potenzieller Ausfall oder eine Manipulation solcher Systeme in einen robusten Gesamtsystementwurf berücksichtigt sein muss. Ein selektiver und kontrollierter Einsatz dieser Technik sichert dann die gesamte Vernetzung ab.

Welche Connected-Car-Services versprechen die höchsten Gewinnmargen für einen OEM?Künftig werden sich neue Elemente in der Wertschöpfungskette und auch neue Geschäftsfelder ergeben. Die besten Gewinnmargen liegen für einen OEM darin, Kunden durch ein stimmiges Gesamtpaket an Connected-Car-Services an die Marke zu binden. Mit dem Opel Adam und dem Insignia setzen wir bereits klare Zeichen. Wir bieten dem Kunden die Möglichkeit, sein persön-liches Kommunikations-Equipment umfassend im Fahrzeug zu nutzen.

träger per WLAN – von einem Kon-trollturm aus. Doch das tele operierte Autofahren, so wie es die TU München vor Kurzem präsen tierte [3], ist der-zeit kein Thema bei Daimler. Auch Volkswagen beobachtet die Aktivi-täten zum teleoperierten Autofahren vorerst nur. Das tut das Unterneh-men zwar sehr aufmerksam, wie uns Dr. Volkmar Tanneberger, Leiter Elektrik/Elektronik-Entwicklung, von Volkswagen verrät. Aber er sieht dafür „derzeit keine Perspektive für eine praktische und wirklich sichere Anwendung“.

Dafür glaubt er, dass der Trend der Vernetzung mittelfristig im Thema Car-2-X münden wird. „Es ist denk-bar, Ampelphasen in Abhängigkeit vom tatsächlichen Verkehrsaufkom-men zu steuern, das Fahrzeug per-manent mit dem Serviceportal des Händlers kommunizieren oder die Fahrzeuge untereinander Informatio-nen wie Gefahrenstellen, Fahrbahn-beschaffenheit und Ähnliches aus-tauschen zu lassen.“ Weil dadurch enorme Daten über Fahrzustand und Fahrumgebung bereitstehen, wach-sen die Begehrlichkeiten, diese für eigene Geschäftsmodelle oder Inter-essen zu nutzen.

IM ZENTRUM STEHT EINE HOCHSKALIERBARE CLOUD-PLATTFORM

So lässt etwa Dr. Uwe Dieter Grebe, Geschäftsführer Global Business Development, Vertrieb & Internatio-nal Operations AVL List, wissen, dass mit der Kenntnis über Straßen-verlauf, Topografie, Geschwindig-keitsbegrenzung, Verkehrssituation und das Verhalten anderer Verkehrs-teilnehmer das Zusammenspiel der verschiedenen Subsysteme innerhalb des gesamten Antriebsstrangs prä-diktiv optimiert werden kann [4]. Weil diese Strategie auch ganz im Sinne der Hersteller ist, gibt es kei-nen Anlass zu Befürchtungen.

Ganz anders reagieren die Vor-stände, spricht man sie auf die Pläne des US-amerikanischen Suchmaschi-nenbetreibers Google an, der bis zum Jahr 2020 das selbstfahrende Auto-mobil zur Marktreife bringen möchte. Zwar lästerte Daimler-Chef Dr. Dieter Zetsche über das Google-Fahrzeug, es sehe aus „wie eine Mondlande-fähre“. Insgeheim erwartet er, dass IT-Unternehmen nur die Autos ver-netzen, die Infrastruktur betreiben und somit Internet und Mobilität ver-

Bandbreite von Mobilfunksystemen

Ban

dbre

ite

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it/s

]

1992 2001 2004 2013 2014

1200

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600

400

200

0

GSM (2G)9,6 kBit/s

GPRS115 kBit/s

UMTS (3G)384 kBit/s

LTE150 MBit/s

LTE Advanced (4G)1 GBit/s

Je größer die Bandbreite digitaler Datennetze, desto größer der Wunsch, mehr Daten aus dem Auto zu senden; doch im gleichen Maße wachsen auch die Begehrlichkeiten, diese Daten einzusehen – ob berechtigt oder nicht

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binden. Für das Bauen der Autos seien seiner Ansicht nach andere zuständig. Doch der Automanager alter Schule könnte sich irren mit seiner Einschät-zung, dass das Geschäft mit der Mobili-tät ausschließlich bei den etablieren Autofirmen bleibt.

Denn als auf der IAA der Zulieferer Continental seine Kooperation mit IBM bekannt gab, horchten viele auf. Denn im Mittelpunkt der Vereinbarung steht die Entwicklung einer hochskalierbaren Cloud-Plattform. Gehen die Pläne auf, können Autofahrer demnächst nicht nur aktuelle Softwareversionen direkt aus dem Netz laden. Der Zulieferer möchte auch auf das Big-Data-Know-how des IT-Unternehmens IBM zugreifen. Die aufbereiteten Datenmengen dienen dann dem Aufbau neuer Tele matik- Infra-struk turen. An deren Ende könnte dann auch das autonom fahrende Google-Car stehen.

ANGST VOR DEM DIGITALEN FRONTALAUFPRALL

Bisher bereitet dieses Szenario den etablierten Autobauern kaum Kopf-zerbrechen. Im Gegensatz zu möglichen Angriffen auf die eingebetteten Systeme im Fahrzeug. So wie es Experten vor wenigen Wochen auf dem Videoportal Youtube [5] eindrucksvoll demonstrier-ten, als sie einen Toyota derart manipu-lierten, dass sie ihn mit einem Notebook sozusagen fernsteuerten. Wohlwissend, dass es eine absolute Sicherheit nie geben wird, wie uns einige Automobilhersteller auf Anfrage mitteilen, liefern sich Krypto-logen der OEMs mit den Hackern ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Doch die Entwick-ler der Automobil hersteller starten mit einem Handikap.

„Einerseits rüsten sich Kriminelle mit entsprechend aufwendigen Angriffs-werkzeugen aus, die über das Internet jedem verfügbar sind, andererseits wird der Diebstahlschutz etwa dadurch her-abgesetzt, dass wir beispielsweise die vom Gesetzgeber geforderte OBD (On-Board-Diagnose)-Schnittstelle sowie die dazugehörigen Prozesse und Doku-mente jedermann zur Verfügung stellen müssen“, sagt Tanneberger. Über diese offene Diagnose-Schnittstelle lassen sich dann elektronische Komponenten der Fahrzeuge manipulieren – hochspe zia-lisiertes technisches Wissen voraus-gesetzt.

Und wie reagieren die Autohersteller? „Die müssen das ganze Arsenal von Sicherheitstechniken aus der Welt der Informations-Technologie beherrschen, und das auf höchstem Standard – vergleichbar mit Hochsicherheitsanwen dungen im Banksektor“, sagt Dr. Juergen Reiner von Oliver Wyman. Er mahnt zudem, dass die Hersteller extrem schnelle Mechanis-men für Software-Updates etablieren müssen – und zwar bezogen auf alle Instanzen im Feld.

WENN ERMITTLUNGSBEHÖRDEN MITFAHREN WOLLEN

Zwar sollen darüber hinaus auch die Verschlüsselungssysteme mit stetig wachsenden Schlüssellängen versehen, das Management von Schlüsselpaaren

optimiert und die Absicherung gegen Hardware-Hacks verbessert werden. Doch die dringendste Handlungs an-weisung lautet, dass umgehend nach Bekanntwerden möglicher Hacks, die Lücken geschlossen werden müssen. Sollte es dennoch zu einem „Einbruch“ kommen, muss nach Ansicht von Reiner die Kommunikation des betroffenenen Unternehmens umgehend und trans-parent informieren. Das gilt vor allem beim Missbrauch fahrer bezogener Daten durch Dritte. Auch wenn Unternehmen wie Daimler Daten zwischen Fahrzeug und externen Internetdiensten wie Google und Yelp, einem US-amerika-nischen Internetunternehmen, das ein Empfehlungsportal für Geschäfte und Locations betreibt, über die eigene Cloud (Vehicle Backend) senden, dafür

Ein „gehackter“ Toyota kann den Fahrer auf vielfältige Art und Weise um den Verstand bringen (Bild © Toyota)

➊ Wildes Hupen – auch nachdem das Auto abgeschaltet wurde ➋ Verhindern des Abschaltens der Stromversorgung – Entladen der Batterie ➌ Manipulation der Geschwindigkeits- und der Tankanzeige ➍ Abruptes Straffen der Sicherheitsgurte ➎ Beschleunigen des Motors (kann durch Bremsen außer Kraft gesetzt werden) ➏ An- und Abschalten der Scheinwerfer ➐ Abschalten der Servolenkung oder Ruckeln am Lenkrad ➑ Plötzlich heftiges Bremsen bei jeder Geschwindigkeit

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WAS MEINEN WIR DAZU?

„SCHEITERT DIE VERNETZTE MOBILITÄT AM IT-UNVERMÖGEN DER POLITIK?“

Ein Vergleich verdeutlicht das Dilemma vernetzter Mobilität: Wem nutzen schnelle Autos, wenn die Straßenbeschaffenheit kein hohes Fahrtempo zulässt? Zurecht fordert also IBM-Chefin Martina Koederitz von der Regierung den Ausbau einer flächendeckenden Breitbanddaten-Infrastruktur. Das aber ist nur eine Seite der Medaille. OEMs und Gesetzgeber müssen vor allem auch die Vertraulichkeit der gesammelten Daten garantieren.

einen VPN-Kanal nutzen und die Anfragen um die Fahrzeug Identifikationsnummer (FIN) bereinigen. Die Gefahr, dass ein Insider sensible Daten missbraucht, ist ebenso präsent und schadet dem Ansehen des Unternehmens genauso wie die Begehrlichkeiten von Ermittlungsbehörden, die von der quali-fizierten Datenbank im Auto Kenntnis bekommen und den Zugriff auf die Daten einfordern. Ein Szenario, das im Übrigen bereits von den Rechtsabteilungen der OEMs diskutiert wird, weiß Reiner.

LITERATURHINWEISE[1] Bentenrieder, M.: Connected Services: Als attraktive Gesamtpakete ein Milliardengeschäft. Studie Oliver Wyman, 2013[2] Burkert, A., Simtd: Praxistest bestanden – Erfolg schon bei geringer Aus-stattungsrate. http://www.springerprofessional.de/simtd-praxistest-bestanden-erfolg-schon-bei-geringer-ausstattungsrate/4517296.html, 2013[3] Burkert, A.: Teleoperiertes Autofahren – eine Chance für die Elektromobilität. http://www.springerprofessional.de/teleoperiertes-autofahren-eine-chance-fuer-die-elektromobilitaet/4587846.html, 2013[4] Grebe, U. D.: Kommentar: Der vernetzte Antrieb. http://www.springer-professional.de/kommentar-der-vernetzte-antrieb/4558360.html, 2013[5] https://www.youtube.com/watch?v=oqe6S6m73Zw, 2013

ANDREAS BURKERTist Korrespondent der ATZ in München.

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