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190 Wettbewerbe / Aktuell Mauerwerk 15 (2011), Heft 3 Dr.-Ing. Heinrich Schroeter, Präsident der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, eine Ehrentafel an dem Bauwerk. Im Anschluss an die feierlich Tafelenthül- lung hielt Prof. Dr.-Ing. Werner Lorenz, BTU Cottbus, im Rathaus den Festvor- trag. Die Natursteinbogenbrücke über- spannt die Pegnitz zwischen St. Sebald und St. Lorenz und besitzt einen fla- chen Bogen mit einer lichten Weite von 27 und einer Pfeilhöhe von 4,2 m, das entspricht einem Pfeilverhältnis von 1 : 6,4. Die Brücke hatte zur Zeit des Baus die größte Spannweite einer Stein- bogenbrücke in Deutschland. Der Bo- gen hat die Form eines Kreissegmentes mit einem Radius von 23,8 m. Die Ge- samtlänge des Bauwerks (einschließlich Widerlager) beträgt 61 m bei einer Breite von 15,3 m, die Scheiteldicke ist 1,35 m. Das Mauerwerk besteht aus rötlichem Burgsandstein, der im Kornberg des Wendelsteiner Höhenzuges gebrochen wurde. Aufgrund des flachen Bogens sind zur Aufnahme der großen Horizon- talkräfte massive gemauerte Widerlager vorhanden, die auf über 2000 geramm- ten Holzpfählen gegründet sind. Eine Besonderheit sind 400 Schrägpfähle, eine im 16. Jahrhundert sehr selten an- gewandte Bauweise. Von gleicher Konstruktionsart wie die Fleischbrücke ist die Rialtobrücke in Venedig. Diese hat allerdings unter an- derem einen wesentlich steileren Bogen (Pfeilverhältnis 1 : 4,5) und eine andere Gestaltung, weshalb sie nach Kaiser [1] kein Muster oder Vorbild für die Fleisch- brücke ist. Das Bauwerk war Ende 1598 vollen- det und kostete 82172 Gulden. Im Fe- bruar 1599 wurde noch ein seitliches Portal, auf dem ein steinerner Ochse liegt, errichtet. Seitdem ist die Brücke praktisch un- verändert und nicht zerstört worden. Auch den Zweiten Weltkrieg hat sie na- hezu unbeschädigt überstanden. 1974 wurde sie unter Denkmalschutz gestellt. Eine umfangreiche Instandsetzung des Sandsteinmauerwerks wurde von 2004 bis 2005 durchgeführt. [1] Kaiser, Ch.: Die Fleischbrücke in Nürn- berg (1596–1598). Cottbus, Brandenburgi- sche Techn. Univ., Fakultät für Architek- tur, Bauingenieurwesen und Stadtplanung, Dissertation 2005. Aktuell Fleischbrücke Nürnberg – Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst Die zwischen 1596 und 1598 errichtete Brücke gilt als bedeutendste Steinbogen- brücke der Spätrenaissance in Deutsch- land. Sie ist gleichzeitig das älteste der bisher ausgezeichneten neun Bauwerke. Am 10. Juni 2011, wurde sie mit dem Ti- tel „Historisches Wahrzeichen der Inge- nieurbaukunst in Deutschland“ ausge- zeichnet. Die Festveranstaltung fand auf der Brücke statt. Vor zahlreichen Gästen enthüllten Dr.-Ing. Jens Karstedt, Präsi- dent der Bundesingenieurkammer, und (Foto: http://de.wikipedia.org/wiki/Fleischbrücke)

Fleischbrücke Nürnberg — Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst

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Wettbewerbe / Aktuell

Mauerwerk 15 (2011), Heft 3

Dr.-Ing. Heinrich Schroeter, Präsidentder Bayerischen Ingenieurekammer-Bau,eine Ehrentafel an dem Bauwerk. ImAnschluss an die feierlich Tafelenthül-lung hielt Prof. Dr.-Ing. Werner Lorenz,BTU Cottbus, im Rathaus den Festvor-trag.

Die Natursteinbogenbrücke über-spannt die Pegnitz zwischen St. Sebaldund St. Lorenz und besitzt einen fla-chen Bogen mit einer lichten Weite von27 und einer Pfeilhöhe von 4,2 m, dasentspricht einem Pfeilverhältnis von1 : 6,4. Die Brücke hatte zur Zeit desBaus die größte Spannweite einer Stein-bogenbrücke in Deutschland. Der Bo-gen hat die Form eines Kreissegmentesmit einem Radius von 23,8 m. Die Ge-samtlänge des Bauwerks (einschließlichWiderlager) beträgt 61 m bei einer Breitevon 15,3 m, die Scheiteldicke ist 1,35 m.Das Mauerwerk besteht aus rötlichemBurgsandstein, der im Kornberg desWendelsteiner Höhenzuges gebrochenwurde. Aufgrund des flachen Bogenssind zur Aufnahme der großen Horizon-talkräfte massive gemauerte Widerlagervorhanden, die auf über 2000 geramm-ten Holzpfählen gegründet sind. EineBesonderheit sind 400 Schrägpfähle,

eine im 16. Jahrhundert sehr selten an-gewandte Bauweise.

Von gleicher Konstruktionsart wiedie Fleischbrücke ist die Rialtobrücke inVenedig. Diese hat allerdings unter an-derem einen wesentlich steileren Bogen(Pfeilverhältnis 1 : 4,5) und eine andereGestaltung, weshalb sie nach Kaiser [1]kein Muster oder Vorbild für die Fleisch-brücke ist.

Das Bauwerk war Ende 1598 vollen-det und kostete 82172 Gulden. Im Fe-bruar 1599 wurde noch ein seitlichesPortal, auf dem ein steinerner Ochseliegt, errichtet.

Seitdem ist die Brücke praktisch un-verändert und nicht zerstört worden.Auch den Zweiten Weltkrieg hat sie na-hezu unbeschädigt überstanden. 1974wurde sie unter Denkmalschutz gestellt.Eine umfangreiche Instandsetzung desSandsteinmauerwerks wurde von 2004bis 2005 durchgeführt.

[1] Kaiser, Ch.: Die Fleischbrücke in Nürn-berg (1596–1598). Cottbus, Brandenburgi-sche Techn. Univ., Fakultät für Architek-tur, Bauingenieurwesen und Stadtplanung,Dissertation 2005.

Aktuell

Fleischbrücke Nürnberg – HistorischesWahrzeichen der Ingenieurbaukunst

Die zwischen 1596 und 1598 errichteteBrücke gilt als bedeutendste Steinbogen -brücke der Spätrenaissance in Deutsch-land. Sie ist gleichzeitig das älteste derbisher ausgezeichneten neun Bauwerke.Am 10. Juni 2011, wurde sie mit dem Ti-tel „Historisches Wahrzeichen der Inge-nieurbaukunst in Deutschland“ ausge-zeichnet. Die Festveranstaltung fand aufder Brücke statt. Vor zahlreichen Gästenenthüllten Dr.-Ing. Jens Karstedt, Präsi-dent der Bundesingenieurkammer, und

(Foto: http://de.wikipedia.org/wiki/Fleischbrücke)