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Die Technologie treibt den E-Com- merce vor sich her. Häufig wird in der Branche diskutiert, ob die Handels- oder die Technologiekompetenz aus- schlaggebend ist für den Erfolg im Markt. Die Handelskompetenz ist si- cherlich sehr wichtig – reicht aber nicht aus. Seit 20 Jahren ist das tech- nologische Enablement dafür aus- schlaggebend, dass in einigen Bran- chen die (digitale) Nähe zum Kunden und das Einkaufsversprechen über den Online-Kanal unschlagbar sind. Alle Jahre wieder ergeben sich für Händler Hürden, die zu nehmen sind, um im Markt zu bleiben. Schnelle Lieferungen, Transaktions- mails, Mobile und Responsive Design sind genauso wichtig wie Same Day Delivery oder für den Kunden rele- vante Omni-Channel-Services. Die Hürden von heute und morgen sind für viele Unternehmen weiterhin die Bewältigung der Datenflut, um durch Künstliche Intelligenz (KI) und Pre- dictive Analytics richtige Schlüsse zu ziehen und um Spielarten wie Con- versational Commerce, Personalisie- rung, Curated Shopping, Influencer Marketing und künftige Möglichkei- ten zu bedienen. Immer wieder zeigt sich, insbe- sondere im Lebensmittelhandel, dass es noch Nischen gibt, die zu bespielen durchaus Sinn ergeben. Picnic, Fla- schenpost.de, MyEnso.de oder auch das Optimieren der „Letzten Meile“ bieten vielen Playern ein vielverspre- chendes Geschäftsmodell. Auf reine Distribution von Massengütern ausge- legte Geschäftsmodelle sind starr, komplex und schwer veränderbar. Die mittlerweile allseits bekann- ten „Game Changer“ suchen sich Problemzonen und Schwächen der klassischen Handelsmodelle und ent- wickeln hierfür kundenorientierte Lösungen, ohne immer gleich das Vollsortiment bedienen zu müssen. Häufig zeichnen sich diese Unter- nehmen durch ein technologisches Alleinstellungsmerkmal, einen neu erkannten Vorteil in der klassischen Branche, sowie durch die Schnellig- keit aus, mit der dieser Vorsprung zu Markte getragen wird. Warum liefert zum Beispiel nie- mand Lebensmittel „on demand“ nach dem Flaschenpost.de-Prinzip? „Wir liefern innerhalb von 120 Minu- ten ganz bequem direkt bis an die Wohnungstür. Ohne Liefergebühr und zu Preisen wie im Supermarkt“ – so das Versprechen des Getränke- Handel-Start-ups. Die Sortimentsgrö- ße und -tiefe eines Discounters wären doch ideal dafür geeignet. Ein weiterer Trend, der den Han- del umtreibt und herausfordert, ist der steigende Wunsch des Kunden nach Selbstbestimmung und Transparenz. Dieser nimmt immer mehr Aufgaben selbst in die Hand, er lenkt immer mehr Prozesse – von der Bestandsab- frage bis hin zur Zustellung. Und er verlangt das auch. Für den Händler wird das alles nicht einfacher. Ein kundenorientierter Ansatz, der die Herausforderungen von E- Commerce und Logistik annimmt, sind Paketkästen und Packstationen. Allerdings sind Paketkästen derzeit unerschwinglich, und das Packstatio- nen-Netzwerk sowie dessen Kapazitä- ten längst nicht ausreichend, insbe- sondere in Spitzenzeiten. Bestehende Lösungen sind seit Jahren im Markt, aber werden aufgrund ihres hohen Technologie fordert Handel heraus/ Von L. Hofacker und A. Kruse Frankfurt. Technologiekompetenz und Kundenorientierung werden für den Erfolg in E-Commerce und Logistik immer wichtiger. Darin ist der Online-Riese Amazon momen- tan oft tonangebend. Amazon als Benchmark 62 Lebensmittel Zeitung LZ 41 12. Oktober 2018 SCHWERPUNKT LOGISTIK ANZEIGE Der Handel ist im Wandel. Der Ein- fluss von E-Commerce nimmt in den letzten Jahren immer weiter zu. Da- rauf müssen Unternehmen aller Bran- chen reagieren und ihre Distribu- tionsstruktur anpassen. Aufschluss über den aktuellen Stand der Distributionsstrukturen, über die Entstehung von Netzwerken und die angewandten Designprinzi- pien in der Consumer-Goods-Branche gibt die von Miebach Consulting durchgeführte Benchmarkstudie wi- der. Zudem weisen die Ergebnisse auf Umstellungsprozesse in den nächsten Jahren hin, die für Händler und Pro- duzenten wichtige Hinweise für ihre eigene Supply-Chain-Planung liefern können. Dazu befragte Miebach 20 Consumer-Goods-Unternehmen un- terschiedlicher Größe. Der Fokus der Umfrage lag auf der Netzwerkstruktur, den Supply-Chain-bezogenen Key Per- formance Indicators, den Besonder- heiten je Region, deren Ausrichtungs- grad auf E-Commerce und den Eigen- tumsverhältnissen. Die Studie zeigt dreierlei: Erstens, Supply Chains werden immer wichti- ger für die Erfüllung der gewachsenen Kundenerwartungen. Sie wirken zu- sammen mit der dazugehörigen Logis- tik immer stärker als Werkzeug zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und gewinnen stetig an Bedeutung. Zweitens entscheiden sich die befrag- ten Unternehmen für ein gut durch- dachtes Betreibermodell. Das zeigt sich an der steigenden Anzahl outge- sourcter Lagerstandorte. Ein Trend, der sich vor allem in Schwellen- und Randmärkten und bei neueren Kun- denkanälen wie E-Commerce äußert. Allerdings reicht es, drittens, nicht be- stehende, traditionelle Lagerabwick- lungen kurzfristig und schnell zu ei- nem Multi-Channel-Standort zu er- weitern. Dies ist lediglich ein Quick- Fix, der kurzfristig Entlastung bringen mag, längerfristig aber die Potenziale nicht heben wird. Hier ist eine Neu- konzeptionierung oder ein Retro-Fit unter Berücksichtigung aller lagerbe- dingten Prozesse notwendig. Ein weiterer Schwerpunkt der Stu- die war die Erfassung der Lagerstand- orte, um Erkenntnisse über die Entste- hung von Netzwerken sowie die ange- wandten Designprinzipien zu erhal- ten. Trotz aller Unterschiede in Netz- werkstrukturen, Betreibermodellen sowie Funktionen konnten auf Basis der erhobenen Daten aber auch allge- meine Zielwerte identifiziert werden. Dazu gehört auch die „order to deli- very expectation“ für das Jahr 2025. Folgendes waren die Ergebnisse: Soll die bestellte Ware im B2B-Bereich in- nerhalb von zwei Tagen geliefert wer- den, können die Empfänger eigene oder fremde Brick & Mortar Stores oder Warehouses sein. Die Lieferung vom Distributionszentrum zu den Konsumenten am nächsten Tag ist ein weiterer Zielwert, der durch E-Com- merce-Händler erreicht werden soll. „Same day“, also Verfügbarkeit am gleichen Tag, ist das dritte Verspre- chen bzw. angestrebte Ziel. Dabei be- stellt der Kunde ein Produkt und gibt einen „Pick-up Point“ an, an welchem er die Bestellung am gleichen Tag ab einer bestimmten Uhrzeit abholen kann. Daraus lässt sich folgendes ablei- ten: Unternehmen, die im Wandlungs- prozess ihre Strategie neu ausrichten, sollten dies auch für die Distribution ihrer Waren gut durchdenken. Für die Neuausrichtung auf die Anforderun- gen von E-Commerce ist es wichtig, eine vollständige und individuelle Netzwerkanalyse durchzuführen. Die Grobplanung des Netzwerkes ermittelt aus mehreren Szenarien den „best ca- se“ für ein Unternehmen und gibt Auf- schluss über die benötigten Standorte und deren Verteilung. Der Ergebnisbericht zur Bench- markstudie kann kostenfrei bei Ralf Hoffmann, Miebach Consulting, ange- fordert werden unter der Mailadresse [email protected]. lz 41-18 Miebach Consulting legt Studie zu E-Commerce vor / Von Michael Rasin und Alex Waterinckx Frankfurt. Hersteller von Konsum- gütern müssen ihre Distributions- strukturen an den E-Commerce anpassen. Er wird für die Branche immer wichtiger. Moderne Zeiten: E-Commerce verändert auch die Supply-Chain der FMCG-Industrie. FOTO: JÖRG RODE Michael Rasin und Alex Waterinckx sind Logis- tik- und Konsumgüterexperten bei Miebach Consulting. FMCG-Branche im Wandel Auf dem Vormarsch: Amazon greift etablierte KEP- Dienstleister mit seinen Locker- Paketfächern an – auch hierzulande. FOTO: LZ-ARCHIV Fortsetzung auf Seite 64

FMCG-Branche im Wandel Amazon als Benchmark · Die Technologie treibt den E-Com-merce vor sich her. Häufig wird in der Branche diskutiert, ob die Handels-oder die Technologiekompetenz

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Page 1: FMCG-Branche im Wandel Amazon als Benchmark · Die Technologie treibt den E-Com-merce vor sich her. Häufig wird in der Branche diskutiert, ob die Handels-oder die Technologiekompetenz

Die Technologie treibt den E-Com-merce vor sich her. Häufig wird in derBranche diskutiert, ob die Handels-oder die Technologiekompetenz aus-schlaggebend ist für den Erfolg imMarkt. Die Handelskompetenz ist si-cherlich sehr wichtig – reicht abernicht aus. Seit 20 Jahren ist das tech-nologische Enablement dafür aus-schlaggebend, dass in einigen Bran-chen die (digitale) Nähe zum Kundenund das Einkaufsversprechen überden Online-Kanal unschlagbar sind.

Alle Jahre wieder ergeben sich fürHändler Hürden, die zu nehmensind, um im Markt zu bleiben.Schnelle Lieferungen, Transaktions-mails, Mobile und Responsive Designsind genauso wichtig wie Same DayDelivery oder für den Kunden rele-vante Omni-Channel-Services. DieHürden von heute und morgen sindfür viele Unternehmen weiterhin dieBewältigung der Datenflut, um durchKünstliche Intelligenz (KI) und Pre-dictive Analytics richtige Schlüsse zuziehen und um Spielarten wie Con-versational Commerce, Personalisie-rung, Curated Shopping, InfluencerMarketing und künftige Möglichkei-ten zu bedienen.

Immer wieder zeigt sich, insbe-sondere im Lebensmittelhandel, dasses noch Nischen gibt, die zu bespielendurchaus Sinn ergeben. Picnic, Fla-schenpost.de, MyEnso.de oder auchdas Optimieren der „Letzten Meile“bieten vielen Playern ein vielverspre-chendes Geschäftsmodell. Auf reineDistribution von Massengütern ausge-legte Geschäftsmodelle sind starr,komplex und schwer veränderbar.

Die mittlerweile allseits bekann-ten „Game Changer“ suchen sichProblemzonen und Schwächen derklassischen Handelsmodelle und ent-wickeln hierfür kundenorientierteLösungen, ohne immer gleich dasVollsortiment bedienen zu müssen.Häufig zeichnen sich diese Unter-nehmen durch ein technologischesAlleinstellungsmerkmal, einen neuerkannten Vorteil in der klassischenBranche, sowie durch die Schnellig-keit aus, mit der dieser Vorsprung zuMarkte getragen wird.

Warum liefert zum Beispiel nie-mand Lebensmittel „on demand“nach dem Flaschenpost.de-Prinzip?„Wir liefern innerhalb von 120 Minu-ten ganz bequem direkt bis an dieWohnungstür. Ohne Liefergebührund zu Preisen wie im Supermarkt“ –so das Versprechen des Getränke-Handel-Start-ups. Die Sortimentsgrö-ße und -tiefe eines Discounters wärendoch ideal dafür geeignet.

Ein weiterer Trend, der den Han-del umtreibt und herausfordert, ist dersteigende Wunsch des Kunden nachSelbstbestimmung und Transparenz.Dieser nimmt immer mehr Aufgabenselbst in die Hand, er lenkt immermehr Prozesse – von der Bestandsab-frage bis hin zur Zustellung. Und erverlangt das auch. Für den Händlerwird das alles nicht einfacher.

Ein kundenorientierter Ansatz,der die Herausforderungen von E-Commerce und Logistik annimmt,sind Paketkästen und Packstationen.Allerdings sind Paketkästen derzeitunerschwinglich, und das Packstatio-nen-Netzwerk sowie dessen Kapazitä-ten längst nicht ausreichend, insbe-sondere in Spitzenzeiten. BestehendeLösungen sind seit Jahren im Markt,aber werden aufgrund ihres hohen

Technologie fordert Handel heraus / Von L. Hofacker und A. Kruse

Frankfurt. Technologiekompetenzund Kundenorientierung werdenfür den Erfolg in E-Commerce undLogistik immer wichtiger. Darin istder Online-Riese Amazon momen-tan oft tonangebend.

Amazon als Benchmark

62 Lebensmittel Zeitung LZ 41 12. Oktober 2018S C HW E R P UNKT L O G I S T I K

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Der Handel ist im Wandel. Der Ein-fluss von E-Commerce nimmt in denletzten Jahren immer weiter zu. Da-rauf müssen Unternehmen aller Bran-chen reagieren und ihre Distribu-tionsstruktur anpassen.

Aufschluss über den aktuellenStand der Distributionsstrukturen,über die Entstehung von Netzwerkenund die angewandten Designprinzi-pien in der Consumer-Goods-Branchegibt die von Miebach Consultingdurchgeführte Benchmarkstudie wi-der. Zudem weisen die Ergebnisse aufUmstellungsprozesse in den nächstenJahren hin, die für Händler und Pro-duzenten wichtige Hinweise für ihreeigene Supply-Chain-Planung liefernkönnen. Dazu befragte Miebach 20Consumer-Goods-Unternehmen un-terschiedlicher Größe. Der Fokus derUmfrage lag auf der Netzwerkstruktur,den Supply-Chain-bezogenen Key Per-formance Indicators, den Besonder-heiten je Region, deren Ausrichtungs-grad auf E-Commerce und den Eigen-tumsverhältnissen.

Die Studie zeigt dreierlei: Erstens,Supply Chains werden immer wichti-ger für die Erfüllung der gewachsenenKundenerwartungen. Sie wirken zu-sammen mit der dazugehörigen Logis-tik immer stärker als Werkzeug zurSteigerung der Wettbewerbsfähigkeitund gewinnen stetig an Bedeutung.Zweitens entscheiden sich die befrag-ten Unternehmen für ein gut durch-dachtes Betreibermodell. Das zeigtsich an der steigenden Anzahl outge-sourcter Lagerstandorte. Ein Trend,der sich vor allem in Schwellen- undRandmärkten und bei neueren Kun-denkanälen wie E-Commerce äußert.Allerdings reicht es, drittens, nicht be-stehende, traditionelle Lagerabwick-lungen kurzfristig und schnell zu ei-

nem Multi-Channel-Standort zu er-weitern. Dies ist lediglich ein Quick-Fix, der kurzfristig Entlastung bringenmag, längerfristig aber die Potenzialenicht heben wird. Hier ist eine Neu-konzeptionierung oder ein Retro-Fitunter Berücksichtigung aller lagerbe-dingten Prozesse notwendig.

Ein weiterer Schwerpunkt der Stu-die war die Erfassung der Lagerstand-orte, um Erkenntnisse über die Entste-hung von Netzwerken sowie die ange-wandten Designprinzipien zu erhal-ten.

Trotz aller Unterschiede in Netz-werkstrukturen, Betreibermodellensowie Funktionen konnten auf Basisder erhobenen Daten aber auch allge-meine Zielwerte identifiziert werden.Dazu gehört auch die „order to deli-very expectation“ für das Jahr 2025.Folgendes waren die Ergebnisse: Solldie bestellte Ware im B2B-Bereich in-nerhalb von zwei Tagen geliefert wer-den, können die Empfänger eigeneoder fremde Brick & Mortar Storesoder Warehouses sein. Die Lieferungvom Distributionszentrum zu denKonsumenten am nächsten Tag ist einweiterer Zielwert, der durch E-Com-merce-Händler erreicht werden soll.

„Same day“, also Verfügbarkeit amgleichen Tag, ist das dritte Verspre-chen bzw. angestrebte Ziel. Dabei be-stellt der Kunde ein Produkt und gibteinen „Pick-up Point“ an, an welchemer die Bestellung am gleichen Tag abeiner bestimmten Uhrzeit abholenkann.

Daraus lässt sich folgendes ablei-ten: Unternehmen, die im Wandlungs-prozess ihre Strategie neu ausrichten,sollten dies auch für die Distributionihrer Waren gut durchdenken. Für dieNeuausrichtung auf die Anforderun-gen von E-Commerce ist es wichtig,eine vollständige und individuelleNetzwerkanalyse durchzuführen. DieGrobplanung des Netzwerkes ermitteltaus mehreren Szenarien den „best ca-se“ für ein Unternehmen und gibt Auf-schluss über die benötigten Standorteund deren Verteilung.

Der Ergebnisbericht zur Bench-markstudie kann kostenfrei bei RalfHoffmann, Miebach Consulting, ange-fordert werden unter der [email protected]. lz 41-18

Miebach Consulting legt Studie zu E-Commerce vor / Von Michael Rasin und Alex Waterinckx

Frankfurt. Hersteller von Konsum-gütern müssen ihre Distributions-strukturen an den E-Commerceanpassen. Er wird für die Brancheimmer wichtiger.

Moderne Zeiten: E-Commerce verändert auch die Supply-Chain der FMCG-Industrie.

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:JÖRGRODE

Michael Rasin und Alex Waterinckx sind Logis-tik- und Konsumgüterexperten bei MiebachConsulting.

FMCG-Branche im Wandel

Auf demVormarsch:

Amazon greiftetablierte KEP-

Dienstleister mitseinen Locker-

Paketfächern an –auch hierzulande.

FOTO

:LZ-

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