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Finanzpolitik in einer wachsenden Wirtschaft mit Auslandsbeziehungen - Probleme der Stabilisierung der Wachstumsrate in einer offenen Wirtschaft Author(s): Hans-Joachim Heinemann Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, New Series, Bd. 23, H. 2 (1963/64), pp. 288- 297 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40909776 . Accessed: 10/06/2014 20:59 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to FinanzArchiv / Public Finance Analysis. http://www.jstor.org This content downloaded from 188.72.96.138 on Tue, 10 Jun 2014 20:59:30 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

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Finanzpolitik in einer wachsenden Wirtschaft mit Auslandsbeziehungen - Probleme derStabilisierung der Wachstumsrate in einer offenen WirtschaftAuthor(s): Hans-Joachim HeinemannSource: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, New Series, Bd. 23, H. 2 (1963/64), pp. 288-297Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40909776 .

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Finanzpolitik in einer wachsenden Wirtschaft mit Auslandsbeziehungen*

- Probleme der Stabilisierung der Wachstumsrate in einer offenen Wirtschaft -

von

Hans-Joachim Heinemann

1. Bei fehlender staatlicher Aktivität hängt das Wachstum in einer ge- schlossenen Wirtschaft von den verfügbaren Faktoreinsatzmengen, ihrer Pro- duktivität und der Bereitschaft der Nachfrager ab, das solcherart erreichbare Produktionsergebnis aufzunehmen. Legen wir ein aggregiertes Wachstums- modell vom Harrod-Domar-Typ zugrunde, so ist notwendige und hinreichende Bedingung für eine gleichgewichtige Entwicklung bei stabilem Preisniveau die Übereinstimmung von geplanten Ersparnissen und Investitionen1. Die erzielbare Wachstumsrate bestimmt sich als Produkt aus Spar- bzw. Investi- tionsquote und Produktivität des eingesetzten Kapitalstocks2.

In einer offenen Volkswirtschaft wird das inländische Produktionsergeb- nis um die Exporte vermindert, das verfügbare Angebot um die Importe ver- mehrt. Zur Aufrechterhaltung gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts muß die Nachfrage der inländischen Wirtschaftssubjekte schneller als in der ge- schlossenen Wirtschaft wachsen, wenn die Importe größer als die Exporte

* Dieser Aufsatz beschäftigt sich lediglich mit der Frage, in welcher Weise die Staatstätigkeit in einer offenen Wirtschaft die zur Aufrechterhaltung des wirtschaft- lichen Gleichgewichts erforderliche Wachstumsrate beeinflußt. Dagegen werden die zumindest ebenso interessanten Probleme, wie die Wirtschaftspolitik die tatsäch- liche Entwicklung bestimmt und ob und wie sie zur Dämpfung konjunktureller Schwankungen im Wachstumsprozeß einer offenen Wirtschaft beitragen kann, hier nicht untersucht.

Für zahlreiche kritische Anregungen danke ich Herrn Professor Dr. Hans Möl- ler, Herrn Dr. Hans Fecher und Herrn Dipl.-Vw. Franz Holzheu.

1 JJies gilt aul jeden Fall beim r ehlen irgendwelcher „time lags in der ivonsum- funktion, nach Ansicht des Verfassers jedoch generell; vgl. hierzu D. Hamberg: Economic Growth and Instability, New York 1956, S. 225 ff., und H.-J. Heinemann: Wirtschaftliches Wachstum und Entwicklungshilfe - dargestellt an einem Harrod- Domar-Modell, „Zeitschrift für Nationalökonomie" XXIII (1963/64), § 1. 2. 1. 2 Vgl. hierzu einen statt aller : E. D. Domar : Capital Expansion, Rate of Growth and Employment, „Econométrica" XIV (1946), S. 137 ff.

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sind. Bleiben die Ausgabenneigungen der Wirtschaftssubjekte im Zeitablauf unverändert, so erfordert dies zugleich ein im Vergleich zur Situation ohne Aus- landsbeziehungen schnelleres Einkommenswachstum. Ist die Leistungsbilanz dagegen aktiv, so darf das Einkommen nicht so schnell wachsen wie in der geschlossenen Wirtschaft1.

Nehmen wir an, daß die Einfuhren einen gleichbleibenden Teil des In- landseinkommens ausmachen, so hängt die Entwicklung der Gleichgewichts- wachstumsrate des Volkseinkommens allein von der als gegeben angenomme- nen Wachstumsrate der Exporte und der Einkommenswachstumsrate im Ausgangszeitpunkt ab. Ist die Expansionsrate der Auslandsnachfrage größer als die ursprüngliche Wachstumsrate des Sozialprodukts, so entziehen die Exporte dem Inlandsmarkt einen wachsenden Anteil der Gesamtproduktion; das verbleibende Angebot reicht nicht aus, um eine gleichmäßig wachsende Inlandsnachfrage zu befriedigen. Diese und damit das Volkseinkommen müs- sen vielmehr mit einer abnehmenden Rate zunehmen. Ist dagegen die Wachs- tumsrate der Ausfuhren geringer als die ursprüngliche Einkommenswachs- tumsrate, so muß diese im Zeitablauf zunehmen, weil der Anteil der Auslands- nachfrage an der Gesamtnachfrage ständig abnimmt.

Wir sehen also, daß die Berücksichtigung von Auslandsbeziehungen nicht nur dazu führt, daß das zur Aufrechterhaltung des wirtschaftlichen Gleich- gewichts erforderliche Entwicklungstempo des Sozialprodukts von dem in der geschlossenen Wirtschaft abweicht, sondern auch bewirkt, daß die Wachs- tumsrate nicht konstant bleibt, vielmehr je nach der Entwicklung des Lei- stungsbilanzsaldos im Zeitablauf zu- oder abnimmt2.

1 Das Ergebnis, daß bei ausgeglichener Leistungsbilanz die Wachstumsrate der in der geschlossenen Wirtschaft gleich ist, gilt freilich nur unter der Annahme, daß durch den Außenhandel die Sparquote und die Faktorproduktivitäten nicht beein- flußt werden. Führen die internationalen Wirtschaftsbeziehungen beispielsweise zu einer Vergrößerung einer oder beider Größen, so ist die Einkommenswachstumsrate in der offenen Wirtschaft größer als die in der geschlossenen Wirtschaft.

2 Vgl. hierzu F. Abb: Die Außenwirtschaft in der Modellanalyse des ökonomi- schen Wachstums, „Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft", Bd. 114 (1958), S. 468 ff., und H. G. Johnson: Equilibrium Growth in an International Economy, „Canadian Journal of Economics and Political Science", Vol. 19 (1953), S. 478 ff.

Analytisch schwierigere Ergebnisse erhält man, wenn man die Abhängigkeit der Entwicklung des Auslandseinkommens vom Inlandseinkommen explizit berücksich- tigt, wie es ζ. Β. in den Modellen von Johnson geschieht. Vernachlässigt man dies je- doch, so muß man entweder unterstellen, daß das Ausland seine Einkommenswachs- tumsrate oder zumindest die Wachstumsrate seiner Auslandsnachfrage stabilisiert oder daß es sich bei dem betrachteten (In-)Land um ein kleines Gebiet handelt, dessen Verhalten die Entwicklungsmöglichkeiten im Ausland unbeeinflußt läßt. In diesem Falle fragt man sich jedoch, warum das Inland nicht durch Variation seiner Einfuhr- und Ausfuhrmengen seine Leistungsbilanzentwicklung der geplanten Wachstumsrate anpaßt. Das hängt auch mit der Frage zusammen, ob letztlich die Leistungsbilanzentwicklung die Kapitalbilanzänderung bestimmt - wie es in den auf Keynes und Harrod aufbauenden Modellen wohl durchweg angenommen wird - oder ob nicht vielmehr die Geldvermögensdispositionen und die Kapitalbilanz eine ent- sprechende Anpassung der Exporte und Importe hervorrufen - was mehr der neo- klassischen Position entsprechen dürfte. Vgl. hierzu das 2. Kapitel des in Vorbe- reitung befindlichen Buches von //. Möller: Außenwirtschaftstheorie unter beson- derer Berücksichtigung von Geld und Kredit, das in der Reihe „Die Wirtschafts- wissenschaften" in Wiesbaden erscheinen wird.

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2. Da der Staat u.a. durch seine Einnahmen- und Ausgabengestaltung die wirtschaftliche Entwicklung nachhaltig zu beeinflussen vermag, erscheint es als zweckmäßig, einige Möglichkeiten der Finanzpolitik auch an Hand von Wachstumsmodellen kurz zu erörtern.

Die öffentliche Hand vermindert durch die Besteuerung das verfügbare Einkommen der Wirtschaftssubjekte und damit in aller Regel auch ihre Güter- nachfrage. Der Staat verwendet die solcherart erzielten Einnahmen jedoch ganz oder zum Teil, um seinerseits Güter und Dienste nachzufragen. Sind diese Ausgaben geringer als der Nachfrageausfall bei den Privaten, so muß deren Einkommen offenbar schneller wachsen als ohne die Besteuerung, oder die Ersparnisse müssen zugunsten des Gegenwartskonsums vermindert werden, wenn die Produktionskapazität auch weiterhin voll ausgenutzt werden soll. Ist dagegen die Ausgabenquote des Staates höher als die der privaten Wirt- schaft, so fließt dem Markt aus dem laufenden Einkommen mehr Nachfrage zu als bei fehlender bzw. geringerer Besteuerung, so daß die zur Aufrechterhal- tung des wirtschaftlichen Gleichgewichts erforderliche Einkommenswachs- tumsrate verringert werden muß, soll nicht das bei Einsatz aller verfügbaren Faktorbestände erreichbare Güterangebot hinter der Güternachfrage zurück- bleiben und somit eine inflationäre Entwicklung einleiten1.

Wir wollen nun untersuchen, wie in einer offenen Wirtschaft die staat- liche Steuer- und Ausgabengestaltung die im Gleichgewicht erreichbare Ein- kommenswachstumsrate beeinflußt. Wir vernachlässigen hierbei alle zeit- lichen Verzögerungen - lediglich für die Investitionsfunktion berücksichtigen wir die Einkommensänderung von einer auf die andere Periode - und nehmen an, daß der Staat seine Einnahmen durch die Erhebung einer proportionalen Einkommensteuer (mit dem Steuersatz g) erzielt. Die Symbole haben folgende Bedeutung: Sp = private Ersparnis; S8t = staatliche Ersparnis; I = (öffent- liche + private) Inlandsinvestition ; M = Importe ; X = Exporte ; R = Staats- einnahmen. Wir erhalten die folgenden Beziehungen :

(1) Sp + S8t = I + X - M.

In der offenen Wirtschaft tritt an die Stelle der Gleichgewichtsbedingung S = I die Bedingung, daß die volkswirtschaftliche Ersparnis gleich der Summe

1 Wir vernachlässigen hier die Transferzahlungen des Staates an Private. Ihre Berücksichtigung würde jedoch nur wenige Umformulierungen erfordern; so würde z.B. im folgenden g nicht den Steuersatz, sondern die Nettosteuerbelastung der privaten Wirtschaft nach Abzug der Transfers bezeichnen. Natürlich könnte man auch eine auf zwei oder drei Konsumentengruppen disaggregierte Analyse durch- führen, in welcher (i) diejenigen, die nur Steuern zahlen, (ii) diejenigen, die Trans- ferzahlungen erhalten und evtl. noch (iii) diejenigen, die Steuern zahlen und Trans- ferleistungen erhalten, berücksichtigt würden. Dies würde allerdings die Analyse un- nötig erschweren.

Zu den finanzwirtschaftlichen Aspekten des Wirtschaftswachstums vgl.: R.A. Musgrave : The Theory of Public Finance, New York etc. 1959, S.472ff., und die dort angegebene Literatur; ferner K.K. Kurihara: The Keynesian Theory of Economic Development, London 1959, S. 153 ff.; H. Hesse: Der Einfluß des Staates auf die wirtschaftliche Entwicklung, „Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft", Bd. 117 (1961), S. 635ff.; H. Fecher: öffentlicher Haushalt als Inflationsmotor? „Der Volkswirt", 17. Jg. (1963), Nummer 20, S. 956ff.

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aus Inlandsinvestition und der dem Leistungsbilanzsaldo entsprechenden Auslandsinvestition (X - M) sein muß.

Private und staatliche Ersparnis seien eine lineare Funktion des ver- fügbaren Einkommens (1 - g)Y bzw. der Staatseinnahmen Κ :

(2) Sp = s(l-g)Y;

(3) S8t = aR = agY.

Für die Importausgaben gelte

(4) M = mY.

In der Importfunktion sind sowohl die Einfuhrnachfrage des privaten wie die des öffentlichen Sektors enthalten. Die in der makroökonomischen Außenhandelstheorie üblicherweise gemachte Annahme, daß die Importnei- gung m konstant sei, ist bereits bei fehlender staatlicher Aktivität nicht un- problematisch1. Berücksichtigen wir jedoch - wie es hier geschieht - die Eingriffsmöglichkeiten des Staates, so wird m unmittelbar zu einer strate- gischen Variablen. Der Staat mag den Anteil der Importe an seinen eigenen Ausgaben verändern, er kann darüber hinaus auf mannigfaltige Weise die volkswirtschaftliche Importquote überhaupt beeinflussen. Auf diese Mög- lichkeiten werden wir bei der Analyse der staatlichen Stabilisierungspolitik zurückkommen.

Für den Zusammenhang zwischen Investitionen und Sozialproduktsän- derung (dY/dt) möge gelten

<*> £-«· In (5) gibt k die Produktivität der Investitionen und des Kapitals an.

Unsere Investitionsfunktion zeigt also einen rein technologischen Zusammen- hang zwischen Kapazitätserweiterung und Änderung der Produktion. Da- gegen könnte (5) nur mit großem Vorbehalt als Nachfragefunktion für Inve- stitionsgüter aufgefaßt werden. Ohne Zweifel hängt die Investitionsnach- frage von einer Vielzahl von Größen ab, nicht zuletzt von der Höhe und Art der Besteuerung und der staatlichen Ausgabengebarung. Es darf jedoch nicht übersehen werden, daß es sich bei unserer Betrachtung um eine Gleich- gewichtsanalyse handelt und daß die geplante Inlandsinvestition somit gleich der von der volkswirtschaftlichen Sparneigung, dem Einkommen und dem Steuersatz abhängigen Ersparnis, vermindert um den Leistungsbilanz- überschuß, sein muß. Die die Investitionsnachfrage beeinflussenden Größen müssen demnach solche Werte annehmen, daß dieses Ergebnis zustande kommt.

1 H. Neisser and F. Modigliani : National Incomes and International Trade, Ur- bana (111.) 1953; H.-J. Heinemann: Wirtschaftliches Wachstum und Entwicklungs- hilfe, aaO, § 2. 2. 5. und § 2. 3. 2.

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Setzen wir (2) bis (5) in unsere Gleichgewiclitsbedingung (1) ein, so er- halten wir

(6) ^.i = r = k[s + m+g(ff-s)-|j.

Die erforderliche Einkommenswachstumsrate r ist folglich um so höher, je größer bei gegebenen Verhaltensweisen des privaten Sektors und gleich- bleibender Importneigung der Steuersatz g und die öffentliche Sparquote σ sind. Durch eine Variation dieser Parameter kann der Staat das wirtschaft- liche Wachstum unmittelbar beeinflussen. Die Steuer- und Budgetpolitik wird in der Regel auch die Verhaltensparameter der privaten Wirtschafts- subjekte und die Kapitalproduktivität nicht unbeeinflußt lassen und somit auch mittelbar die Wachstumsaussichten unseres Landes berühren.

Aus (6) ist leicht zu sehen, wie a) im Falle der Übereinstimmung der staat- lichen und der privaten Sparquote, b) bei fehlender staatlicher Aktivität und c) bei fehlenden Auslandsbeziehungen sich das Einkommen entwickelt. Wie wir bemerken, sind hinsichtlich ihrer Wirkung auf die Wachstumsrate die Fälle a) und b) gleichbedeutend und ergeben1

(7) r=k/s+m-|J. Für dem Fall c) erhalten wir

(8) r = k [s + g (σ - s)]. Bei unverändertem Verhalten des privaten wie des öffentlichen Sektors

wird in der geschlossenen Wirtschaft die Wachstumsrate r stabil bleiben, je- doch über der bei fehlender staatlicher Aktivität erreichbaren Wachstumsrate liegen, wenn der Anteil der Ersparnis an den Staatseinnahmen größer als die

1 H. Hesse weist mit Recht darauf hin (Einfluß des Staates..., aaO, S. 643 ff.), daß in der Wachstumstheorie die Frage nach der Investitionsstruktur meist ver- nachlässigt wird. Die öffentlichen Investitionen mögen beispielsweise vornehmlich in Sektoren mit hohen Kapitalkoeffizienten (Straßenbau,Versorgungsbetriebe) durch- geführt werden, wodurch sich in der betrachteten Periode die gesamtwirtschaftliche Kapitalproduktivität vermindert und die Wachstumsrate entsprechend sinkt. In späteren Perioden könnte dadurch allerdings das Wachstumstempo erheblich ge- steigert werden, wenn nämlich die nunmehr verbesserte Infrastruktur die Produk- tivität der privaten Investitionen verbessert. In diesem Falle erfordert die Aus- nutzung des Gesetzes von der Mehrergiebigkeit längerer Produktionswege staatliche Eingriffe. Natürlich ist es auch möglich, daß in der betrachteten Periode die staat- liche Investitionstätigkeit zu einer Erhöhung der Kapitalproduktivität und der Wachstumsrate führt.

Nehmen wir vereinfachend an, daß die öffentlichen Investitionen gleich der staatlichen Ersparnis sind und daß k die Produktivität privatwirtschaftlicher, κ aber die Produktivität öffentlicher Investitionen angibt, so tritt an die Stelle von (8) (8a) r = s (1 - g) k + σ g κ = k [s + g (σ - s)] + (κ - k) g σ.

Sind staatliche und private Sparquote gleich, so vereinfacht sich der Ausdruck zu

(8b) r = ks + (κ - k) ga.

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private Sparquote ist. Ist diese jedoch größer als der nicht für laufende Zwecke verwendete Teil der Staatsausgaben, so wird r kleiner als die bei fehlender staatlicher Aktivität im Gleichgewicht erreichbare Wachstumsrate sein.

3. Wir nehmen in unserer Analyse an, daß der Staat einen Teil der Steuereinnahmen für nicht konsumtive Zwecke verwendet. Hierbei werden solche Staatsausgaben als konsumtiv bezeichnet, die keine Kapazitätswir- kungen zur Folge haben. Möglicherweise hat ein Teil der in der Statistik als staatlicher Konsum bezeichneten Ausgaben einen Kapazitätseffekt; er wäre hier als nicht konsumtiv zu betrachten1.

Führt der Staat selbst Investitionen durch, so ist er zu ihrer Finanzie- rung nicht auf die Steuereinnahmen angewiesen; er kann sich auf dem Wege der Anleiheaufnahme zusätzliche Mittel beschaffen. In welchem Umfang da- durch die privatwirtschaftliche Investitionstätigkeit getroffen wird, hängt von der konjunkturellen Situation, der Lage auf dem Kapitalmarkt u. ä. m. ab ; diese häufig untersuchte Frage braucht uns in diesem Zusammenhang nicht weiter zu beschäftigen.

Die Steuererhebung oder die Veränderung der staatlichen Sparquote kann sehr wohl zu Änderungen der privat Wirtschaft liehen Kapitalbildung führen. Erhöht beispielsweise der Staat den Steuersatz, um die somit erzielbaren Ein- nahmen der volkswirtschaftlichen Ersparnis zuzuführen, so mag die Erspar- nis der Privaten um den gesamten Steuer betrag zurückgehen, wenn sie das bisherige Konsumniveau aufrechterhalten wollen ; vergrößert der Staat bei gleichem Steuersatz den Anteil der nicht konsumtiven Ausgaben am Budget, so mag die privatwirtschaftliche Konsumneigung deshalb zunehmen, weil die Wirtschaftssubjekte versuchen, Kollektivgüter, die bisher aus den staat- lichen Konsumausgaben finanziert wurden, durch andere Konsumgüter zu substituieren. Von Bedeutung ist ferner, in welchem Maße sich die Wirtschafts- subjekte beim Bankensystem verschulden können. Ist das Geldsystem flexi- bel, so ist die Wahrscheinlichkeit, daß Steuererhöhungen durch Kreditauf- nahmen finanziert werden, ziemlich groß, damit aber auch die Wahrschein- lichkeit einer nicht beabsichtigten inflationären Wirkung der staatlichen Stabilisierungspolitik 2.

1 In unserer Betrachtung interessieren die unmittelbaren Kapazitätswirkun- gen; solche könnten z.B. bei Kasernen auftreten, wenn hierdurch bisher durch jetzige Soldaten genutzter Wohnraum frei wird. Die staatlichen Konsumausgaben können vor allem aber in späteren Perioden die Angebotskapazität erweitern, falls beispielsweise Rüstungsfabriken auf die Produktion für den zivilen Bedarf umge- stellt werden. Außerdem kann die Erstellung von Anlagen zum staatlichen Konsum die Investitions- und Produktionsmöglichkeiten in anderen Bereichen verbessern und somit die Kapitalproduktivität erhöhen und das Wachstum anregen.

Ob der Staat aus seinen laufenden Einnahmen überhaupt Ersparnisse bilden soll, ist nicht immer bejaht worden. Die Reservierung laufender Einnahmen für laufende Ausgaben, der Kreditfinanzierung für „werbende" Zwecke stößt jedoch bekanntlich auf Schwierigkeiten und wird zumindest in der Wissenschaft heute kaum mehr vorgenommen; vgl. zu diesen Fragen den 3. Teil des genannten Buches von Musgrave. 2 Eine ausführliche Untersuchung der Bedeutung der Beziehung zwischen staatlicher und privater Ersparnis für die wirtschaftliche Entwicklung sollte die Diskussion über die Uberwälzbarkeit der Einkommensteuer berücksichtigen, die

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Wir werden im folgenden von den genannten Möglichkeiten absehen und unterstellen, daß durch eine Änderung des Steuersatzes oder der staatlichen Sparquote die Sparneigung des privaten Sektors nicht beeinflußt wird. Än- derungen dieser Größe könnten dann hinsichtlich ihrer Wirkung jedoch leicht analysiert werden.

4. Bei unveränderter Konsum- und somit konstanter Sparneigung beruht die mangelnde Stabilität der Wachstumsrate in einer offenen Volkswirtschaft auf der Veränderung des Anteils des Außenbeitrags am Sozialprodukt. Da nämlich wegen der autonom gegebenen Entwicklung der Exporte und der vom Einkommen linear abhängigen Importe die Nettoauslandsnachfrage mit einer ungleichmäßigen Rate wächst, muß dies auch für die Inlandsnachfrage und damit unter unseren Annahmen auch für das Volkseinkommen gelten, wie in Ziff. 1 gezeigt wurde. In diesem Falle erfordert die Stabilisierung der Wachs- tumsrate Maßnahmen, die eine gleichbleibende Aufteilung der Ersparnis auf Inlands- und Auslandsinvestitionen bewirken. Diese Maßnahmen müssen zu- gleich die Entwicklung der Exporte und Importe beeinflussen. Führt die staatliche Wirtschaftspolitik jedoch zu einer Änderung der volkswirtschaft- lichen Sparquote, so muß sich der Anteil des Außenbeitrags am Sozialpro- dukt und an den Gesamtinvestitionen entsprechend verändern. Wir werden hier nur einige finanzpolitische Maßnahmen erwähnen, die geeignet sind, das wirtschaftliche Wachstum in einer offenen Volkswirtschaft zu stabilisieren. Eingriffe der Zentralbank wie Änderungen der Zinssätze u.a.m. werden in unserem Modell nicht berücksichtigt.

Bei unbeeinflußbarem Wachstum der Exporte und gleichbleibender Im- portneigung sind die von der Wirtschaftspolitik beeinflußbaren Parameter in (6) zunächst g (der Steuersatz) und σ (die staatliche Sparquote). Durch eine Änderung des Steuersatzes kann der Staat die Aufteilung des Sozialpro- duktes auf privaten und öffentlichen Sektor ändern; durch eine Änderung von σ kann er die volkswirtschaftliche Konsumgüternachfrage beeinflussen. Wir erhalten aus (6)

(9) g (ff - s) = sH m= s+b. k Y k

In (9) gibt b den Anteil des Außenbeitrages am Sozialprodukt an. Neh- men wir an, die Wachstumsrate der Exporte sei größer als r, die zu stabilisie- rende Wachstumsrate des Volkseinkommens. Aus dieser Konstellation resul- tiert schließlich ein Leistungsbilanzüberschuß. Der Finanzpolitik stehen fol- gende Maßnahmen zur Verfügung: (a) Erhöhung des Steuersatzes, sofern die staatliche Sparquote die private

Sparneigung übersteigt; Senkung des Steuersatzes im umgekehrten Fall. Stimmen staatliche und private Sparneigung überein, so scheidet die Steueränderung als Stabilisierungspolitik aus, sofern durch sie nicht eine Änderung der Ausgabenparameter oder der Kapitalproduktivität erreicht wird.

im „Finanzarchiv", N.F. Bd. 14, mit einem Artikel von C. Fohl begonnen wurde. Die Verteilungswirkungen der staatlichen Besteuerung und Verausgabung erschei- nen uns gerade in der wachsenden Wirtschaft von besonderem Interesse zu sein.

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(b) Erhöhung des Budgetanteils, der nicht für laufende Zwecke veraus- gabt wird. Wir wollen im folgenden annehmen, daß jeweils nur eine der genannten

Möglichkeiten eingesetzt wird: a) Soll die Wachstumsrate durch steuerpolitische Maßnahmen stabilisiert

werden, so muß der Steuersatz in der Periode t entsprechend (9) folgende Höhe haben (z0 = Xo/Yo gibt den Anteil der Exporte am Sozialprodukt im Ausgangszeitpunkt an):

(10) g=_i_/l_s_m + 2oe(X-r)tV a - s 'k /

Hierbei zeigt χ die Wachstumsrate der Exporte an. Wie die Ableitung von (10) nach der Zeit ergibt, muß für χ > r der Steuersatz steigen (fallen), wenn der Nenner des Ausdrucks positiv (negativ) ist. War die Leistungsbilanz in der Ausgangsperiode ausgeglichen, so gilt wegen m = z0 für die Wachs- tum srate in der Ausgangsperiode

(11) r0 = k [s + go (<r0 - s)]. Die Wachstumsrate in der Ausgangsperiode ist somit gleich dem Produkt

aus der Kapitalproduktivität und dem gewogenen Durchschnitt aus privater und staatlicher Sparneigung. Soll die Wachstumsrate auf dieser Höhe stabili- siert werden, so erhalten wir aus (10) wegen m = z0

(12, g=g0+_J^e(x-r)t-l).

Ist die staatliche Sparquote geringer als die private, so nimmt g ab. Soll der Steuersatz nicht unter g' sinken, so muß spätestens von dem durch (13) bezeichneten Zeitpunkt ab eine andere Form der Stabilisierungspolitik angewendet werden :

(13) t = - !- In '?-l (go- g') + l] . χ - r [ m J Ein entsprechender Ausdruck ergibt sich, wenn die staatliche Sparnei-

gung größer als die private ist und g nicht über g" steigen soll. Für die Entwicklung der Leistungsbilanz ergibt sich

(14) B = X-mY=Yoert/z0e(x~"r)t-my Bezeichnen wir den Anteil des Außenbeitrages am Sozialprodukt mit b,

so erhalten wir für dessen Veränderung

(15, ^-(χ_,,ν<χ-Γ>*-. dt dt

b) Soll die Entwicklung des Sozialproduktes nicht durch Änderungen des Steuersatzes, sondern durch eine Variation der staatlichen Spar quote stabi- lisiert werden, so muß ein ständig wachsender Teil der Staatseinnahmen für

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nicht konsumtive Zwecke verwendet werden, sofern die Auslandsnachfrage schneller als das Volkseinkommen wächst. Entsprechend (10) gilt hier

(16) <T=s+I/l_8_m + Zoe(x~r)tV g'k /

Soll auch hier die Wachstumsrate auf der durch (11) angegebenen Höhe stabilisiert werden, so wird aus (16)

(17) <T = <To+-/e(x-r)t-lV

Auch dieses Instrument ist nur beschränkte Zeit verwendbar. Soll die staatliche Sparquote nicht über σ' wachsen, so erreicht die Stabilisierungspoli- tik mittels Erhöhung der volkswirtschaftlichen Sparquote in dem durch (18) bezeichneten Zeitpunkt ihre Grenze

(18) t = - L· in [! (• -σ0) + 1 1 . χ - r L m J c) Der Staat kann schließlich versuchen, das Einkommenswachstum da-

durch zu stabilisieren, daß er die volkswirtschaftliche Importnachfrage beein- flußt. Bei sonst aktiver Leistungsbilanz erfordert dies, daß der Anteil der Aus- gaben für Auslandsgüter an den Gesamtausgaben wächst. Die Regierung kann die privatwirtschaftliche Importnachfrage durch handelspolitische Er- leichterungen anregen. Je stärker der Handel jedoch bereits liberalisiert ist, um so weniger dürfte auf diese Weise der gewünschte Erfolg eintreten. Schwierigkeiten können auch auftreten, wenn das Land durch wirtschafts- politische Vereinbarungen mit anderen Staaten - z.B. im Rahmen einer Wirtschaftsunion - in der Gestaltung seiner Auslandsbeziehungen gebunden ist. Währungspolitische Maßnahmen zur Beeinflussung der Importquote sind ebenfalls nur in begrenztem Umfang möglich. Von besonderem Interesse dürfte hier jedoch die Variabilität der staatlichen Importnachfrage sein. In einem gewissen Maße ist es wohl meistens möglich, inländische durch ausländische Güter und Dienste zu substituieren. Die Erhöhung der staatlichen Import- nachfrage zum Zwecke der Einkommensstabilisierung kann allerdings dazu führen, daß in der laufenden Periode die komparativen Kostenvorteile nicht genügend beachtet werden. Im Gegensatz zu den früher genannten Möglich- keiten beeinflußt die Veränderung der volkswirtschaftlichen Importneigung entsprechend dem sich ändernden Anteil der Exporte an der Gesamtnach- frage nach Inlandsgütern die Aufteilung des Volkseinkommens auf Konsum und Ersparnis nicht. Aus (9) ist leicht zu ersehen, wie m hier beeinflußt wer- den muß.

5. Optimal im Sinne einer Stabilisierung der Wachstumsrate des Sozial- produkts dürfte die Kombination der genannten Instrumente sein. Sie ist bei im übrigen unveränderten Verhaltensweisen schon deshalb nötig, weil Varia- tionen eines Instrumentes zu bald auf Grenzen stoßen können, die wir für die staatliche Sparquote und den Steuersatz angegeben haben. Die verschiedenen Instrumente mögen dabei gleichzeitig oder abwechselnd eingesetzt werden, wo-

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bei die sich auch im Zeitablauf ändernden Substitutionsmöglichkeiten zwi- schen Inlands- und Auslandsgütern zu beachten sind.

Nehmen wir an, die Wachstumsrate der Exporte sei 8%, die zu stabili- sierende Einkommenswachstumsrate dagegen nur 5% ; der Steuersatz betrage in der Ausgangslage 30%, die Importneigung sei 0,2. Soll der Steuersatz nicht über 60% steigen und beträgt die staatliche Sparneigung 20% der Staatsein- nahmen bei einer privaten Sparquote von 0,1, so zeigt sich, daß nur für die Dauer von 4 (genau : 4,3) Perioden die Stabilisierung allein durch steuerpoliti- sche Maßnahmen erreicht werden kann. Soll der Steuersatz nicht unter 10% sinken (wenn die staatliche Sparquote 0,1, die private aber 0,2 beträgt), so steht nur für 3 Perioden die Steuerpolitik als alleiniges Instrument zur Ver- fügung. Soll bei einem Ausgangswert von 20% die staatliche Sparquote nicht höher als 50% werden, so ist bei im übrigen gleichen Werten die Wachstumsstabilisierung immerhin für 12 Perioden allein mittels des Instru- mentes der Veränderung der staatlichen Sparquote möglich. Die möglichen Kombinationen aller Instrumente ergeben sich aus Gleichung (9) bzw. deren Ableitung nach der Zeit. Natürlich ist auch durch kombinierten Einsatz der staatlichen Instrumente keine dauerhafte Einkommensstabilisierung mög- lich, wenn die übrigen Verhaltensparameter und die Kapitalproduktivität unverändert bleiben. Da dies aber ohnehin für längere Zeiträume nicht an- genommen werden kann, erweisen sich die behandelten Möglichkeiten als Formen der Stabilisierung auf relativ kurze Sicht.

6. Ständige Leistungsbilanzüberschüsse werden in aller Kegel weder die „terms of trade" noch die Zinssätze in den beteiligten Ländern unbeeinflußt lassen. Vielmehr werden sich wegen der im Vergleich zur Nachfrage nach Im- porten stärkeren Nachfrage des Auslandes nach exportfähigen Gütern vor- aussichtlich die „terms of trade" verbessern. Hieraus ergibt sich auf den Gü- termärkten eine Tendenz zur Substitution von Inlands- durch Auslandsgüter und damit eine Verringerung des Leistungsbilanzüberschusses. Der Export- überschuß erfordert im Gleichgewicht einen Kapitalexportsaldo in gleicher Höhe. Dadurch vermindert sich das Kapitalangebot im Inland im Vergleich zum Ausland, so daß das Zinsniveau im Vergleich zu dem des Auslandes steigt. Diese Zinssteigerung führt zu einer Verminderung der Verschuldungs- bereitschaft und also zu geringeren Ausgabenüberschüssen. Selbst wenn die andererseits geplanten Einnahmenüberschüsse unverändert bleiben sollten -

jedoch ist eher eine Zunahme zu erwarten -, ist eine Zunahme der geplanten Nettogeidvermögen zu erwarten. Wegen des relativ niedrigen ausländischen Zinsniveaus vermindert sich allerdings die Bereitschaft, diese im Ausland an- zulegen. Die beschriebenen Effekte können dazu führen, daß die mit den Leistungsbilanzüberschüssen verbundene inflationäre Gefahr verschwindet, so daß sich eine staatliche Stabilisierungspolitik ganz oder teilweise erübrigt. Anders ist die Lage freilich dann, wenn beispielsweise im Sinne einer konti- nuierlichen Entwicklungshilfe jährlich Leistungsbilanzüberschüsse in be- stimmter Höhe erzielt werden sollen. Hier kann das Eingreifen des Staates in der beschriebenen Weise notwendig werden, wobei ergänzende Maßnahmen zur Beeinflussung der Zinssätze zweckmäßig sein mögen.

20 Finanzarchiv N. F. 23 Heft 2

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