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© Springer-Verlag 2007 Verleger: Springer-Verlag GmbH, Sachsenplatz 4 – 6, 1201 Wien, Österreich. – Herausgeber: a. Univ.-Prof. Dr. Andreas Vonkilch, Institut für Zivilrecht, Universität Wien, Schottenbastei 10 – 16, 1010 Wien, Österreich, und Mag. Dr. Till Hausmann, Rechtsanwalt, Ameisgasse 10, 1140 Wien, Österreich. – Hersteller: Druckerei Ferdinand Berger & Söhne Gesellschaft m.b.H., 3580 Horn, Österreich. – Verlagsort: Wien. – Herstellungsort: Horn. Printed in Austria P.b.b./Erscheinungsort Wien/Verlagspostamt 1201 Wien wobl 360 Rechtsprechung/Abgabenrecht 2007, Heft 12 Dezember 2. Der vom VwGH getätigte Hinweis auf § 6 Abs 2 UStG 1994 ist deshalb berechtigt, weil jeder einzelne Umsatz, somit jede einzelne Vermietung optionsfähig ist (Ruppe, UStG 3 , § 6 Tz 409, der aaO sogar darauf hin- weist, dass ausgehend davon, dass die Vermietung eine kontinuierlich erbrachte Dauerleistung ist, die anteilig in den einzelnen Zeitabschnitten ausgeführt ist, die Option für jeden Voranmeldungszeitraum ausgeübt [und damit auch zurückgenommen] werden kann). Hon-Prof. RA Dr. Wolf-Dieter Arnold 142. Familienheimfahrt – jahresbezogene Beurteilung DOI 10.1007/s00719-007-0939-6 § 16 Abs 1 EStG 1988, § 20 Abs 1 Z 1 EStG 1988: An- spruch auf steuerliche Anerkennung der Aufwendungen für Familienheimfahrten, wenn ein Steuerpflichtiger ei- nen vom Beschäftigungsort entfernten (Familien-)Wohn- sitz unterhält und in einem Streitjahr dessen Verlegung (zB im Hinblick auf die dort wohnhafte berufstätige Ehe- frau) unzumutbar ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob früher (insbesondere im zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme der Beschäftigung an einem neuen Beschäftigungsort) die Zumutbarkeit der Wohnsitzverle- gung gegeben gewesen ist. Demzufolge ist es steuerlich im Streitjahr unschädlich, dass in der Vergangenheit eine (nur in dieser) zumutbare Wohnsitzverlegung nicht durchgeführt wurde. VwGH 21. 6. 2007, 2005/15/0079 Liegt der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen au- ßerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort, dann können die (Mehr)Aufwendungen für „Familien- heimfahrten“ bzw „doppelte Haushaltsführung“, wie zB für die Wohnung am Beschäftigungsort und die Kosten für Familienheimfahrten, nur dann steuerlich berück- sichtigt werden, wenn die doppelte Haushaltsführung beruflich bedingt ist. Die doppelte Haushaltsführung ist dann als beruflich veranlasst anzusehen, wenn die Grün- dung des zweiten Hausstandes einen objektiven Zusam- menhang mit der Berufstätigkeit aufweist (vgl das VwGHErk 28. 3. 2000, 96/14/0177). Die Beibehaltung ei- nes Familienwohnsitzes ist aus der Sicht einer Erwerbs- tätigkeit, die in unüblich weiter Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, nicht durch die Erwerbstätig- keit, sondern durch Umstände veranlasst, die außerhalb der Erwerbstätigkeit liegen. Der Grund, warum Aufwen- dungen für Familienheimfahrten dennoch als Betriebs- ausgaben oder Werbungskosten bei den aus der Erwerbs- tätigkeit erzielten Einkünften Berücksichtigung finden, liegt darin, dass derartige Aufwendungen solange als durch die Einkunftserzielung veranlasst gelten, als dem Steuerpflichtigen eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemu- tet werden kann. Die Unzumutbarkeit kann ihre Ursache insbesondere in der privaten Lebensführung des Steuer- pflichtigen oder in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Ehegatten haben (vgl in diesem Sinne die VwGHErk vom 29. 1. 1998, 96/15/0171 und 17. 2. 1999, 95/14/0059). Die Unzumutbarkeit ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (vgl im Ergebnis die VwGHErk vom 26. 11. 1996, 95/14/0124 und 15. 11. 2005, 2005/14/ 0039, wobl 2006, 160/70 mit Anm Arnold). Unterhält ein Steuerpflichtiger einen vom Beschäftigungsort entfern- ten (Familien)Wohnsitz, und ist in einem Streitjahr die Verlegung des Familienwohnsitzes – etwa im Hinblick auf die dort wohnhafte, berufstätige Ehefrau – unzumut- bar, sind die Voraussetzungen für die steuerliche Aner- kennung der Aufwendungen für Familienheimfahrten gegeben. Es kommt nicht darauf an, ob in einem früheren Zeitraum, insbesondere bei Eingehen der Beschäftigung (am neuen Beschäftigungsort), die Zumutbarkeit der Wohnsitzverlegung gegeben gewesen ist. Die persönliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen in einem Streit- jahr hängt nämlich nicht davon ab, ob in einem Vorjahr die – tatsächlich nicht erfolgte – Verlegung des Wohnsit- zes zumutbar gewesen ist. Wenn dem Abgabepflichtigen im Streitjahr die Ver- legung des (Familien)Wohnsitzes nicht zumutbar ist, macht es keinen Unterscheid, ob die Unzumutbarkeit be- reits früher vorgelegen ist oder nicht. Danach zu unter- scheiden, ob der Steuerpflichtige an seinem (Famili- en)Wohnsitz die Lebensgemeinschaft mit einer (Einkom- men erzielenden) Lebensgefährtin schon vor oder erst nach der Aufnahme seiner Berufstätigkeit an einem an- deren Ort begründet, führte zu einem Verstoß gegen das durch Art 7 Abs 1 B-VG festgelegte Sachlichkeitsgebot. Indem die bel Beh im angef Besch die Zumutbarkeits- prüfung für die den Streitjahren vorangehenden Jahre für wesentlich erachtete, hat sie die Rechtslage verkannt.

Familienheimfahrt – jahresbezogene Beurteilung

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© Springer-Verlag 2007

Verleger: Springer-Verlag GmbH, Sachsenplatz 4–6, 1201 Wien, Österreich. –Herausgeber: a.Univ.-Prof. Dr. Andreas Vonkilch, Institut für Zivilrecht, Universität Wien, Schottenbastei 10–16,

1010 Wien, Österreich, und Mag. Dr. Till Hausmann, Rechtsanwalt, Ameisgasse 10, 1140 Wien, Österreich. –Hersteller: Druckerei Ferdinand Berger & Söhne Gesellschaft m.b.H., 3580 Horn, Österreich. – Verlagsort: Wien. –

Herstellungsort: Horn.

Printed in AustriaP.b.b./Erscheinungsort Wien/Verlagspostamt 1201 Wien

wobl360 Rechtsprechung/Abgabenrecht 2007, Heft 12

Dezember

2. Der vom VwGH getätigte Hinweis auf § 6 Abs 2UStG 1994 ist deshalb berechtigt, weil jeder einzelneUmsatz, somit jede einzelne Vermietung optionsfähig ist(Ruppe, UStG3, § 6 Tz 409, der aaO sogar darauf hin-weist, dass ausgehend davon, dass die Vermietung einekontinuierlich erbrachte Dauerleistung ist, die anteilig inden einzelnen Zeitabschnitten ausgeführt ist, die Optionfür jeden Voranmeldungszeitraum ausgeübt [und damitauch zurückgenommen] werden kann).

Hon-Prof. RA Dr. Wolf-Dieter Arnold

142.Familienheimfahrt – jahresbezogene Beurteilung

DOI 10.1007/s00719-007-0939-6

§ 16 Abs 1 EStG 1988, § 20 Abs 1 Z 1 EStG 1988: An-spruch auf steuerliche Anerkennung der Aufwendungenfür Familienheimfahrten, wenn ein Steuerpflichtiger ei-nen vom Beschäftigungsort entfernten (Familien-)Wohn-sitz unterhält und in einem Streitjahr dessen Verlegung(zB im Hinblick auf die dort wohnhafte berufstätige Ehe-frau) unzumutbar ist. Dabei kommt es nicht darauf an,ob früher (insbesondere im zeitlichen Zusammenhangmit der Aufnahme der Beschäftigung an einem neuenBeschäftigungsort) die Zumutbarkeit der Wohnsitzverle-gung gegeben gewesen ist.

Demzufolge ist es steuerlich im Streitjahr unschädlich,dass in der Vergangenheit eine (nur in dieser) zumutbareWohnsitzverlegung nicht durchgeführt wurde.VwGH 21. 6. 2007, 2005/15/0079

Liegt der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen au-ßerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort,dann können die (Mehr)Aufwendungen für „Familien-heimfahrten“ bzw „doppelte Haushaltsführung“, wie zBfür die Wohnung am Beschäftigungsort und die Kostenfür Familienheimfahrten, nur dann steuerlich berück-sichtigt werden, wenn die doppelte Haushaltsführungberuflich bedingt ist. Die doppelte Haushaltsführung istdann als beruflich veranlasst anzusehen, wenn die Grün-dung des zweiten Hausstandes einen objektiven Zusam-menhang mit der Berufstätigkeit aufweist (vgl dasVwGHErk 28. 3. 2000, 96/14/0177). Die Beibehaltung ei-nes Familienwohnsitzes ist aus der Sicht einer Erwerbs-tätigkeit, die in unüblich weiter Entfernung von diesem

Wohnsitz ausgeübt wird, nicht durch die Erwerbstätig-keit, sondern durch Umstände veranlasst, die außerhalbder Erwerbstätigkeit liegen. Der Grund, warum Aufwen-dungen für Familienheimfahrten dennoch als Betriebs-ausgaben oder Werbungskosten bei den aus der Erwerbs-tätigkeit erzielten Einkünften Berücksichtigung finden,liegt darin, dass derartige Aufwendungen solange alsdurch die Einkunftserzielung veranlasst gelten, als demSteuerpflichtigen eine Wohnsitzverlegung in üblicheEntfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemu-tet werden kann. Die Unzumutbarkeit kann ihre Ursacheinsbesondere in der privaten Lebensführung des Steuer-pflichtigen oder in einer weiteren Erwerbstätigkeit desEhegatten haben (vgl in diesem Sinne die VwGHErk vom29. 1. 1998, 96/15/0171 und 17. 2. 1999, 95/14/0059).

Die Unzumutbarkeit ist aus der Sicht des jeweiligenStreitjahres zu beurteilen (vgl im Ergebnis die VwGHErkvom 26. 11. 1996, 95/14/0124 und 15. 11. 2005, 2005/14/0039, wobl 2006, 160/70 mit Anm Arnold). Unterhält einSteuerpflichtiger einen vom Beschäftigungsort entfern-ten (Familien)Wohnsitz, und ist in einem Streitjahr dieVerlegung des Familienwohnsitzes – etwa im Hinblickauf die dort wohnhafte, berufstätige Ehefrau – unzumut-bar, sind die Voraussetzungen für die steuerliche Aner-kennung der Aufwendungen für Familienheimfahrtengegeben. Es kommt nicht darauf an, ob in einem früherenZeitraum, insbesondere bei Eingehen der Beschäftigung(am neuen Beschäftigungsort), die Zumutbarkeit derWohnsitzverlegung gegeben gewesen ist. Die persönlicheLeistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen in einem Streit-jahr hängt nämlich nicht davon ab, ob in einem Vorjahrdie – tatsächlich nicht erfolgte – Verlegung des Wohnsit-zes zumutbar gewesen ist.

Wenn dem Abgabepflichtigen im Streitjahr die Ver-legung des (Familien)Wohnsitzes nicht zumutbar ist,macht es keinen Unterscheid, ob die Unzumutbarkeit be-reits früher vorgelegen ist oder nicht. Danach zu unter-scheiden, ob der Steuerpflichtige an seinem (Famili-en)Wohnsitz die Lebensgemeinschaft mit einer (Einkom-men erzielenden) Lebensgefährtin schon vor oder erstnach der Aufnahme seiner Berufstätigkeit an einem an-deren Ort begründet, führte zu einem Verstoß gegen dasdurch Art 7 Abs 1 B-VG festgelegte Sachlichkeitsgebot.

Indem die bel Beh im angef Besch die Zumutbarkeits-prüfung für die den Streitjahren vorangehenden Jahrefür wesentlich erachtete, hat sie die Rechtslage verkannt.